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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 26.04.2018, RV/5101927/2017

Keine sachliche Unbilligkeit wegen der Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben infolge Erteilung einer unrichtigen Rechtsauskunft durch eine unzuständige Behörde

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden Dr. V und die weiteren Senatsmitglieder Mag. R, Mag. R1 und R2, im Beisein der Schriftführerin S, in der Beschwerdesache AB, St.Nr. 000/0000, Adresse, vertreten durch C Steuerberatung GmbH, Adresse1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA vom betreffend Abweisung einer Nachsicht gemäß § 236 Bundesabgabenordnung (BAO) in der am  in Linz abgehaltenen (nichtmündlichen) Senatsverhandlung zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt dem Beschwerdeführer (Bf) die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2011 in Höhe von 1.906,40 € vor.

Begründend verwies das Finanzamt darauf, dass dem Bf für sein Kind D Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld ausbezahlt worden seien. Im Jahr 2011 seien die für die Rückzahlung des Zuschusses maßgeblichen Einkommensgrenzen gemäß § 19 Abs. 1 Z 2 KBGG überschritten worden.

Mit Eingabe vom stellte der Bf durch seine steuerliche Vertreterin ein Nachsichtsansuchen. Die maßgebliche Einkommensgrenze sei im Jahr 2011 überschritten worden. Die Gebietskrankenkasse habe jedoch mehrmals die mündliche Auskunft erteilt, dass dieser Zuschuss nicht zurückzuzahlen sei und die Einkommensgrenze nicht kontrolliert werde. Auf Grund der Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben liege sachliche Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO vor, weshalb der Bescheid aufzuheben sei. Da die Auskunft von den Mitarbeitern der Gebietskrankenkasse E erteilt worden sei, werde eine Sachverhaltsdarstellung auch an die Hauptstelle der NÖGKK in F, Herrn Mag. G, gesendet. Dieser werde die nötigen internen Erhebungen durchführen. Es werde ersucht, mit ihm Rücksprache zur Bestätigung der Richtigkeit der Angaben zu halten.

Eine Kopie dieser ebenfalls am verfassten Sachverhaltsdarstellung wurde dem Nachsichtsansuchen beigelegt.

Mit Bescheid vom wurde das Nachsichtsansuchen abgewiesen.

Begründend führte das Finanzamt im Wesentlichen aus, dass der Bf und seine Gattin als Eltern und Bezieher des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld im Jahr 2011 die maßgeblichen Einkommensgrenzen überschritten hätten und daher innerhalb des Zeitraumes von sieben Jahren (§ 21 KBGG) das Kinderbetreuungsgeld (richtig wohl: der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld) im Sinne des § 19 KBGG rückgefordert werde.

Nach Zitierung der gesetzlichen Bestimmung des § 236 BAO und der einschlägigen Judikatur und Literatur zum Grundsatz von Treu und Glauben legte das Finanzamt dar, dass die Anwendung dieses Grundsatzes in Zusammenhang mit nachträglich als unrichtig erkannten Rechtsauskünften insbesondere voraussetze, dass

- die Auskunft von der zuständigen Abgabenbehörde erteilt worden sei,

- die Auskunft nicht offenbar unrichtig gewesen sei,

- die Unrichtigkeit der Auskunft für die Partei nicht leicht erkennbar gewesen sei und

- die Partei im Vertrauen auf die Auskunft Dispositionen getroffen habe, die sie bei Kenntnis der Unrichtigkeit der Auskunft nicht bzw. anders getroffen hätte.

Weitere Voraussetzung sei, dass der Partei ein Schaden ("Vertrauensschaden") entstehe, wenn die Besteuerung entgegen der Auskunft vorgenommen werde.

Gegenständlich werde nicht die steuerliche Auskunft, dass es Einkommensgrenzen und somit eventuelle Rückforderungen gebe, in Abrede gestellt. Korrekterweise sei dazu auch von  beiden Elternteilen ein Formular unterschrieben, worauf klar ersichtlich formuliert sei, dass es sich bei diesem Zuschuss um einen rückzahlungspflichtigen Kredit handle.

Strittig sei lediglich, dass dazu erklärt worden sei, dass dies quasi nur eine Formalität sei und dass die Grenzen nicht kontrolliert werden würden. Die inhaltliche Richtigkeit der seitens der Gebietskrankenkasse getätigten Angaben habe der Bf nicht angezweifelt. Fest stehe, dass 2011 die Einkommensgrenzen überschritten worden seien und der Tatbestand des § 19 Abs. 1 Z 2 KBGG erfüllt sei.

Da es sich bei den oben wiedergegebenen Bestimmungen der §§ 18 Abs. 1 Z 2 und 19 Abs.1 Z 2 KBGG um keine Ermessensbestimmung handle und auch sonst kein Vollzugsspielraum - wie etwa bei Auslegung unbestimmter Gesetzesbegriffe - gegeben sei, stehe der Grundsatz von Treu und Glauben schon deshalb der zwingend vorzunehmenden Rückforderung nicht entgegen.

Da im Nachsichtsansuchen gesamthaft keine Unbilligkeit der Einhebung erblickt werden könne, bleibe für eine Ermessensentscheidung kein Raum und sei das Nachsichtsansuchen gemäß § 236 BAO abzuweisen.

Unabhängig von diesem Nachsichtsbegehren sei noch vermerkt, dass dem Grunde nach kein Schaden entstanden sei. Im Gegenteil – hätte der Bf diesen Zuschuss nicht in Anspruch genommen, wäre er geschädigt, weil er nicht den ganzen Zuschuss zurückzahlen müsse und den Restbetrag gar nicht erhalten hätte (und dies unter Außerachtlassung eines zusätzlichen Zinsgewinnes auf den nunmehrigen Rückzahlungsbetrag).

In der gegen diesen Abweisungsbescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde beantragte der Bf durch seine steuerliche Vertreterin abermals, dem Nachsichtsansuchen zur Gänze stattzugeben. Auf die im Nachsichtsansuchen erwähnten Gründe werde nochmals hingewiesen. Die Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben sei nicht auf Ermessensentscheidungen beschränkt, sondern müsse auch auf diesen Fall angewendet werden. Unbilligkeit der Einhebung liege jedenfalls vor, weshalb dem Nachsichtsansuchen  stattzugeben sei.

Der Grundsatz von Treu und Glauben sei jedenfalls verletzt, wenn ein Abgabepflichtiger von der Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert werde und sich nachträglich die Unrichtigkeit dieser Vorgangsweise herausstelle. Das sei vor allem bei unrichtigen Rechtsauskünften der zuständigen Abgabenbehörde zu berücksichtigen.

Quellen: VwGH 2005/15/0052; EuGH C-181/04 bis 183/04, Elmeka; Ritz, BAO3 ,§ 114 Tz. 11. In diesen Fällen stehe der Grundsatz von Treu und Glauben über dem Legalitätsprinzip.

Der Bf habe jedenfalls einen Schaden erlitten. Denn hätte er gewusst, dass es sich um ein Darlehen handle, das er teilweise zurückzahlen müsse, hätte er die Disposition über seine Ausgaben anders vorgenommen und auf vielleicht nicht unbedingt notwendige Ausgaben verzichtet oder kostengünstigere Entscheidungen getroffen. Er habe das Geld in gutem Glauben verbraucht, daher könne es auch nicht zurückgefordert werden.

Für den Fall der Vorlage an das BFG werde der Antrag auf Senatsentscheidung gestellt.

Auf Anfrage des Finanzamtes teilte die NÖGKK mit Schreiben vom mit, dass die Frage, ob Mitarbeiter die Auskunft erteilt hätten, dass ein Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld jedenfalls nicht zurückgezahlt werden müsse, nicht überprüfbar sei, da den damals im SC E arbeitenden Mitarbeitern diese konkrete Beratung nicht erinnerlich sei und sich diese auch teilweise bereits im Ruhestand befänden. Das SC E habe in einer Stellungnahme jedenfalls darauf hingewiesen, dass Auskünfte grundsätzlich immer nach den gesetzlichen Vorschriften und somit korrekt erteilt worden seien. Für die NÖGKK sei auch nicht nachvollziehbar, warum die Mitarbeiter zur damaligen Zeit Falschauskünfte im besagten Sinne gegeben haben sollten: Zu dieser Zeit habe niemand verbindlich gewusst, ob die Rückzahlung des Zuschusses administriert werde. Familie B habe jedenfalls mit ihrer Unterschrift eine etwaige Rückzahlungsverpflichtung bestätigt. Wie der genaue Wortlaut des Beratungsgesprächs tatsächlich gewesen sei, könne aus heutiger Sicht nicht mehr festgestellt werden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Sowohl in der Beschwerdevorentscheidung als auch im dagegen eingebrachten Vorlageantrag wurden im Wesentlichen die bisherigen Standpunkte wiederholt. Der Bf beantragte abermals eine Senatsentscheidung.

Rechtslage

Nach § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschulden auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

§ 236 Abs. 2 BAO zufolge können unter sinngemäßer Anwendung des § 236 Abs. 1 BAO auch bereits entrichtete Abgabenschulden nachgesehen werden, wenn das Behalten des Betrages als unbillig anzusehen ist. In diesem Fall ist kein strengerer Maßstab anzulegen als bei Nachsicht noch nicht entrichteter Abgaben.

Die Unbilligkeit im Sinn des § 236 BAO kann persönlicher oder sachlicher Natur sein.

Eine persönliche Unbilligkeit ergibt sich aus der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers.

Eine sachliche Unbilligkeit ist anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anomalen Belastungswirkung und, verglichen mit anderen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt (). Die Unbilligkeit muss durch besondere Umstände des Einzelfalles ausgelöst sein; generelle Härten einer Abgabenvorschrift können daher nicht durch Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall beseitigt werden.

Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben kann sachliche Unbilligkeit begründen. Dieser Grundsatz bedeutet, dass jeder, der am Rechtsleben teilnimmt, zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen hat und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen darf, was er früher vertreten hat und worauf andere vertraut haben. Dieser Grundsatz ist auch im Abgabenrecht zu beachten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH (zB ) ist das Legalitätsprinzip grundsätzlich stärker als jeder andere Grundsatz, insbesondere jener von Treu und Glauben. Dem Grundsatz von Treu und Glauben kommt nach überwiegender Auffassung nicht nur bei Ermessensentscheidungen, sondern auch bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe (zB den der Unbilligkeit im Sinn des § 236) Bedeutung zu.

Eine sachliche Unbilligkeit wegen Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben kann insbesondere bei Vertrauen auf eine unrichtige Rechtsauskunft der Behörde vorliegen. In diesem Fall ist der „Vertrauensschaden“ einer Nachsicht zugänglich. Schaden ist hier der Nachteil, der dadurch entsteht, dass die Partei auf die in Aussicht gestellte Lösung vertraut hat und vertrauen durfte, daraufhin ihre Maßnahmen getroffen hat und wegen des Abweichens des nachfolgenden Bescheides in ihren Interessen Beeinträchtigungen hinnehmen musste (Stoll, BAO, 1317).

Zutreffend wies die Abgabenbehörde darauf hin, dass die Verletzung des „guten Glaubens“ an die Rechtmäßigkeit und Richtigkeit von erteilten Auskünften im Allgemeinen die Annahme der Unbilligkeit der Einhebung allfälliger Abgabennachforderungen, die auf ein späteres Abweichen von der erteilten Auskunft zurückzuführen sind, nicht zu rechtfertigen vermag, sondern an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist:

-) Eine Auskunft durch die zuständige Abgabenbehörde;

-) eine nicht offenkundig unrichtige Antwort;

-) Dispositionen des Abgabepflichtigen im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft;

-) hieraus entstehender (bzw. drohender) „Vertrauensschaden“, wenn die Besteuerung entgegen der Auskunft vorgenommen wird (Ritz, BAO6, § 114 Tz 11).

Nach der Judikatur müssen die Auskünfte von der für die Abgabenangelegenheit zuständigen Abgabenbehörde erteilt worden sein, weil Treu und Glauben nur die Behörde binden kann, die die entsprechenden Auskünfte erteilt hat (; ; ).

Daher besteht kein Vertrauensschutz, wenn für die Abgabenfestsetzung ein Finanzamt zuständig ist und die Rechtsauskunft vom BMF erteilt wird (Ritz, aaO, § 114 Tz 10, mit Verweis auf ).

Unrichtige Auskünfte können im Einzelfall in einem Nachsichtsverfahren vor allem dann von Bedeutung sein, wenn die Behörde zugesichert hat, einen konkreten Sachverhalt, dessen steuerrechtliche Beurteilung objektiv zweifelhaft war und der für die wirtschaftliche Disposition des Abgabepflichtigen bedeutsam war, in einem bestimmten der Sache nach möglichen Sinn zu behandeln.

Dasselbe gilt, wenn die (zuständige) Behörde eine Rechtsauskunft in einem rechtsmöglichen Sinn erteilt hat, also sich zu einer von mehreren zulässigen Rechtsauslegungen bekannt hat, aber in der Folge abweicht und auf eine andere (ebenso mögliche, dem Gesetz nicht widersprechende) Auslegung übergeht (Stoll, BAO, 2442).

Der Unbilligkeitstatbestand des § 236 BAO stellt nicht auf die Festsetzung, sondern auf die Einhebung der Abgabe ab, weshalb die Unbilligkeit nicht in der Abgabenfestsetzung gelegen sein darf. Die Rechtmäßigkeit der Abgabenfestsetzung ist demzufolge in einem Nachsichtsverfahren grundsätzlich nicht zu prüfen; im Abgabenfestsetzungs- und Beschwerdeverfahren unterlaufene Versäumnisse können nicht in einem Nachsichtsverfahren nachgeholt werden (; ).

Macht die Partei in einem Rechtsmittelverfahren durch eigenes Verschulden ihre Rechte nicht geltend, liegt grundsätzlich eine Unbilligkeit im Sinne des § 236 Abs. 1 BAO nicht vor, weil die Nachsicht nicht das geeignete Mittel ist, um möglichen, aber unterbliebenen Einwänden zum Durchbruch zu verhelfen ().

Hat es die Partei unterlassen, rechtzeitig die Verjährung einer Abgabenschuld geltend zu machen, dann kann in der Einhebung der Abgabe eine Unbilligkeit nicht erblickt werden ().

Im Nachsichtsverfahren liegt das Hauptgewicht der Behauptungs- und Beweislast naturgemäß beim Antragsteller. Seine Sache ist es, einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen, auf welche die Nachsicht gestützt werden kann. Die Partei trifft in diesem Verfahren eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Die amtswegige Wahrheitsermittlungspflicht gemäß § 114 BAO tritt insoweit in den Hintergrund. Im Rahmen der amtswegigen Ermittlungspflicht sind nur die geltend gemachten Gründe zu prüfen (; ).

Die im Ermessen liegende Entscheidung, ob eine Nachsicht zu bewilligen ist, hat zur Voraussetzung, dass die Einhebung der Abgabenschuld nach der Lage des Falles unbillig ist. Erst die Feststellung des Vorliegens einer Unbilligkeit kann in weiterer Folge zur Ermessensentscheidung führen. Verneinen die Abgabenbehörde bzw. das Gericht die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung, ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum und ist der Antrag zwingend abzuweisen.

Das Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG) ermöglichte es Eltern mit nur geringem Einkommen, bei Geburten bis bei ihrem Krankenversicherungsträger einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld in der Höhe von 6,06 € pro Tag zu beantragen (§§ 10, 37 Abs. 1 und 48 KBGG).

Der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgesetz wurde für Kinder, die ab geboren wurden, durch die Beihilfe zum Kinderbetreuungsgeld abgelöst.

Das KBGG in der bis geltenden Fassung regelt in Abschnitt 3 (§§ 9 bis 17) den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, der beim Krankenversicherungsträger zu beantragen ist.

§ 15 KBGG normiert eine Erklärungspflicht. Danach haben im Falle des Antrags auf Gewährung eines Zuschusses gemäß den §§ 12 (Ehegatten) und 13 (Nicht Alleinstehende) beide Elternteile eine Erklärung zu unterfertigen, mit der sie sich zur Leistung der Abgabe gemäß § 18 (Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld) verpflichten.

In Abschnitt 4 (§§ 18 bis 23) ist die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld geregelt.

Nach § 19 Abs. 1 Z 2 KBGG beträgt die jährliche Abgabe bei einem Gesamteinkommen der beiden Elternteile von mehr als 35.000,00 € 5%, mehr als 40.000,00 € 7% und mehr als 45.000,00 € 9% des Einkommens.

Nach § 21 KBGG entsteht der Abgabenanspruch mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkommensgrenze gemäß § 19 erreicht wird, frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres der Geburt des Kindes, letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres.

Nach § 22 KBGG obliegt die Erhebung der Abgabe dem Finanzamt.

§ 23 KBGG normiert eine „Erklärungspflicht“, wonach jeder Abgabepflichtige verpflichtet ist, eine Abgabenerklärung über sein im Kalenderjahr erzieltes Einkommen bis zum Ende des Monates März des Folgejahres einzureichen.

Erwägungen

Eine Abfrage des Abgabenkontos des Bf ergab, dass der rückgeforderte Zuschuss, der für den am geborenen Sohn D im Jahr 2011 ausbezahlt worden war, in zehn monatlichen Raten beglichen wurde.

Der Bf führte ausdrücklich sachliche Unbilligkeit ins Treffen, weshalb das Vorliegen persönlicher Unbilligkeit nicht zu prüfen war.

Das Formular „Antrag auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld“, das sowohl der Bf als auch seine Gattin unterschrieben, wies rechts oben unübersehbar mit „ACHTUNG! Beim Zuschuss handelt es sich um einen rückzahlungspflichtigen Kredit“ auf die Zuschussrückzahlungspflicht bei Überschreiten der im beigefügten Informationsblatt detailliert aufgeschlüsselten Einkommensgrenzen bis spätestens Ende des Kalenderjahres, in dem das Kind den 7. Geburtstag feierte, hin (§ 21 KBGG).

Der Bf machte geltend, von der Gebietskrankenkasse E mehrmals die mündliche Auskunft erhalten zu haben, dass dieser Zuschuss nicht zurückzuzahlen sein werde, weil die Einkommensgrenze nicht kontrolliert werde.

Dieses sehr allgemeine Vorbringen war auf Grund nachstehender Überlegungen nicht geeignet, eine sachliche Unbilligkeit durch Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben wegen Erteilung einer unrichtigen Auskunft zu begründen.

Der genaue Inhalt dieser Gespräche war nach mehreren Jahren naturgemäß nicht mehr eruierbar. Aus dem Vorbringen des Bf war nicht ableitbar, wann und wie häufig („mehrmals“) diese unrichtigen Auskünfte gegeben wurden, ob diese Auskünfte unterschiedliche Personen erteilten und vor allem nicht, worauf diese Meinung, die der eindeutigen Rechtslage und den Belehrungen auf dem vom Bf unterfertigten  Antragsformular widersprachen, gestützt wurde. Nicht erkennbar war zudem, weshalb der Bf sich nicht mit einer einmaligen Auskunft begnügte, sondern offenbar mehrmals um Auskunft in derselben Sache ersuchte, welche Frage(n) er genau stellte und welchen genauen Wortlaut die erteilten Belehrungen hatten.

Wie der Sachverhaltsdarstellung der steuerlichen Vertreterin an die GKK NÖ vom zu entnehmen war, erhielt auch die Gattin des Bf, als diese im Jahr 2006 wieder zu arbeiten begann und der GKK mitteilte, dass ihr nunmehr der Zuschuss nicht mehr zustehe, die Information, dass die Einkommensgrenze nicht kontrolliert werde.

Ein Nachweis welcher Art auch immer lag auch zu diesem Gespräch bzw. Telefonat nicht vor.

Aus dem gesamten Vorbringen des Bf ging hervor, dass er sich bewusst war, dass die Einkommensgrenzen im Jahr 2011 überschritten waren und ein Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld folglich nicht zustand. Berief er sich auf mehrfache Behördenauskünfte, die in eindeutigem Widerspruch zum KBGG standen, wäre es an ihm gelegen gewesen, diese durch entsprechende Beweismittel zu belegen bzw. zumindest glaubhaft zu machen.

Die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben scheiterte im vorliegenden  Fall aber auch daran, dass die eingewendeten unrichtigen Auskünfte nicht die zuständige Abgabenbehörde erteilte (vgl. ; nach den dortigen Ausführungen des VwGH wurde der Beschwerdeführerin die unrichtige Auskunft nicht einmal von der Abgabenbehörde, geschweige denn vom zuständigen Finanzamt erteilt, sondern vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger in Kenntnis der gegenteiligen Rechtslage).

Der Bf ging im Übrigen sowohl in der Beschwerde als auch im Vorlageantrag selbst davon aus, dass die in Streit stehende Rechtsauskunft von der zuständigen Behörde stammen muss.

Zuständig für die Rückforderung der ausbezahlten Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld war nicht die Gebietskrankenkasse, sondern das Finanzamt.

Selbst wenn die zuständige Abgabenbehörde die unrichtige Auskunft erteilt hätte, wäre auch die weitere Voraussetzung nicht erfüllt gewesen, dass nämlich der Bf im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft, die zudem nicht offensichtlich unrichtig war, Dispositionen getroffen hätte, die er ohne die unrichtige Auskunft nicht getroffen hätte. Er müsste seine Dispositionen danach eingerichtet und nur als Folge davon einen abgabenrechtlichen Nachteil erlitten haben ().

Der Bf erlitt auf Grund der bemängelten unrichtigen Auskünfte keinen abgabenrechtlichen Nachteil. Hätte er die richtige Auskunft erhalten, hätte er wegen des Überschreitens der maßgeblichen Einkommensgrenzen den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld von vornherein nicht in Anspruch nehmen können. Durch die vorgebrachte unrichtige Auskunft wurde der Zuschuss ausbezahlt und später nur zum Teil wieder zurückgefordert. Der Bf erlitt daher durch die ins Treffen geführte unrichtige Auskunft keinen finanziellen Schaden, sondern war dadurch, dass der Zuschusses nur teilweise rückgefordert wurde, finanziell sogar besser gestellt (in diesem Sinne auch der letzte Absatz des das Nachsichtsansuchen abweisenden Bescheides).

Im Übrigen erschöpfte sich auch das Beschwerdevorbringen, der Bf hätte bei Nichtauszahlung des Zuschusses anders disponiert und auf nicht unbedingt notwendige Ausgaben verzichtet oder kostengünstigere Entscheidungen getroffen, in einer völlig unbestimmten Behauptung.

Im Ergebnis war das Vorliegen einer sachlichen Unbilligkeit wegen Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben zu verneinen und die Beschwerde bereits aus Rechtsgründen abzuweisen; für eine Ermessensentscheidung blieb kein Raum.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Feststellungen auf Sachverhaltsebene betreffen keine Rechtsfragen und sind einer Revision nicht zugänglich.

Linz, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at