Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.04.2018, RV/7500038/2018

Verwendung eines ungültigen Parkscheines; Abstandnahme von der begehrten Erteilung einer Ermahnung

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 2196/2018 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R.über die Beschwerde der Bf., vertreten durch Dr. Roland Hansely, Mahlerstrasse 13/3, 1010 Wien, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , MA 67-PA-xxx, wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005 in der Fassung ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, im Beisein des Schriftführers X2 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am , zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von € 60,00 auf € 36,00 und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden auf 8 Stunden herabgesetzt wird.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Magistrat der Stadt Wien wird gemäß § 25 Abs 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde bestimmt. Die Geldstrafe (€ 36,00) ist zusammen mit dem Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens (€ 10,00) an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.

Der zu entrichtende Gesamtbetrag beträgt € 46,00.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Spruch des o.a. Straferkenntnisses lautet wie folgt::

"Sie haben am um 09:32 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in WIEN 01, yyy mit dem mehrspurigen Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen zzz folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Abstellen des Fahrzeuges ohne dieses mit einem gültig entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder einen elektronischen Parkschein aktiviert zu haben. Im Fahrzeug befand sich lediglich der seit ungültige Parkschein Nr. 000. Die Parkometerabgabe wurde daher fahrlässig verkürzt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§ 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung‚ ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung.

Gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 wird gegen Sie eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 60,00, im Falle der Uneinbringlichkeit 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.

Es wird Ihnen zudem ein Betrag von EUR 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt (§ 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes).

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher EUR 70,00."

Das Straferkenntnis wurde folgendermaßen begründet:

"Das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug wurde an der im Spruch bezeichneten Örtlichkeit zur angeführten Zeit in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone beanstandet, da weder ein gültiger Parkschein entwertet, noch ein elektronischer Parkschein aktiviert war.

Im Fahrzeug befand sich lediglich der 30-Minuten-Parkschein Nr. 000 in Gebührenhöhe EUR 1,00, welcher die Entwertungen , 09:30 Uhr trug und somit für den gegenständlichen Abstellvorgang entwertet war.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Organstrafverfügung, welche von einem Parkraumüberwachungsorgan der Landespolizeidirektion Wien auf Grund einer dienstlichen Wahrnehmung gelegt wurde und in die von diesem angefertigten Fotos.

Darüber hinaus wurden Sie anlässlich einer, im vorangegangenen Parallelverfahren zur Zahl MA 67-PA-xyz durchgeführten Lenkererhebung als Lenkerin für den maßgeblichen Zeitpunkt angegeben.

In Ihrem durch Ihre rechtsfreundliche Vertretung eingebrachten Einspruch wendeten Sie im Wesentlichen ein, dass Sie deutsche Staatsbürgerin seien und erst vor wenigen Monaten nach Wien gezogen wären. Da Ihnen der Bestand der Kurzparkzone im ersten Bezirk bewusst gewesen wäre, hätten Sie auch einen entsprechenden Kurzparknachweis ausgefüllt. Da dieser angeblich veraltet gewesen wäre, ersuchten Sie um Übermittlung angefertigter Lichtbilder.
Auf dem Parkschein sei keinerlei Ablaufdatum erkennbar gewesen und wäre es sohin nicht feststellbar gewesen, dass Sie mit dessen Verwendung eine Abgabenverkürzung begehen würden. Das Vorliegen einer solchen erscheine, im Hinblick auf den Unterschied von EUR 0,05, als fragwürdig. Die Verhängung eines derart hohen Strafbetrages könne nur als unangemessen und gleichheitswidrig erachtet werden. Aufgrund der Geringfügigkeit des Vergehens und des nicht vorliegenden Vorsatzes beantragten Sie die Einstellung des Verfahrens. In eventu wurde um die Erteilung einer Ermahnung ersucht.

Unbestritten blieb somit sowohl Ihre Lenkereigenschaft, als auch, dass das gegenständliche Fahrzeug zum Tatzeitpunkt an der in Rede stehenden Örtlichkeit abgestellt war.

Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme wurden Ihnen die Angaben des Meldungslegers in der Anzeige sowie die von diesem angefertigten Fotos in Kopie zur Kenntnis gebracht und es wurde Ihnen Gelegenheit geboten, dazu Stellung zu nehmen und allfällige, Ihrer Verteidigung dienende Beweismittel vorzulegen.

In der diesbezüglich, durch Ihre rechtsfreundliche Vertretung eingebrachten Stellungnahme wurden im Wesentlichen die bisherigen Angaben wiederholt. Überdies wäre die rechtliche Vorgehensweise bedenklich und wurde der vorliegende Sachverhalt mit dem Austausch staatlicher Banknoten verglichen, zumal Eingriff in das Eigentumsrecht erfolgen würden.
Es wurde der Antrag gestellt, dass jene Gesetzesgrundlage, welche die Ungültigkeit des Parkscheines bewirkt, zur Stellungnahme an Sie übermittelt werde. Auch wurde um Bekanntgabe der Verlautbarung jener Rechtsgrundlage ersucht.
Des weiteren wäre die verhängte Geldstrafe weder schuld- noch tatangemessen, da sich die eventuell vorliegende Parkgebührenverkürzung lediglich im Cent-Bereich ereignet hätte.
Schließlich wurde die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Erteilung einer Ermahnung beantragt.

Zu Ihrem Vorbringen wird Folgendes festgestellt:

Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung).

Die Abgabe ist mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung bei Verwendung eines elektronischen Parkscheines entrichtet (§ 5 Abs. 1 Parkometerabgabeverordnung kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien vom , Heft Nr. 51).

Gemäß § 4a Abs. 3 der Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 52/2011 vom verlieren mit dem Inkrafttreten einer Änderung der Abgabenhöhe jeweils alle Parkscheine mit dem Aufdruck von nicht mehr gültigen Gebühren ihre Eigenschaft als Abgabenentrichtungsmittel. Diese Parkscheine können innerhalb von 6 Monaten ab dem Inkrafttreten einer Änderung der Abgabenhöhe gegen Rückerstattung des aufgedruckten Wertes zurückgegeben werden.

Ebenso ergibt sich aus den Verordnungen des Wiener Gemeinderates, dass Parkscheine, die vor dem gültige Beträge aufgedruckt hatten, mit Ablauf des keine Gültigkeit mehr hatten.

Gemäß § 3 lit. a Parkometerabgabeverordnung (kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien vom , Heft Nr. 46) beträgt das zu zahlende Entgelt für eine Abstelldauer von einer halben Stunde (30 Minuten, Parkschein rot) seit EUR 1,05. Der von Ihnen benutzte Parkschein Nr. 000 weist jedoch ein Entgelt von EUR 1,00 auf.

Somit konnte mit dem von Ihnen verwendeten Parkschein zum keine Abgabe mehr entrichtet werden. Auch eine Aliquotierung ist insofern ausgeschlossen, als der Parkschein - wie bereits erwähnt - seine Gültigkeit zur Gänze verloren hat.

Bemerkt wird, dass der einschlägigen Judikatur kein Hinweis darauf entnommen werden kann, dass auf Parkscheinen ein Ablaufdatum enthalten bzw. aufgedruckt sein muss.

Aufgrund der Aktenlage ist festzustellen, dass Sie der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkometerabgabe nicht nachgekommen sind.

Es wird daher der Sachverhalt als erwiesen angenommen, wie er aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben in der Organstrafverfügung sowie aus der Tatumschreibung in diesem Straferkenntnis ersichtlich ist.

Ihre Rechtfertigung, dass Sie einen jener Parkscheine benutzt hätten, welche Sie im Fahrzeug vorgefunden hätten und dass keine Rückfragemöglichkeit mit dem Fahrzeuginhaber beständen hätte, vermochte Sie nicht zu entlasten, da Sie als Lenkerin für die ordnungsgemäße Entrichtung der Parkometerabgabe haften. Die Verwendung eines mittlerweile ungültigen Parkscheines geht daher ausschließlich zu Ihren Lasten.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Gegenstand des Strafverfahrens ist die Übertretung einer Rechtsnorm, nämlich § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, und nicht die Frage, ob eine Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten vorliegt. Die Parkometerabgabeverordnung stellt jedenfalls geltendes Recht dar, zur Prüfung verfassungsrechtlicher Bedenken ist die erkennende Behörde nicht berufen.

Jeder, der ein verwaltungsstrafrechtliches Delikt setzt, muss an sich damit rechnen, bestraft zu werden, wobei es nicht dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht, dass nicht alle begangenen Taten geahndet bzw. in gleichem Ausmaß geahndet werden.

Hinsichtlich Ihres Einwands, dass die Strafhöhe in einem Missverhältnis zur verkürzten Abgabe stehe, ist auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichthofes zu verweisen: Demnach tritt bei einer Abgabe von EUR 1,00 bis EUR 4,00 die Relation zwischen der verkürzten Abgabe und dem Strafbetrag gegenüber der absoluten Höhe der Strafe zurück.

Nach § 4 Abs. 1 des Parkometergesetzes 2006 genügt zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht.

Der Akteninhalt bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass Sie nach Ihren persönlichen Verhältnissen im gegenständlichen Zeitpunkt nicht fähig gewesen wären, die objektiv gebotene Sorgfalt einzuhalten oder den von Ihnen verursachten Verkürzungserfolg vorauszusehen, oder dass Ihnen rechtmäßiges Verhalten in der konkreten Situation unzumutbar gewesen wäre.

Sie haben daher durch die Verletzung der für Sie bestehenden und Ihnen zumutbaren Sorgfaltspflicht, somit fahrlässig, die Abgabe verkürzt.

Somit sind sowohl die objektiven, als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.

Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).

Die Strafe hat sich vor allem auch am Strafzweck zu orientieren. Das Parkometergesetz verfolgt auch das Ziel, den Parkraum zu rationieren und kann dieses Ziel nur erreicht werden, wenn die Strafe durch ihre Höhe geeignet ist, Sie zur Vermeidung von Übertretungen des Parkometergesetzes anzuhalten.

Grundlage für die Bemessung der Strafe gemäß § 19 VStG ist die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Der Unrechtsgehalt der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung ist im Hinblick auf den Sachverhalt - selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht gerade gering.

Schon aus diesem Grund kann die Anwendung des § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG (betreffend dem Absehen von der Fortführung eines Strafverfahrens bzw. der Verhängung einer Geldstrafe) nicht in Betracht kommen.

Bei der Strafbemessung wurde berücksichtigt, dass Ihnen der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nach der Aktenlage zu Gute kommt.

Da Sie von der eingeräumten Möglichkeit Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen, keinen Gebrauch gemacht haben waren diese von der Behörde zu schätzen und daher von durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen auszugehen. Eine allfällige Sorgepflicht konnte mangels jeglicher Hinweise nicht angenommen werden.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden ist die verhängte Geldstrafe durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal weitere Milderungsgründe nicht hervorgetreten sind.

Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 2 VStG."

In ihrer, durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter, fristgerecht eingebrachten Beschwerde führte die Bf. aus:

"1. Mangelhaftigkeit des Verfahrens:

Gemäß §5 VStG ist ausdrücklich gesetzlich geregelt, dass ein Täter glaubhaft machen kann, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, welcher der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Genau ein solches Vorbringen hat die Beschwerdeführerin erhoben, insbesondere, dass sie mit den örtlichen Kenntnissen nicht vertraut war, sich in einem fremden Fahrzeug befunden hat und den dort vorhandenen für sie erkennbar gültigen Parkschein verwendete und gerade nicht eine Abgabenverkürzung begehen wollte. Da ein Parkschein im Vorhinein in der Trafik angekauft und bezahlt werden muss, scheidet eine Abgabenverkürzung in Höhe des gesamten Betrages gedanklich völlig aus, da der Betrag über die angekauften Parkscheine von der jeweiligen Trafik oder Abgabenstelle an die Stadt Wien abgeführt wird und diese definitiv mit dem Geld arbeiten kann! Ohne Kenntnis der konkreten Verordnung, welche nicht einmal Gesetzesrang hat, kann daher von einem Nichtjuristen nicht erschlossen werden, dass eine verordnungsgemäße Fiktion einer völligen Abgabenhinterziehung vorliegen würde, obwohl die 1 Euro am Parkschein längst bezahlt worden sind, und, dass eine solche ohne jeglichen Hinweis zur Gänze verfallen könnte. Umstände, aus denen die Beschwerdeführerin auf die Ungültigkeit des verwendeten Parkscheines schließen hätten können, sind keineswegs hervorgekommen, sodass die Behörde im Falle von Zweifeln die Einvernahme der Beschwerdeführerin durchführen hätte müssen.

Da sie das nicht getan hat, liegt ein mangelhaftes Verfahren vor und geht auch die mangelhafte Begründung des bekämpften Straferkenntnisses nicht darauf ein, aus welchen Gründen die ortsfremde Beschwerdeführerin eine Abgabenverkürzung erkennen hätte können, oder annehmen hätte können, dass es sich um einen veralteten Parkschein gehandelt hätte.

Bei Durchführung eines mängelfreien Verfahrens hätte sich daher ergeben, dass aus den konkreten Umständen keines weiteren (neueren) Parkscheines, keines Hinweises eines Ablaufdatums, oder einer Ungültigkeit auf dem Parkschein selbst und des Umstandes, dass dieser einen plausiblen Gebührenbetrag auswies, ohne Kenntnis der konkreten Verwaltungsvorschrift nicht für die Beschwerdeführerin die Begehung eines Verkürzungstatbestandes erkennbar war. Gegenteilige Feststellungen sind dem angefochtenen Straferkenntnis auch nicht zu entnehmen, sodass hier in unsachlicher Weise auch nicht differenziert gegenüber Tätern die vorsätzlich keinen Parkschein lösen vorgegangen worden war.

Mangels Durchführung einer Einvernahme der Beschwerdeführerin ist daher das Verwaltungsstrafverfahren, aber auch die Begründung des Straferkenntnisses in diesem Punkt mangelhaft geblieben und war der Behörde eine abschließende rechtliche Beurteilung gar nicht möglich.

2. Unrichtige rechtliche Beurteilung;

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung des §5 VStG ergibt sich aber schon aus dem erstattenden Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass diese ortsfremd war und bei vernünftiger Betrachtungsweis jedenfalls keine Verkürzung einer Abgabe herbeiführen wollte, da sie ja den vorgefundenen für sie in jeder Weise unbedenklichen Parkschein ordnungsgemäß ausfüllte und damit in ihrer Wertung die Gebühr ordnungsgemäß entrichtete. Es gehört vielmehr zu den Spezialitäten in Wien, im Falle von Gebührenerhöhungen die Ungültigkeit der bisher bereits bezahlten Parkscheine verordnungsgemäß zu verfügen, was insoweit völlig unsachlich ist als:

Eine Gebührenerhöhung keineswegs die rückwirkende Ungültigkeit der bereits entrichtenden Abgaben zur Folgen haben muss und eine gesetzliche Determinierung diesbezüglich fehlt;

Die Gebühr bereits im Zeitpunkt des Ankaufes entrichtet wird und die Stadt Wien auch tatsächlich über diese Gelder in diesem Zeitpunkt verfügen kann;

Aufgrund der vorzeitigen Bezahlung und damit Verwendung der Parkgebühren die Stadt Wien auch Zinserträge lukrieren kann und sich damit auch den Vorteil der früheren Bezahlung vor Verwendung des Parkscheines zuwendet;

Im Vergleich zu privaten Unternehmen eine Befristung mit vergleichbaren Guthaben als absolut unzulässig erkannt worden ist und dies analog auch auf Parkgebühren anzuwenden wäre, ansonsten der Staat Vorschriften von seinen Bürgern verlangen wollte, die er selbst nicht einzuhalten gedenkt, zumal sich die Parkzeit im Verlauf der Zeit nicht ändern kann, die Gebühr dafür aber zum gültigen Zeitpunkt in der Trafik selbst bezahlt worden war;

Einer Verkürzung der Abgabe daher tatsächlich nur in einem Differenzbetrag bestehen kann und

Es für den Rechtsunterworfenen im konkreten Fall unzumutbar ist, wegen 5 Cent eine Behörde aufzusuchen um 1 Euro rückerstattet zu erhalten. Die Kosten eines solchen Umtausches übersteigen um ein Vielfaches den rückzuerstattenden 1 Euro, während die 5 Cent Mehrbelastung längst durch den Zinsgewinn der früheren Bezahlung in der Trafik eingespielt wäre;

Auf den Parkscheinen keinerlei Hinweis enthalten ist, wie lange dieser seine Gültigkeit behalten soll, was die Stadt Wien aber leicht mit einem Gültigkeitsablaufdatum regeln könnte.

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung liegt daher ein Fall nach §5 Abs.1 und Abs.2 VStG vor, wonach die Beschwerdeführerin entschuldigt ist, weil sie auf die Gültigkeit des vorhandenen Parkscheines vertrauen konnte und ohne nähere Kenntnis der Verordnung gar nicht wissen konnte, dass der verwendete Parkschein keine Gültigkeit mehr hat.

Doch selbst wenn man von einem geringfügigsten Verschulden der Beschwerdeführerin ausgehen wollte und ihr dieselben Rechtskenntnisse wie einem Wiener abverlangen würde, was sachlich keineswegs geboten erscheint, betrifft die Differenz zwischen dem bereits entrichteten und im Verfügungsbereich der Stadt Wien verwendeten 1 Euro und der Mehrgebühr von 1,05 Euro gerade einmal 5 Cent. Es ist daher sehr wohl so, dass im Rahmen der Strafbemessung auf diesen Umstand und auf die äußerst geringfügigste faktische Verkürzung ebenso Rücksicht genommen werden kann und muss, wie auf die völlige Unbescholtenheit der deutschen Staatsbürgerin. Weiters war mildernd zu berücksichtigen, dass sie ausdrücklich einen Parkschein verwendete, wodurch ein späterer Umtausch zur Rückerstattung des 1 Euro gedanklich ausgeschlossen wird.

Damit liegen aber erwiesenermaßen auch die Voraussetzungen des §45 Abs.1 Z.4 und Z.6 VStG vor, da sich die Intensität der Beeinträchtigung des Rechtsgutes, im Cent-Bereich ereignet, jedenfalls unter 5 Cent liegt da ein Ausgleich über die Zinsen durch die vorzeitige Verfügbarkeit des 1 Euro für die Stadt Wien anzurechnen wäre und ein allfälliges Verschulden der Beschuldigten nur gering sein kann und eine Unverhältnismäßigkeit im Strafverfolgungsaufwand einer Abgabenhinterziehung von unter 5 Cent auch jedenfalls vorliegt.

Darüber hinaus hat die belangte Behörde keine Strafbemessung im Sinne des §19 VStG vorgenommen. Eine Abwägung der Argumente der Beschwerdeführerin erfolgte gerade nicht, sondern wurde die völlig übliche Strafhöhe verhängt, wie sie bei gänzlich fehlenden Parkschein und Vorsatztätern verhängt werden würde.

Da die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen, hat die belangte Behörde rechtsunrichtig auch nicht von 520 VStG Gebrauch gemacht, beziehungsweise dessen Nichtgebrauch auch nicht begründet. So ergibt sich erst aus der Parkometerabgabeverordnung die Unwirksamkeit der bereits bezahlten 1 Euro und die Rückgabemöglichkeit innerhalb eines halben Jahres, was für einen ortsfremden juristisch ungebildeten Neuankömmling keineswegs ohne weiteres erschließbar wird.

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte das Verfahren daher gemäß §45 VStG eingestellt werden müssen.

Wie bereits ausgeführt, hat die darauf vertraut, dass der im Auto befindliche für sie gänzlich unbedenkliche Kurzparkschein Gültigkeit besitzt. Besagter Kurzparkschein wies weder ein Ablaufdatum auf, noch gab es für die Beschwerdeführerin weitere Hinweise darauf, dass der verwendete Kurzparkschein abgelaufen sei.

Beweis:

Einvernahme der Beschwerdeführerin,

Parkschein

Dessen ungeachtet liegt, wie bereits im Einspruch ausgeführt, die Verwaltungsübertretung lediglich im Cent-Bereich. Die verhängte Strafe und die daran gemessene Schuld, stehen keinesfalls in einem Gleichgewicht zueinander oder zum Fehlbetrag, sodass eine einfache Ermahnung genügt hätte, um die Beschwerdeführerin von der Begehung gleicher oder ähnlicher Delikte abzuhalten. Zugestanden werden muss der Beschwerdeführerin vielmehr, dass sie erst im Laufe dieses Verfahrens überhaupt von ihrem Fehlverhalten Kenntnis erlangt hat.

Die Beschwerdeführerin stellt daher nachstehende

BESCHWERDEANTRÄGE

das Landesverwaltungsgericht Wien möge der Beschwerde Folge geben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen; in eventu

in Stattgebung der Beschwerde ,das bekämpfte Straferkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zumindest dahingehend abändern, dass von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird.

In jedem Fall wird die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt."

Zu der am  durchgeführten mündlichen Verhandlung ist die Bf. nicht erschienen. Der rechtliche Vertreter der Bf. gab an,  ihr Lebensgefährte zu sein, und mit dem verfahrensgegenständlichen Sachverhalt vollumfänglich vertraut zu sein.

Die nachstehenden Fragen der Verhandlungsleiterin beantwortete er an Stelle der Bf. wie folgt:

"Was ist die Bf. von Beruf bzw. übt die Bf. diesen Beruf aus?

Die Bf. ist Journalistin und übt den Beruf aus.

Wieviel beträgt das monatliche Einkommen der Bf. ? Hat die Bf. Sorgepflichten?

Der monatliche Verdienst beträgt 1400 € netto, 14 mal jährlich

Ist das richtig, dass die Bf. berufsbedingt nach Wien gekommen ist?

Die Bf. hat eine Stelle in Wien angenommen, weil Sie in Deutschlands keine Stelle gefunden hat, die Bf. hat in Wien während ihres Studiums einige Praktika gemacht.

Laut Meldeauskunft vom ist die Bf. seit in 1110 Wien, ccc-Gasse nr gemeldet. Ist die Bf. seither in Wien berufstätig?

Die ZMR-Meldung stimmt, die Bf. ist seit damals in Wien tätig

Hat die Bf. im Hinblick auf Ihre Übersiedlung geplant, in Wien autozufahren?

Die Bf. ist ohne Auto nach Wien gekommen und hatte eigentlich geplant nur die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen. Die Bf. hat mich erst nach ihrer Übersiedelung kennengelernt. Deshalb weil ich in G. wohnhaft bin und die Anbindung nach Wien nicht ausreichend ist, hat sich die Bf. letztlich entschlossen ihr Auto im August 2017 nach Wien überstellen zu lassen. Die Bf. hat sich mein Auto zum Tatzeitpunkt für Besorgungen nur kurz ausgeborgt, es ging meiner Erinnerung nach um einen Röntgentermin in Wien B.

Hat sich die Bf. vor ihrer Übersiedlung über das Parken in Wien informiert?

Die Bf. hat sich grundsätzlich über die Parkmodalitäten erkundigt, dass in Wien eine Kurzparkzonenregelung besteht war der Bf. bekannt, auch dass Parkscheine auszufüllen sind. Nicht mitbekommen hat die Bf., dass sich ab 2017 die Parkgebühr erhöht hat. Es war der Bf. nur bekannt, dass eine halbe Stunde einen Euro kostet. Im Übrigen ist die Bf. sowohl in Deutschland als auch in Österreich in verkehrsrechtlicher Hinsicht vollkommen unbescholten. Hätte die Bf. erkannt, dass der von ihr verwendete Parkschein nicht mehr gültig ist, so hätte sie entweder einen neuen Parkschein besorgt oder mich gebeten das Fahrzeug auf meinem Parkplatz in der Parkgarage neben dem K abzustellen. Das wäre möglich gewesen, da die Bf. mit mir im Cafe M verabredet gewesen ist. Da ich meinen Platz in einer Parkgarage habe, habe ich die abgelaufenen Parkscheine zum Beanstandungszeitpunkt nicht umgetauscht gehabt. Außerdem hat die Bf. darauf vertraut, dass ich als Anwalt und Lebensgefährte gültige Parkscheine im Auto liegen habe."

In seinem Schlusswort beantragte der rechtliche Vertreter der Bf. die Stattgabe der Beschwerde und verwies dazu auf das Beschwerdevorbringen, sowie auf die Fragebeantwortung in der mündlichen Verhandlung. Sollte keine Stattgabe möglich sein, so ersuchte er um die Erteilung einer Ermahnung. Die Bf. sei sehr rechtstreu und wolle keine Vormerkungen jeglicher Art, die in Deutschland schwer wiegen.

Das Schlusswort der belangten Behörde entfiel, da diese, wieangekündigt, an der Verhandlung nicht teilgenommen hat.,

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"Für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) ist eine Abgabe zu entrichten."

§ 3 Wiener Parkometerabgabeverordnung (in der Fassung ABl. der Stadt Wien Nr. 46/2016, in Kraft getreten am ) normiert:

"Das bei Erwerb von Parkscheinen zu zahlende Entgelt beträgt pro Parkschein
a) für eine Abstellzeit von einer halben Stunde (rot) 1,05 Euro"

§ 4a Abs.3 Wiener Parkometerabgabeverordnung Abs.3 normiert:

Mit dem Inkrafttreten einer Änderung der Abgabenhöhe verlieren jeweils alle Parkscheine mit dem Aufdruck von nicht mehr gültigen Gebühren ihre Eigenschaft als Abgabenentrichtungsmittel. Diese Parkscheine können innerhalb von 6 Monaten ab dem Inkrafttreten einer Änderung der Abgabenhöhe gegen Rückerstattung des aufgedruckten Wertes zurückgegeben werden."

§ 5 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

 (1) Die Abgabe gilt mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

(2) Zur Entrichtung der Abgabe sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken."

Dem gegenständlichen Verfahren wird nachstehender, verfahrensrelevante Sachverhalt zugrunde gelegt:

Die Bf. hat das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen zzz am  in der im ersten Wiener Gemeindebezirk befindlichen o.a. Kurzparkzone  abgestellt. Das kontrollierende Parkraumüberwachungsorgan (Meldungsleger) hat um 09:32 Uhr festgestellt, dass auf dem, hinter der Windschutzscheibe angebrachten, für eine halbe Stunde gültigen, Parkschein Nummer 000, mit vermerkter Beginnzeit 9:30 Uhr, der Tarif in Höhe von € 1,00 aufgedruckt war.

Die Bf. ist deutsche Staatsbürgerin, die seit ihren Hauptwohnsitz in Wien hat und seither in Wien als Journalistin berufstätig ist. Die Bf. wusste im Beanstandungszeitpunkt, aufgrund von ihr eingeholter Informationen, dass in Wien eine Kurzparkregelung besteht und für das Parken in gebührenpflichtigen Kurzparkzonen Parkscheine auszufüllen sind. Nicht informiert hatte sie sich über die mit erfolgten Erhöhung der Parkometerabgabe.So war sie der Ansicht, für das Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone für die Dauer einer halben Stunde sei 1,00 Euro zu entrichten. Vor dem Beanstandungszeitpunkt hatte sie sich das Auto ihres Lebensgefährten, der in G. wohnt, ausgeborgt, um einen Termin in Wien B wahrzunehmen.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den gesamten Einlassungen der Bf. bzw. ihres rechtlichen Vertreters und Lebensgefährten im Beschwerdeverfahren, sowie aus dem Inhalt des Bezug habenden Verwaltungsstrafaktes.

Es ist unbestritten, dass der  verfahrensgegenständliche Halbestunden-Parkschein ab kein Abgabenentrichtungsmittel mehr war. Im Lichte der o.a. §§ 3,4a der Wiener Parkometerabgabeverordnung hat die Bf. sohin einen Parkschein entwertet, der im Zeitpunkt dieser Entwertung seine Eigenschaft als Abgabenentrichtungsmittel zur Gänze verloren hat. Die Parkometerabgabe ist damit nicht entrichtet worden. Sohin hat die Bf. gegen die Bestimmung des § 5 Abs.1 Wiener Parkometerabgabeverordnung verstoßen. 

Zu den, im Beschwerdeverfahren ins Treffen geführten Gründen, die für die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens oder zumindest für die Erteilung einer Ermahnung sprächen, ist zu erwägen:

Das Versäumen der Bf., vollständige Informationen über das Parken in Wien einzuholen,  ist- aufgrund der Darstellungen in der mündlichen Verhandlung- zwar subjektiv nachvollziehbar, aber in seinem Kern-aus den nachstehend dargestellten Gründen- nicht gänzlich entschuldbar

Der Verwaltungsgerichtshof stellt in seinem Erkenntnis  vom , 2005/17/0056 , , wie folgt fest:

"Die Unkenntnis einer Norm kann nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn einer Person die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach den Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. War die gebührenpflichtige Kurzparkzone gesetzmäßig durch Straßenverkehrszeichen kundgemacht, so durfte dem, wenn auch nicht ortskundigen, Beschwerdeführer als aufmerksamen Verkehrsteilnehmer beim Vorbeifahren an einem solchen Verkehrszeichen die Gebührenpflicht bei Aufwendung der im Straßenverkehr erforderlichen Sorgfalt nicht entgehen."

Der Verwaltungsgerichtshof bringt damit zum Ausdruck, dass es jedem Fahrzeuglenker, der sein Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abstellt, zuzumuten ist, sich vor dem Abstellen des Fahrzeuges mit den straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften und den Parkgebührenvorschriften vertraut zu machen.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH besteht eine einschlägige Erkundungspflicht für alle in Betracht kommenden Verhaltensregeln; und daher nicht nur in Bezug auf gesetzliche Regelungen, sondern auch auf Vollzugsakte (also den Inhalt von Bescheiden und /oder Verordnungen etwa Straßenverkehrsschilder),(Lewisch, Fischer/Weilguni, VStG zu § 5 Rz 23)

Im Hinblick auf die ins Treffen geführte Ortsunkundigkeit ist überdies festzuhalten, dass die Bf. zum Beanstandungszeitpunkt bereits über acht Monate in Wien wohnte und in dieser Zeit auf der Homepage der Stadt Wien, ua. auf https://www.wien.gv.at/amtshelfer/finanzielles/rechnungswesen/abgaben/parkschein.html, zahlreiche und hilfreiche Informationen rund um das Parken in Wien und über die mit erfolgten Erhöhung der  Parkometerabgabe  zu finden waren und. Auch in diversen Printmedien z.B. im Kurier vom wurde unter dem Titel "Was in Wien 2017 teurer wird" ua. auf die Erhöhung der Parkgebühren ab Jänner 2017 hingewiesen und darüber informiert, dass alte Parkscheine mit Jahreswechsel ihre Gültigkeit verlieren, jedoch bis       umgetauscht werden können.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit ein fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt.

Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht ( ).

Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt gemäß § 5 Abs. 2 VStG nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Die Unkenntnis einer Rechtsvorschrift kann dabei nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn einer Person die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach den Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist ( ).

Es erscheint dem Bundesfinanzgericht glaubhaft, dass die Bf. sehr rechtstreu ist und nicht die Absicht hatte, die Parkometerabgabe zu verkürzen, sowie dass Sie nicht gänzlich verabsäumt hat, Erkundigungen über das Parken in Wien einzuholen. Offensichtlich hat sie aber die erforderliche Sorgfaltspflicht außer Acht gelassen und es verabsäumt, im Vorfeld der beabsichtigten Benutzung des in Rede stehenden mehrspurigen Kraftfahrzeuges Erkundigungen über die, für den Benutzungszeitpunkt gültigen, Tarife, für die Abstellung des Fahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone , einzuholen. An diesem vorwerfbaren Pflichtversäumnis vermag auch der Umstand, dass Sie den ungültigen Parkschein im Auto ihres rechtskundigen Lebensgefährten vorgefunden hat, nichts zu ändern.   

Damit ist aber die Verschuldensfrage insoweit  zu bejahen als dass sich die Bf. den Vorwurf der Fahrlässigkeit gefallen lassen muss.

Somit sind sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit als erwiesen anzusehen. Die begehrte Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens kommt sohin nicht in Betracht.

Die Bf. unterliegt im Übrigen einem Irrtum, wenn sie vermeint, die Verkürzung der Parkscheingebühr betrage durch Verwendung des alten Parkscheines nur  Cent. Tatsächlich betrug die Verkürzung der Parkometergebühr nicht bloß 5 Cent als Differenz des alten auf den neuen Parkschein, sondern ganze EUR 1,05, da - wie bereits unter den gesetzlichen Grundlagen (§ 4a Abs. 3 Parkometerabgabeverordnung) ausgeführt, jeweils alle Parkscheine mit dem Inkrafttreten einer Änderung der Abgabenhöhe mit dem Aufdruck von nicht mehr gültigen Gebühren ihre Eigenschaft als Abgabenentrichtungsmittel verlieren.

Dem Einwand der Bf., wegen ihrer Unbescholtenheit sowie ihres äußerst geringen Verschuldens (sie habe immerhin einen Parkschein, wenn auch einen abgelaufenen verwendet)  sei mit Erteilung einer Ermahnung vorzugehen gewesen, ist entgegenzuhalten:

§ 45 VStG normiert:

"(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten."

In den Gesetzesmaterialien zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (ErlRV 2009 BlgNR 24. GP, 19) wird erläutert, dass mit dem neu formulierten § 45 Abs. 1 VStG insbesondere die bisher in § 21 Abs. 1 VStG enthaltenen Bestimmungen an systematisch richtiger Stelle zusammengeführt werden sollen. § 45 Abs. 1 Z 4 VStG und der neue Schlusssatz dieses Absatzes entsprächen im Wesentlichen § 21 Abs. 1 VStG (alte Fassung). Zu der zuletzt genannten Bestimmung, die ein Absehen von der Verhängung einer Strafe (bei allfälliger Ermahnung des Beschuldigten) vorsah, "wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind", besteht eine gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, anhand derer auch die Rechtsfragen, die der vorliegende Fall aufwirft, gelöst werden können, sodass es keiner neuen Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtsprechung bedarf ().

Von geringem Verschulden im Sinne des § 21 VStG ist jedoch nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt ( mwN).

Auch wenn das Verhalten der Bf.,aus den aufgezeigten Gründen, als fahrlässig zu bewerten ist, schädigte die der Bestrafung zu Grunde liegende Tat in nicht unerheblichem Maße das als sehr bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der Bewirtschaftung des ohnehin knappen innerstädtischen Parkraumes sowie an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Entrichtung der Parkometerabgabe. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat (fahrlässige Abgabenverkürzung) erweist sich daher im vorliegenden Fall, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, keineswegs als gering.

Das Ausmaß des Verschuldens kann im vorliegenden Fall in Anbetracht der Außerachtlassung der objektiv gebotenen und der Bf. zumutbaren Sorgfalt nicht als geringfügig, im Sinne des vorgenannten, höchstgerichtlichen Erkenntnisses, angesehen werden, da weder hervorgekommen noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen ist, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschriften durch die Bf. eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Von der Erteilung der begehrten Ermahnung war daher Abstand zu nehmen.

§ 4 Wiener Parkometergesetz 2006 normiert:

(1) Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen."

§ 19 VStG normiert:

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen."

Wie schon die belangte Behörde ausgeführt hat, war als strafmildernd anzusehen, dass  keine rechtskräftigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen nach dem Wiener Parkometergesetz aktenkundig sind. Die spruchgemäße Herabsetzung der Geldstrafe und in der Folge der Ersatzfreiheitsstrafe erfolgte deshalb, weil auch als mildernd zu werten war, dass die Bf. einen Parkschein mit einem nicht mehr gültigen Abgabenbetrag korrekt ausgefüllt und so ihren Willen zur Entrichtung der Parkometerabgabe dokumentiert hat.

Eine weitere Strafherabsetzung kommt aus general- und spezialpräventiven Erwägungen nicht in Betracht.

Darüber hinaus erscheint die verhängte Geldstrafe unter Bedachtnahme des bis € 365,00 reichenden Strafrahmens als nicht zu hoch.

Dass die Verhängung der Geldstrafe den in der Berufungsverhandlung angegebenen wirtschaftlichen Verhältnissen der Bf. zuwider läuft, kann nicht erkannt werden. Allfällige Sorgepflichten sind nicht bekannt gegeben worden.

 Kostenentscheidung

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens der beschwerdeführenden Partei nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, sondern folgt der in den oben angeführten Erkenntnissen zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinie, außerdem ergeben sich die Rechtsfolgen der Verwendung eines nicht mehr gültigen Parkscheines unmittelbar aus der einschlägigen Verordnung.  

Aus diesem Grund war gemäß § 25a Abs. 1 VwGG die Unzulässigkeit der Revision für die belangte Behörde gegen das vorliegende Erkenntnis auszusprechen.  

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 3 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 19 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 45 Abs. 1 Z 4 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7500038.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at