zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.08.2017, RV/3100975/2016

Pendlerpauschale - Zumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache des Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde FinanzamtA vom  betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2015 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Mit der am (elektronisch) eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2015 beantragte der Abgabepflichtige, ein bei der X-GmbH ganzjährig beschäftigter Busfahrer, die Berücksichtigung des großen Pendlerpauschales von 1.476,00 € (für eine einfache Fahrtstrecke von mehr als 20 km bis 40 km) und eines Pendlereuros von 66,00 €. Am erließ das Finanzamt einen Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2015, mit dem das Pendlerpauschale und der Pendlereuro nicht berücksichtigt wurden. Für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte stehe lt. Lohnzettel die Nutzung des Werkverkehrs zur Verfügung, weshalb das Pendlerpauschale und der Pendlereuro nicht berücksichtigt werden könnten.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Abgabepflichtige am fristgerecht Beschwerde. Für die Busfahrer seines Arbeitgebers existiere kein Werkverkehr, weil sie die ersten seien, die mit der Busfahrt beginnen würden.

3. Mit Ergänzungsersuchen vom wurde der Abgabepflichtige ersucht, eine Aufstellung vorzulegen, aus der hervorgehe, wie oft die Benützung des Werkverkehrs oder eines anderen Massenbeförderungsmittels im Lohnzahlungszeitraum unzumutbar sei. Die Vorlage von Dienstplänen ohne detaillierte Auswertung genüge nicht. In seinem Antwortschreiben vom führte der Abgabepflichtige aus, dass die Benützung des Werkverkehrs aufgrund seiner Arbeitszeiten nicht möglich sei. Diesem Schreiben legte er eine Aufstellung seiner Arbeitszeiten samt einer Bestätigung bezüglich der Nichtbenützung des Werkverkehrs bei.

4. Am erließ das Finanzamt eine abweisende Beschwerdevorentscheidung. Der Gewährung des Pendlerpauschales gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 könne nicht Folge geleistet werden, weil der Vorhalt vom nur unzureichend beantwortet worden sei. Neben den Dienstplänen sei explizit eine Aufstellung angefordert worden, aus der die Häufigkeit der Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenverkehrsmittels hervorgehe. Da eine solche Aufstellung nicht nachgereicht worden sei, sei eine rechtliche Würdigung des Beschwerdebegehrens nicht möglich und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen gewesen.

5. Am stellte der Abgabepflichtige fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht. Er sei als Busfahrer bei der „X-AG“ angestellt. Sein Dienstort sei in Ort1, A-Gasse. Wie auch auf der letzten Seite der vorgelegten Arbeitszeitaufzeichnungen bestätigt worden sei, habe er zwar die Möglichkeit der Gratisnutzung des Busses, er könne diese aber aufgrund seiner Arbeitszeiten nicht wahrnehmen. Dazu legte der Abgabepflichtige einen Fahrplanauszug für die Strecke zwischen Wohnort und Arbeitsort vor.

Seinen Arbeitszeitaufzeichnungen sei zu entnehmen, dass sein Dienstbeginn vermehrt zwischen 05:00 Uhr und 06:00 Uhr liege. Die frühestmögliche Busverbindung ab seinem Wohnort in Wohnort weise 06:30 Uhr als Planankunft am Bahnhof in Arbeitsort aus. Von dort bis zur Arbeitsstätte in der A-Gasse müsste zudem noch eine Zeit von ca. 45 Minuten mit dem innerstädtischen Verkehrsmittel veranschlagt werden.

An zwei bis drei Tagen im Monat sei der Arbeitsbeginn mit 09:24 Uhr anzusetzen, das Arbeitsende sei dann zwischen 20:05 Uhr und 21:00 Uhr. Er habe auch Arbeitszeiten von 14:45 Uhr/17:00 Uhr (Arbeitsbeginn) bis 22:41 Uhr/05:00 Uhr (Arbeitsende) zu verrichten. Dabei sei zwar die Möglichkeit gegeben, am Vormittag mit dem Bus zur Arbeitsstätte zu fahren; dem beigelegten Fahrplanauszug zufolge sei jedoch die Rückfahrt in diesen Fällen nicht möglich. Bei einer nächtlichen Rückfahrt mit dem Zug werde überdies die Wegzeit von 120 Minuten überschritten.

II. Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer (Bf.) hatte im Streitjahr 2015 seinen Hauptwohnsitz in Ort2, B-Straße. In diesem Jahr war er im Rahmen einer Vollbeschäftigung ganzjährig als Busfahrer der X-GmbH tätig, wobei er an jedem Arbeitstag zwischen dem Wohnort und der Arbeitsstätte in Ort1, A-Gasse, pendelte. Die Entfernung zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte beträgt 32,6 km. Als Busfahrer erzielt er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Lohnzahlungszeitraum ist der Kalendermonat. Als Busfahrer der X-GmbH ist der Bf. im Wechseldienst tätig, wobei er Dienstpläne mit unregelmäßigen Dienstzeiten einzuhalten hat.

2. Im Streitjahr waren ein Fahrzeug der Marke Y (bis ) und ein Fahrzeug der Marke Z (ab ) auf den Namen des Bf. zugelassen. Die Fahrten zwischen Wohnung - Arbeitsstätte - Wohnung wurden vom Bf. stets mit seinem eigenen PKW zurückgelegt. Er hätte zwar grundsätzlich die Möglichkeit gehabt, den arbeitgebereigenen „Werkverkehr“ mit den Bussen in Anspruch zu nehmen; diesen nahm er jedoch tatsächlich nicht in Anspruch, weil die Benützung des - kostenlosen - „Werkverkehrs“ aufgrund der einzuhaltenden Dienstpläne (Wechseldienst mit Dienstbeginn meist am frühen Morgen, zu welcher Zeit noch keine Busse verkehrten) gar nicht möglich gewesen sei. So erklärte er auch dem Arbeitgeber gegenüber mit seiner Unterschrift (vgl. die dem Finanzamt übermittelten Arbeitszeitaufzeichnungen), dass er „die Freifahrt von Bus zwar in Anspruch nehmen könnte, jedoch aufgrund des oben angeführten vom Dienstgeber (X-GmbH) bestätigten Dienstplans diese nicht für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen kann.

3. Der Bf. legte seinem Arbeitgeber kein Berechnungsformular L34 EDV („Erklärung/Nachweis zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuro ab “) vor, weshalb bei der laufenden Lohnverrechnung auch kein Pendlerpauschale und kein Pendlereuro berücksichtigt wurden.

4. Der vorstehende Sachverhalt ergibt sich aus den im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen (insbesondere den vom Dienstgeber bestätigten Arbeitszeitaufzeichnungen) sowie dem glaubhaften Vorbringen des Bf. (die Benützung des eigenen PKW für die Fahrten zwischen Wohnung - Arbeitsstätte - Wohnung betreffend). Streit besteht nun darüber, ob dem Bf. infolge Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte das große Pendlerpauschale von 1.476,00 € (für eine einfache Fahrtstrecke von mehr als 20 km bis 40 km) und ein Pendlereuro von 66,00 € zustehen oder nicht.

III. Rechtslage

1. § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 in der für das Streitjahr 2015 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 53/2013 lautet wie folgt:

„§ 16. (1) Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs. 3 anzuwenden. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Werbungskosten sind auch:

[...]

6. Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

a) Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

b) Wird dem Arbeitnehmer ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt, steht kein Pendlerpauschale zu.

c) Beträgt die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindestens 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale:

Bei mindestens 20 km bis 40 km ………        696 Euro jährlich,

bei mehr als 40 km bis 60 km …………      1.356 Euro jährlich,

bei mehr als 60 km ………………………    2.016 Euro jährlich.

d) Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c:

Bei mindestens 2 km bis 20 km ……………  372 Euro jährlich,

bei mehr als 20 km bis 40 km ……………  1.476 Euro jährlich,

bei mehr als 40 km bis 60 km ……………  2.568 Euro jährlich,

bei mehr als 60 km ………………………    3.672 Euro jährlich.

e) Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales gemäß lit. c oder d ist, dass der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt. Ist dies nicht der Fall gilt Folgendes:

- Fährt der Arbeitnehmer an mindestens acht Tagen, aber an nicht mehr als zehn Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu zwei Drittel zu. Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu.

- Fährt der Arbeitnehmer an mindestens vier Tagen, aber an nicht mehr als sieben Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu einem Drittel zu. Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu.

Einem Steuerpflichtigen steht im Kalendermonat höchstens ein Pendlerpauschale in vollem Ausmaß zu.

f) Bei Vorliegen mehrerer Wohnsitze ist für die Berechnung des Pendlerpauschales entweder der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz oder der Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) maßgeblich.

g) Für die Inanspruchnahme des Pendlerpauschales hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber auf einem amtlichen Vordruck eine Erklärung über das Vorliegen der Voraussetzungen abzugeben. Der Arbeitgeber hat die Erklärung des Arbeitnehmers zum Lohnkonto (§ 76) zu nehmen. Änderungen der Verhältnisse für die Berücksichtigung des Pendlerpauschales muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb eines Monates melden.

h) Das Pendlerpauschale ist auch für Feiertage sowie für Lohnzahlungszeiträume zu berücksichtigen, in denen sich der Arbeitnehmer im Krankenstand oder Urlaub befindet.

i) Wird ein Arbeitnehmer, bei dem die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales vorliegen, überwiegend im Werkverkehr gemäß § 26 Z 5 befördert, steht ihm ein Pendlerpauschale nur für jene Wegstrecke zu, die nicht im Werkverkehr zurückgelegt wird. Erwachsen ihm für die Beförderung im Werkverkehr Kosten, sind diese Kosten bis zur Höhe des sich aus lit. c, d oder e ergebenden Betrages als Werbungskosten zu berücksichtigen.

j) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, Kriterien zur Festlegung der Entfernung und der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenverkehrsmittels mit Verordnung festzulegen.“

2. § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 in der für das Streitjahr 2015 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 53/2013 lautet wie folgt:

„(5) Bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis stehen folgende Absetzbeträge zu:

[...]

4. Ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 hat. Für die Berücksichtigung des Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und lit. e bis j entsprechend.“

3. Die Verordnung der Bundesministerin für Finanzen über die Kriterien zur Ermittlung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros, zur Einrichtung eines Pendlerrechners und zum Vorliegen eines Familienwohnsitzes (Pendlerverordnung), BGBl. II Nr. 276/2013 in der ab dem geltenden Fassung BGBl. II Nr. 154/2014, lautet (auszugsweise) wie folgt:

„Auf Grund des § 16 Abs. 1 Z 6, des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e und des § 33 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 - EStG 1988, BGBl. Nr. 400, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 156/2013, wird verordnet:

Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte

§ 1. (1) Die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte umfasst die gesamte Wegstrecke, die unter Verwendung eines Massenbeförderungsmittels, ausgenommen eines Schiffes oder Luftfahrzeuges, unter Verwendung eines privaten Personenkraftwagens oder auf Gehwegen (Abs. 7) zurückgelegt werden muss, um nach Maßgabe des Abs. 2 in der kürzesten möglichen Zeitdauer (§ 2 Abs. 2) die Arbeitsstätte von der Wohnung aus zu erreichen. Entsprechendes gilt nach Maßgabe des Abs. 3 für die Entfernung zwischen Arbeitsstätte und Wohnung.

(2) Der Ermittlung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind die Verhältnisse zu Grunde zu legen, die vorliegen, wenn die Arbeitsstätte in einem Zeitraum von 60 Minuten vor dem tatsächlichen Arbeitsbeginn bis zum tatsächlichen Arbeitsbeginn erreicht wird.

(3) Der Ermittlung der Entfernung zwischen Arbeitsstätte und Wohnung sind die Verhältnisse zu Grunde zu legen, die vorliegen, wenn die Arbeitsstätte in einem Zeitraum vom tatsächlichen Arbeitsende bis zu einem Zeitpunkt, der 60 Minuten später liegt, verlassen wird.

(4) Bei flexiblen Arbeitszeitmodellen (beispielsweise gleitender Arbeitszeit), ist der Ermittlung der Entfernung ein Arbeitsbeginn und ein Arbeitsende zu Grunde zu legen, das den überwiegenden tatsächlichen Arbeitszeiten im Kalenderjahr entspricht.

(5) Sind die zeitlichen und örtlichen Umstände der Erbringung der Arbeitsleistung während des gesamten Kalendermonats im Wesentlichen gleich und ergeben sich nach Abs. 2 einerseits und Abs. 3 andererseits abweichende Entfernungen, ist die längere Entfernung maßgebend.

(6) Sind die zeitlichen oder örtlichen Umstände der Erbringung der Arbeitsleistung während des gesamten Kalendermonats nicht im Wesentlichen gleich, ist jene Entfernung maßgebend, die im Kalendermonat überwiegend zurückgelegt wird. Liegt kein Überwiegen vor, ist die längere Entfernung maßgebend.

(7) Gehwege sind Teilstrecken, auf denen kein Massenbeförderungsmittel verkehrt. Eine Teilstrecke unmittelbar vor der Arbeitsstätte ist als Gehweg zu berücksichtigen, wenn sie zwei Kilometer nicht übersteigt. In allen übrigen Fällen sind als Gehwege Teilstrecken zu berücksichtigen, die einen Kilometer nicht übersteigen.

(8) Ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar (§ 2 Abs. 1), bemisst sich die Entfernung nach den Streckenkilometern des Massenbeförderungsmittels und allfälliger zusätzlicher Straßenkilometer und Gehwege. Beträgt die Gesamtstrecke zumindest 20 Kilometer, sind angefangene Kilometer auf volle Kilometer aufzurunden.

(9) Ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels unzumutbar (§ 2 Abs. 1), bemisst sich die Entfernung nach den Straßenkilometern der schnellsten Straßenverbindung. Beträgt die Gesamtstrecke zumindest zwei Kilometer, sind angefangene Kilometer auf volle Kilometer aufzurunden.

(10) Bei der Ermittlung der Straßenkilometer gemäß Abs. 8 und 9 sind nur abstrakte durchschnittliche Verhältnisse zu berücksichtigen, die auf einer typisierenden Betrachtung beruhen (insbesondere Durchschnittsgeschwindigkeiten). Konkrete Verhältnisse (insbesondere Staus oder privat veranlasste Umwege) sind nicht zu berücksichtigen.

Zumutbarkeit und Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels

§ 2. (1) Die Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels ist nach Z 1 und Z 2 zu beurteilen. Dabei sind die Verhältnisse gemäß § 1 zu Grunde zu legen. Die Umstände, die die Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit begründen, müssen jeweils überwiegend im Kalendermonat vorliegen.

1. Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels liegt vor, wenn,

a) zumindest für die Hälfte der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte oder zwischen Arbeitsstätte und Wohnung nach Maßgabe des § 1 kein Massenbeförderungsmittel zur Verfügung steht oder

b) der Steuerpflichtige über einen gültigen Ausweis gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 39/2013 verfügt oder

c) die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder wegen Blindheit für den Steuerpflichtigen im Behindertenpass (§ 42 Abs. 1 Bundesbehindertengesetz BGBl. Nr. 283/1990, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 150/2002) eingetragen ist.

2. Kommt Z 1 nicht zur Anwendung, gilt unter Zugrundelegung der Zeitdauer (Abs. 2) Folgendes:

a) Bis 60 Minuten Zeitdauer ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels stets zumutbar.

b) Bei mehr als 120 Minuten Zeitdauer ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels stets unzumutbar.

c) Übersteigt die Zeitdauer 60 Minuten nicht aber 120 Minuten, ist auf die entfernungsabhängige Höchstdauer abzustellen. Diese beträgt 60 Minuten zuzüglich einer Minute pro Kilometer der Entfernung, jedoch maximal 120 Minuten. Angefangene Kilometer sind dabei auf volle Kilometer aufzurunden. Übersteigt die kürzeste mögliche Zeitdauer die entfernungsabhängige Höchstdauer, ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels unzumutbar.

(2) Die Zeitdauer umfasst die gesamte Zeit, die vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn bzw. vom Arbeitsende bis zum Eintreffen bei der Wohnung verstreicht; sie umfasst auch Wartezeiten. Für die Ermittlung der Zeitdauer gilt:

1. Stehen verschiedene Massenbeförderungsmittel zur Verfügung, ist das schnellste Massenbeförderungsmittel zu berücksichtigen.

2. Zudem ist die optimale Kombination von Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel zu berücksichtigen; dabei ist für mehr als die Hälfte der Entfernung ein zur Verfügung stehendes Massenbeförderungsmittel zu berücksichtigen. Ist eine Kombination von Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel mit einem Anteil des Individualverkehrsmittels von höchstens 15 Prozent der Entfernung verfügbar, ist diese Kombination vorrangig zu berücksichtigen.

3. Steht sowohl ein Massenbeförderungsmittel als auch eine Kombination von Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel zur Verfügung, liegt eine optimale Kombination im Sinne der Z 2 nur dann vor, wenn die nach Z 2 ermittelte Zeitdauer gegenüber dem schnellsten Massenbeförderungsmittel zu einer Zeitersparnis von mindestens 15 Minuten führt.

(3) Sind die zeitlichen und örtlichen Umstände der Erbringung der Arbeitsleistung während des gesamten Kalendermonates im Wesentlichen gleich, und ergeben sich nach § 1 Abs. 2 und  3 unterschiedliche Zeitdauern, ist die längere Zeitdauer maßgebend.

(4) Sind die zeitlichen oder örtlichen Umstände der Erbringung der Arbeitsleistung während des gesamten Kalendermonats nicht im Wesentlichen gleich, ist jene Zeit maßgebend, die erforderlich ist, um die Entfernung von der Wohnung zur Arbeitsstätte bzw. von der Arbeitsstätte zur Wohnung im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurückzulegen. Liegt kein Überwiegen vor, ist die längere Zeitdauer gemäß § 2 Abs. 2 maßgebend.

Pendlerrechner

§ 3. (1) Für die Ermittlung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. zwischen Arbeitsstätte und Wohnung (§ 1) und für die Beurteilung, ob die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar oder unzumutbar ist (§ 2), ist für Verhältnisse innerhalb Österreichs der vom Bundesministerium für Finanzen im Internet zur Verfügung gestellte Pendlerrechner zu verwenden.

(2) Dem Pendlerrechner sind die Verhältnisse zu Grunde zu legen, die für den abgefragten Tag bestehen.

(3) Entsprechen die zeitlichen und örtlichen Umstände der Erbringung der Arbeitsleistung während des gesamten Kalendermonats im Wesentlichen jenen, die für den abgefragten Tag im Pendlerrechner bestehen, kann angenommen werden, dass das unter Verwendung des Pendlerrechners für den abgefragten Tag ermittelte Ergebnis mit dem übereinstimmt, das sich für alle maßgebenden Tage des Kalendermonats ergibt.

(4) Liegen für verschiedene abgefragte Tage unter Verwendung des Pendlerrechners unterschiedliche Ergebnisse vor, ist jenes maßgebend, das für einen abgefragten Tag (Abs. 3) ermittelt wurde, der jenem Kalenderjahr zuzurechnen ist, für das die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und die Beurteilung, ob die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar ist, zu beurteilen ist. In allen anderen Fällen ist die zeitnähere Abfrage nach Abs. 3 maßgebend.

(5) Das Ergebnis des Pendlerrechners ist nicht heranzuziehen, wenn nachgewiesen wird, dass

1. bei der Berechnung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. der Entfernung zwischen Arbeitsstätte und Wohnung (§ 1) oder

2. bei der Beurteilung, ob die Benützung eines Massenbeförderungsmittels unzumutbar ist (§ 2) unrichtige Verhältnisse berücksichtigt werden. Dieser Nachweis kann vom Steuerpflichtigen nur im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung erbracht werden. Die Nachweismöglichkeit erstreckt sich jedoch nicht auf jene Verhältnisse, die dem Pendlerrechner auf Grund einer abstrakten Betrachtung des Individualverkehrs hinterlegt sind und auf einer typisierenden Betrachtung beruhen (beispielsweise die hinterlegte Durchschnittsgeschwindigkeit).

(6) Der Arbeitnehmer hat das Ergebnis des Pendlerrechners auszudrucken. Dieser Ausdruck gilt als amtlicher Vordruck im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. g EStG 1988. Erfolgt keine Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuro durch den Arbeitgeber bei Anwendung des Lohnsteuertarifs, hat der Arbeitnehmer den Ausdruck des ermittelten Ergebnisses des Pendlerrechners für Zwecke der Berücksichtigung bei der Einkommensteuerveranlagung heranzuziehen und aufzubewahren.

(7) Ist die Verwendung des Pendlerrechners nicht möglich (insbesondere weil die Wohnung oder Arbeitsstätte im Ausland liegt) oder liefert der Pendlerrechner dauerhaft kein Ergebnis (insbesondere bei Fehlermeldung wegen Zeitüberschreitung), hat der Arbeitnehmer für die Inanspruchnahme des Pendlerpauschales und des Pendlereuro den für derartige Fälle aufgelegten amtlichen Vordruck zu verwenden. Wenn der Pendlerrechner dauerhaft kein Ergebnis liefert, ist dies durch einen entsprechenden Ausdruck des Pendlerrechners nachzuweisen.“

IV. Erwägungen

1. Das Finanzamt vertritt die Ansicht (vgl. die Begründung zum angefochtenen Bescheid vom ), dass dem Bf. das Pendlerpauschale und der Pendlereuro nicht zustünden, weil ihm für die Fahrten zwischen Wohnung - Arbeitsstätte - Wohnung der „Werkverkehr“ seines Arbeitgebers X-GmbH zur Verfügung stehe.

Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof mittlerweile klargestellt (vgl. ), dass die sich aus § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c und d EStG 1988 ergebenden Pauschbeträge aufgrund des Wortlautes des Gesetzes nicht schon dann nicht zustehen, wenn der Arbeitnehmer im Werkverkehr befördert werden könnte und ihm dies auch zumutbar wäre. § 16 Abs. 1 Z 6 lit. i EStG 1988 stellt zur Beförderung im Werkverkehr sprachlich eindeutig auf die tatsächlichen Verhältnisse ab (vgl. in diesem Sinn auch Doralt, EStG7, § 26 Tz 123; Sutter/Pfalz in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, 58. Lfg, § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Tz 37; Jakom/Lenneis EStG, 2017, § 26 Rz 22).

In Bezug auf die steuerliche Abzugsfähigkeit des Pendlerpauschales (Pendlereuros) besteht somit keine Verpflichtung zur Nutzung des Werkverkehrs. Nutzt ein Dienstnehmer den Werkverkehr nicht, sondern verwendet er den eigenen PKW, steht die bloße Möglichkeit zur Nutzung des Werkverkehrs der Geltendmachung des Pendlerpauschales (Pendlereuros) nicht entgegen. Benützt daher ein Dienstnehmer (hier konkret: ein Busfahrer der X-GmbH) für die Zurücklegung des gesamten Arbeitsweges seinen privaten PKW und nicht (auch) den Werkverkehr (bzw. die unentgeltliche oder verbilligte Beförderung durch den Arbeitgeber), obwohl ihm die Benützung des Massenbeförderungsmittels in Kombination mit dem Auto (Park & Ride) zumutbar wäre, steht ihm für die gesamte Wegstrecke das „kleine“ Pendlerpauschale zu (vgl. auch ; ).

2. Im Hinblick auf § 16 Abs. 1 Z 6 lit. i EStG 1988 ist somit auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen, wobei entscheidend ist, ob der Bf. im Streitjahr im Lohnzahlungszeitraum überwiegend im „Werkverkehr“ der X-GmbH befördert wurde. Gemäß § 77 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 ist der Lohnzahlungszeitraum - wenn der Arbeitnehmer bei einem Arbeitgeber (wie hier) im Kalendermonat durchgehend beschäftigt ist - der Kalendermonat. Für den vollen Kalendermonat können aufgrund einer Durchschnittsbetrachtung 20 Arbeitstage angenommen werden, sodass § 16 Abs. 1 Z 6 lit. i EStG 1988 im Streitfall nur dann zum Tragen kommt, wenn der Bf. im Kalendermonat an mindestens 11 Tagen im „Werkverkehr“ der X-GmbH befördert wurde (in diesem Sinne auch -I/05, wonach für die Berücksichtigung des Pendlerpauschales hinsichtlich des Überwiegens nicht auf die Anzahl der Arbeitstage des konkreten Arbeitsverhältnisses abzustellen ist, sondern auf die durchschnittlich 20 Arbeitstage eines Kalendermonats; vgl. auch ).

Davon kann für das Streitjahr 2015 nicht ausgegangen werden. Für die Fahrten zwischen Wohnung - Arbeitsstätte - Wohnung wurde der „Werkverkehr“ der X-GmbH vom Bf. überhaupt nicht in Anspruch genommen. Diese Fahrten wurden vom Bf. stets mit seinem eigenen PKW zurückgelegt, was auch vom Finanzamt nicht in Abrede gestellt wurde. Damit ist § 16 Abs. 1 Z 6 lit. i EStG 1988 im Streitfall nicht einschlägig und es steht dem Bf. - entgegen der Auffassung des Finanzamtes - (zumindest) das „kleine“ Pendlerpauschale und der Pendlereuro im Hinblick auf die 32,6 km lange einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu.

3. Vom Bf. wurde die Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eingewendet, weil die Benützung des - kostenlosen - „Werkverkehrs“ der X-GmbH aufgrund der von ihm einzuhaltenden Dienstpläne gar nicht möglich gewesen sei. Er verrichte seine Tätigkeit im Wechseldienst mit Dienstbeginn meist am frühen Morgen, zu welcher Zeit noch keine Busse verkehrten.

Unzumutbarkeit der Benützung von Massenverkehrsmitteln ist gegeben, wenn zumindest auf dem halben Arbeitsweg ein Massenverkehrsmittel überhaupt nicht oder nicht zur erforderlichen Zeit (zB Nachtarbeit) verkehrt.

Den vom Bf. vorgelegten und von seinem Arbeitgeber bestätigten Arbeitszeitaufzeichnungen ist zu entnehmen, dass der Bf. keine fixe Dienstzeit hat. Als Busfahrer der X-GmbH ist er im Wechseldienst tätig, wobei er Dienstpläne mit unregelmäßigen Dienstzeiten zu erfüllen hat. In Abhängigkeit der Fahrpläne der Busse ist von einem unregelmäßigen Dienstbeginn und Dienstende auszugehen. Den vorgelegten Arbeitszeitaufzeichnungen zufolge wurde der Dienst im Jahr 2015 an 42 (!) verschiedenen Uhrzeiten (zumeist am frühen Morgen) begonnen, das Dienstende fiel ebenfalls auf 42 (!) verschiedene Uhrzeiten (zumeist am späten Abend bzw. in der Nacht). Die Dienstpläne erforderten vom Bf. ein hohes Maß an Flexibilität im Hinblick auf den Dienstbeginn bzw. das Dienstende.

4. Bei flexiblen Arbeitszeitmodellen (zB bei gleitender Arbeitszeit, aber auch bei Wechsel- bzw. Schichtdienst) sind der Ermittlung der Entfernung gemäß § 1 Abs. 4 Pendlerverordnung jene Arbeitszeiten zugrunde zu legen, die den überwiegenden tatsächlichen Arbeitszeiten im Kalenderjahr entsprechen (eingeführt durch BGBl. II Nr. 154/2014). Diese Verhältnisse sind gemäß § 2 Abs. 1 Pendlerverordnung auch der Beurteilung der Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels zugrunde zu legen.

Dies wird auch von der Finanzverwaltung so gesehen. So bestehen den LStR 2002 Rz 262 zufolge bei Schichtdienst keine Bedenken, auf die voraussichtlich überwiegend (zB im Kalenderjahr, Schichtturnus) vorliegenden Verhältnisse abzustellen und daraus einen repräsentativen Arbeitsbeginn bzw. ein repräsentatives Arbeitsende abzuleiten. Ist in diesem Zeitraum kein Überwiegen feststellbar, bestehen keine Bedenken, analog zu § 2 Abs. 4 Pendlerverordnung die für den Arbeitnehmer günstigere Variante zu berücksichtigen.

Eine Auswertung der tatsächlichen Arbeitszeiten durch das Bundesfinanzgericht ergab (vgl. Beilage 1, die einen integrierenden Bestandteil dieses Erkenntnisses bildet), dass der Bf. im Jahr 2015 den Dienst zwar an verschiedenen Uhrzeiten, aber überwiegend (30 Mal) um 05:45 Uhr begann, gefolgt von einem Dienstbeginn um 05:26 Uhr (27 Mal). Das Dienstende fiel mehrheitlich auf 19:52 Uhr (26 Mal).

5. Für die Beurteilung, ob die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar oder unzumutbar ist, ist für Verhältnisse innerhalb Österreichs der vom Bundesministerium für Finanzen im Internet zur Verfügung gestellte Pendlerrechner zu verwenden (§ 3 Abs. 1 Pendlerverordnung). Liegen sowohl Wohnung als auch Arbeitsstätte im Inland, ist der Pendlerrechner verpflichtend zu verwenden (vgl. Jakom/Lenneis, EStG, 2017, § 16 Rz 30). Das Ergebnis des Pendlerrechners ist für den Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber rechtsverbindlich.

Der Bf. legte seinem Arbeitgeber kein - von ihm ausgefülltes und unterfertigtes - Berechnungsformular L34 EDV („Erklärung/Nachweis zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuro ab “) vor, weshalb bei der laufenden Lohnverrechnung für das Streitjahr auch kein Pendlerpauschale und kein Pendlereuro berücksichtigt wurden. Wie die X-GmbH dazu mitteilte, werde bei ihren als Arbeitnehmer tätigen Busfahrern generell kein Pendlerpauschale (Pendlereuro) berücksichtigt, weil zum einen ein arbeitgebereigener „Werkverkehr“ eingerichtet sei und die tatsächlichen Verhältnisse (in Bezug auf die Benützung dieses „Werkverkehrs“) bei den einzelnen Busfahrern gar nicht überprüft werden könnten. Zum anderen hätten die Busfahrer aufgrund von Wechseldiensten Dienstpläne mit unregelmäßigen Dienstzeiten zu erfüllen, was es für den Arbeitgeber unmöglich mache, die Voraussetzungen für die Gewährung des Pendlerpauschales (des Pendlereuros) bei jedem einzelnen Busfahrer zu kontrollieren.

Für die erstmalige Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros im Rahmen der (Arbeitnehmer-)Veranlagung ist jene Abfrage maßgebend, die im entsprechenden Veranlagungsjahr durchgeführt wurde. Liegt keine solche Abfrage vor, ist jene Abfrage maßgeblich, die zeitlich dem Veranlagungsjahr am nächsten ist. Spätestens im Rahmen der (Arbeitnehmer-)Veranlagung ist eine Abfrage durchzuführen (vgl. auch LStR 2002 Rz 252a).

Ein Berechnungsformular L34 EDV („Erklärung/Nachweis zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuro ab “) wurde vom Bf. auch dem Finanzamt (im Rahmen seiner Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2015) nicht vorgelegt. Das Bundesfinanzgericht führte sodann im Zuge seiner Entscheidungsfindung eine Berechnung mit dem vom Bundesministerium für Finanzen im Internet zur Verfügung gestellten Pendlerrechner durch. Dabei wurden für den abgefragten Tag (Donnerstag, ) die gemäß § 1 Abs. 4 iVm § 2 Abs. 1 Pendlerverordnung überwiegenden tatsächlichen Arbeitszeiten des Bf. im Kalenderjahr 2015 (somit Arbeitsbeginn: 05:45 Uhr; Arbeitsende: 19:52 Uhr) zugrunde gelegt. Das Berechnungsformular L34 EDV (vgl. Beilage 2, die einen integrierenden Bestandteil dieses Erkenntnisses bildet) dokumentiert die Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels für Fahrten zwischen Wohnung (Ort2, B-Straße) und Arbeitsstätte (Ort1, A-Gasse).

6. Das Ergebnis des Pendlerrechners findet auch Deckung in der Argumentation des Bf. Von ihm wurde eingewendet, dass die Benützung des - kostenlosen - „Werkverkehrs“ der X-GmbH aufgrund seiner Arbeitszeiten nicht möglich sei. Der Dienstbeginn falle meist auf den frühen Morgen, zu welcher Zeit noch keine Busse verkehrten.

Der Bf. bezieht sich zwar lediglich auf den „Werkverkehr“ seines Arbeitgebers mit den Bussen und lässt damit unberücksichtigt, dass die Frage der Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit generell auf die Benützung eines Massenbeförderungsmittels abstellt. Dem vom Bf. für das Streitjahr ebenfalls vorgelegten Fahrplanauszug für das Massenbeförderungsmittel ÖBB (Zug) ist zu entnehmen, dass eine Direktverbindung mit dem Zug (S-Bahn) zwischen Bahnhof1 und Bahnhof2 mit der (frühestmöglichen) Planabfahrt in Bahnhof1 um 04:57 Uhr und der (frühestmöglichen) Planankunft in Bahnhof2 um 05:26 Uhr bestand. (Die arbeitgebereigenen Busse hätten auf dieser Strecke erst zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch genommen werden können.)

Erhebungen des Bundesfinanzgerichtes haben ergeben, dass bei der genannten Verbindung der innerstädtische Verkehrsmittel der Linie 1234 mit der Planabfahrt 05:36 Uhr an der Bushaltestelle „Haltestelle1“ zu erreichen gewesen wäre. Planankunft dieses Verkehrsmittels der Linie 1234 an der Bushaltestelle „Haltestelle2“ war um 05:51 Uhr. Der Fußweg von dort bis zur Arbeitsstätte beträgt ca. acht Minuten. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes hätte der Bf. daher mit der frühestmöglichen Zugverbindung einen Arbeitsbeginn erst ab 05:59 Uhr einhalten können. Bei einem Arbeitsbeginn zu einem früheren Zeitpunkt (der lt. vorgelegten Arbeitszeitaufzeichnungen häufig vorgekommen ist und mit 05:45 Uhr auch dem abgefragten Tag lt. Pendlerrechner als überwiegender Arbeitsbeginn gemäß § 1 Abs. 4 iVm § 2 Abs. 1 Pendlerverordnung zugrunde gelegt wurde) hätte die Arbeitsstätte in Ort1, A-Gasse, mit einem Massenbeförderungsmittel nicht erreicht werden können.

V. Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen

Aufgrund des gegebenen Sachverhaltes bestehen keine Bedenken, im Streitfall - dem Begehren des Bf. folgend - infolge Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte das „große“ Pendlerpauschale von 1.476,00 € (für eine einfache Fahrtstrecke von mehr als 20 km bis 40 km) und einen Pendlereuro von 66,00 € (Hinweis auf § 1 Abs. 9 Pendlerverordnung) anzuerkennen.

Die Berechnung der Einkommensteuer für das Jahr 2015 ist dem beiliegenden Berechnungsblatt zu entnehmen, das insoweit einen Bestandteil dieses Erkenntnisses bildet.

VI. Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Zum Verständnis des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. i EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung BGBl. I Nr. 53/2013 konnte sich das Bundesfinanzgericht auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (insbesondere ) berufen. Diese Gesetzesbestimmung stellt zur Beförderung im Werkverkehr auf die tatsächlichen Verhältnisse ab. Nutzt daher ein Dienstnehmer den Werkverkehr nicht, sondern verwendet er den eigenen PKW, steht die bloße Möglichkeit zur Nutzung des Werkverkehrs der Geltendmachung des Pendlerpauschales (Pendlereuros) nicht entgegen. Die Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse (konkret: die Feststellung der Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) ist keine Rechtsfrage, sondern eine Frage der Beweiswürdigung und somit des Sachverhaltes. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.3100975.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at