1. Darf eine Parkstrafe verhängt werden, wenn eine Farbkopie eines Parkausweises gemäß § 29b StVO hinter der Windschutzscheibe liegt? 2. Rechtsirrtum? 3. Doppelt bestraft?
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Miterledigte GZ: |
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RV/7500802/2016 |
RV/7500803/2016 |
RV/7500804/2016 |
RV/7500805/2016 |
RV/7500806/2016 |
RV/7500807/2016 |
VfGH-Beschwerde zur Zahl E 3251/2016 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss v. abgelehnt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Verwaltungsstrafsache Bf., vertreten durch Telos Law Group, Winalek, Wutte-Lang, Nikodem Rechtsanwälte GmbH, 1090 Wien, Hörlgasse 12, über die Beschwerden vom gegen die Straferkenntnisse des Magistrats der Stadt Wien vom , zugestellt am , Geschäftszahl MA 67-PA-500260/6/9, MA 67-PA-500340/6/6, MA 67-PA-518560/6/2, MA 67-PA-518612/6/4, MA 67-PA-532267/6/8, MA 67-PA-540151/6/9 und MA 67-PA-562992/6/6 in der mündlichen Verhandlung vom zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 VwGVG werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Straferkenntnisse werden bestätigt.
II. Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerde führende Partei einen Kostenbeitrag in Höhe von EUR 12,00 für jede Verwaltungsübertretung – und damit einen Gesamtkostenbeitrag in Höhe von EUR 84,00 – binnen zwei Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung zu zahlen. Gemäß § 25 Abs 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.
III. Gemäß Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG iVm § 25a Abs 4 VwGG ist eine ordentliche Revision der Beschwerde führenden Partei und der belangten Behörde nicht zulässig.
IV. Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG iVm § 25a Abs 4 VwGG ist eine außerordentliche Revision der Beschwerde führenden Partei nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
1. In vier Straferkenntnissen vom hat der Magistrat der Stadt Wien der Beschwerdeführerin (Bf.) vorgeworfen, sie habe das mehrspurige Fahrzeug mit dem in den Straferkenntnissen näher bezeichneten behördlichen Kennzeichen in gebührenpflichtigen Kurzparkzonen abgestellt, ohne dieses mit einem gültig entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder einen elektronischen Parkschein aktiviert zu haben. Im Fahrzeug habe sich eine Farbkopie des § 29b StVO - Ausweises mit der Nummer ... befunden. Die Bf. habe die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt und die Rechtsvorschriften § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005 iVm § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBI. für Wien Nr. 09/2006, idgF verletzt.
In einem Straferkenntnis vom wurde der Bf. vorgeworfen, diese Verwaltungsübertretungen am um 16:05 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Tatort1, und am um 09:38 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Tatort2, begangen zu haben.
In einem Straferkenntnis vom wurde der Bf. vorgeworfen, diese Verwaltungsübertretungen am um 13:43 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Tatort3, und am um 21:38 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Tatort4, begangen zu haben.
In einem Straferkenntnis vom wurde der Bf. vorgeworfen, diese Verwaltungsübertretungen am um 09:53 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Tatort2, und am um 18:00 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Tatort3, begangen zu haben.
In einem Straferkenntnis vom wurde der Bf. vorgeworfen, diese Verwaltungsübertretung am um 16:25 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Tatort5, begangen zu haben.
Über die Bf. wurde gemäß § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 für jede begangene Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe iHv EUR 60,00 (im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 12 Stunden) verhängt und für jede begangene Verwaltungsübertretung wurden die Verfahrenskosten iHv EUR 10,00 dadurch festgesetzt, dass in den Straferkenntnissen, in denen über mehr als eine Verwaltungsübertretung entschieden wurde, das Wort „jeweils“ iVm „Geldstrafe“, „Ersatzfreiheitsstrafe“ und „Verfahrenskosten“ verwendet wurde.
Die vier Straferkenntnisse wurden sinngemäß wie folgt begründet: Im Fahrzeug habe sich kein Original - § 29b StVO – Ausweis mit der Nummer ... sondern eine Farbkopie dieses Ausweises befunden, was an eckig zugeschnittenen Laminierungsecken, an einem weißen Rand rechts, des fehlenden Reliefs beim Foto und der zu hellen blauen Farbe erkennbar gewesen sei. Nach Aufzählung der Beweismittel (Anzeigen der Parkraumüberwachungsorgane der Landespolizeidirektion Wien über eigenen Wahrnehmungen, von den Parkraumüberwachungsorganen angefertigte Fotos, Unterlagen der MA 40 über ausgestellte § 29b StVO – Ausweise, Lenkerauskünfte der Bf.) und Äußerungen der Bf. (sie besitze einen Parkausweis für Behinderte; sie habe eine möglichst originalgetreue Kopie angefertigt um allfälligem Missbrauch infolge Einbruchsdiebstahl vorzubeugen; es gebe nur eine Kopie des Ausweises; sie hinterlege ein selbstverfasstes Schreiben im Fahrzeug; Vorgangsweise der Behörde; Einrichtung und Gestaltung des Amtshauses; unnötiger Verwaltungsaufwand; wegen der bereits bekannten Befreiung von der Parkgebühr unzulässige Strafverfügungen und eingeschränkte Mobilität, wenn der Original-Ausweis in einem geparkten Fahrzeug hinterlegt sein müsse und deshalb nicht beim Parken eines anderen Fahrzeugs verwendet werden dürfe) wurde festgestellt, dass die Bf. die Lenkereigenschaft und das Abstellen an den jeweiligen Tatorten nicht bestritten hat. Nach Aufzählung von § 1 Abs 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, § 5 Abs 1 – 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung und § 6 Abs 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung wurde iVm § 29b Abs 4 StVO ausgeführt, dass Parkometerabgabe befreiend nur der Original – § 29b StVO – Ausweis ist und dass sich an allen Tatorten eine Kopie dieses Ausweises im Fahrzeug befand, weshalb die Bf. das objektive und subjektive Tatbild der fahrlässig verkürzten Parkometerabgabe verwirklicht habe. Bei der Strafbemessung wurden fehlende Vorstrafen und durchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse jedoch keine Sorgepflichten berücksichtigt, da diese nicht amtsbekannt waren.
Alle Straferkenntnisse wurden hinterlegt. Die Abholfrist begann am . Alle Straferkenntnisse waren innerhalb von 4 Wochen ab Zustellung anfechtbar und wurde mit den Beschwerden vom angefochten.
2. Die Beschwerdeausführungen zusammenfassend bestreitet die Bf., die Parkometerabgabe verkürzt zu haben und bringt dazu vor, dass sie einen Ausweis besitzt, der sie von der Entrichtung der Parkgebühr befreit. Nach dem Wortlaut von § 29b Abs 3 lit b StVO habe die Bf. davon ausgehen können, dass sie bereits durch den Besitz eines Ausweises gemäß § 29b StVO von der Entrichtung der Parkgebühr befreit ist. Der § 29b StVO widersprechende § 6 Wiener Parkometerabgabeverordnung konnte deshalb von juristischen Laien wie der Bf. dahingehend verstanden werden, dass eine Ausweiskopie abgabenbefreiend wirke, zumal in § 6 Wiener Parkometerabgabeverordnung – Zitat/Bf. – „nicht vom Original des Ausweises die Rede“ ist. Müsste man sich durch das Originaldokument ausweisen, widerspreche dies dem Zweck der Gebührenbefreiung, da sowohl das eigene Fahrzeug als auch fremde Fahrzeuge, die der Beförderung gehbehinderter Personen dienen, von der Entrichtung der Parkgebühr befreit sind. Die Bf. vertrete eine nachvollziehbare und vertretbare Rechtsansicht. Sollte das Bundesfinanzgericht eine andere Rechtsansicht vertreten, liege ein vertretbarer Rechtsirrtum vor. Aus den begründeten Zweifeln an der Auslegung der im Beschwerdefall angewendeten Gesetze ergebe sich, dass diese einen zu unbestimmten Inhalt aufweisen, um einen – der Verfassung entsprechend bestimmten – Tatbestand zu beschreiben. Aus dem (einen bestimmten Inhalt aufweisenden) Gesetzeswortlaut von § 133 Abs 2 Z 2 Seeschifffahrtsgesetz schließt die Bf., dass keine Strafe verhängt werden könne. Die Bf. wollte wegen gehäufter Einbrüche in Fahrzeug die missbräuchliche Verwendung ihres Ausweises durch die hinterlegte Farbkopie verhindern.
Da gegen die Bf. auch andere Verfahren geführt werden, in denen dieselbe Verwaltungsübertretung zu anderen Tatzeiten vorgeworfen wird, liege eine unzulässige Doppelbestrafung vor. Nach Verweis auf den verfassungsgesetzlichen Grundsatz in Art 4 des 7. Zusatzprotokolls der Europäischen Menschenrechtskonvention (ZPEMRK) führt die Bf. aus, dass die Verwaltungsbehörde einen weiteren Strafbescheid in derselben Sache erlassen habe, weshalb der ggstl. Strafbescheid verfassungswidrig und deshalb ersatzlos aufzuheben sei. Eine Strafe könne wegen fehlender Schuld nicht verhängt werden. In eventu wird beantragt, die Strafe herabzusetzen.
3. Das in den Straferkenntnissen erwähnte selbstverfasste Schreiben der Bf. lautet:
„Sehr geehrte Parkraumüberwacher!
Dies ist eine ORIGINALGETREUE KOPIE meines Parkausweises gem. §29b StVO, denn es wäre von mir GROB FAHRLÄSSIG, das ORIGINAL dieses amtlichen Dokuments einer erhöhten Einbruch-/DiebstahIsgefährdung auszusetzen!!!
Seine Gültigkeit kann jederzeit über die SerienNr. per Anruf bei der ausstellenden Behörde überprüft bzw. von mir persönlich belegt werden!!!
(Bitte nur per Lenkererhebung: oder würden SIE Ihre EIGENE Anschrift und/oder Telefon Nr. für jeden sichtbar hier deponieren wollen?)
Zur Vermeidung UNNÖTIGEN VERWALTUNGSAUFWANDS ersuche ich daher künftig von einer ANZEIGE ABZUSEHEN, BEVOR Sie meine ANGABEN ÜBERPRÜFT haben!
Mit freundlichen Grüßen,
Der/Die Zulassungsbesitzerln “
Aus den Tatortfotos:
1.), 16:05 Uhr: hinterlegt ist eine Farbkopie des Parkausweises gemäß § 29b StVO
2.) , 09:38 Uhr: hinterlegt sind eine Farbkopie des Parkausweises gemäß § 29b StVO und der Original – Behindertenpass.
3.) , 13:43 Uhr: hinterlegt sind eine Farbkopie des Parkausweises gemäß § 29b StVO, der Original – Behindertenpass und das in Pkt. 3 wortwörtlich zitierte Schreiben.
4.) , 21:38 Uhr: hinterlegt sind eine Farbkopie des Parkausweises gemäß § 29b StVO und das in Pkt. 3 wortwörtlich zitierte Schreiben.
5.) , 09:53 Uhr: hinterlegt sind eine Farbkopie des Parkausweises gemäß § 29b StVO, der Original – Behindertenpass und das in Pkt. 3 wortwörtlich zitierte Schreiben.
6.) , 18:00 Uhr: hinterlegt sind eine Farbkopie des Parkausweises gemäß § 29b StVO, der Original – Behindertenpass und das in Pkt. 3 wortwörtlich zitierte Schreiben.
7.) , 16:25 Uhr: hinterlegt sind eine Farbkopie des Parkausweises gemäß § 29b StVO, der Original – Behindertenpass und das in Pkt. 3 wortwörtlich zitierte Schreiben.
Aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung ( ):
Die Bf. gibt über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnissen und über ihre Sorgepflichten an: Durchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse, keine Sorgepflichten, Invalidenpension und Pflegegeldbezieherin Stufe 1.
Auf die Verlesung des Verwaltungsaktes wird verzichtet.
Zur Sache führen die Bf. bzw. ihre rechtsfreundliche Vertretung aus: § 29b StVO befindet sich in Urfassung zum Zeitpunkt der Erlassung, damals gab es noch keine flächendeckenden Kurzparkzonen. Sinn und Zweck der Norm wird vom Magistrat anders ausgelegt und angewandt als vom historischen Gesetzgeber gedacht. Sinn ist, dass die gehbehinderte Person ihre Behinderung nachweisen kann. In der gegenwärtigen Parksituation. Im Seeschifffahrtsgesetz wird auf das Fehlen des Originals hingewiesen. Sinn ist, dass ich meine Berechtigung vorweise. Wenn der Parkraumwächter das sieht, kann er jederzeit nachprüfen, ob der Ausweis korrekt ist. Was der Magistrat macht, ist eine gesetzliche Auslegung nach Punkt und Beistrich, die nicht bürgerfreundlich ist und den Normzweck verfehlt.
Die Richterin weist darauf hin, dass Parkausweise nicht elektronisch lesbar sind.
Vertreter: Das unmittelbare Nachprüfen, ob es sich um ein Original handelt, geht aus dem Original genauso gut oder schlecht hervor wie bei einer Kopie. Die Bf. ist aus Furcht vor Einbruchdiebstählen mit einer Kopie vorgegangen. Diese Ausweise sind ein gefundenes Fressen für Einbrüche in Autos. Wenn die Bf. mit einem anderen Auto fährt, müsste sie dort wieder einen Ausweis haben um ihre Rechte wahrnehmen zu können. Die Bf. müsste immer mehrere Ausweise mit sich tragen. Sie hat den Ausweis immer bei sich. Abgestellt auf den Normzweck „der Ausweis“, der nicht sagt, dass es das Original sein muss. Die Mobilität, die die Bf. wahrnehmen will, kann sie nicht wahrnehmen ohne pönalisiert zu werden.
Eine Doppelbestrafung sehen wir darin, dass zwar mehrere Tatzeitpunkte sind, aber man könnte es auch als ein Dauerdelikt betrachten. Mit dieser Ausstellung des Straferkenntnisses konnte sie aber erstmals erfahren, dass dieses Verhalten bestraft wird. Von der 1. bis zur 2. Bestrafung vergehen Wochen. In den Straferkenntnissen wurden mit und sowie und zwei Delikte zu 70 EUR zusammengefasst, in anderen Fällen jedoch ein Delikt zu diesem Betrag. Die Strafhöhe ist somit nicht angemessen.
Die Richterin weist darauf hin, dass in den Straferkenntnissen das Wortes „jeweils“ zu beachten ist.
Der Vertreter weist auf die bisherige Argumentation hin. Die Auslegung des Magistrates ist nachvollziehbar, wird dem Normzweck jedoch nicht gerecht. Bürgerfreundlich ist anders. Abgesehen davon wurde ja eruiert, dass die Bf. legitimiert ist. Normzweck ist, dass Nichtlegitimierte diesen Ausweis nicht verwenden.
Beweisanträge werden nicht gestellt. Interessant ist, dass der künftige Gesetzgeber plant, durch Anbringung eines QR Codes sämtliche Berechtigungen nachzuweisen und somit die Notwendigkeit des Hinterlegens eines Parkausweises gänzlich zu ändern. Rückwirkend ist dies leider natürlich nicht möglich. Wenn die Rechtslage milder oder straffrei wird, kann dies aber schon zugunsten des Täters sein, das müsste in der Entscheidung berücksichtigt werden.
Unser Eventualantrag auf Herabsetzung der Strafe ist dadurch begründet, dass die tatsächliche Situation der Bf. es notwendig macht, dass sie mehrere Fahrzeuge benützt und die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ihr nicht zumutbar ist. Außerdem kann man davon ausgehen, dass die Bf. eines vertretbaren Rechtsirrtums unterlegen ist, indem sie auf die Diebstahlgefahr hingewiesen und eine Kopie hinterlegt hat, die sie sogar als Kopie bezeichnet hat. Das Verhältnis Schuld und Strafe sind somit als minimal zu erachten.
Schlussausführungen/Bf.: Mein Ausgangspunkt war der, dass der Ausweis gestohlen werden kann. In Zukunft wird dies anders sein. Mein 2. ist, dass ich meine Rechte nicht wahrnehmen kann, die personenbezogen sind. Ich stehe die ganze Zeit vor meinem eigenen Haus. Wenn ich schon manchmal mit jemand anderem mitfahren möchte, brauche ich einen anderen Ausweis. Das waren meine Beweggründe warum ich glaube nicht schuldhaft gehandelt zu haben und für mich unverständlich ist, warum ich zahlen muss. Sie können ja nachschauen, wer der Besitzer ist über das Kennzeichen. Diese Wohngegend wird jetzt durch Parkraumbewirtschaftung betrieben. Ich habe ja sogar begründet, warum ich das so gemacht habe, aber trotzdem werde ich bestraft, immer wieder. Ich hätte Vorschläge, wie man das lösen kann. Wie soll ich mein Recht in Anspruch nehmen, wenn ständig das Original drin sein muss, das kann ich nicht nachvollziehen.
Über die Beschwerden wurde erwogen:
Alle Beschwerden sind frist- und formgerecht eingebracht worden. Über die Beschwerden ist daher „in der Sache“ zu entscheiden.
Beschwerdepunkt/e:
Strittig ist, ob die Farbkopie eines Parkausweises gemäß § 29b StVO Parkometerabgabe befreiend ist. Die Beschwerdeausführungen zusammenfassend werden ein vertretbarer Rechtsirrtum und Doppelbestrafung behauptet. Die Bf. beantragt, die Verwaltungsstraf-verfahren einzustellen und/oder die Geldstrafen herabzusetzen.
Sach- und Beweislage:
Der Entscheidung ist die aus vier Straferkenntnissen vom sich ergebende und nicht strittige Sachlage zugrunde zu legen, dass die Bf. Inhaberin eines Parkausweises gemäß § 29b StVO ist und dass sich eine Farbkopie dieses Ausweises in ihrem Fahrzeug befand, als dieses Fahrzeug am um 16:05 Uhr, am um 09:38 Uhr, am um 13:43 Uhr, am um 21:38 Uhr am um 09:53 Uhr, am um 18:00 Uhr und am um 16:25 Uhr in gebührenpflichtigen Kurzparkzonen abgestellt war.
Der Entscheidung ist auch zugrunde zu legen, dass in den vier Straferkenntnissen vom über die am um 16:05 Uhr, am um 09:38 Uhr, am um 13:43 Uhr, am um 21:38 Uhr am um 09:53 Uhr, am um 18:00 Uhr und am um 16:25 Uhr begangenen Verwaltungsübertretungen entschieden wurde, wobei für jede dieser sieben Verwaltungsübertretungen eine Geldstrafe iHv EUR 60,00 (im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 12 Stunden) verhängt und für jede Verwaltungsübertretung die Verfahrenskosten iHv EUR 10,00 festgesetzt wurden, was dadurch als erwiesen anzusehen ist, dass in den Straferkenntnissen, in denen über mehr als eine Verwaltungsübertretung entschieden wurde, das Wort „jeweils“ iVm „Geldstrafe“, „Ersatzfreiheitsstrafe“ und „Verfahrenskosten“ verwendet wurde.
Rechtslage, rechtliche Würdigung und Entscheidung:
I. Ad Antrag auf Verfahrenseinstellung:
Gemäß § 45 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz – VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn 1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet; 2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen; 3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen; 4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind; 5. die Strafverfolgung nicht möglich ist; 6. die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 leg.cit. unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Von dieser Rechtslage ausgehend ist iVm der ggstl. Sach- und Beweislage festzustellen und wie folgt zu entscheiden:
A. Gemäß § 5 Abs 1 und 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung begeht die in den vier Straferkenntnissen vorgeworfenen sieben Delikte, wer ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abstellt, ohne die Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein oder einen elektronischen Parkschein zu entrichten. Gemäß § 6 lit g Wiener Parkometerabgabeverordnung ist die Parkometerabgabe nicht für Fahrzeuge zu entrichten, die von Inhabern eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung – StVO 1960 abgestellt oder in denen solche Personen befördert werden, sofern die Fahrzeuge beim Abstellen mit diesem Ausweis gekennzeichnet sind.
Die Bf. ist Inhaberin eines Parkausweises gemäß § 29b StVO; sie muss daher keine Parkometerabgabe entrichten, wenn sich in ihrem oder einem anderen sie befördernden, in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellten, Fahrzeug ihr Parkausweis gemäß § 29b StVO befindet.
Ein Parkausweis gemäß § 29b StVO ist Inhaberinnen und Inhabern eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, mit der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ als Nachweis über die Berechtigungen nach § 29b Abs 2 bis 4 StVO auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auszustellen (§ 29b Abs 1 StVO). Dieser Parkausweis berechtigt die Ausweisinhaberinnen und -inhaber, das selbstgelenkte oder das sie befördernde Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne zeitliche Beschränkung zu parken (§ 29b Abs 3 lit b StVO) und ist beim Parken des Fahrzeuges in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone hinter der Windschutzscheibe und durch diese gut erkennbar anzubringen (§ 29b Abs 4 StVO).
Das den Parkausweis gemäß § 29b StVO ausstellende Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (jetzt: Sozialministeriumservice) ist eine Behörde, weshalb jeder von ihr ausgestellte Parkausweis eine öffentliche Urkunde iSd § 292 Zivilprozessordnung – ZPO ist und als solche den vollen Beweis dessen begründet, was darin amtlich verfügt oder erklärt wird. Da das Sozialministeriumservice den Originalparkausweis ausstellt, ist nur der Originalparkausweis jene öffentliche Urkunde, mit der nachweisbar ist, dass in gebührenpflichtigen Kurzparkzonen Parkometerabgabe befreit geparkt werden darf.
Im Gegensatz zum Originalparkausweis wird eine Farbkopie des Parkausweises weder vom Sozialministeriumservice ausgestellt noch beglaubigt. Eine Farbkopie des Parkausweises ist daher keine öffentliche Urkunde, weshalb mit einer Farbkopie eines Parkausweises Parkometerabgabe befreites Parken in gebührenpflichtigen Kurzparkzonen nicht nachweisbar ist.
Dass der Originalparkausweis durch Farbkopien ersetzbar sei, kann weder dem Gesetzes-text von § 29b StVO noch dem Gesetzestext von § 6 lit g Wiener Parkometerabgabeverordnung oder anderen gesetzlichen Bestimmungen entnommen werden: In § 6 lit g Wiener Parkometerabgabeverordnung steht nicht, dass der Besitz des Parkausweises gemäß § 29b StVO für Parkometerabgabe befreites Parken ausreicht sondern dass in gebührenpflichtigen Kurzparkzonen abgestellte Fahrzeuge mit dem Parkausweis gemäß § 29b StVO zu kennzeichnen sind. „Mit einem bestimmten Ausweis zu kennzeichnen“ ist kein juristischer Fachausdruck, weshalb der Gesetzgeber auch keine unbestimmten Gesetzesbegriffe verwendet hat sondern Worte aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, um eine Vorgangsweise zu beschreiben, die eingehalten werden muss, um Parkometerabgabe befreit parken zu dürfen. § 6 lit g Wiener Parkometerabgabeverordnung widerspricht nicht § 29b StVO, da darin nicht steht, dass der bloße Besitz des Parkausweises gemäß § 29b StVO als Nachweis dafür ausreicht, um Parkometerabgabe befreit parken zu dürfen.
In den hier relevanten Normen steht nicht, dass der Behindertenpass berechtigt, Parkometerabgabe befreit zu parken, weshalb die Bf. die Parkometerabgabe auch dann entrichten muss, wenn sie den Original – Behindertenpass und eine Farbkopie des Parkausweises gemäß § 29b StVO hinter die Windschutzscheibe ihres Fahrzeuges legt.
Die Frage, ob die in § 29b StVO und § 6 lit g Wiener Parkometerabgabeverordnung verwendeten Begriffe unbestimmter als die in § 133 Abs 2 Z 2 Seeschifffahrtsgesetz verwendeten Gesetzesbegriffe sind, kann nicht beantwortet werden, da das Seeschifffahrtsgesetz „nur“ 60 Paragraphen hat.
Die v.a. Ausführungen zusammenfassend hat die Bf. dadurch, dass sie die Farbkopie des Parkausweises gemäß § 29b StVO hinter die Windschutzscheibe ihres Fahrzeuges gelegt hat, das objektive Tatbild der verkürzten Parkometerabgabe 7 x verwirklicht.
B. Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen ist, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und die Täterin nicht glaubhaft macht, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (§ 5 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz – VStG).Gemäß § 5 Abs 2 VStG entschuldigt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der die Täterin (der Täter) zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und die Täterin (der Täter) das Unerlaubte ihres (seines) Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
Nach der vorzit. Rechtslage hat die Bf. dadurch, dass sie das objektive Tatbild der verkürzten Parkometerabgabe 7 x verwirklicht hat, 7 x fahrlässig gehandelt. Ihr fahrlässiges Handeln ist jedoch nicht strafbar, wenn sie „initiativ alles darlegt, was sie entlastet“ (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5, Rz 9, Stand , rdb.at, und die do. zit. Judikate u.a.), was bedeutet, sie hat darzulegen, warum sie die im Beschwerdefall relevanten Normen nicht kannte, warum sie diese Normen unverschuldet nicht kannte und warum sie ohne diese Normen zu kennen, nicht einsehen konnte, dass sie unerlaubt gehandelt hat.
Wer am Straßenverkehr teilnimmt und dabei bspw. Parkometerabgabe befreit parken will, hat sich über alle relevanten Normen ausreichend zu informieren (), wobei „ausreichend informieren“ insb. bei Nichtjuristen wie der Bf. bedeutet, dass sie sich beim Magistrat der Stadt Wien auch darüber erkundigen müssen, wie diese Normen auszulegen sind. Nach der Sachlage im Beschwerdefall hat die Bf. im Gebäude der für Parkstrafen zuständige Magistratsabteilung 67 vorgesprochen, ihrer Darstellung dieser Vorsprache ist jedoch nicht zu entnehmen, dass sie sich darüber erkundigt hat, wie § 29b StVO und § 6 lit g Wiener Parkometerabgabeverordnung auszulegen sind und ob sie Parkometerabgabe befreit parken darf, wenn sie eine Farbkopie des Parkausweises gemäß § 29b StVO im Fahrzeug hinterlegt. Da die Bf. nach der im Beschwerdeverfahren offen gelegten Sachlage unterlassen hat, sich ausreichend über die Auslegung der hier relevanten Normen zu informieren, hat sie diese Normen nicht unverschuldet unrichtig ausgelegt, weshalb der im Beschwerdeverfahren behauptete Rechtsirrtum ab der V erwaltungsübertretung vom , 16:05 Uhr, nicht unverschuldet iSd § 9 Abs 2 VStG und damit als fahrlässig verursacht vorwerfbar ist.
Die v.a. Ausführungen zusammenfassend liegt kein unverschuldeter Rechtsirrtum iSd § 5 Abs 2 VStG vor, weshalb die Bf. das subjektive Tatbild der fahrlässig verkürzten Parkometerabgabe 7 x verwirklicht hat.
C. Die von der Bf. behauptete Doppel- oder Mehrfachbestrafung hat nicht stattgefunden: Bei Parkstrafen entsteht der Abgabenanspruch jede halbe Stunde, da die Parkometerabgabe jede halbe Stunde vollständig entrichtet wird. Wer die Parkometerabgabe wiederholt verkürzt, begeht daher kein Dauerdelikt oder fortgesetztes Delikt. Da kein Dauerdelikt oder fortgesetztes Delikt vorliegt, sind 7 Abgabenansprüche entstanden.
Wie den vier Straferkenntnissen zu entnehmen ist, wird darin jede der 7 Taten nur einmal und nicht wiederholt aufgezählt. Da immer dann, wenn in einem dieser vier Straferkenntnisse über mehr als eine Verwaltungsübertretung entschieden worden ist, das Wort „jeweils“ iVm „Geldstrafe“, „Ersatzfreiheitsstrafe“ und „Verfahrenskosten“ verwendet wird, ist die Bf. für dieselbe Tat weder nicht bestraft noch doppelt bestraft oder mehrfach bestraft worden .
Das Recht nach Art 4 7. ZPEMRK, wegen derselben Sache nicht zweimal vor Gericht gestellt oder bestraft zu werden, ist daher nicht verletzt worden und nicht richtig ist, dass Verwaltungsübertretungen ohne eine Strafe zu verhängen und Verfahrenskosten vorzuschreiben, vorgeworfen worden sind.
D. Wer die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt, begeht eine Verwaltungsübertretung iSd § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 und ist dafür zu bestrafen. Diese Verwaltungsübertretung begeht auch, wer einen Parkausweis gemäß § 29b StVO besitzt, jedoch eine Farbkopie dieses Ausweises verwendet, um Begünstigungen in Anspruch zu nehmen, die nur gewähnt werden, wenn der Originalparkausweis vorgelegt wird. Da die Bf. die 7 Verwaltungsübertretungen nachweislich begangen hat, ist sie rechtsrichtig 7 x be-straft worden.
E. Da die Rechtslage zur Tatzeit anzuwenden ist, sind geplante Gesetzesänderungen nicht schuldbefreiend oder schuldmindernd.
F . Möglicherweise abgewendete wirtschaftliche Nachteile durch verhinderte Einbrüche in das Fahrzeug und die dadurch möglicherweise verhinderte missbräuchliche Verwendung des Parkausweises gemäß § 29b StVO sind kein entschuldigter Notstand iSd § 6 VStG, da die Bf. mit der hinterlegten Farbkopie keine gegenwärtige oder unmittelbar drohende Lebensgefahr oder Gefahr für ihre Freiheit abgewendet hat (vgl. u.a.).
G. Es mag sein, dass der historische Gesetzgeber Gesetze anders auslegt, weil seinen Erkenntnissen wegen fehlender flächendeckender gebührenpflichtiger Kurzparkzonen andere Sachlagen zugrunde liegen, was jedoch im Beschwerdefall nicht relevant ist, da jedes Gesetz nach der ständigen VwGH-Rechtsprechung zur Tatzeit (idF zu den Tatzeiten) auszulegen ist.
H. Die v.a. Ausführungen zusammenfassend liegt kein in § 45 Abs 1 VStG aufgezählter Einstellungsgrund vor. Die 7 Verwaltungsstrafverfahren sind daher nicht einzustellen.
II. Ad Antrag, die Geldstrafen herabzusetzen:
Wie in den vier Straferkenntnis bereits ausgeführt – sind die Grundlagen für die Strafbemessung die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat (§ 19 Abs 1 VStG), wobei nach § 19 Abs 2 VStG überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe (soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen) gegeneinander abzuwägen sind und auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen ist. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten von Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
In der ggstl. Beschwerdesache schädigen Farbkopien von Parkausweisen gemäß § 29b StVO das berechtigte Interesse des Magistrats der Stadt Wien, Parkometerabgabe befreites Parken in gebührenpflichtigen Kurzparkzone nur deren Inhaberinnen und Inhabern zu ermöglichen, da Ausweiskopien auch von Personen verwendet werden können, die nicht Parkometerabgabe befreit Parken dürfen. Wird jedoch der Originalparkausweis hinter die Windschutzscheibe gelegt, ist nachgewiesen, dass berechtigterweise Parkometerabgabe befreit geparkt wird.
Da Parkausweise gemäß § 29b StVO nur dann ausgestellt werden, wenn die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung unzumutbar ist, sind die Geldstrafen nicht herabzusetzen, weil die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung unzumutbar ist.
Wie bereits ausgeführt, liegt ein strafbefreiender unverschuldeter Rechtsirrtum iSd § 5 Abs 2 VStG nicht vor und die Bf. ist nachweislich nicht doppelt oder mehrfach für ein und dasselbe Delikt bestraft worden, weshalb die Geldstrafen aus diesen Gründen nicht herabzusetzen sind.
Der Grad des Verschuldens verringert sich nicht dadurch, dass potentielle Täter Straftaten mangels Gelegenheit nicht begehen. Die Geldstrafen sind daher nicht herabzusetzen, weil die Bf. möglicherweise die missbräuchliche Verwendung des Parkausweises gemäß § 29b StVO dadurch verhindert hat, dass sie ihren Originalparkausweis nicht hinter die Windschutzscheibe ihres Fahrzeuges gelegt hat.
Es mag sein, dass der historische Gesetzgeber Gesetze anders auslegt, weil seinen Erkenntnissen wegen fehlender flächendeckender gebührenpflichtiger Kurzparkzonen andere Sachlagen zugrunde liegen. Da Gesetze iSd ständigen VwGH-Rechtsprechung zur Tatzeit (idF zu den Tatzeiten) auszulegen sind, sind die Geldstrafen aus diesem Grund nicht herabzusetzen.
Da die Rechtslage zur Tatzeit anzuwenden ist, sind Geldstrafen wegen geplanter Gesetzesänderungen nicht herabzusetzen.
Die de dato unveränderten Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Bf., fehlende Sorgepflichten und fehlende Vorstrafen hat der Magistrat der Stadt Wien bereits bei seiner Strafbemessung berücksichtigt. Sie sind auch der ggstl. Entscheidung zugrunde zu legen, weshalb die Geldstrafen aus diesen Gründen nicht herabzusetzen sind.
Die v.a. Ausführungen zusammenfassend sind die 7 Geldstrafen und damit auch die 7 Ersatzfreiheitsstrafen tat- und schuldangemessen. Der Antrag, diese Geldstrafen herabzusetzen, ist daher abzuweisen.
III. Kostenentscheidung:
Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist für jede Verwaltungsübertretung mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.
Über die Bf. ist eine Geldstrafe iHv EUR 60,00 für jede Verwaltungsübertretung verhängt worden. 20% von EUR 60,00 ergeben EUR 12,00. Da das Bundesfinanzgericht über 7 Verwaltungsübertretungen entschieden hat, betragen die Gesamtkosten des Beschwerdeverfahrens 7 x EUR 12,00 und ergeben einen Gesamtkostenbeitrag iHv EUR 84,00.
IV. Revision:
Gemäß § 25a Abs 4 VwGG iVm Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG sind Revisionen wegen Verletzung von subjektiven Rechten nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe in Höhe von bis zu EUR 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe in Höhe von bis zu EUR 400,00 verhängt wurde. Mit der ggstl. Entscheidung ist nicht über eine Verwaltungsstrafsache sondern über 7 Verwaltungsstrafsachen entscheiden worden. Irrelevant ist, dass die Geldstrafen in Summe EUR 400,00 übersteigen, da mehrere Geldstrafen nicht zusammenzuzählen sind, wenn über die Zulässigkeit der Revision abgesprochen wird. Da die 7 verhängten Geldstrafen nicht zusammenzuzählen sind, sind die Voraussetzungen für den Revisionsausschluss bei jeder der 7 Verwaltungsstrafsachen erfüllt. Die ordentliche Revision und die außerordentliche Revision der Beschwerde führenden Partei sind daher unzulässig.
Die Frage, ob sich Farbkopien der § 29b StVO Ausweise dazu eignen, den Besitz dieser Ausweise nachzuweisen oder nicht, ist keine Rechtsfrage sondern eine im Beweisverfahren zu beantwortende Sachfrage gewesen. Dass von mehreren Möglichkeiten die mit der größeren Wahrscheinlichkeit als erwiesen anzusehen ist und dass eine für die Partei nachteilige, strittige Tatsache nicht im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn nachgewiesen werden muss, hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner (mittlerweile) ständiger Rechtsprechung – bspw. in den Erkenntnissen ; , 2006/15/0301; , 2011/16/0011; , 2009/17/0132 und , 92/15/0159 – bestätigt. Da das Bundesfinanzgericht seine Entscheidung mit der vorzit. VwGH-Rechtsprechung begründet hat, hängt die Entscheidung in diesem Beschwerdeverfahren nicht von der Lösung einer grundsätzlich bedeutenden Rechtsfrage ab. Die ordentliche Revision der belangten Behörde ist daher nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.7500801.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at