Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.10.2017, RV/7102012/2016

Anspruch auf Familienbeihilfe bzw. Ausgleichszahlung?

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/7102012/2016-RS1
wie RV/7104415/2016-RS1
§ 115 BAO verpflichtet die Behörde dazu, von Amts wegen den maßgebenden Sachverhalt zu ermitteln. Die Partei (§ 78 BAO) trifft zwar eine Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, die in § 119 BAO geregelt ist, diese entbindet die Behörde jedoch nicht von ihrer Ermittlungspflicht. Das Ermittlungsverfahren hat das Finanzamt nicht auf die Partei (§ 78 BAO) abzuwälzen, sondern selbst durchzuführen. Nur dort, wo das Finanzamt begrenzte Ermittlungsmöglichkeiten hat, etwa bei Fragen des höchstpersönlichen Lebensbereichs oder bei der Beischaffung von Unterlagen von Behörden eines Staates, mit dem keine umfassende Amtshilfe besteht, kann eine fehlende Mitwirkung der Partei (§ 78 BAO) dieser zur Last gelegt werden.
RV/7102012/2016-RS2
wie RV/7103474/2015-RS3
Ein Bescheid ist rechtswidrig, wenn aus diesem nicht hervorgeht, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einem bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Diese für das allgemeine Verwaltungsverfahren in § 60 AVG verankerten Grundsätze sind auch im Verfahren nach der BAO zu beachten.
RV/7102012/2016-RS3
wie RV/7103474/2015-RS7
§ 2 Abs. 2 FLAG 1967 stellt den Familienbeihilfenanspruch grundsätzlich nach der Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind ab und nur subsidiär (§ 2 Abs. 2 zweiter Satz FLAG 1967) darauf, dass die Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt (vgl. ). Einem Anspruch auf Familienbeihilfe im Sinne des zweiten Satzes des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 steht der ausschließliche Anspruch einer Person, bei der das Kind im strittigen Zeitraum haushaltszugehörig war, zwingend entgegen (vgl. ).
RV/7102012/2016-RS4
wie RV/7105997/2015-RS5
Die Lehre (Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG § 2 Rz 40) geht von einer Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 dann aus, wenn ein wöchentlicher Zeitaufwand für Kursbesuch und Vorbereitungszeit außerhalb des Kurses von mindestens 30 Stunden anfällt. Das Bundesfinanzgericht nimmt bei Schulen für Berufstätige einen erforderlichen wöchentlichen Zeitaufwand von durchschnittlich 20 bis 25 Stunden zuzüglich Hausaufgaben an, insgesamt von mindestens 30 Wochenstunden, um von einer Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 zu sprechen. Die Qualifizierung als Berufsausbildung kann auch bei einem Fernstudium gegeben sein, wenn ein Schulunterricht von bloß zehn Wochenstunden durch verstärkte "Hausausgaben" und Vorbereitungszeit sowie E-Learning kompensiert wird.
RV/7102012/2016-RS5
wie RV/7105997/2015-RS5
Die Lehre (Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG § 2 Rz 40) geht von einer Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 dann aus, wenn ein wöchentlicher Zeitaufwand für Kursbesuch und Vorbereitungszeit außerhalb des Kurses von mindestens 30 Stunden anfällt. Das Bundesfinanzgericht nimmt bei Schulen für Berufstätige einen erforderlichen wöchentlichen Zeitaufwand von durchschnittlich 20 bis 25 Stunden zuzüglich Hausaufgaben an, insgesamt von mindestens 30 Wochenstunden, um von einer Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 zu sprechen. Die Qualifizierung als Berufsausbildung kann auch bei einem Fernstudium gegeben sein, wenn ein Schulunterricht von bloß zehn Wochenstunden durch verstärkte "Hausausgaben" und Vorbereitungszeit sowie E-Learning kompensiert wird.
RV/7102012/2016-RS6
wie RV/7105997/2015-RS4
Jede Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 weist ein qualitatives und ein quantitatives Element auf: Entscheidend ist sowohl die Art der Ausbildung als auch der zeitliche Umfang.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde des A B, zunächst Adresse_Wien_10, nunmehr Adresse_Wien_15 bzw. Adresse_PL, Polen, nunmehr vertreten durch Petsch Frosch Klein Arturo Rechtsanwälte, 1010 Wien, Esslinggasse 5, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10, 1030 Wien, Marxergasse 4, vom , mit welchem der Antrag vom auf Ausgleichszahlung für die im Februar 1993 geborene C D B für den Zeitraum Jänner 2011 bis Dezember 2015 abgewiesen wurde, Sozialversicherungsnummer X, beschlossen:

I. Der angefochtene Bescheid vom und die Beschwerdevorentscheidung vom werden gemäß § 278 Abs. 1 BAO aufgehoben. Die Sache wird an das Finanzamt zurückverwiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG i.V.m. Art. 133 Abs. 4 B-VG und § 25a VwGG eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Antrag

Mit dem Formular Beih 38 beantragte der Beschwerdeführer (Bf) A B am , beim Finanzamt am persönlich überreicht, Differenzzahlung wie folgt:

A B sei polnischer Staatsbürger, verheiratet, lebe in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner Ehegattin und seiner Tochter und wohne in Österreich in Adresse_Wien_10. Seine Ehegattin E F B sei ebenfalls polnische Staatsbürgerin. Ehegattin E F B erklärte auf dem Formular, auf die ihr gemäß § 2a Abs. 1 FLAG 1967 i.V.m. § 4 Abs. 2 FLAG 1967 vorrangig zustehende Ausgleichszahlung zugunsten des Bf zu verzichten.

Beantragt werde Differenzzahlung für die im Februar 1993 geborene C D B, Tochter des Bf, wohnhaft beim Bf am gemeinsamen Wohnort, überwiegende Kostentragung durch den Bf, Schülerin voraussichtlich bis Juni 2015 an der Postlyzeala Fotografie Schule in Katowice. Ein Zeitraum, für den Differenzzahlung beantragt wird, ist nicht angegeben.

Die beglaubigte Übersetzung einer Bescheinigung der Postlyzealen Fotografie-Schule Fotoedukacja in Katowice vom war beigeschlossen: 

Bescheinigung

Hiermit wird bescheinigt, dass Frau B C geboren am .... Februar 1993 in Katowice im Schuljahr 2014/2015 an einem durch die Postlyzeale Fotografie-Schule Fotoedukacja in Katowice veranstalteten Kurs zur Gewinnung beruflicher Qualifikationen teilnimmt.

Planmäßiger Abschluss der Schule in Qualifikation A.20. Bildregistrierung und -Verarbeitung - Januar 2015 und planmäßiger Abschluss der Schule in Qualifikation A.25. Ausführung und Realisierung multimedialer Projekte - Juni 2015.

An der Postlyzealen Fotografie-Schule Fotoedukacja in Katowice findet der Unterricht samstags und sonntags alle zwei Wochen statt (Fernstudium).

Die Postlyzeale Fotografie-Schule Fotoedukacja in Katowice ist im Register Nichtöffentlicher Schulen der Stadt Katowice unter der Nummer 8/2005 eingetragen. Die Schule hat Befugnisse der öffentlichen Schule.

Die beglaubigte Übersetzung einer gekürzten Abschrift der Geburtsurkunde von C wurde vorgelegt. Laut beglaubigter Übersetzung des Abschlusszeugnises eines allgemeinbildenden Lyzeums vom hat C D B im Schuljahr 2011/2012 das Allgemeinbildende Lyzeum in Katowice absolviert und Hochschulreife erlangt.

Vorhalt vom

Am versandte das Finanzamt folgenden Vorhalt an den Bf (Screenshot):

89 Für welchen Zeitraum wird Familienbeihilfe beantragt?

50 , Geburtsdatum der Gattin

89 E9 für beide (Ehe)Partner (EU-Bescheinigung über das Einkommen, die vom  
    zuständigen Finanzamt zu bestätigen ist)
    Nachweis des Wohnsitzes der gesamten Familie
    Bekanntgabe der Personal-/Sozialversicherungsnummer des Heimatlandes der
    gesamten Familie (bei Getrenntlebenden auch vom abderen Elternteil)

62 ab dem Schuljahr 2012/13

45 von Ihnen.

Unterlagenvorlage vom

Am legte der Bf dem Finanzamt folgende Unterlagen vor:

Bestätigung des Miejski Ośrodek Pomocy Społecznej w Katowicach

Das Miejski Ośrodek Pomocy Społecznej w Katowicach (Zentrum der Sozialhilfe in Kattowitz) bestätigte am , dass von 2008 bis weder E B noch A B, wohnhaft Adresse_PL, für die im Februar 1993 geborene C B Familienleistungen bezogen haben:

Miejski Ośrodek Pomocy Społecznej zaświadcza, że w okresie od 2008 r do nadal Pan/Pani B E , PESEL ..., zam. Adresse_PL oraz Pan B A nie pobierali w tutejszym Ośrodku świadczeń przyznawanych zgodnie z ustawą o świadozeniach rodzinnych (Dz.U. z 2006 r. nr 139, poz 992 z póź n. zm.) na có rke C B ur. ....02.1993 r.

W/w osoba na dzień 2015-05-04 nie złożyli w tutejszym Ośrodku wniosku o ustalenie prawa do świadczeń rodzinnych

Dokumentacja z przed 2008 r została wybrakowana.

Zaświadczenie wydaje się w celu uzyskania prawa do świadczeń rodzinnych poza granicami kraju (Austria).

Wydanie zaświadczenia nie podlega opłacie skarbowej na podstawie art. 2 ust. 1 pkt 1 ustawy o optacie skarbowej z dnia 16 listopada 2006r. (t. j. Dz.U. z 2014r., poz. 1628 z póź n. zm.).

Jeżeli zaświadczenia, któ rego wydanie nie podlega opłacie skarbowej zostanie użyte w innej sprawie niż wymieniona w ust.1, wydanie tego zaświadczenia podlega optacie skarbowej (art. 2 ust. 2 cytowanej ustawy).

Handschriftlich ist vermerkt:

Familienbeihilfe für Jahr:

2011

2012

2013

2014

2015

Zeugnisse

Vorgelegt wurde ein Gymnasialzeugnis betreffend C für das Schuljahr 2008/2009 (), ein Zeugnis des Lyceums für das Schuljahr 2010/2011 () und eine Bestätigung eines Lyceums in Katowice vom , dass C von bis diese Schule besucht hat.

Bestätigung des Naczelnik Pierwszego Urzędu Skarbowego w Katowicach

Der Naczelnik Pierwszego Urzędu Skarbowego w Katowicach (Leiter des Ersten Finanzamtes in Kattowitz) bestätigte am , dass von E B Steuererklärungen für die Jahre 2008 bis 2012 mit folgenden Einkommenshöhen abgegeben wurden (zu Details siehe unten):

2008: 19.498,87 zł

2009: 20.981,79 zł

2010: 22.024,58 zł

2011: 22.975,96 zł

2012: 21.676,64 zł.

Abweisungsbescheid

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag vom auf Ausgleichszahlung für die im Februar 1993 geborene C D B für den Zeitraum Jänner 2011 bis Dezember 2015 ab. Die Begründung lautet: 

Da Sie trotz Aufforderung die abverlangten Unterlagen nicht eingebracht haben und dadurch Ihrer Mitwirkungspflicht nach § 115 Bundesabgabenordnung nicht nachgekommen sind, muss angenommen werden, dass im oben genannten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden hat bzw. besteht.

Beschwerde

Mit internem Formular des Finanzamts legte der Bf am Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid vom mit dem ersichtlichen Antrag (der Vordruck des Finanzamts enthält weder ein Feld für die gemäß § 250 Abs. 1 lit. b BAO erforderliche Anfechtungserklärung noch für den gemäß § 250 Abs. 1 lit. d BAO erforderlichen Änderungsantrag) auf ersatzlose Aufhebung ein. Die Beschwerde wurde wie folgt begründet:

Alle abverlangten Dokumente habe ich mitgebracht, außer meinen Beschäftigungsnachweis, weil meine Firma in Konkurs gegangen ist und ich habe keine Dokumente bekommen. Anbei sind die Kopien von Lohnzettel.

Unterlagen, aus denen sich ergibt, dass der Bf bei einem Unternehmen in Wien als Facharbeiter von (Eintritt) bis (Austritt) beschäftigt war, waren beigeschlossen.

Unterlagenvorlage vom

Am legte der Bf offenbar auf Grund eines nicht im vom Finanzamt vorgelegten Akt befindlichen Vorhalts dem Finanzamt folgende Unterlagen vor:

Übersetzung der Bestätigung des Miejski Ośrodek Pomocy Społecznej w Katowicach

Beglaubigte Übersetzung der bereits im Original vorgelegten Bestätigung des Zentrums der Sozialhilfe in Kattowitz vom :

Bescheinigung DPI...

Das Stadtzentrum für Sozialhilfe bescheinigt hiermit, dass Frau B E pers. ID - PESEL ..., wh. Adresse_PL und Herr B A in der Zeit von 2008 an für die Tochter C B geb. am ....02.1993 bei diesem Zentrum keine Leistungen nach dem Gesetz über Familienleistungen (GBl. von 2006 Nr. 139, Pos. 992 m. spät. Änd.) beziehen.

Die o.g. Person haben zum 2015-05-04 bei diesem Zentrum keinen Antrag auf Ermittlung des Anspruchs auf Familienleistungen gestellt.

Die Dokumentation für die Zeit vor 2008 ist lückenhaft.

Die Bescheinigung wird zur Beantragung von Familienleistungen im Ausland (in Österreich) erteilt.

Die Bescheinigungsausstellung ist stempelsteuerfrei nach Art. 2 Abs. I Ziff. 1 des Stempelsteuergesetzes vom (GBl. von 2014, Nr. 1628 m. spät. Änd.).

Sollte jedoch die stempelsteuerfreie Bescheinigung zum anderen Zweck als der unter Abs. 1 genannte benutzt werden, ist die Bescheinigung gebührenpflichtig (Art. 2 Abs. 2 des angeführten Gesetzes).

Übersetzung der Bestätigung des Naczelnik Pierwszego Urzędu Skarbowego w Katowicach

Beglaubigte Übersetzung der Bestätigung des Leiters des Ersten Finanzamtes in Kattowitz vom : 

BESCHEINIGUNG

Bescheinigungs-Nr. OB1...

ANGABEN ZUM STEUERPFLICHTIGEN

Pers. ID PESEL ...

Name: B E

Anschrift: Adresse_PL

Es wird bescheinigt, dass die Antragstellerin bei dieser Steuerbehörde in den Jahren 2008-2012 Steuererklärungen (PlT-37) über das erzielte Einkommen (den erlittenen Verlust) eingereicht hat, in denen folgendes Einkommen ausgewiesen worden ist:

2008 19.498,87 Zloty

2009 20.981,79 Zloty

2010 22.024,58 Zloty

2011  2.975,96 Zloty

2012 21.676,64 Zloty

Gleichzeitig wird bescheinigt, dass aufgrund der jährlichen Steuerabrechnung der Rentenbehörde die Antragstellerin in den Geschäftsjahren 2013 und 2014 (P1T-40A) folgendes Einkommen erzielt hat:

2013 20.064,16 Zloty

2014 20.462,80 Zloty

Die Bescheinigung wird zur Vorlage bei einer österreichischen Behörde.

Die Bescheinigung ist Nachweis der Sach- oder Rechtslage am Tag deren Ausstellung nach Art. 306a § 3 der poln. Abgabenordnung vom (GBl. Pos. 749 von 2012 einheitlicher Text).

Es wurde eine Stempelsteuer von 17,00 Zloty entrichtet (§ 4 Ziff. I der Verordnung des Finanzministers über die Stempelsteuer-GBl. Nr. 187, Pos. 1330).

Diese Bescheinigung wurde nach Art. 143 der poln. Abgabenordnung im Auftrag des Finanzamtsleiters erteilt.

Übersetzung der Meldebescheinigung vom

Beglaubigte Übersetzung der Meldebescheinigung des Stadtpräsidenten von Kattowitz vom : 

SO-IV....

BESCHEINIGUNG ÜBER ANSCHRIFTEN UND MELDEZEITEN

Herr B A

Pers. Ident.-Nr.: ...

Elternnamen: ...

geboren am 1955-12-... in BRZEZNA

Personalausweis ...

ausgestellt durch den STADTPRÄSIDENTEN (2469011) KATOWICE

Meldung zum gewöhnlichen Aufenthalt:

(1210142) Gemeinde PODEGRODZIE

BRZEZNA Haus ...

Anmeldung 1955-12-... Abmeldung 1979-05-21

(2469011) Gemeinde KATOWICE

[Adresse_PL]

Anmeldung 1986-01-28 Abmeldung 2005-03-29

Die vorstehende Bescheinigung wurde aufgrund des Bevölkerungsregisters ausgestellt.

Übersetzung der Meldebescheinigung vom

Beglaubigte Übersetzung der Meldebescheinigung des Stadtpräsidenten von Kattowitz vom : 

SO-IV....

MELDEBESCHEINIGUNG ÜBER GEWÖHNLICHEN AUFENTHALT

Frau G C D

Vatervorname: A

geboren am 1993-02-... in KATOWICE

Pers. Ident.-Nr.: ...

ausgewiesen durch den Personalausweis ...

ausgestellt durch den STADTPRÄSIDENTEN (2469011) KATOWICE  

ist seit dem 1993-02-... zum gewöhnlichen .Aufenthalt unter folgender Adresse angemeldet

Gemeinde Ortsteil KATOWICE (2469011)

Woiwodschaft SCHLESIEN Kreis STADT KATOWICE

[Adresse_PL]

Übersetzung der Meldebescheinigung vom

Beglaubigte Übersetzung der Meldebescheinigung des Stadtpräsidenten von Kattowitz vom : 

SO-IV....

MELDEBESCHEINIGUNG ÜBER GEWÖHNLICHEN AUFENTHALT

Frau G C D B E F

Vatervorname: ...

geboren am 1950-05-...... in CHRUSZCZYNY

Pers. Ident.-Nr.: ...

ausgewiesen durch den Personalausweis ...

ausgestellt durch den STADTPRÄSIDENTEN (2469011) KATOWICE  

ist seit dem 1986-10-07 zum gewöhnlichen .Aufenthalt unter folgender Adresse angemeldet

Gemeinde Ortsteil KATOWICE (2469011)

Woiwodschaft SCHLESIEN Kreis STADT KATOWICE

[Adresse_PL]

Vorhalt vom

Am versandte das Finanzamt folgenden Vorhalt an den Bf (Screenshot):

89 Da Sie bereits seit in Polen abgemeldet sind und den Hauptwohnsitz in Österreich haben, werden Sie aufgefordert einen Nachweis über den monatlich erbrachten Unterhaltsbeitrag für Ihr Kind für den beantragten Zeitraum zu erbringen.

Vorhaltsbeantwortung vom

Am teilte der Bf mit:

Ich, B A wohnt in Wien ..., ich wohne und arbeite in Wien, aber jede Wochenende fahre ich zu meiner Familie in Polen, und dort übernehme ich Kosten für unseres Leben, wie Lebensmittel, Rechnungen für Strom, Energie und alle Kosten für meine Tochter, wie Schulkosten, Tickets und Kleidungen usw.

Beschwerdevorentscheidung

Das Finanzamt wies mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde als unbegründet ab:

Art. 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 regelt für den Fall, dass für dieselben Familienangehörigen Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren sind, welcher Staat vorrangig/nachrangig für die Zahlung der Familienieistungen zuständig ist.

Der Begriff des "familienangehörigen Kindes" wird im § 2 Abs. 3 des Familienlastenausgleichsgeseizes 1967 definiert; darunter zu verstehen sind leibliche Kinder, Enkel, Stiefkinder usw., allerdings immer unter der einschränkenden Voraussetzung, dass das Kind mit dem in Frage kommenden Elternteil im gemeinsamen Haushalt lebt oder dieser Elternteil überwiegend die Unterhaltskosten für das Kind trägt (§ 2 Abs. 2 FLAG 1967). Im Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom in der Rechtssache C-363/08 und im darauf folgenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2009/15l0204—11, wurde jedoch die Rechtsmeinung vertreten, dass ein leiblicher Vater — auch wenn er keinerlei Kontakt zu seinem leiblichen, im Ausland lebenden Kind mehr hat - als familienangehöriger Vater zu werten sei und eine von ihm in Österreich ausgeübte Erwerbstätigkeit einen Anspruch auf die Familienbeihilfe/Ausgleichszahlung für das Kind im Ausland auslöse.

Als Folge dieser Rechtsprechung ist daher als ein familienangehöriges Kind im Sinne des Art. 68 der Verordnung (EG) 883/2004 ein leibliches Kind im Verhältnis zu seinem leiblichen Vater/zu seiner leiblichen Mutter zu werten. Bei der Beurteilung der Frage, nach welchen Rechtsvorschriften ein vorrangiger/nachrangiger Anspruch auf die Familienleistungen eines Landes für dieses Kind besteht, sind der Prüfung beide leibliche Elternteile zugrunde zu legen.

Da kein aufrechter Wohnsitz in Polen besteht und kein Nachweis über Unterhaltsleistungen erbracht wurde, war Ihre Beschwerde abzuweisen.

Vorlageantrag

Der Bf stellte am durch seine nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertreter Vorlageantrag:

Herr A B hat uns mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt und uns Vollmacht erteilt und berufen wir uns gemäß § 8 RAO auf die erteilte Vollmacht und stellen im Namen und Auftrag unseres Mandanten den Antrag die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht

Begründung

Der Beschwerdeführer wohnt und arbeitet seit mindestens 10 Jahren in Österreich und bestritt alleine die Unterhaltskosten für seine Tochter C B, die mit ihrer Mutter in gemeinsamen Haushalt in Katowice, Polen wohnt.

Der Beschwerdeführer ist mit der Mutter verheiratet und stand und steht in engem Kontak mit seiner Familie. An den Wochenenden und wann immer ihm arbeitsfreie Zeit zur Verfügung stand hat er seine Familie in Polen besucht und seine arbeitsfreie Zeit mit seiner Familie verbracht.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid Familienbeihilfe vom als unbegründet abgewiesen.

Der Antragsteller, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, hat nach seiner Überzeugung alle von der Behörde angeforderten Dokumente vorgelegt und kann alle relevanten Tatsachen nachweisen. Nach seinem Verständnis wurde ihm von der Behörde vor Einbringung des Antrages beziehungsweise der Beschwerde informell mitgeteilt, dass in seinem Fall alle Voraussetzungen für die Auszahlung der Familienbeihilfe vorlägen. Der Beschwerdeführer hat alle Dokumente vorgelegt, die von der Behörde verlangt wurden. Er ist davon ausgegangen, dass seinem Antrag stattgegeben wird.

Die Beschwerdegründe werden wie folgt präzisiert:

Die Begründung der Beschwerdevorentscheidung ist lückenhaft und folgt nicht den Gesetzen der Logik. Zwar wird richtigerweise auf die Eigenschaft als Familienangehöriger als Voraussetzung eines Anspruches auf Familienbeihilfe eingegangen, jedoch werden falsche Schlussfolgerungen gezogen und ist die Begründung insgesamt inkonsistent und nicht nachvollziehbar.

Familienangehöriger im Sinne des Art. 1 lit i der Verordnung (EG) Nr. 883/204 ist jede Person, die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt werden, als Familienangehöriger bestimmt wird. Wird nach diesen Rechtsvorschriften eine Person jedoch nur dann als Familienangehöriger angesehen, wenn sie mit dem Versicherten in häuslicher Gemeinschaft lebt, gilt diese Voraussetzung als erfüllt, wenn der Unterhalt der betreffenden

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2a Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 53 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§§ 166 f BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 183 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 68 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
§ 2 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7102012.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at