Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.01.2017, RV/5100158/2016

Zufluss bei Einkünften aus Grundstücksveräußerung bei Abwicklung über ein Treuhandkonto

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin A

in der Beschwerdesache

B, Wohnsitzadresse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde, Finanzamt C, vom betreffend Einkommensteuer 2014 

zu Recht erkannt: 

1.

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem am Ende der Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

2.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

1. Streitpunkt:

Der Beschwerdeführer, im folgenden „der Bf.“, hat im Jahr 2014 ein Grundstück verkauft, das er im Jahr 2012 erworben hat.

Strittig ist ausschließlich, ob die Einkünfte aus dieser privaten Grundstücksveräußerung im Beschwerdejahr 2014 oder erst im Folgejahr 2015 zugeflossen und damit zu versteuern sind und, wenn eine Berücksichtigung im Beschwerdejahr 2014 zu erfolgen hat, in welcher Höhe diese Einkünfte anzusetzen sind.

2. Sachverhalt:

Das BFG geht von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Mit Kaufvertrag vom hat der Bf. die Liegenschaft D bestehend aus dem Grundstück Nr.1, um EUR X1 erworben. Es sind nachträgliche Anschaffungskosten angefallen.

Mit Kaufvertrag zwischen dem Bf. und dem Käuferehepaar vom hat der Bf. die Liegenschaft verkauft. Im Kaufvertrag finden sich folgende im Beschwerdefall relevante Vertragsklauseln:

„II.) Kaufpreis:

Als Kaufpreis für die unter Punkt I. angeführte Liegenschaft vereinbaren die Vertragsteile einen Betrag von EUR X2 (in Worten: EURO X2ausgeschrieben) und es verpflichten sich die Käufer zur Bezahlung dieses Kaufpreises.

Die Berichtigung des Kaufpreises durch die Käufer an den Verkäufer erfolgt innerhalb von vierzehn Tagen nach allseitiger Vertragsunterzeichnung auf das Treuhandkonto des Schriftenverfassers (…).

Der Schriftenverfasser wird von den Vertragsteilen angewiesen, den Kaufpreis (abzüglich Immobilienertragsteuer) umgehend mit grundbücherlicher Einverleibung des Eigentumsrechts für die Käufer an den Verkäufer zu überweisen.

Die Vertragsteile nehmen zustimmend zur Kenntnis, dass die Abwicklung nach ihnen bekannten Treuhandrichtlinien der OÖ. Rechtsanwaltskammer erfolgt.

III.) Übergang von Rechten und Pflichten:

In den tatsächlichen Besitz und Genuss des Kaufgegenstandes treten die Käufer mit rechtskräftiger Genehmigung dieses Vertrages durch die zuständige Bezirksgrundverkehrskommission und Erlag des Kaufpreises auf dem Treuhandkonto des Schriftenverfassers.

Sie genießen von diesem Zeitpunkt an jedweden Besitzvorteil, tragen aber auch Wagnis und Gefahr des Besitzes sowie von da an die Steuern und alle sonstigen öffentlichen Lasten.

(…)

VI. ) Erklärung gem. § 16 Oö. GVG 1994:

(…)

2.Das restliche Grundstück ist als landwirtschaftliche Nutzfläche gewidmet und bedarf daher dieser Kaufvertrag insoweit der Zustimmung der zuständigen Bezirksgrundsverkehrskommission, durch welche die Rechtswirksamkeit dieses Vertrages aufschiebend bedingt ist.“

Die Überweisung des Kaufpreises durch die Käufer an das Treuhandkonto erfolgte im Jahr 2014. Ebenso erteilte mit Bescheid vom die Bezirksgrundverkehrskommission E bei der Bezirkshauptmannschaft E die Genehmigung der Übertragung des Eigentums an der Liegenschaft an die Käufer.

Im Jahr 2014 hat der schriftenverfassende Rechtsanwalt einen Rangordnungsbeschluss beantragt. Am wurde die Vormerkung des Eigentums beantragt. Am wurde die Unbedenklichkeitsbescheinigung eingereicht. Dadurch erhielt die Vormerkung des Eigentums die Wirkung einer Einverleibung (durch Anmerkung der Rechtfertigung = Nachweis der fehlenden Erfordernisse) oder mit anderen Worten sie wurde gerechtfertigt.

Der Schriftenverfasser gab der Abgabenbehörde am die Höhe der zu entrichtenden besonderen Vorauszahlungen des Bf. bekannt.

Der Schriftenverfasser hat den vereinbarten Kaufpreis von EUR X2 am von den Käufern auf sein Treuhandkonto überwiesen erhalten. Die Weiterleitung an den Bf. als Verkäufer erfolgte am

3. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ist unstrittig. Er ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten.

Hinsichtlich der grundbücherlichen Durchführung wurde ein historischer und aktueller Grundbuchsauszug für die verkaufte Liegenschaft angefertigt und mit Frau F, Grundbuchspflegerin, beim zuständigen Bezirksgericht am sowie mit dem schriftenverfassenden Rechtsanwalt am zu den gestellten Anträgen telefoniert.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

A. Rechtliche Beurteilung

A.1.

Gemäß § 2 Abs. 3 EStG 1988 unterliegen der Einkommensteuer neben anderen Einkünften auch sonstige Einkünfte im Sinne des § 29. 

Sonstige Einkünfte sind gemäß § 29 Z 2 EStG 1988 Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen (§ 30) und aus Spekulationsgeschäften (§ 31). 

Private Grundstücksveräußerungen sind gemäß § 30 Abs. 1 EStG 1988in der Fassung AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 2012/122, Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen. Bei unentgeltlich erworbenen Grundstücken ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen.

Einkünfte begründender Tatbestand des § 30 Abs. 1 EStG 1988 ist die Veräußerung eines Grundstückes. Unter Veräußerung ist jede entgeltliche Übertragung zu verstehen. 

Gemäß § 30 Abs. 3 EStG 1988 in der Fassung AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 2012/122, ist als Einkünfte der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten anzusetzen. (…).

§ 30a Abs. 1 leg.cit. bestimmt:  Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken im Sinne des § 30 unterliegen einem besonderen Steuersatz von 25% und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Abs. 2) anzuwenden ist.

A.2.

Die Erfassung der Einkünfte erfolgt unabhängig von der Ermittlungsart nach § 30 Abs. 3 oder Abs. 4 – wie in allen Fällen außerbetrieblicher Einkünfte – nach dem Zufluss (Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17, Rz 213, ebenso Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2016, § 30, Rz 46). Gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenen Jahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Zugeflossen ist eine Einnahme dann, wenn der Empfänger über sie rechtlich und wirtschaftlich verfügen kann, sobald er also die volle Verfügungsmacht über sie erhält (E , 82/13/0266, 1985, 199; E , 92/15/0048, 1993, 537).

War in den Veräußerungsvorgang wie im Beschwerdefall ein Treuhänder eingeschaltet und floss der Veräußerungserlös auf ein Treuhandkonto, ist die Rechtsprechung zu Fremdgeldern ist zu beachten. So hält Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, 18. Auflage (April 2016), § 19, Tz. 30 unter „Fremdgelder“ fest: „Fremdgelder, die ein Rechtsanwalt für seinen Klienten verwahrt, sind bei ihm keine Einnahme, sondern durchlaufende Posten. Kann der Rechtsanwalt aber über die Fremdgelder ohne Rücksicht auf die Zweckwidmung wie über eigenes Geld verfügen, dann ist ihm der Betrag zugeflossen (E , 140/69, 1972, 30; E , 2009/15/0034). (…). Den Beweis für echte Fremdgelder (Treuhanderlag) hat der Stpfl zu erbringen (E , 82/14/0006, Originalentscheidung); eine gesonderte Verwahrung der Fremdgelder (zB auf „Anderkonten“) ist nicht Voraussetzung; besondere Aufzeichnungen, in denen die entsprechenden Beträge festgehalten werden, sind ausreichend (E ,90/13/0104, 1991, 369; E , 91/13/0227, 1993, 66). Aus der Behandlung von Fremdgeldern als durchlaufende Posten ergibt sich der unmittelbare Zu- und Abfluss bei den beteiligten Parteien. Erhält der Rechtsanwalt vom Dritten einen Geldbetrag zur Weitergabe an seinen Klienten, dann ist der Geldbetrag dem Klienten damit zugeflossen, es sei denn, die Weitergabe ist an eine Bedingung geknüpft (vgl. EFG 1998, 1585: der Kaufpreis fließt dem Verkäufer noch nicht durch Einzahlungen auf das Notaranderkonto, sondern erst mit Auszahlungsreife zu).“

Mangelnde Auszahlungsreife liegt etwa dann nicht vor, wenn die Weitergabe des Verkaufserlöses an eine (noch) nicht erfüllte Bedingung geknüpft ist, bspw. die Freigabe des Kaufpreises an den Verkäufer vor der grundbücherlichen Durchführung des Verkaufes nicht erfolgen darf und die grundbücherliche Durchführung des Verkaufes noch nicht erfolgt ist ().

Ein Zufluss ist bei Treuhandbeträgen daher idR erst mit Auszahlungsreife gegeben (-G/08; ; BFH , IV R 125/83, BSTBl II 86, 404).

Ebenso halten die Einkommensteuerrichtlinien in Rz 6656 fest:“Wird die Grundstückstransaktion mittels eines Treuhänders (Rechtsanwalt, Notar) abgewickelt, ist die Weiterleitung des vom Erwerber auf dem Treuhandkonto erlegten Betrages nach dem Kaufvertrag idR erst nach der Aufsandungserklärung (ausdrückliche Erklärung der Einwilligung in die grundbücherliche Eintragung einer vertraglichen Änderung von Rechten) des Veräußerers und allfälliger Pfandgläubiger oder erst nach tatsächlicher Grundbuchseintragung zulässig. Zum Zufluss kommt es grundsätzlich dann, wenn die Auszahlung an den Verkäufer oder an seine Gläubiger möglich ist (-G/08). Ist der Zeitraum zwischen der Auszahlungsmöglichkeit und der tatsächlichen Auszahlung kurz, kann auf die tatsächliche Auszahlung abgestellt werden.“

A.3.

Im Beschwerdefall wurde der Kaufpreis vereinbarungsgemäß noch im Jahr 2014 von den Käufern auf das Treuhandkonto des schriftenverfassenden Rechtsanwalts überwiesen. Die nachfolgende Überweisung vom Treuhandkonto des Rechtsanwalts an den Verkäufer sollte nach Punkt II. des Kaufvertrages erst mit grundbücherlicher Einverleibung des Eigentumsrechts für die Käufer an den Verkäufer überwiesen werden. Tatsächlich erfolgte sie auch erst im Jahr 2015, zwar vor der Rechtfertigung der Vormerkung des Eigentums, jedoch zu einem Zeitpunkt, in dem aufgrund der Vormerkung des Eigentums bereits alle für die Einverleibung erforderlichen Unterlagen bis auf die Unbedenklichkeitsbescheinigung vorlagen.

Nach dem Sachverhalt erfolgte im Jahr 2014 im Grundbuch lediglich die Anmerkung der Rangordnung. Die Anmerkung der Rangordnung dient der Sicherung des bücherlichen Ranges für eine beabsichtigte Veräußerung oder Verpfändung während der Dauer eines Jahres ab dem Tage der Bewilligung des Antrages. Das Gericht stellt einen Rangordnungsbeschluss in einfacher Ausfertigung aus. Wer diesen in Händen hat, ist gegen Verfügungen der (noch) Liegenschaftseigentümerin/des (noch) Liegenschaftseigentümers abgesichert, sofern sie/er innerhalb der Wirkungsfrist der Rangordnung sein Recht eintragen lässt.

Die Vormerkung des Eigentums wurde erst im Jahr 2015 beantragt. Dazu ist erforderlich, dass die allgemeinen Urkundenerfordernisse vorliegen. Fehlen darf aber beispielsweise die Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 160 Abs. 1 BAO. Die Vormerkung im Grundbuch dient dem bedingten Rechtserwerb oder Rechtsverlust, d.h. diese Eintragung bewirkt nur nach Erfüllung bestimmter Bedingungen die Erwerbung, Übertragung, Beschränkung oder das Erlöschen bücherlicher Rechte. Durch die Vormerkung wahrt sich die Antragstellerin/der Antragsteller ihren/seinen Rang, d.h. sie/er verhindert dadurch, dass bis zur Einverleibung andere Personen Rechte an der Liegenschaft erwerben könnten, die ihrem/seinem Rechtserwerb entgegenstehen oder von ihr/ihm sonst mitübernommen werden müssten.

Zwei Monate nach Beantragung der Vormerkung des Eigentums wurde die Unbedenklichkeitsbescheinigung bei Gericht nachgereicht. Durch die nachträgliche Beibringung der fehlenden Voraussetzungen wurde die Vormerkung gerechtfertigt. Mit der Rechtfertigung der Vormerkung tritt die beabsichtigte Rechtsänderung  - im Beschwerdefall der Eigentumserwerb der Käufer - rückwirkend, also im vorgemerkten Rang, ein (vgl § 438 ABGB und § 439 Satz 2 ABGB die §§ 40 ff GBG)- Die erfolgte Rechtfertigung wurde als Anmerkung im Grundbuch eingetragen.

Somit wurde der Akt der Rechtfertigung der Vormerkung des Eigentums und der dadurch letztlich bewirkte Eigentumsübergang erst im Jahr 2015 gesetzt. Damit wurde aber nach der Vereinbarung im Kaufvertrag erst zu diesem Zeitpunkt die Bedingung für die Weiterleitung des Kaufpreises vom Treuhänder an den Verkäufer erfüllt. Erst zu diesem Zeitpunkt – also im Jahr 2015 -  lag damit die Auszahlungsreife vor und ist vom Zufluss an den Bf. auszugehen. Daran ändert nichts, dass der schriftenverfassende Rechtsanwalt bereits vor diesem Zeitpunkt die Weiterleitung der Kaufpreises an den Bf. vorgenommen hat. Denn auch diese Weiterleitung fand erst im Jahr 2015 statt und zu einem Zeitpunkt, in dem für die endgültige Einverleibung des Eigentums der Käufer nur mehr die Nachreichung der Unbedenklichkeitsbescheinigung gefehlt hat.

Mangels Zuflusses des Kaufpreises im Jahr 2014 können daher im Beschwerdejahr keine sonstigen Einkünfte aus der privaten Grundstücksveräußerung gem. § 30 EStG 1988 vorliegen. Eine Auseinandersetzung mit der Frage der Höhe der Einkünfte aus dieser privaten Grundstücksveräußerung erübrigt sich daher im Beschwerdejahr und ist erst im Jahr 2015 zu führen.

A.4.

Der Einkommensteuerbescheid 2014 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom wird daher dahingehend abgeändert, dass die Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (besonderer Steuersatz von 25%) mit Null festgesetzt wird. Damit  mindern die in der Beschwerdevorentscheidung erstmals berücksichtigten Werbungskosten und Sonderausgaben weiterhin die Einkünfte bzw. das Einkommen für das Jahr 2014.

B. Unzulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine derartige Rechtsfrage liegt im Beschwerdefall nicht vor, weil die hier strittige Rechtsfrage durch die zitierte Rechtsprechung und Verwaltungspraxis hinlänglich geklärt ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.5100158.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at