Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 23.04.2018, RV/7103890/2017

Herstellerbefreiung im Zusammenhang mit einem im Zuge eines Scheidungsvergleiches erworbenen Hälfteanteil an einem Gebäude

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7103890/2017-RS1
Hinsichtlich eines im Zuge eines Scheidungsvergleiches erworbenen Hälfteanteils an einem Gebäude kann die Herstellerbefreiung nicht geltend gemacht werden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende Dr. Anna Maria Radschek und die weiteren Senatsmitglieder Mag. Anna Mechtler-Höger, KR Gregor Ableidinger und Dr. Franz Kandlhofer in der Beschwerdesache NameBf, AdresseBf, vertreten durch Treuhand-Union Wien Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Gonzagagasse 13, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Hollabrunn Korneuburg Tulln vom , betreffend Einkommensteuer 2014 im Beisein der Schriftführerin FOIin Andrea Newrkla in der Sitzung am zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde der Beschwerdeführerin (Bf) gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Dem gleichzeitig elektronisch übermittelten Beschwerdeakt der belangten Behörde ist Folgendes zu entnehmen:

Die Bf errichtete im Miteigentum mit ihrem Ehegatten ein Gebäude. Als Folge der gerichtlichen Scheidung im Jahr 1988 erfolgte die Übertragung des dem Ehegatten gehörenden Hälfteanteils auf die Bf.

Mit Kaufvertrag vom , abgeschlossen zwischen der Bf und der P-Privatstiftung, veräußerte die Bf die gesamte Liegenschaft um 1.646.200,00 Euro und behielt sich laut Pkt. VI des Kaufvertrages das Wohnungsgebrauchsrecht auf der gesamten Liegenschaft auf Lebenszeit vor.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung beantragte die Bf die Gewährung der Herstellerbefreiung für das auf der Liegenschaft gemeinsam mit ihrem Ehegatten errichtete Gebäude.

Das Finanzamt erließ nach Wiederaufnahme des Verfahrens den nunmehr angefochtenen Einkommensteuerbescheid und versagte die Herstellerbefreiung für den unentgeltlich im Zuge des Scheidungsvergleiches erworbenen Hälfteanteils. In der Begründung wurde ausgeführt:

Die vom steuerlichen Vertreter angeführte Rz 6650a der EStR 2000 ziele darauf ab, dass ein Gebäude, welches von einem Ehepaar im Miteigentum errichtet und anschließend veräußert werde, als ein selbst hergestelltes Gebäude durch beide Ehepartner anzusehen sei. Hintergrund dieser Bestimmung sei, dass die Bauherreneigenschaft oftmals nur einem Ehepartner zukomme, im Grundbuch aber beide Ehepartner zur Hälfte eingetragen seien. Ohne Anführung dieser Bestimmung könne nur der die Bauherreneigenschaft besitzende Ehepartner für seinen Hälfteanteil bei einer anschließenden Veräußerung die Herstellerbefreiung geltend machen, nicht aber der andere Ehepartner. Aus diesem Grund komme die Herstellerbefreiung für beide Ehepartner hinsichtlich ihres Miteigentumsanteiles am Gebäude zur Anwendung (vgl. BMF-010203/015l-VI/6/2014, Punkt 2.2. Herstellerbefreiung).

Der gegenständliche Fall weiche davon ab, weil nicht beide Ehepartner ihren Hälfteanteil, sondern die Bf das gesamte Grundstück verkaufe. Dem sei auch ein unentgeltlicher Vorgang (gerichtlicher Vergleich im Jahr 1988) vorausgegangen, weshalb für diesen unentgeltlich erworbenen Hälfteanteil die Herstellerbefreiung nicht gelte.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde führte der steuerliche Vertreter aus, die belangte Behörde habe die Herstellerbefreiung nicht für das gesamte Gebäude gewährt, sondern nur für das halbe Gebäude.

Die Ehegatten hätten das Gebäude, für welches die Herstellerbefreiung beansprucht werde, gemeinsam errichtet, im Rahmen einer gerichtlichen Scheidung sei das gesamte Gebäude der Bf zugesprochen worden.

Die Immobilienertragsteuer-Ausfüllhilfe der Notariatskammer führt in Punkt 048 aus:

"Laut Auskunft der Finanz erstreckt sich die Herstellereigenschaft auf den gesamten im Zeitpunkt der Veräußerung besessenen Anteil, solange zum Errichtungszeitpunkt der Veräußerer zumindest teilweise Hersteller war - relevant zB bei Errichtung des Gebäudes durch Ehegatten, nachfolgender Scheidung mit Übertragung an einen und späterer Veräußerung. Trotz Herstellung nur des halben Teils bleibt der Veräußerer Hersteller."

Dieser Rechtsmeinung entspreche auch die RZ 6650a der Einkommensteuerrichtlinien:

"Wird ein Gebäude gemeinsam von einem Ehepaar im Miteigentum errichtet, dann gilt dieses Gebäude als durch beide Ehepartner selbst hergestelltes Gebäude. Dies gilt auch für eingetragene Partnerschaften und Lebensgemeinschaften."          

Auch der Betriebsprüfer habe sich dieser Meinung angeschlossen und für den gesamten Gebäudeerlös die Herstellerbefreiung angewendet (siehe Betriebsprüfungsbericht).

Die in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltene Rechtsmeinung, dass der Bf nur für den halben Hauserlös die Herstellerbefreiung zustehe, sei daher unrichtig.

Es werde daher beantragt, die Herstellerbefreiung für den gesamten Gebäudeerlös anzuwenden und die Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerung mit 29.290,77 € (d. s. 3,5% von 836.879,05 €) festzusetzen.

Mit Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde abgewiesen und ausgeführt, die vom steuerlichen Vertreter angeführte Rz 6650a der EStR 2000 verfolge einen anderen Zweck. Insbesondere ziele die Bestimmung der EStR darauf ab, dass ein Gebäude, welches von einem Ehepaar im Miteigentum errichtet und anschließend veräußert werde, als ein selbst hergestelltes Gebäude durch beide Ehepartner anzusehen sei.

Hintergrund dieser Bestimmung sei, dass die Bauherreneigenschaft oftmals nur einem Ehepartner zukomme, im Grundbuch aber beide Ehepartner zur Hälfte eingetragen seien. Ohne Anführung dieser Bestimmung könne nur der die Bauherreneigenschaft besitzende Ehepartner für seinen Hälfteanteil bei einer anschließenden Veräußerung die Herstellerbefreiung geltend machen, nicht aber der andere Ehepartner. Aus diesem Grund komme die Herstellerbefreiung für beide Ehepartner hinsichtlich ihres Miteigentumsanteiles am Gebäude zur Anwendung (vgl. BMF-010203/0151-VI/6/2014, Punkt 2.2. Herstellerbefreiung). Der gegenständliche Fall sei insofern zu unterscheiden, als nicht beide Ehepartner ihren Hälfteanteil, sondern die Bf das gesamte Grundstück verkauft habe. Dem sei ein unentgeltlicher Vorgang (gerichtlicher Vergleich im Jahr 1988) vorausgegangen, weshalb für diesen erworbenen Hälfteanteil die Herstellerbefreiung nicht gelte.

Nach Rücksprache mit der Fachabteilung Einkommensteuer des BMF werde bekannt gegeben, dass diese Rechtsmeinung bisher auch schon so beauskunftet worden sei.

Der derzeitige Wortlaut der RZ 6650a der EStR 2000 sei dabei eindeutig: Werde ein Gebäude gemeinsam von einem Ehepaar im Miteigentum errichtet, dann gelte dieses Gebäude als durch beide Ehepartner selbst hergestelltes Gebäude. Hersteller des Gebäudes seien dabei beide Ehepartner gemeinsam, nicht aber ein Ehepartner alleine. Dem entspreche auch die Aussage der Rz 6646 der EStR 2000, wonach die Befreiung nur dem Errichter (Hersteller) selbst zustehe (sprich beiden Ehegatten gemeinsam) und die Herstellerbefreiung bei Veräußerungen ab nicht für den unentgeltlichen Erwerber gelte.

Im gegenständlichen Fall sei es aber gerade zu einem unentgeltlichen Erwerb eines Hälfteanteiles vor der Veräußerung gekommen, weshalb die Herstellerbefreiung nur für den anderen, schon bisher von der Bf besessenen Hälfteanteil zur Anwendung gelange. Dabei könne auch ein Verweis auf die Ausfüllhilfe der Notariatskammer nicht zum Erfolg verhelfen, zumal es sich dabei um keine zu beachtende Rechtsquelle handle.

Die Immobilienertragsteuer sei daher wie folgt zu berechnen:


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Kaufpreis gem. Vertrag vom
1.646.200,00 €
 
davon entfallen auf Grund und Boden
836.879,05 €
50,84%
davon entfallen auf Gebäude
809.320,95 €
49,16%
davon steuerpflichtig:
 
 
Grund und Boden zur Gänze
836.879,05 €
 
Gebäude zur Hälfte
404.660,47 €
 
Summe
1.241.539,52 €
 
Immobilienertragsteuer 3,5%
43.453,88 €
 

Im fristgerecht dagegen erhobenen Vorlageantrag führte der steuerliche Vertreter aus, die Behörde vermeine, dass der Wortlaut der RZ 6650a der EStR 2000 eindeutig für ihre Rechtsansicht der Behörde spreche. Dies sei jedoch unrichtig.

Wenn die Auslegung so wäre, dann müsste der Text von RZ 6650a folgendermaßen lauten:

"Wird ein Gebäude gemeinsam von einem Ehepaar im Miteigentum errichtet, dann gilt dieses Gebäude als ein anteilsmäßig durch beide Ehepartner selbst hergestelltes Gebäude. Dies gilt auch für eingetragene Partnerschaften und Lebensgemeinschaften."

Eine solche Rechtsansicht hätte überhaupt nicht in die Richtlinie aufgenommen werden müssen, weil diese sich aus dem ABGB ergebe.

Wenn aber nun die Richtlinie ausführe, dass dieses Gebäude als durch beide Ehepartner selbst hergestelltes Gebäude gelte, dann sei das BMF der Rechtsansicht, dass bei Herstellung eines Gebäudes, welches im Miteigentum von Ehepartnern stehe, jeder Miteigentümer als Hersteller des Gebäudes anzusehen sei, gleichgültig welchen Anteil er am Gebäude besitze.

Im gegenständlichen Fall sei die Bf

- Miteigentümerin des Gebäudes bei der Herstellung,

- daher Herstellerin des Gebäudes und

sei daher die Herstellerbefreiung auf den gesamten Gebäudeerlös anzuwenden.

Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht legte der steuerliche Vertreter der Bf den Scheidungsvergleich vom vor.

In der antragsgemäß durchgeführten mündlichen Verhandlung führte der steuerliche Vertreter aus, nach herrschender Rechtsprechung sei davon auszugehen, dass bezüglich des im Rahmen des Scheidungsvergleiches erworbenen Hälfteanteils von einer Naturalteilung auszugehen sei und dementsprechend kein Erwerb einer Liegenschaft vorliege. 

Der Vertreter der Amtspartei erläuterte die Entstehung der RZ 6650a der Einkommensteuerrichtlinien und verwies auf die Wartungserlässe 2015 und 2017, in denen klargestellt werde, dass Ehepartnern die Herstellerbefreiung jeweils nur anteilsmäßig zustehe.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Der Senat stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Die Bf errichtete im Miteigentum mit ihrem Ehegatten ein Gebäude. Als Folge der gerichtlichen Scheidung im Jahr 1988 erfolgte die Übertragung des dem Ehegatten gehörenden Hälfteanteils auf die Bf. Diese verpflichtete sich im Gegenzug, die auf der Liegenschaft pfandrechtlich sichergestellte Forderung in Höhe von 1,322.000,00 ATS zur Selbstzahlung zu übernehmen und den Ehegatten gegen eine Inanspruchnahme aus diesem Schuldverhältnis schad- und klaglos zu halten. Weiters verpflichtete sie sich, an den Ehegatten eine Ausgleichszahlung in Höhe von 2,165.000,00 ATS zu leisten (siehe Vergleich vom , Pkt III).

Mit Kaufvertrag vom , abgeschlossen zwischen der Bf und der P-Privatstiftung, veräußerte die Bf die gesamte Liegenschaft um 1.646.200,00 Euro und behielt sich laut Pkt. VI des Kaufvertrages das Wohnungsgebrauchsrecht auf der gesamten Liegenschaft auf Lebenszeit vor.

Laut Verkehrswertgutachten vom beträgt der Verkehrswert der gesamten Liegenschaft 1.974.860,00 Euro, wobei 50,84% davon auf den Grund und Boden und 49,16% auf das Gebäude entfallen.

Dieser Sachverhalt gründet sich auf die vorgelegten Unterlagen, ist insoweit unstrittig und rechtlich wie folgt zu beurteilen:

§ 30 EStG 1988 lautet auszugsweise:

"(1) Private Grundstücksveräußerungen sind Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (grundstücksgleiche Rechte). Bei unentgeltlich erworbenen Grundstücken ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen. Bei Tauschvorgängen ist § 6 Z 14 sinngemäß anzuwenden.

(2) Von der Besteuerung ausgenommen sind die Einkünfte:

1. Aus der Veräußerung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen samt Grund und Boden (§ 18 Abs. 1 Z 3 lit. b), wenn sie dem Veräußerer

a) ab der Anschaffung oder Herstellung (Fertigstellung) bis zur Veräußerung für mindestens zwei Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird oder

b) innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird.

2. Aus der Veräußerung von selbst hergestellten Gebäuden, soweit sie innerhalb der letzten zehn Jahre nicht zur Erzielung von Einkünften gedient haben.

3. Aus der Veräußerung von Grundstücken infolge eines behördlichen Eingriffs oder zur Vermeidung eines solchen nachweisbar unmittelbar drohenden Eingriffs.

4. Aus Tauschvorgängen von Grundstücken im Rahmen eines Zusammenlegungs- oder Flurbereinigungsverfahrens im Sinne des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951, BGBl. Nr. 103/1951, sowie im Rahmen behördlicher Maßnahmen zur besseren Gestaltung von Bauland, insbesondere nach den für die bessere Gestaltung von Bauland geltenden Vorschriften. Das in solchen Verfahren erworbene Grundstück tritt hinsichtlich aller für die Ermittlung der Einkünfte relevanter Umstände an die Stelle des hingegebenen Grundstückes.

(3) Als Einkünfte ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten anzusetzen. Die Anschaffungskosten sind um Herstellungsaufwendungen und Instandsetzungsaufwendungen zu erhöhen, soweit diese nicht bei der Ermittlung von Einkünften zu berücksichtigen waren. Die Anschaffungskosten sind um Absetzungen für Abnutzungen, soweit diese bei der Ermittlung von Einkünften abgezogen worden sind, sowie um die in § 28 Abs. 6 genannten steuerfreien Beträge zu vermindern. Müssen Grundstücksteile im Zuge einer Änderung der Widmung auf Grund gesetzlicher Vorgaben an die Gemeinde übertragen werden, sind die Anschaffungskosten der verbleibenden Grundstücksteile um die Anschaffungskosten der übertragenen Grundstücksteile zu erhöhen.

Die Einkünfte sind zu vermindern um

– die für die Mitteilung oder Selbstberechnung gemäß § 30c anfallenden Kosten und um anlässlich der Veräußerung entstehende Minderbeträge aus Vorsteuerberichtungen gemäß § 6 Z 12;

– 2% jährlich ab dem elften Jahr nach dem Zeitpunkt der Anschaffung oder späteren Umwidmung, höchstens jedoch um 50% (Inflationsabschlag); dies gilt nicht, soweit der besondere Steuersatz gemäß § 30a Abs. 4 nicht anwendbar ist. (Anm. 1)

(4) Soweit Grundstücke am nicht steuerverfangen waren, sind als Einkünfte anzusetzen:

1. Im Falle einer Umwidmung des Grundstückes nach dem der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 40% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten. Als Umwidmung gilt eine Änderung der Widmung, die nach dem letzten entgeltlichen Erwerb stattgefunden hat und die erstmals eine Bebauung ermöglicht, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland oder Baufläche im Sinne der Landesgesetze auf dem Gebiet der Raumordnung entspricht. Dies gilt auch für eine spätere Umwidmung in engem zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Veräußerung.

2. In allen übrigen Fällen der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 86% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten.

Der Unterschiedsbetrag erhöht sich um die Hälfte der in Teilbeträgen gemäß § 28 Abs. 3 abgesetzten Herstellungsaufwendungen, soweit sie innerhalb von fünfzehn Jahren vor der Veräußerung vom Steuerpflichtigen selbst oder im Fall der unentgeltlichen Übertragung von seinem Rechtsvorgänger geltend gemacht wurden.

...."

Durch die Bestimmung des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 werden Gewinne aus der Veräußerung "selbst hergestellter Gebäude" steuerfrei gestellt.

Nach der zur Vorgängerbestimmung des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, die sich auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage 621 BlgNr 17 GP, 82 stützt, wollte der Gesetzgeber mit dem Begriff des selbst hergestellten Gebäudes auch Gebäude erfassen, die der Eigentümer zwar nicht in eigener Arbeitsleistung errichtet, aber als Bauherr mit uneingeschränktem Bauherrnrisiko errichten hat lassen ().

Die Bf, die gemeinsam mit ihrem nunmehrigen Ex-Ehegatten das Gebäude errichtet hat, kommt hinsichtlich ihres Hälfteanteils zweifelsfrei in den Genuss der Herstellerbefreiung. Den Hälfteanteil ihres Ex-Gatten erhielt sie erst im Zuge eines Scheidungsvergleiches gegen Übernahme der pfandrechtlich sichergestellten Forderung in Höhe von 1.332.000,00 ATS und gegen Bezahlung eines Betrages von 2.165.000,00 ATS. Damit liegt aber hinsichtlich dieses Hälfteanteils eindeutig keine Herstellung, sondern eine Anschaffung vor, die nicht unter die Befreiungsbestimmung des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 subsummiert werden kann.

Der vom steuerlichen Vertreter zitierten Ausfüllhilfe der Notariatskammer, wonach sich die Herstellereigenschaft auf den gesamten im Zeitpunkt der Veräußerung besessenen Anteil erstrecke, sofern zum Errichtungszeitpunkt der Veräußerer zumindest teilweise Hersteller gewesen sei, kann sich der Senat in Anbetracht des Wortlauts der Bestimmung nicht anschließen.

Auch der Verweis auf die Rz 6650a der Einkommensteuerrichtlinien, wonach ein Gebäude, das gemeinsam von einem Ehepaar im Miteigentum errichtet wird, als durch beide Ehepartner selbst hergestelltes Gebäude gelte, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, da das Bundesfinanzgericht an die Einkommensteuerrichtlinien nicht gebunden ist und diese Richtlinienbestimmung keinen Bezug nimmt auf Sachverhalte, bei denen vor der Veräußerung die (entgeltliche) Übertragung des Hälfteanteils stattgefunden hat und im Zeitpunkt der Veräußerung Alleineigentum eines Ehegatten besteht.

Das im Rahmen der mündlichen Verhandlung erstattete Vorbringen, hinsichtlich des im Zuge des Scheidungsvergleiches erworbenen Hälfteanteils liege eine Naturalteilung vor, ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen, weil dadurch nicht bewirkt wird, dass sie hinsichtlich dieses Hälfteanteils zur Herstellerin wird.

Der Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach bei Scheidungsvergleichen, die Global- oder "Pauschalcharakter" hätten, keine Grunderwerbsteuerpflicht bestehe, sofern die Gegenleistung für grunderwerbsteuerpflichtige Transaktionen nicht ermittelt werden könne, ist für den vorliegenden Fall gerade nicht zielführend, weil im Scheidungsvergleich, den die Bf im Jahr 1988 abschloss, sehr wohl eine Gegenleistung für den Hälfteanteil ermittelbar ist.

Da hinsichtlich des im Zuge des Scheidungsvergleiches erworbenen Hälfteanteils am Gebäude keine Herstellung durch die Bf stattgefunden hat, kann ihr hinsichtlich dieses Hälfteanteils auch die Herstellerbefreiung nicht zuerkannt werden.

Die vom Finanzamt in Ansatz gebrachten Zahlen stützen sich auf das Vorbringen des steuerlichen Vertreters, und wurden die als Bemessungsgrundlage herangezogenen Beträge weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag der Höhe nach in Frage gestellt. 

Für ein Abweichen davon sah auch der erkennende Senat keine Veranlassung. Die Immobilienertragsteuer war daher vom Finanzamt zu Recht folgendermaßen ermittelt worden:


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Kaufpreis gem. Vertrag vom
1.646.200,00 €
davon entfallen auf Grund und Boden
836.879,05 €
davon entfallen auf Gebäude
809.320,95 €
davon steuerpflichtig:
 
Grund und Boden zur Gänze
836.879,05 €
Gebäude zur Hälfte
404.660,47 €
anzusetzender Veräußerungserlös
1.241.539,52 €
abzüglich 86% von 1.241.539,52 € (§ 30 Abs. 4 Z 2 EStG)
-1.067.723,99 €
Zwischensumme
173.815,53 €
25% Immobilienertragsteuer
43.453,88 €

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Frage, ob die Herstellerbefreiung auch für den im Zuge eines Vergleiches entgeltlich erworbenen Hälfteanteil am Grundstück zusteht, fehlt eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Revision war daher zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
Zitiert/besprochen in
Mechtler-Höger in BFGjournal 2018, 235
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7103890.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at