Keine Kosten einer doppelten Haushaltsführung bei fehlendem eigenen Hausstand.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin A in der Beschwerdesache B , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamt Grieskirchen Wels vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Die nunmehrige Bf hat seit ihrer Geburt bis laufend ihren Hauptwohnsitz im Haus ihrer Eltern in einer Gemeinde in Oberösterreich. Nach ihrer Ausbildung zur Lehrerin in Oberösterreich bekam sie dort keine Anstellung als Lehrerin und nahm folglich ab 2009 eine Stelle als Lehrerin in Wien an: mit schloss sie einen Heimnutzungsvertrag über eine möblierte Wohnung in Wien idG von 20,62 m2 ab, die aus Zimmer, Kochnische, Vorraum und Bad/WC bestand; das Pauschalentgelt dafür betrug 294,39 €.
Lt.Akteninhalt gab die Bf an, jedes Wochenende im Haus ihrer Eltern in OÖ verbracht zu haben, wo sie ein Arbeitszimmer und ein Schlafzimmer zur Verfügung hatte sowie Küche und Bad/WC der Eltern mitbenutzte. Dafür habe sie monatlich kulanterweise ab ihrer Anstellung 100,- € bar entrichtet. Sie habe den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in ihrem Heimatort beibehalten und samstags dort in einem Sportverein Tennis gespielt. Je nach Lehrplan sei sie sonntags oder montags nach Wien zurückgefahren. Sie habe nie vorgehabt, „auf Dauer“ in Wien zu bleiben. Lt. Akteninhalt war sie im beschwerdegegenständlichen Zeitraum alleinstehend.
Mit bekam sie vom Landesschulrat OÖ eine Lehrerinnenstelle in OÖ angeboten, die sie annahm. Das Nutzungsentgelt für die sodann gekündigte Wohnung in Wien habe sie „bis September oder Oktober 2013“ bezahlt.
Die 2013 als Werbungskosten beantragten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung, Familienheimfahrten sowie Umzugskosten wurden vom Finanzamt nicht anerkannt.
In einer rechtzeitig dagegen eingebrachten Beschwerde wurde im Wesentlichen auf das AK-Infoservice „Steuer sparen“ (doppelte Haushaltsführung, Familienheimfahrten) Bezug genommen.
In dem nach der abweisend ergangenen Beschwerdevorentscheidung gestellten Vorlageantrag wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass am Wohnsitz im Haus der Eltern selbstverständlich “die Benutzungsmöglichkeiten genauso gegeben sind wie am Nebenwohnsitz in Wien“. Weder habe sie einen sicheren Arbeitsplatz in Wien in Wohnungsnähe gehabt noch sei die Verlagerung des Wohnsitzes von Wien „an den Wohnsitz des elterlichen Haushaltes“ privat veranlasst:
1) Sie sei an der Pädagogischen Hochschule in Linz zur Hauptschullehrerin für das Bundesland Oberösterreich ausgebildet worden. Es gebe also nur einen Arbeitgeber in OÖ für sie.
2) Sie sei aus existenziellen Gründen (keine Beschäftigung, kein Einkommen) „den Weg nach Wien vorübergehend“ gegangen.
3) Nach Abschluss des Studiums habe sie sich beim Landesschulrat für OÖ als Lehrerin beworben und sei auf Rang 1000 gereiht worden (Wartezeit mindestens 3 Jahre).
4) Bewerbungen in den Sommermonaten bei zahlreichen Firmen waren sinnlos, auch das AMS konnte sie nicht vermitteln, sie bekam kein Arbeitslosengeld.
5) Sie habe sich sodann beim Landesschulrat für Wien beworben, der ihr „sofort eine Beschäftigung für den nächsten Tag zusagte“ und auch eine Wohnung für sie organisierte. Sie war „froh, das Existenzproblem einmal als erstes gelöst zu haben.“
6) Nach 4 Jahren war sie beim Landesschulrat für OÖ auf dem aussichtslosen Platz 150, auch ein persönlicher Besuch beim Landeshauptmann war erfolglos.
7) Unerwartet bekam Sie am vom Landesschulrat für OÖ per SMS die Mitteilung, dass man ihr eine Stelle in OÖ zuweisen könne. Sie musste sofort zusagen, ansonsten sie auf Rang 1000 zurückgereiht worden wäre.
Das „System verlangt, auf Abruf bereit zu sein für eine Stelle und kann daher nicht als privat veranlasst angesehen werden – es hat damit nichts zu tun, dass ich einen sicheren Arbeitsplatz in Wohnungsnähe innegehabt“ habe.
8) Sie habe in Wien Praxis als Lehrerin sammeln können und habe „durch die Doppelbelastung de facto nichts verdient“.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 16 Abs.1 Z 6 lit.f EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Gemäß § 20 Abs.1 Z 2 lit.a leg.cit. dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen; lt. lit.e leg cit dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Tätigkeitsort und Familienwohnsitz … .
Was nun Ausgaben iZm „doppelter Haushaltsführung“ betrifft, können diese grundsätzlich nur dann vorliegen, wenn der Steuerpflichtige einen Familienwohnsitz iSd § 4 der PendlerVO hat (sh Jakom/Baldauf, EStG 2015, § 20 Rz 90).
Gem. § 4 Abs 1 Z 2 PendlerVO, BGBl II 276/2013 liegt ein Familienwohnsitz iSd § 16 Abs.1 Z 6 lit. f und § 20 Abs.1 Z 2 lit. e EStG 1988 dort, wo ein alleinstehender Abgabepflichtiger seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Familie, Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand (Abs. 2) hat. – lt. § 4 Abs.2 der oa VO hat der Steuerpflichtige einen eigenen Hausstand, wenn er eine Wohnung besitzt, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspricht. Ein eigener Hausstand liegt jedenfalls nicht vor, wenn der Steuerpflichtige Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes einer oder mehrer Person(en), die nicht (Ehe)Partner sind oder mit denen eine Lebensgemeinschaft besteht, mitbewohnt.
Wie sich aus dem oa Akteninhalt ergibt gehört es zum Lebenskonzept der Bf, in OÖ ihren Beruf als Lehrerin auszuüben, in ihrem Heimatort in der Nähe bzw bei den Eltern zu wohnen, den bisherigen Freundeskreis dort zu pflegen und im Heimatort auch die Freizeit zu verbringen (wie Mitgliedschaft im Sportverein uä). Es ist offenkundig, dass dieses Lebenskonzept privat motiviert ist.
Dieses Lebenskonzept ließ sich nun vorderhand – wie von der Bf auch oben beschrieben – nicht sogleich nach Ausbildung zur Lehrerin zur Gänze umsetzen, weshalb sie kompromisshalber eine Lehrerinnenstelle in Wien annahm. Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es nicht zutrifft, dass sie an der Pädagogischen Hochschule in Linz zur Hauptschullehrerin für das Bundesland OÖ ausgebildet wurde (weshalb es nur einen Arbeitgeber für sie gäbe), sondern sie mit dieser Ausbildung in sämtlichen Bundesländern Österreichs als Hauptschullehrerin tätig sein kann (andernfalls sie wohl auch nicht in Wien als Hauptschullehrerin angestellt worden wäre) und auch EU-weit Möglichkeiten offenstanden sowie bekannterweise LehrerInnen, die auf eine Anstellung warten, als HorterzieherInnen angestellt werden. Weiters ist auszuführen, dass die Bf (unter Punkt 7) die Aussage relativierte, dass sie keinen sicheren Arbeitsplatz in Wien in Wohnungsnähe gehabt hätte, wenn sie ausführte, dass „das System“ verlange, auf „Abruf bereit zu sein…“- das habe nichts damit zu tun, dass sie einen „sicheren Arbeitsplatz in Wohnungsnähe innegehabt“ habe. – Es ist weiters darauf hinzuweisen, dass sie nicht ihren Wohnsitz von Wien nach OÖ „an den Wohnsitz des elterlichen Haushalts“ verlagerte, sondern sie den Wohnsitz in Wien 2013 aufgab, während ihr Hauptwohnsitz an der elterlichen Adresse seit Geburt bis laufend weiterbestand. Es ist zum Hauptwohnsitz an der elterlichen Adresse auszuführen, dass er nicht den oa Erfordernissen eines eigenen Hausstandes im Sinne des § 4 Abs.1 Z 2 und Abs.2 PendlerVO entspricht, da die Bf 2 Räume im Wohnhaus der Eltern als Schlaf- und Arbeitszimmer nutzt und Bad/WC sowie Küche der Eltern mitverwendet, dh sie Räume innerhalb des Wohnverbandes ihrer Eltern mitbewohnt. Eine allfällige Abgeltung von 100.- € monatlich an die Eltern seit Beginn ihrer Erwerbstätigkeit kann daran nichts ändern.
Der Hauptwohnsitz an der elterlichen Adresse entspricht somit nicht den normierten Anforderungen des § 4 Abs.1 Z 2 PendlerVO, der dort neben den engsten persönlichen Beziehungen des alleinstehenden Steuerpflichtigen auch einen eigenen Hausstand (der jedoch normgemäß nicht durch Mitbenutzung von Räumen im elterlichen Wohnverband entsteht) erfordert.
Es konnte idF auch ein Doppelwohnsitz der Bf im oa normierten Sinn im beschwerdegegenständlichen Zeitraum nicht bestehen, weshalb Kosten einer doppelten Haushaltsführung und damit einhergehend Kosten für Familienheimfahrten und Umzugskosten 2013 wie in der Beschwerde vorgebracht nicht entstanden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig. Gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG kann gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts Revision erhoben werden, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere wenn eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs fehlt.
Das gegenständliche Erkenntnis gründet auf der eindeutigen normativen Bedeutung der Begriffe „eigener Hausstand“ und „Doppelwohnsitz“ sowie der diese Thematik behandelnden Fachliteratur.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 6 lit. f EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 4 Abs. 1 Z 2 Pendlerverordnung, BGBl. II Nr. 276/2013 § 4 Abs. 2 Pendlerverordnung, BGBl. II Nr. 276/2013 |
Schlagworte | doppelte Haushaltsführung fehlender eigener Hausstand |
Anmerkung | Mitbenutzung elterliche Wohnung |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.5100002.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at