Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 04.04.2017, RV/7400007/2016

Vergnügungssteuerpflicht für Publikumstanz

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden R1, den Richter R2 und die weiteren Senatsmitglieder L1 und L2 in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Geyer & Geyer Wirtschaftstreuhänder GmbH, Rudolf von Alt-Platz 1, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs und Abgabewesen vom , MA 6/ARL-80168/16, betreffend Vergnügungssteuer, in der Sitzung am im Beisein der Schriftführerin S zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegr ü ndet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unver ä ndert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte der Magistrat der Stadt Wien, MA 6, gemäß §§ 1, 8 und 13 des Vergnügungssteuergesetzes 2005 - VGSG, LGBI. für Wien Nr. 56/2005, in Verbindung mit § 201 der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBI. Nr. 194/1961, in der geltenden Fassung, für die vereinnahmten Entgelte (Verkauf von Eintrittskarten) anlässlich der am in Adr1, durchgeführten Publikumstanzveranstaltung eine Vergnügungssteuer in Höhe von €  1.050,00 fest.

Zur Begr ü ndung wurde wie folgt ausgef ü hrt:

„Gemäß § 1 Abs. 1 Z 5 des Vergnügungssteuergesetzes zählt Publikumstanz in Wien zu den steuerpflichtigen Veranstaltungen und ist nach den Bestimmungen des §  8 Abs. 1 VGSG mit 15 vH des Entgeltes der Vergnügungssteuer zu unterziehen. Laut § 8 Abs. 2 VGSG ist auf Antrag einmal im Kalenderjahr bei fristgerechter Anmeldung der Veranstaltung die Steuer auf 10 vH des Entgeltes zu ermäßigen.

Die Vergnügungssteuer errechnet sich wie folgt:

126 Besucher a €  100,00 = €  12.600,00 Bemessungsgrundlage (exkl. Umsatzsteuer) €  10,500,00 davon 10% Vergnügungssteuer €  1.050,00 “

In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom führte der Beschwerdeführer (Bf) durch seinen Vertreter wie folgt aus:

„Die Beschwerde richtet sich gegen die Vorschreibung von Vergnügungssteuer für die Veranstaltung am Datum. Wir beantragen daher, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts wie folgt abzuändern:

Festsetzung der Bemessungsgrundlage auf € 0,00 und somit auch Festsetzung der Vergnügungssteuer  mit € 0,00.

Wie in der Außenprüfung bereits festgestellt, veranstaltete unser Klient am Datum eine Silvesterfeier in seinem Lokal und verlangte dafür einen Eintrittskartenpreis von € 100,00 pro Person. Aufgrund des Neides und der vielen gegenseitigen Anzeigen in der Branche meldete unser Klient sicherheitshalber die Veranstaltung bereits im Vorfeld zur Vergnügungssteuer an.

Bei dem Lokal unseres Klienten handelt es sich um eine Gastwirtschaft mit einem behördlich genehmigten Fassungsraum von mehr als 200 Personen. Die Veranstaltung war aufgrund der starken Konkurrenz allerdings nur von 126 Personen besucht worden. Die Veranstaltung bestand aus einem kulinarischen all inclusive-Programm, sowie einer musikalischen Live-Darbietung einer Band.

Die Aufstellung der Tische erfolgte so, dass überall ein guter Zugang für das Servierpersonal möglich war, jedoch wurde keinerlei Platz für eine Tanzfläche vorgesehen. Das vom Prüfer recherchierte Video unter IA wurde auf einer identen Veranstaltung des Vorjahres im Lokal unseres Klienten gedreht. Die räumliche Gestaltung der diesjährigen Veranstaltung war ident und wurde auch nicht vom Prüfer in Abrede gestellt. Daher kann das Video zur Darstellung des Sachverhaltes betreffend der nun fraglichen Veranstaltung vom Datum herangezogen werden.

Rechtliche Würdigung

Gemäß § 1 Wiener Vergnügungssteuergesetz (VGSG) unterliegen der Vergnügungssteuer unter anderem Publikumstänze (Ziffer 5). In § 8 VGSG wird Publikumstanz als die auf einer vom Veranstalter bereitgestellten Tanzfläche getanzten Gesellschaftstänze festgelegt .

Es wird hiermit bestritten, dass eine Tanzfläche bereitgestellt wurde, und dass auf der vorhandenen Fläche Gesellschaftstänze getanzt werden konnten und/oder wurden. Folglich handelte es sich um keinen Publikumstanz im Sinne des Vergnügungssteuergesetzes und daher mangelte es an der Vergnügungssteuerpflicht dieser Veranstaltung.

Ad Tanzfläche

Es entspricht den Tatsachen, dass die Besucher im Laufe des Abends zu tanzen anfingen. Dies wird nicht bestritten. Es handelte sich dabei um den sogenannten Kolo, einen Volkstanz, der Hand-in-­Hand um die Tische herum getanzt werden kann, und aufgrund der Eigenheit des Tanzes auch auf einer Fläche von ca. 40x40 cm pro Person getanzt werden kann.

Dieser Beschwerde liegen einige Screenshots (Screenshot 1 bis 6) aus dem Video bei, welches die Veranstaltung des Vorjahres zeigt, welche ident zu der diesjährigen Veranstaltung war. Darauf ist klar ersichtlich, dass keinerlei Tanzfläche vom Veranstalter zur Verfügung gestellt wurde, es gab lediglich zwischen den Tischen Gänge, welche aber nicht derart groß ausgestaltet waren, dass dies als Tanzfläche interpretiert werden kann. Selbst der Akkordeonspieler der Live-Band musste mit einem Bein auf einer Stufe stehen, damit die Besucher an ihm vorbei konnten (Screenshot 6). Auch das Servierpersonal hatte seine Mühe an den auf den Gängen stehenden/tanzenden Besuchern vorbeizukommen (siehe den Kellner auf Screenshot 2 Mitte), da die Gänge so schmal waren.

Dem Prüfer ist zwar zuzustimmen, dass den Gästen eben gerade noch genug Platz zur Verfügung stand um Kolo zu tanzen (zwar mit Mühe aber dennoch möglich), aber dieser Platz war nicht als Tanzfläche angedacht, sondern der nötige Platz, damit das Servierpersonal zu den Tischen konnte. Aufgrund der Eigenheit des Kolos wäre auch der schmalste Gang in dem eine Person gerade noch stehen kann, als Tanzfläche geeignet. Dies würde dazu führen dass jede freie Fläche eine Tanzfläche wäre.

Im Wiener Veranstaltungsstättengesetz wird von Veranstaltungsstätten in § 3 Abs. 2 Z 3 gefordert:

Räume und Etagen einer Veranstaltungsstätte in einem Gebäude müssen, wenn sie für den Aufenthalt von mehr als 100 Personen bestimmt sind, mindestens zwei direkt oder über den kürzesten Hauptverkehrsweg (§ 4) ins Freie führende Ausgänge haben, die so angelegt und so weit voneinander entfernt sind, dass deren Lage und Breite in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen, sodass durch das Auftreten eines Hindernisses bei einem Ausgang die Zugänglichkeit des anderen nicht beeinträchtigt wird.

In § 4 Abs. 2 Wiener Veranstaltungsstättengesetz wird weiters die Mindestbreite der Hauptverkehrswege bei Personenzahlen von 121 bis 180 auf 1,40 m festgelegt.

§ 4 Abs. 8 legt fest, dass Nebenverkehrswege (Nebenverkehrswege sind sonstige Verkehrswege, insbesondere die von den Plätzen - Sitzen, Stehplätzen - der Veranstaltungsteilnehmer zu den Hauptverkehrswegen führenden Verbindungswege) die für ihren Zweck erforderliche Mindestbreite haben müssen. Daraus (und allein auch schon aus praktischen und vernünftigen Grundüberlegungen) ergibt sich, dass die Stühle der einzelnen Tischreihen nicht Rückseite an Rückseite stehen dürfen. Folglich sind immer Gänge zwischen den Tischen und Stühlen vorhanden.

Da die Veranstaltungsräumlichkeiten unseres Klienten für über 200 Personen geeignet sind, und auch tatsächlich mehr als 100 Personen die Veranstaltung besucht haben, musste unser Klient aufgrund des Gesetzes die Hauptfluchtwege derart gestalten, dass die Personenmassen im Brandfall rasch das Gebäude verlassen können. Einer dieser Hauptfluchtwege ist auf Screenshot 1 zu erkennen. Es wäre jetzt eine Farce, wenn aufgrund der Einhaltung feuerpolizeilicher Bestimmungen plötzlich zwingend notwendige Fluchtwege (Haupt- & Nebenverkehrswege) als Tanzflächen angesehen werden und dadurch Vergnügungssteuerpflicht ausgelöst wird. Dies würde dazu führen, dass alle Wiener Lokalitäten, welche für über 200 Personen geeignet sind und bei denen sich die Veranstalter an das Wiener Veranstaltungsstättengesetz halten, automatisch vergnügungssteuerpflichtig werden.

Um den Unterschied zu einer richtigen Tanzfläche deutlich zu machen, finden sich auf der gleichen Internetplattform Videos von Veranstaltungen, wo ebenfalls Kolo getanzt wird, von den Veranstaltern allerdings richtige Tanzflächen zur Verfügung gestellt wurden (IA2 oder (IA3 oder (IA4). Screenshots aus diesen Videos liegen dieser Beschwerde bei (Screenshots 7 bis 12).

Bei zur Verfügung Stellung der dort erkennbaren Flächen, werden diese wohl als klassische Tanzflächen zu sehen sein. Allerdings, wie auf den Screenshots bzw. dem Video von unserem Klienten klar zu erkennen ist, stellte unser Klient keinerlei derartige Tanzfläche zur Verfügung. Dies sollte aufgrund der dargelegten Videos zum Vergleich ersichtlich sein. Dass Besucher aufgrund der lockeren Stimmung und bei fortgeschrittener Stunde zu tanzen beginnen, kann aber natürlich niemals ausgeschlossen werden - selbst bei den engsten Platzverhältnissen. Ein Verhindern des Tanzens durch Reduktion der freien Flächen ist denkunmöglich, da immer kleine Gänge für das Servierpersonal freigelassen werden müssen - und diese sind ausreichend für den Kolo.

Ad Gesellschaftstänze

Das Gesetz betreffend die Erteilung von Unterricht in Gesellschaftstänzen (Wiener Tanzschulgesetz 1996) definiert in §1 Abs. 2 was unter Gesellschaftstänzen zu verstehen ist:

Gesellschaftstänze sind jene Tänze, die der gesellschaftlichen Unterhaltung dienen oder gedient haben, sowie Tanzformen, die sich aus den Gesellschaftstänzen entwickelt haben, einschließlich der auf brauchmäßiger Überlieferung beruhenden einheimischen Volkstänze.

Hier  ist bereits explizit von einheimischen Volkstänzen die Rede. Dies verdeutlicht, dass der Gesetzgeber sich bei der Abgrenzung des Begriffs Gesellschaftstänze im Rahmen von Volkstänzen auf einheimische Volkstänze beschränken will. Der Kolo zählt zur Kultur und Volkstanzform der Kroaten, Bosniaken und Serben, welche nicht einheimisch im Sinne des Gesetzgebers sind, und folglich auch der Kolo kein österreichischer Volkstanz ist.

Ob der Kolo einen Gesellschaftstanz in seinem Ursprungsland darstellt, muss hier nicht  beurteilt werden. Der österreichische Gesetzgeber geht nämlich von einer klar abgegrenzten Anzahl von Tänzen aus, indem er sich im Vergnügungssteuergesetz der Wortwahl Gesellschaftstänze bedient und daher auf einen bereits von ihm selbst klar abgegrenzten Begriff im Wiener Tanzschulgesetz und in der Tanzlehrprüfungsverordnung (siehe unten) bezieht.

Auch ist bei einer Interpretation des Wortes Gesellschaftstänze auf das österreichische Verständnis bzw. die österreichische Kultur abzustellen, da weltweit die unterschiedlichsten Gesellschaften die unterschiedlichsten Tänze haben. Abhängig von Kultur, Land und Sitten, stellen die dortigen Gesellschaftstänze auch unterschiedlichste Anforderungen an eine Tanzfläche. Wäre vom Gesetzgeber ein Abstellen auf alle Tänze weltweit angedacht gewesen, wäre die Wortwahl im Gesetzestext wohl deutlich anders getroffen worden.

Im Landesgesetzblatt für Wien, Jahrgang 1997 vom , 31.Stück, findet sich die Tanzlehrprüfungsverordnung. Im Anhang 1 zu § 6 werden die zu lehrenden Gesellschaftstänze angeführt. Darunter enthalten sind beispielsweise Foxtrott, langsamer Walzer, Marsch, Polka, Tango oder Wiener Walzer. Der Kolo findet sich nicht darunter.

Es ist auf dem Video und den Screenshots unschwer zu erkennen, dass durch die Saalgestaltung auf dem im Lokal vorhandenen freien Platz niemals derartige Tänze getanzt werden können. Daher mangelt es in dieser Hinsicht an einer Fläche/Tanzfläche, welche für Gesellschaftstänze nach der Tanzlehrprüfungsverordnung geeignet ist. Auch wird erst eine Fläche als richtige Tanzfläche angesehen werden können, wenn sie zumindest für die meisten oder fast alle Gesellschaftstänze geeignet ist. Man denke nur an eine Form des Wiener Walzers. Ein etwas geübtes Tanzpaar kann ohne weiteres auf einer Fläche von 1 m2 den sogenannten Fleckerl-Walzer (= Linkswalzer, der auf dem Fleck gedreht wird) tanzen - daher auch der Name. Selbstverständlich wird diese kleine Fläche für andere Gesellschaftstänze der Tanzlehrprüfungsverordnung unzureichend sein und deswegen stellt auch nicht jede freie 1 m2 Fläche eine Tanzfläche dar.

Auch wurde auf der Veranstaltung kein Gesellschaftstanz im Sinne des Vergnügungssteuergesetzes getanzt. Wie bereits aus obiger Ausführung hervorgeht, stellt der Kolo keine Form des Gesellschaftstanzes nach österreichischer/wiener  Gesetzesdefinition dar. Folglich mangelte es nicht nur an der in § 8 Abs. 3 Vergnügungssteuergesetz geforderten Tanzfläche, sondern auch an den geforderten auf ihr getanzten Gesellschaftstänzen.

Zusammenfassung

Wie in obigen Ausführungen dargelegt und erkennbar ist, wurde vom Veranstalter keine Tanzfläche zur Verfügung gestellt oder wurden Gesellschaftstänze iSd Gesetzes getanzt. Es handelte sich dabei lediglich um ein all-inclusive Silvesteressen mit Live-Band, bei dem die Besucher zu fortgeschrittener Stunde auf den Gängen zwischen den Stühlen und Tischen Kolo getanzt haben. Auch wurde von unserem Klienten das Tanzen nicht gefördert oder unterstützt, da ansonsten eine richtige Tanzfläche zur Verfügung gestellt worden wäre.

Der dargelegte Sachverhalt erfüllt somit keinesfalls den im Wiener Vergnügungssteuergesetz normierten Tatbestand des Publikumstanzes und daher unterliegt die Veranstaltung keiner Vergnügungssteuerpflicht."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab.

Zur Begründung wurde wie folgt ausgeführt:

"Der Beschwerdeführer wendet ein, dass es sich bei der Veranstaltung am um keine Publikumsveranstaltung gehandelt hätte, da keine Tanzfläche zur Verfügung gestellt wurde und auch keine Gesellschaftstänze getanzt wurden.

Gemäß § 8 Abs. 3 gelten als Publikumstanz die auf einer vom Veranstalter bereitgestellten Tanzfläche  getanzten  Gesellschaftstänze.

Der Begriff der bereitgestellten Tanzfläche ist im Vergnügungssteuergesetz nicht eigens definiert und somit im Zusammenhang  mit der jeweiligen Veranstaltung auszulegen.

Bei der Silvesterveranstaltung handelte es sich um einen traditionellen kroatischen Silvesterabend, an dem die Besucher mit der Erwartungshaltung teilnehmen, dass neben einem Silvesteressen und einer Tanzkapelle (Liveband) auch die Möglichkeit des zu diesem Anlass typischen Kolo-Tanzes besteht.

Unter dem Namen „ MK15" findet sich auf „YouTube" ein Video der betreffenden Veranstaltung.  Es wird Live-Musik  angeboten und das Publikum tanzt „Kolo". Vor dem  Podest auf dem die Band steht, befindet sich eine freie  Fläche. Ein Kameraschwenk nach einer Laufzeit von 15:14 zeigt die Größe der Freifläche und in weiterer Folge Gäste, die „Kolo" in einer Runde (Reigen) tanzen. Nach 39:40 wird „Kolo" zwischen den Ti­schen in 2 parallelen Reihen getanzt, wobei zu sehen ist, dass auch zwischen den Tanzenden ausreichend Raum ist. Ab 50:34 sieht man Gäste auf der Freifläche vor dem Podest tanzen. Der Veranstalter hat durch die Saalgestaltung für ausreichend Fläche zum Tanzen gesorgt und somit die im Gesetz für die Steuerpflicht erforderliche Tanzfläche bereitgestellt.

Die der Beschwerde beigelegten Screenshots 1-6 betreffen nicht die verfahrensgegenständliche Veranstaltung. Das Ausmaß der Komponente Tanz an der gemischten Silvesterveranstaltung war auch nicht derart marginal, dass nicht mehr von Publikumstanz gesprochen werden kann.

Auch der Einwand, dass der Kolotanz kein Gesellschaftstanz im Sinne des Wiener Tanzschulgesetzes wäre, ist nicht zielführend, da unter die Gesellschaftstänze auch auf brauchmäßiger Überlieferung beruhende einheimische Volkstänze zu subsumieren sind.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers handelt es sich bei Kolo um einen einheimischen Volkstanz aus dem seit dem Jahr 1529 durch die Kroaten besiedelten Gebietes des heutigen Burgenlandes. Die in Österreich beheimatete Volksgruppe der Kroaten sind eine gesetzlich anerkannte Minderheit. Deren Tanzformen, wie alte und neue Formen dieses Reigentanzes, werden auch in diversen, nachfragebedingt in der Regel burgenländischen Tanzschulen, gelehrt."

Mit Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht gem. § 264 Abs. 1 BAO vom beantragte der Bf gem. § 272 Abs. 2 Z 1 lit b BAO eine Entscheidung durch den gesamten Senat.

Zur Begründung führte der Bf wie folgt aus:

„Veranstaltungen dieser Art werden von unserem Klienten regelmäßig durchgeführt. Unser Klient hat daher ein besonderes Interesse, die Rechtslage auch insbesondere betreffend dem Kolo gesichert zu wissen.

Der Argumentation der Behörde in der Beschwerdevorentscheidung betreffend Tanzfläche kann nicht geteilt werden. Bei der Auslegung des Begriffes Tanzfläche kann es nicht auf die jeweilige Veranstaltung ankommen. Dies würde zu völlig verzerrten Situationen führen, abhängig davon, welche Besucher zu einer Veranstaltung kommen (beispielsweise Gogotänzerinnen sind es gewohnt auf Tischen zu tanzen - Turniertänzer im Gesellschaftstanz hingegen beanspruchen große Tanzflächen. Wie sollte dies vom Veranstalter im Vorfeld überprüft/kontrolliert werden.

Dem Abgabenbescheid liegt das Wiener Vergnügungssteuergesetz zugrunde. Aus diesem Grund ist es völlig irrelevant, ob der Kolo als einheimischer Volkstanz des Burgenlandes (was ebenfalls von uns bestritten wird) oder von Kroatien angesehen werden kann. Relevant ist die Wiener Situation.

Das vom Magistrat erwähnte Youtube-Video MK15 (IA5 zeigt die strittige Veranstaltung vom Datum. Es ist korrekt, dass die Screenshots 1-6 der Beschwerde von der Veranstaltung des Vorjahres waren, jedoch kommt es regelmäßig zu Veranstaltungen dieser Art bei unserem Klienten, welche daher immer annähernd gleich ausgestaltet sind. Abhängig von der Besucherzahl stehen die Tische mal etwas enger (mindestens jedoch entsprechend den Vorschriften des Wiener Veranstaltungsgesetzes), mal etwas weiter auseinander (wie nun im Jahr 2015).

Aus unserer Sicht wird jedoch auch im Jahr 2015 keine Tanzfläche im Sinne des Wiener Vergnügungssteuergesetzes zur Verfügung gestellt. Die Gäste tanzen den Reigentanz in den Gängen, welche entsprechend dem Wiener Veranstaltungsgesetz ausgestaltet sind.

Für die Ausgestaltung einer Tanzfläche ist es ebenso unerheblich, ob eine Live-Band spielt oder nicht, da auch ohne Live-Band eine Tanzfläche eine Tanzfläche ist, auf der getanzt werden kann - gegebenenfalls mit Musik aus dem Radio.

Musik und Live-Band alleine bewirken aber ebenso nicht, dass ein Gang zu einer (gesetzlich geforderten) Tanzfläche im Sinne des Wr. Vergnügungssteuergesetzes wird.

Die Möglichkeit den Kolo zu tanzen, besteht aufgrund seiner Eigenheit somit theoretisch bei jeder Veranstaltung unserer Klienten, egal wie eng die Tische gestellt werden, da immer Platz zwischen den Tischen sein muss (sowohl aus serviertechnischen Gründen, als auch aufgrund der Vorschriften des Wiener Veranstaltungsstättengesetzes). Es ist unserem Klienten nicht möglich, bei über 100 Besuchern jeden einzelnen daran zu hindern, vom Tisch aufzustehen und sich auf den Gängen zu bewegen.

Die Größe der Freifläche bei 15:14 (Beilage 1 des Vorlageantrags) entspricht keinesfalls einer Tanzfläche. Weniger handelt es sich hierbei auch um eine Freifläche, sondern um einen gemischt genutzten Raum, welcher sowohl von den Sängern der Band genutzt wird, da das Podest zu klein ist, wie bei Zeit 15:01 (Beilage 2 des Vorlageantrags) zu sehen ist, als auch als Verbindungsgang zwischen dem vorderen großen Sitzbereich und dem hinteren kleineren Sitzbereich. Es ist hier daher nicht von einer Tanzfläche zu sprechen, sondern von einem Verbindungsgang.

Selbst wenn dies als Tanzfläche im Sinne des Wiener Vergnügungssteuergesetzes gesehen werden sollte, dann konnte auf dieser Fläche kein Gesellschaftstanz getanzt werden.

Selbstverständlich muss es sogar so sein, dass, wie bei Zeit 39:40 (Beilage 3 des Vorlageantrags) zu sehen ist, auf dem Gang zwischen den zwei Tischreihen Kolo in zwei Reihen getanzt werden kann. Da gemäß Wr. Veranstaltungsstättengesetz der Hauptverkehrsweg eine Breite von mindestens 1,40 m aufweisen muss, finden auf diesem Gang immer zwei Personen nebeneinander Platz - das macht den Gang jedoch nicht zu einer Tanzfläche im Sinne des Wr. Vergnügungssteuergesetzes. Die Breite des Ganges ist bei 47:07 (Beilage 4 des Vorlageantrags) sehr gut zu sehen. Dies stellt einen der beiden Hauptverkehrswege gemäß § 3 Abs. 2 Z 3 Wiener Veranstaltungsstättengesetz dar und ist keinesfalls als Tanzfläche anzusehen.

Nicht jedes Rumgehopse am Platz ist ein Gesellschaftstanz im Sinne des Wiener Vergnügungssteuergesetzes, welcher aber Voraussetzung für den Publikumstanz im Sinne des Wiener Vergnügungssteuergesetzes ist.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Laut Aktenlage veranstaltete der Bf am eine Silvesterveranstaltung „All inklusive“ in seinem Lokal und verlangte dafür einen Eintrittskartenpreis von € 100,00 pro Person. Bei dem Lokal handelt es sich um eine Gastwirtschaft mit einem behördlich genehmigten Fassungsraum von mehr als 200 Personen. Die Veranstaltung war von 126 Personen besucht worden. Die Veranstaltung bestand aus einem kulinarischen all inclusive-Programm, sowie einer musikalischen Live-Darbietung einer Band.

Vor dem Podest auf dem die Band steht, befindet sich eine freie Fläche. Das Youtube-Video MK15 von der Veranstaltung zeigt durch einen Kameraschwenk nach einer Laufzeit von 15:14 die Größe der Freifläche und in weiterer Folge Gäste, die Kolo in einer Runde tanzen. Nach 39:40 wird Kolo zwischen den Tischen in 2 parallelen Reihen getanzt. Ab 50:34 sieht man Gäste auf der Freifläche vor dem Podest tanzen.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und dem Youtube-Video MK15, welches die Veranstaltung vom zeigt, sowie dem Youtube-Video MK14, welches eine idente Veranstaltung des Vorjahres im Lokal des Bf zeigt.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 5 Wiener Vergnügungssteuergesetz unterliegen folgende im Gebiet der Stadt Wien veranstaltete Vergnügungen einer Steuer nach Maßgabe dieses Gesetzes:

Publikumstanz, Masken- und Kostümfeste (§ 8).

Bei einer gemischten Veranstaltung wie der gegenständlichen All inklusive Silvesterveranstaltung gebietet die Einbeziehung des Publikumstanzes in das Gesamtarrangement nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () die gesamte Silvesterveranstaltung mit seinen Darbietungen unter Einschluss des Publikumstanzes als eine Einheit zu betrachten.

Nur wenn die Darbietung einer Tanzmöglichkeit nach der Verkehrsauffassung so marginal gewesen wäre, dass der Tanz qualitativ und quantitativ als bloße Nebensache zu erachten wäre, so könnte nicht mehr von einem Publikumstanz gesprochen werden ().

Dass der Bf durch die Saalgestaltung für ausreichend Fläche zum Tanzen gesorgt und somit die im Gesetz für die Steuerpflicht erforderliche Tanzfläche bereitgestellt hat, wird auch vom Bf bestätigt, indem er ausführt, dass den Gästen noch genug Platz zur Verfügung stand, um Kolo zu tanzen (zwar mit Mühe aber dennoch möglich), und aufgrund der Eigenheit des Kolos auch der schmalste Gang, in dem eine Person gerade noch stehen kann, als Tanzfläche geeignet wäre.

Im konkreten Fall konnte das Publikum auch schon aufgrund der bereits im Vorjahr veranstalteten Silvesterfeier und der laut Vorlageantrag regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen dieser Art, welche immer annähernd gleich ausgestaltet sind, auf eine Tanzmöglichkeit schließen.

Im Hinblick darauf kann nicht gesagt werden, dass die Tanzausübung nach Art und Dauer für die Besucher so marginal gewesen wäre, dass man nicht von einem Publikumstanz sprechen könnte.

Dem Einwand, dass die Größe der Freifläche bei 15:14 keinesfalls einer Tanzfläche entspreche, sondern es sich hierbei um einen gemischt genutzten Raum handle, und auch beim Verbindungsgang zwischen dem vorderen und dem hinteren Sitzbereich nicht von einer Tanzfläche zu sprechen sei, ist zu erwidern, dass trotz dieses Umstandes das Tanzen offensichtlich möglich gewesen und praktiziert worden ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () umfasst die Veranstaltungsstätte eines Publikumstanzes im Sinn des VGSG nicht bloß die Tanzfläche und den sie umgebenden Raum, sondern auch sonstige der Veranstaltung dienende Räumlichkeiten. Dies ergibt sich schon aus § 3 Abs 7 und 9 VGSG, wonach für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage (im Wege einer Pauschbesteuerung) auf die Fläche der für die Veranstaltung "bestimmten Räume" bzw die Größe der "benutzten Räume" abgestellt wird. Dabei werden die in die Bemessung einzubeziehenden Räume - wie etwa Gänge, Wandelgänge und Erfrischungsräume - aber auch die aus der Bemessung auszuschließenden Räume - wie Bühnen- und Kassenräume, Kleiderablagen und Toiletten - ausdrücklich genannt.

Dass dem Publikum im Rahmen des Gesamtarrangements die Möglichkeit zum Publikumstanz geboten wurde, kann schon aufgrund dessen tatsächlicher Durchführung nicht in Zweifel gezogen werden, sodass das Angebot jedenfalls die veranstaltete Vergnügung des Publikumstanzes zum Gegenstand hatte.

Der Meinung des Bf, dass der Kolo nach dem Wiener Tanzschulgesetz 1996, welches den Begriffs des Gesellschaftstanzes im Rahmen von Volkstänzen auf einheimische Volkstänze beschränke, kein einheimischer Volkstanz sei, da er zur Kultur und Volkstanzform der Kroaten, Bosniaken und Serben zähle, welche nicht einheimisch im Sinne des Gesetzgebers seien, wurde bereits mit Beschwerdevorentscheidung entgegengehalten, dass es sich bei Kolo um einen einheimischen Volkstanz aus dem seit dem Jahr 1529 durch die Kroaten besiedelten Gebietes des heutigen Burgenlandes handle. Die in Österreich beheimatete Volksgruppe der Kroaten seien eine gesetzlich anerkannte Minderheit. Deren Tanzformen, wie alte und neue Formen dieses Reigentanzes, würden auch in diversen, nachfragebedingt in der Regel burgenländischen Tanzschulen gelehrt.

Zu dem im Vorlageantrag dagegen erhobenen Einwand, es sei völlig irrelevant, ob der Kolo als einheimischer Volkstanz des Burgenlandes angesehen werden könne, da die Wiener Situation aufgrund des dem Abgabenbescheid zugrunde liegenden Wiener Vergnügungssteuergesetzes relevant sei, ist vorerst zu bemerken, dass der Bf in der Beschwerde selbst noch vorgebracht hat, dass der Kolo kein österreichischer Volkstanz sei.

Die Einschränkung der Anwendbarkeit des Vergnügungssteuergesetzes auf Wiener Volkstänze übersieht, dass man überlieferte (traditionelle) Tänze, ursprünglich vorwiegend der Landbevölkerung, in Abgrenzung zu höfischen Tänzen und den Gesellschaftstänzen der Stadt, Volkstänze nennt, sodass von einer Existenz heimischer Wiener Volkstänze wohl nicht auszugehen ist. Daher wird für das Vorliegen eines einheimischen Volkstanzes auch im Sinne des Wiener Tanzschulgesetzes 1996 entsprechend dem Vorbringen des Bf noch in der Beschwerde auf das österreichische Verständnis bzw. die österreichische Kultur abzustellen sein und die Ausübung des Tanzes im Burgenland laut Beschwerdevorentscheidung den Kolo zu einem einheimischen Volkstanz machen.

Selbst wenn der Kolo nicht zu den einheimischen Volkstänzen zählen würde, bedeutet die ausdrückliche Anführung nur einheimischer Volkstänze in §1 Abs. 2 Wiener Tanzschulgesetz 1996 wohl nicht zwingend, dass dieser Tanz nicht dennoch als „Tanz, der der gesellschaftlichen Unterhaltung dient“ anzusehen ist, sondern lediglich, dass einheimische Volkstänze jedenfalls als Gesellschaftstänze gelten.

Zum vorgebrachten Umkehrschluss, die explizite Anführung nur einheimischer Volkstänze verdeutliche, dass der Gesetzgeber sich bei der Abgrenzung des Begriffs Gesellschaftstänze im Rahmen von Volkstänzen auf einheimische Volkstänze beschränken wolle, ist zu bemerken, dass ein solcherart ausschließender Charakter eines Rechtssatzes nicht zu vermuten ist. Er muss besonders erwiesen werden (vgl. Koziol/Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts10, I, 25).

So genügt f ür das Vorliegen eines Publikumstanzes nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa auch das Tanzen zu DJ-Musik (, ). Lediglich wenn die Darbietung einer Tanzmöglichkeit nach der Verkehrsauffassung so marginal (gewesen) wäre, dass der Tanz qualitativ und quantitativ als bloße Nebensache zu erachten wäre, so könnte nicht mehr von einem Publikumstanz gesprochen werden ().

Kommt es somit seitens der Besucher von Konzerten bloß zu den dabei üblichen rhythmischen Bewegungen, so soll nach dem erklärten Willen des historischen Gesetzgebers des VGSG 2005 die Steuerpflicht nicht entstehen.

Dass die gegenständlichen Tänze der gesellschaftlichen Unterhaltung dienten, kann nach dem vorliegenden Videomaterial wohl nicht bestritten werden.

Aufgrund des Vorliegens einer vergnügungssteuerpflichtigen Publikumstanzveranstaltung iSd § 1 Abs. 1 Z 5 VGSG erfolgte die Festsetzung der Vergnügungssteuer in Höhe von € 1.050,00 somit zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 1 VGSG, Wiener Vergnügungssteuergesetz 2005, LGBl. Nr. 56/2005
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7400007.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at