Verkürzungszuschlag gemäß § 30a FinStrG idFd BGBl I 2013/14 (in Kraft vom 12. Jänner 2013 bis 29. Dezember 2014)
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/5100449/2015-RS1 | Für die Erlangung der strafaufhebenden Wirkung muss ein wirksamer Rechtsmittelverzicht in Form eines „Vorwegverzichtes“ vorliegen (Brandl/Leitner/Schrottmeyer/Toifl in SWK-Spezial, Die Finanzstrafgesetz-Novelle 2010, Punkt 2.2.6 zu § 30a FinStrG). Dieser Verzicht muss innerhalb der 14-tägigen Frist des § 30a FinStrG entweder in der Einverständniserklärung oder im Antrag auf Festsetzung des Verkürzungszuschlages erklärt werden. In einem Rechtsmittelverfahren gegen einen Bescheid, mit dem ein Antrag im Sinne des § 30a FinStrG abgewiesen wurde, kann er nicht mehr nachgeholt werden. |
RV/5100449/2015-RS2 | Ein selektives Aufgreifen von strafrechtlich relevanten Verkürzungsbeträgen um eine Anwendung des § 30a FinStrG zu ermöglichen, kommt nicht in Betracht (Brandl/Leitner/Schrottmeyer/Toifl, Die Finanzstrafgesetz-Novelle 2010, SWK-Spezial, Punkt 2.2.4 zur Bestimmung des § 30a). Es ist daher nicht zulässig, die strafrechtlich relevanten Nachforderungen an Einkommensteuern, die aus nicht erklärten Einkünften aus Kapitalvermögen resultieren, danach zu selektieren, ob diese aus Einkünften resultieren, die unter das Steuerabkommen Schweiz-Österreich fallen (wobei die freiwillige Meldung als Selbstanzeige gilt) oder nicht, und daher einen Antrag gemäß § 30a FinStrG nur hinsichtlich jener Abgaben zu stellen, bei denen dies offensichtlich nicht der Fall ist (hier: Depoteinkünfte Luxemburg). |
RV/5100449/2015-RS3 | Gemäß § 30a Abs. 6 FinStrG ist die Festsetzung einer Abgabenerhöhung ausgeschlossen, wenn hinsichtlich der betroffenen Abgaben bereits ein Finanzstrafverfahren anhängig ist. Konsequenterweise gilt dies auch für den Fall der Abweisung eines Antrages auf Festsetzung eines Verkürzungszuschlages mit anschließender Einleitung eines Finanzstrafverfahrens (Groschedl/Trubrig in Tannert/Kotschnigg, FinstrG, § 30a Tz 62). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache BF, vertreten durch StB, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Braunau Ried Schärding vom zu St.Nr. 000 über die Abweisung eines Antrages auf Festsetzung eines Verkürzungszuschlages gemäß § 30a FinStrG zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin bezog in den Jahren 2004 bis 2012 ausländische Kapitaleinkünfte (aus Depots und Konten in der Schweiz und in Luxemburg), die sie gegenüber der österreichischen Finanzverwaltung nicht offengelegt hatte.
Durch das am in Kraft getretene Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (BGBl III Nr. 192/2012) war eine Nachversteuerung durch Einmalzahlung (Art. 7) oder durch eine freiwillige Meldung (Art. 9) möglich. Die Beschwerdeführerin entschied sich für die zweite Möglichkeit und erteilte der schweizerischen Zahlstelle eine Ermächtigung zur Erteilung entsprechender Informationen an die zuständige österreichische Behörde. Dabei gilt die freiwillige Meldung gemäß Art. 10 des Abkommens ab dem Zeitpunkt der schriftlichen Ermächtigung als Selbstanzeige nach § 29 Abs. 1 Satz 1 FinStrG bezogen auf die gemeldeten Konten oder Depots. Die Rechtsfolgen bestimmen sich nach § 29 FinStrG, wobei die für die Feststellung der Verkürzung bedeutsamen Umstände innerhalb einer von der zuständigen österreichischen Behörde festgesetzten angemessenen Frist durch die betroffene Person offengelegt werden müssen.
Dieser Offenlegungspflicht kam die Beschwerdeführerin nur äußerst schleppend nach. Die Prüfung der nur sukzessive übermittelten Unterlagen erstreckte sich über ein halbes Jahr. Am wurden die Kontostände durch die Schweizer Bank elektronisch übermittelt, erst im September 2014 konnte im Rahmen einer Nachschau die Überprüfung abgeschlossen werden. Im Zuge dieser Überprüfungsmaßnahmen wurde zudem festgestellt, dass die Beschwerdeführerin nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Luxemburg Depots unterhalten und von diesen Kapitaleinkünfte bezogen hatte, die nicht offengelegt worden waren.
Nach Abschluss der Überprüfung ergingen am (zum Teil unter Wiederaufnahme der Verfahren) Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2004 bis 2012, die zu Nachforderungen an Einkommensteuern in Höhe von insgesamt 51.572,88 € führten. Davon entfiel auf die Einkommensteuer 2009 ein Betrag von 14.431,68 € und auf die Einkommensteuer 2010 ein Betrag von 11.342,00 €. Sämtliche Nachforderungen wurden von der Beschwerdeführerin umgehend entrichtet.
Von den Gesamtnachforderungen entfiel ein Teilbetrag von insgesamt 17.974,18 € auf die Einkünfte aus den Depots in Luxemburg. Dieser Teilbetrag schlüsselt sich auf wie folgt: 3.353,38 € (2004), 6.379,37 € (2005), 2.681,02 € (2006) und 5.560,42 € (2007).
Mit Eingabe vom beantragte die Beschwerdeführerin die Einleitung eines Verfahrens gemäß § 30a FinStrG hinsichtlich dieser Teilnachforderungen betreffend die Einkünfte aus den Depots in Luxemburg. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen in der Schweiz würden unter das eingangs erwähnte Abkommen fallen, wobei die freiwillige Meldung als Selbstanzeige nach § 29 FinStrG gelte. Hinsichtlich der „isolierten Einkünfte“ (aus Kapitalvermögen in Luxemburg) werde „vorsichtshalber der Antrag gem. § 30a Finanzstrafgesetz gestellt, da die isolierten, darauf lastenden Abgaben unter den Grenzen des § 30a liegen“. Einen Rechtsmittelverzicht im Sinne des § 30a Abs. 1 FinStrG enthält der Antrag nicht.
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag vom ab. Es sei bislang nicht wirksam auf die Erhebung eines Rechtsmittels gegen die Festsetzung der Abgabenerhöhung (§ 30a Abs.1 FinStrG) verzichtet worden. Die Beschwerdeführerin habe die Tat über einen längeren Zeitraum begangen haben (die Abgabenhinterziehung im Zusammenhang mit nicht erklärten Einkünften aus Luxemburg habe zumindest die Jahre 2004 bis 2007 betroffen). Es bedürfe somit der Bestrafung, um sie von der Begehung weiterer Finanzvergehen abzuhalten, dies auch deshalb, da sie die Tat wissentlich bzw. absichtlich begangen habe. Dazu sei festzuhalten, dass sie bereits mit Schreiben des Finanzamtes vom bzw. betreffend ausländische Kapitalerträge darauf hingewiesen worden sei, dass sämtliche ausländischen Kapitalerträge vollständig bekannt zu geben wären. Mit Schreiben ihres steuerlichen Vertreters vom sei erklärt worden, dass sie – außer einem offengelegten Konto in Deutschland - „keine weiteren Bankkonten im Ausland“ hätte. lm Zuge dieses Schriftverkehrs sei von ihrem steuerlichen Vertreter mit Schreiben vom im Rahmen eines Antrages auf Akteneinsicht um vollständige Übermittlung aller Kontrollmitteilungen zum damaligen Sachverhalt ersucht worden. Mit Schreiben des Finanzamtes vom sei diesem Ersuchen Folge geleistet und zudem ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass eine Erklärungspflicht ausländischer Kapitalerträge auch ohne vorherige Mitteilung der ausländischen Auszahlungsstelle an das Finanzamt bestehe. Im Zuge der freiwilligen Meldung im Sinne des Steuerabkommens zwischen Österreich und der Schweiz und des diesbezüglichen Schriftverkehrs zwischen dem Finanzamt, der Beschwerdeführerin und ihrem steuerlichen Vertreter sei von diesem wiederum versucht worden, im Wege der Akteneinsicht Zugang zu den dem Finanzamt vorliegenden Daten der Schweizer Banken zu erhalten. Nach Abweisung des Antrages seien lediglich die Einkünfte im Zusammenhang mit Schweizer Konten und Depots bekanntgegeben worden. Dass in den fraglichen Zeiträumen noch weitere Einkünfte, nämlich im Zusammenhang mit Konten und Depots in Luxemburg zugeflossen waren, sei erst durch Ermittlungen seitens des Finanzamtes offenkundig geworden. Dass diese Depots und Konten bei der Beschwerdeführerin in Vergessenheit geraten wären, könne angesichts der Höhe der Depotwerte ausgeschlossen werden. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass dieselbe Vorgehensweise bereits im Jahr 2012 angewendet worden sei, mit dem Ergebnis, dass nur jene Erträge tatsächlich offengelegt wurden, welche dem Finanzamt bereits bekannt waren, habe es für das Finanzamt den Anschein, als würde sich die Beschwerdeführerin zunächst informieren wollen, welche Daten dem Finanzamt bereits vorliegen und würden anschließend nur jene Einkünfte bekannt gegeben, welche unmittelbar aus diesen Daten abgeleitet werden können. Die planmäßige Wiederholung dieser Vorgehensweise lasse darauf schließen, dass es sich bei der Abgabenverkürzung um eine zielgerichtete, absichtliche Tatbegehung handle, weshalb ein Verkürzungszuschlag gemäß § 30a FinStrG nicht gewährt werden könne.
Mit Schriftsatz vom wurde gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung „vor dem kompletten Senat des Bundesfinanzgerichtes“ beantragt. „Für den Fall einer Stattgabe der Beschwerde“ werde „hiermit ausdrücklich der Rechtsmittelverzicht wie gemäß § 30a FinStrG verlangt“ erteilt. Ein Rechtsmittelverzicht wie ihn § 30a FinStrG verlangt, könne erst abgegeben werden, wenn dem Antrag stattgegeben wird, d.h. wenn es zu einer Festsetzung der Abgabenerhöhung kommt. Vorher würde ein derartiger Rechtsmittelverzicht sinnlos sein. § 30a FinStrG verfüge ausdrücklich, dass mehrjährige Prüfungszeiträume umfasst seien. Es bedürfe keiner Bestrafung der Beschwerdeführerin, um sie von weiteren Finanzvergehen abzuhalten. Schon die Tatsache, dass sie auf die anonyme Abgeltung (erg: im Sinne) des Steuerabkommens Schweiz-Österreich verzichtet und sich zur freiwilligen Meldung nach diesem Abkommen entschlossen hatte, beweise schon zur Genüge, dass sie in Zukunft nicht mehr die Absicht habe, weitere Finanzvergehen zu begehen. Erst durch den Verzicht auf die anonyme Abgeltung in der Schweiz habe die Finanzverwaltung überhaupt von dem Geld und den Depots erfahren. Wenn sie vorgehabt hätte, weiterhin Finanzvergehen zu tätigen, hätte sie sicher nicht auf die anonyme Abgeltung durch das Abkommen mit der Schweiz verzichtet und sich (erg: nicht) zur freiwilligen Meldung entschlossen. Die besagten Depots und Konten in Luxemburg seien bereits 2007 aufgelöst und das Geld aus dieser Auflösung in die Schweiz transferiert worden. Daran habe sich die 78-jährige Beschwerdeführerin seinerzeit nicht mehr erinnern können, da für sie Luxemburg schon lange abgeschlossen gewesen sei. Bei dem auch in der Begründung angeführten Konto in Deutschland sei seinerzeit eine Steuernachzahlung unter € 100,00 angefallen, die selbst die Finanzverwaltung nicht für strafwürdig erachtet habe. Dies jetzt aber als eine Art „Vorbelastung“ anzuführen und damit teilweise die Abweisung des Antrages gem. § 30a FinStrG zu begründen, werde ausdrücklich zurückgewiesen. Was habe das mit der Zukunft zu tun? Fakt sei, dass die Beschwerdeführerin bereits seit langem in Pension sei und keine Aktivbezüge aus einer Landwirtschaft, selbständiger Arbeit oder Gewerbebetrieb mehr habe, also hier gar nicht mehr die Möglichkeit habe, in Zukunft irgendwelche Einkünfte nicht ordnungsgemäß zu erklären. Ein Großteil des Geldes in der Schweiz sei nunmehr abgezogen und in Österreich veranlagt worden. Bei den Kapitaleinkünften habe sie keine Möglichkeit mehr, Einkünfte nicht zu erklären, da hier bereits alle Möglichkeiten durch diverse Maßnahmen und Abkommen (EU Zinsrichtlinie, Steuerabkommen Schweiz, kommende Abkommen etc.) bereits nicht mehr vorhanden seien oder demnächst abgeschafft würden. Nur wenn die Beschwerdeführerin nicht freiwillig gemeldet hätte (und damit die Finanzverwaltung erst auf sich aufmerksam gemacht hätte), könnte man ihr vielleicht so etwas unterstellen. Der Ermessensspielraum zur Abweisung des Antrages gemäß § 30a FinStrG sei für die Finanzverwaltung sehr eng gesetzt. Auf keinen Fall sei dem Gesetz zu entnehmen, dass ein Ausschlussgrund darin liege, was die Beschwerdeführerin vorher gemacht habe. § 30a FinStrG verfüge, dass eine Abgabenerhöhung nach dieser Bestimmung unter anderem dann ausgeschlossen sei, wenn es einer Bestrafung bedarf, um den Täter von weiteren Finanzvergehen abzuhalten. Da es keiner Bestrafung der Beschwerdeführerin bedürfe, seien die Voraussetzungen des § 30a FinStrG aber erfüllt und daher dem Antrag stattzugeben, da auch die betragsmäßigen Grenzen des § 30a FinStrG eingehalten worden seien. Da mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass die Beschwerdeführerin schon aufgrund ihres Alters und der nicht mehr vorhandenen Möglichkeiten keine weiteren Finanzvergehen mehr begehen werde, stehe ihr die Strafaufhebung gemäß § 30a FinStrG zu. Weiters sei auch noch zu berücksichtigen, dass sie keinerlei Erstattung ausländischer Quellensteuern in den jeweiligen Ländern (für 2004-2010) mehr beantragen könne, die Einkünfte aus Kaptalvermögen daher sogar bis 2010 mit deutlich mehr Steuern belastet seien. De facto handle es sich damit um eine teilweise Doppelbesteuerung, was zumindest schon als teilweise „Bestrafung“ angesehen werden müsse. Das Finanzamt habe nicht dargelegt, wo in Zukunft die Beschwerdeführerin überhaupt noch ein Finanzvergehen begehen könnte. Eine pauschale Begründung dafür, wie sie der Abweisung des Antrages zu entnehmen sei, reiche im Finanzstrafrecht sicher nicht aus.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt diese Beschwerde ab. Zum fehlenden Rechtsmittelverzicht im Sinne des § 30a Abs. 1 FinStrG wies das Finanzamt darauf hin, dass ein solcher üblicherweise gemeinsam mit dem Antrag auf Festsetzung des Verkürzungszuschlages im Rahmen einer Schlussbesprechung gestellt werde. Im vorliegenden Fall sei eine Nachschau gemäß § 144 BAO für die Jahre 2004 bis 2012 durchgeführt und am eine Niederschrift aufgenommen worden. Der Antrag gemäß § 30a FinStrG sei erst mit Schreiben vom gestellt worden. Der gesetzlich geforderte Rechtsmittelverzicht sei darin nicht enthalten gewesen. Somit sei bereits diese Voraussetzung für die Erlassung eines Verkürzungszuschlagsbescheides nicht gegeben gewesen. In der Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid sei der Rechtsmittelverzicht nachgeholt worden, jedoch unter der Bedingung, dass der Beschwerde stattgegeben werde. Ein bedingter Rechtsmittelverzicht sei jedoch unzulässig. Gemäß § 30a Abs. 6 FinStrG sei die Festsetzung einer Abgabenerhöhung weiters ausgeschlossen, wenn es einer Bestrafung bedürfe um den Täter von der Begehung weiterer Finanzvergehen abzuhalten. Aus dem Wortlaut dieses Absatzes könne nicht abgeleitet werden, dass alleine durch den Umstand, dass eine weitere Tatbegehung aus verschiedenen Gründen unwahrscheinlich erscheine, im Umkehrschluss es keiner Bestrafung bedürfe. Alleine das Alter eines Abgabepflichtigen oder das Fehlen bestimmter Einkunftsarten könne nicht die Unwahrscheinlichkeit oder Unmöglichkeit der Begehung einer weiteren Finanzstraftat begründen. Eben so wenig könne in diesem Absatz eine Ermessensentscheidung erkannt werden. § 30a FinStrG enthalte zwar keine taxative Aufzählung darüber, wann es einer Bestrafung bedürfe, allerdings sei im Durchführungserlass zu § 30a FinStrG ausdrücklich festgehalten, dass es einer Bestrafung jedenfalls bedürfe, wenn planmäßig vorgegangen wurde. Dass der Umstand des planmäßigen Vorgehens im vorliegenden Fall jedenfalls erfüllt sei, wäre bereits in der Begründung zum Abweisungsbescheid vom ausreichend dargelegt worden. Selbst wenn die Vorgänge rund um die Ermittlungen in Zusammenhang mit den EU-Zinskontrollmitteilungen im Jahr 2012 außer Acht zu lassen wären, läge alleine schon in der Vorgehensweise der Abgabepflichtigen im Zusammenhang mit den Schweizer und den Luxemburger Einkünften für sich ein planmäßiges Vorgehen vor.
Im Vorlageantrag vom wurde die Ansicht vertreten, dass ein Rechtsmittelverzicht im Sinne des § 30a FinStrG höchstens gleichzeitig mit der „Stattgabe über die Strafaufhebung gestellt“ werden könne. Nur das ergäbe einen Sinn. Ein Rechtsmittelverzicht gegen einen noch nicht bescheidmäßig festgesetzten Verkürzungszuschlag könne nicht „gestellt“ werden. Daher könne der Verzicht eines Rechtsmittels höchstens gleichzeitig mit der Stattgabe und der gleichzeitigen Festsetzung der Abgabenerhöhung „gestellt“ werden. Somit sei auch ein Eventualantrag zulässig und noch zeitgerecht gestellt. Damit seien die Voraussetzungen für die Erlassung eines Verkürzungszuschlags für den Fall einer Stattgabe des Antrags gegeben. Ergänzend zu den bisherigen Ausführungen werde hiermit ausdrücklich der Rechtsmittelverzicht erklärt. Da bisher dem Antrag gemäß § 30 a FinStrG nicht stattgegeben worden wäre, sei auch das mit Sicherheit noch rechtzeitig. Ein Rechtsmittelverzicht für einen nicht gewährten Verkürzungszuschlag ergebe keinen Sinn. Die belangte Behörde berufe sich in ihrer Begründung unzulässiger Weise auf einen Durchführungserlass. Gerade aber in einer Beschwerdevorentscheidung sollte so etwas nicht stattfinden, da dies zumindest Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit in Frage stelle. Die Begründung über die Erledigung einer Beschwerde sollte aufgrund des Gesetzes und nicht auf Grund von Erlässen erfolgen. Während man einerseits Steuersünder ohne jedwede Strafen sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft davonkommen lasse, „verbeisse“ man sich in der Beschwerdeführerin und begründe mit der Vergangenheit, dass sie in Zukunft dasselbe wieder anstellen möchte. Wie bereits angeführt, habe die Beschwerdeführerin den Großteil der seinerzeitigen Mittel in eine österreichische Immobilie investiert.
Am legte das Finanzamt die gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte in der Stellungnahme zur Beschwerde aus, dass die Besteuerungsgrundlagen nicht ohne erheblichen Ermittlungsaufwand festgestellt werden konnten, weshalb eine strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige nicht gegeben sei. Weiters fehle der gesetzlich geforderte Rechtsmittelverzicht. Zudem liegt nach Auffassung des Finanzamtes eine planmäßiges Vorgehen vor, das jedenfalls einer Bestrafung bedürfe.
Zu diesem Vorlagebericht nahm der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin in einer Eingabe an das Bundesfinanzgericht vom wie folgt Stellung:
„1) Ein Rechtsmittelverzicht wurde nie verweigert. Er wurde lediglich davon abhängig gemacht, dass der beantragte, bescheidmäßig festzusetzende Verkürzungszuschlag gemäß § 30 a FinStrG positiv erledigt wird. Dies ist bis heute noch nicht positiv erledigt worden. Daher kann ein Rechtsmittelverzicht gegen einen noch nicht bescheidmäßig festgesetzten Verkürzungszuschlag gemäß § 30 a FinStrG logischerweise noch nicht rechtswirksam abgegeben werden. Wie bereits in der Beschwerde bzw. Vorlage angeführt, ist dieser Rechtsmittelverzicht selbstverständlich als gegen zu betrachten, wenn ein Verkürzungszuschlag festgesetzt wird. Vor der Stattgabe unseres Antrags über die Festsetzung eines Verkürzungszuschlags gemäß § 30 a FinStrG einen Rechtsmittelverzicht zu verlangen, könnte sogar so weit ausgelegt werden, dass bei einer bescheidmäßigen Abweisung unseres Antrags dann sogar eine Beschwerde gegen die Abweisung nicht zulässig wäre?
2) Zum behaupteten erheblichen Ermittlungsaufwand ist folgendes zu sagen: Sämtliche von der Finanzverwaltung erwünschten Unterlagen und Auskünfte wurden trotz der zeitlich äußerst knappen Fristen immer zeitgerecht vorgelegt. Dass Unterlagen, hier im speziellen bei den luxemburgischen Einkünften aus den Jahren 2004 bis 2007 selbst für unsere Mandantin äußerst zeitaufwendig und schwierig zu beschaffen waren und dass die daraus resultierenden Einkünfte sehr schwierig herauszufiltern waren, kann nicht gegen unsere Mandantin verwendet werden. Sie hat alle von ihr geforderten Unterlagen zeitgerecht geliefert (nach Aufforderung durch die Finanzverwaltung), sowie es der Artikel von Dr. Roman Leitner (bereits übermittelt) auch vorsieht.“
Am erfolgte durch das Finanzamt eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis (Abschlussbericht gemäß § 100 Abs. 2 StPO) wegen des Verdachtes der Abgabenhinterziehung in Höhe von insgesamt 142.835,00 €. Gegenstand dieser Anzeige waren neben den nicht erklärten Kapitaleinkünften aus den Konten und Depots in der Schweiz und Luxemburg auch nach Ansicht des Finanzamtes zu Unrecht lukrierte Vorsteuern aus der Anschaffung einer Wohnung, deren beabsichtigte unternehmerische Nutzung nie zustande gekommen war.
Dieses Verfahren stellte die Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis am ein, da der Tatbestand der vorsätzlichen Abgabenverkürzung hinsichtlich der Umsatzsteuer mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nicht erweislich sei. Es fehle daher für die verbleibenden Abgaben (Einkommensteuern 2004 bis 2012) an der gerichtlichen Zuständigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 FinStrG (über 100.000,00 €).
Daraufhin leitete das Finanzamt am ein finanzbehördliches Strafverfahren ein, weil der Verdacht bestehe, dass die Beschwerdeführerin vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung der verfahrensgegenständlichen Einkommensteuern 2005 bis 2012 dadurch bewirkt habe, dass sie aufgrund der Nichterklärung der ausländischen Kapitaleinkünfte unrichtige Einkommensteuererklärungen eingereicht habe.
Hinsichtlich der Einkommensteuer 2004 erfolgte keine Einleitung eines Strafverfahrens, da insofern bereits Verjährung der Strafbarkeit eingetreten war.
Dies traf auch auf die Einkommensteuer 2005 zu, weshalb das Finanzamt mit (Tei)Einstellungsbescheid vom das Finanzstrafverfahren betreffend diese Abgabe gemäß § 124 Abs. 1 FinStrG einstellte.
Die Spruchsenatsverhandlung betreffend den Verdacht der Hinterziehung der verbleibenden Einkommensteuern 2006 bis 2012 wird nach Auskunft des Finanzamtes voraussichtlich am stattfinden.
In einer Stellungnahme vom führte der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin zum einem Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom noch aus, dass der Antrag gemäß § 30a FinStrG lange Zeit vor Einleitung des Strafverfahrens gestellt worden sei. Dass die gegenständliche Beschwerde noch nicht erledigt worden sei, könne nicht dazu führen, dass die späte Einleitung des Strafverfahrens den § 30a FinStrG defacto aufhebe. Der Umstand, dass sich der Antrag gemäß § 30a FinStrG nur auf die Einkommensteuern aus den Kapitaleinkünften in Luxemburg bezogen habe, stelle kein selektives Aufgreifen von strafrechtlich relevanten Verkürzungsbeträgen nach § 29 Abs. 2 dar, welche auch in diesem Verfahren unter Art. 9 und 10 des Steuerabkommens Schweiz-Österreich falle. Hier sei die Wortfolge „tritt die Straffreiheit nur insoweit ein“ zu beachten, die im jetzigen Strafverfahren noch nicht geklärt sei, welche Beträge in den betreffenden Jahren durch die Wortfolge insoweit gedeckt und somit straffrei seien. Nur die strafanhängigen Teile könnten letztendlich zum Strafverfahren führen. Dies werde aber erst im Finanzstrafverfahren entschieden, daher sei die Rechtsfrage durch das Bundesfinanzgericht noch gar nicht zu klären. Die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den gesamten Senat wurden zurückgezogen.
Beweiswürdigung
Der festgestellte und unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus den zitierten Aktenteilen sowie dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und ihres steuerlichen Vertreters.
Rechtslage und Erwägungen
§ 30a FinStrG regelt die Strafaufhebung in besonderen Fällen (Verkürzungszuschlag) und normiert:
(1) Die Abgabenbehörden sind berechtigt, eine Abgabenerhöhung von 10 % der im Zuge einer abgabenrechtlichen Überprüfungsmaßnahme festgestellten Nachforderungen, soweit hinsichtlich der diese begründenden Unrichtigkeiten der Verdacht eines Finanzvergehens besteht, festzusetzen, sofern dieser Betrag für ein Jahr (einen Veranlagungszeitraum) insgesamt 10.000 Euro, in Summe jedoch 33.000 Euro nicht übersteigt, sich der Abgabe- oder Abfuhrpflichtige spätestens 14 Tage nach Festsetzung der Abgabennachforderung mit dem Verkürzungszuschlag einverstanden erklärt oder diesen beantragt und er auf die Erhebung eines Rechtsmittels gegen die Festsetzung der Abgabenerhöhung wirksam verzichtet. Werden die Abgabenerhöhung und die dieser zugrunde liegenden Abgabennachforderungen innerhalb eines Monats nach deren Festsetzung tatsächlich mit schuldbefreiender Wirkung zur Gänze entrichtet, so tritt Straffreiheit hinsichtlich der im Zusammenhang mit diesen Abgabennachforderungen begangenen Finanzvergehen ein. Ein Zahlungsaufschub darf nicht gewährt werden.
(2) Werden mehrere Überprüfungsmaßnahmen gleichzeitig oder in unmittelbarer Folge durchgeführt, so ist die Summe aller Verkürzungsbeträge für die Zulässigkeit der Festsetzung einer Abgabenerhöhung nach Abs. 1 maßgeblich.
(3) Tritt wegen Nichteinhaltung der Erfordernisse des Abs. 1 Straffreiheit nicht ein, so entfällt ab diesem Zeitpunkt die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabenerhöhung. Allenfalls bis dahin entrichtete Beträge sind gutzuschreiben.
(4) Im Falle einer nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld hat die Berechnung der Abgabenerhöhung unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.
(5) Die Festsetzung einer Abgabenerhöhung nach Abs. 1 ist im Zusammenhang mit Eingangs- und Ausgangsabgaben sowie mit Finanzvergehen, die mit einer Mindestgeldstrafe bedroht sind, unzulässig.
(6) Die Festsetzung einer Abgabenerhöhung ist weiters ausgeschlossen, wenn hinsichtlich der betroffenen Abgaben bereits ein Finanzstrafverfahren anhängig ist, eine Selbstanzeige vorliegt oder es einer Bestrafung bedarf, um den Täter von der Begehung weiterer Finanzvergehen abzuhalten.
(7) Die Festsetzung der Abgabenerhöhung stellt keine Verfolgungshandlung dar. Die strafrechtliche Verfolgung einer weiteren, hinsichtlich derselben Abgabenart und desselben Erhebungszeitraumes bewirkten Abgabenverkürzung oder einer Nichtentrichtung (Nichtabfuhr) von Selbstbemessungsabgaben wird dadurch nicht gehindert.
(8) Die Abgabenerhöhung gilt als Nebenanspruch im Sinne des § 3 BAO.
(9) Ungeachtet der Straffreiheit ist auf Verfall von Monopolgegenständen zu erkennen. Dies gilt auch für Behältnisse und Beförderungsmittel der im § 17 Abs. 2 lit. b bezeichneten Art, es sei denn, dass die besonderen Vorrichtungen entfernt werden können; die Kosten hat der Abgabepflichtige zu ersetzen. Ein Wertersatz ist nicht aufzuerlegen.
Die Erläuternden Bemerkungen (874 der Beilagen zur XXIV. GP) zur Regierungsvorlage zur Finanzstrafgesetz-Novelle 2010 (BGBl I Nr. 104/2010), mit dem die Bestimmung des § 30a FinStrG geschaffen wurde, führen auszugsweise aus:
Für Nachforderungen, die im Zuge einer abgabenbehördlichen Überprüfung festgestellt werden, soll innerhalb einer betraglichen Grenze die Möglichkeit geschaffen werden, durch die sofortige Bezahlung der Abgabennachforderung und einer Abgabenerhöhung die finanzstrafrechtliche Verfolgung von damit verbundenen Finanzvergehen abzuwenden.
Der Verkürzungszuschlag soll sowohl eine Entkriminalisierung als auch eine Konzentration der Tätigkeit der Finanzstrafbehörden auf Fälle mit höherem deliktischen Gehalt bewirken. Diese Maßnahme soll sowohl eine Entkriminalisierung als auch eine Konzentration der Tätigkeit der Finanzstrafbehörden auf Fälle mit höherem deliktischen Gehalt bewirken. Der Eintritt der strafbefreienden Wirkung liegt nicht im Ermessen der Behörde, sondern ergibt sich bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen aus dem Gesetz.
Die Möglichkeit einer Strafaufhebung im Wege einer Abgabenerhöhung soll nur zulässig sein, wenn die im Zuge einer abgabenbehördlichen Überprüfungsmaßnahme festgestellten strafrechtlich relevanten Nachforderungsbeträge (§ 33 Abs. 5) einerseits für ein Jahr (eines Veranlagungszeitraumes) zusammen nicht mehr als 10.000 Euro betragen und andererseits in Summe 33.000 Euro nicht überschreiten. Dieser Grenzbetrag soll auch nicht dadurch erhöht werden können, dass mehrere unterschiedliche Kontrollmaßnahmen gleichzeitig vorgenommen werden, wie etwa eine Außenprüfung und eine Nachschau.
Da Abs. 1 als Voraussetzung normiert, dass der Abgabe- oder Abfuhrpflichtige bei amtswegigem Vorgehen zustimmt oder aber diese Maßnahme beantragt, ist sichergestellt, dass er vor Festsetzung des Verkürzungszuschlages gehört wird. Die Voraussetzung, dass auf die Erhebung eines Rechtsmittels gegen jenen Bescheid, mit dem die Abgabenerhöhung festgesetzt wird, verzichtet werden muss, dient der möglichst zeitnahen Herstellung einer eindeutigen Rechtslage.
1) Vorliegen eines Rechtsmittelverzichtes im Sinne des § 30a Abs. 1 FinStrG
Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren wurde die Frage aufgeworfen, bis zu welchem Zeitpunkt der Rechtsmittelverzicht im Sinne des § 30a Abs. 1 FinStrG abgegeben werden muss. Nach zutreffender Ansicht von Brandl/Leitner/Schrottmeyer/Toifl in SWK-Spezial, Die Finanzstrafgsetz-Novelle 2010, Punkt 2.2.6 zu § 30a FinStrG, muss für die Erlangung der strafaufhebenden Wirkung ein wirksamer Rechtsmittelverzicht in Form eines „Vorwegverzichtes“ im Hinblick auf die Vorschreibung der Abgabenerhöhung vorliegen.
Das Erfordernis eines Vorwegverzichtes ergibt sich schon aus dem insofern klaren Wortlaut des § 30a Abs. 1 FinStrG, der als Voraussetzung für die Festsetzung eines Verkürzungszuschlages unter anderem einen wirksamen Verzicht auf ein Rechtsmittels gegen die Festsetzung der Abgabenerhöhung verlangt. Nur und erst dann, wenn dieser Verzicht vorliegt, darf ein Verkürzungszuschlag von der Abgabenbehörde festgesetzt werden. Dieser Verzicht muss innerhalb der 14-tägigen Frist des § 30a FinStrG entweder in der Einverständniserklärung oder im Antrag auf Festsetzung des Verkürzungszuschlages erklärt werden. In einem Rechtsmittelverfahren gegen einen Bescheid, mit dem ein Antrag im Sinne des § 30a FinStrG abgewiesen wurde, kann er mehr nicht nachgeholt werden.
Für diese Rechtsansicht sprechen auch die zitierten Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage, wenn diese darauf hinweisen, dass der Rechtsmittelverzicht der möglichst zeitnahen Herstellung einer eindeutigen Rechtslage dient. Diesem Erfordernis würde in keiner Weise Rechnung getragen, wenn der Rechtsmittelverzicht auch noch im Rechtsmittelverfahren betreffend Abweisung eines Antrages im Sinne des § 30a FinStrG nachgeholt werden könnte, oder gar erst nach Abschluss eines solchen, diese Beschwerde stattgebend erledigenden Verfahrens.
Die in der Eingabe des steuerlichen Vertreters vom geäußerte Befürchtung, ein solcher Rechtsmittelverzicht könnte so weit ausgelegt werden, dass damit auch ein Rechtsmittel gegen einen Bescheid über die Abweisung eines Antrages gemäß § 30a FinStrG unzulässig wäre, ist unbegründet, bezieht sich der Verzicht nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung doch ausdrücklich nur „auf die Erhebung eines Rechtsmittels gegen die Festsetzung der Abgabenerhöhung“, nicht aber auf einen allfälligen Abweisungsbescheid.
Damit fehlt es im gegenständlichen Fall bereits an einer grundlegenden tatbestandsmäßigen Voraussetzung für die Gewährung des beantragten Verkürzungszuschlages.
2) Überschreiten der Grenzbeträge des § 30a FinStrG
Die vom Finanzamt festgestellten und mit Bescheiden vom (rechtskräftig) festgesetzten Nachforderungen an Einkommensteuern 2004 bis 2012 haben insgesamt 51.572,88 € betragen; davon entfiel auf die Einkommensteuer 2009 ein Betrag von 14.431,68 € und auf die Einkommensteuer 2010 ein Betrag von 11.342,00 €.
Damit wurden aber beide Grenzbeträge des § 30a Abs. 1 FinStrG überschritten (vgl. zur Maßgeblichkeit jenes Betrages, der unmittelbar nach Abschluss der abgabenrechtlichen Überprüfungsmaßnahme erstmöglich als Nachforderung festgesetzt wurde, das Erkenntnis des ). Ein selektives Aufgreifen von strafrechtlich relevanten Verkürzungsbeträgen um eine Anwendung des § 30a FinStrG zu ermöglich, kommt nicht in Betracht (Brandl/Leitner/Schrottmeyer/Toifl, Die Finanzstrafgesetz-Novelle 2010, SWK-Spezial, Punkt 2.2.4 zur Bestimmung des § 30a). Es ist daher nicht zulässig, die strafrechtlich relevanten Nachforderungen an Einkommensteuern, die aus nicht erklärten Einkünften aus Kapitalvermögen resultieren, danach zu selektieren, ob diese aus Einkünften resultieren, die unter das Steuerabkommen Schweiz-Österreich fallen (wobei die freiwillige Meldung als Selbstanzeige gilt) oder nicht, und daher einen Antrag gemäß § 30a FinStrG nur hinsichtlich jener Abgaben zu stellen, bei denen dies offensichtlich nicht der Fall ist (Depoteinkünfte Luxemburg).
Auch die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage stellen insofern klar und unmissverständlich allein auf die im Zuge einer abgabenbehördlichen Überprüfungsmaßnahme festgestellten strafrechtlich relevanten Nachforderungsbeträge ab. An dieser strafrechtliche Relevanz sämtlicher Nachforderungen an Einkommensteuern, und zwar unabhängig davon, aus welchen Depots die der Einkommensteuer unterliegenden Kapitaleinkünfte bezogen wurden, besteht im vorliegenden Fall kein Zweifel.
Auch das Überschreiten der Betragsgrenzen des § 30a FinStrG steht somit der Festsetzung eines Verkürzungszuschlages entgegen. Unverständlich ist das in diesem Zusammenhang am noch ergänzend erstattete Vorbringen. Demzufolge müsste erst der Ausgang des bereits anhängigen Finanzstrafverfahrens abgewartet werden, bevor über den Verkürzungszuschlag entschieden werden könnte. Dass eine solche Ansicht mit den aufgezeigten Intentionen des Gesetzgebers nicht in Einklang steht, bedarf wohl keiner näheren Erörterung.
3) Kein Verkürzungszuschlag bei anhängigem Finanzstrafverfahren
Gemäß § 30a Abs. 6 FinStrG ist die Festsetzung einer Abgabenerhöhung ausgeschlossen, wenn hinsichtlich der betroffenen Abgaben bereits ein Finanzstrafverfahren anhängig ist. Konsequenterweise gilt dies auch für den Fall der Abweisung eines Antrages auf Festsetzung eines Verkürzungszuschlages mit anschließender Einleitung eines Finanzstrafverfahrens (Groschedl/Trubrig in Tannert/Kotschnigg, FinstrG, § 30a Tz 62). Das ist gegenständlich aber der Fall.
Dazu wird angemerkt, dass betreffend Einkommensteuer 2004 wegen bereits eingetretener Verjährung keine Einleitung mehr erfolgte und auch betreffend Einkommensteuer 2005 aus dem selben Grund das Finanzstrafverfahren mit Bescheid vom eingestellt wurde. Für die Einkommensteuernachforderungen 2004 und 2005 "bedarf" es daher keiner Abgabenerhöhung mehr um die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens zu vermeiden, für die Jahre 2006 und 2007 kommt eine solche gemäß § 30a Abs. 6 FinStrG nicht (mehr) in Betracht. Die derzeitige Gesetzeslage räumt der Finanzstrafbehörde jederzeit und ohne Rücksicht auf unerledigte Anträge im Sinne des § 30a oder diesbezüglich anhängige Rechtsmittel die Möglichkeit ein, die Festsetzung von Verkürzungszuschlägen durch Einleitung eines Strafverfahrens zu verhindern (Groschedl/Trubrig in Tannert/Kotschnigg, FinstrG, § 30a Tz 76).
Die Festsetzung eines Verkürzungszuschlages ist im vorliegenden Fall daher schon aus all diesen Gründen (Punkte 1 bis 3) ausgeschlossen, sodass der Frage, ob es einer Bestrafung der Beschwerdeführerin bedarf, um diese von der Begehung weiterer Finanzvergehen abzuhalten, keine Entscheidungsrelevanz mehr zukommt.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da zu den oben unter den Punkten 1 bis 3 angeführten Rechtsfragen bislang Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt, ist eine ordentliche Revision zulässig.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 30a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Schlagworte | Verkürzungszuschlag Abgabenerhöhung Rechtsmittelverzicht betreffend Abgabenerhöhung anhängiges Finanzstrafverfahren betragsmäßige Grenzen Spezialprävention |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.5100449.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at