Die UID des Leistenden ist bei Rechnungen über € 10.000 nicht immer zwingendes Erfordernis für die Vorsteuerabzugsberechtigung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter X. in der Beschwerdesache Bf. gegen den Bescheid des Finanzamt Graz-Stadt vom , betreffend Vorsteuererstattung für den Zeitraum 12/2012 zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben:
Die Vorsteuern werden mit 4.570,71 € (Gutschrift) erstattet.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Antrag vom beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) die Erstattung von Vorsteuern aus einer mit datierten Rechnung in Höhe von 4.570,71 € für Dezember 2012.
Im angefochtenen Bescheid wurde der Erstattungsbetrag mit Null Euro festgesetzt, was einer materiellen Abweisung des Erstattungsbegehrens gleichkommt. In seiner Begründung führte er aus, gemäß § 11 Abs. 1 Z 2 UStG 1994 sei bei Rechnungen mit einem Gesamtbetrag von mehr als 10.000 € die vom Finanzamt erteilte UID-Nummer des Leistungsempfängers anzuführen. Bei Fehlen dieser Angabe entspräche die Rechnung nicht dem § 11 UStG 1994 und sei daher vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen.
Mit Schreiben vom erhob die Bf. gegen den Bescheid Berufung/Beschwerde und fügte eine berichtigte Rechnung bei, in der auch die UID des Leistungsempfängers aufschien.
In der Berufungsvorentscheidung vom vertrat das Finanzamt nunmehr die Feststellung, dass eine Rechnung soweit der Unternehmer im Inland Lieferungen und sonstige Leistungen erbringt, für die das Recht auf Vorsteuerabzug besteht, die dem Unternehmer vom Finanzamt erteilte Umsatzsteueridentifikationsnummer enthalten müsse. Die auf der Rechnung angeführte UID Nummer ATU468824xx sei nicht korrekt und daher vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Weitere Sachverhaltsfeststellungen zur Rechnung wurden nicht getroffen.
In ihrem überreichten Vorlageantrag vom führte die Bf. aus, in der ursprünglichen Rechnung sei ein Schreibfehler enthalten und schloss eine Ablichtung der vom Finanzamt Braunau Ried Schärding an den Leistenden ergangenen Bescheid über die neuerliche Gültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bei. Die UID-Nummer laute daher auf ATU468822xx. Weiters wurde eine neuerliche berichtigte Rechnungsabschrift vom (!) beigefügt. Ihres Erachtens sei die Umsatzsteuer in der beantragten Höhe zu erstatten.
Mit Beschwerdevorlage vom wurde die Berufung/Beschwerde von der belangten Behörde unter Anschluss der Akten elektronisch vorgelegt und die Rechtsauffassung vertreten, dass zwar zwischenzeitig die unrichtige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer auf eine richtige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer geändert worden sei, aber die Änderung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vom Rechnungsaussteller mit seinem Firmenstempel, Datum und Unterschrift hätte ergänzt werden müssen. Daher könnten berichtigte Rechnungen erst mit dem Zeitpunkt der Berichtigung eingereicht werden.
In der weiteren Folge wurde dem Bundesfinanzgericht mitgeteilt, dass der Leistende im Zeitraum vom - und (erst) ab über eine gültige UID-Nummer verfügte.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Zum Sachverhalt ist ergänzend festzustellen, dass die vorgelegte Rechnung - abgesehen von der infolge eines Schreibfehlers unrichtigen UID-Nummer - ungefähr und soweit von Bedeutung - folgendes Aussehen hat:
„A.B., Adresse, Postleitzahl
ATU: 468824xx (468822xx)
Kunde:
X.Y (Bf.), Adresse, Postleitzahl
Telefon:
UID: DE 209 511 xxx
1 Type, Fabrikat (Arbeitsmaschine) gebraucht wie besichtigt …
Einzelpreis: 38.089,29 €
Steuer 12%: € 4.570,71 (Hervorhebung durch das BFG)
Gesamt: € 42.660
Zahlung: IBAN-Nr. AT12 3456 7890 1234, BIC-Nr. RZXXATXX123“
Auf Grund der Tatsache, dass in der Rechnung lediglich 12% Umsatzsteuer ausgewiesen wurden, hätte auffallen müssen, dass hier besondere Verhältnisse vorlagen, denn die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes auf Arbeitsmaschinen ist die Ausnahme, denn das UStG 1994 kennt abweichend vom Normalsteuersatz von 20%, die ermäßigten Steuersätze von 10% (§ 10 Abs. 2 iVm der Anlage, den ermäßigten Steuersatz von 12% für die Lieferungen von Wein aus eigener Erzeugung (§ 10 Abs. 3), einen ermäßigten Steuersatz von 19% für Umsätze in den Gemeinden Jungholz und Mittelberg, sowie einen 12%-igen Steuersatz für die Umsätze im Rahmen nichtbuchführungspflichtiger land- und forstwirtschaftlicher Betriebe (§ 22), welche berechtigt sind für Umsätze, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen erbracht werden, diesen in Rechnung zu stellen. Die diesen Umsätzen zuzurechnenden Vorsteuerbeträge werden in gleicher Höhe festgesetzt. Der Gesetzeswortlaut ist nicht als Verpflichtung der Behörde zu interpretieren, sondern einerseits als Steuersatzbestimmung und andererseits als Vorsteuerpauschalierung. Das Wesen der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 22 UStG 1994 besteht gerade darin, dass behördliche Festsetzungen unterbleiben ( Ruppe/Achatz, UStG 19944, § 22, Tz. 34).
Folglich war gegenständlich davon auszugehen, dass die oa. Arbeitsmaschine im Rahmen eines nach § 22 UStG 1994 besteuernden land- und forstwirtschaftlichen Betriebes veräußert wurde.
Abgesehen davon kommen die sog. echten Steuerbefreiungen im Rahmen des § 22 nicht zur Anwendung. Tätigt ein solcher Betrieb Ausfuhr- oder innergemeinschaftliche Lieferungen muss (darf) er hiefür 12% Umsatzsteuer in Rechnung stellen; die zusammenhängenden Vorsteuern sind durch die Pauschalierung erfasst; für Lieferungen im Binnenmarkt ist daher eine Steuer von 12% in Rechnung zu stellen, die für den ausländischen Erwerber eine im Inland erstattungsfähige Vorsteuer darstellt (Ruppe/Achatz, UStG 19944, § 22, Tz. 39/1 unter Hinweis auf UStR Rz. 2854 und 3988).
Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, BGBl. Nr. 279/1995 idF BGBl. Nr. 389/2010 lautet:
„§ 1 Abs. 1:
Die Erstattung der abziehbaren Vorsteuerbeträge an nicht im Inland ansässige Unternehmer, das sind solche, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, ist abweichend von den §§ 20 und 21 Abs. 1 bis 5 UStG 1994 nach Maßgabe der §§ 2, 3 und 3a durchzuführen, wenn der Unternehmer im Erstattungszeitraum
1. keine Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 oder
2. nur steuerfreie Umsätze im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 3 UStG 1994 oder
3. nur Umsätze, bei denen die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht (§ 19 Abs. 1 zweiter Unterabsatz UStG 1994), ausgeführt hat;
4. weiters, wenn der Unternehmer nur Umsätze gemäß § 3a Abs. 13 lit. b UStG 1994 ausgeführt und von der Regelung der Art. 357 bis 369 Richtlinie 2006/112/EG Gebrauch gemacht hat. Gemäß § 12 Abs. 1 UStG 1994 kann der Unternehmer Vorsteuerbeträge abziehen, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.“
§ 12 UStG 1994 lautet:
„Abs. 1: Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:
1. Die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist. Wurde die Lieferung oder die sonstige Leistung an einen Unternehmer ausgeführt, der wusste oder wissen musste, dass der betreffende Umsatz im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen, die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen steht, entfällt das Recht auf Vorsteuerabzug. Dies gilt insbesondere auch, wenn ein solches Finanzvergehen einen vor- oder nachgelagerten Umsatz betrifft;
…“
§ 11 UStG 1994 lautet:
„Abs.1: Führt der Unternehmer Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 aus, ist er berechtigt, Rechnungen auszustellen. Führt er die Umsätze an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, soweit sie nicht Unternehmer ist, aus, ist er verpflichtet, Rechnungen auszustellen. Führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung oder Werkleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück an einen Nichtunternehmer aus, ist er verpflichtet eine Rechnung auszustellen. Der Unternehmer hat seiner Verpflichtung zur Rechnungsausstellung innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung des Umsatzes nachzukommen.
Diese Rechnungen müssen - soweit in den nachfolgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist - die folgenden Angaben enthalten:
1. den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers;
2. den Namen und die Anschrift des Abnehmers der Lieferung oder des Empfängers der sonstigen Leistung. Bei Rechnungen, deren Gesamtbetrag 10 000 Euro übersteigt, ist weiters die dem Leistungsempfänger vom Finanzamt erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer anzugeben, wenn der leistende Unternehmer im Inland einen Wohnsitz (Sitz), seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder eine Betriebsstätte hat und der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird;
3. die Menge und die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung;
4. den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder den Zeitraum, über den sich die sonstige Leistung erstreckt. Bei Lieferungen oder sonstigen Leistungen, die abschnittsweise abgerechnet werden (zB Lebensmittellieferungen), genügt die Angabe des Abrechnungszeitraumes, soweit dieser einen Kalendermonat nicht übersteigt;
5. das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 4) und den anzuwendenden Steuersatz, im Falle einer Steuerbefreiung einen Hinweis, dass für diese Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt;
6. den auf das Entgelt (Z 5) entfallenden Steuerbetrag.
Weiters hat die Rechnung folgende Angaben zu enthalten:
- das Ausstellungsdatum;
- eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung einmalig vergeben wird;
- soweit der Unternehmer im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen erbringt, für die das Recht auf Vorsteuerabzug besteht, die dem Unternehmer vom Finanzamt erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer.
Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgeltes für eine noch nicht ausgeführte steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung, so gelten die ersten drei Sätze sinngemäß.
Wird eine Endrechnung erteilt, so sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne des zweiten und dritten Satzes ausgestellt worden sind.
Abs. 1a: …
Abs. 2: …
Abs.3: Für die unter Abs. 1 Z 1 und 2 geforderten Angaben ist jede Bezeichnung ausreichend, die eine eindeutige Feststellung des Namens und der Anschrift des Unternehmens sowie des Abnehmers der Lieferung oder des Empfängers der sonstigen Leistung ermöglicht.
Abs. 4: Die im Abs. 1 Z 1 bis 3 geforderten Angaben können auch durch Schlüsselzahlen oder Symbole ausgedrückt werden, wenn ihre eindeutige Bestimmung aus der Rechnung oder aus anderen Unterlagen gewährleistet ist. Diese Unterlagen müssen sowohl beim Aussteller als auch beim Empfänger der Rechnung vorhanden sein, es sei denn, daß vom Rechnungsaussteller öffentlich kundgemachte Tarife zur Verrechnung kommen.
Abs. 5: In einer Rechnung über Lieferungen und sonstige Leistungen, die verschiedenen Steuersätzen unterliegen, sind die Entgelte und Steuerbeträge nach Steuersätzen zu trennen. Wird der Steuerbetrag durch Maschinen (zB Fakturierautomaten) ermittelt und durch diese in der Rechnung angegeben, so ist der Ausweis des Steuerbetrages in einer Summe zulässig, wenn für die einzelnen Posten der Rechnung der Steuersatz angegeben ist.
Abs. 6- 11: …
Abs. 12: Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen Steuerbetrag, den er nach diesem Bundesgesetz für den Umsatz nicht schuldet, gesondert ausgewiesen, so schuldet er diesen Betrag auf Grund der Rechnung, wenn er sie nicht gegenüber dem Abnehmer der Lieferung oder dem Empfänger der sonstigen Leistung entsprechend berichtigt. Im Falle der Berichtigung gilt § 16 Abs. 1 sinngemäß.
Abs. 13: Bei einer Minderung des Entgeltes ist eine Berichtigung der Rechnung im Sinne des Abs. 12 nur vorzunehmen, wenn sich das Entgelt wegen des Abzuges von Wechselvorzinsen vermindert hat.
Abs. 14: Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt oder nicht Unternehmer ist, schuldet diesen Betrag.
Abs. 15: Der Bundesminister für Finanzen kann aus Vereinfachungsgründen mit Verordnung bestimmen, dass eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen entfällt.“
Besteuerung der Umsätze bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben
„§ 22
Abs. 1: Bei nichtbuchführungspflichtigen Unternehmern, die Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausführen, wird die Steuer für diese Umsätze mit 10% der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Soweit diese Umsätze an einen Unternehmer für dessen Unternehmen erbracht werden, wird die Steuer für diese Umsätze mit 12% der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Die diesen Umsätzen zuzurechnenden Vorsteuerbeträge werden jeweils in gleicher Höhe festgesetzt.
Die Bestimmungen des § 6 Abs. 1 Z 8 bis 26, des § 11 und des § 12 Abs. 10 bis 12 sind anzuwenden. Weiters sind Berichtigungen nach § 16 vorzunehmen, die Zeiträume betreffen, in denen die allgemeinen Vorschriften dieses Bundesgesetzes Anwendung gefunden haben.
….“
Grundsätzlich ist festzustellen, dass der leistende Unternehmer im Zeitraum vom bis und damit im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes über keine gültige UID-Nummer verfügte. Daher erscheint es sekundär, ob diese infolge eines Schreibfehlers nun richtig oder falsch ist, weil auf den vorgelegten Rechnungen jeweils datiert per wohl die vom Finanzamt lediglich ursprünglich vergebene und in der weiteren Folge wieder vergebene UID-Nummer angeführt war. Folglich war es gar nicht möglich, die strittige Rechnung selbst rückwirkend zu berichtigen, da im Erstattungszeitraum der Leistende über keine gültige UID- Nummer verfügte. Diese wurde erst wieder nach dem Erstattungszeitraum ab vergeben.
Das Recht auf Vorsteuerabzug setzt voraus, dass es sich um eine steuerpflichtige Leistung handelt, die an einen anderen Unternehmer für Zwecke seines Unternehmens erbracht wird und für die der Vorsteuerabzug nicht ausgeschlossen ist. Welchem Zweck die Angabe der UID dienen soll, geht aus den Erwägungsgründen der RL 2001/115/EG nicht hervor. Möglicherweise soll damit ein Vorsteuerabzug aus Rechnungen von Nichtunternehmern verhindert oder erschwert werden. Nach Auffassung des EuGH dient die Angabe der UID der Identifizierung des Leistenden ( „Dankowski“). Der Vorsteuerabzug hinge dann davon ab, dass die UID richtig ist, so dass der Leistungsempfänger die Möglichkeit haben muss, sie zu überprüfen. Im UStG ist derzeit jedoch eine Überprüfung (Bestätigung) nur für ausländische UID vorgesehen (vgl. Art. 28 Abs. 2), so dass aus der Sicht des Leistungsempfängers die Berechtigung zum Vorsteuerabzug nur davon abhängen kann, ob die Rechnung überhaupt eine UID aufweist. Auch die UStR (Rz 1539) gehen davon aus, dass vorderhand - die Richtigkeit der UID nicht zu überprüfen ist. Der Vorsteuerabzug bleibt nach Auffassung der Finanzverwaltung bei unzutreffender UID daher aufrecht, wenn der Rechnungsaussteller die Leistung als Unternehmer ausgeführt hat (USt-Protokoll 2008). Aus dem EuGH-Urteil „Dankowski“ ist allerdings abzuleiten, dass die fehlende UID jedenfalls dann nicht zur Versagung des Vorsteuerabzugs führt, wenn die Identifizierung des Leistenden anderweitig (im Urteilsfall durch die Steuernummer) sichergestellt ist. Das müsste wohl auch im Fall einer unrichtigen UID gelten. Wurde die UID zeitlich begrenzt – wie gegenständlich der Fall, weil die Gültigkeit der seinerzeit erteilten UID im Jahr 2009 ablief, der Rechnungsaussteller jedoch weiterhin unternehmerisch tätig war und die UID offenbar nach Zeitablauf verwendet hat, steht hingegen der Vorsteuerabzug zu.
Entsprechend der Rechnungs-RL 2001/115/EG sieht Art. 178 MWSt-RL ausdrücklich vor, dass der Steuerpflichtige eine gemäß den Art. 220 - 226 sowie 238 - 240 ausgestellte Rechnung besitzen muss, um das Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können. Die in den Bestimmungen der Rechnungs-RL vorgesehenen Pflichtangaben sind damit im Grunde auch unionsrechtlich als materiell-rechtliche Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug zu betrachten (vgl. Englisch, UR 2009, 181). Dagegen konnten die Mitgliedstaaten nach der Rechtslage vor der Rechnungs-RL bestimmen, dass anstelle der Rechnung auch ein anderes Dokument treten kann, womit den Mitgliedstaaten relativ große Freiheiten bei der Umschreibung der Anforderungen an die Rechnungslegung eingeräumt waren.
Zur Rechtslage nach der MWSt-RL 2006/112 geht der EuGH davon aus, dass gemäß Art. 220 ausgestellte Rechnungen nur die in der RL genannten Angaben enthalten müssen. Die Mitgliedstaaten sind nicht berechtigt, den Vorsteuerabzug von zusätzlichen, in der RL nicht ausdrücklich vorgesehenen Voraussetzungen abhängig zu machen ( „Pannon“).
Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen bei Fehlen einzelner Rechnungsmerkmale ein Vorsteuerabzug zustehen kann, hat der EuGH zur Rechtslage vor Ergehen der Rechnungs-RL festgehalten, dass die Anforderungen nicht so weit gehen dürfen, dass die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird ( „Jeunehomme“, Slg 4517; vgl. a. „Gabalfrisa“, Slg I-1577 sowie , Rs. C-90/02 „Bockemühl“, Slg I-3303: die Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten erlassen, um die genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen, dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist; sie dürfen daher nicht so eingesetzt werden, dass sie systematisch das Recht auf Vorsteuerabzug in Frage stellen). Im Urteil , Rs C-25/03 „HE“, Slg I-3123 kommt der EuGH vor diesem Hintergrund zu dem jedenfalls im Spannungsverhältnis zur bis dahin ergangenen Rechtsprechung stehenden Ergebnis, dass es mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unvereinbar wäre, den Vorsteuerabzug nur deshalb zu verweigern, weil die Rechnung nicht die vom anwendbaren nationalen Recht vorgeschriebenen Angaben enthält.
Im Urteil „Dankowski“ () betont der Gerichtshof zur Rechtslage nach Ergehen der Rechnungs-RL, dass Rechnungen insbesondere diejenigen Angaben enthalten müssen, „die notwendig sind, um die Person, die die Rechnungen ausgestellt hat, und die erbrachte Dienstleistung zu identifizieren“; die Angabe der in Art. 22 Abs. 3 lit. b 6. MWSt-RL vorgesehenen UID sei hiezu nicht erforderlich, wenn die Identifizierung durch die dem (nicht für MWSt-Zwecke registrierten) Steuerpflichtigen von Amts wegen für andere Zwecke zugeteilte Steueridentifizierungsnummer sichergestellt ist (EuGH aaO Rn 29 f). Diese Rechtsprechung ist auf die in der MWSt-RL vorgesehenen Voraussetzungen übertragbar. Hieraus folgt, dass ein Vorsteuerabzug, wenn die materiellen Voraussetzungen vorliegen, uU auch bei Vorliegen einer formell nicht ordnungsgemäßen Rechnung zustehen kann ( Ruppe/Achatz, UStG 19944, § 12, Tz. 42).
Abgesehen davon, dass der Schreibfehler bei der Angabe der UID-Nummer noch im laufenden Verfahren verbessert wurde, wäre es der belangten Behörde auf Grund der Angaben der Rechnung durch einfache Datenbankabfrage unschwer festzustellen, um welchen Leistenden es sich dabei handelt.
Grundsätzlich erhalten nichtbuchführungspflichtige Land- und Forstwirte nach der Verwaltungspraxis keine UID und können daher in ihren Rechnungen die an sich erforderliche Angaben nicht machen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung berechtigen derartige Rechnungen (dennoch) zum Vorsteuerabzug, sofern der leistende Unternehmer darauf hinweist, dass der Umsatz nach § 22 Abs. 1 dem Durchschnittssteuersatz von 12% unterliegt (UStR Rz 1556, Ruppe/Achatz, UStG 19944, § 11, Tz. 90/3).
Weiters kommt im gegenständlichen Fall noch hinzu, dass sich aus dem Wesen und der Wirkungsweise der Durchschnittsbesteuerung nach § 22 Abs. 1 UStG 1994 ergibt, dass die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer deshalb nicht abgeführt werden muss, weil in gleicher Höhe der Vorsteuerabzug angenommen wird. Somit kann ein von der belangten Behörde eventuell befürchteter finanzieller Ausfall beim Umsatzsteueraufkommen nicht stattfinden.
Zusammengefasst kann daher davon ausgegangen werden, dass selbst unter Beachtung der das Finanzgericht nicht bindenden Umsatzsteuerrichtlinien insbesondere der UStR Rz. 2854 und 3988 der Vorsteuerabzug gewährt hätte werden können.
Zulässigkeit einer Revision:
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995 § 11 Abs. 1 Z 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 22 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 12 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte | UID-Nummer Durchschnittssatzbesteuerung |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.2100790.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at