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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 06.03.2018, RV/5101737/2017

Bekanntgabe der Zustellvollmacht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch A und die weiteren Senatsmitglieder B, C und D

in der Beschwerdesache E vertreten durch Dr. Hermann Friedrich Aflenzer, Lessingstraße 40, 4020 Linz ,

über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Grieskirchen Wels vom betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Verlängerung der Rechtsmittelfrist in der Sitzung am nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Das zuständige Finanzamt erließ mit Bescheide betreffend

Haftung zur Abfuhr der Lohnsteuer,

Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen, Festsetzung des Zuschlags zum Dienstgeberbeitrag – alle für die Zeiträume 2012 bis 2015 und stellte sie an die nunmehrige Bf zu Handen ihres Geschäftsführers zu.

Mit Schreiben vom (lt.Poststempel zur Post gegeben am ) stellte die Bf – vertreten durch ihren damaligen Rechtsanwalt (idf X)– einen Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist bis und teilte gleichzeitig mit, dass die betreffenden oa Bescheide ihr gleichzeitig am zugestellt wurden. In diesem Schreiben wurde auch mitgeteilt, dass sie in diesem Beschwerdeverfahren den das Fristverlängerungsansuchen verfasst habenden Rechtsanwalt (X)  beauftragt und bevollmächtigt habe und ausdrücklich darauf verwiesen werde, dass die Bevollmächtigung auch Zustellvollmacht im gesamten Beschwerdeverfahren beinhalte. - Das zuständige Finanzamt erließ mit hinsichtlich dieses Fristverlängerungsantrags einen Zurückweisungsbescheid zu Handen des Rechtsanwalts (X) der Bf, da er verspätet eingebracht worden war (die Zustellung der  betreffenden Bescheide erfolgte lt. Rückschein am ).

Mit Schreiben vom (eingelangt beim Finanzamt am ) wurde dagegen Beschwerde eingebracht und im Wesentlichen ausgeführt, dass in diesem Beschwerdeverfahren X beauftragt und dessen Bevollmächtigung ausgewiesen sei, sie beinhalte auch Zustellvollmacht im gesamten Beschwerdeverfahren. Tatsächlich sei die Zustellung aber nicht an ihn, sondern an die Bf direkt erfolgt: dieser Zustellmangel sei erst geheilt worden, als das Dokument dem Zustellbevollmächtigten am tatsächlich zukam, was bedeute, dass der Fristenlauf erst zu diesem Zeitpunkt begann und die Beschwerde also rechtzeitig eingebracht worden sei.

Weiters wurde der Antrag auf eidesstättige Erklärung des Bf-Vertreters als Beweismittel gestellt.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung und begründete im Wesentlichen damit, dass erstmalig im Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist auf die Zustellvollmacht des Rechtsanwalts X im gesamten Beschwerdeverfahren hingewiesen wurde. Damit sei eindeutig der Beweis erbracht, dass die Reichweite der Zustellvollmacht nur für das gesamte Beschwerdeverfahren gelte (was das Finanzamt auch wahrgenommen habe). Im durchgeführten Außenprüfungsverfahren sei jedoch eine Zustellvollmacht nicht aktenkundig gewesen, weshalb sämtliche Bescheide an die dem Finanzamt bekannten Bescheidadressaten zugestellt wurden.

In einem rechtzeitig gestellten Vorlageantrag  wurde der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellt.

Wesentlich wurde begründend vorgebracht, dass die Zustellvollmacht im gesamten Beschwerdeverfahren selbstverständlich die Bevollmächtigung zur Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides beinhalte – gerade dieser sei ja Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

Erwähnt wurde ein hier nicht anhängiges Sicherstellungsverfahren – im Rechtsmittelverfahren dazu sei ausdrücklich auf die Bevollmächtigung des Rechtsanwalts und die damit verbundene Zustellvollmacht im gesamten Rechtsmittelverfahren hingewiesen worden.

Der Rechtsanwalt X sei auch anlässlich der Schlussbesprechung am für die Abgabepflichtige am Ende des Außenprüfungsverfahrens eingeschritten und habe erneut auf die bereits schriftlich vorgebrachten Einwände bezüglich bestrittener Sachverhalte verwiesen (verwiesen wurde auf Protokoll bzw. Niederschrift zur Schlussbesprechung). -  Aus dem Akteninhalt ergibt sich hierzu, dass in der Niederschrift vom zur Schlussbesprechung anlässlich der Außenprüfung der Rechtsanwalt X der nunmehrigen Bf  als „sonstiger Teilnehmer“ geführt wird und im „Beiblatt zur Schlussbesprechung“ unter Pkt.3 vermerkt ist, dass von ihm „auf die bereits schriftlich vorgebrachten Einwände bezüglich bestrittener Sachverhalte verwiesen wird.“ Hinweise auf eine damals schon bestehende Zustellvollmacht die anlässlich der Außenprüfung betroffenen Abgabengebiete (Umsatz-, Kapitalertrag-, Körperschaftsteuer, Kammerumlage– alle 2012-2014/hinsichtlich Lohnabgaben 2012- 2015 wird auf die Niederschrift hingewiesen) liegen nicht vor. Die Niederschrift sowie der BP-Bericht wurden an die nunmehrige Bf,  zu Handen des Geschäftsführers  adressiert.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wurde im Wesentlichen auf das im gegenständlichen Fall nicht anhängige Sicherstellungsverfahren hingewiesen, in dem X in einer Bescheidbeschwerde gegen den Sicherstellungsauftrag vom seine Bevollmächtigung  im Beschwerdeverfahren/ Sicherstellungsauftrag und seine Zustellvollmacht im Beschwerdeverfahren/ Sicherstellungsauftrag bekannt gab.

X – der nach einer Erkrankung seit nicht mehr von der Bf bevollmächtigt ist, wurde von der Bf als Zeuge stellig gemacht und gab im Wesentlichen in seiner Zeugenaussage vor dem Senat an, dass er anlässlich einer Beschuldigteneinvernahme des Geschäftsführers der Bf durch die Finanzpolizei am anwesend war. Die zweite Beschuldigteneinvernahme sei am gewesen und da sei er befragt worden, weshalb er „davon ausgegangen“ sei, „dass er in sämtlichen Verfahren ausgewiesen“ sei. Im Protokoll sei das zwar nicht vermerkt, er habe aber – obwohl Rechtsanwalt -  dies grundsätzlich zur Kenntnis genommen und sei davon ausgegangen, dass demgemäß auch die Zustellungen erfolgen.

Im beschwerdegegenständlichen Verfahren wurde er in der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom als Teilnehmer , aber nicht als Rechtsvertreter geführt. Er habe nicht darauf hingewiesen, „weil das so die finkligen Fragen sind, an die zumindest ich nicht denke“.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Unstrittig ist die Zustellung der Sachbescheide  am zu Handen des Geschäftsführers der Bf.

Gem.§ 245 Abs.1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.

Gem. § 245 Abs.3 leg.cit. ist die Beschwerdefrist auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen  Gründen …zu verlängern.

Für die Fristberechnung gilt § 108 Abs.2, 3 und 4 leg.cit. (Gem. § 108 Abs.2 leg.cit. enden nach Monaten bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. … ). – Angewendet auf den beschwerdegegenständlichen Fall endete die Beschwerdefrist somit mit Ablauf des .

Lt. kann der Antrag auf Fristverlängerung rechtswirksam nur innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellt werden; ein verspäteter Antrag hat keine fristhemmende Wirkung und ist zurückzuweisen.

Da das beschwerdegegenständliche Fristverlängerungsansuchen lt. Poststempel am zur Post gegeben wurde (gem. § 108 Abs.4 leg.cit. werden die Tage des Postenlaufes nicht in die Frist eingerechnet), ist es nach Ende der Rechtsmittelfrist gestellt worden und kam ihm somit keine fristhemmende Wirkung zu, weshalb es vom Finanzamt zurückzuweisen war.

Was nun die beschwerdegegenständlichen Ausführungen zur Zustellvollmacht des Rechtsanwalts X  betrifft, geht aus dem Akteninhalt hervor, dass auf deren Bestehen erstmalig im beschwerdegegenständlichen Antrag auf Fristverlängerung verwiesen wurde (zur Post gegeben am ) und ausdrücklich darauf verwiesen wurde, dass die Bevollmächtigung auch Zustellvollmacht im gesamten Beschwerdeverfahren beinhalte.

Gem. § 9 Abs.3 Zustellgesetz hat die Behörde, so ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist, … diesen als Empfänger zu bezeichnen. …

Lt. ua muss die Bevollmächtigung im jeweiligen Verfahren geltend gemacht werden. Auch wenn nach der Vollmachtsurkunde die Vollmacht etwa alle Verfahren vor Abgabenbehörden des Bundes umfasst, ist sie dennoch von der Abgabenbehörde nur in dem Verfahren, in dem darauf hingewiesen wird, zu beachten. (Ritz, Zustellgesetz, § 9 TZ 19). – Aus dem Akteninhalt ist zu entnehmen, dass - auch wenn eine  Vollmacht des Rechtsanwalts X der Bf alle Verfahren vor Abgabenbehörden des Bundes betreffend bestanden hätte – sie im beschwerdegegenständlichen Verfahren erstmalig mit oa Schreiben  (zur Post gegeben am ) bekannt gegeben wurde, weshalb die Abgabenbehörde idF die an die Bf gerichteten Schreiben auch zu Handen des Zustellbevollmächtigten X adressierte. Dass die Abgabenbehörde – wie in der Beschwerde moniert – den erstinstanzlichen Bescheid (vom ) nicht an den erst im Beschwerdeverfahren als Zustellbevollmächtigten bekannt gegebenen Rechtsanwalt X zustellte, ergibt sich aus dem Umstand, dass zu diesem Zeitpunkt in diesem Verfahren die Zustellvollmacht des Rechtsanwalts X noch nicht vor der Abgabenbehörde bekannt gegeben war.

Was die beschwerdegegenständlichen Ausführungen zum Einschreiten des Rechtsanwalts X anlässlich der Schlussbesprechung betrifft, so ist auf obige Ausführungen ad Ritz, Zustellgesetz, § 9 TZ 19 hinzuweisen . Nebenbei ist darauf hinzuweisen, dass während der Betriebsprüfung – auch wenn eine Vollmacht des Rechtsanwalts X bestanden haben mag – dessen  Zustellvollmacht offenkundig zurückgenommen war, da sowohl Niederschrift als auch BP-Bericht  zu Handen des Geschäftsführers der Bf adressiert wurden und der im beschwerdegegenständlichen Verfahren einschreitende Rechtsanwalt X eine etwa bestehende Zustellvollmacht anlässlich der Schlussbesprechung nicht angab.

Zur in der Bescheidbeschwerde gegen den Sicherstellungsauftrag vom bekannt gegebenen Bevollmächtigung X´s im Beschwerdeverfahren/ Sicherstellungsauftrag und seine Zustellvollmacht im Beschwerdeverfahren/ Sicherstellungsauftrag ist auf ua hinzuweisen: Woa wurde die Zustellvollmacht X´s im beschwerdegegenständlichen Verfahren erstmalig mit Schreiben  vom (zur Post gegeben am ) bekannt gegeben und von der Abagbenbehörde auch entsprechend behandelt, als idF die an die Bf gerichteten Schreiben auch zu Handen des Zustellbevollmächtigten X adressiert wurden.

Die Zurückweisung des Fristsetzungsantrags durch die Abgabenbehörde erfolgte somit zu Recht und war die Beschwerde dagegen abzuweisen.

Eine Revision an den VwGH ist nicht zulässig. Gem. Art.133 Abs. 4 B-VG kann gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes Revision erhoben werden, wenn es von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere wenn eine Rechtsprechung des VwGH fehlt.

Das gegenständliche Erkenntnis gründet auf den Normen zur Fristberechnung und Zustellung an Zustellbevollmächtigte sowie auf der dazu ergangenen Rechtsprechung. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung liegen nicht vor.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 245 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 108 Abs. 2 Abs. 3 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Zustellvollmacht
Bekanntgabe
jeweiliges Verfahren
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.5101737.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at