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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.05.2017, RV/5100434/2013

Widerrechtliche Verwendung eines Kraftfahrzeuges mit ausländischem Kennzeichen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin MMag. Dr. Ingrid Fehrer in der Beschwerdesache VornameBf NachnameBf, StraßeXY 11, PostleitzahlÖ OrtÖ, vertreten durch DDr. Hiebl Karl Robert und Mag. Lirk Alexander, Stadtplatz 50/2, 5280 Braunau am Inn, über die Beschwerde vom sowie vom  gegen die zu StNr. 1234 ergangenen Bescheide des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom und vom , betreffend Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 01-12/2009, 01-12/2010, 01-12/2011 sowie 01-12/2012, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.  4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensablauf

Anonyme Anzeige

1. Laut einer am bei der belangten Behörde eingelangten Anzeige würde vor dem Haus in der „StraßeXYfehlerhaft 10“ in OrtÖ das ganze Jahr ein Fahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen xxx stehen. Wer in Österreich wohne, solle auch Steuern zahlen.

Niederschrift vom

2. Im Zuge einer am durch Organe der Finanzpolizei vorgenommenen Kontrolle wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden kurz Bf.) mit dem Kraftfahrzeug Daimler-Chrysler (Kennzeichen: xxx) in OrtÖ, StraßeXY 11, angetroffen und zur Verwendung dieses Fahrzeuges befragt.

3. Nach Angaben des Bf. sei dieses Fahrzeug seit circa zehn Jahren in seinem Eigentum und vor zehn Jahren nach Österreich verbracht worden. Seine Gattin besitze das Haus in der StraßeXY. Er sei aber dort nicht gemeldet, lebe aber auch hier. Er sei Eigentümer des Fahrzeuges. Der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen sei bei seiner Gattin VornameGattin NachnameBf, sein Hauptwohnsitz befände sich in OrtD, StraßeZ Straße 67. Er sei verheiratet und habe zwei Kinder, die aber außer Haus wohnen würden. In Österreich würde er im Haus seiner Frau wohnen, in Deutschland habe er eine Mietwohnung. Er würde aber keine Miete zahlen. In Österreich habe er keine soziale Verankerung. Er sei in Pension und würde eine deutsche Rente beziehen. Auf die Frage des zeitlichen Überwiegens seiner Aufenthalte, antwortete der Bf.: „Bei meiner Frau in Österreich“. Er besitze kein weiteres Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen.

4. Am Tag der Nachschau hatte das streitgegenständliche Fahrzeug einen Kilometerstand von 431.475 km. Auf der Windschutzscheibe war eine Vignette („B 12“) angebracht. Der Bf. verweigerte die Unterschriftsleistung.

Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer 2007 bis 2011

5. Mit Bescheiden vom setzte das Finanzamt Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 01-12/2007, 01-12/2008, 01-12/2009, 01-12/2010 sowie 01-12/2011 in Höhe von jeweils 777,60 € fest.

Begründend verwies das Finanzamt darauf, dass das Fahrzeug binnen eines Monats nach der erstmaligen Verwendung in Österreich, somit also vor circa zehn Jahren zugelassen hätte werden müssen.

Berufung vom

6. In der gegen diese Bescheide gerichteten Berufung führte der Bf. aus, dass die in der Niederschrift enthaltenen Aussagen nicht seinen tatsächlichen Angaben entsprechen würden, weshalb er auch die Unterschrift verweigert habe. Es seien Sachverhalte angeführt worden, die nicht den Tatsachen entsprechen würden.

7. Der Bf. habe das Fahrzeug vor zehn Jahren deshalb erworben, weil er ständig in Deutschland seinen Geschäften als Kaufmann nachgegangen sei. Er habe das Fahrzeug für betriebliche Fahrten in ganz Deutschland verwendet. Der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen sei in Deutschland gewesen. Er habe dort auch Steuern abgeführt, seine Versicherung bezahlt und sei immer nur in Deutschland tätig gewesen. Er sei auch deutscher Staatsbürger.

8. Das Fahrzeug sei nicht auf Dauer nach Österreich verbracht worden. Der Bf. sei nur tageweise in OrtÖ gewesen, ansonsten in Deutschland, da er dort seiner Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Er habe seine Wohnungen, zunächst in StadtD2 dann in OrtD auch tatsächlich ständig benützt. Er sei als Kaufmann Großhändler gewesen und habe deshalb Detailhändler in ganz Deutschland betreuen und besuchen müssen. Er sei daher oft wochenlang in ganz Deutschland unterwegs gewesen und erst nach Ende der Geschäftsreisen nach StadtD2 bzw OrtD zurückgekehrt. Der Bf. sei auch nie in OrtÖ gemeldet gewesen. Er habe aber seine Gattin, mit der er eine Ehe auf Distanz geführt habe, besucht. Seine Gattin sei selbständig als Friseurmeisterin tätig.

9. Bis zu seiner Pensionierung im Oktober 2009 (gemeint: 2008; siehe Rz. 13) sei er praktisch nie über längere Zeit in Österreich, sondern immer nur in Deutschland unterwegs gewesen und habe dort gewohnt. Erst seit der Pensionierung könne er seine Frau öfter besuchen. Er halte sich aber nach wie vor in OrtD auf und würde von dort aus seinen Tätigkeiten in Deutschland nachgehen.

10. Seine beiden Wohnungen in StadtD2 (StraßeA Straße 68 und StraßeB Straße 32) habe er sich nach der Pensionierung finanziell nicht mehr leisten können. Der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen sei zumindest bis Oktober 2009 (gemeint: 2008) vollständig in Deutschland gelegen. Insofern seien die Bescheide betreffend die Jahre 2007, 2008 und 2009 jedenfalls nicht zu Recht erlassen worden. Nach Erhalt der Rente im Oktober 2009 (gemeint: 2008) sei er nur mehr in OrtD wohnhaft gewesen. Der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen sei in OrtD und keinesfalls in OrtÖ gelegen. Er beziehe eine Rente von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See. Seit Oktober 2009 (gemeint: 2008) sei er nicht mehr berufstätig und habe die Gewerbeberechtigung zurückgelegt. Gelegentlich veräußere er restliche Waren und besuche diverse Flohmärkte in Deutschland. Er werde aber das Fahrzeug vorsorglich im Jahr 2012 abmelden.

11. Falls der Berufung nicht Folge gegeben werden sollte, werde die Anrechnung der bereits in Deutschland bezahlten Kraftfahrzeugsteuer beantragt, weil ansonsten eine unzulässige Doppelbesteuerung vorliegen würde.

12. Der Berufungsschrift waren folgende Unterlagen beigelegt:

•Mietbescheinigung (Untermiete) vom betreffend die Wohnung in OrtD (StraßeZ Straße 67), worin als Vermieter die Familie N und der Bf. als Mieter aufscheinen. Das Heizmaterial werde vom Vermieter besorgt.

•Mietvertrag vom : Vertragsgegenstand waren eine Wohnung, bestehend aus Küche, Bad, Toilette, Diele und Zimmer (insgesamt 30 m2) sowie ein PKW-Abstellplatz. Der Mietzins belief sich auf 160 € pro Monat. Das Mietverhältnis hatte am begonnen. Auf Seite 3 des Vertrages wurde die Überweisung der Miete auf ein dort näher genanntes Bankkonto vereinbart.

•Meldebestätigung Einwohneramt OrtD vom : Der Bf. war ab in OrtD, StraßeZ Straße 67, gemeldet.

•Zwei Personalausweise der Bundesrepublik Deutschland, beide in StadtD2 auf den Bf. ausgestellt. Der erste Personalausweis war bis gültig, als Adresse wurde StadtD2,StraßeB Straße 32, angeführt. Der zweite Personalausweis ist bis gültig, als Adresse wird OrtD, StraßeZ Straße 67, vermerkt.

•Ein an den Bf.  an die Adresse StraßeB Straße 32, StadtD2, bei "cd", gerichtetes Schreiben der Deutschen Rentenversicherung (undatiert), betreffend Rentenanpassung zum .

•Mahnungen des Finanzamtes, betreffend Kraftfahrzeugsteuer 2010 und 2011 vom und vom , gerichtet an die Adresse StraßeZ Straße 67, OrtD.

•Mitteilung des Finanzamtes vom , betreffend Kraftfahrzeugsteuer 2009, gerichtet an die Adresse des Bf. in der StraßeB Straße 32 in StadtD2 (c/o cd).

•Schreiben des Landratsamtes Rottal-Inn vom an den Bf. (StraßeZ Straße 67, OrtD), worin der Bf. aufgefordert wurde, sein Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen M-zzz auf Grund des Wohnsitzwechsels umschreiben zu lassen.

•Schreiben der Continentale Sachversicherung AG vom November 2011 und vom , betreffend Änderung des Fahrzeugstandortes, beide adressiert an den Bf., Postfach Nr., OrtD.

•Rechnung der Continentale Sachversicherung AG vom , betreffend Rechtschutzversicherung, adressiert an den Bf., Postfach Nr., OrtD.

•Rechnung der TÜV KK Service GmbH, inMM, vom (Barverkauf), betreffend das Fahrzeug des Bf., adressiert an den Bf., StraßeB Straße 32, StadtD2.

•Mitteilung des Finanzamtes E vom an den Bf., OrtD, StraßeZ Straße 67, betreffend Kraftfahrzeugsteuer für das strittige Fahrzeug (Kennzeichen: xxx)

Vorhalt vom , Antwortschreiben vom

13. Der Bf. gab an, sich in der Jahreszahl seiner Pensionierung geirrt zu haben: er sei im Oktober 2008 und nicht im Jahr 2009 in Pension gegangen.

14. Die Aufgabe seiner Tätigkeit als Handelsvertreter sei per erfolgt. Seit Oktober 2008 beziehe der Bf. eine monatliche Rente iHv rund 60 €. Sonstige Renten beziehe der Bf. nicht. Er habe sich mit Gelegenheitsverkäufen u.a. auf Flohmärkten finanziell über Wasser gehalten. Nach deutschem Recht hätte der Bf. die Möglichkeit gehabt, eine Grundsicherung zu beantragen. Er wohne aber ständig getrennt von seiner Gattin, sodass er den gestellten Antrag auf Grundsicherung bei der Deutschen Rentenversicherung wieder zurückgezogen habe. Ab dem Jahr 2009 habe es wegen des Pensionsantrittes keine weiteren Einkommensteuerbescheide mehr gegeben. Der Bf. lebe am Existenzminimum. Da er das gegenständliche Fahrzeug nicht mehr benötige, habe er dieses abgemeldet. Der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen sei bis 2012 in Deutschland gelegen.

15. Der Bf. legte folgende Unterlagen bei:

•Gewerbeabmeldung vom (Datum der Betriebsaufgabe: ), adressiert an den Bf., StraßeZ Straße 67, in OrtD.

•Renteninformation vom , gerichtet an den Bf., StraßeA-Straße 68, in StadtD2

•Niederschrift Sozialamt SS vom : Der Bf. möchte nicht, dass seine von ihm getrennt lebende Gattin wegen Unterhaltszahlungen angeschrieben werde. Er ziehe daher seinen Antrag vom auf Grundsicherung zurück.

•PKW-Abmeldung Landratsamt Rottal-Inn vom (Kennzeichen: xxx)

Berufungsvorentscheidungen vom

16. Das Finanzamt gab der Berufung betreffend Kraftfahrzeugbescheide für die Monate 01-12/2007 sowie 01-12/2008 statt und hob die Bescheide auf.

17. Begründend führte das Finanzamt aus, dass der Bf. bis Ende 2008 seiner Tätigkeit als „fahrender Händler“ vorwiegend in Deutschland nachgegangen und das Fahrzeug daher weitaus überwiegend dort gefahren worden sei.

18. Hinsichtlich der Monate 01-12/2009, 01-12/2010 und 01-12/2011 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Es sei festgestellt worden, dass der Bf. bis Ende 2008 seiner Tätigkeit als „fahrender Händler“ vorwiegend in Deutschland nachgegangen sei. Ab Ende 2008 sei der Gewerbebetrieb offiziell aufgegeben und eine Kleinstwohnung in OrtD angemietet worden. Nach der Anzeige von „Beobachtern“ und nach eigenen Angaben laut Niederschrift, würden sich der überwiegende Aufenthalt und der Mittelpunkt der Lebensinteressen am Wohnsitz der Ehegattin in OrtÖ befinden. Diese Aussagen bestreite der Bf. Dem Bf. sei zwar zuzugestehen, dass er in seiner Verantwortung frei sei, allerdings würden diese Angaben, verglichen mit den Angaben bei der ersten Vernehmung nicht glaubhaft erscheinen.

Vorlageantrag vom

19. Mit Schriftsatz vom stellte der Bf. einen Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 01-12/2012

20. Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 01-12/2012 iHv 777,60 € fest. Begründend wurde auf die Berufungsvorentscheidung vom verwiesen.

Berufung vom

21. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wiederholte der Bf. seine bereits vorgebrachten Bedenken.

Vorhalt vom , Antwortschreiben vom

22. Das Finanzamt ersuchte den Bf. um Aufklärung, aus welchen Mitteln er seinen Lebensunterhalt in den Jahren 2009 bis 2012 habe bestreiten können, da er nur eine Rente von circa 60 € pro Monat bezogen habe. Zudem werde um Übermittlung von entsprechenden Nachweisen über die Bezahlung der Miete (160 €) an den Vermieter in OrtD ersucht (Kontoauszüge, Überweisungsbelege, etc.).

23. Der Bf. gab an, dass er nach seiner Pensionierung noch finanzielle und Waren-Rücklagen gehabt habe, welche sukzessive aufgebracht worden seien. Außerdem habe er Einkünfte auf diversen Flohmärkten erzielt. Den erforderlichen Fehlbetrag zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes habe ihm bei Bedarf die Ehegattin zugeschossen, obgleich getrennte Haushalte geführt worden seien. Im Sommer/Herbst 2012 sei einvernehmlich beschlossen worden, die eheliche Lebensgemeinschaft wieder aufzunehmen. Der Bf. sei daher im Herbst 2012 nach OrtÖ übersiedelt. Ihm sei zu dieser Zeit auch ein vertragliches Wohnungsgebrauchsrecht eingeräumt worden. Seine Gattin betreibe ein Friseurgeschäft in OrtÖ.

24. Der Mietzins für die Wohnung in OrtD sei bis zum Tod des Vermieters immer bar bezahlt worden, weil dies der Vermieter so gewünscht habe und es sich um eine Privatwohnung gehandelt habe. Deshalb gebe es keine Quittungen. Der Vermieter sei vor zwei Jahren verstorben. Es sei mit der erblichen Tochter des Verstorbenen vereinbart worden, kostenfrei in der Wohnung verbleiben zu dürfen. Die Mieter seien dann sukzessive aus den Wohnungen ausgezogen, weil die Wohnungen Stück für Stück unbewohnbar geworden seien und mit der Bank der Verkauf des Objektes definitiv geworden sei. Er sei deshalb auch im Herbst 2012 ausgezogen, nachdem ihm zuvor im Übergabsvertrag zwischen seiner Frau und dem Sohn eine grundbücherliche Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechtes eingeräumt worden sei.

Zeugenbefragung vom

25. Mit Schriftsätzen jeweils vom wurden sechs Bewohner von Nachbarhäusern schriftlich als Zeugen befragt. Sie sollten bekannt geben, ob sie in den letzten Jahren das Fahrzeug des Bf. mit dem Kennzeichen xxx vor dem Haus StraßeXY 11, in OrtÖ gesehen hätten, ob der Bf. von seiner Gattin getrennt gelebt habe, ob sich der Bf. in den letzten Jahren ständig oder nur gelegentlich in OrtÖ aufgehalten habe und ob sie sonstige Feststellungen in Bezug auf den Aufenthalt des Bf. gemacht hätten.

26. Vier Zeugen sagten aus, dass der Bf. in den letzten Jahren (ab 2009) vor dem Haus der Gattin ständig geparkt habe, ein Zeuge nahm wahr, dass er nur gelegentlich dort geparkt habe, eine Zeugin konnte nichts wahrnehmen, weil sie die Parallelstraße benützen würde.

27. Alle Zeugen gaben an, dass ihnen nicht bekannt sei, dass der Bf. von seiner Gattin getrennt lebe. Eine Zeugin betonte ausdrücklich, dass die Ehegatten nicht getrennt leben würden, ein anderer Zeuge habe den Bf. des Öfteren gesehen.

28. Auf die Frage, ob sich der Bf. in den letzten Jahren ständig in OrtÖ aufgehalten habe, antworteten vier Zeugen, dass er ständig in OrtÖ gewohnt habe, von einem Zweitwohnsitz sei ihnen nichts bekannt. Zwei Zeugen konnten diesbezüglich keine Aussage machen, weil sie nicht unmittelbare Nachbarn waren.

29. Die Ergebnisse des abgabenbehördlichen Ermittlungsverfahrens wurden dem Bf. zur Wahrung des Parteiengehörs übermittelt. Der Bf. äußerte sich hiezu nicht.

Berufungsvorlage

30. Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die gegenständlichen Berufungen dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.

Vorhalt vom , Antwortschreiben vom

31. Auf das Ersuchen der Richterin um Vorlage von Nachweisen, die den gelegentlichen Verkauf von Restwaren auf Flohmärkten bestätigen könnten, antwortete der Bf., er habe seit dem Pensionsantritt immer noch restliche Waren auf Flohmärkten und Weihnachtsmärkten verkauft. Diese restliche Tätigkeit übe er auch jetzt noch aus, allerdings in sehr eingeschränktem Umfang. Man müsse sich das so vorstellen, dass ein großes Warenlager vorhanden sei, das nach und nach abverkauft werden müsse. Bevorzugt sei dies nur auf Flohmärkten und eben bei Weihnachtsmärkten möglich. Der jeweils verbleibende Rest werde bei weiteren Flohmärkten und anderen Verkaufsmärkten sukzessive veräußert.

Belege, die diese Tätigkeiten konkret nachweisen könnten,  wurden nicht vorgelegt.

32. Auf die Frage nach persönlichen und sozialen Bindungen, antwortete der Bf., er habe in OrtD zwei sehr gute Freunde, mit denen er öfters unterwegs gewesen sei. Eine Lebensgefährtin habe er natürlich nicht, weil er ja verheiratet sei und seine Frau in OrtÖ wohne.

33. Auf die Frage der Umstände der nicht glaubhaft erscheinenden kostenfreien Benützung der Wohnung in OrtD nach dem Tod des Vermieters, antwortete der Bf, dass der Vermieter einer seiner beiden sehr guten Freunde gewesen sei. Der Bf. hätte mit ihm intensive persönliche Kontakte gehabt. Deshalb habe die Tochter des Verstorbenen keine Miete verlangen wollen, weil absehbar gewesen sei, dass er in einigen Jahren ohnehin nach Österreich zurückkehren werde. Die kostenfreie Benützung der Wohnung habe sich nur über einen gewissen Zeitraum gezogen. Sein Freund, der Vermieter A N, sei am verstorben. Die Abmeldung aus der Wohnung in OrtD, StraßeZ Straße 67, sei per erfolgt.

34. Auf das Ersuchen um Vorlage von Nachweisen betreffend Betriebskosten für diese vollmöblierte Wohnung (Daueraufträge, Verträge mit Strom- bzw Energiebetreibern, Abrechnungen für Strom, Heizung und Wasser, Steuern, Instandhaltung, Fernseher, Internet und sonstige Kosten), antwortete der Bf. wie folgt:

Nachdem die Kinder des AN aus der Wohnung ausgezogen waren, habe er einen Teil der Wohnung als Mieter benutzt. Die Betriebskosten habe der Vermieter direkt bezahlt. Der Bf. habe ihm diese anteilig refundiert. Deshalb gebe es keine Betriebskostenabrechnungen, die auf den Bf. lauten. Der Bf. sei als deutscher Staatsbürger im ganzen Bundesgebiet von Deutschland beruflich dauernd unterwegs gewesen. Er habe auch Unterkunftsmöglichkeiten bei Freunden in Berlin oder bei einem Schwager in Düsseldorf gehabt. Der Bf. sei u. a. als Vertreter einer Schmuckfirma aus Pforzheim in ganz Deutschland unterwegs gewesen und habe Aufträge lukriert. Deshalb habe er auch Unterkunftsmöglichkeiten in Berlin, Düsseldorf und in anderen Orten Deutschlands gehabt. Er habe auch oft in Hotels genächtigt. Wenn die Verkaufstouren beendet waren, habe er wieder in OrtD gewohnt.

35. Auf die Frage, weshalb der Bf. gewisse Poststücke (zB Continentale Sachversicherung AG) an ein Postfach in OrtD zustellen ließ, wo er doch eine von ihm ständig bewohnte Wohnung in OrtD gehabt habe, antwortete der Bf., dass er bereits in StadtD2 ein Postfach gehabt habe. Das Postfach sei in der Folge von StadtD2 nach OrtD verlegt worden. Ein kleiner Briefkasten sei in seiner Wohnung in der StraßeZ Straße 67, in OrtD, angebracht gewesen. Wichtige Poststücke, zum Beispiel Poststücke mit Nachsendeaufträgen, seien zum Postfach zugestellt worden. Da er in ganz Deutschland aufgrund seiner geschäftlichen Tätigkeit unterwegs gewesen sei, habe ohne Postfach die Gefahr bestanden, dass gewisse Poststücke im Postkasten verblieben und abhandengekommen wären. Deshalb sei aus Sicherheitsgründen das Postfach eingerichtet worden, damit der Bf. nach der Rückkehr von Tages- oder Wochentouren alle Poststücke in Empfang nehmen habe können. Es habe sogar eine Zusatzvereinbarung mit dem Postamt OrtD dahingehend gegeben, dass bei längeren Reisen (zB zwei bis drei Wochen) der Inhalt des Postfaches gesondert deponiert werde. Einschreibebriefe seien zurückgelegt worden, damit keine Fristversäumnis entstehen könne.

36. Auf die Frage, weshalb der Bf. gegenüber der Deutschen Rentenversicherung (betreffend Rentenanpassung zum ) die Adresse StraßeB Straße 32, StadtD2, „bei cd“ angegeben habe, obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits nach OrtD verzogen sei, gab der Bf. an, dass er ganz kurze Zeit in StadtD2,StraßeB Straße 32, bei seinem Freund cd, der dort wohne, gemeldet gewesen sei. Er habe dort zeitweilig einen Nebenwohnsitz gehabt. Der Hauptwohnsitz sei in OrtD, StraßeZ Straße 67 gewesen. Deshalb sei auch eine Mitteilung an die deutsche Rentenversicherung in diesem Sinne erteilt worden.

37. Auf die Frage nach einer allfälligen Rückgabe der finanziellen Mittel an die Gattin, antwortete der Bf., dass im Rahmen wechselseitiger Unterhaltspflicht ihm seine Ehegattin bei Bedarf finanzielle Mittel zugeschossen habe, weil die Einkünfte aus den diversen Verkaufsmärkten und den Vermittlungsverkäufen bei Juweliergeschäften nur sporadisch lukriert werden konnten. Wenn kurzfristig kein Geld vorhanden gewesen sei, habe ihn seine Gattin finanziell unterstützt. Eine Rückzahlung sei im Rahmen der wechselseitigen ehelichen Beistandspflicht nicht vorgesehen gewesen.

38. Der Bf. wurde auf die vom Finanzamt durchgeführte Zeugenbefragung und deren Übereinstimmung mit der anonymen Anzeige hingewiesen. Hiezu nahm der Bf. erstmalig Stellung: Richtig sei, dass er mit einem Nachbarn des Hauses seiner Ehegattin "Zores" gehabt habe. Er sei einmal mit den Hunden seines Schwagers unterwegs gewesen, die nicht ordnungsgemäß angeleint gewesen seien. Deshalb habe es passieren können, dass die Hunde auf das Grundstück des Nachbarn gelangt seien. Er habe die Hunde sofort eingefangen und wieder ordnungsgemäß geführt. Der Nachbar habe sich über diesen Vorfall so aufgeregt, dass er ihn von seinem Haus aus angebrüllt habe und ihn aufgefordert habe, die Hunde sofort wegzunehmen. Er sei dem auch umgehend nachgekommen. Der Bf. könne sich vorstellen, dass dieser Nachbar aus Ärger über diesen Vorfall eine Anzeige erstattet und Sachverhalte angegeben habe, die ihm schaden sollten. Es könne wohl nicht angenommen werden, dass der Nachbar Tag und Nacht mit dem Fernrohr auf der Lauer gelegen wäre, um zu beobachten, ob sich ein Fahrzeug vor dem Haus seiner Gattin befunden habe oder nicht. Vielleicht habe er andere Personen als ihn dabei beobachten wollen, um zu behaupten, dass seine Ehegattin mit Fremden irgendwelche Verhältnisse habe. 

Wenn die Ergebnisse der Zeugenbefragung mit der anonymen Anzeige übereinstimmen, hieße das nur für ihn, dass eben der Nachbar, der auf ihn böse gewesen sei, die anonyme Anzeige erstattet habe. Alle anderen Zeugenaussagen hätten nur bestätigt, dass er sporadisch seine Frau besucht habe und deshalb auch sein Fahrzeug nur sporadisch vor dem Haus der Ehegattin gestanden sein konnte. lnsofern sei nachvollziehbar, warum der Nachbar der anonyme Anzeiger gewesen sein dürfte und nichts Gutes über ihn verlauten habe lassen.

39. Es werde nicht bestritten, dass der Pkw auch in Österreich gelenkt worden sei. Wenn er von OrtD über die Grenze nach Österreich gefahren sei, sei er natürlich direkt nach OrtÖ gefahren, wenn er seine Frau besuchen habe wollen. lnsofern sei es richtig, dass das Fahrzeug oft in OrtD angetroffen werden konnte, manchmal aber auch in Österreich. Es sei richtig, dass das Fahrzeug auch in Österreich regelmäßig bewegt worden sei. Dies habe aber nichts mit dem Mittelpunkt seiner Lebensinteressen zu tun, der damals in OrtD und teilweise in ganz Deutschland gelegen sei.

40. In Bezug auf den erforderlichen Gegenbeweis führte der Bf. an, dass er bereits mehrfach dargelegt habe, dass er damals in OrtD als reisender Handelsvertreter in ganz Deutschland unterwegs gewesen sei und sein Fahrzeug vorwiegend in Deutschland zum Lukrieren von Aufträgen und/oder Verkäufen benötigt habe. Die konkrete Tätigkeit in Deutschland sei in der Vermittlung von Aufträgen für mehrere Firmen gewesen. Er sei Vertreter im Sinne des Handelsvertretergesetzes gewesen. Seine Auftraggeber seien u.a. die Firma K (Pforzheim), die Firma L (Ehrsingen), die Firma M (Idar-Oberstein) und die Firma O (Pforzheim) gewesen. Daneben habe er manchmal auch andere kleinere Aufträge abgewickelt. Er habe von einer Firma zur anderen fahren müssen, um die Produkte seiner Auftraggeber zu vertreiben und Aufträge zu lukrieren. Die Reparaturen seines Fahrzeuges seien fast ausschließlich bei der Firma Mercedes H in OrtD, durchgeführt worden.

41. Das Finanzamt Braunau, Ried, Schärding wolle auch in den Kostenersatz des zusätzlichen Schriftsatzaufwandes verfällt werden.

42. Dem Schriftsatz beigelegt waren folgende Unterlagen (in Kopie):

  • Sterbeanzeige A N, verstorben am

  • Bestätigung der Meldebehörde OrtD vom über den Auszug aus der Unterkunft in OrtD, StraßeZ Straße 67

  • Schreiben der Firma Auto-H vom (adressiert an die Adresse in OrtÖ/Österreich) über den Gewinn einer Verlosung vom (1 Tag A-Klasse Probefahren)

  • Schreiben der Firma Auto-H vom Jänner 2013 (adressiert an das Postfach in OrtD)

  • Rechnung der Firma Auto-H vom (adressiert an das Postfach in OrtD) über Lohnarbeiten am gegenständlichen Fahrzeug (Kilometerstand: 415.126)

  • Rechnung der Firma Auto-H vom (adressiert an das Postfach in OrtD) über Lohnarbeiten am gegenständlichen Fahrzeug (Kilometerstand: 421.151)

  • Rechnung der Firma Auto-H vom (adressiert an das Postfach in OrtD) über Lohnarbeiten am gegenständlichen Fahrzeug (Kilometerstand: 428.833)

  • Rechnung der Firma Auto-H vom (adressiert an das Postfach in OrtD) über ein Ersatzteil

  • Rechnung der Firma Auto-H vom (adressiert an das Postfach in OrtD) über Lohnarbeiten am gegenständlichen Fahrzeug (Kilometerstand: 431.419)

  • Rechnung der Firma Auto-H vom (adressiert an das Postfach in OrtD) über Lohnarbeiten am gegenständlichen Fahrzeug (Kilometerstand: 431.716)

  • Rechnung der Firma Auto-H vom (adressiert an das Postfach in OrtD) über Lohnarbeiten am gegenständlichen Fahrzeug (Kilometerstand: 442.394)

  • Rechnung der Firma Auto-H vom (adressiert an das Postfach in OrtD) über Lohnarbeiten am gegenständlichen Fahrzeug (Kilometerstand: 455.213)

43. Dieses Schreiben, samt Beilagen, wurde der belangten Behörde mit Beschluss vom zur Kenntnisnahme weitergeleitet. Eine Stellungnahme dazu wurde nicht abgegeben.

Übergangsbestimmungen

44. Mit BGBl I 51/2012 (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012) wurde im Rahmen der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit mit das Bundesfinanzgericht eingerichtet und der bisher als Abgabenbehörde zweiter Instanz fungierende Unabhängige Finanzsenat per aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des bei dieser Behörde anhängigen Verfahren ging auf das Bundesfinanzgericht über (Art. 129 iVm Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG idF BGBl I 51/2012). Zu diesem Zeitpunkt beim Unabhängigen Finanzsenat anhängige Berufungen sind gemäß § 323 Abs. 38 BAO idF BGBl I 14/2013 (Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012) nunmehr vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Auch die gegenständliche Berufung ist daher als Beschwerde zu behandeln.

II. Sachverhalt

45. Der Bf. war als selbständiger Handelsvertreter (Handel mit O) in ganz Deutschland tätig. Am gab der Bf. seine Tätigkeit wegen Pensionierung auf und meldete seinen Betrieb beim Gewerbeamt in StadtD2 ab.

46. Der Bf. bezieht eine monatliche Rente von rund 60 €. Seit dem Jahr 2009 wird der Bf. nicht mehr zur Einkommensteuer veranlagt. Seinen Angaben zufolge, lebt er am Existenzminimum und wird von seiner Gattin finanziell unterstützt (Rz. 14, 23). Die Behauptung des Bf., er habe sich mit Gelegenheitsverkäufen finanziell über Wasser gehalten, konnte nicht nachgewiesen werden (siehe hiezu Rz. 31). Auch die Behauptung, er sei von OrtD aus in ganz Deutschland unterwegs gewesen, ist unglaubwürdig, da der Bf. bei Begründung des behaupteten Wohnsitzes in OrtD im November 2008 zweifelsfrei bereits in Pension war. Dass der Bf. auch in seiner Pensionszeit für die in der Vorhaltsbeantwortung (Rz. 40) genannten Unternehmen tatsächlich als reisender Handelsvertreter tätig war, konnte nicht bewiesen werden und würde im Übrigen auch in Widerspruch zu seinen Angaben hinsichtlich seiner Vermögensverhältnisse stehen.

47. Nach Aktenlage ließ sich der Bf. an folgende Adressen Postsendungen zustellen:

  • StraßeA-Straße 68 in StadtD2

  • StraßeB Straße 32 in StadtD2; Unterkunftgeber: cd

  • StraßeZ Straße 67, OrtD: Meldebestätigung Einwohneramt OrtD vom ; die Abmeldung erfolgte am

  • OrtD Postfach Nr. Nr.

Die Wohnung in OrtD wurde laut vorliegendem Mietvertrag per angemietet.

48. Der Hauptwohnsitz der Gattin des Bf. befindet sich seit September 1975 in OrtÖ, StraßeXY 11. Diese Liegenschaft stand bis Oktober 2012 in ihrem Alleineigentum und wurde mit Übergabsvertrag vom und unter Einräumung der Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechtes an den gemeinsamen Sohn übertragen. Die Gattin des Bf. betreibt in OrtÖ ein Friseurgeschäft.

49. Das streitgegenständliche Fahrzeug wurde am erstmals in Deutschland zum Verkehr zugelassen und diente dem Bf. bis zu seiner Pensionierung zur Ausübung seiner Handelsgeschäfte. Am erfolgte die Abmeldung vom Verkehr. Die regelmäßige Verwendung des Fahrzeuges durch den Bf. im Inland ist unstrittig (siehe hiezu Rz. 39). Dafür spricht auch die auf dem Fahrzeug zum Zeitpunkt der Nachschau angebrachte Jahresvignette für das Jahr 2012.

50. Sachverhaltsfeststellungen (einschließlich Beweiswürdigung) zur Frage der Feststellung des Mittelpunktes der Lebensinteressen des Bf. und der überwiegenden Verwendung des Fahrzeuges in Österreich befinden sich aus Gründen der Übersichtlichkeit nachfolgend unter den Rz. 64ff sowie 86f.

III. Rechtslage

Kraftfahrzeugsteuergesetz (KfzStG)

51. § 1 Abs 1 Z 3 KfzStG lautet:

Der Kraftfahrzeugsteuer unterliegen Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung verwendet werden (widerrechtliche Verwendung).

52. Nach § 3 Z 2 KfzStG ist Steuerschuldner „....... die Person, die das Kraftfahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland verwendet .“

53. Die Steuerpflicht dauert gemäß § 4 Abs 1 Z 3 KfzStG bei widerrechtlicher Verwendung (§ 1 Z 3) eines Kraftfahrzeuges vom Beginn des Kalendermonates, in dem die Verwendung einsetzt, bis zum Ablauf des Kalendermonates, in dem die Verwendung endet.

Kraftfahrgesetz (KFG)

54. Der Tatbestand des § 1 Abs 1 Z 3 KfzStG verweist auf kraftfahrrechtliche Bestimmungen, weshalb für die Frage, wann ein Fahrzeug zuzulassen ist bzw wann eine widerrechtliche Verwendung eines Fahrzeuges vorliegt, der Norminhalt des Kraftfahrgesetzes maßgeblich ist.

55. Nach § 36 KFG dürfen Kraftfahrzeuge unbeschadet der Bestimmungen u.a. des § 82 leg. cit. über die Verwendung von Kraftfahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind (§§ 37 bis 39) und wenn andere hier nicht interessierende Voraussetzungen gegeben sind.

56. Die §§ 37 – 39 KFG regeln die Zulassung von Kraftfahrzeugen im Inland.

57. Gemäß § 79 KFG ist das Verwenden von Kraftfahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen, die keinen dauernden Standort im Bundesgebiet haben, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr unbeschadet zollrechtlicher und gewerberechtlicher Vorschriften nur zulässig, wenn die Fahrzeuge vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet eingebracht wurden und wenn die Vorschriften der §§ 62, 82 und 86 eingehalten werden.

58. Nach § 82 Abs 8 KFG 1967 (idF BGBl. I Nr. 132/2002) sind „Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dauerndem Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig.“

IV. Erwägungen

59. Aus der dargestellten Rechtslage ergibt sich, dass die Verwendung eines nicht im Inland zugelassenen Fahrzeuges dann der Kraftfahrzeugsteuer unterliegt, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz (KFG) zum Verkehr zuzulassen wäre. Dies betrifft vor allem die Verwendung von im Ausland zugelassenen Fahrzeugen, wenn auf Grund kraftfahrrechtlicher Bestimmungen die Zulassung im Inland zu beantragen wäre, dies aber unterlassen wird.

60. Zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Voraussetzungen ein Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen im Inland zuzulassen ist, richtet sich danach, ob es über einen dauernden Standort im Inland oder im Ausland verfügt. § 82 Abs 8 erster Satz KFG normiert folgende Standortvermutung: „Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, sind bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen.“

61. Bei der Bestimmung des dauernden Standortes kommt es darauf an, von wem das Fahrzeug im Inland verwendet wird. Es ist daher zunächst festzustellen, wer als Verwender anzusehen ist. Wird das Fahrzeug durch eine natürliche Person ohne Hauptwohnsitz im Inland verwendet, kommt § 79 Abs 1 KFG (mit seiner Jahresregelung) zum Tragen. Wird es hingegen durch eine natürliche Person mit Hauptwohnsitz im Inland verwendet, so ist dies nach § 82 Abs 8 KFG zu beurteilen (; ).

62. Somit muss die Behörde für die Anwendbarkeit der Standortvermutung des § 82 Abs 8 KFG - neben einer Verwendung des Fahrzeuges im Inland - nachweisen, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen (der Hauptwohnsitz) des Verwenders im Inland gelegen ist. Ist dieser Nachweis gelungen, ist das Fahrzeug bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen (Standortvermutung). Dessen Verwendung ist nur während eines Monats ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Nach Ablauf dieser Frist fehlt dem Fahrzeug die für die Verwendung auf inländischen Straßen mit öffentlichem Verkehr erforderliche Zulassung. Durch den Nachweis eines tatsächlichen dauernden Standortes in einem anderen Staat kann diese Vermutung allerdings widerlegt werden (siehe nachstehend Rz. 83f).

Verwendung des Fahrzeuges im Bundesgebiet

63. Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmales der „Verwendung im Inland“ ist jedes nachgewiesene Befahren öffentlicher (inländischer) Straßen durch die betreffende Person ausreichend. Die Verwendung des Fahrzeuges im Beschwerdezeitraum durch den Bf. im Inland wurde nicht in Abrede gestellt und steht somit zweifelsfrei fest (Rz. 49).

Mittelpunkt der Lebensinteressen

64. In einem nächsten Schritt ist der Frage nachzugehen, wo der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bf. als Verwender des Fahrzeuges im Beschwerdezeitraum gelegen ist.

65. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes () vereinigt bei mehreren Wohnsitzen jeweils einer die stärksten persönlichen Beziehungen auf sich, weshalb es nur einen Mittelpunkt der Lebensverhältnisse gibt. Bei der Betrachtung des Umfeldes eines Menschen in der Gesamtschau muss sich ergeben, dass er am Hauptwohnsitz den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat. Dabei ist es möglich, dass dort wenige oder gar keine beruflichen Lebensbeziehungen bestehen (). Somit liegt bei der Beurteilung des Mittelpunktes der Lebensinteressen der Schwerpunkt auf den persönlichen Bindungen (siehe auch , Louloudakis). Des Weiteren ist laut Rechtsprechung des VwGH der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse einer verheirateten Person regelmäßig am Ort des Aufenthaltes der Familie zu finden ().

66. Der Bf. unterschied im Gespräch mit den Organen der Finanzpolizei (siehe Rz. 3) zwischen Mittelpunkt seiner Lebensinteressen (dieser wäre bei seiner Gattin in Österreich) und Hauptwohnsitz (dieser wäre in Deutschland gelegen). Dazu ist zu bemerken, dass die Feststellung des Mittelpunktes der Lebensinteressen zur Folge hat, dass dieser Ort zum Hauptwohnsitz eines Menschen wird. So bestimmt § 1 Abs 7 Meldegesetz, dass der Hauptwohnsitz eines Menschen an jener Unterkunft begründet ist, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen. Somit können Hauptwohnsitz des Bf. und Mittelpunkt seiner Lebensinteressen nicht an zwei unterschiedlichen Orten gelegen sein. Dem Umstand, dass der Bf. im maßgeblichen Zeitraum in OrtÖ weder mit Haupt- noch mit Nebenwohnsitz, dafür aber in OrtD gemeldet war, ist keine maßgebliche Bedeutung beizumessen. Eine Meldung an einem Ort besagt lediglich, dass die Person melderechtlichen Vorschriften nachgekommen ist, bedeutet aber nicht, dass dort auch tatsächlich der Hauptwohnsitz begründet wurde (). So erfolgte auch im Beschwerdefall die meldebehördliche Abmeldung in OrtD bzw die Anmeldung in OrtÖ erst am bzw am , obwohl der Bf. eigenen Angaben zufolge bereits seit Herbst 2012 wieder bei seiner Gattin gewohnt habe (Rz. 23). Daraus ist die zweifelhafte Aussagekraft meldebehördlicher An- und Abmeldungen unschwer zu erkennen.  Wenn der Bf. in seiner Erstaussage vermeint, der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen befände sich bei seiner Gattin in Österreich und er würde sich vorwiegend bei ihr aufhalten, spricht dies daher ganz klar für einen Hauptwohnsitz in Österreich.

67. Der Bf. behauptet, die in der Niederschrift enthaltenen Aussagen würden nicht seinen tatsächlichen Angaben entsprechen, weshalb er auch die Unterschrift verweigert habe. Dem ist entgegen zu halten, dass die Organe der Finanzpolizei laut vorliegender Niederschrift kurze, ganz konkrete und verständliche Fragen gestellt haben. Warum also die Antworten des Bf. nicht den Tatsachen entsprechen sollten, ist nicht verständlich, zumal sich seine Aussagen mit jenen der Zeugen und mit dem Inhalt der anonymen Anzeige decken. Dass der Bf. diese Fragen falsch verstanden hätte, wurde nicht vorgebracht. Auch ist nicht davon auszugehen, dass die Organe bewusst falsche Antworten niederschriftlich festgehalten haben.  Es ist vielmehr anzunehmen, dass dem Bf. im Laufe der Befragung bewusst wurde, welche Rechtsfolgen seine Aussagen herbeiführen, was er durch die Verweigerung der Unterschriftsleistung zu verhindern versuchte.

68. Nach allgemeiner Lebenserfahrung haben Ehegatten einen gemeinsamen Wohnsitz. Der Bf. brachte hiezu vor, dass er wegen seiner Erwerbstätigkeit oft wochenlang in Deutschland unterwegs gewesen war und daher einen Wohnsitz in Deutschland begründet hatte. Aus diesem Grund hatte er eine Ehe auf Distanz geführt, seine Gattin aber besucht. Diesem Vorbringen wird grundsätzlich Glauben geschenkt, liefert aber keinen Beweis dafür, dass damit der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Österreich tatsächlich aufgegeben wurde. Da trotz der zeitlichen Abwesenheit des Bf. vom Wohnsitz in Österreich die persönliche Bindung zu seiner Gattin aufrecht war (siehe Rz. 8f), ist vielmehr davon auszugehen, dass sich der wahre Hauptwohnsitz des Bf. auch in den Jahren seiner aktiven Berufstätigkeit in OrtÖbefunden hat. Auf Grund der überwiegenden Verwendung des Fahrzeuges in Deutschland konnte der Bf. den Gegenbeweis erbringen und das Finanzamt hat zu Recht die Steuerbescheide betreffend die Jahre 2007 und 2008 aufgehoben.

69. Für die beschwerdeanhängigen Jahre greift dieses Argument jedoch auf Grund der Pensionierung des Bf. und der damit einhergehenden Beendigung seiner geschäftlichen Tätigkeiten mit Oktober 2008 nicht. Die Nennung von Auftraggebern (Rz. 40) mag zwar für die Jahre vor seiner Pensionierung Bedeutung gehabt haben, nicht aber für den Beschwerdezeitraum. Der Bf. brachte zwar vor, "gelegentlich" (Rz. 10) Restbestände seines Warenlagers auch nach der Aufgabe seines Betriebes auf diversen Märkten veräußert zu haben, blieb aber den Beweis dafür schuldig, tatsächlich auf Grund des Ausmaßes dieser Geschäftstätigkeiten das Fahrzeug überwiegend in Deutschland verwendet zu haben (Rz. 46).

70. Die Wohnung in OrtD wurde zu einem Zeitpunkt gemietet, zu dem der Bf. bereits in Pension war. Der Bf. gab dazu an, er habe sich seine Wohnungen in StadtD2 nicht mehr leisten können, weshalb er die Wohnung in OrtD gemietet habe. Diese befindet sich jedoch in unmittelbarer Nähe zum Wohnort seiner Gattin (laut Google Maps: 22 km, Fahrzeit: 21 Minuten). Es erscheint daher unglaubwürdig, dass der Bf., der seinen Angaben zufolge am Existenzminimum lebt und über kein ausreichendes Einkommen verfügt, eine Wohnung um 160 € monatlich mietet, obwohl seine Gattin, von der er nicht geschieden ist und auch regelmäßig aufsucht, nur unweit entfernt ihren Wohnsitz hat. Der Bf. konnte keine triftigen Gründe (wie etwa eine Lebensgemeinschaft mit einer neuen Partnerin oder Trennung von der Gattin wegen Zerwürfnisse) nennen, die eine derartige Vorgangsweise erklärlich gemacht hätten. Dazu kommt, dass ihn seine Gattin finanziell unterstützt hatte. Diese Umstände sprechen dafür, dass der Bf. nicht wie behauptet, in OrtD, sondern ständig bei seiner Gattin in OrtÖ gewohnt hat. Die behaupteten Gelegenheitsverkäufe wären im Übrigen auch von Österreich aus möglich gewesen. Dass sich das Warenlager in OrtD befunden hätte, wurde nicht behauptet.

71. Darüber hinaus sind auch die Umstände des Mietverhältnisses äußerst fragwürdig. Der Bf. legte hiezu einen Mietbescheinigung des Vermieters sowie einen Mietvertrag vor. Demnach hat die Miete 160 € pro Monat betragen, wobei die Betriebskosten bereits inkludiert waren. Auf Seite 3 des Mietvertrages wurde die Bankverbindung des Vermieters angegeben. Nach den Ausführungen des Bf. erfolgte die Bezahlung der Miete sowie der Betriebskosten jedoch immer in bar, wobei keinerlei Zahlungsbelege vorgelegt werden konnten und auch nicht erstellt wurden. Nach dem Tod des Vermieters im März 2010 habe er auf Grund des Freundschaftsverhältnisses kostenfrei in der Wohnung verbleiben können. Belege (etwa Rechnungen für Strom, Wärme, Haushaltsversicherung, etc.) existieren nicht, da eine gesonderte Abrechnung für diese Wohnung nicht vorgenommen worden ist. Die behauptete Abwicklung des Mietverhältnisses erscheint konstruiert und darauf gerichtet, ein Mietverhältnis vorzutäuschen zu lassen. Plausible Gründe, weshalb von einer Bezahlung der Miete – wie allgemein üblich per Banküberweisung - Abstand genommen wurde, wurden nicht genannt. Weshalb der Bf. diesen Umstand auf das Vorliegen der Vermietung einer Privatwohnung zurückführt (Rz. 24), ist nicht verständlich, da der Bf. das Bestehen eines zivilrechtlich gültigen Mietverhältnisses behauptet. Aus der Sicht eines sorgfältigen Mieters hätte dieser bei Barzahlungen jedenfalls eine Quittung verlangt und hätte überdies auch zivilrechtlich über einen dementsprechenden Anspruch verfügt. Darüber hinaus widerspricht es jeglicher Lebenserfahrung, einen Mieter aus freundschaftlichen Gründen zum verstorbenen Vater der Eigentümerin, über zwei Jahre kostenfrei in einer Wohnung zu belassen und auch die angefallenen Betriebskosten zu übernehmen. Taugliche Beweise für diese Behauptungen wurden jedenfalls nicht erbracht.

72. Der Bf. behauptet (Rz. 35), als Vertreter einer Schmuckfirma in ganz Deutschland unterwegs gewesen zu sein und Unterkunftsmöglichkeiten in zahlreichen Orten in Deutschland gehabt zu haben. Nach Beendigung der jeweiligen Verkaufstouren habe er wieder in OrtD gewohnt. Diese Aussage steht im Widerspruch zur Aktenlage. Der Bf. hatte auf Grund seiner Pensionierung im Oktober 2008 keine Gewerbeberechtigung mehr, lebte eigenen Angaben zufolge am Existenzminimum und bedurfte einer finanziellen Unterstützung der Gattin. Eine Vertretertätigkeit für die genannten Unternehmen hat der Bf. daher ab Oktober 2008 nicht mehr ausgeführt. Da die Begründung des behaupteten Wohnsitzes in OrtD in den Zeitraum seiner Pensionierung fällt, kann diese nicht in Verbindung mit der die Vorjahre betreffende Vertretertätigkeit gebracht werden (siehe auch Rz. 46).

73. Der Umstand, dass Schriftstücke an die Wohnung in OrtD adressiert und zugestellt worden sind, ist kein Beweis dafür, dass tatsächlich ein Mietverhältnis bestanden hat oder dass an dieser Abgabestelle der Hauptwohnsitz des Bf. begründet worden ist. Nach Aktenlage verfügte der Bf. über mehrere Zustelladressen in Deutschland (Rz. 47), wohin auch nach Auszug aus den Wohnungen noch Post zugestellt wurde (Rz. 12). Das Vorhandensein eines Postfaches begründet der Bf. mit der Befürchtung des Abhandenkommens von Schriftstücken im Postkasten der Wohnung in OrtD, da er in ganz Deutschland auf Grund seiner geschäftlichen Tätigkeit unterwegs gewesen sei. Dieses Argument überzeugt nicht, da er Bf. im Beschwerdezeitraum eben nicht mehr geschäftlich tätig war, sondern sich in Pension befunden hatte. Diese Vorgangsweise lässt vielmehr vermuten, dass sich der Bf. in Wahrheit nicht in Deutschland, sondern ab November 2008 ständig in Österreich aufgehalten hat und deshalb ein Postfach in OrtD benötigt hat. Diese Vermutung wird dadurch untermauert, dass dieses Postfach auch nach dem Zeitpunkt der vom Bf. behaupteten Rückkehr zu seiner Gattin im Herbst 2012 noch aufrecht war.

74. Die Rechnungen der Autowerkstatt sind jedenfalls nicht geeignet, einen Hauptwohnsitz in Österreich zu beweisen, da diese einerseits nur sporadisch aufgesucht wurde und andererseits durch die geringe räumliche Distanz jederzeit auch von OrtÖ aus angefahren werden konnte.

75. Selbst wenn aber eine tatsächliche Benutzung der Wohnung erfolgt sein soll, wird dadurch nicht der Mittelpunkt der Lebensinteressen begründet. Der Bf. konnte weder glaubwürdige Argumente vorbringen noch Beweise dafür vorlegen, weshalb der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in OrtD gelegen sein sollte. Der Name des Freundes in OrtD wurde nicht genannt. Der zweite Freund konnte nicht mehr befragt werden, da er verstorben ist. Sonstige persönliche Bindungen nannte der Bf. nicht. Der Bf. wurde bereits im Vorhalt vom darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des VwGH eine erhöhte Mitwirkungspflicht der Partei (eine in den Hintergrund tretende amtswegige Ermittlungspflicht) u.a. dann vorliegt, wenn Sachverhaltselemente – so wie im vorliegenden Fall - ihre Wurzeln im Ausland haben. Die Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht ist in dem Maße höher, als die behördlichen Ermittlungsmöglichkeiten geringer sind. Diesfalls besteht somit eine erhöhte Mitwirkungspflicht, eine Beweisbeschaffungspflicht und eine Vorsorgepflicht (Ritz5, BAO-Kommentar, § 115, Rz. 10).

76. Den Behauptungen des Bf. sind auch die Ergebnisse der Zeugenbefragung entgegen zu halten. Mit Schriftsätzen jeweils vom wurden sechs Bewohner von Nachbarhäusern schriftlich als Zeugen befragt. Sie sollten bekannt geben, ob sie in den letzten Jahren das Fahrzeug des Bf. mit dem Kennzeichen xxx vor dem Haus StraßeXY 11 in OrtÖ gesehen hatten, ob der Bf. von seiner Gattin getrennt gelebt hatte, ob sich der Bf. in den letzten Jahren ständig oder nur gelegentlich in OrtÖ aufgehalten hatte und ob die Zeugen sonstige Feststellungen in Bezug auf den Aufenthalt des Bf. gemacht hätten.

77. Vier Zeugen sagten voneinander unabhängig aus, dass der Bf. in den letzten Jahren (ab 2009) vor dem Haus der Gattin ständig geparkt hat. Ein Zeuge nahm wahr, dass er nur gelegentlich dort geparkt hat. Eine Zeugin konnte nichts wahrnehmen, weil sie regelmäßig nur die Parallelstraße benützt. Alle Zeugen gaben jedoch an, dass ihnen nicht bekannt ist, dass der Bf. von seiner Gattin getrennt gelebt hat. Eine Zeugin betonte sogar ausdrücklich, dass die Ehegatten nicht getrennt gelebt haben, ein anderer Zeuge hat den Bf. des Öfteren gesehen. Auf die Frage, ob sich der Bf. in den letzten Jahren ständig in OrtÖ aufgehalten habe, antworteten vier Zeugen, dass er ständig in OrtÖ gewohnt hat, von einem Zweitwohnsitz war Ihnen nichts bekannt. Zwei Zeugen konnten diesbezüglich keine Aussage machen, weil sie nicht unmittelbare Nachbarn waren.

78. Dem Einwand des Bf., es handle sich dabei um nachbarschaftliche Streitereien, ist entgegen zu halten, dass es sich bei seiner Sachverhaltsschilderung nur um eine einzige Person handelt, während das Finanzamt sechs Personen als Zeugen befragte. Diesen einen Nachbar bezichtigte der Bf. auch als Verfasser der anonymen Anzeige. Hiezu ist einzuwenden, dass die in der anonymen Anzeige verwendete falsche Schreibweise der Anschrift in OrtÖ (StraßeXYfehlerhaft 10 anstelle von StraßeXY 11; siehe Rz. 1) gegen den Verdacht des Bf. spricht, weil davon auszugehen ist, dass ein Bewohner dieser Straße den korrekten Straßennamen, einschließlich der korrekten Hausnummer, kennt.

79. Wenn der Bf. weiters behauptet (Rz. 38), alle anderen Zeugenaussagen hätten nur bestätigt, dass er sporadisch seine Frau besucht habe und deshalb auch nur sporadisch sein Fahrzeug vor dem Haus der Gattin gestanden sein konnte, dann ist diese Aussage schlichtweg falsch (siehe hiezu Rz. 26ff). Die Richterin sieht keinen Grund an den Zeugenaussagen, die sich auch mit dem vorliegenden Gesamtbild decken, zu zweifeln.

80. Bestehen berechtigte Zweifel an den Aussagen eines Steuerpflichtigen, hat die Abgabenbehörde nach § 167 Abs 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Die dazu von der Abgabenbehörde vorzunehmende Beweiswürdigung muss den Denkgesetzen und den allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen nach Abs 1 dieser Bestimmung keines Beweises. Der darin aufgestellte Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet nach ständiger Rechtsprechung, dass es genügt von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest als weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (). Die Abgabenbehörde muss, wenn die Partei eine für sie nachteilige Tatsache bestreitet, den Bestand dieser Tatsache nicht im "naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn" nachweisen ().

81. Auf Grund der oben dargestellten Beweiswürdigung, sieht es das Bundesfinanzgericht als erwiesen an, dass der Bf. den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen und damit seinen tatsächlichen Hauptwohnsitz sowohl in den Vorjahren als auch in den beschwerdeanhängigen Jahren durchgehend in OrtÖ hatte. Wie bereits oben ausgeführt (Rz. 65), vereinigt bei mehreren Wohnsitzen jeweils einer die stärksten persönlichen Beziehungen auf sich, wobei bei der Beurteilung des Mittelpunktes der Lebensinteressen der Schwerpunkt auf den persönlichen Bindungen liegt. Dieser Mittelpunkt liegt bei einer verheirateten Person in der Regel am Ort des Aufenthaltes der Familie. Die Ehegattin des Bf. ist in OrtÖ ansässig, weshalb davon auszugehen ist, dass trotz beruflicher Abwesenheit im Zeitraum vor der Pensionierung des Bf. der Mittelpunkt der Lebensinteressen in OrtÖ gelegen war, dies gilt umso mehr, als die berufliche Laufbahn beendet wurde.

82. Damit greift die gesetzliche Vermutung des § 82 Abs 8 KFG und der dauernde Standort des Fahrzeuges wird in Österreich vermutet.

Erbringung eines Gegenbeweises

83. Die gesetzliche Standortvermutung kann durch Erbringung eines Gegenbeweises widerlegt werden. Hiezu vertritt der VwGH die Ansicht (, 2008/15/0276; , 2003/16/0007; , 2001/11/0288), dass die Beurteilung der Rechtsfrage, ob ein Fahrzeug seinen dauernden Standort entgegen der Vermutung des § 82 Abs 8 erster Satz KFG nicht im Bundesgebiet hat, Feststellungen über den regelmäßigen Ort sowie die Art und Weise der Verwendung des Fahrzeugs voraussetzt, aus denen sich hinreichende Anhaltspunkte ergeben, ob das Fahrzeug bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung für Zwecke der Vollziehung des KFG einem bestimmten Ort außerhalb des Bundesgebietes zugeordnet werden muss oder nicht. Ein Fahrzeug kann zwar in mehreren Staaten verwendet werden, jedoch nur in einem Staat einen dauernden Standort haben. Daher ist nachzuweisen, dass das Fahrzeug zu einem bestimmten Staat eine größere Bindung als zu Österreich hat.

84. Dabei trifft den Verwender, der einen dauernden Standort im Ausland behauptet, schon aufgrund der Verwendung des Fahrzeuges im Inland und des gegebenen Auslandsbezuges die Pflicht, für die Erbringung des allenfalls erforderlichen Gegenbeweises vorzusorgen (Beweisvorsorgepflicht) und erforderliche Beweismittel beizuschaffen. Der Verwender hat nachzuweisen, dass die im Wesentlichen dauernde Verwendung des Fahrzeuges tatsächlich in einem bestimmten anderen Land erfolgt ist und dass der dauernde Standort des Fahrzeuges nicht in Österreich gelegen ist ().

85. Aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlautes ("Gegenbeweis") ist eine Glaubhaftmachung der überwiegenden Verwendung in einem anderen Staat nicht ausreichend. Vielmehr muss die Behörde aufgrund der vorgelegten Beweise in freier Beweiswürdigung zu dem Ergebnis kommen, dass die Vermutung des dauernden Standortes im Inland widerlegt ist. Gelingt der Nachweis des dauernden Standortes in einem anderen Staat nicht, muss die Behörde bei gegebenen Voraussetzungen für den vermuteten dauernden Standort im Inland nicht das überwiegende Verwenden im Inland nachweisen. Dieses wird dann von § 82 Abs 8 KFG vermutet.

86. Während der Bf. für die (nicht beschwerdeanhängigen) Jahre 2007 und 2008 den Gegenbeweis der überwiegenden Verwendung des Fahrzeuges in Deutschland erbringen konnte, ist ihm das für die Jahre 2009 bis 2012 nicht gelungen. In der Vorhaltsbeantwortung (siehe Rz. 40) brachte der Bf. hiezu vor, dass er "damals in OrtD als reisender Handelsvertreter in ganz Deutschland unterwegs war und mein Fahrzeug vorwiegend in Deutschland zur Lukrierung von Aufträgen und/oder Verkäufen benötigt habe. Die konkrete Tätigkeit in Deutschland lag in der Vermittlung von Aufträgen für mehrere Firmen. Ich war Vertreter im Sinne des Handelsvertretergesetzes.... Ich musste von einer Firma zur anderen fahren, um die Produkte meiner Auftraggeber zu vertreiben und Aufträge zu lukrieren."

87. Diese Aussage steht im Widerspruch zur Aktenlage (Rz. 10, 14). Der Bf. befand sich im Beschwerdezeitraum bereits in Pension, weshalb diese Einwendungen nicht glaubhaft sind. Auch die behaupteten (und nicht bewiesenen) Gelegenheitsverkäufe fanden nur sporadisch statt. Ein Fahrtenbuch konnte nicht vorgelegt werden. Damit im Gleichklang stehen auch die mit dem Fahrzeug im Zeitraum zwischen und  gefahrenen Kilometer:


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      415.126
 
      421.151
-       6.025
      428.833
-       7.682
      431.419
-       2.586
      431.475
-            56
      431.716
-          241

Laut Statistik Austria (2011/2012) beträgt die durchschnittliche Jahresleistung eines PKWs rund 13.000 km. Die Kilometerleistung des streitgegenständlichen Fahrzeuges ( bis : 13.707 km gefahrene Kilometer innerhalb zweier Jahre) war daher weit unter der Durchschnittsleistung gelegen und spricht nicht für eine überwiegende Verwendung in Deutschland auf Grund geschäftlicher Tätigkeiten. 

88. Die Rechnungen der Fachwerkstätte beweisen lediglich, dass der Bf. an diesen Tagen in OrtD war, nicht aber dass das Fahrzeug überwiegend in Deutschland verwendet wurde. Ansonsten sprechen auch alle anderen Umstände dafür, dass das Fahrzeug vornehmlich in Österreich verwendet wurde.

Resümee

89. Entgegen der Ansicht des Bf. ist das Gericht in einer Gesamtbetrachtung aller Sachverhaltsfeststellung zu der Überzeugung gelangt, dass sich der dauernde Standort des strittigen Fahrzeuges im Beschwerdezeitraum im Inland befunden hat. Nach § 82 Abs 8 zweiter Satz KFG wäre „die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 nur während eines Monats ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig“ gewesen. Da das Fahrzeug über diese Monatsfrist hinaus in Österreich ständig verwendet wurde, liegt eine widerrechtliche Verwendung nach § 1 Abs 1 Z 3 KfzStG vor. Das Finanzamt hat daher die Kraftfahrzeugsteuer für 01-12/2009, 01-12/2010, 01-12/2011 und 01-12/2012 zu Recht festgesetzt.

Doppelbesteuerung

90. Vorweg ist festzuhalten, dass im Falle der Tatbestandsmäßigkeit des § 1 Abs 1 Z 3 KfzStG iVm § 82 Abs 8 KFG 1967 und somit einer widerrechtlichen Verwendung eines Fahrzeuges, die Besteuerungshoheit alleinig der Republik Österreich zufällt. Daran ändert auch die auf freien Willensentschluss beruhende Entscheidung des Bf., sein Fahrzeug dennoch in Deutschland zuzulassen und dort Kraftfahrzeugsteuer zu entrichten, nichts.

91. Dem Einwand der Doppelbesteuerung ist weiters entgegenzuhalten, dass im "Abkommen über die Besteuerung von Straßenfahrzeugen zum privaten Gebrauch im internationalen Verkehr", BGBl. Nr. 170/1959, dem auch die Bundesrepublik Deutschland beigetreten ist (BGBl. Nr. 244/1961), zwar ein Steuerbefreiungstatbestand normiert wurde, dieser allerdings für den gegenständlichen Fall nicht greift. Von den Abgaben einer anderen Vertragspartei, die für die Benutzung oder das Halten von Fahrzeugen von dieser erhoben wird, sind nämlich entsprechend der Zielsetzung der Förderung des internationalen Reiseverkehrs nur solche Fahrzeuge befreit, die im Gebiet einer der Vertragsparteien zugelassen sind, „.....wenn sie vorübergehend zum privaten Gebrauch in das Gebiet einer anderen Vertragspartei eingeführt werden, ...". Steht jedoch, so wie im vorliegenden Fall fest, dass das Fahrzeug nicht vorübergehend, sondern ständig in Österreich verwendet wird, findet dieses zwischenstaatliche Abkommen keine Anwendung. Auch auf Ebene des Gemeinschaftsrechts, insbesondere der Richtlinien RL 93/89/EWG und RL 83/182/EWG, finden sich keine Befreiungstatbestände, die auf den gegenständlichen Beschwerdefall anwendbar wären. Dass die inländische Kraftfahrzeugsteuerpflicht an die wegen Fehlens der erforderlichen Zulassung widerrechtlichen Verwendung im Inland anknüpft, wurde auch vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) als nicht gemeinschaftswidrig beurteilt (EuGH Rs Cura Anlagen GmbH, , C-451/99; ).

Antrag auf Kostenersatz

92. In der Vorhaltsbeantwortung vom beantragte der Bf. den Kostenersatz des zusätzlichen Schriftsatzaufwandes. Hiezu ist anzuführen, dass im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht ein Kostenersatz gesetzlich nicht vorgesehen ist.

V. Zulässigkeit einer Revision

93. Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

94. Diese Voraussetzungen lagen im Beschwerdefall nicht vor, da hinsichtlich der Frage des Entstehens der Kraftfahrsteuerpflicht bei Personen, welche ihren Hauptwohnsitz im Inland haben und ein Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen widerrechtlich verwenden, nicht von der in der Entscheidung zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wurde.

95. Insoweit die Entscheidung auf Sachverhaltsfeststellungen bzw Beweiswürdigungen beruht, liegen keine Rechtsfragen, sondern Sachverhaltsfragen vor, die einer ordentlichen Revision grundsätzlich nicht zugänglich sind.

96. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Abs. 1 Z 3 KFZStG, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1952, BGBl. Nr. 110/1952
§ 4 Abs. 1 Z 3 KFZStG, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1952, BGBl. Nr. 110/1952
§ 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.5100434.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at