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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 27.04.2017, RV/7102094/2017

Selbstanzeige nach § 10 KapMeldeG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch in der Beschwerdesache S (Bf.), vertreten durch Steuerberater, AdresseX, über die Beschwerde vom  gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 1/23 vom , betreffend Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG in der Sitzung am   zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird stattgegeben und d er angefochtene Bescheid aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Am erließ das Finanzamt Wien 1/23 einen Bescheid über die Festsetzung einer Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG von € 85.015,55 und führte dazu aus, dass sich dieser Betrag aufgrund folgender Bemessungsgrundlage ergebe:


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Abgabenart
Zeitraum
Mehrbetrag
Kapitalertragsteuer
2006
44.918,03
Kapitalertragsteuer
2007
42.148,23
Kapitalertragsteuer
2008
46.570,96
Kapitalertragsteuer
2009
21.132,02
Kapitalertragsteuer
2010
26.153,65
Kapitalertragsteuer
2011
23.979,78
Kapitalertragsteuer
2012
26.555,50
Kapitalertragsteuer
2013
51.927,00

Summe der Mehrbeträge: € 283.385,17 davon 30 % Abgabenerhöhung = € 85.015,55

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG gelte: Werden Selbstanzeigen anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe erstattet, tritt strafbefreiende Wirkung hinsichtlich vorsätzlich oder grob fahrlässig begangener Finanzvergehen nur unter der weiteren Voraussetzung insoweit ein, als auch eine mit einem Bescheid der Abgabenbehörde festzusetzende Abgabenerhöhung unter sinngemäßer Anwendung des Abs. 2 entrichtet wird. Die Abgabenerhöhung beträgt 5 % der Summe der sich aus den Selbstanzeigen ergebenden Mehrbeträgen. Übersteigt die Summe der Mehrbeträge 33 000 Euro, ist die Abgabenerhöhung mit 15 %, übersteigt die Summe der Mehrbeträge 100 000 Euro, mit 20 % und übersteigt die Summe der Mehrbeträge 250 000 Euro, mit 30 % zu bemessen.

Die gegenständliche Selbstanzeige sei am anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau/beschau/Abfertigung/Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nach deren am erfolgten Anmeldung erstattet worden. Die Abgabenerhöhung sei festzusetzen gewesen, da sich aus der Selbstanzeige der Verdacht eines vorsätzlichen/grob fahrlässigen Finanzvergehens ergebe.

Aufgrund der sich aus der Selbstanzeige ergebenden Summe der Mehrbeträge von € 283.385,17 sei die Abgabenerhöhung mit 30 % zu bemessen gewesen.

**********

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom mit folgendem Inhalt:

Unter Berufung auf die uns von oa Klientin erteilte Vollmacht erheben wir gemäß § 243 BAO gegen den Abgabenerhöhungsbescheid vom innerhalb verlägerter Frist das Rechtsmittel derBeschwerde und stellen gemäß § 262 Abs 2 BAO den Antrag auf Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung und Vorlage innerhalb von drei Monaten ab Einlangen der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Die Beschwerde richtet sich gegen die Festsetzung einer Abgabenerhöhung nach § 29 Abs 6 FinStrG iVm § 10 Kapitalabfluss-Meldegesetz (KapMeldeG) in Höhe von EUR 85.015,55.

Wir beantragen eine ersatzlose und vollumfängliche Aufhebung des Abgabenerhöhungsbescheides vom .

In eventu beantragen wir die Abänderung des Abgabenerhöhungsbescheids auf EUR 47.693,43 aufgrund bereits eingetretener absoluter Verjährung gemäß § 209 Abs. 3 BAO betreffend der Berüksichtigung der Einkommensteuer 2006 in der Summe der Mehrbeträge nach § 29 Abs. 6 FinStrG.

Begründung:

1 Sachverhalt

Frau S1 hat am eine Selbstanzeige hinsichtlich liechtensteinischer Kapitaleinkünfte für die Veranlagungsjahre 2006 bis 2013 erstattet. Vor dem Hintergrund, dass es sich um einen Kapitalzuflussmeldefall gehandelt hat, wurde von der Abgabenbehörde eine Abgabenerhöhung iHv EUR 85.015,55 vorgeschrieben.

Die nachzuentrichtenden Abgaben sowie die gegenständliche Abgabenerhöhung wurden von Frau S1 rechtzeitig entrichtet, sodass die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige außer Streit steht.

Die Beschwerde richtet sich gegen die Vorschreibung der Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG iVm § 10 Abs. 2 KapMeldeG und stützt sich auf die nachfolgenden Rechtsausführungen.

2 Rechtliche Beurteilung

2.1 Tatbestand des § 29 Abs. 6 FinStrG nicht erfüllt

Nach § 10 Abs. 2 KapMeldeG gilt iZm der Abgabenerhöung § 29 Abs. 6 FinStrG sinngemäß. Da auf den gesamten Tatbestand des § 29 Abs. 6 FinStrG verwiesen wird, ist dieser zur Gänze auf den vorliegenden Fall anzuwenden.

Die Anwendung darf sich - so wie offenbar von der Abgabenbehöde vorgenommen - nicht bloß auf den zweiten bis fünften Satz des § 29 Abs. 6 FinStrG beschränken. Da gegenständlich die Selbstanzeige nicht anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe erstattet wurde, hätte es schon aus diesem Grund zu keiner Festsetzung einer Abgabenerhöung kommen dürfen.

Warum das in § 29 Abs. 6 Satz 1 FinStrG geforderte Kriterium der angekündigten oder sonst bekanntgegebenen abgabenbehördlichen Prüfung im gegenständlichen Fall erfült oder nicht von Relevanz sein soll, ist der Begründung des Bescheides nicht zu entnehmen. Eine solche Begründung kann jedenfalls nicht mit dem bloßen Verweis auf § 10 KapMeldeG ersetzt werden, weil § 10 Abs. 2 KapMeldeG ohne Einschräkung auf § 29 Abs. 6 FinStrG verweist. Voraussetzung einer Abgabenerhöung nach § 10 Abs. 2 KapMeldeG ist (zufolge Verweisung auf § 29 Abs. 6 FinStrG insgesamt) also, dass die Selbstanzeige erst anlässlich einer finanzbehödlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe erfolgte; dies war hier unstreitig nicht der Fall. Der angefochtene Bescheid ist daher schon deshalb ersatzlos aufzuheben.

2.2 Verstoß gegen das Günstigkeitsprinzip

Die Abgabenerhöhung nach § 10 Abs. 2 KapMeldeG ist damit aber auch Bestandteil des in § 29 FinStrG geregelten Strafaufhebungsgrundes und als solcher nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung dem materiellen Recht zuzurechnen (Vgl ; ; ebenso Schrottmeyer, Selbstanzeige nach § 29 FinStrG³ (2016) Rz 44).

Als Bestimmung des materiellen Rechts unterliegt die in § 29 Abs. 6 FinStrG normierte Abgabenerhöung daher den Anforderungen des Günstigkeitsvergleichs nach § 4 Abs. 2 FinStrG, weil nach herrschender Auffassung in den Günstigkeitsvergleich neben den strafbegründenden auch die strafbarkeitsaufhebenden Rechtsbestandteile einzubeziehen sind (Vgl. Tannert/Kotschnigg, FinStrG § 4 Rz 320).

Zur vergleichbaren Vorgängerreglung des § 29 Abs. 6 FinStrG aF (IdF FinStrG Novelle 2010, BGBl I 104/2010) liegt bereits BFG-Rechtsprechung vor (), wonach die Abgabenerhöhung „unbeschadet dessen, dass es sich beim Zuschlag formell um eine Abgabenerhöhung und nicht um einen Strafzuschlag handelt, dennoch materielles Finanzstrafrecht darstellt, sodass für eine Entscheidung über eine Abgabenerhöhung gemäß § 4 Abs. 2 FinStrG ein Vergleich mit der allenfalls günstigeren Rechtslage zum (jeweiligen) Tatzeitpunkt anzustellen ist."

Nachdem sich die gegenständlich angewandte Bestimmung des § 29 Abs. 6 FinStrG iVm § 10 Abs. 2 KapMeldeG im Hinblick auf die Anforderungen des Güstigkeitsvergleichs nicht entscheidungserheblich von der Bestimmung des § 29 Abs. 6 FinStrG aF (IdF FinStrG Novelle 2010, BGBl I 104/2010) unterscheidet, sind die Wertungen des oben zitierten BFG-Erkenntnisses vollinhaltlich zu übertragen. Auch im vorliegenden Fall hätte die Abgabenbehörde daher einen Günstigkeitsvergleich zwischen der Rechtslage zum Tatzeitpunkt und der Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung durchführen müssen.

Als Tatzeitpunkt hat das BFG unter Verweis auf die einschlägigen Literaturfundstellen jeweils den Einreichungszeitpunkt der unrichtigen Einkommensteuererklärung herangezogen (Vgl Nachweise auf Seite 7 und 8 des ). Umgelegt auf den gegenständlichen Fall ist als Tatzeitpunkt sohin die Einreichung der unrichtigen (weil ohne ausländische Kapitaleinkünfte) Einkommensteuererklärungen 2006 bis 2013 heranzuziehen.

Die Einkommensteuererklärungen wurden jeweils im zweitfolgenden Jahr eingereicht, die ESt-Erklärung 2013 wurde am überreicht: dies war der (späteste) Tatzeitpunkt des zugrundeliegenden Finanzvergehens, zu welchem die betreffenden Kapitaleinkünfte zu erklären gewesen wären. Der gesamte Tatzeitraum 2006 bis 2013 liegt damit eindeutig vor Inkrafttreten des § 10 KapMeldeG am .

Zum jeweiligen Tatzeitpunkt lagen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 29 Abs. 6 FinStrG nicht vor und zwar weder idF BGBl I 104/2010 und BGBl I 112/2012 noch in der geltenden Fassung BGBl I 65/2014. Eine (pauschale) Abgabenerhöhung war ursprünglich nur bei „wiederholter" Selbstanzeige vorgesehen.

Diese Abgabenerhöhung wurde mit FinStrG-Nov 2014 per durch eine (gestaffelte) Abgabenerhöhung generell bei Selbstanzeige (erst) "anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe" ersetzt und zufolge des Verweises in § 10 Abs. 2 KapMeldeG (BGBl I 116/2015) durch Verweis auf diese Bestimmung und Anordnung deren sinngemäßer Anwendung per auf Finanzvergehen, denen ein Sachverhalt zugrunde liegt, der zur Bildung von Vermögenswerten geführt hat, deren Zufluss gemäß § 6 meldepflichtig ist erstreckt.

Bezogen auf den jeweiligen Tatzeitpunkt wäre es bei gegenständlich verwirklichtem Sachverhalt auf Basis der zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage zu keiner Festsetzung einer Abgabenerhöhung gekommen.

Da die Abgabenbehörde entgegen § 4 Abs. 2 FinStrG die ungünstigere „neue" Rechtslage, aufgrund der unter Punkt 2.1 genannten Gründe noch dazu unzutreffend, angewendet hat, hat sie den Bescheid vom mit Rechtswidrigkeit belastet. Hätte - wie in § 4 Abs. 2 FinStrG vorgesehen - die Abgabenbehörde das Tatzeitrecht zur Anwendung gebracht, wäre es zu keiner Festsetzung einer Abgabenerhöhung gekommen.

2.3 Verstoß gegen Art 7 EMRK

Das strafrechtliche Rückwirkungsverbot ist nicht nur einfachgesetzlich in § 4 Abs. 2 FinStrG verbrieft, sondern darüber hinaus auch auf verfassungsrechtlicher Ebene durch Art 7 EMRK abgesichert. Abgabenerhöhungen iSd § 29 Abs. 6 FinStrG erfüllen die Anforderungen der „Engel-Kriterien" und sind daher als „strafrechtliche Anklage" nach Art 6 EMRK zu bewerten (Vgl Heber, taxlex 2011, 14 ff.).

Der Begriff der Anklage iSd EMRK ist autonom auszulegen und nicht an formelle Kriterien angeknüpft. Für die Annahme einer strafrechtlichen Anklage wird lediglich gefordert, dass die Maßnahmen geeignet sind, den Betroffenen nachhaltig in seiner Rechtsposition zu beeinträchtigen. Diese Anforderungen sind vorliegend erfüllt, weil dem Beschwerdeführer aus der Festsetzung der Abgabenerhöhung schwerwiegende negative Konsequenzen in Form einer bei Nichtentrichtung drohenden Strafsanktion drohen. Aufgrund der Verknüpfung der Abgabenerhöhung mit der strafbefreienden Wirkung erfolgt die  Entrichtung somit nicht freiwillig, sondern zwangsweise. Im Ergebnis wollte der Gesetzgeber mit der Abgabenerhöhung eine Art Mindeststrafe für bestimmte Finanzvergehen mit erhöhter Aufdeckungswahrscheinlichkeit einführen, die selbst bei Erstattung einer Selbstanzeige nicht entfallen sollte. Darüber hinaus liegt auch eine formelle Anklageerhebung vor, weil der Selbstanzeiger bereits mit dem Abgabenerhöhungsbescheid darüber informiert wird, dass ihm die Begehung einer Straftat angelastet werde, weil der Verdacht eines vorsätzlichen/grob fahrlässigen Finanzvergehens besteht.

Im Übrigen dürfte auch der Gesetzgeber selbst davon ausgegangen sein, dass die Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG in den Anwendungsbereich der EMRK fällt und hat aus diesem Grund - um einen Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot nach Art. 4 siebentes Zusatzprotokoll EMRK zu vermeiden - eine Gutschrift der Abgabenerhöhung normiert, wenn die Selbstanzeige nicht strafbefreiend wirkt. Bei einem bloß „abgabenrechtlichen" Charakter der Abgabenerhöhung wäre die Normierung einer Gutschrift nicht erforderlich gewesen.

Vor dem Hintergrund, dass die Abgabenerhöhung über die bloße Schadensgutmachung (= Abgabennachzahlung) hinausgeht, kann bei einem Zuschlag von 30% der repressive bzw. pönale Charakter des § 29 Abs. 6 FinStrG nicht in Zweifel gezogen werden, weshalb dieser jedenfalls in den Anwendungsbereich des Art 7 EMRK fällt.

Das Rückwirkungsverbot nach Art 7 EMRK schützt den Rechtsanwender vor einer nachträglichen Verschärfung der strafrechtlichen Rechtslage (zB durch Koppelung der Selbstanzeige an eine Mindeststrafe).

Bezogen auf den gegenständlichen Sachverhalt tritt somit strafbefreiende Wirkung unabhängig von der Zahlung einer Abgabenerhöhung ein, da § 10 Abs 2 KapMeldeG zum Zeitpunkt der Tatbegehung noch nicht in Kraft war und in verfassungskonformer Interpretation mit Art 7 EMRK daher keine rückwirkende Abgabenerhöhung festgesetzt werden darf.

2.4 Unsachliche Differenzierung beim Anwendungsbereich der Abgabenerhöhung nach § 10 Abs. 2 KapMeldeG

Eine Abgabenerhöhung nach § 10 Abs. 2 KapMeldeG gelangt nur dann zur Anwendung, wenn es sich um einen Kapitalzuflussmeldefall handelt. Liegt kein vom KapMeldeG normierter Kapitalzuflussmeldefall vor, entfaltet die Selbstanzeige strafbefreiende Wirkung, ohne dass eine Abgabenerhöhung entrichtet wird. Ob ein Kapitalzuflussmeldefall vorliegt, hägt teilweise von Zufälligkeiten ab:

Es sind gemäß § 7 Abs. 1 KapMeldeG nur Kapitalzuflüsse von der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Füstentum Liechtenstein innerhalb eines bestimmten Zeitfensters erfasst. Der Gesetzgeber hat diesen Umstand, dass nur Zuflüsse aus einem bestimmten Land innerhalb eines bestimmten Zeitfensters von der Kapitalzuflussmeldung erfasst sein sollen, durch eine Verfassungsbestimmung abgesichert.

Gemäß § 6 Abs. 1 KapMeldeG liegt kein meldepflichtiger Kapitalzufluss vor, wenn nicht mindestens EUR 50.000 auf Konten oder Depots von qualifizierten Konteninhabern zufließen. Fließen weniger als EUR 50.000 auf Konten oder Depots zu, liegt gar kein Kapitalzuflussmeldefall vor. Dies ist nicht nur für Kapitalzuflüsse von in Summe weniger als EUR 50.000 anwendbar, sondern auch dann, wenn der Kapitalzufluss zwar EUR 50.000 übersteigt, jedoch das Kapital bei unterschiedlichen Meldepflichtigen iSd § 5 KapMeldeG zufließt und pro Meldepflichtigem Kapital von weniger als EUR 50.000 zufließt. Eine gesetzgeberische Absicherung durch eine Verfassungsbestimmung ist nicht erfolgt.

Ein Kapitalzuflussmeldefall liegt nur dann vor, wenn das Kapital auf Konten oder Depots von qualifizierten Personen zufließ. Das sind gemäß § 6 Abs 1 Z 1 und 2 KapMeldeG nur Privatkonten natülicher Personen und Konten von liechtensteinischen Stiftungen und stiftungsänlichen Anstalten. Bei Zufluss auf sonstige Konten und Depots gelangt die Kapitalzuflussmeldung hingegen nicht zur Anwendung. So sind beispielsweise Zuflüsse auf Konten und Depots nicht-liechtensteinischer Stiftungen und Gesellschaften nicht erfasst. Ebenso nicht erfasst sind Zuflüse auf Geschätskonten. Eine gesetzgeberische Absicherung dieser Differenzierung durch eine Verfassungsbestimmung ist nicht erfolgt.

Vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber Zuflüsse von unter EUR 50.000 generell von der Kapitalzuflussmeldeverpflichtung ausnimmt und auch nur Zuflüsse auf Privatkonten als meldepflichtigen Zufluss definiert und demgegenüber Zuflüsse auf Geschäftskonten kategorisch von der Kapitalzuflussmeldung ausgenommen sind, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht (Art 7 B-VG und Art 2 StGG) zu hinterfragen, ob diese Differenzierung im Hinblick auf die Abgabenerhöhung sachlich gerechtfertigt ist.

Mit Beschluss vom hat das BFG () bereits ausgeführt, dass im Bereich der Kapitalveranlagung eine Differenzierung von betrieblichen und privaten Konten auf verfassungsrechtliche Bedenken stößt und auch nicht damit gerechtfertigt werden kann, dass bei Privatkonten ein größeres Hinterziehungspotenzial geortet wird. Diesbezüglich hat das BFG im zitierten Beschluss ausgeführt, dass es nicht nachvollziehbar ist, „warum der Gesetzgeber einen derartigen Missbrauchsverdacht lediglich im außerbetrieblichen Bereich vermute". Auch im gegenständlichen Fall lässt sich nicht nachvollziehen, warum lediglich Selbstanzeigen iZm Privatkonten einer Abgabenerhöhung unterliegen und Selbstanzeigen iZm betrieblichen Konten nicht von der Abgabenerhöhung nach § 10 Abs. 2 KapMeldeG betroffen sind.

Vor dem Hintergrund der in Pkt 2.3 und 2.4 ausgeführten verfassungsrechtlichen Bedenken ergeht die Anregung, das BFG möge an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 135 Abs. 4 iVm Art 89 Abs. 2 und Art 140 Abs. 1 B-VG einen Antrag auf Aufhebung des § 10 Abs. 2 Bundesgesetz über die Meldepflicht von Kapitalabflüssen und von Kapitalzuflüssen (Kapitalabfluss-Meldegesetz), BGBl I Nr. 116/2015 idF BGBl I Nr. 77/2016 wegen Verfassungswidrigkeit richten.

2.5 Eintritt der absoluten Verjährung

Der Abgabenerhöhungsbescheid wurde am erlassen.

Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, verjährt gemäß § 209 Abs. 3 BAO spätestens zehn Jahre nach Entstehen des Abgabenanspruchs (absolute Verjährung). Der Abgabenanspruch auf zu veranlagende Einkommensteuer entsteht nach § 4 Abs 2 lit a Z 2 BAO mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird. Das Recht Abgabenerhöhungen festzusetzen, verjährt gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe.

Aufgrund der in § 209 Abs 3 BAO normierten absoluten Verjährungsfrist war daher das Recht zur Geltendmachung der Abgabenerhöhung für das Jahr 2006 mit Ablauf des Kalenderjahres 2016 verjährt. Demnach beantragen wir - sofern der beschwerdegegenständliche Abgabenerhöhungsbescheid nicht schon wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts ersatzlos aufzuheben ist - in eventu die Abänderung des Abgabenerhöhungsbescheids auf EUR 47.693,43.

Dies ist damit zu begründen, dass die Einkommensteuer 2006 iHv EUR 44.918,03 aufgrund bereits eingetretener absoluter Verjährung gemäß § 209 Abs. 3 BAO aus der Summe der Mehrbeträge gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG auszuscheiden ist.

Anträge:

Wir beantragen gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO eine mündliche Verhandlung.Weiters beantragen wir gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 BAO die Entscheidung durch den gesamten Senat.Wir beantragen, dass die mündliche Verhandlung gemäß § 275 Abs. 3 Z 1 BAO nicht öffentlich stattfindet."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Kapitalabfluss-Meldegesetz (KapMeldeG) gilt: Wird Selbstanzeige (§ 29 FinStrG) wegen Finanzvergehen erstattet, denen ein Sachverhalt zugrunde liegt, der zur Bildung von Vermögenswerten geführt hat, deren Zufluss gemäß § 6 meldepflichtig ist, ist insoweit § 29 Abs. 3 lit. d FinStrG nicht anzuwenden.

Abs. 2: Für Selbstanzeigen gemäß Abs. 1 tritt strafbefreiende Wirkung nur insoweit ein, als auch eine Abgabenerhöhung entrichtet wird. § 29 Abs. 6 FinStrG gilt sinngemäß.

Gemäß § 6 Abs. 1 KapMeldeG sind meldepflichtig Kapitalzuflüsse von mindestens 50 000 Euro auf Konten oder Depots von

          1. natürlichen Personen; ausgenommen von dieser Meldepflicht sind Kapitalzuflüsse auf Geschäftskonten von Unternehmern;

          2. liechtensteinischen Stiftungen und stiftungsähnlichen Anstalten; im Zweifel kann der Meldepflichtige davon ausgehen, dass eine Anstalt stiftungsähnlich ist.

Abs. 2: Sofern ein Kapitalzufluss von mindestens 50 000 Euro auf ein Konto oder Depot im Meldezeitraum vorliegt, so sind auch alle anderen im Meldezeitraum erfolgten Zuflüsse in die Meldung aufzunehmen.

Abs. 3: Die Meldung hat zu enthalten:

          1. das verschlüsselte bereichsspezifische Personenkennzeichen für Steuern und Abgaben (vbPK SA); sofern das vbPK SA über das Stammzahlenregister nicht ermittelt werden konnte, sind Vorname, Zuname, Geburtsdatum, Adresse und Ansässigkeitsstaat aufzunehmen;

          2. die Konto- oder Depotnummer und

          3. den jeweiligen Betrag.

Abs. 4: Zum Zweck der Datenübermittlung sind die Meldepflichtigen gemäß § 5 berechtigt, wie Auftraggeber des öffentlichen Bereichs gemäß § 10 Abs. 2 des E-Government-Gesetzes – E-GovG, BGBl. I Nr. 10/2004, die Ausstattung ihrer Datenanwendungen mit vbPK SA von der Stammzahlenregisterbehörde zu verlangen. In diesem Zusammenhang anfallende Kosten inklusive jener der Stammzahlenregisterbehörde sind vom Meldepflichtigen gemäß § 5 zu tragen.

Gemäß § 7 Abs. 1 KapMeldG (Verfassungsbestimmung) ist die Meldepflicht wahrzunehmen:

          1. für Kapitalzuflüsse aus der Schweizerischen Eidgenossenschaft für den Zeitraum von bis ,

          2. für Kapitalzuflüsse aus dem Fürstentum Liechtenstein für den Zeitraum von bis .

Abs. 2: Die Meldungen sind spätestens bis zu erstatten.

Gemäß § 29 Abs. 1 Finanzstrafgesetz (FinStrG) wird, wer sich eines Finanzvergehens schuldig gemacht hat, insoweit straffrei, als er seine Verfehlung darlegt (Selbstanzeige). Die Darlegung hat, wenn die Handhabung der verletzten Abgaben- oder Monopolvorschriften den Zollämtern obliegt, gegenüber einem Zollamt, sonst gegenüber einem Finanzamt zu erfolgen. Sie ist bei Betretung auf frischer Tat ausgeschlossen.

Abs. 2: War mit einer Verfehlung eine Abgabenverkürzung oder ein sonstiger Einnahmenausfall verbunden, so tritt die Straffreiheit nur insoweit ein, als der Behörde ohne Verzug die für die Feststellung der Verkürzung oder des Ausfalls bedeutsamen Umstände offen gelegt werden, und binnen einer Frist von einem Monat die sich daraus ergebenden Beträge, die vom Anzeiger geschuldet werden, oder für die er zur Haftung herangezogen werden kann, tatsächlich mit schuldbefreiender Wirkung entrichtet werden. Die Monatsfrist beginnt bei selbst zu berechnenden Abgaben (§§ 201 und 202 BAO) mit der Selbstanzeige, in allen übrigen Fällen mit der Bekanntgabe des Abgaben- oder Haftungsbescheides zu laufen und kann durch Gewährung von Zahlungserleichterungen (§ 212 BAO) auf höchstens zwei Jahre verlängert werden. Lebt die Schuld nach Entrichtung ganz oder teilweise wieder auf, so bewirkt dies unbeschadet der Bestimmungen des § 31 insoweit auch das Wiederaufleben der Strafbarkeit.

Abs. 3: Straffreiheit tritt nicht ein,

          a) wenn zum Zeitpunkt der Selbstanzeige Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3) gegen den Anzeiger, gegen andere an der Tat Beteiligte oder gegen Hehler gesetzt waren,

         b) wenn zum Zeitpunkt der Selbstanzeige die Tat hinsichtlich ihrer objektiven Tatbestandsmerkmale bereits ganz oder zum Teil entdeckt und dies dem Anzeiger bekannt war oder die Entdeckung der Verletzung einer zollrechtlichen Verpflichtung hinsichtlich ihrer objektiven Tatbestandsmerkmale unmittelbar bevorstand und dies dem Anzeiger bekannt war, oder

          c) wenn bei einem vorsätzlich begangenen Finanzvergehen die Selbstanzeige anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nicht schon bei Beginn der Amtshandlung erstattet wird, oder

         d) bereits einmal hinsichtlich desselben Abgabenanspruches, ausgenommen Vorauszahlungen, eine Selbstanzeige erstattet worden ist.

Abs. 5: Die Selbstanzeige wirkt nur für den Anzeiger und für die Personen, für die sie erstattet wird.

Abs. 6: Werden Selbstanzeigen anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe erstattet, tritt strafbefreiende Wirkung hinsichtlich vorsätzlich oder grob fahrlässig begangener Finanzvergehen nur unter der weiteren Voraussetzung insoweit ein, als auch eine mit einem Bescheid der Abgabenbehörde festzusetzende Abgabenerhöhung unter sinngemäßer Anwendung des Abs. 2 entrichtet wird. Die Abgabenerhöhung beträgt 5 % der Summe der sich aus den Selbstanzeigen ergebenden Mehrbeträgen. Übersteigt die Summe der Mehrbeträge 33 000 Euro, ist die Abgabenerhöhung mit 15 %, übersteigt die Summe der Mehrbeträge 100 000 Euro, mit 20 % und übersteigt die Summe der Mehrbeträge 250 000 Euro, mit 30 % zu bemessen. Insoweit Straffreiheit nicht eintritt, entfällt die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabenerhöhung, dennoch entrichtete Beträge sind gutzuschreiben. Die Abgabenerhöhung gilt als Nebenanspruch im Sinne des § 3 Abs. 2 lit. a BAO.

Am wurde eine Selbstanzeige nach § 29 FinStrG, Offenlegung ausländischer Kapitaleinkünfte, mit folgender Textierung erstattet:

"Namens und im Auftrag von Frau S1 dürfen wir Ihnen folgenden Sachverhalt offenlegen:

1. Sachverhalt
Frau S1 ist in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig und steuerlich ansässig.
Frau S1 hat nach dem Tod ihres Vaters 1980 Vermögen auf Konten und Depots im Ausland geerbt. Seit 1991 wird dieses Vermögen über die liechtensteinische L Stiftung veranlagt. Das Vermögen der L Stiftung wurde in zwei Rubriken bei der VP Bank in Vaduz unterteilt: in Rubrik 2 wird Vermögen veranlagt, das Frau S1 zuzurechnen ist; in Rubrik 1 wird Vermögen veranlagt, das ihrem Bruder, Herrn A., zuzurechnen ist. Weitere Einzahlungen nach dem Tod des Vaters 1980 hat es nicht gegeben.
Die L Stiftung wurde per gelöscht und das Vermögen der Rubrik 2 der L Stiftung, das Frau S1 zuzurechnen ist, zur Bank nach Wien überwiesen.

Die auf oben genannten Konten und Depots erwirtschafteten Einkünfte wurden bisher nicht in die österreichischen Einkommensteuererklärungen aufgenommen.

2. Steuerliche Würdigung / Selbstanzeige
Die liechtensteinische L Stiftung ist als steuerlich transparent anzusehen, weil ein Mandatsvertrag zwischen den Erstbegünstigten und dem Stiftungsrat bestanden hat. Demnach übt der Stiftungsrat sein Mandat treuhänderisch aus.
Aufgrund des vorliegenden Mandatsvertrages und die tatsächliche laufende Einflussnahme auf die Gestionierung des Stiftungsvermögens nach den Vorgaben von Frau S1 (Rubrik 2) und Herrn A. (Rubrik 1) sind das Stiftungsvermögen und die daraus erzielten Kapitalerträge Frau S1 (Rubrik 2) und Herrn A. (Rubrik 1) zuzurechnen (). Erstbegünstigte der L Stiftung sind Herr A., Frau S1 (Schwester) und Frau C.S. (Mutter). Frau C.S. hat zu keiner Zeit über das Stiftungsvermögen verfügt und auch keinen Einfluss auf die Gestionierung des Stiftungsvermögens genommen. Die Einsetzung als Begünstigte sollte Vorsorge für den Fall des Vorversterbens der Kinder und der Einflusssicherung in diesem Fall auf das Stiftungsvermögen sein.
Das Vermögen der L Stiftung und die daraus erzielten Einkünfte sind jedoch ausschließlich Frau S1 und Herrn A. zuzurechnen, weil ausschließlich diese über das Vermögen der L Stiftung verfügt haben. Es erfolgte durch die beiden eingerichteten Rubriken sogar eine konkrete Zuordnung des Stiftungsvermögens zu Frau S1 (Rubrik 2) und Herrn A. (Rubrik 1).
Nach Auflösung der L Stiftung wurde das Vermögen der Rubrik 2 auch auf Konten von Frau S1 und das Vermögen der Rubrik 1 auf Konten von Herrn A. überwiesen. Aufgrund der steuerlichen Transparenz der L Stiftung sind die in der Rubrik 2 erzielten Einkünfte aus der Kapitalveranlagung Frau S1 zuzurechnen.
Da Frau S1 in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig ist, wären die auf oben genannten Konten und Depots erwirtschafteten Einkünfte aus Kapitalvermögen und Spekulationseinkünfte in Österreich der Besteuerung zu unterwerfen gewesen. Durch die Nichtaufnahme in die Einkommensteuererklärungen kam es insoweit zu einer Verkürzung an Einkommensteuer.
In der Anlage übermitteln wir Ihnen die steuerlichen Bemessungsgrundlagen der Einkünfte aus Kapitalvermögen und der Einkünfte aus Spekulationsgeschäften für die Jahre 2006 bis 2013 für Frau S1. Die Jahre bis einschließlich 2005 sind abgabenrechtlich bereits verjährt. Es ist davon auszugehen, dass die Erträge in den Jahren vor 2006 schätzungsweise jenen entsprechen, die ab 2006 erzielt wurden.
Die gegenständliche Selbstanzeige wird für Frau S1, Herrn A. und Frau C.S. erstattet.

Eine Selbstanzeige mit sinngemäßem Inhalt (einschließlich umfassender Berechnungen zu den ausländischen Einkünften aus Kapitalvermögen) wurde beim Finanzamt Waldviertel auch für Herrn A. erstattet.
Wir bitten Sie, die neu zu erlassenden Einkommensteuerbescheide an
Steuerberater, zH Herrn St, AdresseX, zuzustellen.

Für Rückfragen stehen Ihnen die Herren St und St1 jederzeit gerne zur Verfügung."

Unstrittig ist der Sachverhalt, dass die Bf. in den Jahren 2006 bis 2013 Kapitalerträge aus ausländischen Kapitalanlagen (Liechtenstein) bezogen und nicht in ihre Einkommensteuererklärungen für diese Jahre aufgenommen hat sowie die Höhe der bezogenen Kapitalerträge und die darauf beruhenden Nachforderungen an Einkommensteuer für die Jahre 2006 bis 2013 und deren Entrichtung. 

Die Abgabennachforderung für Einkommensteuer 2006 wurde am festgesetzt und am entrichtet.

Die Abgabennachforderungen für Einkommensteuer 2007 bis 2013 wurden am festgesetzt und so wie die Abgabenerhöhung am entrichtet.

Mit § 10 Kapitalabfluss-Meldegesetz wurde für die von der Meldepflicht umfassten Kapitalzuflüsse eine eigenständige Selbstanzeigebestimmung geschaffen, die lediglich drei Verweise auf § 29 FinStrG enthält.

Nach § 10 Abs. 2, erster Satz KapMeldeG tritt für selbstangezeigte Finanzvergehen nach § 10 Abs. 1 KapMeldeG strafbefreiende Wirkung nur insoweit ein, als auch eine Abgabenerhöhung entrichtet wird. Gemäß § 10 Abs. 2 zweiter Satz KapMeldeG gilt § 29 Abs. 6 FinStrG sinngemäß.

Der Nebenanspruch der Abgabenerhöhung fällt (unter Erfüllung der sonstigen in § 29 Abs. 6 FinStrG genannten Voraussetzungen) für alle nach dem anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen erstatteten Selbstanzeigen nach § 29 FinStrG an, bzw. auf Grund des diesbezüglichen Verweises auch für Selbstanzeigen nach § 10 KapMeldeG unter den dort genannten Voraussetzungen.

Die Anspruchsberechtigung für eine Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG für Finanzvergehen im Sinne des § 10 Abs. 1 KapMeldeG ergibt sich aus § 10 Abs. 2 erster Satz KapMeldeG und nicht aus § 29 FinStrG.

Aus § 29 Abs. 6 und § 29 Abs. 2 FinStrG ergeben sich nur die Höhe einer festzusetzenden Abgabenerhöhung für Selbstanzeigen nach § 10 KapMeldeG und die Vorgaben zu deren Entrichtung für die Erwirkung einer Strafaufhebung.

Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat außer in den Fällen des § 278 das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Prüfgegenstand ist dabei stets die Sache des Bescheides der Abgabenbehörde. "Sache" ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches der Behörde gebildet hat.

Inhalt des verfahrensgegenständlichen Spruches war die Festsetzung einer Abgabenerhöhung auf Grund einer darin bezeichneten Anspruchsberechtigung nach § 29 Abs. 6 FinStrG.

Die Anspruchsberechtigung für den verfahrensgegenständlichen Nebenanspruch ergibt sich der Selbstanzeige folgend jedoch aus § 10 Abs. 2 erster Satz KapMeldeG. Die gegenständliche Selbstanzeige wurde nicht erst anlässlich einer Prüfung erstattet, daher ist auch die Begründung des angefochtenen Bescheides unzutreffend und war er daher ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung in der beantragten Sitzung des Senates schon rein auf Grund der Anführung der unzutreffenden Anspruchsnorm aufzuheben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche entscheidungsrelevante Rechtsfrage liegt nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7102094.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at