Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.03.2017, RV/7100377/2017

Verkauf einer mit Hypothek belasteten Liegenschaft - Antrag auf Regelbesteuerung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Michael Mandlmayr in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf vom , betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2012 zu Recht erkannt: 

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe betragen:
Einkommen: 7.640,00 €                                  Einkommensteuer: 0,00 €

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf) erbte 2010 gemeinsam mit seinen beiden Geschwistern die Liegenschaft Lageadresse vom Vater, der diese Liegenschaft 1972 ebenfalls geerbt hatte.

Mit Einantwortungsbeschluss vom erwarb der Bf das Eigentum mit einem Anteil von 1/3 an der genannten Liegenschaft.

Mit Kaufvertrag vom veräußerten die drei Geschwister die gegenständliche Liegenschaft gemeinsam gegen einen Kaufpreis von insgesamt 165.000,00 €.

Auf Grund der Abgabenerklärung gemäß § 10 Grunderwerbsteuergesetz (Kontrollmitteilung) erlangte das Wohnsitzfinanzamt des Bf am Kenntnis vom auf dem Bf entfallenden Betrag von 55.000,00 € aus diesem Verkauf.
Mit Schreiben vom wies das Finanzamt den Bf betreffend die Grundstücksveräußerung 2012 auf die Einkommensteuerpflicht der nach dem erfolgten Veräußerung hin und forderte den Bf zur Retournierung des angeschlossenen Formulars nach dessen Ausfüllen bis auf.

Mangels Beantwortung des ersten Ergänzungsersuchens durch den Bf urgierte das Finanzamt mit Schreiben vom die Beantwortung unter Setzung einer Frist bis .

Mit Einkommensteuerbescheid 2012 vom setzte das Finanzamt 25% Steuer in Höhe von 1.925,00 € für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen sinngemäß mit folgender Begründung fest:

Da der Bf die Vorhalte nicht beantwortet und keine Unterlagen betreffend die Grundstücksveräußerung nachgereicht habe, sei die Immobilienertragssteuer von amtswegen für das Altvermögen mit 14% des Verkaufserlöses von 55.000,00 € mit 25% versteuert worden.

Mit am zur Post gegebenem Schriftsatz vom erhob der Bf Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 vom und beantragte mit folgender Begründung, die Einkommensteuer vom Betrag von nur 24.865,86 € zu berechnen:
Aus dem Verkauf der Liegenschaft seines Vaters im Jahr 2012 habe der Bf nur 24.868,86 € erhalten, weil vom Verkaufspreis von 165.000,00 € sofort die Schulden bei der BH Wien Umgebung (AZ) von 87.476,58 € bezahlt worden seien.
Nach Abzug diverser Spesen und Gebühren (Maklerprovision) habe der Bf nur 24.868,86 € erhalten.

Der Beschwerde waren Kopien des Kontoauszuges vom des Bf, der Zahlungsaufforderung der BH Wien-Umgebung vom , des Kaufvertrages vom und von 2 Auftraglisten zur Durchführung von Überweisungen angeschlossen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 sinngemäß mit folgender Begründung ab:

Bei pauschaler Ermittlung von Einkünften aus Grundstücksveräußerung sei ein Abzug von Werbungskosten nicht möglich.
Die Pflegekosten wären grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, würden sich mangels steuerpflichtiger Einkünfte jedoch nicht auswirken.
Die Pflegekosten könnten bei der Berechnung der Immobilienertragssteuer – auch bei nicht pauschaler Ermittlung – jedoch nicht berücksichtigt werden, weil kein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Grundstücksverkauf bestehe.

Mit am zur Post gegebenem Schriftsatz vom stellte der Bf einen Vorlageantrag ("Beschwerde gegen die Beschwerdevorentscheidung") und führte ergänzend Folgendes aus:
Der Bf wolle die Pflegekosten ja nicht von der Steuer abschreiben, sondern nur darauf hinweisen, dass er im Jahr 2012 nur 24.868,86 € erhalten habe und die Einkommensteuer von diesem Betrag zu berechnen sei. Der Bf habe bereits mit der Beschwerde diesbezügliche Unterlagen gesendet und werde in den nächsten Tagen eine Bestätigung der Bezirkshauptmannschaft WU senden.

Bei einer persönlichen Vorsprache beim Finanzamt am 1 wurden dem Bf Akteneinsicht gewährt und Ausdrucke des Einkommensteuerbescheides vom , der Beschwerde vom , der Beschwerdevorentscheidung vom und des Vorlageantrages vom ausgehändigt und die rechtliche Situation, insbesondere, dass die Begleichung von Verbindlichkeiten Einkommensverwendung darstellt, erläutert.

Im auch dem Bf übermittelten Vorlagebericht vom beantragte das Finanzamt mit folgender Stellungnahme die Abweisung der Beschwerde:
Der Bf habe die Verfügungsgewalt über seinen Kaufpreisanteil von 55.000,00 € erhalten. Die Verpflichtung zum Ersatz der Pflegekosten (Sozialhilfe für den Vater stelle eine persönliche Verbindlichkeit des Erblassers dar, die auf die Erben übergegangen sei und nicht in Zusammenhang mit der Grundstücksveräußerung stehe. Die Tilgung dieser Verbindlichkeit aus dem Erlösanteil stelle steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung dar.
Bei der Ermittlung der Einkünfte gem. § 30 Abs. 4 EStG 1988 sei ein Abzug von Werbungskosten (wie z.B. Maklergebühren) nicht möglich.
Bei der Ermittlung der Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen gem. § 30 Abs. 4 EStG 1988 sei daher zu Recht vom Erlös von 55.000,00 € ausgegangen worden.

Mit durch Hinterlegung am zugestelltem Schreiben vom wies das erkennende Gericht den Bf darauf hin, dass der Bf im Jahr 2012 außer den streitgegenständlichen Einkünften aus der Grundstücksveräußerung in Höhe von 7.700,00 € offensichtlich keine weiteren steuerpflichtigen Einkünfte bezogen habe (Notstandshilfe sei gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 von der Einkommensteuer befreit). Der Bf habe deshalb die Möglichkeit, gemäß § 30a EStG 1988 die Besteuerung der Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung nach dem allgemeinen Steuertarif statt mit 25% zu beantragen.
Dieser Antrag sei jedenfalls dann sinnvoll, wenn das Einkommen des Bf inklusive der Grundstücksveräußerung 11.000,00 € nicht übersteigt, weil bis zu einem Einkommen von 11.000,00 € überhaupt keine Einkommensteuer anfalle.
Der Bf werde deshalb aufgefordert, binnen eines Monats ab Zustellung dieser Zuschrift mitzuteilen, ob der Bf einen Antrag auf Besteuerung der Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung nach dem allgemeinen Steuertarif stellt.

Mit am selben Tag zur Post gegebenem Schriftsatz vom stellte der Bf hierauf den Antrag, die Besteuerung seiner Einkünfte aus dem Jahr 2012 nach dem allgemeinen Steuertarif zu berechnen, was ihm vom Finanzamt (als Möglichkeit) nicht mitgeteilt worden sei. Der Bf wiederholte, dass er aus dem Verkauf der gegenständlichen Liegenschaft nur 24.868,86 € erhalten habe, weil vom Verkaufserlös sofort der Kostenersatz für die Pflege seines Vaters an die BH Wien Umgebung bezahlt worden sei.
Abschließend betonte der Bf, dass in dieser Steuersache – offensichtlich abweichend von seinen beiden Schwestern – mangels Erteilung eines Auftrages und Vollmacht weder Immobilienverwalter noch Rechtsanwalt für den Bf einschreiten oder Akteneinsicht nehmen dürfen.

Das erkennende Gericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Bf erbte 2010 gemeinsam mit seinen beiden Geschwistern die Liegenschaft Lageadresse vom Vater, der diese Liegenschaft 1972 ebenfalls geerbt hatte. Mit Einantwortungsbeschluss vom erwarb der Bf das Eigentum mit einem Anteil von 1/3 an der genannten Liegenschaft.

Mit Kaufvertrag vom veräußerten die drei Geschwister die gegenständliche Liegenschaft gemeinsam gegen einen Kaufpreis von insgesamt 165.000,00 €, wobei auf den Bf 55.000,00 € (1/3 von 165.000,00 €) entfielen.

Außer den der Höhe nach strittigen Einkünften aus diesem privaten Grundstücksverkauf bezog der Bf im Jahr 2012 keinerlei steuerpflichtige Einkünfte, sondern nur gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 von der Einkommensteuer befreite Notstandshilfe.

Beweiswürdigung

Die unbestrittenen Daten betreffend Eigentumsverhältnisse, Verkauf und Erlös sind durch den vom Bf der Beschwerde in Kopie angeschlossenen Kaufvertrag vom belegt.
Der Erwerb des Vaters im Erbweg im Jahr 1972 ist aus dem im Akt erliegenden Ausdruck der gelöschten Daten der gegenständlichen Liegenschaft ersichtlich.

Der Bezug der Notstandshilfe ist durch die dem bekämpften Bescheid auf Seite 3 angeschlossenen Meldungen belegt.

Rechtslage - Immobilienetragssteuer

Durch das 1. Stabilitätsgesetz 2012, BGBl I 22, wurde die Veräußerung von privaten Grundstücken nach dem (§ 124b Z 233 EStG 1988) in § 30 Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. 400/1988 (EStG 1988) wie folgt der Einkommensteuer unterworfen (Fettdruck durch das erkennende Gericht):

§ 30. (1) Private Grundstücksveräußerungen sind Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (grundstücksgleiche Rechte). Bei unentgeltlich erworbenen Grundstücken ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen. Bei Tauschvorgängen ist § 6 Z 14 sinngemäß anzuwenden.

(2) Von der Besteuerung ausgenommen sind die Einkünfte:


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1.
Aus der Veräußerung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen samt Grund und Boden (§ 18 Abs. 1 Z 3 lit. b), wenn sie dem Veräußerer
a)
ab der Anschaffung bis zur Veräußerung für mindestens zwei Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird oder
b)
innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird.
2.
Aus der Veräußerung von selbst hergestellten Gebäuden, soweit sie innerhalb der letzten zehn Jahre nicht zur Erzielung von Einkünften gedient haben.
3.
Aus der Veräußerung von Grundstücken infolge eines behördlichen Eingriffs oder zur Vermeidung eines solchen nachweisbar unmittelbar drohenden Eingriffs.
4.
Aus Tauschvorgängen von Grundstücken im Rahmen eines Zusammenlegungs- oder Flurbereinigungsverfahrens im Sinne des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951, BGBl. Nr. 103/1951, sowie im Rahmen behördlicher Maßnahmen zur besseren Gestaltung von Bauland, insbesondere nach den für die bessere Gestaltung von Bauland geltenden Vorschriften. Das in solchen Verfahren erworbene Grundstück tritt hinsichtlich aller für die Ermittlung der Einkünfte relevanter Umstände an die Stelle des hingegebenen Grundstückes.

(3) Als Einkünfte ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten anzusetzen. Die Anschaffungskosten sind um Herstellungsaufwendungen und Instandsetzungsaufwendungen zu erhöhen, soweit diese nicht bei der Ermittlung von Einkünften zu berücksichtigen waren. Die Anschaffungskosten sind um Absetzungen für Abnutzungen, soweit diese bei der Ermittlung von Einkünften abgezogen worden sind, sowie um die in § 28 Abs. 6 genannten steuerfreien Beträge zu vermindern. Müssen Grundstücksteile im Zuge einer Änderung der Widmung auf Grund gesetzlicher Vorgaben an die Gemeinde übertragen werden, sind die Anschaffungskosten der verbleibenden Grundstücksteile um die Anschaffungskosten der übertragenen Grundstücksteile zu erhöhen.

Die Einkünfte sind zu vermindern um


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-
die für die Mitteilung oder Selbstberechnung gemäß § 30c anfallenden Kosten und um anlässlich der Veräußerung entstehende Minderbeträge aus Vorsteuerberichtungen gemäß § 6 Z 12;
-
2% jährlich ab dem elften Jahr nach dem Zeitpunkt der Anschaffung oder späteren Umwidmung, höchstens jedoch um 50% (Inflationsabschlag); dies gilt nicht, soweit der besondere Steuersatz gemäß § 30a Abs. 4 nicht anwendbar ist.

(4) Soweit Grundstücke am nicht steuerverfangen waren, sind als Einkünfte anzusetzen:


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1.
Im Falle einer Umwidmung des Grundstückes nach dem der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 40% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten. Als Umwidmung gilt eine Änderung der Widmung, die nach dem letzten entgeltlichen Erwerb stattgefunden hat und die erstmals eine Bebauung ermöglicht, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland oder Baufläche im Sinne der Landesgesetze auf dem Gebiet der Raumordnung entspricht. Dies gilt auch für eine spätere Umwidmung in engem zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Veräußerung.
2.
In allen übrigen Fällen der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 86% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten.
Der Unterschiedsbetrag erhöht sich um die Hälfte der in Teilbeträgen gemäß § 28 Abs. 3 abgesetzten Herstellungsaufwendungen, soweit sie innerhalb von fünfzehn Jahren vor der Veräußerung vom Steuerpflichtigen selbst oder im Fall der unentgeltlichen Übertragung von seinem Rechtsvorgänger geltend gemacht wurden.

(5) Auf Antrag können die Einkünfte statt nach Abs. 4 auch nach Abs. 3 ermittelt werden.

Die ersten zwei Absätze des mit der Überschrift "Besonderer Steuersatz für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen" versehenen § 30a EStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 112/2012 lauten (Fettdruck durch das erkennende Gericht):

§ 30a. (1) Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken im Sinne des § 30 unterliegen einem besonderen Steuersatz von 25% und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Abs. 2) anzuwenden ist.

(2) Anstelle des besonderen Steuersatzes von 25% kann auf Antrag der allgemeine Steuertarif angewendet werden (Regelbesteuerungsoption). Die Regelbesteuerungsoption kann nur für sämtliche Einkünfte, die dem besonderen Steuersatz gemäß Abs. 1 unterliegen, angewendet werden.

Erwägungen

Das gegenständliche Grundstück (Liegenschaft des verstorbenen Vaters) war zum nicht (mehr) steuerverfangen, weil es unbestritten schon seit 1972 Eigentum des Vaters des Bf gewesen ist, von dem es zu 1/3 im Erbweg durch Einantwortung am unentgeltlich iSd § 30 Abs. 1 EStG 1988 auf den Bf übergegangen ist.
Da die Spekulationsfrist längst abgelaufen war, handelt es sich hier um sogenanntes "Altvermögen" iSd § 30 Abs. 4 EStG 1988.

Die Ausdehnung der Ertragssteuerpflicht auch auf die am nicht (mehr) steuerverfangenen privaten Grundstücke (Altvermögen) hat der Verfassungsgerichtshof als verfassungsmäßig zulässige Gestaltung des einfachen Gesetzgebers anerkannt ().

Die Steuerpflicht wird vom Bf im gegenständlichen Fall dem Grunde nach gar nicht bestritten.

Die vom Bf geforderte Berücksichtigung des Umstandes, dass er wegen Einbehaltung der (grundbücherlich sichergestellten) Schulden seines Vaters für Pflegeleistungen durch die BH Wien-Umgebung sowie Spesen und Gebühren (Maklerprovision) nur 24.868,86 € erhalten hat, findet im Gesetz – hier § 30 EStG 1988 - keine Deckung.

Als gesetzliche Erben haben der Bf und seine Geschwister die Rechtsnachfolge ihres verstorbenen Vaters angetreten. Die Verwendung eines Teiles des Verkaufserlöses zur Tilgung der hypothekarisch sichergestellten Verbindlichkeiten des Vaters für Pflegeleistungen des Sozialhilfeverbandes Wien-Umgebung ist der privaten Vermögenssphäre zuzurechnen und stellt keine Werbungskosten der privaten Grundstücksveräußerung des Bf und seiner Geschwister dar (). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ( 1535, 1747, 1748/79; , 89/13/0021; und , 91/14/0108) stellen nämlich Kosten, die im Zusammenhang mit einem Erbanfall entstehen (Erbauseinandersetzungen, Erbschaftsregelungen, Zahlungen von Pflichtteilen, Aufnahme von Krediten zur Befriedigung von Ansprüchen) weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten dar, weil diese Aufwendungen lediglich die private Vermögenssphäre des Erben betreffen.
Das erkennende Gericht teilt deshalb die schon vom Finanzamt im Vorlagebericht geäußerte Rechtsansicht, dass es sich bei der Zahlung der hypothekarisch sichergestellten Verbindlichkeiten des verstorbenen Vaters für die an ihn erbrachten Pflegeleistungen um steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung handelt.

Intention des Stabilitätsgesetzes 2012 war es schlicht und einfach ein zusätzliches Steueraufkommen zur Budgetsanierung zu generieren. Das Herzstück der ertragsteuerlichen Änderungen war dabei die neue Besteuerung von Liegenschaften, woraus sich der Fiskus bereits 2013 ein zusätzliches Steueraufkommen von 350 Mio. € erwartete, das bis 2016 auf jährlich 750 Mio. € ansteigen soll (Bruckner, in ÖStZ 2012, S 101).

Dieses Ziel wurde durch eine Einbeziehung des Altvermögens – mit jedoch moderater Besteuerung (3,5% des Verkaufspreises) – realisiert. Da der Bf keinen Antrag auf Ermittlung unter Berücksichtigung der konkreten Anschaffungs- und Herstellungskosten nach § 30 Abs. 5 EStG 1988 gestellt hat, entspricht auch die in der Begründung des bekämpften Bescheides dargelegte Ermittlung der Bemessungsgrundlage mit 14 % des auf den Bf entfallenden Anteiles des Verkaufspreises von 55.000,00 € dem Gesetz (§ 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988). Nach der zuletzt genannten Bestimmung werden nämlich beim Altvermögen pauschal Anschaffungskosten in Höhe von 86% des Veräußerungserlöses unterstellt, woraus sich eine Bemessungsgrundlage in Höhe von 14% des Verkaufspreises ergibt (14% von 55.000=7.700). Das Finanzamt hat daher die anteilige Veräußerung der Liegenschaft des verstorbenen Vaters zu Recht mit 1.925,00 € (25% gemäß § 30a Abs. 1 EStG von 7.700) besteuert, was lediglich 3,5% des Verkaufserlöses von 55.000,00 € entspricht.

Gemäß § 20 Abs. 2 TS 2 EStG 1988 idF des 1. StabG 2012 dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte Aufwendungen und Ausgaben nicht abgezogen werden, soweit sie mit Einkünften, auf die der besondere Steuersatz gemäß § 30a Abs. 1 anwendbar ist, in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.

Der vom Bf geforderte zusätzliche Abzug von Spesen, Gebühren und Maklerprovision zur Ausgabenpauschale von 86% des Verkaufserlöses ist bei der im gegenständlichen Fall anzuwendenden pauschalen Ermittlung der Einkünfte nach § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 nicht möglich (; unter Hinweis auf Jakom/Kanduth-Kristen EStG 2013, § 30 Rz 71).

Das Finanzamt hat daher die Bemessungsgrundlage der privaten Grundstücksveräußerung mit 7.700,00 € richtig ermittelt.

Antrag auf Besteuerung nach dem allgemeinen Steuertarif

Der durch keinen berufsmäßigen Parteienvertreter vertretene Bf (vgl. Hinweis im Schriftsatz vom 24. Feber 2017) hat nach Hinweis des erkennenden Gerichts im oben zitierten Schreiben vom mit Schriftsatz vom den Antrag gemäß § 30a Abs. 2 EStG 1988 auf Besteuerung dieser Einkünfte mit dem allgemeinen Steuertarif gestellt (Den diesbezüglichen Hinweis in Pkt. 8 des Ergänzungsvorhaltes des Finanzamtes dürfte der Bf nicht verstanden haben).

Diese Option kann bis zur Rechtskraft des Bescheides ausgeübt werden (Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17, § 30a Tz 14).

Einkünfte aus privater Grundstücksveräußerung gemäß § 30 EStG 1988 sind sonstige Einkünfte gemäß § 29 Z 2 EStG 1988. Für sonstige Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 Z 7 iVm § 29 EStG 1988 ist - anders als für die ersten vier Einkunftsarten - keine Hochrechnung nach § 3 Abs. 2 EStG 1988 der vom Bf bezogenen, nach § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 befreiten Notstandshilfe vorgesehen.

Die Besteuerung nach dem allgemeinen Steuertarif (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) ergibt im gegenständlichen Fall keine Einkommensteuer:

Berechnung der Einkommensteuer 2012:


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Sonstige Einkünfte gemäß § 29 Z 2 EStG 1988 aus privater Grundstücksveräußerung
in Folge Regelbesteuerungsoption gemäß § 30a Abs. 2 EStG 1988
7.700,00 €
Gesamtbetrag der Einkünfte
7.700,00 €
Pauschbetrag für Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 2 EStG 1988
-60,00 €
Einkommen
7.640,00 €
Einkommensteuer gemäß § 33 Abs. 1 EStG 1988 bis Einkommen von 11.000 € Euro 0
 
Einkommensteuer
0,00 €
Einkommensteuer bisher lt. bekämpftem Bescheid
1.925,00 €
Abgabengutschrift
1.925,00 €

Der bekämpfte Bescheid war daher abzuändern.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im gegenständlichen Fall keine derartige Frage zu lösen war, ist keine Revision zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7100377.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at