Keine Betriebsaufgabe gemäß § 24 EStG 1988 bei Fortführung eines Insolvenzverfahrens durch den Masseverwalter!
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. R. in der Beschwerdesache A. Z., A-Straße 10/Stg.9/5, 2XXX A-Stadt, vertreten durch ARTUS Steuerberatung GmbH & Co KG, Wassergasse 3, 2500 Baden, gegen den Bescheid des Finanzamts Baden Mödling vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2011 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Der angefochtene Bescheid wird aufgrund des mit datierten
Feststellungsbescheids der A-GmbH & Co KG für das Jahr 2011,
St.Nr.16 000/0002, abgeändert.
Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb werden in Höhe von -27.591,98 € festgesetzt.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als
Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen
Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
III. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-
Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin ist als Kommanditistin an der A-KG im Jahr 2011 beteiligt gewesen.
Mit der Abgabenerklärung der Bf. für das Jahr 2011 wurde der Hälftesteuersatz für die unter der Kennzahl 330 erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb (A-KG) in Höhe von +83.243,05 € beansprucht.
Mit Beschlüssen des Landesgerichts Y. vom Datum1 und Datum2 jeweils des Jahres JAHR wurde der Konkurs über die A-KG zunächst eröffnet und sodann mangels Kostendeckung aufgehoben. Am wurde die A-KG im Firmenbuch endgültig aufgelöst und gelöscht.
Mit dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 rechnete das Finanzamt der Bf. die erklärten Einkünfte aus A-KG zwar zu, wies aber den in Rede stehenden Antrag mit der Begründung, dass keine Betriebsaufgabe vorliege und daher der Hälftesteuersatz nicht zustehe, ab.
Gegen den Bescheid wurde in der Beschwerde vorgebracht, dass eine Betriebsaufgabe bzw. -veräußerung dann vorliege, wenn die wesentlichen Grundlagen des Betriebes übereignet würden. Die Fortführung des Betriebes dürfe nicht mehr gegeben sein (vice versa müsse im Falle der Betriebsveräußerung beim Erwerber die Fortführung des Betriebes gewährleistet sein). Wesentliche Grundlagen seien je nach Art des Betriebes unter anderem Grundstücke, Gebäude, Maschinen, Anlagen und das Warenlager (siehe dazu u.a. Doralt, Kommentar zum EStG, § 24, Rz.12 und 33-35).
Alle Voraussetzungen einer Betriebsaufgabe im Jahr 2011 würden bei der A-KG vorliegen. Die wesentlichen Betriebsmittel seien verkauft, der Betrieb sei eingestellt gewesen.
Zum Beweis für dieses Vorbringen führte der steuerliche Vertreter ins Treffen, dass die Maschinen und Anlagen im 1.Halbjahr 2011 verkauft worden wären.Nur unverkäufliche bzw. wertlose Maschinen und Anlagen wären verblieben, da diese eben nicht verkaufbar gewesen wären. Es hätte kein Warenlager mehr und auch keine Hilfsmittel gegeben. Lediglich ein Treibstoffvorrat wäre noch vorhanden gewesen. Arbeitnehmer hätte es nicht mehr gegeben.
lm Jahr 2011 hätte es lediglich Erlöse aus Anlageverkäufen gegeben. Nur das Betriebsgebäude, ein wesentlicher Teil der Betriebsgrundlage hätte im Jahr 2011 nicht verkauft werden können und sei deshalb - gezwungenermaßen - ins Privatvermögen übernommen worden.
Seit dem Jahr 2010 sei ein Grundstücksverkauf angestrebt worden. Im Zuge dieses Bestrebens habe sich herausgestellt: Die Liegenschaft sei schwer bzw. letztendlich nicht zu einem annähernd akzeptablen Preis (zumindest in der Nähe der Schätzgutachten) verwertbar. In den Verkaufsverhandlungen wäre der Schätzwert der Liegenschaft nicht annähernd erreichbar gewesen.
Versteigerungsbemühungen des Hauptgläubigers, der A-Bank, wären verzögert worden, da man trotz bis dahin erfolgloser Verkaufsbemühungen damit gerechnet habe, durch einen freihändigen Verkauf einen höheren Erlös als bei einer Versteigerung realisieren zu können. Infolge der Erfolglosigkeit der intensiven Verkaufsbemühungen habe die A-Bank das Versteigerungsverfahren eingeleitet. Nach dem ersten (erfolglos gebliebenen) Versteigerungsversuch im Herbst 2012 habe die Liegenschaft erst im zweiten Versteigerungsverfahren veräußert werden können. Der halbe Schätzwert sei erzielt worden.
Auf Grund der Gesamtbetriebsaufgabe Mitte 2011 würden die Voraussetzungen des § 24 EStG 1988 und damit auch für die Anwendung des § 37 Abs. 5 EStG 1988 (Ermäßigung der Progression, Sondergewinne) vorliegen.
Mit der abweisenden Beschwerdevorentscheidung hielt die belangte Behörde der Bf. u.a. vor, dass die Konkurseröffnung über die A-KG durch Beschluss des LG Y. vom Datum1 JAHR und die endgültige Löschung im Firmenbuch erst am erfolgt wäre.
Die A-KG-Bilanz 2011 enthalte Anlage- und Umlaufvermögen in Höhe von ca. 70.000 €. Verbindlichkeiten an Kreditinstitute und aus Lieferbeziehungen von ca. 937.000 € und [daraus resultierend] hohe negative Kapitalkonten der Gesellschafter hätten bestanden.
Die Berechnung des Aufgabegewinnes beschränke sich auf das Betriebsgebäude und berücksichtige nicht die sonstigen Umstände einer vollständigen Betriebsaufgabe, wie etwa die Behandlung der negativen Kapitalkonten der Gesellschafter oder die restlichen Aktiva und Passiva.
Aufgrund der erst im Jahr JAHR erfolgten Konkurseröffnung könne davon ausgegangen werden, dass 2011 noch keine Gesamtbetriebsaufgabe erfolgt sei, da zum Konkurseröffnungszeitpunkt die Kommanditgesellschaft noch zu bestehen hatte. Eine steuerliche Begünstigung der Entnahme des Betriebsgebäudes hätte somit nur erfolgen können, wenn dem Gebäude Teilbetriebseigenschaft zugekommen wäre. Die Nichtvorlage dessen sei bereits im Erstbescheid ausgesprochen worden (darauf beziehe sich die in der Berufung angesprochene Begründung betreffend Teilbetrieb).
Es liege somit nur die Entnahme des Betriebsgebäudes und keine Gesamtbetriebsaufgabe im Sinn des § 24 EStG vor. Die beantragte Begünstigung des § 37 Abs. 5 EStG 1988 könne daher mangels Vorliegens eines Aufgabegewinnes im Sinn des § 24 EStG 1988 nicht zur Anwendung gelangen.
Mit dem mit datierten Schreiben der steuerlichen Vertretung wurde die Vorlage der Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung beantragt.
Mit dem mit datierten, in Rechtskraft erwachsenen Feststellungsbescheid der A-KG gemäß § 188 BAO für das Jahr 2011 wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von -66.076,57 € festgestellt, in denen Veräußerungs- und Betriebsaufgabegewinne in Höhe von 0,00 € enthalten sind. Auf die Bf. entfielen negative Einkünfte aus der A-KG in Höhe von -27.591,98 €.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Nach § 24 Abs. 1 EStG 1988 sind Veräußerungsgewinne Gewinne, die erzielt werden bei
der Veräußerung
- des ganzen Betriebes
- eines Teilbetriebes
- eines Anteiles eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen istder Aufgabe des Betriebes (Teilbetriebes).
Nach § 24 Abs. 2 EStG 1988 ist der Veräußerungsgewinn im Sinne des Abs. 1 der Betrag, um den der Veräußerungserlös nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt. Dieser Gewinn ist für den Zeitpunkt der Veräußerung oder der Aufgabe nach § 4 Abs. 1 oder § 5 zu ermitteln. Im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist, ist als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen muß.
Nach § 24 Abs. 3
EStG 1988 sind die Veräußerungserlöse anzusetzen, wenn die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebes veräußert werden. Werden die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt ihrer Überführung ins Privatvermögen anzusetzen. Bei Aufgabe eines Betriebes, an dem mehrere Personen beteiligt waren, ist für jeden einzelnen Beteiligten der gemeine Wert jener Wirtschaftsgüter anzusetzen, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat.
Nach § 24 Abs. 4 EStG 1988 ist der Veräußerungsgewinn nur insoweit steuerpflichtig, als er bei der Veräußerung (Aufgabe) des ganzen Betriebes den Betrag von 7.300 € und bei der Veräußerung (Aufgabe) eines Teilbetriebes oder eines Anteiles am Betriebsvermögen den entsprechenden Teil von 7.300 € übersteigt. Der Freibetrag steht nicht zu,
wenn von der Progressionsermäßigung nach § 37 Abs. 2 oder Abs. 3 Gebrauch gemacht wird,
wenn die Veräußerung unter § 37 Abs. 5 fällt oder
wenn die Progressionsermäßigung nach § 37 Abs. 7 ausgeschlossen ist.
Nach § 24 Abs. 5 EStG 1988 wird die Einkommensteuer vom Veräußerungsgewinn im Ausmaß der sonst entstehenden Doppelbelastung der stillen Reserven auf Antrag ermäßigt oder erlassen, wenn der Steuerpflichtige den Betrieb oder Teilbetrieb oder den Anteil am Betriebsvermögen innerhalb der letzten drei Jahre vor der Veräußerung (Aufgabe) erworben und infolge des Erwerbes Erbschafts- oder Schenkungssteuer, Grunderwerbsteuer oder Stiftungseingangssteuer entrichtet hat.
Nach §
24 Abs. 6 EStG 1988 unterbleibt auf Antrag die Erfassung der darauf entfallenden stillen Reserven, wenn der Betrieb aufgegeben wird und aus diesem Anlass Gebäudeteile (Gebäude) ins Privatvermögen übernommen werden. Voraussetzung ist, dass das Gebäude bis zur Aufgabe des Betriebes der Hauptwohnsitz des Steuerpflichtigen gewesen ist, auf das Gebäude keine stillen Reserven übertragen worden sind und einer der folgenden Fälle vorliegt:
Der Steuerpflichtige ist gestorben und es wird dadurch eine Betriebsaufgabe veranlasst.
Der Steuerpflichtige ist wegen körperlicher oder geistiger Behinderung in einem Ausmaß erwerbsunfähig, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Mitunternehmer verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist auf Grundlage eines vom Steuerpflichtigen beizubringenden medizinischen Gutachtens eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen zu beurteilen, es sei denn, es liegt eine medizinische Beurteilung durch den für den Steuerpflichtigen zuständigen Sozialversicherungsträger vor.
Der Steuerpflichtige hat das 60. Lebensjahr vollendet und stellt seine Erwerbstätigkeit ein. Eine Erwerbstätigkeit liegt nicht vor, wenn der Gesamtumsatz aus den ausgeübten Tätigkeiten 22.000 € und die gesamten Einkünfte aus den ausgeübten Tätigkeiten 730 € im Kalenderjahr nicht übersteigen.
Wird das Gebäude (der Gebäudeteil) nach Betriebsaufgabe durch den Steuerpflichtigen oder einen unentgeltlichen Rechtsnachfolger zur Erzielung von Einkünften verwendet, ist sein steuerlicher Wertansatz um die unversteuerten stillen Reserven zu kürzen. Wird das Gebäude (der Gebäudeteil) innerhalb von fünf Jahren nach Aufgabe des Betriebes durch den Steuerpflichtigen oder einen unentgeltlichen Rechtsnachfolger veräußert, gilt die Veräußerung als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a der Bundesabgabenordnung, das beim Steuerpflichtigen zur Erfassung der stillen Reserven höchstens im Umfang der Bemessungsgrundlage bei Betriebsaufgabe führt. Die zu erfassenden stillen Reserven sind als Aufgabegewinn zu versteuern. Wurde das Gebäude (der Gebäudeteil) vor der Veräußerung bereits zur Erzielung von Einkünften verwendet, ist der steuerliche Wertansatz um die versteuerten stillen Reserven wieder zu erhöhen.
Nach § 24 Abs. 7 EStG 1988 ist ein Veräußerungsgewinn nicht zu ermitteln, soweit das Umgründungssteuergesetz eine Buchwertfortführung vorsieht. Fällt die gesellschaftsvertragliche Übertragung von (Teil)Betrieben oder Mitunternehmeranteilen nicht unter Art. IV oder Art. V des Umgründungssteuergesetzes, ist der Veräußerungsgewinn auf den nach dem Umgründungssteuergesetz maßgeblichen Stichtag zu beziehen.
Nach § 37 Abs. 1 EStG 1988 ermäßigt sich der Steuersatz für außerordentliche Einkünfte (Abs. 5) auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes.
Nach § 37 Abs. 5 EStG 1988 sind Außerordentliche Einkünfte Veräußerungs- und Übergangsgewinne, wenn die Betriebsveräußerung oder -aufgabe aus folgenden Gründen erfolgt:
Der Steuerpflichtige ist gestorben und es wird dadurch eine Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe veranlasst.
Der Steuerpflichtige ist wegen körperlicher oder geistiger Behinderung in einem Ausmaß erwerbsunfähig, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Mitunternehmer verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist auf Grundlage eines vom Steuerpflichtigen beigebrachten medizinischen Gutachtens eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen zu beurteilen, es sei denn, es liegt eine medizinische Beurteilung durch den für den Steuerpflichtigen zuständigen Sozialversicherungsträger vor.
Der Steuerpflichtige hat das 60. Lebensjahr vollendet und stellt seine Erwerbstätigkeit ein. Eine Erwerbstätigkeit liegt nicht vor, wenn der Gesamtumsatz aus den ausgeübten Tätigkeiten 22.000 € und die gesamten Einkünfte aus den ausgeübten Tätigkeiten 730 € im Kalenderjahr nicht übersteigen.
Für Veräußerungs- und Übergangsgewinne steht der ermäßigte Steuersatz nur über Antrag und nur dann zu, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind.
Nach Kanduth-Kristen in Jakom EStG9, 2016, Rz. 64 zu § 24, kommt im Konkurs einer Mitunternehmerschaft (KG) es erst durch Verwertung und Verteilung des Massevermögens mit anschließender Konkursaufhebung zur (Voll)Beendigung der Gesellschaft (; , 2007/15/0121). In diesem Zeitpunkt ist u.a. das negative Kapitalkonto, das der Mitunternehmer (in der Regel der Kommanditist) nicht auffüllen muss, steuerlich zu erfassen (s auch EStR 5994a). Stellt die Abwicklung eine Betriebsaufgabe gemäß § 24 Abs. 1 Z. 2 EStG 1988 dar, hat die Erfassung des Veräußerungsgewinnes in dem Zeitpunkt zu erfolgen, zu dem die Aufgabehandlungen so weit fortgeschritten sind, dass dem Betrieb der Mitunternehmeschaft die wesentlichen Grundlagen entzogen sind (EStR 5994a mit Hinweis auf ). Wird das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet, hat die Erfassung des negativen Kapitalkontos des Kommanditisten zu dem Zeitpunkt zu erfolgen, zu dem die Aufgabehandlungen so weit fortgeschritten sind, dass dem Betrieb der Mitunternehmerschaft die wesentlichen Grundlagen entzogen sind bzw. zu dem er tatsächlich aus der Gesellschaft ausscheidet.
Nach Kanduth-Kristen in Jakom EStG9, 2016, Rz.65 zu § 24, zieht die Betriebsaufgabe sich zwar in der Praxis in der Regel über einen längeren Zeitraum hin, der Aufgabegewinn ist aber gemäß Abs.2 und 3 zeitpunktbezogen zu ermitteln. Die Besteuerung des Aufgabegewinnes hat nach der Rechtsprechung in dem Jahr zu erfolgen, in dem die Betriebsaufgabe endet, d.h. in welches der Zeitpunkt fällt, zu dem die Aufgabehandlungen bereits so weit fortgeschritten sind, dass dem Betrieb die wesentlichen Grundlagen entzogen sind (; , 97/15/0134; , 91/14/0222; , 91/13/0168; siehe dazu auch Urtz RdW 98, 489). Eine Aufteilung des Aufgabegewinnes auf zwei Veranlagungszeiträume kommt bei einer Betriebsaufgabe im Sinn des § 24 nicht in Betracht (; , 89/14/0250; , 89/14/0111; , 90/13/0088; EStR 5670). Bei einer nicht unter § 24 fallenden „Liquidation“ kann sich die Ergebniswirkung über mehrere Veranlagungszeiträume hinziehen. Die zeitpunktbezogene Betrachtung bedingt, dass Veräußerungen vor und nach dem Aufgabezeitpunkt auf diesen (rück)bezogen werden müssen (siehe EStR 5670; DKMZ/Doralt § 24 Rz 137).
In verfahrensrechtlicher Hinsicht werden die Einkünfte aus einer Personengesellschaft gemäß § 188 BAO festgestellt. In einem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellungen, die für einen Einkommensteuerbescheid von Bedeutung sind, werden gemäß § 192 BAO diesem Bescheid zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist.
Nach Ritz, BAO5, Rz.1ff. zu § 192, betont § 192 BAO die Bindungswirkung für die in Feststellungsbescheiden enthaltenen Feststellungen. In Hinblick darauf, dass Grundlagenbescheide für abgeleitete Bescheide insbesondere Feststellungen von Einkünften (§ 188 BAO) sind, besteht daher eine Bindung im Einkommensteuerverfahren an die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 (; , 99/15/0150; , 2007/15/0024),
Nach der Aktenlage steht fest, dass die Bf. Kommanditistin der A-KG im Jahr 2011 war.
Die Bilanz der A-KG für das Streitjahr weist Anlage- und Umlaufvermögen in Höhe von ca. 70.000 €,Verbindlichkeiten an Kreditinstitute und aus Lieferbeziehungen von ca.937.000€ sowie negative Kapitalkonten der Gesellschafter aus. Mit Beschluss des Landesgerichts Y. vom Datum1 JAHR, XXSXX/13d, ist der Konkurs über die A-KG eröffnet worden. Die Löschung der Funktion des Rechtsanwalts Dr. N.N. als Masseverwalter der A-KG im Firmenbuch war Folge des Beschlusses des zuvor genannten Gerichts vom Datum2 JAHR, XXSXX/13d. Am ist die A-KG im Firmenbuch endgültig gelöscht geworden.
Aufgrund der Aktenlage war die Vorlage einer Betriebsaufgabe bei der A-KG zu verneinen, weil die gerichtliche Bestellung eines Masseverwalters für die A-KG die Pflicht des Masseverwalters begründet, die A-KG fortzuführen. Die Tätigkeiten, die der für die A-KG bestellte Masseverwalter dabei zu verrichten hatte, sind im § 81a IO (Insolvenzordnung) angeführt, welcher folgenden Text beinhaltet:
"(1) Der Insolvenzverwalter hat sich unverzüglich genaue Kenntnis zu verschaffen über 1.die wirtschaftliche Lage,
2.die bisherige Geschäftsführung,
3.die Ursachen des Vermögensverfalls,
4.das Ausmaß der Gefährdung von Arbeitsplätzen,
5.das Vorliegen von Haftungserklärungen Dritter und
6.alle für die Entschließung der Gläubiger wichtigen Umstände.
(2) Er hat ferner unverzüglich den Stand der Masse zu ermitteln, für die Einbringung und Sicherstellung der Aktiven sowie für die Feststellung der Schulden, insbesondere durch Prüfung der angemeldeten Ansprüche, zu sorgen und Rechtsstreitigkeiten, die die Masse ganz oder teilweise betreffen, zu führen.
(3) Der Insolvenzverwalter hat unverzüglich zu prüfen, ob das Unternehmen fortgeführt oder wieder eröffnet werden kann. Er hat spätestens bis zur Berichtstagsatzung zu prüfen, ob 1.eine Fortführung möglich ist und 2.ob ein Sanierungsplan dem gemeinsamen Interesse der Insolvenzgläubiger entspricht und ob dessen Erfüllung voraussichtlich möglich sein wird."
Die Verwertungssperre im Konkursverfahren gilt bis zur Abhaltung der Berichtstagsatzung und widerlegt die Aufgabe der A-KG im Streitjahr.
Mit der Bestimmung des § 81 IO war der Insolvenzverwalter der A-KG bei der Verrichtung seiner Tätigkeiten u.a. dazu verpflichtet, die durch den Gegenstand seiner Geschäftsführung gebotene Sorgfalt (§ 1299 ABGB) anzuwenden. In Hinblick auf die Erzielbarkeit von besseren Verwertungserlösen bei lebenden Unternehmen hatte der Masseverwalter bei der Unternehmensverwertung darauf zu achten, dass der Betrieb möglichst als Ganzes oder zumindest teilweise als funktionierendes Unternehmen verkauft wird. Insofern war der Masseverwalter nur im Fall der Nichtfindung eines Käufers mit der Pflicht zur Unternehmensliquidierung belastet.
Mit dem aus der Verwertung aller körperlichen und unkörperlichen Gegenstände erzielten Erlös hatte der Masseverwalter vorrangig die zur Gänze zu befriedigenden Masseforderungen (§ 46 IO) zu bezahlen. Zu diesen Masseforderungen zählen
die Kosten des Insolvenzverfahrens;
alle Auslagen, die mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse verbunden sind, einschließlich der Forderungen von Fonds und anderen gemeinsamen Einrichtungen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber, sofern deren Leistungen Arbeitnehmern als Entgelt oder gleich diesem zugute kommen, sowie der die Masse treffenden Steuern, Gebühren, Zölle, Beiträge zur Sozialversicherung und anderen öffentlichen Abgaben, wenn und soweit der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt während des Insolvenzverfahrens verwirklicht wird. Hiezu gehören auch die nach persönlichen Verhältnissen des Gemeinschuldners bemessenen öffentlichen Abgaben; soweit jedoch diese Abgaben nach den verwaltungsbehördlichen Feststellungen auf ein anderes als das für die Insolvenzmasse nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erzielte Einkommen entfallen, ist dieser Teil auszuscheiden. Inwieweit im Insolvenzverfahren eines Unternehmers die im ersten Satz bezeichneten Forderungen von Fonds und von anderen gemeinsamen Einrichtungen sowie die auf Forderungen der Arbeitnehmer (arbeitnehmerähnlichen Personen) entfallenden öffentlichen Abgaben Masseforderungen sind, richtet sich nach der Einordnung der Arbeitnehmerforderung;
Forderungen der Arbeitnehmer (arbeitnehmerähnlichen Personen) auf laufendes Entgelt (einschließlich Sonderzahlungen) für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens; 3a. Beendigungsansprüche, wenn
a) das Beschäftigungsverhältnis vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingegangen worden ist und danach, jedoch nicht nach § 25, durch den Insolvenzverwalter oder- wenn die Beendigung auf eine Rechtshandlung oder ein sonstiges Verhalten des Insolvenzverwalters, insbesondere die Nichtzahlung des Entgelts, zurückzuführen ist- durch den Arbeitnehmer (die arbeitnehmerähnliche Person) gelöst wird; das gilt auch, wenn nach Eintritt der Masseunzulänglichkeit Entgelt nicht bezahlt wird;
b) das Beschäftigungsverhältnis während des Insolvenzverfahrens vom Insolvenzverwalter neu eingegangen wird;unbeschadet der Z 3 und des § 21 Abs. 4 Ansprüche auf Erfüllung zweiseitiger Verträge, in die der Insolvenzverwalter eingetreten ist;
unbeschadet der Z 3 alle Ansprüche aus Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters;
die Ansprüche aus einer grundlosen Bereicherung der Masse;
die Kosten einer einfachen Bestattung des Schuldners;
die Belohnung der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände.
Der Gerichtsbeschluss über die Aufhebung des in Rede stehenden Konkurses mangels Kostendeckung datiert nicht mit einem Datum des Jahres 2011, sondern mit Datum2 JAHR und ist somit erst in dem auf das Streitjahr zweitnachfolgenden Jahr ergangen. Die Firmenbuchdaten der A-KG wurden sogar erst am und somit mehr als 2 Jahre nach Ablauf des Streitjahres,in dem die Betriebsaufgabe erfolgt sein soll, gelöscht und sind damit geeignet, die Beendigung des Gewerbebetriebes in einem der auf das Jahr 2011 nachfolgenden Jahre nachzuweisen.
Hinsichtlich der Betriebsgrundlagen der A-KG ist festzustellen, dass eine Betriebsaufgabe mit dem Abschluss der Veräußerung/Überführung der wesentlichen Betriebsgrundlagen ins Privatvermögen endet. Muss mit der Betriebsaufgabe die A-KG als solche zu bestehen aufhören, so müssten daher alle Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens der A-KG entweder (an verschiedene Erwerber) veräußert, oder in das Privatvermögen im Jahr 2011 überführt worden sein, um eine Betriebsaufgabe im Streitjahr begründen zu können. Vor diesem Hintergrund macht das Vorbringen in der Beschwerde, wonach nur Erlöse aus Anlageverkäufen im Jahr 2011 erzielt worden wären und lediglich das Betriebsgebäude [ein wesentlicher Teil der Betriebsgrundlage, der im Jahr 2011 nicht verkauft werden konnte] ins Privatvermögen übernommen worden wäre, die Annahme einer Betriebsaufgabe keineswegs glaubhaft, weil wesentliche Grundlagen in das Privatvermögen in der Regel nur dann überführt werden können, wenn sie zur privaten Nutzung geeignet sind oder wenn wegen Wertlosigkeit eine anderweitige betriebliche Weiterverwendung auszuschließen ist. Eine Überführung der wesentlichen Betriebsgrundlagen bloss "formell" ins Privatvermögen bei weiterhin bestehender Absicht einer Weiterveräußerung bei nächster Gelegenheit steht daher in einem unauflösbaren Widerspruch zur Annahme einer Betriebsaufgabe und schließt daher das Vorliegen einer Betriebsaufgabe aus.
Auch der Bestand von Verbindlichkeiten der A-KG gegenüber der A-Bank im Jahr 2011 und die in Zusammenhang mit den Bankschulden bestandene Absicht, das Gebäude bei nächster Gelegenheit zu veräußern, verschaffen Gewißheit darüber, dass im Streitjahr keine Betriebsaufgabe vorgelegen und kein Aufgabegewinn zu versteuern ist.
Aufgrund der Aktenlage war eine Betriebsaufgabe der A-KG im Streitjahr nicht festzustellen. Dementsprechend wurden mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid der A-KG über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2011 vom Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von -66.076,57 € festgestellt, in denen Veräußerungs- und Betriebsaufgabegewinne in Höhe von 0,00 € enthalten waren.
Die von der Bf. beantragte Anwendung des Hälftesteuersatzes gemäß § 37 Abs. 1 EStG 1988 war zu versagen, weil sich der Steuersatz auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen der Bf. entfallenden Durchschnittssteuersatzes nur für außerordentliche Einkünfte im Sinn des § 37 Abs. 5 EStG 1988 ermäßigt. Mit der Bestimmung des § 37 Abs. 5 leg.cit. soll die zusammengeballte Aufdeckung stiller Reserven bei einer (Teil)-Betriebsveräußerung nicht der vollen Einkommensteuerprogression unterworfen werden, weil die stillen Reserven das Ergebnis einer mehrjährigen Tätigkeit darstellen. Da aufgrund der Aktenlage die Verwirklichung eines Sachverhalts, der der Bestimmung des § 24 EStG 1988 entspricht, nicht feststellbar war, war der Antrag der Bf. auf Anwendung des Hälftesteuersatzes gemäß § 37 Abs. 1 EStG 1988 als unbegründet abzuweisen.
Trotz der Erfolglosigkeit des Beschwerdevorbringens der Bf. war der angefochtene Bescheid dennoch abzuändern, weil der Feststellungsbescheid der A-KG gemäß § 188 BAO für das Jahr 2011 ein Grundlagenbescheid ist, kraft dessen auf die Bf. nunmehr negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von -27.591,98 € für das Streitjahr entfielen. Infolge des Grundlagenbescheidcharakters des Feststellungsbescheides der A-KG für den Einkommensteuerbescheid der Bf. für das Jahr 2011 waren daher die Einkünfte der Bf. aus der A-KG somit nicht gemäß der Einkommensteuererklärung der Bf. in Höhe von +83.243,05 €, sondern gemäß dem Feststellungsbescheid der A-KG gemäß § 188 BAO für das Jahr 2011 in Höhe von -27.591,98 € festzustellen.
Mit der nachfolgenden Übersicht wird die Berechnung des neuen Gesamtbetrages der Einkünfte der Bf. für das Jahr 2011 in Zahlen dargestellt:
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Eink. aus A-K lt. Einkommensteuererkl. 2011, StNr. 000/0001 | +83.243,05 € |
Einkünfte der Bf. gemäß Bescheid der A-KG gemäß § 188 BAO vom , St.Nr. 16 000/0002, | -27.591,98 € |
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit | 26.459,64 € |
Gesamteinkünfte (-27.591,98 € + 26.459,64 € =) NEU | -1.132,34 € |
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. In Hinblick darauf, dass die Lösung der im Beschwerdefall strittigen Rechtsfrage keine Frage von grundsätzliche Bedeutung ist, ist eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung des BGBl. I Nr.51/2012 nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 24 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Betriebsaufgabe Pflichten eines Insolvenzverwalters Firmenfortführung |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7101559.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at