Gemeinnütziger Verein – mildtätiger Verein – Gewerbebetrieb?
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7100845/2013-RS1 | Vermögenswerte werden auch dann einem Verein begünstigungsschädlich entzogen, wenn sich durch ein Rechtsgeschäft die Rechtsposition des Vereins verschlechtert (hier: Verkauf von bisher sich im Eigentum des Vereins befindlicher Liegenschaft und Wohnhaus an Vereinsfunktionäre). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., AdresseBf, vertreten durch LBG Burgenland Steuerberatung GmbH, 7503 Großpetersdorf, Ungarnstraße 10/GIP2, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Körperschaftsteuer 2008 bis 2010 nach der am durch-geführten mündlichen Verhandlung entschieden:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
1. Als die im Spruch angeführten Bescheide angefochten wurden, war der Unabhängige Finanzsenat für die Rechtsmittelerledigung zuständig. Diese Zuständigkeit des Unabhängigen Finanzsenates endete am . An seine Stelle trat am das Bundesfinanzgericht (BFG), das alle mit Ablauf des anhängigen Rechtsmittelverfahren – und damit auch dieses Rechtsmittelverfahren – weiterführt. Mit Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit () haben sich die Bezeichnungen der Rechtsmittel geändert. Das Bundesfinanzgericht verwendet in seinen Verfahren die verwaltungsgerichtsübliche Terminologie: „Berufungen“ werden als „Beschwerden“ bezeichnet, „Berufungsvorentscheidungen“ als „Beschwerdevorentscheidungen“ und „Berufungswerber“ als „Beschwerdeführer (Bf.)“.
2. Der Beschwerdeführer (Bf.) ist ein vor den Streitjahren gegründeter und ins Vereinsregister eingetragener Verein, der seine Tätigkeit lt. Nachschau vom mit „Führung_einer_WG“ beschreibt.
Lt. Vereinsregisterauszug vom wurde der Verein von 1 als Obfrau vertreten. Schriftführerin war 2 und 3 war Kassier.
3. Aus den Vereinsstatuten:
3.1. Die Vereinsstatuten haben 16 Paragrafen, die in der ab Anfang 2008 geltenden Fassung lauten:
§ 1 Name, Sitz und Tätigkeitsbereich:
1. Der Verein führt den Namen … 2. Er hat seinen Sitz in … und erstreckt seine Tätigkeit auf das gesamte Bundesgebiet, insbesondere … 3. Der Verein ist gemeinnützig und nicht konfessionell oder parteipolitisch gebunden. 4. Die Errichtung von Zweigvereinen ist nicht geplant.
§ 2 Zweck:
„Der Verein dient ausschließlich und unmittelbar einem gemeinnützigen Zweck im Sinne der Bundesabgabenordnung und ist nicht auf Gewinn ausgerichtet. Der Verein bezweckt die Förderung der Entwicklung und Integration von Kindern und Jugendlichen in einem schwierigen sozialen Umfeld und Lebenskrisen. Der Verein bezweckt eine systemorientierte Stützung und Begleitung der Eltern, der Familien und anderer relevanter Umwelten“.
§ 3 Mittel zur Erreichung des Vereinszwecks:
„1. Der Vereinszweck soll durch die in Abs und Abs 3 angeführten ideellen und materiellen Mittel erreicht werden:
2. Ideelle Mittel: a) Führung_einer_WG; b) Instandsetzung von kinder- und jugendgerechtem Wohnraum, dessen Erwerb, Anmietung, Einrichtung und Erhaltung; c) erlebnisorientierte Ferienprojekte; d) sozial-, kultur-, gruppenpädagogische und spielpädagogische Aktionen verschiedener Art und Größe, die die Lern- und Erlebnismöglichkeiten der Kinder erweitern; e) Workshops, Informationsabende, Gästebetreuung, Kursangebote.
3. Die erforderlichen materiellen Mittel: a) Tagsätze, Betreuungshonorare; b) Mitgliedsbeiträge; c) Spenden, Sammlungen, Vermächtnisse; d) Sponsorengelder und sonstige Zuwendungen.“
§ 4 Arten der Mitgliedschaft:
1. Die Mitglieder des Vereins gliedern sich in ordentliche, außerordentliche und Ehrenmitglieder.
2. Ordentliche Mitglieder des Vereins sind jene, die sich voll an der Vereinstätigkeit beteiligen. Außerordentliche Mitglieder sind solche, die die Vereinstätigkeit vor allem durch Zahlung eines erhöhten Mitgliedsbeitrages fördern. Ehrenmitglieder sind Personen, die wegen besonderer Verdienste um den Verein ernannt werden.“
§ 5 Erwerb der Mitgliedschaft:
„1. Die Mitglieder des Vereins können alle physischen Personen werden. Juristische Personen können nur außerordentliche Mitglieder werden.
2. Über die Aufnahme von ordentlichen und außerordentlichen Mitgliedern entscheidet der Vorstand. Die Aufnahme kann ohne Angabe von Gründen verweigert werden. Die Mitgliedschaft beginnt mit dem Datum des Aufnahmebeschlusses.
3. Die Ernennung zum Ehrenmitglied erfolgt auf Antrag des Vorstandes durch die Generalversammlung.“
§ 6 Beendigung der Mitgliedschaft …
§ 7 Rechte und Pflichten der Mitglieder …
§ 8 Vereinsorgane ...
§ 9 Die Generalversammlung … 1. Die Generalversammlung ist die Mitgliederversammlung im Sinne des Vereinsgesetzes 2002. Eine ordentliche Generalversammlung findet alle zwei Jahre statt.
§ 10 Aufgaben der Generalversammlung …
§ 11 Der Vorstand …
§ 12 Aufgaben des Vorstandes …
§ 13 Besondere Obliegenheiten einzelner Vorstandsmitglieder …
§ 14 Die Rechnungsprüfer …
§ 15 Schiedsgericht ...
§ 16 Freiwillige Auflösung des Vereins:
1. Die freiwillige Auflösung des Vereines kann nur in einer zu diesem Zweck einberufenen außerordentlichen Generalversammlung und nur mit Zweidrittelmehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen beschlossen werden.
2. Diese Generalversammlung hat auch - sofern Vereinsvermögen vorhanden ist - über die Liquidation zu beschließen. Insbesondere hat sie einen Liquidator zu berufen und Beschuss darüber zu fassen, wem dieser das nach Abdeckung der Passiven verbleibende Vereinsvermögen zu übertragen hat. Dieses Vermögen muss, soweit dies möglich und erlaubt ist, einer Organisation zufallen, die gleiche oder ähnliche Zwecke wie dieser Verein verfolgt, sonst Zwecken der Sozialhilfe.
Die Vorstandsmitglieder sind ab Anfang 2008: 3 (Obmann), 2 (Obfrau), 4 (Rechnungsprüferin) und 5 (Rechnungsprüferstellvertreterin).
3.2. Die in Pkt 3.1. wortwörtlich zitierten § 3 Abs 2 lit b und § 16 Abs 2 (letzter Satz) lauteten in der bis Anfang 2008 geltenden Fassung:
§ 3 Abs 2 lit b: „… b) Instandsetzung von kinder- und jugendgerechtem Wohnraum, dessen Anmietung, Einrichtung und Erhaltung, ...“
§ 16 Abs 2 (letzter Satz): „Dieses Vermögen soll, soweit dies möglich und erlaubt ist, einer Organisation zufallen, die gleiche oder ähnliche Zwecke wie dieser Verein verfolgt, sonst Zwecken der Sozialhilfe“.
Die Vorstandsmitglieder waren bis Anfang 2008: 1 (Obfrau), 2 (Schriftführerin, 3 (Kassier), 6 (Rechnungsprüferin) und 7 (Rechnungsprüferstellvertreterin).
4. Aus dem Außenprüfungsbericht vom :
Einleitend verwies der Außenprüfer auf § 2 (Zweck) und § 3 Z 3 (erforderliche materielle Mittel) der Vereinsstatuten und stellte dazu fest:
Der Erwerb der Mitgliedschaft wird vom Vereinsvorstand bestimmt. Über die Aufnahme von ordentlichen und außerordentlichen Mitgliedern entscheidet der Vorstand. Die Aufnahme kann ohne Angabe von Gründen verweigert werden. Die Mitgliedschaft beginnt mit dem Datum des Aufnahmebeschlusses.
Der Verein besteht aus sechs Mitgliedern: 1, 8, 9, 10, 3 und 2.
Der Vorstand wurde mit der Generalversammlung vom neu bestellt und besteht aus dem Obmann 3 und der Obfrau 2. Seit der Generalversammlung sind 4 und 5 Rechnungsprüferinnen.
Der Verein hat mit Kaufvertrag vom Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 9.984 m² und einem Wohnhaus um EUR 235.000,00 erworben.
Im nächsten Absatz des Außenprüfungsberichtes wird § 2 des Vereinsstatuts zitiert, zum 1. Satz ausgeführt: „Der unmittelbare und gemeinnützige Zweck wäre genauestens zu beschreiben.“ und zum 2. und 3. Satz festgestellt: „Die Vereine der Kinder-, Jugend- und Familienfürsorge gelten als gemeinnützige Vereine“.
Der lt. Vereinsstatut nicht gewinnorientierte Verein hat 2009 Grundstücke und ein Wohnhaus erworben. Er hat lt. Bilanzen folgende Gewinne erwirtschaftet:
2005 Euro 22.218,08; 2006 Euro 24.150,86; 2007 Euro 60.605,88; 2008 Euro 23.885,29; 2009 Euro 37.859,82 und 2010 Euro 64.737,73.
Die Bilanz 2010 weist daher ein Kapital iHv Euro 181.150,42 aus. Zu diesem Kapital seien die Differenz zwischen Verkehrswert und Buchwert des Gebäudes und der Grundstücke hinzuzurechnen und die Verkehrswerte der Waldgrundstücke und das bestehende bzw. das zuwachsende Holz beim Vereinsvermögen zu berücksichtigen. Eine Mittelthesaurierung und Vermögensmehrung unter dem Deckmantel der Gemeinnützigkeit sei nicht zulässig.
Da die Bezirkshauptmannschaften pro zugewiesenen und vom Verein aufgenommenen Kind 2008 einen Tagsatz iHv Euro 151,92 zahlen, werde der Verein auch in Zukunft Gewinne erzielen. Lt. Ausgangsrechnungen werde bei einigen zugewiesenen Kindern ein ermäßigter Tagsatz iHv Euro 144,40 verrechnet, was ein Indiz dafür sei, dass der Verein ein wirtschaftlicher und gewinnorientierten Betrieb sei.
Lt. Auskunft des Vereinsobmannes beträgt der derzeitige Tagsatz Euro 159,00 für ein zugewiesenes Kind. Mit diesem Tagsatz werden alle anfallenden Kosten des Lebens und des Wohlergehens des Kindes pro Tag und die Gehälter der Aufsichts- und Erziehungspersonen abgedeckt, woraus ersichtlich sei, dass der Verein auch in Zukunft durch erhöhte Tagsätze Gewinne erzielen werde und dadurch den Vereinszweck „keine Gewinne zu erzielen“ verfehle.
Der Verein habe seit der Gründung Gewinne erzielt; vergleichbare Einrichtungen, die entweder als Einzelunternehmen oder als Körperschaft geführt werden, seien einkommensteuer- bzw. körperschaftsteuerpflichtig.
Eine Abfrage beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger habe ergeben, dass die Funktionäre 2 und 3 Arbeitnehmer des Vereins seien; der frühere Funktionär 10 bis Arbeitnehmer des Vereins gewesen sei und das Mitglied 8 2008 Arbeitnehmerin des Vereins sei.
Auffällig seien die im Verhältnis zu anderen Dienstnehmern weit überhöhten monatlichen Bruttolöhne der beiden Obleute 2 und 3 iHv Euro 3.147,36 (2008); Euro 2.769,61 (2009) und Euro 3.139,56 (2010). Die monatlichen Bruttolöhne anderer Angestellter betragen Euro 1.611,00 (2008); Euro 1.770,00 (2009) und Euro 1.819,00 (2010). Werden die Bruttobezüge mit dem für diese Berufsgruppe mit den Sozialpartnern abgeschlossenen Kollektivvertrag vom „Diakonie Österreich” verglichen, seien Erzieher/innen, Kindergärtner/innen und Dipl. Sozialpädagogen/innen in der Verwendungsgruppe 7. Die Verwendungsgruppe 7 beginnt in der Gehaltsstufe 1 mit einem monatlichen Bruttolohn iHv Euro 1.822,40 und endet in der Gehaltsstufe 18 mit Euro 2.532,00.
Werden 2 und 3 als Führungskräfte eingestuft, seien sie lt. Kollektivvertrag „DiakonieÖsterreich“ in der Verwendungsgruppe 10 (= Führungskräfte bei sonstigen Organisationseinheiten mit inhaltlichem, personellen und finanziellen Verantwortungsbereich und Fachärzte/innen. Die Verwendungsgruppe 10 beginnt in der Gehaltsstufe 1 mit einem monatlichen Bruttolohn iHv Euro 2.402,50 und endet in der Gehaltsstufe 18 mit Euro 3.279,00. Mit angerechneten Vordienstzeiten wären beide leitenden Funktionäre in der Verwendungsgruppe 10, Gehaltsstufe 10; ihr monatlicher Bruttolohn betrage jeweils Euro 3.038,60 und entspräche dem ausbezahlten Bruttolohn.
2 und 3 seien wegen ihrer Funktion verpflichtet, für den Verein Spenden zu lukrieren bzw. Mitglieder zu werben. De dato seien keine Mitglieder geworben und kein Mitgliedsbeitrag eingehoben worden, weshalb die Funktion „Obmann / Obfrau“ vernachlässigt worden sei. „Der Vergleich der Aufgaben als „Obmann/Obfrau“ und der tatsächlichen Ausübung der Funktion „Obmann/Obfrau“ mit dem monatlichen Bezug steht in keinem Verhältnis … Die Förderung eines bestimmten Zwecks erfolgt dann selbstlos, wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke der Mitglieder einer Körperschaft gefordert werden. Die Anstellung der Mitglieder (Funktionäre) mit einem weit überhöhten lohnsteuerpflichtigen Bezug stellt keine Selbstlosigkeit dar. Die Ausübung der Funktion als Obmann/Obfrau erfordert kein Angestelltenverhältnis. Da mit dem lohnsteuerpflichtigen Bezug der angeführten Funktionäre mehrere Dienstnehmer mit gleicher Ausbildung und Verantwortung diese Aufgaben übernehmen konnten“ (© Außenprüfungsbericht).
Gemäß § 7 Z 6 Vereinsstatuten werde der Mitgliedsbeitrag von der Generalversammlung festgesetzt. Lt. vorgelegten Unterlagen hat der Verein die Generalversammlungen vom , , , und durchgeführt. Mitgliedsbeiträge sind de dato nicht festgesetzt bzw. eingehoben worden. Fehlende Aufnahmekriterien, Aufnahmeverweigerung ohne Angabe von Gründen und nicht festgesetzte Mitgliedsbeiträge sprächen dagegen, dass die Mitgliedschaft jedermann offen stehe.
In der Generalversammlung vom ist unter dem Punkt „Allfälliges“ der Vermerk angebracht: „Der offene Kredit wird getilgt, dadurch ist 10 aus der Privathaftung“. Aus den vorgelegten Unterlagen sind die gesamten Geldflüsse nachvollziehbar, aber es ist nicht ersichtlich, dass der damalige Kassier 10 als Privatperson mit seinem privaten Vermögen für den Verein gehaftet hat. Aus den vorgelegten Protokollen und Unterlagen ist nicht ersichtlich, für welchen Betrag 10 mit seinem Privatvermögen gehaftet hat. In den Generalversammlungsprotokollen ist weiters zu lesen, dass die Rechnungsprüfer nicht anwesend sind, der „Vorstand kann nicht entlastet werden“, das „Ergebnis der Rechnungsprüferinnen noch offen ist und die Entlastung findet unter Vorbehalt statt“. Der Rechnungsprüfungsbericht werde von Privatpersonen, die keine Mitglieder des Vereines seien, geschrieben und bestätigt. Da die Rechnungsprüfer keine Mitglieder des Vereines sind, hätte der Verein nach dem Versammlungsgesetz die Mitgliederversammlung (Mitglieder und Gäste) anzeigen müssen, was lt. Generalversammlungsprotokollen nicht geschehen ist.
Dass die Rechnungsprüfung durch „Nichtmitglieder“ durchgeführt werde, entspreche nicht den üblichen Usancen des täglichen Lebens, da Rechnungsprüfer üblicherweise von der Mitgliederversammlung des Vereines durch Wahl bestellt werden und die bestellten Rechnungsprüfer Mitglieder des Vereines seien.
Bilanzen sind vor der Bestätigung durch die Rechnungsprüfer beim Finanzamt eingereicht worden (bspw. Bilanz 2008: am beim Finanzamt eingereicht, Bestätigungsvermerk vom ; Bilanz 2009: am beim Finanzamt eingereicht, Bestätigungsvermerk vom ). Die Finanzgebarung des Vereins auf ordnungsgemäße Rechnungslegung und statutengemäße Mittelverwendung sei jedoch innerhalb von vier Monaten ab Erstellung der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu prüfen.
Privathaftung, Bestellung der Rechnungsprüfer, Abgabe der Erklärungen beim Finanzamt vor dem Prüfbericht der Rechnungsprüfer, Auslegung der eigenen Statuten und des Vereinsgesetzes sprächen auch gegen einen gemeinnützigen Verein.
Der Bf. sei daher ein nicht begünstigter, gemäß § 1 KStG 1988 körperschaftsteuerpflichtiger, Verein.
5. In den Körperschaftsteuerbescheiden 2008 – 2010 vom wurde dem Bf. prüfungskonform Körperschaftssteuer vorgeschrieben und auf eine gesonderte Begründung verwiesen, die sich nicht in den Verwaltungsakten befand.
Alle Bescheide wurden am zugestellt, waren innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar und wurde mit der Beschwerde vom angefochten, worin der Bf. beantragte, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv jeweils EUR 0,00 zu veranlagen.
6. Die Beschwerde vom enthielt keine Begründung, weshalb das Finanzamt ein Mängelbehebungsverfahren durchführte und dem Bf. auftrug, die Beschwerde bis zu begründen, was mit dem am eingebrachten Schreiben auch geschah. Die Beschwerdeausführungen zusammengefasst brachte der Bf. begründend vor:
6.1. Ad Gemeinnützigkeit: Gemäß Rz 14 VereinsR bedeute „Allgemeinheit“ nicht die gesamte Bevölkerung. Mitglieder ohne Begründung abzulehnen verletze nicht die Begünstigungsvoraussetzungen. Sei der geförderte Personenkreis nur wegen des Fördergegenstandes klein, werde nicht gegen § 36 BAO idgF verstoßen. Rz 372 VereinsR bezeichne Heime als steuerfreien Betrieb.
6.2. Ad Gewinnerzielungsabsicht: Gemäß Rz 216 VereinsR müsse der Verein alle Einnahmen nicht sofort dem begünstigten Zweck zuführen; er könne auch Rücklagen bilden. Seit Jahren gemietete Grundstücke und das Wohnhaus zu kaufen, sei eine Investition in den begünstigten Zweck. Damals seien die Kosten eines Neubaus vergleichsweise hoch gewesen. Das Vereinsvermögen iHv EUR 181.150,42 diene als Rücklage für zukünftige Investitionen in das Gebäude und als Vorsorge für etwaige schlechte Auslastung. Der Verein könne derzeit 10 Kinder betreuen; von Jänner bis Mai 2012 habe er 9 Kinder betreut; von Juni bis August 2012 8 Kinder. Am sei das Heim wegen Umbauarbeiten geschlossen worden; ab diesem Zeitpunkt habe der Verein keine Einnahmen. Die Rücklagen seien deshalb 2012 bestimmungsgemäß verwendet worden. Der Umbau verbessere die Qualität des Heimes. Die Baukosten iHv rund EUR 300.000,00 seien durch die gebildeten Rücklagen iHv EUR 181.000,00 nicht gedeckt. Es gebe keine stillen Reserven. Die Verkehrswerte der Waldgrundstücke und des stehenden Holzes seien im Kaufpreis enthalten und deshalb auch aktiviert worden.
6.3. Ad Tagsatzhöhe: Man habe Preisnachlässe gewährt, um den Zuschlag für die Unterbringung von 4 Kindern zu bekommen. Damals sei das Heim nicht ausgelastet gewesen. Der Bf. habe nicht gewinnorientiert gehandelt. Der aktuelle Tagsatz betrage EUR 159,00. Da im Sozialbereich gespart werde, sei nicht davon auszugehen, dass die Tagsätze erhöht werden. Gemäß Rz 168 VereinsR könne die Rechtsform frei gewählt werden.
6.4. Ad Funktionärsgehälter: Die Landesregierung fordere eine Funktionstrennung bei den Leitungsaufgaben; 2 sei die pädagogische Leiterin und 3 sei der wirtschaftliche Leiter des Heims. Nicht jeder Anwerbeversuch sei erfolgreich. „Die hohe Akquisitionsbereitschaft des Obmanns musste der Außenprüfer im Zuge einer Besprechung selbst erfahren“ … „Den blumigen Ausführungen betreffend „Opferwilligkeit“ und „Selbstlosigkeit“ kann bezüglich Sachverhaltsrelevanz nicht gefolgt werden“ (© Beschwerde). Dienstnehmer mit gleicher Ausbildung könnten Führungsaufgaben in jedem Unternehmen übernehmen.
6.5. Ad Versammlungsgesetz/Rechnungsprüfer: Einladungen an Nichtmitglieder nach dem Versammlungsgesetz anzuzeigen, entspreche nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens. Nichtmitglieder als Rechnungsprüfer zu bestellen sei üblich; gemeinnützige Vereine bestellen regelmäßig Wirtschaftstreuhänder als Rechnungsprüfer.
6.6. Ad Privathaftung: Es habe sich um eine Vorgabe des Kreditinstituts gehandelt. Deshalb seien Rücklagen angespart worden. Die Privathaftung sei ein Beispiel für „Selbstlosigkeit“ und Opferwilligkeit“ der betreffenden Person.
6.7. Ad Vorzeitige Abgabe der Bilanz: Deshalb könne man nicht unmittelbar von einer unüblichen Usance ausgehen und die Gemeinnützigkeit in Frage stellen.
6.8. Ad Wettbewerbsverzerrung: Der Verein habe sich wegen seiner Preispolitik im Hochpreissegment über die hohen Qualitätsansprüche in der pädagogischen Betreuung positioniert. Auf den Grundsatz der freien Rechtsformwahl werde hingewiesen.
7. Die Beschwerde vom gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2008 bis 2009 wurde dem Unabhängigen Finanzsenat vorgelegt. Die Beschwerde vom gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2010 wurde damals nicht vorgelegt.
8. Mit Schreiben vom zog der Bf. den Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Senat für alle in der Beschwerde aufgezählten Bescheide zurück.
9. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2010 abgewiesen und begründend vorgebracht:
„Die in verschiedenen Abgabengesetzen enthaltenen Befreiungen und sonstigen abgabenrechtlichen Begünstigungen bei Betätigung für gemeinnützige Zwecke stehen der jeweiligen Körperschaft dann zu, wenn sie die in den §§ 34 bis 47 BAO genannten Voraussetzungen erfüllt. Nach § 34 Abs 1 BAO ist Voraussetzung für das Einräumen von Steuerbegünstigungen, dass der Rechtsträger nach Gesetz, Satzung, Stiftungsbrief oder seiner sonstigen Rechtsgrundlage und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar der Förderung begünstigter Zwecke dient.
Der Verein … wurde am XX.XX.XXXX gegründet und ins Vereinsregister eingetragen. Laut Statuten verfolgt der Verein folgenden Zweck: Der Verein dient ausschließlich und unmittelbar einem gemeinnützigen Zweck im Sinne der Bundesabgabenordnung und ist nicht auf Gewinn ausgerichtet. Der Verein bezweckt die Förderung der Entwicklung und Integration von Kindern und Jugendlichen in einem schwierigen sozialen Umfeld und Lebenskrisen. Der Verein bezweckt eine systemorientierte Stützung und Begleitung der Eltern, der Familien und anderer relevanter Umwelten.
Im Rahmen der Betriebsprüfung hat das Finanzamt folgende Feststellungen getroffen:
Gewinnerzielungsabsicht: Der Verein hat in den Statuten aufgenommen, dass er nicht auf Gewinn ausgerichtet ist. Der Betriebsprüfer legte im Bericht vom offen, dass der Verein in den Jahren 2005 - 2010 nicht unerhebliche Gewinne erwirtschaftet hat.
Die Bilanz 2010 weist ein Kapital von Euro 181.150,42 aus. Zu diesem Kapital ist die Differenz zwischen Verkehrswert und Buchwert des Gebäudes und der Grundstücke hinzuzurechnen. Weiters sind die Verkehrswerte der Waldgrundstücke und das bestehende bzw. das zuwachsende Holz beim Vereinsvermögen zu berücksichtigen. Eine Mittelthesaurierung und Vermögensmehrung unter dem Deckmantel der Gemeinnützigkeit ist nicht zulässig.
Vergleich der Gehälter an Mitarbeiter und Funktionäre: Wie im Prüfbericht dargelegt, werden vom Verein höhere Gehälter an Mitarbeiter und höhere Vergütungen an Funktionäre als in Vergleichsbetrieben gezahlt.
Tatsächliche Geschäftsführung: Der Betriebsprüfer weist an Hand einiger Beispiele nach, dass einzelne Bestimmungen in den Statuten nicht gelebt wurden. Des Weiteren haben die Statuten keine Bestimmungen über die Aufnahme von Mitgliedern, sodass nicht beurteilt werden kann, ob die Mitgliedschaft für die Allgemeinheit offen ist.
Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr: Bei den ausgestellten Ausgangsrechnungen konnte man ersehen, dass bei einzelnen zugewiesenen Kindern ein ermäßigter Tagsatz verrechnet wurde, einzelne Sozialreferate der Bezirkshauptmannschaften Preisnachlässe erhalten haben und der Tagsatz sich im Prüfungszeitraum erhöht habe. Preisnachlässe und Schwankungen im Tagsatz sind ein Anzeichen, dass der Betrieb gewinnorientiert handelt und am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt. Vergleichbare Einrichtungen, die entweder als Einzelunternehmen oder als Körperschaft geführt werden, werden der Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer unterworfen.
Aus diesem Grund waren auch der Beschwerdeführerin steuerliche Begünstigungen auf Grund der Gemeinnützigkeit zu versagen“.
Die Beschwerdevorentscheidung wurde mit Vorlageantrag vom angefochten.
10.Aus den Verwaltungsakten:
10.1. Lt. Kontenplan 2008 – 2011 wurden keine Rückstellungen für Investitionen gebildet.
10.2. Mit dem als Notariatsakt vom errichteten Kaufvertrag über den Grundstückskauf ..., haben 3, Behindertenfachbetreuer, und 2, Sozialpädagogin, das Grundstück für den Verein gekauft. Der Kaufpreis beträgt EUR 235.000,00. Davon sind EUR 60.000,00 bei Vertragsunterfertigung zu zahlen. Der Restkaufpreis iHv EUR 175.000,00 zuzüglich jährlich 3% Zinsen ist beginnend mit auf 10 Jahre verteilt in gleich hohen monatlichen Raten zu zahlen. Lt. Grundbuchauszug vom ist der Verein Alleineigentümer des Grundstücks ....
10.3. Lt. Schreiben vom sind 1, 8, 9, 10, 3 und 2 Vereinsmitglieder.
10.4. Die dem Außenprüfer vorgelegten Protokolle der Generalversammlungen vom , , und enthalten keine Beschlüsse über Kauf und Verkauf der Liegenschaft und des Wohngebäudes, keine Beschlüsse über „Ansparen der Gewinne“ und keine Beschlüsse über Investitionen in die Liegenschaft und in das Wohngebäude.
10.5. Aktiva Adaptierung fremder Gebäude lt. Bilanzen: EUR 22.412,46 (Saldo 2008), EUR 269.182,05 (Saldo 2009) und EUR 262.768,53 (Saldo 2010).
10.6. Betriebsergebnisse des Bf. in den Folgejahren: EUR 69.946,11 (Jahresgewinn 2011), EUR – 83.372,74 (Jahresverlust 2012), EUR 31.023,38 (Jahresgewinn 2013). Die Daten ab 2014 liegen dem Bundesfinanzgericht nicht vor.
10.7. Der Verein ist Zulassungsbesitzer der Kleinkrafträder (Kennzeichen xx und xx) und des geleasten Pkw (Kennzeichen xx).
11. BFG – Ermittlungen:
11.1. Prüfungsauftrag vom ; Antwortschreiben vom :
Nach der Entscheidung , ist zwischen Grundversorgung (die idR der Kostenträger der Sozial- oder Behindertenhilfe an den Verein zahlt) und Zusatzleistungen (die der Heimbewohner zahlt) zu unterscheiden. Hat der Heimbewohner eine Leistung, die zur Grundversorgung gehört, als Zusatzleistung bezahlt, erwirtschaftet der Heimbetreiber einen begünstigungsschädlichen Gewinn. Auf die vom Finanzamt im Auftrag des Bundesfinanzgerichtes gestellten, entscheidungsbezogenen, Fragen antwortete der Bf.:
a) Frage: Wie wird der Heimplatz finanziert? Antwort: Mit Tagsatzvereinbarungen mit den zuständigen Jugendämtern.
b) Frage: Zahlt ein Träger der Sozial- oder Behindertenhilfe einen Tagsatz für jeden Heimplatz an den Verein? Wenn ja, wie hoch ist dieser Tagsatz pro Heimplatz? Antwort: Jugendämter zahlen ausschließlich den Tagsatz.
c) Frage: Welche Leistungen sind mit dem Tagsatz abgegolten? Antwort: siehe Betreuungsvertrag
d) Frage: Welche Leistungen gehören zur Grundversorgung; welche Leistungen sind Zusatzleistungen? Antwort: siehe Betreuungsvertrag
e) Frage: ldR werden Heimverträge und privatrechtliche Betreuungsverträge abgeschlossen; wie lauten die Vereinbarungen in den Heim- und Betreuungsverträgen? Antwort: Es gibt keine Heimverträge und privatrechtlichen Betreuungsverträge. Vertragspartner ist ausschließlich das Jugendamt. Es gibt keine Verträge mit den Heimbewohnern und den jeweiligen Eltern.
f) Frage: Fand ein Verzicht auf Rückforderung der Ausgaben für Zusatzleistungen statt? Antwort: Es gibt keineZusatzleistungen und daher kann es keine Forderungen betreffend Zusatzleistungen geben.
g) Frage: Werden Heimbewohner durch gesetzliche Vertreter oder Sachwalter vertreten, die keine Angehörigen sondern Rechtsanwälte sind? Antwort: Nein
11.2. Ein Musterbetreuungsvertrag wurde vorgelegt. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Vereins sind Bestandteil des Betreuungsvertrages; sie lauten auszugsweise:
„1. Der Auftragnehmer übernimmt gegen Bezahlung des vereinbarten Tagsatzes zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer die tägliche stationäre, sozialpädagogische Betreuung sowie Pflege und Erziehung der/des Minderjährigen.
1.1. Die Kosten der Betreuung werden jeweils im Nachhinein am Monatsende zur Abrechnung gebracht und sind binnen 14 Tagen ab Rechnungsdatum zur Zahlung fällig.
1.2. Mit Bezahlung des Tagsatzes sind alle gewöhnlichen Betreuungskosten abgedeckt. Allfällige Sonderkosten (wie etwa Therapiekosten, medizinische Hilfsmittel, Heilbehelfe, Rollstühle, Kosten einer notwendigen Selbstversicherung zur Sozialversicherung, etc.) sind bis zu einem Jahresbetrag von EUR 3.000,- pro Kind im kostendeckenden Tagsatz abgedeckt. Bei unterjährigem Ein- bzw. Austritt wird dieser Betrag aliquotiert. Der über EUR 3.000,00 hinaus gehende Betrag wird nach Rechnungslegung vom Auftraggeber übernommen.
1.3. Bei einer allfällig notwendigen Einzelbetreuung werden die daraus resultierenden Kosten vorab vom Auftragnehmer kalkuliert und mit dem Auftraggeber besprochen. Hinsichtlich dieser Kosten ist sodann eine gesonderte Vereinbarung zu treffen.
1.4. Der Tagsatz ist für 365 Tage/Jahr kalkuliert, weshalb dieser Tagsatz auch bei Ortsabwesenheit des zu betreuenden Kindes (Urlaub, Heimfahrten, Krankenhausaufenthalt...) dem Auftragnehmer gebührt.
2. Beide Vertragsparteien können den gegenständlichen Vertrag unter Einhaltung einer 14-tägigen Kündigungsfrist schriftlich aufkündigen. Bei gravierenden Vertragsverletzungen (wie etwa Zahlungsverzug nach Mahnung, Betreuungsmängel...) steht beiden Vertragsparteien ein außerordentliches, fristloses Kündigungsrecht zu.
3. Es wird eine Probezeit von 6 Wochen ab Betreuungsbeginn vereinbart, während welcher beide Vertragsparteien die Vereinbarung jederzeit beenden können.
4. Der Unterfertigende bestätigt zum Abschluss dieses Vertrages ermächtigt zu sein und den Auftraggeber bzw. den dahinter stehenden Rechtsträger verpflichten zu können.
5. Allfällige Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform, es bestehen keine mündlichen Nebenabreden...
Bei einer Maßnahme der freiwilligen vollen Erziehung werden dem Heim Pflege (= Wahrung des körperlichen Wohles und der Gesundheit, unmittelbare Aufsicht, Bestimmung des Aufenthaltes), Erziehung (= Entfaltung der körperlichen, geistigen, seelischen und sittlichen Kräfte; Förderung der Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten; Ausbildung in Schule und Beruf) und gesetzliche Vertretung übertragen.
11.3. BFG-Anfrage vom ; Antwortschreiben vom :
Am antwortete der Bf.:
„Es wurden (in den Jahren 2008 bis 2010) keine Rücklagen im buchungstechnischen bzw. unternehmensrechtlichen Sinn gebildet, da keine Rechnungslegungsverpflichtung nach dem UGB bestanden hat bzw. besteht. Dazu bestand auch keine Veranlassung, zumal vor dem Hintergrund des § 39 Z 2 BAO idgF keine Gewinnausschüttung an die Mitglieder zulässig ist und deshalb der Bilanzgewinn ausschließlich zur Mittelverwendung innerhalb des gemeinnützigen Vereines zweckgebunden ist.
Mit anderen Worten entspricht bei Erfüllung der §§ 34ff BAO der Bilanzgewinn dem Begriff der Rücklage iSd von uns zitierten Rz 216 Vereinsrichtlinien. Damit ist die Frage, in welcher Höhe und zu welchen Zeitpunkten Rücklagen gebildet bzw. angespart wurden, mit Hinweis auf die laufende Entwicklung des Bilanzgewinnes bis einschließlich zu beantworten.
Die Kaufpreisanzahlung von € 60.000,00 wurde aus dem zuvor erläuterten Bilanzgewinn finanziert (Eigenfinanzierung). Als Nachweis dürfen wir die entsprechende Überweisung vom … Geschäftskonto … zum beilegen.
Ergänzend möchten wir darauf hinweisen, dass im Jahr 2012 nicht nur die Anzahlung und die Nebenkosten des Grundstückkaufes aus dem Gewinn der vergangenen Jahre finanziert wurden, sondern in weiterer Folge auf Grund von Behördenauflagen umfangreiche Umbauarbeiten in Höhe von ca. € 143.000,00 durchgeführt werden mussten. Durch diese Umbauarbeiten war eine Schließung des Heimes für ca. zwei Monate nötig.
Dies führte zu einem Jahresverlust von € 83.372,74 im Jahr 2012. Da die für den Ankauf und den Umbau aus der Eigenfinanzierung gebildeten Reserven nicht ausreichend waren, musste zusätzlich eine Fremdfinanzierung in Form eines Bankkredites bei der … in Höhe von € 120.000,00 in Anspruch genommen werden. Wir verweisen idZ auf die umfassende Darstellung auf Seite 3 Absatz 3f unserer Eingabe vom .“
11.4. BFG-Vorhalt vom :
Mit diesem Schreiben wurde der Bf. ersucht, spätestens in der mündlichen Verhandlung folgende auf die Streitjahre sich beziehende Fragen zu beantworten und Beweismittel vorzulegen: 1. Wie hoch ist der Mitgliedsbeitrag? Wie hoch ist der erhöhte Mitgliedsbeitrag? 2. Wie viele Mitglieder hat der Verein? Eine Mitgliederliste mit Namen, Adressen, Beginn der Mitgliedschaft und Ende der Mitgliedschaft ist vorzulegen. 3. Wie viele Angestellte hat der Verein? Eine Liste mit Namen und Adressen aller Angestellten ist vorzulegen. 4. Alle Rechnungen zum „Personalverbrauch“ sind vorzulegen. 5. Alle der Privathaftung zugrunde liegenden Vereinbarungen und alle Darlehensverträge sind vorzulegen. 6. Wie wurde die Anzahlung für den Grundstückskauf finanziert? Alle darauf sich beziehende Belege sind vorzulegen. 7. Alle Rechnungen (Belege) für „Bekleidung“, „Arztkosten Heilbehelfe“, „Urlaub Ferien Freizeit Kinder“, „Erlebnispädagogik“, „Dekoration“, „Therapie Kinder“, „freiwilliger Sozialaufwand“, „Ausbildung Fortbildung“ sind vorzulegen. 8. Alle Rechnungen (Belege) für „Taschengeld“ sind vorzulegen; Name und Anschrift der Taschengeldempfänger und die Einzelbeträge sind bekannt zu geben. 9. Alle Rechnungen (Belege) für „Geschenke“ sind vorzulegen; Name und Adresse der Geschenkempfänger und die Einzelbeträge sind bekanntzugeben. Die Geschenke sind zu beschreiben. 10. Alle Rechnungen (Belege) für „Reisespesen Arbeiter“ sind vorzulegen. Reiseziel, Reisezweck, Name und Adresse der Reisenden und Einzelbeträge sind bekannt zu geben. 11. Alle Rechnungen (Belege) für „Reisespesen Angestellte“ sind vorzulegen. Reiseziel, Reisezweck, Name und Adresse der Reisenden und Einzelbeträge sind bekannt zu geben.
11.5. Aus dem Grundbuch: Lt. Grundbuchauszug idF haben 2 und 3 die Liegenschaft ... mit Kaufvertrag vom vom Bf. gekauft und sind de dato je zur Hälfte Grundstückseigentümer. Der Kaufpreis betrug EUR 270.000,00.
In Pkt. XI. des Kaufvertrages erklärt der Bf., dass die Liegenschaft zu 100% zum Betrieb einer WG benützt wird. Die Liegenschaft ist daher dem unentbehrlichen Hilfsbetrieb eines gemeinnützigen Vereins zuzurechnen, zumal der Bf. die Liegenschaft ausschließlich für seinen gemeinnützigen Vereinszweck nutzt. Der Bf. ist daher von der Immobilienertragssteuer befreit.
12. Mündliche Verhandlung:
12.1.Aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung
„Vorgelegt werden die Vereinsstatuten in der ab 2008 geltenden Fassung und die Aufstellungen der Konten zu Pkt. 7. bis 9. des Vorhaltes vom ; sie werden zum Akt genommen.
Steuerberater/Bf.: Die Arztkosten – Heilbehelfe betrafen z.B. homöopathische Mittel, die nicht von der Krankenkasse bezahlt werden. Man sei bemüht, den Kindern eine häusliche Umgebung zu schaffen. Dazu gehöre auch, Kleidung für die Kinder zu kaufen. Vorgelegt wird der Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft Österreich inkl. Gehaltstabelle. Beides wird zum Akt genommen. Der ‚Kollektivvertrag Diakonie' ist nicht auf den Verein anwendbar. Die ‚Reisespesen Arbeiter‘ und ‚Reisespesen Angestellte‘ fallen an, wenn dienstliche Fahrten mit dem Privat Pkw durchgeführt werden. Der Pkw xx ist ein Kleinbus, der für Ausflüge und den täglichen Transport der Kinder verwendet wird. Ein Moped gehörte einem zu betreuenden Kind, das sich die Versicherung nicht leisten konnte, weshalb das Moped auf den Verein zugelassen wurde. Das andere Moped wurde deshalb auf den Verein zugelassen, damit die Kinder damit fahren können (‚Belohnungssystem‘). Vorgelegt wird eine Kreditzusage vom , woraus ersichtlich ist, dass beispielsweise 2 als Bürgin und Zahlerin haftet. Die Ausbildung und Fortbildung wird nur teilweise bezahlt, weshalb die Restbeträge privat bezahlt wurden. 3 hat dazu ein Darlehen aufgenommen (= ‚Darlehen 3 4.000,00 Euro‘), das mittlerweile zurückgezahlt wurde. Der ‚Personalverbrauch‘ stellt eine fiktive Buchung (Aufwand gegen Ertrag) zur buchhalterischen Dokumentation eines gegebenenfalls steuerpflichtigen Sachbezugs dar. Ein Mitgliedsbeitrag wurde nicht festgesetzt. Der Verein hatte sieben Mitglieder, davon waren fünf Angestellte des Vereines (eine davon nur kurzfristig). Man müsse in den Vereinsstatuten alle Mittel zur Erreichung des Vereinszweckes anführen um nicht die Gemeinnützigkeit zu verlieren. Von den darin angeführten Mitteln wurde im Wesentlichen nur die Führung_einer_WG verwirklicht. Der Verein wurde gegründet, um eine Wohngemeinschaft zu errichten. Alle anderen Projekte konnten aus Zeitmangel nicht verwirklicht werden. Der Verein könnte auch ein mildtätiger Verein sein.
Finanzamt: Gibt es einen Generalversammlungsbeschluss über Hauskauf, Ansparen und Investitionen?
Vorgelegt werden diverse Protokolle.
Dem Bf. wird Gelegenheit gegeben, weitere Unterlagen innerhalb 1 Monats nach Ende der mündlichen Verhandlung vorzulegen.
Steuerberater/Bf.: Der Verein hatte 2012 (83.292,00 Euro), 2015 (72.625,00 Euro) und 2016 (28.492,00 Euro) Verluste. Darüber hinaus darf bereits nach § 1 Vereinsgesetz ein Verein nicht auf die Gewinnerzielung gerichtet sein, diese Voraussetzung gilt unabhängig vom Vorliegen einer steuerlichen Gemeinnützigkeit. Das Erfordernis, dass ein Verein nicht auf Gewinnerzielung gerichtet sein darf, darf daher nicht zu eng ausgelegt werden (in der Praxis werden diese Gewinne als Zufallsgewinne bezeichnet). Ohne einen finanziellen Polster müsste jeder Verein auch bei nur kurzfristiger Verlustsituation im Falle einer realen Überschuldung unverzüglich Insolvenz anmelden. Die Liegenschaft wurde verkauft, um dem Verein liquide Mittel zuzuführen.“
12.2. Aus den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Belege
12.2.1.: Die Vereinsstatuten in der ab Anfang 2008 geltenden Fassung unterscheiden sich von der davor geltenden Fassung bspw. dadurch, dass in § 3 Z 2 lit b vor „Anmietung“ „Erwerb“ eingefügt wurde und im letzten Satz von § 16 Z 2 das Wort „soll“ durch das Wort „muss“ ersetzt wurde.
12.2.2.: Der Bf. legte Konten vor, woraus ersichtlich ist, dass die Ausgaben lt. Pkt. 7. bis 9. des Vorhaltes vom für die Kinder getätigt worden sind.
12.2.3.: Lt. Gehaltstabelle zum Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft Österreich beträgt der Bruttolohn in der Gehaltsstufe 9 (8) EUR 2.419,84.
12.2.4.: Lt. Kreditzusage vom hat der Verein einen Kredit für betriebliche Zwecke iHv EUR 30.000,00 aufgenommen. Als Bürge und Zahler haften für einen Teilbetrag iHv jeweils EUR 6.000,00 1, 3, 2, 10, 6 und 8.
12.2.5.: Das Gesprächsprotokoll vom besteht aus einer Adresse.
12.2.6.: Lt. Gesprächsprotokoll vom will der Verein den Mietvertrag um 3 Jahre verlängern und versuchen, günstigere Mietkonditionen auszuverhandeln.
12.2.7.: Im Protokoll über die Vorstandssitzung vom werden u.a. verschiedene Investitionen aufgezählt und bei einer offenbar durchgeführten Abstimmung über 3 Varianten für den Umbau des Leiterbüros wurde Variante 1 einstimmig angenommen.
12.2.8.: Lt. Protokoll „Vorstand “ wurden u.a. verschiedene Varianten der Kaufpreiskonditionen/Liegenschaftskauf besprochen.
12.3. Ad. Auftrag an den Bf., Generalversammlungsprotokolle innerhalb 1 Monats nach der mündlichen Verhandlung vorzulegen
Mit eMail vom legte der Bf. eine Exceldatei mit der Bezeichnung „Auftragssummen “ über „1 Bmstr, 2 Zimmerer, 4 HKLS, 5 Elektro, 6 Parkett, 7 Linoleum, 10 Maler, 8 Fenster“; Angebotssummer EUR 96.066,17 brutto, und die Vorstandssitzungsprotokolle vom , , , und vor.
Lt. den v.a. Protokollen hat der Vorstand u.a. Umbauten besprochen. Beschlüsse wurden nicht gefasst.
Generalversammlungsprotokolle wurden nicht vorgelegt.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Als das Finanzamt die Beschwerde gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2008 bis 2009 dem Unabhängigen Finanzsenat vorlegte, hatte der Gesetzgeber eine Beschwerdevorentscheidung nicht zwingend vorgeschrieben.
Als das Finanzamt die Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2010 dem Bundesfinanzgericht vorlegte, hatte der Gesetzgeber eine Beschwerdevorentscheidung zwingend vorgeschrieben. Diese Beschwerdevorentscheidung hat das Finanzamt erlassen und da der Bf. die Beschwerdevorentscheidung innerhalb offener Vorlagefrist angefochten hat, scheidet sie aus dem Rechtsbestand aus und wird zum Vorhalt.
Da der Bf. die Beschwerde gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2008 – 2010 frist- und nach behobenen Mängeln auch formgerecht eingebracht hat, ist über alle mit Beschwerde vom angefochtenen Bescheide „in der Sache“ zu entscheiden.
2. Beschwerdepunkt/e
In der Sache ist strittig, ob der Bf. ein gemeinnütziger oder mildtätiger – und damit körperschaftsteuerbefreiter – Verein ist oder nicht.
3. Sach- und Beweislage
Der Entscheidung ist folgende, aus den Vereinsstatuten, dem Außenprüfungsbericht, den Beweisaufnahmen und den Verwaltungsakten sich ergebende Sach- und Beweislage zugrunde zu legen:
3.1. Gemäß § 1 Vereinsstatut ist der Bf. ein gemeinnütziger Verein.
3.2. Gemäß § 2 Vereinsstatut dient der Verein ausschließlich und unmittelbar einem gemeinnützigen Zweck im Sinne der Bundesabgabenordnung und ist nicht auf Gewinn ausgerichtet. Der Verein bezweckt die Förderung der Entwicklung und Integration von Kindern und Jugendlichen in einem schwierigen sozialen Umfeld und Lebenskrisen. Der Verein bezweckt eine systemorientierte Stützung und Begleitung der Eltern, der Familien und anderer relevanter Umwelten.
3.3. Gemäß § 3 Z 2 Vereinsstatut soll der Vereinszweck mit den ideellen Mitteln „a) Führung_einer_WG; b) Instandsetzung von kinder- und jugendgerechtem Wohnraum, dessen Erwerb [erst ab Anfang 2008], Anmietung, Einrichtung und Erhaltung; c) erlebnisorientierte Ferienprojekte; d) sozial-, kultur-, gruppenpädagogische und spielpädagogische Aktionen verschiedener Art und Größe, die die Lern- und Erlebnismöglichkeiten der Kinder erweitern; e) Workshops, Informationsabende, Gästebetreuung, Kursangebote“ und den materiellen Mitteln „a) Tagsätze, Betreuungshonorare; b) Mitgliedsbeiträge; c) Spenden, Sammlungen, Vermächtnisse; d) Sponsorengelder und sonstige Zuwendungen“ erreicht werden.
3.4. Gemäß § 4 Vereinsstatut hat der Verein ordentliche, außerordentliche und Ehrenmitglieder. Ordentliche Mitglieder sind Mitglieder, die sich voll an der Vereinstätigkeit beteiligen. Außerordentliche Mitglieder sind Mitglieder, die die Vereinstätigkeit vor allem durch Zahlung eines erhöhten Mitgliedsbeitrages fördern. Ehrenmitglieder werden wegen besonderer Verdienste um den Verein ernannt.
3.5. Gemäß § 16 Z 2 Vereinsstatut hat die außerordentliche Generalversammlung ‑ sofern Vereinsvermögen vorhanden ist – auch über die Liquidation zu beschließen. Insbesondere hat sie einen Liquidator zu berufen und Beschuss darüber zu fassen, wem dieser das nach Abdeckung der Passiven verbleibende Vereinsvermögen zu übertragen hat. Dieses Vermögen soll [bis Anfang 2008] und muss [ab Anfang 2008], soweit dies möglich und erlaubt ist, einer Organisation zufallen, die gleiche oder ähnliche Zwecke wie dieser Verein verfolgt, sonst Zwecken der Sozialhilfe.
3.6. 2012, 2015 und 2016 ausgenommen erwirtschaftete der Verein im Zeitraum 2004 bis 2016 Gewinne.
3.7. Der Verein hat 2009 eine Liegenschaft mit Wohnhaus gekauft, die er 2015 an die Obfrau 2 und den Obmann 3 verkauft hat. 2 und 3 sind Arbeitnehmer des Vereins.
3.8. Die Protokolle der Generalversammlungen vom , , und enthalten keine Beschlüsse über Kauf und Verkauf der Liegenschaft und des Wohngebäudes, keine Beschlüsse über „Ansparen der Gewinne“ und keine Beschlüsse über Investitionen in die Liegenschaft und in das Wohngebäude.
Generalversammlungsprotokolle mit Beschlüssen über Liegenschaftskauf, Liegenschaftsverkauf, Ansparen und/oder Investitionen hat der Bf. nicht vorgelegt. Die Vorstandssitzungsprotokolle enthalten keine derartigen Beschlüsse.
Der Verein hat daher nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht, dass er seine Gewinne für Investitionen angespart hat.
3.9. Der Verein wirbt keine Mitglieder an und führt keine Mitgliederversammlungen durch.
3.10. Der Bf. hat glaubwürdig dargelegt, dass er die in Pkt. 7. bis 9. des Vorhaltes vom aufgezählten Ausgaben für die von ihm betreuten Kinder getätigt hat.
4. Rechtslage
Gemäß § 1 Vereinsgesetz 2002 ist ein Verein ein auf Dauer angelegter, mit Rechtspersönlichkeit ausgestatteter Zusammenschluss von mindestens zwei Personen auf Grund von Statuten, zur Verfolgung eines bestimmten, gemeinsamen, ideellen Zweckes. Er darf nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet sein und sein Vermögen nur im Sinne des Vereinszweckes einsetzen.
Gemäß § 5 Z 6 Körperschaftsteuergesetz 1988 – KStG 1988 idgF sind Körperschaften, die der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke nach Maßgabe der §§ 34 bis 47 Bundesabgabenordnung dienen, von der Körperschaftsteuer befreit.
Gemäß § 34 Abs 1 Bundesabgabenordnung – BAO idgF sind die Begünstigungen, die bei Betätigung für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke auf abgabenrechtlichem Gebiet in einzelnen Abgabenvorschriften gewährt werden, an die Voraussetzungen geknüpft, dass die Körperschaft, der die Begünstigung zukommen soll, nach Gesetz, Satzung, Stiftungsbrief oder ihrer sonstigen Rechtsgrundlage und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar der Förderung der genannten Zwecke dient.
Gemäß § 35 Abs 1 BAO idgF sind solche Zwecke gemeinnützig, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird. Gemäß § 35 Abs 2 BAO idgF liegt eine Förderung der Allgemeinheit nur vor, wenn die Tätigkeit dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem oder materiellem Gebiet nützt. Dies gilt bspw. für die Förderung der Kinder-, Jugend- und Familienfürsorge.
Gemäß § 36 Abs 1 BAO idgF ist ein Personenkreis nicht als Allgemeinheit aufzufassen, wenn er durch ein engeres Band, wie Zugehörigkeit zu einer Familie, zu einem Familienverband oder zu einem Verein mit geschlossener Mitgliederzahl, durch Anstellung an einer bestimmten Anstalt und dergleichen fest abgeschlossen ist oder wenn infolge seiner Abgrenzung nach örtlichen, beruflichen oder sonstigen Merkmalen die Zahl der in Betracht kommenden Personen dauernd nur klein sein kann.
Gemäß § 37 BAO idgF sind solche Zwecke mildtätig (humanitär, wohltätig), die darauf gerichtet sind, hilfsbedürftige Personen zu unterstützen.
Gemäß § 39 BAO idgF liegt eine ausschließliche Förderung vor, wenn folgende fünf Voraussetzungen zutreffen:
1. Die Körperschaft darf, abgesehen von völlig untergeordneten Nebenzwecken, keine anderen als gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen.
2. Die Körperschaft darf keinen Gewinn erstreben. Die Mitglieder dürfen keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Mitglieder keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft erhalten.
3. Die Mitglieder dürfen bei ihrem Ausscheiden oder bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft nicht mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert ihrer Sacheinlagen zurückerhalten, der nach dem Zeitpunkt der Leistung der Einlagen zu berechnen ist.
4. Die Körperschaft darf keine Person durch Verwaltungsausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen (Vorstandsgehälter oder Aufsichtsratsvergütungen) begünstigen.
5. Bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zweckes darf das Vermögen der Körperschaft, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der Mitglieder und den gemeinen Wert der von den Mitgliedern geleisteten Sacheinlagen übersteigt, nur für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verwendet werden.
Gemäß § 41 Abs 1 BAO idgF muss die Satzung der Körperschaft eine ausschließliche und unmittelbare Betätigung für einen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweck ausdrücklich vorsehen und diese Betätigung genau umschreiben; als Satzung im Sinn der §§ 41 bis 43 gilt auch jede andere sonst in Betracht kommende Rechtsgrundlage einer Körperschaft.
Gemäß § 41 Abs 2 BAO idgF liegt eine ausreichende Bindung der Vermögensverwendung im Sinn des § 39 Z 5 vor, wenn der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zweckes zu verwenden ist, in der Satzung so genau bestimmt wird, dass auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck als gemeinnützig, mildtätig oder kirchlich anzuerkennen ist.
Wird eine Satzungsbestimmung, die eine Voraussetzung der Abgabenbegünstigung betrifft, nachträglich geändert, ergänzt, eingefügt oder aufgehoben, so hat dies die Körperschaft binnen einem Monat jenem Finanzamt bekanntzugeben, das für die Festsetzung der Umsatzsteuer der Körperschaft zuständig ist oder es im Falle der Umsatzsteuerpflicht der Körperschaft wäre ( § 41 Abs 3 BAO idgF).
Gemäß § 42 BAO idgF muss die tatsächliche Geschäftsführung einer Körperschaft auf ausschließliche und unmittelbare Erfüllung des gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweckes eingestellt sein und den Bestimmungen entsprechen, die die Satzung aufstellt.
5. Rechtliche Würdigung und Entscheidung
5.1. Damit eine Körperschaft wegen gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Betätigung abgabenrechtlich begünstigt ist, müssen bereits ihre Rechtsgrundlagen eine ausschließliche und unmittelbare Betätigung für einen gemeinnützigen Zweck vorsehen und den gemeinnützigen Zweck genau umschreiben (§ 41 Abs 1 BAO idgF; ). Von dieser Rechtslage und Rechtsprechung ausgehend ist bei Vereinen vorrangig zu prüfen, ob ihre Vereinsstatuten einen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweck vorsehen und genau umschreiben.
Da § 39 Abs 5 BAO idgF iVm § 41 Abs 2 BAO idgF eine ausreichende Bindung des Vereinsvermögens in drei Fällen vorschreibt, ist auch vorrangig zu prüfen, ob die Vereinsstatuten Regelungen für die in § 41 taxativ aufgezählten drei Fälle der Auflösung, der Aufhebung und des Wegfalls (oder der Änderung) des bisherigen Zwecks enthalten, die ausschließen, dass das Vereinsvermögen anderen Zwecken als gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken zugewendet wird.
Sehen die Vereinsstatuten einen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweck im Sinne des § 41 Abs 1 BAO idgF vor, beschreiben sie ihn genau im Sinne des § 41 Abs 1 BAO idgF und ist das Vereinsvermögen im Sinne des § 41 Abs 2 BAO idgF ausreichend gemeinnützig, mildtätig oder kirchlich zweckgebunden, ist zu prüfen, ob die tatsächliche Geschäftsführung gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dient.
Von dieser Rechtslage und Rechtsprechung ausgehend wird über das Vereinsstatut des Bf. festgestellt:
1. Steht im Vereinsstatut, dass der Verein einem „gemeinnützigen Zweck im Sinne der Bundesabgabenordnung“ dient, ist ein gemeinnütziger Zweck im Vereinsstatut weder vorgesehen noch genau umschrieben.
2. Was unter „Förderung der Entwicklung und Integration von Kindern und Jugendlichen in einem schwierigen sozialen Umfeld und Lebenskrisen“ und „systemorientierte Stützung und Begleitung der Eltern, der Familien und anderer relevanter Umwelten“ zu verstehen ist, ist unklar, weshalb ein ausschließlich gemeinnütziger Vereinszweck den oben beschriebenen Tätigkeiten nicht entnommen werden kann.
3. Ist der Vereinszweck, Führung einer Wohngemeinschaft, wäre der Verein nur dann gemeinnützig, wenn mit der Führung der Wohngemeinschaft der begünstigte Zweck der Kinder-, Jugend- und/oder Familienfürsorge verfolgt wird. Ist der Vereinszweck, kinder- und jugendgerechten Wohnraum zu erwerben, anzumieten, einzurichten und/oder instandzusetzen, kann der Verein sowohl den begünstigte Zweck der Kinder-, Jugend- und/oder Familienfürsorge verfolgen als auch anderen nicht begünstigten Zwecken dienen; gleiches gilt für erlebnisorientierte Ferienprojekte und sozial-, kultur-, gruppen- und spielpädagogische Aktionen. Sind jedoch Workshops, Informationsabende, Gästebetreuung und Kursangebote Vereinszwecke, sind diese Zwecke keine begünstigten Zwecke.
Werden in einem Vereinsstatut begünstigte und nicht begünstigte Zwecke angeführt, sind die nicht begünstigten Zwecke nicht begünstigungsschädlich, wenn darin geregelt wird, dass die nicht begünstigten Zwecke dem begünstigten Zweck untergeordnet sind (; ). Eine derartige Rangordnung kann dem Vereinsstatut des Bf. nicht entnommen werden, weshalb alle darin angeführten begünstigten und nicht begünstigen Zwecke gleichrangige Hauptzwecke sind.
4. Mit § 16 Z 2 enthält das Vereinsstatut eine Zweckwidmung des Vereinsvermögens für den in § 41 Abs 2 BAO idgF aufgezählten Fall der freiwilligen Auflösung des Vereins. Für die in § 41 Abs 2 BAO idgF auch aufgezählten Fälle der (behördlichen) Aufhebung des Vereins und des Wegfalls eines bisher begünstigten Zweckes enthält das Vereinsstatut keine Zweckwidmung des Vereinsvermögens.
5.Die v.a. Ausführungen zusammenfassend ist bereits der im Vereinsstatut nicht genau umschriebene Vereinszweck begünstigungsschädlich, zumal daraus feststellbar ist, dass der Bf. auch andere nicht begünstigte Zwecke verfolgt, die gleichrangige Hauptzwecke sind. Begünstigungsschädlich ist außerdem, dass das Vereinsstatut keine Zweckwidmung des Vereinsvermögens für die Fälle der Aufhebung des Vereins und des Wegfalls eines bisher begünstigten Zweckes enthält. Die Zweckwidmung im Falle der Auflösung des Vereins ist nicht bindend, da die außerordentliche Generalversammlung bestimmt, wem das Vereinsvermögen zugewendet wird.
Das Bundesfinanzgericht stellt daher fest, dass der Bf. kein gemeinnütziger Verein im Sinne der §§ 34 ff BAO idgF ist. Das Beschwerdebegehren ist daher bereits aus den oben angeführten Gründen abzuweisen.
6. Wird – wie im Beschwerdefall geschehen – der Vereinszweck im Vereinsstatut im Sinne des § 41 Abs 1 BAO idgF nicht genau umschrieben und ist das Vereinsvermögen nicht bei allen in § 41 Abs 2 BAO idgF aufgezählten Fällen zweckgewidmet, sind Gewinnstreben, Gewinne und tatsächliche Geschäftsführung nicht näher zu untersuchen. Der Vollständigkeit halber wird jedoch dazu festgestellt, dass die tatsächliche Geschäftsführung aus folgenden Gründen begünstigungsschädlich ist:
Wer Betreuungsleistungen zu kostendeckenden Tagsätzen anbietet, strebt zwar grundsätzlich nicht nach Gewinnen und auch der Bf. hat im Vereinsstatut verneint, Gewinne anzustreben, jedoch hat er in den Streitjahren und in den Jahren davor Gewinne iHv mehr als EUR 20.000,00 erzielt. Da Gewinne nachhaltig in einer nicht völlig unbedeutenden Größenordnung anfallen, sind diese Gewinne keine Zufallsgewinne und sind damit begünstigungsschädlich. Diese Gewinne sind auch nicht für Investitionen und/oder andere Vereinszwecke angespart worden, da der Verein dies lt. Generalversammlungsprotokollen vom , , und nicht beschlossen hat.
Auch hat der Bf. Liegenschaft und Wohnhaus an Obfrau und Obmann verkauft und hat ihnen dadurch die Möglichkeit verschafft, arbeitsloses Einkommen zu lukrieren, da Obfrau und Obmann Liegenschaft und Wohnhaus entgeltlich vermieten oder verpachten können.
Die Rechtsposition des Vereins hat sich durch den Verkauf erheblich verschlechtert, da die neuen Eigentümer Liegenschaft und Wohnhaus dadurch für eigene Zwecke nützen können, dass sie bspw. vom Verein Miete verlangen, dem Verein die Führung der Wohngemeinschaft verbieten oder Liegenschaft und Wohnhaus an Andere vermieten. Rechtspositionen sind auch Vermögenswerte. Da sich die Rechtsposition des Vereins durch den Verkauf von Liegenschaft und Wohnhaus verschlechtert hat, haben Obfrau und Obmann dem Verein Vereinsvermögen entzogen.
Als er noch Eigentümer der Liegenschaft und des Wohnhauses gewesen ist, hat der Verein seine Einnahmen (auch dazu) verwendet, um wertsteigernd und abgabenbegünstigt in die Liegenschaft zu investieren und das Wohnhaus zu sanieren und umzubauen. Die Ausgaben für diese Investitionen sind lt. Kaufvertrag nicht kaufpreiserhöhend abgegolten worden, weshalb auch dadurch dem Bf. Vereinsvermögen entzogen und Obfrau und Obmann zugewendet worden ist.
Lt. § 4 Vereinsstatut wird ordentliches Vereinsmitglied, wer „sich voll an der Vereinstätigkeit beteiligt“. „Voll an der Vereinstätigkeit“ beteiligen kann sich nur, wer eine Funktion im Verein innehat. Funktionen im Verein haben Obfrau, Obmann, Kassier und Rechnungsprüfer, weshalb der Verein ein geschlossener Verein ist, da die als ordentliche Vereinsmitglieder in Frage kommenden Personen jederzeit den Vereinszweck ändern oder dem Verein Vermögen entziehen können, was beim Verkauf der Liegenschaft und des Wohnhauses auch geschehen ist.
Die v.a. Ausführungen zusammenfassend ist das Beschwerdebegehren auch wegen der tatsächlichen Geschäftsführung abzuweisen.
5.2. Ein Verein betätigt sich mildtätig, wenn der Vereinszweck im Vereinsstatut so genau umschrieben wird, dass seine mildtätige Tätigkeit aus dem Vereinsstatut ersichtlich ist. Der Bf. ist kein mildtätiger Verein, da die im Vereinsstatut beschriebenen Zwecke eine mildtätige Tätigkeit ausschließen. Das Beschwerdebegehren, den Bf. als mildtätigen körperschaftsteuerbefreiten Verein einzustufen, wird daher abgewiesen.
5.3. Damit Ausgaben als Betriebsausgaben abziehbar sind, müssen sie betrieblich veranlasst sein. Nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens sind alle Ausgaben betrieblich veranlasst. Die angefochtenen Bescheide sind daher nicht gewinnerhöhend abzuändern.
6. Revision
Gemäß Art 133 Abs 1 Z 4 B-VG ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Eine grundsätzlich bedeutende Rechtsfrage musste das Bundesfinanzgericht nicht beantworten, da §§ 34 ff BAO idgF alle Rechtsfragen beantworten.
Die (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 39 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2018:RV.7100845.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at