Zweiter und dritter Säumniszuschlag und Vollstreckbarkeit
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
.
Das Bundesfinanzgericht hat
durch den Richter
A
in der Beschwerdesache
MV als Masseverwalter der BF, MVStraße, MVOrt
gegen
FA
wegen
behaupteter Rechtswidrigkeit des Bescheides vom betreffend den zweiten Säumnniszuschlag zur Umsatzsteuer für 09/2006, 10/2006 sowie des Bescheides vom betreffend den dritten Säumnniszuschlag zur Umsatzsteuer für 09/2006, 10/2006
zu Recht erkannt:
1. Der angefochtene Bescheid wird – ersatzlos – aufgehoben.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom setzte das FA zweite Säumniszuschläge in Höhe von € 429,65 (1% der verspätet entrichteten USt-Zahllast für 09/2006 in Höhe von € 42.965,15) sowie von € 908,93 (1% der verspätet entrichteten USt-Zahllast für 10/2006 in Höhe von € 90.892,95) fest und begründete dies damit, dass die Festsetzung erforderlich gewesen sei, da die BF die oben angeführten Abgabenschulden nicht binnen drei Monaten ab Eintritt der Vollstreckbarkeit der Abgabenschuld entrichtet habe.
Gegen diesen Bescheid erhob die BF durch ihren ausgewiesenen Vertreter am Berufung und begründete damit, dass die in Frage stehenden Umsatzsteuerzahllasten aufgrund der Pfändung von verschiedenen Forderungen in der Höhe von gesamt € 1,252.258,37 nicht fristgerecht bezahlt worden seien . Die Vorschreibung von Säumniszuschlägen sei daher nicht gerechtfertigt.
Das FA erließ dazu am eine Berufungsvorentscheidung und wies diese Berufung ab. Zur Begründung führte das FA im Wesentlichen aus, dass für eine Abgabe, welche nicht spätestens drei Monate nach Eintritt der Vollstreckbarkeit entrichtet werde, ein Säumniszuschlag in Höhe von 1 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages festzusetzen sei. Dies sei im gegenständlichen Fall gegeben gewesen.
Die BF beantragte in der Folge fristgerecht die Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte zusätzlich zum Vorbringen in der Berufung aus, dass die BF alle Unterlagen immer dem Steuerberater übergeben habe und darauf vertraut habe, dass alle notwenigen Maßnahmen für eine korrekte und termingerechte Meldung gesetzt worden seien.
Mit Bescheid vom setzte das FA dritte Säumniszuschläge in Höhe von € 429,65 (1% der verspätet entrichteten USt-Zahllast für 09/2006 in Höhe von € 42.965,15) sowie von € 908,93 (1% der verspätet entrichteten USt-Zahllast für 10/2006 in Höhe von € 90.892,95) fest und begründete dies damit, dass die Festsetzung erforderlich gewesen sei, da die BF die oben angeführten Abgabenschulden nicht binnen drei Monaten ab Eintritt der Vollstreckbarkeit der Abgabenschuld entrichtet habe.
Auch gegen diesen Bescheid erhob die BF durch ihren ausgewiesenen Vertreter am Berufung und begründete damit, dass die in Frage stehenden Umsatzsteuerzahllasten aufgrund der Pfändung von verschiedenen Forderungen nicht fristgerecht bezahlt worden seien . Die Vorschreibung von Säumniszuschlägen sei daher nicht gerechtfertigt.
Diese Berufung legte das FA ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem UFS vor.
Mit Beschluss des LG Salzburg vom wurde über das Vermögen der BF das Konkursverfahren eröffnet und der im Spruch genannte Rechtsanwalt zum Masseverwalter bestellt.
Der verfahrensgegenständliche Vorlageanträge sowie die direkt vorgelegte Berufung waren zum noch nicht erledigt.
Aufgrund einer Verfügung des GV-Ausschusses des wurden die gegenständlichen Verfahren am dem nun zur Entscheidung berufenen Richter übertragen.
Das BFG hat dazu erwogen:
Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die beim UFS als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen … vom BFG als Beschwerden im Sinne des Art 130 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit gegenüber dem Bundesfinanzgericht.
Das Bundesfinanzgericht ist somit zur Entscheidung dieser Berufungen zuständig.
Das BFG legt den nachfolgenden Sachverhalt seiner Entscheidung zu Grunde, der sich aus den Verwaltungsakten, dem Vorbringen der Parteien im Beschwerdeverfahren und den Datenbanken der Finanzverwaltung ergibt.
Die BF reichte ab 08/2006 keine Umsatzsteuervoranmeldungen mehr ein. Aufgrund von Feststellungen der Finanzverwaltung zu Eingangsrechnungen und der Nummerierung von Ausgangsrechnungen setzte das FA unter anderem die Umsatzsteuern für 09/2006 und 10/2006 am mit den der oben beschriebenen Zahllasten fest.
Dies ergibt sich aus den Einbringungsakten des FA.
Einzahlungen der BF auf diese Umsatzsteuerzahllasten erfolgten nicht.
Dies ergibt sich aus den Datenbanken der Finanzverwaltung.
Zum gegenständlichen Verfahren betreffend die Vorschreibung eines zweiten und eines dritten Säumniszuschlages betreffend die USt 09/2006 und 10/2006 ist Folgendes auszuführen:
Gemäß § 217 Abs. 3 BAO ist ein zweiter Säumniszuschlag für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit (§ 226) entrichtet ist. Ein dritter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung des zweiten Säumniszuschlages entrichtet ist. Der Säumniszuschlag beträgt … 1% des zum maßgebenden Stichtag nicht entrichteten Abgabenbetrages.
Ein zweiter Säumniszuschlag sanktioniert Nichtentrichtungen wenn die Entrichtung der Umsatzsteuer drei Monate nach Eintritt der Vollstreckbarkeit nicht erfolgt ist, ein dritter Säumniszuschlag sanktioniert Nichtentrichtungen wenn die Entrichtung der Umsatzsteuer weitere drei Monate nach Eintritt der Vollstreckbarkeit nicht erfolgt ist.
Gemäß § 201 Abs.1 BAO muss nach Maßgabe des Abs. 3 … von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
Die Neufassung des § 201 BAO durch das AbgRmRefG lässt (nach 1128 BlgNR 21. GP, 10) den Vorrang spezieller anderer Abgabenvorschriften (wie zB § 21 Abs 3 UStG 1994, § 5 Abs 3 ElAbgG) unberührt. Im Unterschied zu § 201 BAO hat die Festsetzung von Umsatzsteuer-Vorauszahlungen nach § 21 Abs 3 UStG 1994 stets zu erfolgen (zB bei Unrichtigkeit der Selbstberechnung), somit etwa auch bei einer lediglich geringfügigen Nachforderung. (Ritz BAO5, § 201 Tz. 12)
Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuß unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. … Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.
Gemäß § 21 Abs. 3 UStG 1994 hat das Finanzamt die Steuer festzusetzen, wenn der Unternehmer die Einreichung der Voranmeldung pflichtwidrig unterläßt oder wenn sich die Voranmeldung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist. … Eine festgesetzte Vorauszahlung hat den im Abs. 1 genannten Fälligkeitstag.
Gemäß § 210 Abs. 4 BAO steht dem Abgabepflichtigen für die Entrichtung der Abgabennachforderung eine Nachfrist von einem Monat ab der Bekanntgabe des maßgeblichen Bescheides zu, wenn Abgaben, ausgenommen Nebenansprüche, später als einen Monat vor ihrer Fälligkeit festgesetzt werden.
Nach § 210 Abs 4 steht eine Nachfrist von 1 Monat zu, wenn eine Abgabe später als 1 Monat vor dem Eintritt ihrer Fälligkeit (somit vor allem nach Eintritt ihrer Fälligkeit) festgesetzt wird. Bedeutsam ist § 210 Abs 4 bei Abgaben, deren Fälligkeit (abweichend von § 210 Abs 1) speziell (und unabhängig von einer Festsetzung eintretend) geregelt ist, wie zB im § 21 Abs 1 UStG 1994 (Umsatzsteuervorauszahlungen), § 43 Abs 1 FLAG (Dienstgeberbeitrag), § 11 Abs 2 KommStG 1993. (Ritz BAO5, § 210 Tz. 11)
Gemäß § 226 BAO sind Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, in dem von der Abgabenbehörde festgesetzten Ausmaß vollstreckbar; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete und der Abgabenbehörde bekanntgegebene Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt.
Grundsätzlich setzt die Vollstreckbarkeit von Abgaben deren bescheidmäßige Festsetzung voraus. Dies gilt nicht bei Selbstbemessungsabgaben (zB Umsatzsteuervorauszahlungen, Lohnsteuerabfuhrbeträge); solche Abgaben sind in der der Abgabenbehörde vom Eigenschuldner oder vom Abfuhrverpflichteten bekannt gegebenen Höhe vollstreckbar, solange nicht die Voraussetzungen für eine abgabenbehördliche Festsetzung bzw für eine Haftungsinanspruchnahme gegeben sind. Eine solche Bekanntgabe erfolgt bei Umsatzsteuervorauszahlungen durch Umsatzsteuervoranmeldungen.
Bei Selbstbemessungsabgaben (zB Umsatzsteuervorauszahlungen) setzt die Vollstreckbarkeit hinsichtlich des über die Selbstbemessung hinausgehenden Mehrbetrages noch die bescheidmäßige Festsetzung voraus ( VwGH 4.6.2009, 2008/13/0140). (Ritz BAO5, § 226 Tz. 1)
Da es je Umsatzsteuervoranmeldungszeitraum nur eine Voranmeldung geben kann (vgl ), sind Umsatzsteuerbeträge, die sich aus „berichtigten“ Voranmeldungen ergeben, erst nach deren Festsetzung (gem § 21 Abs 3 UStG 1994) vollstreckbar, es sei denn, es wäre eine solche gem § 21 Abs 1 dritter Satz UStG 1994 ( Ellinger/ Bibus/ Ottinger, Abgabeneinhebung, 197). (Ritz BAO5, § 226 Tz. 2)
Die BF hat keine Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate 09/2006 und 10/2006 abgegeben und keine Einzahlungen auf diese Zahllasten durchgeführt. Die Festsetzung der Umsatzsteuerzahllasten für diese beiden Monate erfolgte mit Bescheiden vom . Aufgrund des gegenständlichen Sachverhaltes liegen die Voraussetzungen für die Vorschreibung eines zweiten Säumniszuschlages zum so wenig vor, wie die Vorschreibung eines dritten Säumniszuschlages zum .
Die angefochtenen Bescheide über die Vorschreibung eines zweiten und eines dritten Säumniszuschlages waren daher aufzuheben.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die gegenständliche Entscheidung stützt sich auf die in der Begründung angeführten gesetzlichen Bestimmungen und die dort angeführten Entscheidungen des VwGH. Eine Revision an den VwGH ist nicht zulässig.
Salzburg-Aigen, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 217 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | zweiter Säumniszuschlag dritter Säumniszuschlag |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.6100611.2007 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at