Qualifikation der Tätigkeit von Chormitgliedern, die an Opernproduktionen mitwirken, als unselbständig
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2018/13/0083. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/7103009/2019 erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende Dr. Anna Radschek und die weiteren Senatsmitglieder Mag. Anna Mechtler-Höger, KR Gregor Ableidinger und Dr. Franz Kandlhofer in der Beschwerdesache NameBf, AdresseBf, vertreten durch Dr. Peter Wolf Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH, Lehargasse 3A Tür 14, 1060 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Wien 4/5/10 vom betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für die Jahre 2010 bis 2013 sowie über die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom betreffend Aufhebung der Beschwerdevorentscheidungen gemäß § 299 BAO im Beisein der Schriftführerin FOIin Andrea Newrkla in der Sitzung am nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerden der Beschwerdeführerin (Bf) dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Dem gleichzeitig elektronisch übermittelten Beschwerdeakt der belangten Behörde ist Folgendes zu entnehmen:
Im Zuge der Prüfung der gemeinsamen Lohnabgaben (GPLA) wurde folgende streitgegenständliche Feststellung getroffen:
Eine Überprüfung der Tätigkeit der Chorsängerinnen und Chorsänger im Rahmen von "Opernaufführungen" am Theater habe ergeben, dass dabei ein Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs. 2 ASVG vorliege. Die Sängerinnen und Sänger seien für die musikalischen und szenischen Proben und bei den Aufführungen an Ort und Zeit, an Gesangsstücke, Choreograpfhie, Kostüme und Regieanweisungen gebunden. Weiters hätten sie verpflichtende Kostümproben, da die Kostüme maßgeschneidert würden. Eine Nichtteilnahme an den Proben oder Vorstellungen bewirke Pönalezahlungen. Bei Nichtteilnahme wegen Krankheit müsse ein ärztliches Attest vorgelegt werden. Eine Nichtteilnahme an einer szenischen Probe bewirke ein automatisches Ausscheiden aus der "Opernaufführung", da eine Vertretung de facto nicht möglich sei. Die Aufführungen am Theater seien immer Individualaufführungen.
Das Finanzamt folgte der Feststellung der Prüferin und erließ gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO Festsetzungsbescheide betreffend den Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2010 bis 2013.
In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde führte der steuerliche Vertreter aus, entgegen der bisher in der vorangegangenen Prüfung betreffend die Jahre 2007 bis 2009 vertretenen Rechtsansicht seien die an Opernaufführungen mitwirkenden Mitglieder des Bf nicht als Werkleister für die Erarbeitung und Darstellung einer auswendig vorgetragenen Chorpartie, sondern als Dienstleister des Bf angesehen und die dafür vom Bf gezahlten Aufwandsentschädigungen dem Dienstgeberbeitrag unterworfen worden.
Der im Jahr **** gegründete Chor biete seinen Mitgliedern die Möglichkeit, an hochwertigen Konzerten und seit 2006 auch an Opernaufführungen im Theater teilzunehmen.
Der Chor habe derzeit rund 320 Mitglieder, wovon etwa 150 jeweils als Sängerinnen und Sänger als "Reservoir" zur Verfügung stünden, sodass sich der Bf verpflichten könne, dem jeweiligen Veranstalter 50 bis 70 Sänger pro Veranstaltungsobjekt für Opernproduktionen oder Konzerte fix zuzusagen.
Ab Umwandlung des Theaters von einem XXXX in ein YYYY sei begonnen worden, den Chor ständig zu Opernproduktionen heranzuziehen. Die entsprechenden Verträge würden pro Produktion zwischen der Theaterintendanz und dem Bf abgeschlossen.
Interessierte Sängerinnen und Sänger würden sich auf freiwilliger Basis für ein Projekt schriftlich melden und in der Folge vom Chorleiter ausgesucht. Es existiere ein allgemeines Vertretungsrecht, das in jeder Einzelvereinbarung schriftlich aufscheine und in der Praxis auch "gelebt" werde. Dieses Vertretungsrecht sei der Freizeittätigkeit immanent, andernfalls zerfiele der Chor.
Das gebotene Entgelt stelle weder Motiv noch Anreiz für die Tätigkeit dar. Es liege - bezogen auf die zeitliche Dauer des Studierens der Partie, des Auswendiglernens in verschiedenen Sprachen, des Probierens und der Aufführungen sicher unter 4 Euro pro Stunde.
Die Mitwirkung bei szenischen Opernproduktionen setze voraus, dass der Sänger bereits entsprechend "studiert" bei der ersten Szenenprobe erscheine; die Tätigkeit sei insgesamt als "Werk" anzusehen.
Die Chorproben würden am A oder in den Proberäumen der B stattfinden, nur die szenischen Proben seien naturgemäß auf der Bühne des Theaters unter Anleitung des Regisseurs zu absolvieren. Ein Fernbleiben bei diesen Szenenproben setze aus künstlerischen und organisatorischen Gründen eine stichhaltige Begründung voraus.
Die Theaterdirektion wisse, dass es sich beim Bf um keinen Berufschor handle, sie sich aber auf die künstlerische Qualität und organisatorische Disziplin des Chores verlassen könne; sie wisse auch, dass weder zwischen ihr und den einzelnen Chorsängern noch zwischen dem Bf und den einzelnen Chorsängern mündliche oder schriftliche "Dienstverhältnisse" oder "freie Dienstverhältnisse" vereinbart seien, weshalb die Proben an Werktagen nicht vor 16:30 Uhr angesetzt würden.
Die Mitwirkung der Sänger erfolge freiwillig, bei Verhinderung könnten sie sich vertreten lassen. Als Verhinderung gelte auch Zeitmangel. Die Vertretung werde in der Regel durch den Bf organisiert. Die Verhinderung solle als eine Maßnahme der Höflichkeit und zur Erleichterung der Organisation dem Bf bekannt gegeben werden. Eine Rechtfertigung des Nichterscheinens sei nicht gefordert. Es gebe für das Fernbleiben grundsätzlich keine Sanktion.
Dieser Sachverhalt gehe auch aus den Protokollen der Behörde über die Befragung von 94 Chormitgliedern hervor. Lediglich die anonymen Ausführungen von zwei offenbar ehemaligen Chormitgliedern stünden im Widerspruch dazu.
In den Jahren 2011 bis 2013 hätten im Theater 26 Opernproduktionen stattgefunden. Kein Chormitglied habe an allen Produktionen dieser Jahre teilgenommen. Bei den "Oftbeschäftigten" handle es sich um Studenten, Hausfrauen, freie Künstler und Personen, die in Berufen ohne strengem zeitlichen Korsett tätig seien.
Zusammenfassend sei festzustellen, dass bei jeder Opernproduktion in diesen Jahren personell ein anderer Chor auf der Bühne gestanden sei.
Es sei daher ersichtlich, dass innerhalb des Chores eine überaus große Fluktuation gegeben sei, von einer Teilnahmeverpflichtung, von Berufsausübung, von Einordnung in einen Theaterbetrieb könne nicht gesprochen werden; es existiere auch ein allgemeines Vertretungsrecht, das angesichts des übergroßen Mitgliederreservoirs auch durch die Chorleitung organisatorisch leicht "gelebt" werde.
Die Chormitglieder würden nur an den Proben und Aufführungen, aber an keinen organisatorischen Besprechungen oder internen Sitzungen im Theaterbetrieb teilnehmen.
Auch ein Blick in die Gagenliste überzeuge durch die Höhe und die Unregelmäßigkeit des Zuflusses, dass es sich nicht um berufliches Entgelt im Rahmen eines Dienstvertrages, sondern nur um eine Aufwandsentschädigung handeln könne.
Es lägen somit weder "Dienstverhältnisse" noch "freie Dienstverhältnisse" vor, da von beruflicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit und von verpflichtender Tätigkeit ohne Vertretungsrecht nicht gesprochen werden könnte. Jeder Sänger und jede Sängerin liefere ein Werk, nämlich eine "studierte Chorpartie" ab.
Im Erkenntnis vom , 2010/08/0025, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit die persönliche Arbeitspflicht ein wesentliches Kriterium sei. Diese liege aber bei einer generellen Vertretungsbefugnis, d.h. wenn nach Gutdünken irgendein geeigneter Vertreter zur Erfüllung der übernommenen Arbeitspflicht herangezogen werden könne, nicht vor. Es sei dabei ohne Bedeutung, ob der Vertreter durch den Vertretenen oder durch den Empfänger der Arbeitsleistung entlohnt werde. Eine Verpflichtung zur Mitteilung der Inanspruchnahme einer Vertretung schränke das "allgemeine Vertretungsrecht" nicht ein.
Weshalb sich die Behörde an die vom VwGH aufgezeigten Kriterien nicht gebunden erachte, sei mit den Gesetzen der Logik nicht nachvollziehbar.
Auch in der Schlussbesprechung werde auf Grund der Tatsache, dass im Prüfungszeitraum nur drei Vertretungen vorgekommen seien, auf die Nichtexistenz eines generellen Vertretungsrechtes geschlossen. Die Behauptung, dass eine Nichtteilnahme an einer szenischen Probe ein automatisches Ausscheiden aus der Aufführung zur Folge gehabt hätte, sei unrichtig.
Ferner sei darauf hinzuweisen, dass es sich bei der jetzigen Prüfung um eine Anschlussprüfung handle und der Grundsatz von Treu und Glauben zu beachten sei. Die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse des Bf hätten sich nicht geändert, die Gesetzeslage sei völlig ident und der seinerzeitige Prüfer habe die Produktion des "Fidelio" aus 2008 geprüft. Das Gedächtnisprotokoll der Herren U und V sei der Beweis dafür, dass die Behörde der Beurteilung der Erstprüfung zu folgen verpflichtet sei. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass die im Gedächtnisprotokoll erwähnten Kopien dem Prüfungsakt bei der vom steuerlichen Vertreter vorgenommenen Einschau nicht mehr vorhanden gewesen seien.
Eine Missachtung der sowohl vom Betriebsprüfer als auch vom Bf vertretenen Meinung hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Beurteilung des einzelnen Chorsängers als Werkvertragsnehmer stelle einen Akt der Willkür dar, selbst wenn die Ansicht der derzeitigen Betriebsprüfung zulässig sein sollte. Die Behörde sei daher an die von ihr geäußerte Beurteilung sachlich und rechtlich gebunden. Diesbezüglich werde auf die Ausführungen in Stoll, BAO-Kommentar, Bd. 2, p. 1307 verwiesen.
Den unzutreffenderweise als hauptberuflich angesehenen 7 Sangesmitgliedern stehe wegen nebenberuflicher Tätigkeit ebenfalls der Sozialversicherungsfreibetrag in Höhe von 537,78 Euro pro Monat zu. Den Berechnungen der Prüferin fehle in der Mehrzahl der Fälle die richtige Erfassung des Freibetrages von 537,78 Euro monatlich.
Der Bf sei ein gemeinnütziger Verein, der dem Hobby der Gesangsausübung diene. Er unterliege weder der Körperschaftsteuerpflicht noch der Umsatzsteuerpflicht; auch Kommunalsteuer falle nach herrschender Lehre nicht an. Da ein gemeinnütziger Verein nicht Mitglied einer Wirtschaftskammer sei, entfalle auch die Zahlungspflicht jedweder Kammerumlage.
Es sei zwar richtig erkannt worden, dass die Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge für die Jahre 2010 und 2011 verjährt sei, trotzdem seien die selbständigen Sängereinkünfte in unselbständige Einkünfte umgewandelt und für die Jahre 2010 und 2011 Dienstgeberbeiträge vorgeschrieben worden.
In der Stellungnahme zur Beschwerde führte die Prüferin aus, der Bf schließe pro Opernproduktion mit dem Theater einen Vertrag. Interessierte könnten sich schriftlich melden, die Auswahl treffe der Chorleiter.
Sage jemand sein Mitwirken plötzlich ab, habe das nichts mit Vertretung zu tun, er schicke ja nicht einen anderen und erhalte das Honorar, das er dann weitergebe. Vielmehr komme dann kein Vertrag zustande.
Bei der ersten Szenenprobe müsse der zu singende Text bereits auswendig gelernt sein. Dies widerspreche ebenfalls einer generellen Vertretungsmöglichkeit. Dass ein Teil der Tätigkeit zu Hause und ein Teil der Tätigkeit an einem vorgegebenen Ort stattfinde, stehe einem Dienstverhältnis nicht entgegen.
Die Tatsache, dass sich jeder Mitwirkende vertreten lassen könne, indiziere kaum ein generelles Vertretungsrecht, da die Vertretung in der Regel durch die Vereinsleitung organisiert werde.
ad organisatorische Eingliederung:
Zweck des Bf sei ua die Organisation und Durchführung von Chorkonzerten und die Mitwirkung an Opernaufführungen im Theater. Die übernommenen Aufträge könne der Bf nur durch die Leistungen einzelner Chormitglieder ausführen. Das Theater suche für die Opernprojekte nicht nach Sängern, die sich selbst am Markt anböten, sondern beauftrage den Bf mit der Mitwirkung. Die Chormitglieder würden in diesen Fällen ihre Arbeitskraft für eine bestimmte zeitliche Dauer (Proben plus Aufführungen) zur Verfügung stellen, es sei dabei unwesentlich, dass ein Teil der Tätigkeit zu Hause erbracht werde. Die organisatorische Eingliederung dürfte damit jedenfalls vorliegen.
ad Weisungsgebundenheit:
Sowohl laut Vertrag als auch laut den Aussagen der Auftragnehmer seien die Weisungen des musikalischen Leisters und des Regisseurs zu befolgen. Die Proben seien sowohl zeitlich als auch örtlich vorgegeben. Grundsätzlich sei das Chormitglied vertraglich verpflichtet, an allen Proben und Vorstellungen teilzunehmen. Es habe auch vor jeder Probe und Vorstellung gemäß einem Maskenplan zeitgerecht in der Maske einzutreffen und Kostümprobentermine wahrzunehmen. Die Weisungsgebundenheit dürfte ebenfalls gegeben sein.
ad Unternehmerwagnis:
Den Chorsängern würden grundsätzlich alle wesentlichen Betriebsmittel zur Verfügung gestellt und sie erhielten Taggelder. Wagnisse aus Schwankungen nicht überwälzbarer Ausgaben seien nicht entstanden. Die betroffenen Personen seien insgesamt nicht in der Lage gewesen, die Höhe ihrer Einkünfte wesentlich zu beeinflussen.
Der Auftraggeber habe einen in der Vereinbarung festgelegten Gesamtbetrag für die gesamten Verpflichtungen erhalten. Die einzelnen Chormitglieder hätten einen bestimmten Stundensatz für die musikalischen (8 Euro pro Stunde) und die szenischen Proben (16 Euro pro Stunde) und eine Pauschale pro Aufführung erhalten.
Da nach dem Gesamtbild der Tätigkeit die Merkmale der Unselbständigkeit überwiegen würden, lägen jedenfalls Dienstverhältnisse gemäß § 47 Abs. 2 EStG vor.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Dienstgeberbeitrag 2010 stattgegeben, da gemäß § 207 BAO bereits Verjährung eingetreten sei. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für die Jahre 2011 bis 2013 teilweise Folge gegeben und ausgeführt, auf Grund der Vorgangsweise der GPLA, die Tätigkeit der Sänger als nichtselbständige zu qualifizieren, sei gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen worden.
Diese Beschwerdevorentscheidungen wurden mit Bescheid vom gemäß § 299 BAO aufgehoben. In der Begründung wurde hinsichtlich des Jahres 2010 ausgeführt, laut den vorgelegten Unterlagen sei der Prüfungsauftrag am übergeben worden, weshalb sich durch die nach außen erkennbare Handlung die Verjährungsfrist gemäß § 209 BAO um ein Jahr verlängert habe. Der Bescheid für das Jahr 2010 sei daher zu Recht ergangen.
Hinsichtlich der Jahre 2011 bis 2013 wurde ausgeführt, die Beurteilung der Tätigkeit der Chorsänger für Opernproduktionen am Theater sei nicht Prüfungsschwerpunkt der Vorprüfung gewesen, es seien darüber auch keine Feststellungen getroffen und keine falschen Rechtsauskünfte erteilt worden, auf die sich gemäß § 114 BAO Treu und Glauben hätten gründen können. Nach den Erhebungen der Prüferin würden bei der Tätigkeit der Chorsänger im Rahmen von Opernproduktionen die Merkmale der Unselbständigkeit überwiegen, weshalb zu Recht Dienstgeberbeiträge vorgeschrieben worden seien.
Gegen den Aufhebungsbescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und ausgeführt, mit den im Aufhebungsbescheid angeführten unzutreffenden Begründungen und Vermutungen könne die Gewissheit der Rechtswidrigkeit nicht dargetan werden.
ad Aufhebung der BVE betreffend DB 2010
Die Dienstgeberbeiträge 2010 für das Sekretariatspersonal seien jeweils zum Fälligkeitszeitpunkt pünktlich und vollständig bezahlt worden. Die nunmehr durch den Aufhebungsbescheid neuerlich vorgeschriebenen Beiträge würden zum zweiten Mal zu einer Doppelvorschreibung führen.
Die in keinem Dienstverhältnis stehenden künstlerisch tätigen Chormitglieder übten das Singen hobbymäßig aus. Selbst wenn die Begründung der Nichtverjährung richtig gewesen sein sollte, sei der Aufhebungsbescheid als nicht gesetzesgemäß ersatzlos aufzuheben.
ad Aufhebung der BVE betreffend DB 2011 bis 2013
Der steuerliche Vertreter habe im Zuge einer Einschau festgestellt, dass es im Akt der Vorprüfung keine Unterlagen gebe. Wie aus einem leeren Akt der Schluss gezogen werden könne, dass die Frage der Beurteilung der Tätigkeit der Chorsänger kein Prüfungsschwerpunkt gewesen sei, sei logisch nicht nachvollziehbar.
Das gelte auch für die Aussage, dass der Finanzamtsprüfer eine falsche Rechtsauskunft erteilt habe. Eine Begründung dafür, woher die Prüferin das wisse, gebe es nicht.
Der seinerzeitige Finanzamtsprüfer sei vielmehr von einer - durch das Erkenntnis des , bestätigten Rechtsansicht ausgegangen, wie sich das aus dem Gedächtnisprotokoll von V und U ergebe, von dessen Richtigkeit auch im aufgehobenen Bescheid vom ausgegangen worden sei.
Die Behauptung, der Bf hätte über die Beschäftigung des Büropersonals "kein Lohnkonto laut Lohnkontoverordnung" geführt, sei irreführend, da die Lohnkonten des Büropersonals von V selbst lückenlos geführt worden seien, es hätten lediglich irrelevante Angaben (z.B. Wohnadresse der Mitarbeiter) gefehlt.
Der Vorperiodenprüfer habe die Tätigkeit der rund 120 Sängerinnen und Sänger der Opernproduktionen überprüft und habe es nicht nur bei der Prüfung des nur wenige Personen umfassenden Büropersonals belassen. Auch dies sei dem Gedächtnisprotokoll zu entnehmen.
Es sei somit erwiesen, dass sowohl der Spruch als auch die Begründung der in Aufhebung befindlichen Beschwerdevorentscheidung vom keine inhaltlichen Unrichtigkeiten enthalten.
Wenn in der Begründung des Aufhebungsbescheides ausgeführt werde, dass sich die teilnehmenden Chorsängerinnen und -sänger nicht vertreten lassen hätten dürfen, kein Unternehmerwagnis zu tragen gehabt hätten, organisatorisch eingegliedert gewesen seien, dem Dirigenten gegenüber weisungsgebunden gewesen seien, verpflichtet gewesen seien, gemeinsam zu proben, so sei auf die Bescheidbeschwerde vom zu verweisen.
Die Fluktuation sei zeitverfügungsbedingt sehr stark, man könne daher davon ausgehen, dass in jeder Opernproduktion ein "anderer Chor" aufgetreten sei.
Der Bf biete eine Freizeitbeschäftigung, sichere aber kein wirtschaftliches Rísiko ab.
Neben musikalischer und darstellerischer Begabung sei es für den künstlerischen Erfolg erforderlich, dass die Sängerinnen und Sänger zur selben Zeit am selben Ort zusammenträfen. Dies mache aber eine Chorprobe noch nicht zu einer unselbständigen Tätigkeit. Die Unterordnung unter die künstlerischen Weisungen des Dirigenten oder Regisseurs seien eine künstlerische Notwendigkeit, keine arbeitsrechtliche Hierarchie. Ein generelles Vertretungsrecht müsse künstlerischen Gegebenheiten entsprechen, aus organisatorischen Gründen sei das Sekretariat des Bf zu informieren.
Bei einer Freizeitbeschäftigung sei das Fehlen eines Unternehmerwagnisses allgemeine Vertragsgrundlage, das wirtschaftliche Wagnis werde durch die verschiedenen Berufe der Chormitglieder abgedeckt. Von einer organisatorischen Eingliederung zu sprechen, obwohl die Stücke zu Hause vorbereitet würden, sei abstrus.
Aus der Tatsache, dass zwischen dem Bf und den einzelnen Chormitgliedern Vereinbarungen abgeschlossen würden, ginge nur hervor, dass es für das Funktionieren eines Theaterbetriebes bestimmter Festlegungen bedürfe. Es sei diesen Vereinbarungen jedoch keine arbeitsrechtliche Klausel, aus welcher auf eine unselbständige Tätigkeit der Chormitglieder geschlossen werden könne, zu entnehmen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden die Beschwerde vom gegen die Bescheide betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrages 2010 bis 2013 und die Beschwerde vom gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 abgewiesen.
Dagegen brachte der steuerlichen Vertreter des Bf einen Vorlageantrag ein, in welchem im Wesentlichen das bisherige Vorbringen wiederholt wurde.
In der antragsgemäß durchgeführten mündlichen Verhandlung legte der steuerliche Vertreter des Bf eine Punktation mit folgendem Inhalt vor:
"Ein Aufhebungsbescheid gem. § 299 BAO - insbesondere eines materiell in Rechtskraft erwachsenen Bescheides - kann nur aufgehoben werden, wenn sein Spruch begründeterweise inhaltlich unrichtig ist, wobei die Rechtswidrigkeit in Gewissheitvorliegen muß, um Rechtssicherheit und Rechtsbeständigkeit nicht leichtfertig zu stören.
Der vorliegende Aufhebungsbescheid vom beruht, mangels Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, mangels Prüfung einseitigen Vorbringens in einer offenbar inoffiziellen (privaten?) Vorsprache einer Beamtin der Sozialversicherung bei der Abgabenbehörde nach Abschluß einer behördlichen Prüfung sowie unter Verletzung des Grundsatzes des beiderseitigen Gehörs, auf unhaltbaren tatsachenwidrigen bzw. unglaubhaften Behauptungen, unzutreffenden Feststellungen und "vorgelegten Unterlagen der Prüferin der Sozialversicherung" (Seite 1 der Begründung, vorletzter Absatz), die - so sie existieren - der anderen Seite nie zur Kenntnis kamen.
Darüber hinaus sind die Ausführungen der Begründung des Aufhebungsbescheides vom (insbesondere auf Seite 2) teils rechtlich unrichtig, teils rechtlich unerheblich und in Widerspruch zu den Tatsachen stehend.
Von der von einem Aufhebungsbescheid von Lehre und Verwaltung (Erlass AÖF 2003/65), aber auch von der Rechtsprechung geforderten GEWISSHEIT ist im in Rede stehenden Aufhebungsbescheid nichts zu finden.
Im einzelnen:
1. Die Behauptung in der Begründung, die Frage des Vorliegens unselbständiger Tätigkeit der Sänger sei in der Vorbetriebsprüfung nicht "Prüfungsschwerpunkt" gewesen, ist weder angesichts des - wie eine Einsichtnahme ergab - völlig leeren Vorprüfungsaktes, zu beweisen, steht mit den schriftlich vorliegenden Aussagen des Herrn V und des Herrn U in schärfstem Widerspruch, noch ist sie glaubhaft, denn was hätte der Betriebsprüfer, abgesehen von den Lohnkonten der 3 Sekretärinnen, sonst prüfen sollen außer den - durchwegs niedrigen - Aufwandsentschädigungen der rd. 150 auftretenden Sänger pro Jahr - und dies tat der Prüfer anhand der Fidelio-Produktion im Theater des Jahres 2009.
Am Vorliegen von Treu und Glauben - wie in den ursprünglichen Bescheiden begründet - gibt es somit keinen Grund zu zweifeln.
2. Was mit der Begründung der Beschäftigung einer Putzfrau mit oder ohne Aufzeichnungen bewiesen werden soll, wird in der Bescheidbegründung nicht gesagt.
3. Was die Behauptung anlangt, daß keine Lohnkonten geführt wurden, so ist dies unwahr. Wahr ist vielmehr, daß selbstverständlich von Herrn V, selbst jahrzehntelang Betriebsprüfer in der Finanzverwaltung, elektronisch geführte Lohnkonten existieren und vorgelegt wurden.
4. Die Behauptung, daß der NameBf seine Sänger an das Theater "vermittelte" sei nur der Kuriosität halber vermerkt; an keiner Stelle des bisherigen Verfahrens war von einer Vermittlung die Rede, eine solche wurde auch nirgends behauptet und es gibt auch in den Verträgen mit dem Theater keinen diesbezüglichen Hinweis.
Die Behauptung ist für eine Begründung einer Bescheidaufhebung im gegenständlichen Fall nicht geeignet.
5. Auch was mit den Ausführungen, daß die Sänger z.B. Liederabende selbst abschließen, während sonst diese Abschlüsse offenbar der Verein "NameBf" tätige, bewiesen werden soll, ist nicht nachvollziehbar - ganz abgesehen davon, daß im Rahmen des NameBf noch nie ein Liederabend eines Chormitgliedes stattfand.
Nebenbei bemerkt sind die Personalia der einzelnen Chormitglieder dem Theater gar nicht bekannt, eine Tatsache, die allein schon gegen einen individuellen Dienstvertrag spricht.
6. Es wurde wiederholt dargelegt, daß die Teilnahme an jeder Chorproduktion individuell vom betreffenden Sänger angemeldet wird - wenn der derjenige nämlich genügend freie Zeit zum Singen hat. Sodann wählt die Chorleitung für die Produktion diejenigen Sänger aus, die ihr besonders für das betreffende Werk geeignet erscheinen.
Wenn ein Sänger verhindert ist, entfällt die Bezahlung, der Vertreter muß selbstverständlich dieselbe sängerische Qualfikation haben - ein Sopran kann nicht durch einen Baß vertreten werden, das ist eines jener Kriterien, die zu den künstlerischen Qualifikationen gehören und nicht für arbeitsrechtliche Überlegungen geeignet sind.
Die Darlegungen bezüglich "Vertretung" gehen daher völlig ins Leere.
7. Ein Unternehmerwagnis fehlt, weil alle Sänger einen Hauptberuf haben, aber es fehlt nicht, weil völlig nebensächliche Betriebsmittel der betreffende Sänger zur Verfügung gestellt erhält, nämlich Noten, Masken, Kostüme, wie dies in der Begründung des Aufhebungsbescheides der Fall ist.
Das einzig wesentliche Betriebsmittel für einen Chorsänger sind die Stimmbänder, Musikalität, Gedächtnis, Darstellungsbegabung, Sprachkenntnisse, aber doch nicht Notenpulte etc.
8. Die organisatorische Eingliederung, die Weisungen des musikalischen Leiters, die zeitliche und örtliche Vorgabe für Proben - alles Argumente des Aufhebungsbescheides vom - sind völlig verfehlt.
"Im Chor singen" kann man nämlich nicht allein!
Zusammenfassend sei auf die 2. Auflage des "GSVG", Kurzkommentars, Manz, 2018, hingewiesen, wo es zu § 2 GSVG, RZ 227/1 ff, heißt:
"Aus steuerrechtlicher Sicht kann gerade bei reproduzierenden Künstlern trotz selbständig ausgeübter Tätigkeit eine verhältnismäßig starke organisatorische Eingliederung erforderlich sein, da sie sowohl zeitlich als auch räumlich an ein vom Veranstalter vorgegebenes Programm gebunden sind. Gerade die Bindung an zeitliche und räumliche Vorgaben kann daher bei Künstlern oftmals nicht als Abgrenzungskriterium zur Prüfung, ob ein lohnsteuerliches Dienstverhältnis vorliegt, herangezogen werden. Der Bindung an vorgegebene Veranstaltungszeiten und -orte kommt daher keine entscheidende Bedeutung zu. An der für einen Dienstvertrag typischen Weisungsgebundenheit fehlt es jedoch nach Ansicht des VwGH ebenfalls, wenn sich diese ausschließlich auf ein bestimmtes Verhalten bei Proben und bei Aufführungen bezieht, denn diese ist der Natur nach erforderlich."
Dem vorliegenden Aufhebungsbescheid gem. § 299 BAO vom mangelt es somit völlig an der geforderten Gewissheit seiner Begründung und er hebt überdies richtig begründete und rechtsrichtige - bislang aufgehobene - Erstbescheide rechtsirrig auf.
Der vorliegende Aufhebungsbescheid gem. § 299 BAO vom ist somit antragsgemäß aus dem Rechtsbestand zu entfernen."
Ergänzend führte der steuerliche Vertreter aus, der Verein habe rund 300 Mitglieder, von denen zwischen 120 und 150 aktiv seien und die immer wieder als Sänger herangezogen würden. Für eine Opernproduktion würden sämtliche aktive Mitglieder angeschrieben. Aus den Sängern, die sich melden würden, suche sich der Chorleiter die jeweils erforderliche Anzahl (zwischen 50 und 80 Personen) nach Sprachkenntnissen, stimmlichen Qualifikationen und schauspielerischem Talent aus. Da sich die Sänger für die jeweilige Produktion selbst anmelden würden, käme es nur auf Grund außergewöhnlicher Umstände dazu, dass ein Sänger nicht teilnehmen könne. In einem derartigen Fall könne dieser Sänger ein anderes Mitglied des Vereins vorschlagen oder der Chorleiter suche aus den übrigen Mitgliedern, die sich ebenfalls für die Produktion gemeldet hätten, eine Vertretung aus. Es habe bei den Opernproduktionen keine Zweitbesetzungen gegeben, wenn jemand frühzeitig verhindert gewesen sei, habe er ersetzt werden können, danach nicht mehr. Sei jedoch der verhinderte Sänger für eine Szene notwendig gewesen, dann sei ein Vertreter in die Aufführung hineingenommen worden, der jedoch nicht mitgesungen habe. Der Verein habe nicht ernsthaft davon ausgehen müssen, dass von der Vertretungsbefugnis Gebrauch gemacht werde.
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Über die Beschwerde wurde erwogen:
Das Bundesfinanzgericht stellt folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:
I) Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrages 2010:
Die stattgebenden Beschwerdevorentscheidung vom , mit welcher der Bescheid betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrages 2010 aufgehoben worden ist, wurde gemäß § 299 BAO mit der Begründung aufgehoben, dass entgegen der darin vertretenen Ansicht keine Verjährung hinsichtlich der Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für das Jahr 2010 eingetreten sei.
II) Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrages 2011 bis 2013:
Die Beschwerdevorentscheidung vom betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrages 2011 bis 2013 wurde gemäß § 299 BAO mit der Begründung aufgehoben, dass entgegen der darin vertretenen Rechtsansicht keine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben stattgefunden habe, da die Beurteilung der Tätigkeit der Chorsänger kein Prüfungsschwerpunkt der Vorprüfung gewesen sei und aus den im Zuge der GPLA betreffend die Jahre 2010 bis 2013 durchgeführten Erhebungen hervorgehe, dass bei der Tätigkeit der Chorsänger im Rahmen der Opernproduktionen die Merkmale der Unselbständigkeit gegenüber jenen der Selbständigkeit überwiegen würden.
III) Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für die Jahre 2010 bis 2013
Der Bf ist ein im Jahr **** gegründeter Chor mit derzeit rund 320 Mitgliedern. Seit 2006 stellt der Bf dem Theater für Opernproduktionen Chormitglieder zur Verfügung. Zu diesem Zweck wird zwischem dem Bf und der Theaterintendanz des Theaters für jede Opernproduktion eine Engagementvereinbarung abgeschlossen, nach welcher sich der Bf verpflichtet,
die Leistungen der Chormitglieder zur Verfügung zu stellen,
eine erstrangige, gleichbleibende Sängerbesetzung von der ersten Probe bis zur letzten Aufführung zu gewährleisten,
dafür zu sorgen, dass alle Chorsänger bei der ersten szenischen Probe den Chorpart auswendig beherrschen,
dass die Mitglieder den Weisungen des Regisseurs folgen
und zu den angesetzten Proben und Aufführungen zeitgerecht anwesend sind.
In diesen Vereinbarungen ist festgehalten, dass dem Theater die Planung der Probentermine obliegt und die Kosten einer Unfallversicherung für die Mitglieder während des jeweiligen Projektes vom Theater übernommen werden. Das Theater verpflichtet sich, für die jeweilige Opernproduktion ein Gesamthonorar zu überweisen; dem Bf obliegt im Gegenzug die Einhaltung sämtlicher steuerrechtlicher Pflichten hinsichtlich des Gesamthonorars.
Chormitglieder bekunden ihr Interesse an der Mitwirkung bei einzelnen Opernproduktionen; zu diesem Zeitpunkt stehen die Termine für die Proben und die Anzahl und Termine der Aufführungen bereits fest. Die erforderliche Anzahl an Sängerinnen und Sängern wird aus der Gruppe der Interessierten vom Chorleiter ausgewählt. In weiterer Folge schließt der Bf mit den einzelnen Chormitgliedern Engagementvereinbarungen ab.
Diese weisen für die 2010 stattgefundenen Opernproduktionen - beispielhaft an der Opernproduktion "Produktion" dargestellt - im Wesentlichen folgenden Inhalt auf:
"Engagement-Vereinbarung
(Werkvertrag)
zwischen
.....
und
.....
§ 1 Vertragsgegenstand
1.1. Der Vertragspartner wird für "Produktion" (nachstehend Produktion genannt) von Komponist, unter der musikalischen Leitung von R, in der Inszenierung von S als Chorsänger engagiert.
1.2. Ablaufplan
Proben
9 musikalische Proben,
10 szenische Proben, 1 Klavierhauptprobe, 1 Sitzprobe, 4 BO´s, HP, GP
5 Vorstellungen
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Premiere | |
Weitere Vorstellungen | |
§ 2 Vergütung
2.1. Der Vertragspartner erhält für die Erfüllung seiner gesamte Verpflichtungen einen Betrag in Höhe von
EUR 1.385,-
der sich aus Beträge gem. RZ 774 der Vereinsrichtlinien und aus steuerpflichtigen Honoraren zusammensetzt, für deren Versteuerung der Vertragspartner selbst zu sorgen hat.
2.2. Sollte der Vertragspartner durch einen von ihm ausgehenden Grund an Proben und Verstellungen nicht teilnehmen oder zu spät kommen, reduziert sich die Gesamtvergütung entsprechend.
2.3. Sollte sich die Anzahl der Proben vermehren oder vermindern, erhöht oder vermindert sich entsprechend die Vergütung.
2.4. Sollten durch höhere Gewalt Vorstellungen ausfallen, vermindert sich entsprechend die Vergütung.
2.5. Die Zahlung der Vergütung erfolgt nach der letzten Vorstellung und nach Abrechnung durch den ASC auf das Konto des Vertragspartners.
§ 3 Pflichten des Vertragspartners
3.1. Der Vertragspartner ist verpflichtet, bei der ersten szenischen Probe den Chorpart auswendig zu beherrschen.
3.2. Der Vertragspartner hat den Weisungen des musikalischen Leisters und des Regisseurs zu folgen und alle szenischen Auftritte wahrzunehmen.
3.3. Der Vertragspartner verpflichtet sich, bei allen Proben und Vorstellungen anwesend zu sein und vor jeder Probe und Vorstellung an einem Einsingen bzw. an allfälligen Korrekturproben vor oder nach szenischen Proben teilzunehmen und unterliegt diesbezüglich den Weisungen des Chorleiters und des Regisseurs. Der Vertragspartner hat etwaige Kosten zu tragen, die durch Nichteinhalten dieser Verpflichtungen entstehen.
3.4. Der Vertragspartner verpflichtet sich, Kostümprobentermines wahrzunehmen und hat etwaige Kosten zu tragen, die durch von ihm verschuldetes Nichteinhalten dieser Termine erwachsen.
3.5. Der Vertragspartner ist verpflichtet, vor jeder Probe und Vorstellung gemäß dem Maskenplan zeitgerecht in der Maske einzutreffen.
...."
In den Vereinbarungen betreffend Opernproduktionen ab dem Jahr 2011 lautet der Pkt. 3 der Engagementvereinbarung wie folgt:
"§ 3 Pflichten des Vertragspartners
3.1. Der Vertragspartner ist verpflichtet, bei der ersten szenischen Probe den Chorpart auswendig zu beherrschen.
3.2. Der Vertragspartner hat den Weisungen des musikalischen Leisters und des Regisseurs zu folgen und alle szenischen Auftritte wahrzunehmen. Der Vertragspartner kann einen gleichwertigen Vertreter einsetzen.
3.3. Der Vertragspartner verpflichtet sich, bei allen Proben und Vorstellungen anwesend zu sein und vor jeder Probe und Vorstellung an einem Einsingen bzw. an allfälligen Korrekturproben vor oder nach szenischen Proben teilzunehmen und unterliegt diesbezüglich den Weisungen des Chorleiters und des Regisseurs. Bei Fehlproben wird ein Pönale bis zur Höhe des Probenhonorars verhängt, außer der Vertragspartner erbringt bei Krankheit eine ärztliche Bescheinigung.
3.4. Der Vertragspartner verpflichtet sich, Kostümprobentermines wahrzunehmen.
3.5. Der Vertragspartner ist verpflichtet, vor jeder Probe und Vorstellung gemäß dem Maskenplan zeitgerecht in der Maske einzutreffen."
Betriebsmittel, wie Noten, Kostüme und Örtlichkeit, werden bei den Opernproduktionen zur Verfügung gestellt.
Ab dem Jahr 2011 beinhalteten die Engagementvereinbarungen den Passus, dass das Chormitglied einen gleichwertigen Vertreter einsetzen kann; die Auswahl der Vertreter beschränkte sich auf die anderen Chormitglieder. Für die Opernproduktionen gab es keine Zweitbesetzungen, bei frühzeitigem Eintreten einer Verhinderung wurde das verhinderte Chormitglied ersetzt. Trat die Verhinderung später ein, wurde das verhinderte Mitglied entweder überhaupt nicht ersetzt oder - falls dieses Mitglied für eine bestimmte Szene unbedingt notwendig war, ein nicht singendes Chormitglied in die Aufführung hineingenommen.
Die Chormitglieder unterliegen keinem Konkurrenzverbot, die über das Engagement beim Bf angenommen Verpflichtungen müssen aber mit den beim Bf übernommenen Projekten kompatibel sein. Die Chormitglieder stellen sich dem Bf für die Dauer der einzelnen Projekte zur Verfügung und sind verpflichtet, den Weisungen des musikalischen Leiters und des Regisseurs zu folgen.
Dieser Sachverhalt gründet sich auf die im Akt befindlichen Unterlagen, die im Zuge der GPLA mit einzelnen Chormitgliedern aufgenommenen Niederschriften und hinsichtlich der Beurteilung, dass die in den Engagementvereinbarungen ab 2011 enthaltene Befugnis des Chormitgliedes, einen gleichwertigen Vertreter einzusetzen, keine generelle Vertretungsbefugnis begründete, auf folgende Beweiswürdigung:
Eine "generelle Vertretungsbefugnis" der an einer Opernproduktion mitwirkenden Chormitglieder lässt im Hinblick darauf, dass eine derartige Produktion nicht reibungslos vonstatten gehen kann, wenn nicht ein aufeinander abgestimmtes Ensemble auftritt, Zweifel darüber aufkommen, ob den Chormitgliedern mit den in den Engagementvereinbarungen enthaltenen Formulierungen ein generelles Vertretungsrecht eingeräumt werden sollte und dies von den Chormitgliedern auch so verstanden wurde. Der Bf, der sich gegenüber dem Theater verpflichtete, eine bestimmte Anzahl seiner Mitglieder zur Verfügung zu stellen und eine erstrangige, gleichbleibende Sängerbesetzung von der ersten Probe bis zur letzten Aufführung zu gewährleisten, damit innerhalb einer bestimmten Zeit eine Oper erfolgreich aufgeführt werden konnte, musste nach den Angaben seines steuerlichen Vertreters im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht ernsthaft damit rechnen, dass von dieser Vertretungsbefugnis Gebrauch gemacht wird. Eine generelle Vertretungsbefugnis ist unter solchen Prämissen geradezu widersinnig, unrealistisch und mit den Gegebenheiten des Opernbetriebs unvereinbar. Gegen eine generelle Vertretungsbefugnis spricht auch, dass bei frühzeitigem Eintritt der Verhinderung eines Chormitgliedes dieses ersetzt worden ist. "Ersetzen" bedeutet aber, dass das ursprünglich für das Projekt ausgewählte Chormitglied aus der Opernproduktion ausscheidet und ein anderes gleichwertiges Chormitglied seinen Part übernimmt.
Es ist durchaus nachvollziehbar, dass im vorliegenden Fall aus künstlerischen Gründen eine Vertretung nur in Ausnahmefällen eingesetzt wurde. Der Vertrag sieht diesbezüglich für den Krankheitsfall vor, dass von den Chormitgliedern eine ärztliche Bescheinigung beizubringen ist, bzw. dass bei Fehlproben ein Pönale bis zur Höhe des Probenhonorars zu entrichten ist. Diese Tatsache ist ein Indiz dafür, dass es nicht im Gutdünken des einzelnen Chormitgliedes steht, Termine für Proben und Aufführungen wahrzunehmen oder nicht. Den im Zuge der GPLA gemachten Angaben der Chormitglieder ist übereinstimmend zu entnehmen, dass eine Vertretung nur im Krankheitsfall bzw. bei besonderen Verhinderungen in Anspruch genommen wurde. Die tatsächliche Gestaltung - wie sie von den einvernommenen Chormitgliedern geschildert wurde - stimmt insoweit nicht mit der rechtlichen Grundlage der Beschäftigung überein. Praktisch war daher das Vorliegen einer generellen Vertretungsbefugnis zu verneinen.
Der Senat erachtete daher die vertraglich eingeräumte Möglichkeit des Chormitgliedes, einen gleichwertigen Vertreter einzusetzen, als Scheinbestimmung, da sie mit den objektiven Anforderungen der Opernproduktionen nicht in Einklang zu bringen ist.
Rechtliche Würdigung:
ad I und II) Aufhebung der Beschwerdevorentscheidungen vom und vom betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrags für die Jahre 2010 bis 2013 gemäß § 299 BAO
Gemäß § 299 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.
Auch Beschwerdevorentscheidungen sind Bescheide der Abgabenbehörde und daher gemäß § 299 BAO aufhebbar (Ritz, BAO6, § 299, Tz 5).
Der Inhalt eines Bescheides ist nicht richtig, wenn der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht. Die Aufhebung setzt die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus, die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (Ritz, aaO, Tz 13).
In Anbetracht der unter Pkt. II getätigten Aussagen sind die angefochtenen Bescheide betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrags inhaltlich rechtswidrig, da bei der Tätigkeit im Rahmen der Opernproduktion am Theater, die Merkmale der Nichtselbständigkeit jene der Selbständigkeit überwiegen.
Dem Einwand, die bescheidmäßige Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für das Jahr 2010 hätte wegen Verjährung im Jahr 2016 nicht mehr erfolgen dürfen, sind die Verjährungsbestimmungen entgegenzuhalten. Demnach beträgt gemäß § 207 Abs. 2 BAO die Verjährung des Dienstgeberbeitrages fünf Jahre und beginnt die Verjährungsfrist gemäß § 208 Abs. 1 lit a BAO mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Die Verjährungsfrist verlängert sich gemäß § 209 Abs. 1 BAO durch nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanpruches um ein Jahr.
Umgelegt auf den vorliegenden Fall bedeuten die obigen Ausführungen, dass die Verjährung betreffend Dienstgeberbeitrag 2010 mit Ablauf des Jahres 2010 zu laufen begonnen hat und durch die Übermittlung des Prüfungsauftrages am sich um ein Jahr bis zum verlängerte. Der Bescheid, mit dem der Dienstgeberbeitrag 2010 festgesetzt wurde und der mit datiert ist, erging daher innerhalb der Verjährungsfrist.
Zum Vorbringen, die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für die Jahre 2011 bis 2013 für jene Honorare, die die Chormitglieder für die Opernproduktionen am Theater erhalten, verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, da der Prüfer der Vorperiode daran keinen Anstoß genommen habe, ist anzumerken:
Unter dem Grundsatz von Treu und Glauben versteht man, dass jeder, der am Rechtsleben teilnimmt, zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen hat und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen darf, was er früher vertreten hat. Das Unterlassen von Handlungen kann keine Grundlage für Treu und Glauben sein.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes schützt der Grundsatz von Treu und Glauben nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit (Ritz, aaO, § 114 Tz 9); die Behörde ist verpflichtet, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen. Nach der Judikatur müssten besondere Umstände voriegen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsauffassung durch die Finanzverwaltung unbillig erscheinen lassen. Der Umstand, dass eine abgabenbehördliche Prüfung eine bestimmte Vorgangsweise des Abgabepflichtigen unbeanstandet gelassen hat, hindert die Behörde nicht, diese Vorgangsweise für spätere Zeiträume als rechtswidrig zu beurteilen (Ritz, aaO).
Wenn der steuerliche Vertreters auf Stoll, BAO-Kommentar, p. 1307, verweist, so ist dazu anzumerken, dass an dieser Stelle ausgeführt wird, dass nur "besondere (vertrauensbedingende) Gründe" eine Beibehaltung der bisherigen Tatsachenbeurteilung gebieten würden. Im Hinweis auf die vom Bf vorgenommene Beurteilung, die vom Vorprüfer unbeanstandet geblieben ist, sind aber keine solchen Gründe zu erkennen. Der Grundsatz von Treu und Glauben hinderte daher die Abgabenbehörde nicht, von der im Rahmen der Vorprüfung vertretenen Rechtsansicht hinsichtlich der Opernproduktionen am Theater und der Beurteilung der Tätigkeit der Chormitglieder abzugehen.
ad III) Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für die Jahre 2010 bis 2013
Gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) haben alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen, den Dienstgeberbeitrag zu leisten. Dienstnehmer sind unter anderem Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen. Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen.
Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In den Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständigen und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa das Fehlen eines Unternehmerrisikos oder die Befugnis, sich vertreten zu lassen) Bedacht zu nehmen (vgl. bspw. , sowie , und die dort zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Nicht alle Bestimmungsmerkmale müssen gemeinsam vorliegen, bzw. können sie in unterschiedlich starker Ausprägung bestehen ().
Für die Beantwortung der Frage, ob ein Dienstverhältnis besteht, kommt es nicht auf die von den Vertragsparteien gewählte Bezeichnung (Dienstvertrag, freier Dienstvertrag, Werkvertrag, etc.) an. Es genügt, wenn die ausgeübte Tätigkeit in ihrer äußeren Erscheinungsform dem "Tatbild" des § 47 Abs. 2 EStG 1988 entspricht ().
Maßgebend für die Beurteilung einer Leistungsbeziehung als Dienstverhältnis ist daher stets das Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit, wobei auch der im Wirtschaftsleben üblichen Gestaltungsweise Gewicht beizumessen ist ().
Wenn der steuerliche Vertreter vorbringt, die Unterordnung unter die künstlerischen Weisungen des Dirigenten oder Regisseurs seien eine künstlerische Notwendigkeit, aber keine arbeitsrechtliche Hierarchie, so ist ihm insoweit zuzustimmen, als sich die Weisungen auf ein bestimmtes Verhalten bei den Proben und Aufführungen beziehen. Die Tatsache, dass die Chormitglieder sowohl zeitlich als auch räumlich an das vom Theater vorgegebene Programm gebunden waren, bewirkte zwar eine starke organisatorische Eingliederung, ist aber für die Beantwortung der Frage, ob ein lohnsteuerliches Dienstverhältnis vorliegt, nicht allein streitentscheidend. Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen, hängt - worauf der Verwaltungsgerichtshofes wiederholt verwiesen hat - davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung - nur beschränkt ist. Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes - als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer - im Regelfall freilich auch vorliegender - Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt (vgl. , mwN).
Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 ist die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt sie, dann liegt kein Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 vor.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt die persönliche Arbeitspflicht insbesondere dann, wenn dem zur Leistung Verpflichteten ein "generelles Vertretungsrecht" zukommt, wenn er also jederzeit nach Gutdünken beliebige Teile seiner Verpflichtung auf Dritte überbinden kann (vgl. Zl. 2001/08/0131). Damit wird vor allem die Situation eines selbständig Erwerbstätigen in den Blick genommen, der - anders als ein letztlich nur über seine eigene Arbeitskraft disponierender (abhängig) Beschäftigter - im Rahmen seiner unternehmerischen Organisation (oft werkvertragliche) Leistungen zu erbringen hat und dabei Hilfspersonal zum Einsatz bringt oder sich eines Vertreters (Subunternehmers) bedient (vgl. ).
Von einer die persönliche Arbeitspflicht ausschließenden generellen Vertretungsbefugnis kann aber nur dann gesprochen werden, wenn der Erwerbstätige berechtigt ist, jederzeit und nach Gutdünken irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen bzw. ohne weitere Verständigung des Vertragspartners eine Hilfskraft beizuziehen. Keine generelle Vertretungsberechtigung stellt die bloße Befugnis eines Erwerbstätigen dar, sich im Fall der Verhinderung in bestimmten Einzelfällen, zB im Fall einer Krankheit oder eines Urlaubs oder bei bestimmten Arbeiten innerhalb der umfassenderen Arbeitspflicht vertreten zu lassen; ebenso wenig die bloß wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Vertragspartner beschäftigter Personen (vgl. ; , mwN).
Hinsichtlich des Vorbringens in der mündlichen Verhandlung, es käme nur bei Eintreten außergewöhnlicher Umstände dazu, dass sich das verhinderte Chormitglied vertreten lassen müsse, wobei die Vertretung aus den übrigen Chormitgliedern ausgewählt werde, ist auf die oben zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung zu verweisen, nach welcher die Befugnis, sich im Fall der Verhinderung in bestimmten Einzelfällen vertreten zu lassen, ebensowenig eine generelle Vertretungsbefugnis darstellt wie die bloße wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Vertragspartner beschäftigter Personen (vgl. , und die dort zitierte Judikatur).
Ein ausdrücklich vereinbartes generelles Vertretungsrecht schließt nach der zur Sozialversicherung und zur persönlichen Abhängigkeit ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die persönliche Abhängigkeit nur dann aus, wenn diese Befugnis entweder in der Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses auch tatsächlich gelebt wurde oder wenn die Parteien bei Vertragsabschluss nach den Umständen des Einzelfalles zumindest ernsthaft damit rechnen konnten, dass von dieser Vertretungsbefugnis auch tatsächlich Gebrauch gemacht werden wird und die Einräumung dieser Vertretungsbefugnis nicht mit anderen vertraglichen Vereinbarungen in Widerspruchs steht ().
Im vorliegenden Fall kam es einerseits im gesamten Streitzeitraum lediglich in drei Fällen dazu, dass an Stelle des ursprünglich vom Chorleiter ausgewählten Mitgliedes ein anderes Chormitglied wegen Verhinderung eingesetzt wurde. Andererseits musste der Bf im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Aussage des steuerlichen Vertreters zufolge, nicht ernsthaft damit rechnen, dass von der vertraglich eingeräumten Vertretungsbefugnis tatsächlich Gebrauch gemacht wird. Darüber hinaus steht diese Vertragsbestimmung in Widerspruch dazu, dass sich das Chormitglied verpflichtete, bei allen Proben und Vorstellungen anwesend zu sein und vor jeder Probe und Vorstellung an einem Einsingen bzw. an allfälligen Korrekturproben vor oder nach szenischen Proben teilzunehmen, Kostümprobentermine wahrzunehmen und etwaige Kosten zu tragen, die durch von ihm verschuldetes Nichteinhalten dieser Termine erwachsen.
Im gegenständlichen Fall ist in den einzelnen Engagementvereinbarungen ab 2011 zwar ein generelles Vertretungsrecht vorgesehen. Im Rahmen der Beweiswürdigung gelangte der erkennende Senat aber in Anbetracht der Umstände und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Überzeugung, dass es sich bei dieser Vertragsbestimmung um eine Scheinbestimmung handelt und eine generelle Vertretungsbefugnis aus den oben dargestellten Gründen zu verneinen ist.
Dem Einwand, die Chormitglieder müssten die Stücke zu Hause vorbereiten, weshalb das Vorliegen einer organisatorischen Eingliederung nicht gegeben sei, ist entgegenzuhalten, dass eine organisatorische Eingliederung nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs durch jede nach außen als auf Dauer angelegt erkennbare Tätigkeit hergestellt wird (). Hierfür spricht insbesondere, wenn der Arbeitnehmer an einen bestimmten Arbeitsort gebunden ist, zur Einhaltung bestimmter Arbeitsstunden verpflichtet ist oder der Arbeitgeber die Planung und Vorbereitung sowie die Kontrolle der Tätigkeit vornimmt oder vornehmen lässt.
Die Chormitglieder, die für die Opernproduktionen ausgewählt worden waren, waren - wie aus den Feststellungen der belangten Behörde abzuleiten ist - in die Ablauforganisation am Ort der Arbeitserbringung (Theater) eingegliedert, auch wenn die Vorbereitung auf die Proben und die Aufführungen im Vorfeld eigenständig zu erledigen war. Sie hatten damit nicht die Möglichkeit, den vorgegebenen Ablauf der Arbeit jederzeit selbst zu regeln und auch zu ändern, wie es für den freien Dienstvertrag typisch wäre (vgl. neuerlich , mwN, sowie RIS-Justiz RS0021518).
Zum Unternehmerrisiko merkte der steuerliche Vertreter an, das wirtschaftliche Wagnis werde durch die verschiedenen Berufe der Chormitglieder abgedeckt. Dazu ist auszuführen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko darin besteht, dass der Leistungserbringer die Möglichkeit hat, im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben maßgeblich zu beeinflussen und solcherart den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend zu gestalten. Die Bezahlung erfolgt im vorliegenden Fall bei den Proben nach Stunden, während für die Aufführungen eine Pauschale bezahlt wird. Eine Entlohnung, die sich an der Arbeitszeit orientiert, begründet aber kein einnahmenseitiges Unternehmerrisiko (vgl. neuerlich das , mwN). In der Tatsache, dass die vertraglich vereinbarte Vergütung reduziert wird, wenn ein Chormitglied an einer Probe bzw. Vorstellung nicht teilnimmt, ist zwar ein Indiz für das Vorliegen eines einnahmenseitigen Unternehmerwagnisses zu erblicken, sie ist aber im Hinblick darauf, dass - wie dies den Aussagen der einvernommenen Chormitgliedern zu entnehmen ist - eine Nichtteilnahme tatsächlich nur äußerst selten bis gar nicht vorkam, nicht streitentscheidend.
Das Vorliegen eines ausgabenseitigen Unternehmerrisikos wird in der Beschwerde gar nicht behauptet.
Aufgrund der oben angestellten Kriterienprüfung ist daher zusammenfassend festzuhalten, dass die Umstände, die für eine Unselbständigkeit der Tätigkeit der betreffenden Chormitglieder sprechen, überwiegen, sodass die angefochtenen Bescheide im Ergebnis der anzuwendenden Rechtslage entsprechen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da sowohl die Beurteilung der sich im gegenständlichen Fall stellenden Rechtsfrage, ob die Teilnahme der Chormitglieder an den Opernproduktionen des Theaters im Rahmen von Dienstverhältnissen im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 erfolgte, als auch die Zulässigkeit einer Aufhebung gemäß § 299 BAO im Sinne der herrschenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes getroffen wurde, war die Unzulässigkeit der Revision auszusprechen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 4 Abs. 2 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955 § 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 207 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 114 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 208 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.7100275.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at