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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.06.2018, RV/2100468/2014

Uneinbringlichkeit des Entgeltes gem. § 16 Abs 3 Z 1 UStG 1994: Berichtigung der Vorsteuer beim Leistungsempfänger

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Alexander Maicovski, in der Beschwerdesache NN GmbH, Adresse1, vertreten durch XY, Adresse2, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer 4/2013 der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom  zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit dem
Geschäftszweig Handel mit Waren aller Art insbesondere mit Naturkosmetikprodukten.

Anlässlich einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung gem. § 147 Abs. 1 BAO für den Zeitraum 4/2013 - Prüfungsbeginn laut Prüfungsauftrag vom am , 09:30 Uhr - stellte die Prüferin in der Niederschrift vom   fest, dass die Umsatzsteuer in Höhe von € 20.409,29 aus den Rechnungen der Firma ZZ GmbH an die Bf. für den Zeitraum 4/2013 als Vorsteuer nicht abzugsfähig sei, da sie uneinbringlich sei.

Das Finanzamt folgte der Prüfungsfeststellung und erließ am den nunmehr angefochtenen Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 4/2013 gem. § 21 Abs. 4 UStG, in welchem an Vorsteuern statt € 21.990,49 laut Umsatzsteuervoranmeldung 4/2013 vom lediglich ein Vorsteuerbetrag von € 1.581,20 anerkannt wurde. 

Gegen den Bescheid wurde mit Schreiben vom Berufung (nunmehr: Beschwerde) erhoben und begründend ausgeführt:         

Die Außenprüfung habe Vorsteuern in der Höhe von € 20.409,29 aus Rechnungen der Firma ZZ GmbH an die Bf. als nicht abzugsfähig erklärt, da sie uneinbringlich seien. Vorausgeschickt werde, dass die Leistungen der ZZ GmbH an die Bf. fremd üblich erbracht wurden und über diese Leistungen ordnungsgemäße Rechnungen gestellt wurden. Die Prüfung behaupte, dass die Vorsteuern nicht einbringlich seien. Schon grundsätzlich sei die Nicht-Einbringlichkeit kein Kriterium um den Vorsteuerabzug zu versagen. Die Frage sei zu stellen: Für wen seien diese Forderungen nicht einbringlich — in welchem Zeitraum seien sie nicht einbringlich — warum sollen sie nicht einbringlich sein. Auf keine dieser Fragen werde in der Feststellung Bezug genommen. § 12 UStG setze für den Vorsteuerabzug die Leistungserbringung und die ordnungsgemäße Rechnungslegung voraus. Die Bezahlung einer Rechnung sei nicht Voraussetzung für den Vorsteuerabzug. Weiters habe der Masseverwalter die Forderung der ZZ GmbH an die Bf. sehr wohl geltend gemacht. Die Leistungen der ZZ GmbH für die Bf. betreffen die Markterschließung für Kosmetikprodukte der Bf. und seien unabdingbare Voraussetzung dafür, dass die Geschäfte der NN anlaufen und florieren können. Es werde nochmals festgehalten, dass absolut notwendige Leistungen zu fremd üblichen Preisen verrechnet worden seien. Somit seien alle Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug gegeben, weshalb beantragt werde Vorsteuern in der Höhe von € 20.409,29 zuzulassen. Außerdem seien die Gesellschafterstruktur in beiden Firmen verschieden, was keinen Gleichklang der Interessen vermuten lasse.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom ab. In der gesondert ergangenen Bescheidbegründung vom selben Tag wurde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensverlaufs und der Auflistung der Rechnungen vom April 2013 festgehalten, dass vom Finanzamt weder die Leistungsbeziehungen bestritten, noch die Fremdüblichkeit der Geschäftsfälle angezweifelt worden seien.
Der Berufungsbehauptung, der Masseverwalter habe die bezughabenden Forderungen gegenüber der Bw. "ohnehin geltend gemacht", wird hingegen entgegnet: Am Tag der Verfahrenseröffnung vor dem Landesgericht für ZRS Graz habe die Fa. ZZ GmbH ihrem Sanierungsverwalter eine Liste der offenen Forderungen übermittelt, wonach die weitaus meisten Außenstände, und zwar konkret € 139.555,27, die Bf. betroffen haben. Über Aufforderung zur Zahlung des offenen Betrages gegenüber der Bf. mit Schreiben vom habe letztere mitgeteilt, es könne auf Monate hinaus keine Entrichtung der Schuldigkeiten erfolgen. Während also die übrigen Forderungen durchaus einziehbar waren, sei die Insolvenz der Rechnungslegerin geradezu ursächlich auf den Zahlungsausfall der Hauptschuldnerin Bf. zurückzuführen gewesen. Die Bf. sei daher aktenkundig seit Ende April 2013 objektiv nicht im Stande, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Darüber hinaus könne unabhängig von der Frage, ob ein "Gleichklang der Interessen" zwischen der Fa. ZZ GmbH und der Bf. vorliege oder nicht, jedenfalls nicht in Abrede gestellt werden, dass Herr TT Gesellschafter und Geschäftsführer beider Firmen gewesen sei und aus diesem Grund über umfassende Kenntnisse der wirtschaftlichen Verhältnisse der Betriebe und der zwischen ihnen bestehenden Verträge verfügt habe. Die ihm zugänglichen Informationen über die Bw. habe er in das Sanierungsverfahren einfließen lassen, weshalb nun nicht mehr glaubhaft in Abrede gestellt werden könne, die Bw. wäre sich über die eigene Finanzlage im Unklaren gewesen oder hätte diese falsch eingeschätzt. Die subjektive Kenntnis über die Zahlungsunfähigkeit sei vielmehr jederzeit, insbesondere schon bei Einlangen der Rechnungen, vorliegend gewesen. In rechtlicher Hinsicht treffe es bei gegebener Sachlage zwar zu, dass die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug gem. § 12 Abs. 1 UStG vorgelegen seien. Gem. § 16 Abs. 3 iVm Abs. 1 Z 2 UStG habe aber der Unternehmer, an den ein Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn das Entgelt für die steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung uneinbringlich geworden ist. Uneinbringlich sei eine Forderung jedenfalls, wenn mit ihrem Eingang bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden könne (). Wie dargestellt, sei die Bf. aber schon im April 2013, nach dem vorangegangenen Scheitern von Gesprächen mit Investoren, zahlungsunfähig und sich dieses Umstandes auch bewusst gewesen. Obwohl das Entgelt für die erbrachten Leistungen sofort nach Erhalt fällig gewesen wäre, seien die Zahlungen bis zum heutigen Tage unterblieben. Bei dieser Beurteilung könne durchaus dahingestellt bleiben, ob die Fa. ZZ GmbH zwischenzeitig, etwa wegen des von der Bf. ganz zu Recht in ihrer Rechtsmittelschrift erwähnten Interessengleichklanges, bereits auf ihre Forderungen verzichtet habe: Denn auch der Verzicht aus unternehmerischen Gründen führe zur Minderung der Bemessungsgrundlage ( 2003/ 15/0078) und somit zu denselben Rechtsfolgen wie die Zahlungsunfähigkeit. Bei der Prüfung eines Voranmeldungszeitraumes werde kritisch gewürdigt, ob die steuerlichen Beurteilungen des Unternehmers zutreffend waren; treffe dies nicht zu, trete an deren Stelle die Rechtsfolgensetzung der Behörde und es werde die auf einer unrichtigen Selbst-
berechnung beruhende Voranmeldung durch einen den Gesetzen entsprechenden Fest-
setzungsbescheid ersetzt (§ 201 BAO).

Mit Schreiben vom wurde innerhalb der verlängerten Rechtsmittelfrist gegen die Berufungsvorentscheidung der Vorlageantrag eingebracht und zur Begründung ausgeführt, dass sowohl in der Aussenprüfung als auch in der abweisenden Berufungsvorentscheidung keine Kritik an den formalrechtlichen Voraussetzungen der gegenständlichen Rechnungen geübt worden sei, sondern wurde das Berufungsbegehren mit dem Hinweis auf die Uneinbringlichkeit des Entgeltes abgewiesen. Es werde festhalten, dass die ZZ GmbH an die Bf. in den Jahren 2011 und 2012 Honorarnoten idH. von ca. € 140.000,00 gestellt habe und wurden diese Rechnungen auch bezahlt. Selbst im Monat Jänner 2013 sei noch ein Honorar von € 8.000,00 von der Bw an die ZZ GmbH überwiesen worden. Im Zeitraum bis Ende März 2013 habe es ernsthafte Gespräche mit Investoren, die Kapital in die Bf. einbringen sollten, gegeben. Nach Gesprächen mit diesen Investoren seien die offenen Honorarforderungen für 2012 mit € 50.000,00 und die Leistungen für die Monate Feber, März und April mit € 46.000,00, so mit den Investoren vereinbart, von ZZ an die Bf. verrechnet worden. Selbst im Mai 2013 habe die Bw an ZZ nach deren Insolvenzeröffnung ein à conto von € 15.000,00 an den Masseverwalter für laufende Jobs und Kosten geleistet. Nach dem Ausstieg der Investoren im April 2013 habe der Bf. die zugesagte Eigenkapitalerhöhung gefehlt, dennoch sei die Geschäftsbemühungen zum Vertrieb der Kosmetikprodukte unvermindert weitergegangen. In diesem Zusammenhang habe die Bf. Kontakte und Verhandlungen mit einer großen Drogeriekette in Österreich aber auch mit China und Arabien aufgenommen. Diese Verhandlungen haben dazu geführt, dass nach China bereits Produkte exportiert würden und mit dem chinesischen Partner ein Handelsvertrag abgeschlossen worden sei. Mit Arabien und der Drogeriekette in Österreich würden vielversprechende Verhandlungen laufen. Außerdem habe die Bf. mit ZZ eine Ratenzahlungsvereinbarung ab September 2013, betreffend die gegenständlich ausstehenden Rechnungen, abgeschlossen wie aus den Überweisungsbelege ersichtlich. Von einer Uneinbringlichkeit des Entgeltes könne nach der derzeitigen Lage nicht gesprochen werden und seien daher die beantragten Vorsteuern zum Abzug zuzulassen.

Das Finanzamt legte die Bescheidbeschwerde gemäß § 265 Abs. 1 BAO dem Bundesfinanzgericht im April 2014 vor. In der im Vorlagebericht vom enthaltenen Stellungnahme führte das Finanzamt zum Streitpunkt aus:

Gem. § 16 Abs. 3 iVm Abs 1 Z 2 UStG habe der Unternehmer, an den ein Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn das Entgelt für die steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung uneinbringlich geworden ist. Uneinbringlich sei eine Forderung jedenfalls, wenn mit ihrem Eingang bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden könne. Aus den Berichten des Sanierungsverwalters der ZZ GmbH ergebe sich, dass offene Forderungen gegen die Bf. iHv € 139.555,27 bestehen. Laut Schreiben der Bf. vom könne auf Monate hinaus keine Entrichtung dieser Schuldigkeiten erfolgen. Zum Zeitpunkt des Einlangens der Rechnungen, also bereits Ende April 2013, lag somit Zahlungsunfähigkeit der Bf. vor. Gem. § 16 Abs. Abs. 3 Z 1 2. Satz leg.cit. sei der Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen, wenn das Entgelt nachträglich vereinnahmt wird. Verhandlungen mit potentiellen Geschäftspartnern allein vermögen jedoch einen Vorsteuerabzug nicht zu rechtfertigen, da nur auf die tatsächliche (nachträgliche) Leistung des Entgelts abgestellt werde. In Höhe der bislang tatsächlich erfolgten Ratenzahlungen an die ZZ GmbH könne eine (erneute) Vorsteuerberichtigung zugunsten der Bf. angedacht werden.

Im mündlichen Erörterungstermin gem. § 269 Abs. 3 BAO vom überreichte der steuerliche Vertreter eine schriftliche Stellungnahme (inkl. vier Anlagen), datiert , in welcher - nach Darstellung der bisherigen Rechtsmeinungen des Finanzamtes und der Bf. bezüglich der Uneinbringlichkeit festgehalten werde, dass die bloße Zahlungsschwierigkeiten nicht zwangsläufig die (gänzliche Uneinbringlichkeit) einer Forderung bedeute. Nach Ansicht der Bf. habe sich die belangte Behörde mit diesem Aspekt nicht ausreichend auseinandergesetzt, sondern habe sie sich vielmehr mit der nicht sofort möglichen Einbringlichkeit abgefunden und sogleich darauf geschlossen, dass die Bf. jedenfalls zahlungsunfähig sei. Insbesondere die Tatsache, dass die erbrachten Leistungen der ZZ GmbH wesentlich — wenn nicht sogar „lebensnotwendig“ für die weitere Geschäftsentwicklung der Bf. — gewesen wären und zum seinerzeitigen Zeitpunkt  trotz Liquiditätsschwierigkeiten, welche gerade bei einem Start-Up aufgrund der hohen Anlaufkosten nicht ungewöhnlich seien, jedenfalls mit einem Durchbruch im asiatischen Bereich ernsthaft zu rechnen gewesen wäre, hätte zum gegebenen Zeitpunkt (April 2013) nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung keinesfalls von einer Uneinbringlichkeit der Forderung ausgegangen werden können. Hieraus folgt, dass die Geschäftsleitung der ZZ GmbH (insbesondere in Hinblick auf den sich damals abzeichnenden Durchbruch im asiatischen Bereich) jedenfalls mit der Einbringlichkeit dieser Forderung gerechnet habe. Die ZZ GmbH habe mit der Bf. eine Zahlungsvereinbarung (in Hinblick auf die damals erfolgversprechende Situation) getroffen und seien von der Bf. auch bereits teilweise nennenswerte Teilzahlungen geleistet worden. Dies sei ein deutliches Indiz, dass zum Beurteilungszeitpunkt eine Zahlungsunfähigkeit nicht vorgelegen habe. Insbesondere habe die Geschäftsleitung der ZZ GmbH zum damaligen Zeitpunkt davon ausgehen dürfen, dass die Bf. aufgrund ihrer geschäftlichen Tätigkeiten  in absehbarer Zeit sehr wohl Einnahmen erwirtschaften werde und die Forderungen in absehbarer Zeit bedienen würde können. Es wäre damit zum damaligen Zeitpunkt (April 2013) und unter Zugrundelegung des damaligen Kenntnisstandes jedenfalls davon auszugehen gewesen, dass die Forderung in absehbarer Zeit bedient werden könnte. Die Bf. vertrete daher nach wie vor den Standpunkt, dass zum Zeitpunkt der Leistungserbringung (im Wesentlichen auch Prüfungszeitraum = 04/2013) eine Uneinbringlichkeit der Forderungen keinesfalls ersichtlich war und die ZZ zu diesem Zeitpunkt jedenfalls mit der Erfüllung ihrer Forderungen in absehbarer Zeit rechnen durfte. Mangels Vorliegen einer objektiven Uneinbringlichkeit (= Tatsache) sei auch die Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 16 UStG zu Unrecht erfolgt.

Im Zuge des Erörterungstermins wurde von der steuerlichen Vertretung der Bf. mitgeteilt, dass ihm v.a. die Vorsteuerbeträge aus den Zahlungen von Jänner bis Mai 2013 iHv von ca. € 34.000,00 wichtig seien. Bezüglich der als Anlage 2 vorgelegten Ratenzahlungsvereinbarung vom (Raten für November und Dezember 2013 je € 3.000,00, ab Jänner 2014 monatliche Raten à € 5.000,00) gab der steuerliche Vertreter bekannt, dass keiner dieser Ratenbeträge entrichtet wurden.

Als Ergebnis des Erörterungstermins wurde festgehalten, dass der steuerlichen Vertretung die Berichte des Sanierunsgverwalters vom Finanzamt zwecks Abgabe einer Stellungnahme und von Seiten der Bf. zu den Auftragsbestätigungen iHv € 2.900,00 bzw € 3.390,00 die diesbezüglichen Zahlungsbestätigungen innerhalb von 14 Tagen an das BFG übermittelt werden. Weiters wurde die Anträge auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den gesamten Senat zurückgezogen. 

In einem E-Mail-Anhang vom an das BFG wurden von der steuerlichen Vertretung der Bf. die Zahlungsbestätigungen über € 2.900,00 und € 3.390,00 vorgelegt. Bezüglich der an den Masseverwalter überwiesenen Beträge (1x € 10.000,00 und 1x € 5.000,00), wurde ausgeführt, dass sich nach eingehender Überprüfung ergeben habe, dass es sich bei diesen Beträgen um Vorauszahlungen für die Miete gehandelt habe, und diese Beträge daher nicht wie im Erörterungstermin angegeben, einer Gegenverrechnung mit den Forderungen zugänglich seien.

Bezüglich der Überweisungen vom (€ 9.317,70) und vom (€ 3.999,99) wurde der Bf. um Bekanntgabe ersucht, um welche Zahlungen es sich dabei handle. In der per E-Mail vom übermittelten Antwort wurde vom Bf. mitgeteilt, dass sich die Beträge iHv € 3.999,99 und € 9.317,70 auf Zahlungen beziehen würden, welche für Leistungen angefallen seien die vor dem gegenständlichen Beschwerdezeitraum (UVA 4/2013) erbracht und abgerechnet worden seien, weshalb die Zahlungen somit nicht für das laufende Verfahren gegenständlich seien.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Bescheidbeschwerde erwogen:

Im Beschwerdeverfahren steht außer Streit, dass den im folgenden angeführten
Rechnungen jeweils ein Leistungsaustausch zwischen der ZZ GmbH und der Bf. zugrunde liegt, die in Rechnung gestellten Leistungen tatsächlich erbracht wurden und es sich um fremdübliche Geschäftsfälle handelt. Weiters ist unstrittig, dass für die Leistungen ordnungsgemäße Rechnungen iSd § 11 UStG 1994 gelegt wurden und die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug gem. § 12 Abs. 1 UStG 1994 vorgelegen sind.

Strittig ist hingegen, ob die Bf. seit Ende April 2013 objektiv nicht im Stande war, den Zahlungsverpflichtungen an die ZZ GmbH nachzukommen und damit der Berichtigungstatbestand gem. § 16 Abs. 3 Z 1 iVm Abs. 1 Z 2 UStG 1994 aufgrund Uneinbringlichkeit der Forderungen gegeben ist.

Die Umsatzsteuer- bzw. Vorsteuerbeträge aus den sieben Rechnungen iHv gesamt brutto € 122.455,75 setzen sich wie folgt zusammen:
Rechnung ZZ Nr 13-3114 vom : USt/VSt € 300,00
Rechnung ZZ Nr 13-3115 vom : USt/VSt € 76,51
Rechnung ZZ Nr 13-3117 vom : USt/VSt € 316,76
Rechnung ZZ Nr 13-3122 vom : USt/VSt € 171,78
Rechnung ZZ Nr 13-3125 vom : USt/VSt € 10.000,00
Rechnung ZZ Nr 13-3126 vom : USt/VSt € 9.400,00
Rechnung ZZ Nr 13-3139 vom : USt/VSt € 144,24
Gesamtbetrag an USt/VSt: € 20.409,29

Im Erörterungstermin vom  teilte der steuerliche Vertreter mit, dass es v. a. um die Vorsteuern aus den Zahlungen im Zeitraum Jänner bis Mai 2013 iHv ca. € 34.000,00 gehe. Dabei handelte es sich laut der im Zuge des Erörterungtermins vorgelegten Bankunterlagen um vier Beträge:
Überweisung vom iHv € 3.999,99
Überweisung vom iHv € 9.317,70
Überweisung vom iHv € 5.000,00
Überweisung vom iHv € 10.000,00
Zuzüglich Vorsteuern aus den Zahlungen von September und Oktober 2013:
Überweisung vom iHv € 2.900,00
Überweisung vom iHv € 3.390,00
Gesamt brutto € 34.607,39

Nach den vorgelegten Unterlagen wurden diese Beträgen für folgende Leistungen entrichtet:
€ 5.000,00 und € 10.000,00: Mietvorauszahlungen Mai bis Juli 2013 an den Sanierungsverwalter     
€ 2.900,00: 1. Teilzahlung zur offenen Rechnung  ZZ Nr 13-3125 vom  (brutto € 60.000,00)
€ 3.390,00: 2. Teilzahlung zur offenen Rechnung ZZ Nr 13-3125 vom  (brutto € 60.000,00)
Bezüglich der Beträge € 3.999,99 und € 9.317,70 wurde aus den Überweisungsbelegen lediglich ersichtlich, dass diese an die ZZ GmbH gezahlt wurden.

Seitens der steuerlichen Vertretung wurde in der Eingabe vom bekannt gegeben, dass die Zahlungen iHv € 5.000,00 und € 10.000,00 an den Sanierungsverwalter nicht zur Gegenverrechnung mit den offenen Forderungen zugänglich seien.
Aufgrund zusätzlicher Erhebungen durch das Bundesfinanzgericht ist weiters festzuhalten, dass laut steuerlichen Vertretung auch die Zahlungen iHv € 3.999,99 und € 9.317,70 nicht der Gegenverrechnung der offenen Forderungen dienten, da diese vor dem gegenständlichen Beschwerdezeitraum (UVA 4/2013) erbracht und abgerechnet wurden.   

Es wird daher vom Bundesfinanzgericht festgestellt, dass nur die beiden Teilzahlungen von September (€ 2.900,00) und Oktober 2013 (€ 3.390,00) iHv gesamt brutto € 6.290,00 die beschwerdegegenständlichen Forderungen betroffen haben. 

§ 16 Abs. 1 UStG 1994 lautet:
Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 geändert, so haben
           1. der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag, und
            2. der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Die Berichtigungen sind für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung des Entgeltes eingetreten ist.

Nach § 16 Abs. 3 Z 1 UStG 1994 gilt Abs. 1 sinngemäß, wenn das Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, so sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen.

§ 16 UStG 1994  ist dem Wortlaut nach zwingendes Recht: Der Unternehmer hat - wenn die Voraussetzungen gegeben sind - den geschuldeten Steuerbetrag bzw. den in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug zu korrigieren (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, § 16 Tz. 63 mit Verweis auf ).

Das Gesetz erläutert nicht, wann das Entgelt uneinbringlich geworden ist. Ob und wann Uneinbringlichkeit anzunehmen ist, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden (, ).   

Nach Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist Uneinbringlichkeit mehr als bloßer Zweifel an der Realisierbarkeit bzw. Durchsetzbarkeit einer Forderung (Dubiosität). Uneinbringlichkeit bedeutet Realität, nicht Vermutung (; ). Uneinbringlich ist eine Forderung, wenn mit ihrem Eingang bei vernünftiger (objektiver) kaufmännischer Beurteilung (nach den Erfahrungen des Wirtschaftslebens) in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden kann, wenn sie bei objektiver Betrachtung wertlos ist (, ). Es muss somit mit ihrem Eingang bei objektiver kaufmännischer Beurteilung in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden können.
In einer weiteren Entscheidung hat der VwGH ausgesprochen, dass Uneinbringlichkeit
dann vorliegt, wenn nach wirtschaftlichen Erfahrungen mit der gänzlichen Einbringlichkeit nicht mehr zu rechnen ist, wobei die Unkenntnis der Einbringlichkeit der Höhe nach die Uneinbringlichkeit dem Grunde nach nicht in Frage stellen kann (vgl ).

Bei Zahlungsunfähigkeit ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls von Uneinbringlichkeit auszugehen (; ). Eine Zahlungsunfähigkeit des Schuldners muss nicht erst bei Überschuldung des Leistungsempfängers vorliegen; gemäß der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes liegt Zahlungsunfähigkeit selbst bei einem nicht überschuldeten Schuldner dann vor, wenn der Schuldner durch dauernden Mangel an flüssigen Mitteln nicht imstande ist, alle fälligen Schulden bei redlicher wirtschaftlicher Gebarung in angemessener Frist zu begleichen (siehe Gaedke in Melhardt/Tumpel, UStG, § 16 Rz 131, Ruppe/Achatz, UStG5, § 16 Tz. 78 und die dort jeweils genannte höchstgerichtliche Judikatur).

Zum Verweis der Bf. auf Gaedke/Huber Wurzinger in der schriftlichen Stellungnahme vom , dass eine Forderung dann als uneinbringlich anzusehen sei, wenn ab Leistungserbringung eine Vereinnahmung in einem Zeitraum von zwei bis fünf Jahren voraussichtlich nicht erfolgen könne, ist festzuhalten, dass diese Judikatur vom deutschen BFH getätigt wurde und der darin ausgesprochene Zeithorizont von zwei bis fünf Jahren der österreichische höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht zu entnehmen ist. Stattdessen ist laut Judikatur des VwGH über das Vorliegen der Uneinbringlichkeit
"nach den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden" (; ). Zudem ist nach der höchstgerichtlichen Judikatur bei Zahlungsunfähigkeit, unabhängig von einer zeitlichen Komponente, "jedenfalls von Uneinbringlichkeit auszugehen" (nochmals ).    

Unstrittig ist, dass die Bf., der ZZ GmbH am Tag der Eröffnung des Sanierungsverfahrens eine offene Forderung gegenüber der Bf. iHv insgesamt brutto € 139.555,27 hatte. Weiters unstrittig ist, dass für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum April 2013 die Bf. einen Betrag iHv netto € 102.046,46 plus 20% Umsatzsteuer iHv € 20.409,29., d.h., insgesamt € 122.455,75 schuldete.
Diese Schuld von brutto € 122.455,75 resultierte aus sieben Rechnungen welche überwiegend für Agenturleistungen (Leistungszeitraum Oktober 2011 bis März 2013) und Marketingtätigkeiten im Zusammenhang mit der Einführung einer Kosmetiklinie erbracht wurden. Aufgrund der vereinbarten Zahlungsbedingung "prompt ohne Abzüge" waren die einzelnen Rechnungsbeträge jeweils mit Rechnungslegung, sohin mit April 2013 fällig. 
In den Berichten des Sanierungsverwalters wird zu den offenen Forderungen der ZZ GmbH gegenüber der Bf festgehalten:
1. Bericht des Sanierungsverwalters zur ersten Gläubigerversammlung am , Seite 7:
"4. Zu den Ursachen der Insolvenz: Die Schuldnerin hat in den letzten beiden Jahren vor Eröffnung des Sanierungsverfahrens erhebliche Entwicklungs- und Beratungsleistungen für die NN erbracht, die eine Anti-Aging-Hautpflegeserie entwickelte. Dieser Großkunde stand über einen halbjährlichen Zeitraum in Verhandlungen mit einer Investorengruppe‚ wobei diese aber am scheiterten. Erheblichen Forderungen der Schuldnerin sind zumindest in den nächsten drei Monaten nicht einbringlich. Inwieweit eine Einbringlichmachung nach diesem Zeitraum möglich sein wird, ist fraglich ... 5. Offene Forderungen: Im Antrag auf Eröffnung des Sanierungsverfahrens gab die Schuldnerin an, über einbringliche offene Forderungen in Höhe von €106.702‚92 zu verfügen. Hingegen wären Forderungen gegenüber der NN über € 101.325,25 derzeit nicht einbringlich zu machen. Am Tag der Verfahrenseröffnung übergab die Schuldnerin dem Sanierungsverwalter eine aktualisierte Liste mit offenen Forderungen im Gesamtausmaß von € 198.135,35‚ wobei nunmehr ein Betrag von € 139.555,27 auf die Forderung gegenüber der NN entfällt..."
2. Bericht des Sanierungsverwalters zur Berichts- und Prüfungstagsatzung am , Seite 6:
"6. Offene Forderungen: Am Tag der Verfahrenseröffnung übergab die Schuldnerin dem Sanierungsverwalter eine aktualisierte Liste mit offenen Forderungen im Gesamtausmaß von € 198.135,35, wobei ein Betrag von € 139.555‚27 auf die Forderung gegenüber der NN entfällt. An der NN ist wie gesagt der schuldnerische Geschäftsführer TT mit 30% am Stammkapital beteiligt, er ist auch einer deren Geschäftsführer. Die NN wurde mit Schreiben vom zur Zahlung des offenen Betrages aufgefordert. in einer Rückmeldung teilte diese aber mit, dass in den nächsten Monaten keine Zahlung erfolgen könne."

Wie bereits ausgeführt, liegt nach der ständigen Rechtsprechung des OGH Zahlungsunfähigkeit, selbst bei einem nicht überschuldeten Schuldner, dann vor, wenn der Schuldner durch dauernden Mangel an flüssigen Mitteln nicht im Stande ist, alle fälligen Schulden bei redlicher wirtschaftlicher Gebarung in angemessener Frist zu begleichen (vgl. OGH 14 Os 58/03, ; OGH 14 Os 160/03, ). Die gegenständlichen Leistungen iHv von gesamt brutto € 122.455,75 wurden allesamt im April 2013 erbracht, zu einem Zeitpunkt, zu dem die von der Bf. geführten Verhandlungen mit einer Investorengruppe bereits gescheitert waren, wie aus dem 1. Bericht des Sanierungsverwalters deutlich wird (die Verhandlungen scheiterten am , vgl. Bericht Seite 7). Dieser Umstand war der Bf. aufgrund der doppelten Gesellschafter- und Geschäftsführertätigkeit von TT bei der Bf. und der ZZ GmbH bekannt. Zum Zeitpunkt der Leistungserbringung hätte der Bf. bei vernünftiger objektiver kaufmännischer Beurteilung erkennen müssen, dass eine Entrichtung der ausstehenden Forderungen in angemessener Frist nicht möglich ist. 
Diese Beurteilung wird durch die Berichte des Sanierungsverwalters bestätigt, wonach die Bf. nach eigenen Angaben weder im April 2013 noch in den Folgemonaten in der Lage war, die offene Verbindlichkeit iHv gesamt  € 139.555‚27 gegenüber der ZZ GmbH auszugleichen (siehe 1. Bericht, S. 4 und 7; 2. Bericht, S. 6 und 8). Auch die im Rahmen des Erörterungstermins vorgelegte Vereinbarung zwischen der Bf. und der ZZ GmbH vom , nach welcher ab November 2013 die offenen Forderungen mittels Ratenzahlungen erfüllt hätten werden sollen, stellte sich als ergebnislos heraus und wurde tatsächlich keine einzige Rate entrichtet. Die Bf. war weder bis Ende April 2013 noch in den Folgejahren in der Lage, die offene fällige Verbindlichkeit gegenüber der ZZ GmbH auszugleichen. Die beiden Zahlungen von gesamt € 6.290,00 im September und Oktober 2013 ändert nichts an der Beurteilung, dass aufgrund der Zahlungsunfähigkeit die noch offene und fällige Forderung der ZZ GmbH somit aufgrund dieser Tatsachen als uneinbringlich zu beurteilen war.

Die Feststellung des Finanzamts, dass Uneinbringlichkeit iSd. § 16 Abs. 3 iVm. § 16 Abs. 1 Z 2 UStG 1994 vorliegt und Vorsteuerbeträge iHv. € 20.409,29 als nicht abzugsfähig qualifiziert wurden, erfolgte daher zu Recht.

Ergänzend wird bezüglich der Zahlungen vom iHv € 2.900,00 und vom iHv € 3.390,00 auf § 16 Abs 3 Z 1 2. Satz UStG 1994 verwiesen: "Ist eine Korrektur der Steuer bzw Vorsteuer wegen Uneinbringlichkeit erfolgt und wird das Entgelt später dessen ungeachtet vereinnahmt, so sind Steuer und Vorsteuer erneut zu berichtigen." Die neuerlicher Berichtigung hat erst dann zu erfolgen, wenn die Forderung tatsächlich beglichen wird (siehe Ruppe/Achatz, UStG5, § 16 Tz 85).

Zulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das gegenständliche Erkenntnis konnte sich nicht nur auf den Gesetzeswortlaut des § 16 Abs. 3 Z 1 UStG 1994 iVm Abs. 1 Z 2 leg. cit., sondern überdies auf die ergangene und im Entscheidungstext angeführte höchstgerichtliche Judikatur stützen. Entsprechend liegt keine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, vor und war auszusprechen, dass die Revision unzulässig ist.

Graz, am

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