Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.06.2018, RV/7101622/2017

Antrag auf Rückforderung zu Unrecht einbehaltener KESt bei falscher Behörde eingebracht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache Bf., gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart, vom , betreffend den Antrag auf Rückzahlung österreichischer Kapitalertragsteuer für die Jahre 2007 und 2008, Evidenznummer xxxx/yy , zu Recht erkannt:

1.) Die Beschwerde wird abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

2.) Eine Revision gegen diesen Beschluss ist g emäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I) Sachverhalt und Verfahrensgang:

Mit Eingabe vom stellte die Beschwerdeführerin (Bf.) beim Finanzamt Feldkirch einen Antrag auf Erstattung österreichischer Kapitalertragsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO für die Jahre 2007 und 2008 in der Höhe von 15.463,71 Euro. Sie habe treuhändig Aktien an der ****  AG wirtschaftlich gehalten, von den insgesamt für die Jahre 2007 und 2008 festgesetzten Kapitalertragsteuern entfalle der beantragte Betrag auf die Bf.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart den Antrag als nicht fristgerecht eingebracht zurück.

Mit Eingabe vom stellte die steuerliche Vertretung einen Antrag auf Nichtigerklärung eines Schriftstückes bzw. erhob in eventu eine Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid vom . Darin wurde vorgebracht, dass das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart einen an das Finanzamt Feldkirch gestellten Antrag auf Rückzahlung österreichischer Quellensteuer zurückgewiesen habe, obwohl es hinsichtlich dieses Antrages sowohl sachlich als auch örtlich unzuständig sei. Somit handle es sich bei dem Schriftstück vom nicht um einen Bescheid. Das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart habe seine Zuständigkeit auf die Bestimmung des § 18 Abs. 1 Z 2 AVOG gestützt. Von dieser Bestimmung seien Rückzahlungen gemäß § 21 Abs. 1 Z 1a KStG erfasst, Normadressat dieser Bestimmung seien beschränkt Steuerpflichtige iSd. § 1 Abs. 3 Z 1 KStG, somit Körperschaften, die im Inland weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz hätten. Bei der Antragstellerin handle es sich aber um eine natürliche Person.

Für den Fall, dass es sich bei dem Schriftstück vom aber tatsächlich um einen Bescheid handeln sollte, was hier ausdrücklich bestritten werde, beantrage die Bf. hiermit dessen Aufhebung.

Mit Mängelbehebungsauftrag vom trug das Finanzamt der Bf. im Hinblick auf ihre Beschwerde gegen den Bescheid vom auf, das fehlende Inhaltserfordernis der Begründung (§ 250 ff BAO) bis zu beheben, andernfalls die Beschwerde als zurückgenommen anzusehen sei.

In ihrer Eingabe vom brachte die steuerliche Vertretung der Bf. vor, dass sich der angefochtene Bescheid auf § 18 Abs. 1 AVOG stütze, ohne den konkreten Tatbestand zu bezeichnen. Nachdem der Antrag vom (gemeint wohl: ) auf § 240 Abs. 3 BAO fuße, handle es sich nicht um die Rückzahlung aufgrund völkerrechtlicher Verträge, sodass § 18 Abs. 1 Z 1 AVOG nicht anwendbar sei. Die in den Ziffern 2 und 3 des § 18 Abs. 2 AVOG bezeichneten Tatbestände würden dem Grunde nach nicht in Betracht kommen, weil es sich dabei zum einen um Rückzahlungen gemäß § 21 Abs. 1 Z 1a KStG und zum anderen um Rückzahlungen an ausländische Einrichtungen iSd. § 5 Z 4 Pensionskassengesetzes handle. Diese beiden Tatbestände könnten sich nicht auf natürliche Personen erstrecken, sodass sich für das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart gestützt auf § 18 Abs. 1 AVOG keine Zuständigkeit ergebe. Auch im Mängelbehebungsauftrag vom werde nicht begründet, wieso das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart zuständig sein solle. Damit entbehre der angefochtene Bescheid einer tauglichen Rechtsgrundlage, der ursprünglich an das Finanzamt Feldkirch gestellte Antrag sei unerledigt aufrecht und vom Finanzamt Feldkirch einer Erledigung zuzuführen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab.

Mit Eingabe vom beantragte die steuerliche Vertretung der Bf. die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und beantragte die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung. Ergänzend wurde vorgebracht, dass der bisherige Verfahrensverlauf vom Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart in der Beschwerdevorentscheidung richtig dargestellt worden sei und damit außer Streit gestellt werden könne. Ausschließlich strittig sei daher, ob das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart zur Erledigung eines am beim Finanzamt Feldkirch eingebrachten Antrages auf Erstattung von Kapitalertragsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO zuständig sei.

Die Beschwerdevorentscheidung anerkenne selbst, dass die Rückzahlung der gegenständlichen Kapitalertragsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO zu erfolgen habe. Der an derselben Stelle in der Beschwerdevorentscheidung relevierte Artikel 10 Abs. 2 Doppelbesteuerungsabkommen (in der Folge DBA) Österreich-Deutschland enthalte keinerlei Vorgaben, wie die in DBA vorgesehene Steuerbelastung bzw. Steuernichtbelastung erreicht werden sollten, was durchaus der Systematik von DBAs entspreche. DBAs hätten lediglich die Funktion, Besteuerungsrechte z.B. der Republik Österreich einzuschränken, während sich rein aus innerstaatlichem Recht ergebe, wie die von einem DBA vorgesehene Steuerentlastung tatsächlich erreicht werde. Es geht also lediglich um die Frage, ob ein Antrag gemäß § 240 Abs. 3 BAO im Falle der Stattgabe zu einer „aufgrund völkerrechtlicher Verträge vorgesehen Rückzahlung von Abgaben" führe. Bei der Beurteilung dieser Frage sei entscheidend, aus welchem Verfahrenstitel sich das Recht auf Rückzahlung ergebe. Nachdem DBAs nur dazu führen könnten, dass der Republik Österreich ein bestimmter Abgabenanspruch nicht zustehe, würden ausschließlich innerstaatliche Vorschriften regeln, wie das aus dem DBA entsprechende Ergebnis erzielt werde. Denkbar seien Entlastungen an der Quelle genauso wie Erstattungen, wobei beide auf innerstaatlichen Rechtsvorschriften beruhten. (vgl zB § 99f EStG, DBA-EntlastungsVO, § 240 Abs. 3 BAO).

Bei dem am beim Finanzamt Feldkirch eingebrachten Antrag auf Erstattung gemäß § 240 Abs. 3 BAO habe es sich somit nicht um die Beantragung einer Rückzahlung von Abgaben, deren Rückzahlung aufgrund völkerrechtlicher Verträge vorgesehen sei, sondern um Abgaben, deren Rückzahlung in § 240 Abs. 3 BAO, sohin in einer inländischen Rechtsvorschrift, vorgesehen sei, gehandelt.

Dieser Antrag sei sowohl im Rubrum als auch im Text ausdrücklich als Antrag gemäß § 240 Abs. 3 BAO bezeichnet gewesen. Damit bleibe für die Behörde kein Raum, diesen Antrag als solchen gemäß § 10 DBA A/BRD zu deuten, wie dies in der Begründung zur Beschwerdevorentscheidung dargestellt werde. Dies umso mehr, als in Artikel 10 DBA A/BRD ein Antrag nicht vorgesehen sei, sohin seitens der Behörde dem tatsächlich eingebrachten Antrag ein unmöglicher Inhalt zugesonnen worden sei.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Mit Eingabe vom zog die Bf. ihren Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurück.

II) Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Die in Deutschland ansässige Bf. hält in den Streitjahren 2007 und 2008 treuhändig Aktien an der österreichischen Kapitalgesellschaft ****  AG. In ihrem Antrag vom begehrt die Bf. die Rückzahlung gemäß § 240 Abs. 3 BAO von in Österreich auf Dividendenausschüttungen der **** AG einbehaltener Kapitalertragsteuer in der Höhe von 15.463,71 Euro. Dieser Antrag wurde beim Finanzamt Feldkirch eingebracht.

2. Beweiswürdigung

Der vorstehende Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und den Parteienvorbringen. Der Sachverhalt liegt widerspruchsfrei vor und steht mit den allgemeinen Erfahrungen im Einklang. Er wird daher der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt.

Strittig ist allein die Rechtsfrage, welche Abgabenbehörde für die Erledigung des Antrages der Bf. vom betreffend Rückzahlung österreichischer Kapitalertragsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO zuständig ist.

3. Rechtliche Beurteilung

§ 240 BAO lautet:

§ 240. (1) Bei Abgaben, die für Rechnung eines Abgabepflichtigen ohne dessen Mitwirkung einzubehalten und abzuführen sind, ist der Abfuhrpflichtige berechtigt, während eines Kalenderjahres zu Unrecht einbehaltene Beträge bis zum Ablauf dieses Kalenderjahres auszugleichen oder auf Verlangen des Abgabepflichtigen zurückzuzahlen.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

(3) Auf Antrag des Abgabepflichtigen (Abs. 1) hat die Rückzahlung des zu Unrecht einbehaltenen Betrages insoweit zu erfolgen, als nicht

a) eine Rückzahlung oder ein Ausgleich gemäß Abs. 1 erfolgt ist,

b) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung erfolgt ist,

c) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat oder im Fall eines Antrages auf Veranlagung zu erfolgen hätte.

Der Antrag kann bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung folgt, gestellt werden. Für das Verfahren über die Rückzahlung ist die Abgabenbehörde zuständig, der die Erhebung der betroffenen Abgabe obliegt. Betrifft der Antrag im Einkommensteuerrecht geregelte Abzugsteuern, so ist das Finanzamt für das Verfahren über die Rückzahlung örtlich zuständig, dem die Erhebung der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer des Antragstellers obliegt.

§ 240 Abs. 3 BAO sieht also die Rückforderung von zu Unrecht erhobener Abgaben vor. Ob Abgaben zu Unrecht erhoben wurden, kann sich jedoch nur aus der Anwendung des materiell rechtlichen Steuerrechts ergeben.

Im gegenständlichen Fall kommt materiell rechtlich Artikel 10 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. III Nr. 182/2002 idF BGBl. III Nr. 32/2012 (in der Folge DBA Deutschland) zur Anwendung.

Artikel 10 DBA Deutschland lautet:

(1) Dividenden, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt, dürfen im anderen Staat besteuert werden.

(2) Diese Dividenden dürfen jedoch auch in dem Vertragsstaat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, nach dem Recht dieses Staates besteuert werden; die Steuer darf aber, wenn der Nutzungsberechtigte der Dividenden eine in dem anderen Vertragsstaat ansässige Person ist, nicht übersteigen:

a) 5 vom Hundert des Bruttobetrags der Dividenden, wenn der Nutzungsberechtigte eine Gesellschaft (jedoch keine Personengesellschaft) ist, die unmittelbar über mindestens 10 vom Hundert des Kapitals der die Dividenden zahlenden Gesellschaft verfügt;

b) 15 vom Hundert des Bruttobetrags der Dividenden in allen anderen Fällen.

Dieser Absatz berührt nicht die Besteuerung der Gesellschaft in Bezug auf die Gewinne, aus denen die Dividenden gezahlt werden.

(3) Der in diesem Artikel verwendete Ausdruck „Dividenden“ bedeutet Einkünfte aus Aktien, Genussrechten oder Genussscheinen, Kuxen, Gründeranteilen oder sonstige Einkünfte, die nach dem Recht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einkünften aus Aktien steuerlich gleichgestellt sind. Der Ausdruck „Dividenden“ umfasst auch Einkünfte eines stillen Gesellschafters aus seiner Beteiligung als stiller Gesellschafter, Einkünfte aus partiarischen Darlehen, Gewinnobligationen und ähnliche Vergütungen, wenn sie nach dem Recht des Staates, aus dem sie stammen, bei der Ermittlung des Gewinns des Schuldners nicht abzugsfähig sind, sowie Ausschüttungen auf Anteilscheine an einem Investmentvermögen.

(4) Die vorstehenden Absätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden, wenn der in einem Vertragsstaat ansässige Nutzungsberechtigte im anderen Vertragsstaat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, eine gewerbliche Tätigkeit durch eine dort gelegene Betriebsstätte oder eine selbständige Arbeit durch eine dort gelegene feste Einrichtung ausübt und die Beteiligung, für die die Dividenden gezahlt werden, tatsächlich zu dieser Betriebsstätte oder festen Einrichtung gehört. In diesem Fall ist Artikel 7 beziehungsweise Artikel 14 anzuwenden.

(5) Bezieht eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft Gewinne oder Einkünfte aus dem anderen Vertragsstaat, so darf dieser andere Staat weder die von der Gesellschaft gezahlten Dividenden besteuern, es sei denn, dass diese Dividenden an eine im anderen Staat ansässige Person gezahlt werden oder dass die Beteiligung, für die die Dividenden gezahlt werden, tatsächlich zu einer im anderen Staat gelegenen Betriebsstätte oder festen Einrichtung gehört, noch Gewinne der Gesellschaft einer Steuer für nichtausgeschüttete Gewinne unterwerfen, selbst wenn die gezahlten Dividenden oder die nichtausgeschütteten Gewinne ganz oder teilweise aus im anderen Staat erzielten Gewinnen oder Einkünften bestehen.

Gemäß Artikel 10 DBA Deutschland dürfen die Dividenden daher sowohl in Deutschland als auch zu einem Teil in Österreich besteuert werden. Dabei hat Österreich von den ursprünglich einbehaltenen 25% Quellensteuer 15% zu Recht einbehalten (vgl. Artikel 10 Abs. 2 lit. b DBA Deutschland) und 10% gemäß § 240 Abs. 3 BAO zurückzuerstatten.

Gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 AVOG obliegt dem Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart für das gesamte Bundesgebiet die auf Grund völkerrechtlicher Verträge vorgesehene Rückzahlung von Abgaben.

§ 18 AVOG lautet:

§ 18. (1) Dem Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart obliegt für das gesamte Bundesgebiet

(2) Die Vergütung der Umsatzsteuer, Elektrizitäts- und Erdgasabgabe an internationale Organisationen und deren Vergütungsberechtigte obliegt dem Bundesminister für Finanzen.

Aus § 18 Abs. 1 Z 1 AVOG ergibt sich somit die zentrale (sachliche und örtliche) Zuständigkeit des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart für das Verfahren über die aufgrund völkerrechtlicher Verträge vorgesehene Rückzahlung von zu Unrecht einbehaltener Kapitalertragsteuerbeträge, da die Anwendung der materiellen Norm (Artikel 10 DBA Deutschland) in § 18 AVOG angesprochen wird.

Gemäß § 240 Abs. 3 BAO kann ein solcher Antrag auf Rückzahlung von zu Unrecht einbehaltener Abgaben bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung folgt, gestellt werden.

Im gegenständlichen Fall wäre der Antrag auf Rückzahlung österreichischer Kapitalertragsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO daher bis beim Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart einzubringen gewesen.

Gemäß § 50 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Langen bei ihnen Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig sind, so haben sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu verweisen.

§ 13 Abs. 2 AVOG , welcher eine lex specialis zu § 50 BAO darstellt, lautet:

„Den Finanzämtern mit allgemeinem Aufgabenkreis obliegt für das gesamte Bundesgebiet die Entgegennahme von Anbringen in den von Finanzämtern zu vollziehenden Abgabenangelegenheiten zur Weiterleitung an das im Anbringen bezeichnete Finanzamt. Ausgenommen davon sind Angelegenheiten der Abgabenvollstreckung. Die Weiterleitung ist nur in jenen Fällen fristwahrend, in denen das für das Anbringen zuständige Finanzamt bezeichnet ist.“

Anbringen sind also grundsätzlich bei jener Behörde einzubringen, die zur Behandlung und Erledigung des Anbringens nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Einreichens (sachlich und örtlich) zuständig ist (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 50 Anm 15; ).

Wird ein Anbringen bei einem unzuständigen Finanzamt eingereicht, so setzt die fristwahrende Weiterleitung an das zuständige Finanzamt gemäß § 13 Abs. 2 AVOG voraus:

  • Entgegennahme des Anbringens von einem Finanzamt mit allgemeinem Aufgabenkreis (somit nicht vom Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel).

  • Im Anbringen ist das zuständige Finanzamt bezeichnet.

  • Das Anbringen betrifft weder Angelegenheiten der Abgabenvollstreckung noch des Finanzstrafverfahrens (Ritz, BAO6  § 13 Tz 3).

Die Fünfjahresfrist des § 240 Abs. 3 zweiter Satz BAO ist eine gesetzliche Frist. Sie ist weder erstreckbar () noch hemmbar oder unterbrechbar.

Da die Bf. ihren Antrag auf Rückforderung von in Österreich zu Unrecht einbehaltener Kapitalertragssteuer zwar innerhalb der Frist bis , jedoch bei der unzuständigen Behörde (Finanzamt Feldkirch) und ohne Bezeichnung des zuständigen Finanzamtes (Bruck Eisenstadt Oberwart), eingebracht hat, war die Weiterleitung des Antrages an das zuständige Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart nicht fristwahrend. Die Bf. hat daher die sich aus der verspäteten Weiterleitung des innerhalb offener Frist an die unzuständige Behörde gerichteten Antrages ergebenden Nachteile zu tragen.

Infolge des Umstandes, dass der Antrag vom erst am – und somit nicht mehr innerhalb der 5-Jahres-Frist gemäß § 240 Abs. 3 BAO - beim zuständigen Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart eingegangen ist, hat das Finanzamt diesen zurecht als verspätet zurückgewiesen.

Wie die Bf. in ihrem Vorlageantrag zutreffend ausführt, geht es im Streitfall um die Frage, ob ein Antrag gemäß § 240 Abs. 3 BAO im Falle der Stattgabe zu einer „aufgrund völkerrechtlicher Verträge vorgesehenen Rückzahlung von Abgaben“ führt. Wenn die Bf. aber vorbringt, dass es entscheidend sei, aus welchem Verfahrenstitel sich das Recht auf Rückzahlung ergebe bzw. dass der formelle Rückzahlungstitel sich unmittelbar aus DBA-Recht ergeben müsse, verkennt sie die Rechtslage. Denn aus § 240 Abs. 3 BAO kann nicht geklärt werden, ob die Abgabe zu Recht oder zu Unrecht einbehalten wurde, die materiell rechtlichen Rückzahlungsgründe können sich nur aus der Anwendung des DBA-Rechts (Artikel 10 DBA Deutschland) ergeben. Es ist daher für die Zuständigkeit gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 AVOG ausschließlich entscheidend, aufgrund welcher materiell rechtlichen Norm die Rückzahlung zu erfolgen hat, der Verfahrenstitel spielt dabei keine Rolle. Da immer dann, wenn DBA-Recht angewendet wird, der Tatbestand des § 18 Abs. 1 Z 1 AVOG verwirklicht ist, ist die Zuständigkeit des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart nicht in Zweifel zu ziehen.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

C) Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Einerseits ist die im Beschwerdefall angesprochene Rechtsfrage im Gesetz eindeutig gelöst, andererseits ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Zurückweisung nicht rechtzeitig eingebrachter Anträge eindeutig. Aus diesen Gründen ist im gegenständlichen Fall eine Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 240 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 10 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
§ 18 Abs. 1 Z 1 AVOG 2010, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 9/2010
§ 13 Abs. 2 AVOG 2010, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 9/2010
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7101622.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at