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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.05.2018, RV/3100625/2015

Keine Forschungsprämie für non-interventionelle Studien

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. R in der Beschwerdesache A gegen den am ausgefertigten Bescheid der belangten Behörde Finanzamt B betreffend die Festsetzung der Forschungsprämie für das Kalenderjahr 2012 zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

II. Bemessungsgrundlage und Höhe der festgesetzten Prämie bleiben zur Beschwerdevorentscheidung unverändert.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die Abgabenbehörde hat mit dem am ausgefertigten und nunmehr angefochtenen Bescheid die Forschungsprämie für das Kalenderjahr 2012 mit 179.436,00 € festgesetzt. Für den Zeitraum waren bereits 246.854,00 € an Forschungsprämie auf dem Abgabenkonto der Beschwerdeführerin verbucht, sodass sich aus der Festsetzung eine Nachforderung in Höhe von 67.418,00 € ergab. Voraussetzung für die Gewährung der Forschungsprämie sei ein vom Steuerpflichtigen bei der Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG) anzuforderndes Gutachten, welches die Beurteilung zum Gegenstand hat, inwieweit eine Forschung und experimentelle Entwicklung unter Zugrundelegung der vom Steuerpflichtigen bekanntgegebenen Informationen die Voraussetzungen des § 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 erfülle. Nach dem Jahresgutachten der FFG erfüllten die eingereichten Schwerpunkte/Projekte nur teilweise die inhaltlichen Voraussetzung des § 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988. Die Schwerpunkte/Projekte Nr. 1 Medikament*** (2%), Nr. 4 Medikament*** (1%), Nr. 11 Medikament*** (1%), Nr. 14 Medikament*** (12%) und Nr. 19 Medikament*** (12%) erfüllten die Voraussetzungen nicht. Daher vermindere sich die Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie 2012 um 28%. Die Bemessungsgrundlage von 2,492.173,00 € (lt. Gutachten) vermindere sich auf 1,794.364,00 € und demzufolge die Forschungsprämie auf 179.436,00 €.

2. Mit Schreiben vom wurde von der steuerlichen Vertretung der Beschwerdeführerin innerhalb der nach einem Fristverlängerungsansuchen noch offenen Beschwerdefrist Beschwerde erhoben. In der Beschwerde wurden die Gründe für das Abweichen vom FFG-Gutachten hinsichtlich der genannten Schwerpunkte/Projekte erläutert und beantragt, die Forschungsprämie in Höhe des ursprünglich beantragten Betrages von 246.854,00 € festzusetzen.

3. Die Abgabenbehörde hat nach Durchführung weiterer Ermittlungen mit der am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidung den angefochtenen Bescheid dahingehend abgeändert, dass sie die Forschungsprämie 2012 mit 180.489,07 € (10% von 1,804.890,71 €) festsetzte. Der Einwand der Beschwerdeführerin zu Schwerpunkt/Projekt Nr. 1 wurde als berechtigt anerkannt und das doppelte Ausscheiden von 23.634,94 € aus der Bemessungsgrundlage korrigiert. Hinsichtlich der anderen Schwerpunkte/Projekte sah die Abgabenbehörde keine Veranlassung, von der bisherigen Festsetzung der Forschungsprämie 2012 abzuweichen. Eine geringfügige Anpassung der Höhe nach sei aber aufgrund der im Beschwerdeverfahren erstmals bekannt gewordener betragsmäßiger Details geboten. Abweichungen zu den erklärten Beträgen ergäben sich dahingehend, dass die direkten Projektkosten betreffend die Schwerpunkte/Projekte Nr. 4, 11, 14 und 19 mangels Forschungswürdigkeit auszuscheiden wären, ebenso die in der Bemessungsgrundlage enthaltenen aliquoten nicht projektbezogenen Forschungsaufwendungen und Gemeinkosten.

4. Die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom beantragt, die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Hinsichtlich der Schwerpunkte/Projekte Nr. 4, 11 und 14 hat sie die Änderungen der Abgabenbehörde anerkannt und diesbezüglich die Beschwerde zurückgezogen. Für das Projekt Nr. 19 (Medikament***) wurde beantragte, die Forschungsaufwendungen in Höhe von 12% der beantragten Bemessungsgrundlage von 2,468.538,25 €, somit einen Betrag von 296.224,59 € als prämienbegünstigte Aufwendungen anzuerkennen.

5. Die Abgabenbehörde hat die Bescheidbeschwerde mit Bericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Sachverhalt

Folgender Sachverhalt ist für das Bundesfinanzgericht entscheidungswesentlich und erwiesen:

Die Aktivitäten der Beschwerdeführerin zum Schwerpunkt/Projekt Nr. 19 (Medikament***) sind keine schöpferische Tätigkeit, die auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wurden, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten.

III. Beweiswürdigung

Die Sachlage zu Punkt II. ist nach der Aktenlage erwiesen und ergibt sich aus Folgendem:

1. Zu der im Beschwerdeverfahren noch offenen Frage, ob die Aufwendungen für den Schwerpunkt/das Projekt Nr. 19 prämienbegünstigte Aufwendungen sind, hat die Abgabenbehörde im angefochtenen Bescheid die Auffassung vertreten, dass nach dem Jahresgutachten der Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG) der Schwerpunkt/das Projekt die inhaltlichen Voraussetzungen des § 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 nicht erfülle und deshalb die Forschungsprämie nicht zustehe. Das Jahresgutachten Zahl*** vom führte zum Schwerpunkt/Projekt Nr. 19 mit dem Titel Medikament*** aus (kursive Schreibweise im Original):

Aus den beschriebenen Aktivitäten ist keine Vermehrung des Stand des Wissens/der Technik erkennbar, da laut Beschreibung das Produkt bereits am Markt ist.

2. In der Beschwerde wurde zu Schwerpunkt/Projekt Nr. 19 ausgeführt, für Medikament*** sei eine Non-Interventionelle-Studie an 1.000 Patienten bei 150 Ärzten durchgeführt worden, um die Therapieverträglichkeit, das Verschreibungsverhalten und die Therapiewirksamkeit unter täglichen Praxisbedingungen zu untersuchen. Non-Interventionelle-Studien unterlägen einer klar definierten gesetzlichen Vorgabe. Diese beinhaltete die Meldepflicht an die Behörde und die Begutachtung der Studie durch eine anerkannte Ethikkommission. Dabei würden die Therapieabfragen und die Dokumentation der patientenspezifischen Daten genau geprüft. Non-Interventionelle-Studien dienten der Identifikation von bisher unerkannten Bedenken zur Sicherheit des Arzneimittels, zur Untersuchung potentieller und bereits identifizierter Sicherheitsrisiken, der Bestätigung eines bekannten Sicherheitsprofiles eines Arzneimittels unter den Normalbedingungen der Anwendung und der Quantifizierung bestätigter Nebenwirkungen. Weiters würden Risikofaktoren identifiziert und ein Erkenntnisgewinn hinsichtlich Arzneimittel-Utilisation (Verordnungsverhalten) solle erreicht werden. Non-Interventionelle-Studien seien von den Zulassungsbehörden im Sinne des öffentlichen Interesses erwünscht (die Arzneimittelsicherheitsdaten zu einer Substanz würden zentral erfasst und bei Bedarf neu evaluiert) und würden demgemäß bei neuen Zulassungen sehr oft als Zulassungsauflage verpflichtend vorgeschrieben. Die Erkenntnisse aus Non-Interventionellen-Studien seien in Österreich in Form eines Registers der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dies sei für diese Studie auch bereits geschehen. Sollte die FFG aus den Angaben des Unternehmens keine eindeutige Begutachtung vornehmen können so sei sie verpflichtet, weitere Informationen einzuholen und diese bei der Beurteilung heranzuziehen. Die FFG-Jahresgutachten müssten schlüssig und nachvollziehbar sein. Da die FFG im vorliegenden Fall bei den offensichtlich gegebenen Unklarheiten keine Zusatzinformationen eingeholt habe und das vorliegende Gutachten wohl auch nicht schlüssig und nachvollziehbar sei, werde ersucht, obige Ausführungen bei der Würdigung des Gutachtens mit zu berücksichtigen.

3. Die Abgabenbehörde hat mit Schreiben vom die Beschwerdepunkte und Kritik am Gutachten der FFG zur Kenntnis gebracht und diese um Stellungnahme ersucht. Die Stellungnahme der FFG vom beurteilte das Projekt Nr. 19 neuerlich negativ. Generikaentwicklungen seien nicht von der Geltendmachung einer Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung und Entwicklung ausgeschlossen. Aktivitäten, die im Zuge der Entwicklung von Generika stattfinden, seien als forschungsprämienrelevant einzustufen, sofern sie die gesetzlichen Kriterien für die Forschungsprämie erfüllten. Eine Vermehrung des Standes des Wissens oder der Technik sei zwingend erforderlich. Aktivitäten der Generikaentwicklung könnten nur dann als Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten gesehen werden, wenn es im Zuge der Aktivitäten zu wesentlichen Produktverbesserungen, neuen Produkteigenschaften beziehungsweise neuen Produktwirkungsweisen oder zu signifikanten Neuerungen im Herstellungsverfahren komme. Konkret zum Schwerpunkt/Projekt Nr. 19 (Medikament***) wird ausgeführt (kursive Schreibweise im Original):

Bei den nachgereichten Informationen zu diesem Schwerpunkt/Projekt ist weiterhin keine Weiterentwicklung des aktuellen Standes des Wissen/der Technik ("Neuheit") zu erkennen, insbesondere, da das Produkt bereits am Markt ist.

Es wird beschrieben, dass die Studienergebnisse das Sicherheitsprofil der Substanz bestätigen jedoch kommt es zu keinen signifikanten Erweiterungen der Indikationen bzw. der Zulassung auf weitere Patientengruppen (beispielsweise aufgrund neuer Produkteigenschaften). Vielmehr handelt es sich um eine non-interventionelle Studie und Anwendungsbeobachtung, welche nach Zulassung zur Indikationsabsicherung erfolgt und somit nicht forschungsprämienrelevant ist.

Deshalb erfüllt der Schwerpunkt/das Projekt weiterhin nicht die inhaltlichen Voraussetzungen des § 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 zur Geltendmachung einer Forschungsprämie.

Für die Abgabenbehörde bestehe daher keine Veranlassung, von der Festsetzung der Forschungsprämie 2012 im angefochtenen Bescheid abzugehen. Lediglich eine kleine Anpassung der Höhe nach sei deshalb erforderlich, weil neben den direkten Kosten für die Schwerpunkte/Projekte Nr. 4, 11, 14 und 19 noch die nicht projektbezogenen Forschungsaufwendungen und Gemeinkosten aliquot auszuscheiden seien.

4. Im Vorlagebericht wird ausgeführt, für Medikament*** sei eine Non-Interventionelle-Studie an 1.000 Patienten bei 150 Ärzten durchgeführt worden, um die Therapieverträglichkeit, das Verschreibungsverhalten und die Therapiewirksamkeit unter täglichen Praxisbedingungen zu untersuchen. Non-Interventionelle Studien seien klinische Studien, die nach Zulassung eines Produktes erfolgen und als solche einer klar definierten arzneimittelgesetzlichen Vorgabe unterlägen. Diese beinhalte die Meldepflicht an die Behörde und die Begutachtung der Studie durch eine anerkannte Ethikkommission. Zur Forschungsprämie im Zusammenhang mit klinischen Studien bestimmten RZ 8208e EStR folgendes:

"Klinische Studien der Phase IV (das sind klinische Studien, die nach Zulassung
eines Medikaments erfolgen), können als angewandte Forschung im Sinne des § 108c Abs. 2 Z 1 EStG angesehen werden, wenn der Studie ein positives Votum der zuständigen Ethikkommission zu Grunde liegt. Nach dem Arzneimittelgesetz bedürfen klinische Studien der Phase IV einer Begutachtung durch eine Ethikkommission (vgl. § 2a Abs. 6 Arzneimittelgesetz), die ein positives Votum nur erteilt, wenn der Studie auch ein wissenschaftlicher Wert im Sinne des § 108c Abs. 2 Z 1 EStG zukommt."

Das positive Votum sei für die Non-Interventionelle Studie betreffend Medikament*** durch die Ethikkommission der Medizinischen Universität Graz unter der Nummer ****** erteilt worden. Daher stellten die mit dem Projekt Nr. 19 verbunden Forschungsaufwendung in Höhe von 12% der beantragten Bemessungsgrundlage (2,468.538,25 €), somit 296.224,59 €, prämienbegünstigte Aufwendungen dar. Es werde daher beantragt, die Forschungsprämie für das Projekt Nr. 19 in Höhe von 29.622,46 € zuzusprechen und den angefochtenen Bescheid entsprechend abzuändern.

5. Das Bundesfinanzgericht ist der Ansicht, dass die Aktivitäten der Beschwerdeführerin zu Schwerpunkt/Projekt Nr. 19 (Medikament***) keine schöpferische Tätigkeit war, die auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wurde, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten. Die Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG) hat in ihrem Gutachten vom , Zahl***, festgestellt, dass aus den beschriebenen Aktivitäten keine Vermehrung des Stand des Wissens/der Technik erkennbar ist, da laut Beschreibung das Produkt bereits am Markt ist. Basis ihrer Begutachtung war die Anforderung der Beschwerdeführerin vom , in der diese die Details des Schwerpunktes/Projektes Nr. 19 übermittelte (dargelegt auf den Seiten 33 und 34 des Gutachtens). Die Abgabenbehörde hat die FFG mit Schreiben vom damit konfrontiert, dass die Beschwerdeführerin das Gutachten als nicht schlüssig und nicht nachvollziehbar qualifizierte. Sie hat der FFG die Kritikpunkte bekanntgegeben (eine Kopie der Bescheidbeschwerde wurde übermittelt) und diese um fachliche Unterstützung ersucht. Trotz Kenntnis der in der Beschwerde vorgebrachten Einwände und Informationen (siehe oben Punkt III.2.) hat die FFG ihre im Gutachten vertretene Beurteilung in der Stellungnahme vom (siehe oben Punkt III.3.) nicht geändert und neuerlich festgehalten, dass eine Weiterentwicklung des aktuellen Standes des Wissens/der Technik (Neuheit) durch Schwerpunkt/Projekt Nr. 19 nicht erkennbar ist. Das Bundesfinanzgericht sieht keinen Grund, diese Einschätzung der auf solche Fragen spezialisierten Institution anzuzweifeln, zumal auch keine zusätzlichen Informationen oder Beweismittel vorliegen, die eine andere Beurteilung stützen. Im Vorlageantrag hat die Beschwerdeführerin die Kritikpunkte aus der Beschwerde wiederholt, neu aber nur den Hinweis auf die vom Bundesministerium für Finanzen in Rz 8208e der Einkommensteuerrichtlinien vertretene Ansicht vorgebracht. Daraus lässt sich aber für das Beschwerdeverfahren nichts gewinnen. Das Bundesfinanzgericht ist einerseits an Richtlinien (Erlässe) der Finanzverwaltung nicht gebunden, andererseits hat das Bundesministerium die Anwendbarkeit von Rz 8208e auf jenen Zeitraum eingegrenzt, in dem es noch keine von der FFG erstellte Gutachten gab (Wirtschaftsjahre, die vor dem enden). Damit war die in Rz 8208e der Einkommensteuerrichtlinien vertretene Ansicht im Streitjahr 2012 auch von der Abgabenbehörde nicht zu beachten. Zudem enthält Rz 8208e der Einkommensteuerrichtlinien, was im Vorlageantrag nicht erwähnt wird, gerade die von der FFG vertretene Auffassung, dass die reine Anwendungsbeobachtung im Sinne des § 2a Abs. 3 Arzneimittelgesetz (somit unter dem Begriff nicht-interventionelle Studie durchgeführte Untersuchungen zugelassener Arzneimittelspezialitäten an Patienten) keine angewandte Forschung im Sinne des § 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 darstellt. Dass es sich bei den Aktivitäten zu Schwerpunkt/Projekt Nr. 19 um eine nicht-interventionelle Studie (Anwendungsbeobachtung) handelte, ist unbestritten, hat doch die Beschwerdeführerin selbst vorgebracht, zu Schwerpunkt/Projekt Nr.19(Medikament***) sei eine non-interventionelle Studie an 1.000 Patienten bei 150 Ärzten durchgeführt worden. Auch die Ethikkommission der Medizinischen Universität Graz geht in ihrem Votum davon aus, dass es sich um eine nicht-interventionelle Studie (Anwendungsbeobachtung) handelt. Das (bis zum gültige) Votum der Ethikkommission der Medizinischen Universität Graz, EK-Nr. ******, (kursive Schreibweise im Original) "Es besteht kein Einwand gegen die Durchführung der Studie in der vorliegenden Form" kann daher nicht belegen, dass die Aktivitäten zum strittigen Projekt eine Tätigkeit war, die systematisch und unter Einsatz wissenschaftlicher Methoden durchgeführt wurde mit der Zielsetzung, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten. Letztlich ist die Beurteilung der FFG zum Projekt Nr. 19 (Medikament***) im Gutachten vom sowie in der Stellungnahme vom für das Bundesfinanzgericht schlüssig und nachvollziehbar.

IV. Rechtliche Beurteilung

1. § 108c Abs. 1 EStG 1988 in der anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 112/2012 lautet auszugsweise:

(1) Steuerpflichtige, soweit sie nicht Mitunternehmer sind, und Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, können Prämien geltend machen für:

- Eigenbetriebliche Forschung und Auftragsforschung im Sinne des Abs. 2 von jeweils 10% der Aufwendungen (Ausgaben) und für

- [...].

(2) Prämienbegünstigt sind:

1. Eigenbetriebliche Forschung und experimentelle Entwicklung, die systematisch und unter Einsatz wissenschaftlicher Methoden durchgeführt wird. Zielsetzung muss sein, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten. Die Forschung muss in einem inländischen Betrieb oder einer inländischen Betriebsstätte erfolgen. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, die Kriterien zur Festlegung der prämienbegünstigten Forschungsaufwendungen (-ausgaben) mittels Verordnung festzulegen.

[...]

(7) Voraussetzung für die Gewährung einer Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung und experimentelle Entwicklung ist ein vom Steuerpflichtigen bei der FFG anzuforderndes Gutachten (Abs. 8), welches die Beurteilung zum Gegenstand hat, inwieweit eine Forschung und experimentelle Entwicklung unter Zugrundelegung der vom Steuerpflichtigen bekanntgegebenen Informationen die Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 erfüllt.

[...]

(9) Das Finanzamt hat auf Antrag des Steuerpflichtigen einen Feststellungsbescheid über die Höhe der Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie für eine eigenbetriebliche Forschung zu erlassen, wenn anlässlich der Antragstellung

a) glaubhaft gemacht, dass der verwirklichte Sachverhalt den Voraussetzungen einer Forschung und experimentellen Entwicklung im Sinne des Abs. 2 Z 1 entspricht, sowie

b) nachgewiesen, dass die Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie richtig ermittelt worden ist.

Die Glaubhaftmachung gemäß lit. a hat unter Zugrundelegung eines Gutachtens der FFG zu erfolgen.

[...]

2. Die Forschungsprämienverordnung, BGBl. II. Nr. 515/2012, hält im Anhang I A. unter den Begriffsbestimmungen Folgendes fest:

1. Forschung und experimentelle Entwicklung im Sinne des § 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 ist eine schöpferische Tätigkeit, die auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wird, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten. Forschung und experimentelle Entwicklung in diesem Sinne umfasst Grundlagenforschung (Z 2) und/oder angewandte Forschung (Z 3) und/oder experimentelle Entwicklung (Z 4). Sie umfasst sowohl den naturwissenschaftlich-technischen als auch den sozial- und geisteswissenschaftlichen Bereich.

2. Grundlagenforschung umfasst originäre Untersuchungen mit dem Ziel, den Stand des Wissens ohne Ausrichtung auf ein spezifisches praktisches Ziel zu vermehren.

3. Angewandte Forschung umfasst originäre Untersuchungen mit dem Ziel, den Stand des Wissens zu vermehren, jedoch mit Ausrichtung auf ein spezifisches praktisches Ziel.

4. Experimentelle Entwicklung umfasst den systematischen Einsatz von Wissen mit dem Ziel, neue oder wesentlich verbesserte Materialien, Vorrichtungen, Produkte, Verfahren, Methoden oder Systeme hervorzubringen.

5. Forschungsprojekte sind auf ein definiertes wissenschaftliches oder spezifisch praktisches Ziel gerichtete inhaltlich und zeitlich abgrenzbare Arbeiten im Bereich der Forschung und experimentellen Entwicklung unter Einsatz von personellen und sachlichen Ressourcen.

6. Ein Forschungsschwerpunkt ist eine Zusammenfassung von Forschungsprojekten oder laufenden Arbeiten im Bereich der Forschung und experimentellen Entwicklung, die inhaltlich einem übergeordneten Thema zugeordnet werden können.

Als Grundsatz gilt, dass Forschung und experimentelle Entwicklung (Z 1) aus Tätigkeiten besteht, deren primäres Ziel die weitere technische Verbesserung des Produktes oder des Verfahrens ist. Dies gilt insbesondere für die Abgrenzung der experimentellen Entwicklung von Produktionstätigkeiten. Sind hingegen das Produkt oder das Verfahren im Wesentlichen festgelegt und ist das primäre Ziel der weiteren Arbeiten die Marktentwicklung oder soll durch diese Arbeiten das Produktionssystem zum reibungslosen Funktionieren gebracht werden, können diese Tätigkeiten nicht mehr der Forschung und experimentellen Entwicklung (Z 1) zugerechnet werden. Grundlage dieser Begriffsbestimmungen und Abgrenzungen ist das Frascati Manual (2002) der OECD in der jeweils gültigen Fassung, das ergänzend zu diesen Begriffsbestimmungen und Abgrenzungen herangezogen wird.

3. Forschung baut auf wissenschaftliche Erkenntnisse auf, verwertet diese und hat das Erringen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Gegenstand (; ; ). Wissenschaftliche Methoden setzen voraus, dass Vorgänge nach streng objektiven und sachlichen Gesichtspunkten in ihren Ursachen erforscht, begründet und in einen Verständniszusammenhang gebracht werden. Dabei muss die Methodik nachprüfbar und nachvollziehbar sein (). Essentiell für eine als Forschung und Entwicklung iSd § 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 zu qualifizierende Aktivität ist, dass die Tätigkeit etwas Neues hervorbringt und den bisherigen Wissenstand dem in dem erforschten Fachgebiet erweitert ().

4. Nachdem für das Bundesfinanzgericht erwiesen ist (Punkt III.), dass die Aktivitäten der Beschwerdeführerin zum Projekt Nr. 19 (Medikament***) keine schöpferische Tätigkeit ist, die auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wurden, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten, war spruchgemäß zu entscheiden und der angefochtene Bescheid gemäß § 279 Abs. 1 BAO abzuändern. Die Änderungen betreffen die von der Abgabenbehörde bei der Beschwerdevorentscheidung bereits berücksichtigten Positionen (Korrektur des doppeltes Ausscheiden von 23.634,94 € hinsichtlich des Schwerpunktes/Projektes Nr. 1; aliquotes Ausscheiden nicht projektbezogenen Forschungsaufwendungen und Gemeinkosten hinsichtlich der Schwerpunkte/Projekte Nr. 4, 11, 14 und 19), womit Bemessungsgrundlage und Höhe der Prämie zur Beschwerdevorentscheidung unverändert bleiben.

V. Zulässigkeit einer Revision

Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Für die Beurteilung der Beschwerdesache war im Wesentlichen die Klärung von Tatfragen im Wege der Beweiswürdigung entscheidend. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge nicht zulässig. Zur außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof siehe nachstehende Rechtsbelehrung.

Innsbruck, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
Zitiert/besprochen in
Wallner/Grabner in SWK 11/2021, 696
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.3100625.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at