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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.07.2017, RV/2100282/2013

Stellen kostenlose Kontoführung und Prämien für eine Dienstreisekaskoversicherung Arbeitslohn dar?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf über die Beschwerden vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom betreffend Haftung für Lohnsteuer und die Festsetzung von Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2007, 2008, 2009 und 2010 zu Recht erkannt: 

Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtene Bescheide werden aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Im Zuge einer gemeinsamen Prüfung der lohnabhängigen Abgaben bei einer Bank stellte der Prüfer laut Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung fest, dass den Mitarbeitern vom Arbeitgeber Leistungen (Gehaltskonten, Bank-Karten) unentgeltlich zur Verfügung gestellt und in der Lohnverrechnung dafür keine Sachbezüge angesetzt worden sei. Die daraus entstandenen Vorteile seien nach den üblichen Mittelpreisen (50,- Euro/Dienstnehmer) des Verbrauchsortes ermittelt und angesetzt und die lohnabhängigen Abgaben nachverrechnet worden.

Weiters wurde festgestellt, dass vom Arbeitgeber zusätzlich zu den ausbezahlten Kilometergeldern eine kilometerabhängige Kaskoversicherung abgeschlossen worden sei. Da im Schadensfall der Arbeitnehmer der Begünstigte sei und die anfallenden Versicherungsprämien vom Arbeitgeber getragen werden würden, seien die vom Arbeitgeber bezahlten Versicherungsprämien ausgeschieden und die lohnabhängigen Abgaben nachverrechnet worden.

Das Finanzamt folgte diesen Feststellungen und erließ unter Hinweis auf den oben genannten Bericht als Begründung die angefochtenen Bescheide.

In den dagegen erhobenen Beschwerden wurde zum strittigen Punkt „kostenlose Kontoführung“ darauf hingewiesen, dass eine Reihe anderer Banken schon seit einigen Jahren kostenlose bzw. erheblich preisreduzierte Gehaltskonten für Kunden anbieten würden. Die Mitarbeiter würden daher im Rahmen des üblichen Geschäftsverkehrs auch bei anderen Banken ein kostenloses Gehaltskonto bekommen. Die Beschwerdeführerin habe aber ein ganz überwiegendes eigenbetriebliches Interesse daran, dass ihre Arbeitnehmer ihre Konten bei ihr und nicht bei einer Konkurrenzbank hätten.

Zum weiteren strittigen Punkt „Nachversteuerung der Prämien für die Dienstreisekaskoversicherung“ verwies die Beschwerdeführerin auf den aus der Beilage ersichtlichen Aktenvermerk anlässlich einer Besprechung mit Organen der Finanzlandesdirektion vom . Zusammengefasst ist man nach diesem Aktenvermerk zu der Rechtsauffassung gekommen, dass die Prämienzahlungen keinesfalls einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis darstellen würden, da Privatfahrten bei dieser Dienstreiseversicherung nicht abgesichert worden seien.

Das Finanzamt legte die Beschwerden ohne Erlassung von Beschwerdevorentscheidungen an die damals zuständige Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis.

Nach § 15 Abs. 1 EStG 1988 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 EStG 1988 zufließen. Geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge) sind gemäß § 15 Abs. 2 EStG 1988 mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen. Mit dem Ansatz eines Sachbezugswertes im Sinne des § 15 EStG 1988 wird der Vorteil erfasst, der darin besteht, dass sich der Dienstnehmer jenen Aufwand erspart, der ihm erwachsen würde, wenn er für die Kosten einer vergleichbaren Leistung aus eigenem aufkommen müsste (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0078).

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Ziffer 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Ziffer 2 EStG 1988.

Die Pflicht zur Entrichtung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag gründet sich auf § 122 Abs. 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1988; als Bemessungsgrundlage gilt die Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG.

Kostenlose Kontoführung:

Bezüglich des gegenständlichen Sachbezuges, im Wesentlichen in Form eines Gehaltskontos, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2010/13/0196, ausgesprochen, dass für den Fall eines (erheblichen) betrieblichen Interesses an einer Vorteilsgewährung nach der ständigen ertragsteuerrechtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann kein geldwerter Vorteil im Sinne des § 15 EStG 1988 vorliegt, wenn die Inanspruchnahme im "ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers" liegt (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom , 2009/13/0157, mwN). Die Beurteilung der strittigen kostenlosen Kontoführung als nicht steuerbar setzt damit die Ausschließlichkeit des Interesses des Arbeitgebers (hier Bankinstitut) an dieser Kontenführung derart voraus, dass nach der Lage des konkreten Einzelfalles für den Arbeitnehmer ein aus der kostenfreien Führung des Mitarbeiterkontos resultierender Vorteil schlechthin nicht besteht (vgl. in diesem Sinne z.B. die hg. Erkenntnisse vom , 97/13/0100, und vom , 99/15/0101).

Da der gegenständlich zu beurteilende Sachverhalt dem Sachverhalt in dem oben zitierten Erkenntnis des , gleicht, war den Beschwerden im Sinne diese Erkenntnisses stattzugeben.

Nachversteuerung der Prämien für die Dienstreisekaskoversicherung:

Die A  GmbH (früher B Gesellschaft m.b.H.) hat mit einem Versicherungsunternehmen für Mitarbeiter der zur Gruppe in der Steiermark gehörenden Unternehmen (Kreditinstitute, etc.) eine Kraftfahrzeugversicherung (Dienstreisekaskoversicherung) abgeschlossen. Versicherungsnehmer war die A  GmbH. In dieser Dienstreisekaskoversicherung waren Personenkraftwagen versichert, die auf den Namen eines Mitarbeiters eines Unternehmens der Gruppe in der Steiermark oder dessen Partner zugelassen waren, und die für Dienstreisen mit Kilometergeldvergütung verwendet worden sind. Die Kennzeichen der von der Versicherung erfassten Fahrzeuge waren der A  GmbH bekannt zu geben. Die Personenkraftwagen der bei der Beschwerdeführerin beschäftigten Mitarbeiter waren bei Dienstreisen mit Kilometergeldvergütung durch diese Dienstreisekaskoversicherung versichert.

Die Höhe der für die Dienstreisekaskoversicherung zu zahlenden Prämie richtete sich nach den im Rahmen von Dienstreisen tatsächlich gefahrenen Kilometern. Die einzelnen Unternehmen meldeten der A  GmbH die im Rahmen von Dienstreisen zurückgelegten Kilometer. Diese gab der Versicherungsanstalt die gesamten gefahrenen Kilometer bekannt. Die A  GmbH schrieb den einzelnen Unternehmen die anteiligen Prämien aufgrund der jeweils gemeldeten gefahrenen Kilometer vor. Die jeweiligen Prämien wurden von den Konten der einzelnen Unternehmen (so auch von der Beschwerdeführerin) abgebucht und an die Versicherungsanstalt überwiesen.

Eine etwaige Schadensabwicklung erfolgte über die A GmbH. Dabei hatte der Dienstgeber (konkret die Beschwerdeführerin) zu bestätigen, dass sich der Schaden im Rahmen einer Dienstreise, für die Kilometergeld gewährt worden ist, eingetreten ist. Eine Reparatur eines Kraftfahrzeuges durfte erst nach Besichtigung bzw. Freigabe durch die Versicherungsanstalt erfolgen. Zahlungen hierfür leistete die Versicherungsanstalt im Regelfall an die die Reparaturarbeiten ausführende Werkstatt. Etwaige Abschlagszahlungen erfolgten direkt an die Dienstnehmer des Unternehmens der Gruppe, bei dem der betroffene Dienstnehmer beschäftigt war.

Der vorstehende Sachverhalt stand aufgrund der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen und aufgrund der Angaben der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde sowie der Auskunft der A  GmbH unbestritten fest.

Zu Vorteilen aus dem bestehenden Dienstverhältnis zählen auch Leistungen zu einer Versicherung, die dem Arbeitnehmer gehört. Um hiervon sprechen zu können, muss der Arbeitnehmer im Versicherungsverhältnis eine solche Stellung haben, dass er über die Ansprüche aus der Versicherung verfügen kann, es müssen ihm also die Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis zustehen. Die Bekanntgabe der Kennzeichen der Kraftfahrzeuge führt noch nicht zur Übertragung der Ansprüche auf die Dienstnehmer ().

Versicherungsnehmer des gegenständlichen Versicherungsvertrages war die A  GmbH. Gemäß § 1 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz ist bei der Schadensversicherung der Versicherer verpflichtet, dem Versicherungsnehmer den durch den Eintritt des Versicherungsfalles verursachten Vermögensschaden nach Maßgabe des Vertrages zu ersetzen. Im gegenständlichen Fall waren die Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin nicht begünstigt. Bezugsberechtigt war nach der Versicherungspolizze ausschließlich der Versicherungsnehmer, also die A  GmbH. Auch aus den vorliegenden Unterlagen ergaben sich keine Hinweise auf eine Begünstigung der Arbeitnehmer. Mit der gegenständlichen Versicherung wurde (über die A  GmbH) nur das Risiko abgedeckt, bei dessen Eintritt die Beschwerdeführerin möglicherweise als Arbeitgeberin ihren Dienstnehmern ersatzpflichtig werden konnte. Denn nach ständiger Rechtsprechung haftet ein Arbeitgeber nach dem auch auf Arbeitsverhältnisse analog anzuwendenden § 1014 ABGB für arbeitsadäquate Sachschäden eines Dienstnehmers. Einem Dienstgeber ist der Schaden aus der Benützung des eigenen Kraftfahrzeuges durch den Dienstnehmer zuzurechnen, wenn dem Dienstgeber Aufgaben übertragen worden sind, deren Erfüllung ohne Kraftfahrzeug nicht möglich oder nicht zumutbar war, und der Schaden in Erfüllung dieser Aufgaben eingetreten ist (). Mit der gegenständlichen Dienstreisekaskoversicherung waren die Personenkraftwagen der Dienstnehmer nur im Rahmen von Dienstreisen mit Kilometergeldvergütung versichert. Es lagen weder Anhaltspunkte dafür vor, dass die Dienstnehmer der Beschwerdeführerin über die Ansprüche aus der Dienstreisekasko verfügen konnten, noch wurde mit den Prämienzahlungen eine Schuld der Dienstnehmer getilgt.

Die von der Beschwerdeführerin erfolgten Prämienzahlungen für die Dienstreisekaskoversicherung waren daher nicht als Zufluss von Arbeitslohn im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 an die betroffenen Arbeitnehmer zu werten. Daran vermochte auch der Umstand nichts zu ändern, dass im Falle eines etwaigen Schadens das Versicherungsunternehmen die Zahlungen an das Unternehmen geleistet hat, das die Reparaturen vorgenommen hat, oder Abschlagszahlungen direkt an die Dienstnehmer erfolgt sind. Eine derartige Zahlungsabwicklung stellt lediglich einen verkürzten Zahlungsweg dar und ist kein Indiz für eine Begünstigung der Arbeitnehmer. Im Falle einer Entschädigung der Dienstnehmer stellt die Versicherungsentschädigung ohnedies steuerpflichtigen Arbeitslohn dar (). Derartige Abschlagszahlungen an Dienstnehmer der Beschwerdeführerin waren dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung nicht zu entnehmen. 

Die Ansicht des Bundesfinanzgerichtes widerspricht nicht der von der belangten Behörde im Prüfungsbericht genannten Regelung der Lohnsteuerrichtlinie. Nach dieser stellen vom Arbeitgeber bezahlte Prämien für eine Kraftfahrzeug-Kaskoversicherung dann Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar, wenn aus dem Versicherungsvertrag der Arbeitnehmer begünstigt ist. Das war gegenständlich nicht der Fall, begünstigt war die A GmbH und über diese die Beschwerdeführerin.

Nachdem den in den angefochtenen Bescheiden für die Jahre 2007, 2008, 2009 und 2010 nachgeforderten Beträgen lediglich die Feststellungen der Gratiskontenführung und die Nachversteuerung der Prämien für die Dienstreisekaskoversicherung zu Grunde liegen und in beiden Streitpunkten dem Begehren der Beschwerdeführerin stattzugeben war, fallen die festgesetzten bzw. nachgeforderten Abgaben zur Gänze weg, weshalb die angefochtenen Bescheide aufzuheben waren. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nachdem im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen wurden, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt, war die Unzulässigkeit einer Revision auszusprechen.

Graz, am

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