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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.02.2017, RV/7101975/2016

Personenbetreuung - Art. 59 VO (EG) 987/2009 (DVO)

Beachte

Revision eingebracht (Amtsrevision). Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2017/16/0043. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.a Ri in der Beschwerdesache Bf., Adresse, vertreten durch Steuerberater, gegen den Bescheid des Finanzamtes FA1 vom , betreffend Familienbeihilfe (Differenzzahlung) für den Monat November 2015, für die Kinder A. und B., zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird stattgegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (Bf.), ein rumänischer Staatsbürger, arbeitet in Österreich als Personenbetreuer und stellte am einen Antrag auf Differenzzahlung zur Familienbeihilfe für den Zeitraum Oktober 2015 bis Februar 2016 für seine beiden Kinder A., geb. 2007, und B., geb. 2001.

Im Zuge der Ermittlungen und Rückantwort der rumänischen Behörden (E 401 Familienstandsbescheinigung sowie E 411 Anfrage betreffend den Anspruch auf Familienleistungen), gelangte das FA zu dem Ergebnis, dass sich der Familienwohnsitz des Bf. in Rumänien befinde, dass die beiden Kinder in Rumänien die Schule besuchen, dass die Gattin des Bf. in Rumänien im Zeitraum bis keine berufliche Tätigkeit ausgeübt habe und dass sie in diesem Zeitraum Familienleistungen in Höhe von 1.008 Lei bezogen habe.

Der Bf. war laut Versicherungsdatenauszug in Österreich vom bis als geringfügig beschäftigter Arbeiter und vom bis als gewerblich selbständiger Erwerbstätiger erfasst. Der Bf. hat das Gewerbe Personenbetreuung für die Monate, in denen er nicht in Österreich gearbeitet hat, ruhend gemeldet. Es lag daher in diesen Monaten keine Pflichtversicherung in der SVA der gewerblichen Wirtschaft vor.

Am erging an den Bf. eine Mitteilung über den Bezug der Ausgleichszahlung.

Mit Bescheid vom  wies das FA den Antrag auf Gewährung der Differenzzahlung (im Bescheid "Ausgleichszahlung") für den Monat November 2015 unter Zitierung des Art. 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 in der ab gültigen Fassung ab.

Am erhob der steuerliche Vertreter des Bf. Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid. Zur Begründung führte er aus, dass sich die Beschwerde gegen die Abweisung einer Ausgleichszahlung für den Monat November 2015 für die beiden Kinder A. und B. richte. Beantragt werde die Aufhebung des angefochtenen Abweisungsbescheides wegen (EU)-Rechtswidrigkeit und bescheidmäßige Festsetzung über die Gewährung einer Ausgleichszahlung inkl. Kinderabsetzbetrag bzw. in eventu die Gewährung einer Differenzzahlung für den beantragten Monat November 2015.
Da er bereits betreffend der Monate Jänner, März, Mai und September 2013 gegen den Abweisungsbescheid vom am eine Bescheidbeschwerde eingebracht habe und gegen die BVE vom am den Antrag auf Vorlage an das Verwaltungsgericht gestellt habe - die Beschwerde sei laut Vorlagebericht am an das Bundesfinanzgericht vorgelegt worden - und am Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid vom betreffend der Monate März und Mai 2014 sowie Jänner 2015 eingereicht habe und er in dieser Beschwerde die Direktvorlage gemäß § 262 Abs. 2 BAO beantragt habe (Vorlagebericht vom ) und der Sachverhalt in diesen beiden Beschwerden identisch sei, stelle er auch in dieser Beschwerde den Antrag gemäß § 262 Abs. 2 BAO, dass die Abgabenbehörde keine Beschwerdevorentscheidung erlasse und die Bescheidbeschwerde direkt unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorlege.
Sachverhaltsmäßig und beschwerdebegründend führte er aus:
"Herr B. beantragte  die Ausgleichszahlung nach der Verordnung (EG) 883/2004 für Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für die Monate im Kalenderjahr 2015 und 2016, in denen er in Österreich selbständig als selbständiger Personenbetreuer tätig gewesen war, und zwar: Oktober - Dezember 2015 und Jänner - Februar 2016. Am  (zugestellt am ) wurde vom FA eine Mitteilung über den Bezug der Ausgleichszahlung ausgefertigt und damit mitgeteilt, dass ihm die Ausgleichszahlung für die Monate Oktober, Dezember 2015 und Jänner, Februar 2016, gewährt werde. Mit gleichem Kuvert wurde auch der strittige Abweisungsbescheid mit Bescheiddatum zugestellt, mit diesem Bescheid wurde der Antrag betreffend des Monats November 2015 abgewiesen.

Der strittige Monat November 2015 wurde mit der Begründung abgewiesen, dass der Bf. in diesem Monat am Monatsersten keine Beschäftigung ausgeübt hat und daher laut Art. 59 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 kein Anspruch auf Ausgleichszahlung besteht. Genaugenommen steht im Bescheid vom keine detaillierte Begründung, sondern nur Zitierungen der EG-Verordnungen 883/2004 bzw. 987/2009. Er geht aber davon aus, dass das FA aber aus gleichem Grund abgewiesen hat wie auch bereits betreffend der im Beschwerdeverfahren befindlichen strittigen Monate aus 2013 (Abweisungsbescheid vom - Beschwerde vom - BVE - Vorlageantrag - Vorlagebericht vom ).

Tatsächlich wurde die Beschäftigung im strittigen Monat wie folgt ausgeübt:

07.11. -

Der Umstand, dass in dem strittigen Monat nicht bereits am Monatsersten die Beschäftigung ausgeübt wurde, liegt an den Mitfahrgelegenheiten von Rumänien nach Österreich. Aber es wurde in dem Monat überwiegend die selbständige Tätigkeit als "selbständiger Personenbetreuer" ausgeübt.

Die Regelung des Art. 59 der VO 987/2009 erscheint willkürlich, da bei gleicher Dauer der Tätigkeit, welche bereits am Monatsersten begonnen hätte, der Anspruch auf Ausgleichszahlung bestünde. Weiters möchte ich anführen, dass es auch nicht sachgerecht erscheint, die Leistung zu verweigern, da Herr B. in den strittigen Monaten auch trotzdem für das ganze Monat die SV-Beiträge nach dem GSVG entrichtet hatte und diese nicht tageweise aliquotiert wurden.

Herr B. unterbrach seine Tätigkeit in der Regel nach einem oder zwei Monat(en) Tätigkeit in Österreich, um für 1 oder 2 Monat(e) in die Heimat zurückzukehren um bei seinen Kindern zu sein. Er wäre auch nicht verpflichtet gewesen, das Gewerbe jedes Mal ruhend zu melden, sondern er hätte die Gewerbeberechtigung auch durchgehend aufrecht belassen können und wäre somit auch durchgehend bei der SVA der gewerblichen Wirtschaft versichert gewesen. Dieser Umstand kann wohl auch nicht dazu führen, dass er deshalb schlechter gestellt ist. Bei einer durchgehenden Versicherung wäre laut Rechtsprechung des Zl 2012/16/0066, eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit von ca. 2,5 Monaten nicht schädlich (Verweis auf die Entscheidung des ). Wobei d er strittige Fall jedoch nicht ganz zu vergleichen ist, aber es wurde die Ausgleichszahlung auch nicht durchgehend für die Monate, in denen der Bf. nicht tätig gewesen sei, beantragt, sondern eben nur für die Monate, wo er auch tatsächlich tätig war, auch wenn der Tätigkeitsbeginn nicht der Erste des Monats war. Dies stelle eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber einem Inländer oder eben eines EWR-Angehörigen, der bereits am Monatsersten tätig war. Der Grundsatz des EU-Rechtes und vor allem der Hintergrund der VO (EG) 883/2004 ist die Gleichbehandlung von Personen, die hier beschäftigt sind mit Staatsangehörigen dieses Staates (Artikel 4 der VO) und grundsätzlich ist aufgrund der selbständigen Tätigkeit von Herrn B. in Österreich diese Verordnung auch anzuwenden. Zu klären sei, welcher Mitgliedsstaat vorrangig zur Leistung verpflichtet ist, das wäre aufgrund der Durchführungsverordnung 987/2009 Rumänien, da der Bf. in den betreffenden Monaten nicht bereits am Monatsersten in Österreich beschäftigt gewesen war. Der Artikel 59 der DVO 987/2009 regelt ja nur die vorrangige Zuständigkeit eines Mitgliedsstaates und schließt ja nicht die grundsätzliche Anwendbarkeit der Verordnung 883/2004 aus.

Aufgrund der Bestimmungen des Art. 68 der VO 884/2004 löst die Beschäftigung in Österreich generell einen Anspruch in Österreich aus.
Rn 232 zu § 53 FLAG-Kommentar (Czaszar/Lenneis/Wanke)
Bei nicht getrennt lebenden Eltern richtet sich der Anspruch wie folgt wenn nur ein Elternteil beschäftigt ist: Beschäftigungsland ist vorrangig verpflichtet.
Für den Fall, dass der Anspruch auf Ausgleichszahlung nicht besteht, müsste aber stattdessen gemäß der Verordnung für die strittigen Monate zumindest der Anspruch auf Differenzzahlung bestehen. Da die Differenzzahlung für jene Leistungen zur Anwendung kommt, die ein Mitgliedstaat erbringen muss, der nach der VO nur nachrangig zur Erbringung der Familienleistungen verpflichtet ist, dessen Familienleistungen jedoch höher sind als die des vorrangig verpflichteten Mitgliedstaats (siehe Rn 177 ff zu § 53 des FLAG-Kommentars von Cszaszar/Lenneis/Wanke).

Nach Art. 68 Abs. 2 der VO (EG) 883/2004 werden bei Zusammentreffen von Ansprüchen die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Abs. 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren.

BFG: RV/7102886/2013 vom
Der Anspruch auf Familienleistungen in Österreich ist gem. Art. 11 Abs. 3 lit. a der VO 883/2004 durch die Beschäftigung in Österreich als Beschäftigungsstaat begründet. Es kommt daher Art. 68 Buchstabe b zur Anwendung. Demnach ist Österreich als Beschäftigungsstaat vorrangig zuständig.

Bezüglich Beschäftigungsverhältnissen, die nicht ein volles Monat dauern wird auf die Entscheidungen des und RV/0427-G/11 vom verwiesen.

UFS: RV/0427-G/11 vom
Artikel 68 Abs. 12 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit [kurz VO (EG) Nr. 883/2004]. Dieser lautet: "Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen:
(1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln: a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, daraus folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche." Die gegen Österreich auf Grund der selbständig ausgeübten Tätigkeit gerichteten Ansprüche gehen somit (allfälligen) durch den Wohnort gegen die Slowakei gerichteten Ansprüchen vor. In diesem Zusammenhang ist auch auf den Beschluss Nr. F1 vom zur Auslegung des Artikels 68 der VO (EG) Nr. 883/2004 hinzuweisen, in welchem (unter anderem) ausgeführt wird, in welchen Fällen Ansprüche auf Familienleistungen als "durch eine selbständige Erwerbstätigkeit" erworben werden.

UFS: RV/1319-W/13 vom
Die zuständige Verwaltungskommission fasste zur Auslegung des Artikels 68 der VO (EG) Nr. 883/2004 den Beschluss Nr. F1 vom (2010/C 106/04).
Dieser lautet: Für die Zwecke des Artikels 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 gelten Ansprüche auf Familienleistungen insbesondere dann als "durch eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgelöst", wenn sie erworben wurden
a) aufgrund einer tatsächlichen Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit oder auch
b) während Zeiten einer vorübergehenden Unterbrechung einer solchen Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit
i) wegen Krankheit, Mutterschaft, Arbeitsunfall, Berufskrankheit oder Arbeitslosigkeit, solange Arbeitsentgelt oder andere Leistungen als Renten in Zusammenhang mit diesen Versicherungsfällen zu zahlen sind, oder
ii) durch bezahlten Urlaub, Streik oder Aussperrung oder
iii) durch unbezahlten Urlaub zum Zweck der Kindererziehung, solange dieser Urlaub nach den einschlägigen Rechtsvorschriften einer Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit gleichgestellt ist.

Die Literatur und die Judikatur des BFG (vormals UFS) ergibt eindeutig, dass im Fall meines Klienten der Anspruch wie beantragt besteht, der angefochtene Bescheid ist daher aufzuheben und die Leistungen für die beantragten Monate zu gewähren."

Folgende Unterlagen sind aktenkundig:

  • Formular E 401 (Familienstandsbescheinigung für die Gewährung von Familienleistungen): der Bf., seine Gattin und die beiden Söhne haben den gemeinsamen Wohnsitz in L, Rumänien.

  • Formular E 411 (Anfrage betreffend den Anspruch auf Familienleistungen in dem Mitgliedstaat, in dem die Familienangehörigen wohnen): lt. Pkt. 6.1. ..."Während der Zeit vom bis hat die in Feld 2 (= Gattin des Bf.) genannte Person keine berufliche Tätigkeit ausgeübt.
    Punkt 2. "In der Zeit vom bis hat die in Feld 2 genannte Person Familienleistungen bezogen von insgesamt: 1.008 Lei.

  • Auszug aus dem Zentralen Melderegister über die Meldung des Nebenwohnsitzes, Unterkunftgeber X (15.09. - ), D ( - ).

  • Versicherungsdaten SV NOEGKK: Bf. war von - als geringfügig beschäftigter Arbeiter gemeldet;

  • Lohn- und Gehaltsabrechnung Oktober 2015.

  • Werkvertrag über Leistungen in der Personenbetreuung mit Frau G., Beginn des Vertragsverhältnisses
    - Honorarnote G. über den Erhalt von 860,00 € für die Betreuungszeit von 17.11. - .
    - Honorarnote G. über den Erhalt von 1.210 € für die Betreuungszeit von 1.12. - .

    - Honorarnote G. über den Erhalt von 1.450 € für die Betreuungszeit von 1.02. -

  • Zahlungsanweisung an die SV der Gewerblichen Wirtschaft vom von € 774,40.

  • Werkvertrag über Leistungen in der Personenbetreuung mit F., Beginn des Vertragsverhältnisses .

Über die Beschwerde wurde erwogen:

2. Folgender Sachverhalt ist unstrittig und wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

  • Der Bf., seine beiden Kinder  und die Ehegattin sind rumänische Staatsbürger. Sie haben ihren ständigen Aufenthalt am Familienwohnsitz in Rumänien. Dort befindet sich auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen. Die beiden Kinder besuchen in Rumänien die Schule. 

  • Die Gattin des Bf. hat in Rumänien im Zeitraum bis keine berufliche Tätigkeit ausgeübt. Sie hat in diesem Zeitraum Familienleistungen in Höhe von 1.008 Lei bezogen.

  • Der Bf. ist im Versicherungsdatenauszug in Österreich vom bis als geringfügig beschäftigter Arbeiter und vom bis 29.  Februar 2016 als gewerblich selbständiger Erwerbstätiger erfasst. Der Bf. hat das Gewerbe der Personenbetreuung für die Monate, in denen er nicht in Österreich gearbeitet hat, ruhend gemeldet.

Der Sachverhalt gründet auf folgender Beweiswürdigung:

Die Familienverhältnisse des Bf. sind unbestritten. Das der Mittelpunkt der Lebensinteressen in Rumänien liegt, ergibt sich aus dem ständigen Aufenthalt und dem Wohn-, und Ausbildungsort der Ehegattin und der Kinder des Bf. in Rumänien und dem dortigen Hauptwohnsitz des Bf. Die Anmeldung des Gewerbes Personenbetreuung wird - im Hinblick auf das Erkenntnisse des und den Ausführungen des Bf. in der Beschwerde ("Herr B. wäre auch nicht verpflichtet gewesen, das Gewerbe jedes mal ruhend zu melden,..") als erwiesen angesehen. Die Pflichtversicherung beginnt von Gesetzes wegen mit dem Tag der Gewerbeanmeldung.
Die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit des Bf. wurde durch den vorgelegten Werkvertrag und die Honorarnoten als erwiesen angesehen.

Die Ermittlungen hinsichtlich der Ehegattin des Bf. (Ausübung einer beruflichen Tätigkeit) und der rumänischen Familienleistungen basieren auf den Auskünften der zuständigen rumänischen Sozialbehörde (Formular E 411).  

3. Gesetzliche Bestimmungen und rechtliche Würdigung:

Nach § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für minderjährige Kinder Anspruch auf Familienbeihilfe.

Nach Abs.  2 leg cit hat jene Person Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs 1 genanntes Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten überwiegend für das Kind trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

§ 4 Abs. 1 FLAG 1967 normiert, dass Personen, die Anspruch auf eine gleichartige Beihilfe haben, keinen Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe haben. In § 4 Abs 2 FLAG 1967 ist vorgesehen, dass österreichische Staatsbürger, die gem Abs. 1 und § 5 Abs. 5 vom Anspruch auf Familienbeihilfe ausgeschlossen sind, eine Ausgleichszahlung erhalten, wenn die Höhe der gleichartigen ausländischen Beihilfe, auf die sie oder eine andere Person Anspruch haben, geringer ist als die Familienbeihilfe, die ihnen nach diesem Bundesgesetz ansonsten zu gewähren wäre.

Nach § 4 Abs. 6 FLAG 1967 gilt die Ausgleichszahlung, mit Ausnahme der Bestimmungen über die Höhe der Familienbeihilfe, als Familienbeihilfe iS dieses Bundesgesetzes.

Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG 1967 besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

In diesem Zusammenhang bestimmt jedoch § 53 Abs. 1 FLAG 1967, dass § 5 Abs. 3 FLAG 1967 in Bezug auf EWR-Staatsbürger grundsätzlich nicht gilt; diese sind in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Dabei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des EWR nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

Im Beschwerdefall sind nicht nur die innerstaatlichen Bestimmungen des FLAG 1967 zu beachten. Vielmehr ist die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (idF VO), die ab gilt, anzuwenden. Diese hat allgemeine Geltung, ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat ("Durchgriffswirkung"). Die VO geht dem nationalen Recht in ihrer Anwendung vor ("Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts").

Für vorliegenden Fall maßgebliche Bestimmungen der VO lauten:

"Artikel 1
Definitionen
Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:
a) "Beschäftigung" jede Tätigkeit oder gleichgestellte Situation, die für die Zwecke der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird oder die gleichgestellte Situation vorliegt, als solche gilt;
b) "selbstständige Erwerbstätigkeit" jede Tätigkeit oder gleichgestellte Situation, die für die Zwecke der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird oder die gleichgestellte Situation vorliegt, als solche gilt;
c) "Versicherter" in Bezug auf die von Titel III Kapitel 1 und 3 erfassten Zweige der sozialen Sicherheit jede Person, die unter Berücksichtigung der Bestimmungen dieser Verordnung die für einen Leistungsanspruch nach den Rechtsvorschriften des gemäß Titel II zuständigen Mitgliedstaats vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt;
...
i) "Familienangehöriger":
1. i) jede Person, die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt werden, als Familienangehöriger bestimmt oder anerkannt oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet wird;
ii) in Bezug auf Sachleistungen nach Titel III Kapitel 1 über Leistungen bei Krankheit sowie Leistungen bei Mutterschaft und gleichgestellte Leistungen bei Vaterschaft jede Person, die in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie wohnt, als Familienangehöriger bestimmt oder anerkannt wird oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet wird;
2. unterscheiden die gemäß Nummer 1 anzuwendenden Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats die Familienangehörigen nicht von anderen Personen, auf die diese Rechtsvorschriften anwendbar sind, so werden der Ehegatte, die minderjährigen Kinder und die unterhaltsberechtigten volljährigen Kinder als Familienangehörige angesehen;
3. wird nach den gemäß Nummern 1 und 2 anzuwendenden Rechtsvorschriften eine Person nur dann als Familien- oder Haushaltsangehöriger angesehen, wenn sie mit dem Versicherten oder dem Rentner in häuslicher Gemeinschaft lebt, so gilt diese Voraussetzung als erfüllt, wenn der Unterhalt der betreffenden Person überwiegend von dem Versicherten oder dem Rentner bestritten wird;
...
l) "Rechtsvorschriften" für jeden Mitgliedstaat die Gesetze, Verordnungen, Satzungen und alle anderen Durchführungsvorschriften in Bezug auf die in Artikel 3 Absatz 1 genannten Zweige der sozialen Sicherheit. ... z) "Familienleistungen" alle Sach- oder Geldleistungen zum Ausgleich von Familienlasten, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besonderen Geburts- und Adoptionsbeihilfen nach Anhang I.

Artikel 2
Persönlicher Geltungsbereich
(1) Diese Verordnung gilt für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen. ...

Artikel 3
Sachlicher Geltungsbereich
(1) Diese Verordnung gilt für alle Rechtsvorschriften, die folgende Zweige der sozialen Sicherheit betreffen:
a) Leistungen bei Krankheit;
b) Leistungen bei Mutterschaft und gleichgestellte Leistungen bei Vaterschaft;
c) Leistungen bei Invalidität;
d) Leistungen bei Alter;
e) Leistungen an Hinterbliebene;
f) Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten;
g) Sterbegeld;
h) Leistungen bei Arbeitslosigkeit;
i) Vorruhestandsleistungen;
j) Familienleistungen.

Artikel 4
Gleichbehandlung
Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, haben Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.

Artikel 11
Allgemeine Regelung
(1) Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.
(2) Für die Zwecke dieses Titels wird bei Personen, die aufgrund oder infolge ihrer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit eine Geldleistung beziehen, davon ausgegangen, dass sie diese Beschäftigung oder Tätigkeit ausüben. Dies gilt nicht für Invaliditäts-, Alters- oder Hinterbliebenenrenten oder für Renten bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten oder für Geldleistungen bei Krankheit, die eine Behandlung von unbegrenzter Dauer abdecken.
(3) Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt Folgendes: a) eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats; ...

Artikel 14
Freiwillige Versicherung oder freiwillige Weiterversicherung
(1) Die Artikel 11 bis 13 gelten nicht für die freiwillige Versicherung oder die freiwillige Weiterversicherung, es sei denn, in einem Mitgliedstaat gibt es für einen der in Artikel 3 Absatz 1 genannten Zweige nur ein System der freiwilligen Versicherung.
(2) Unterliegt die betreffende Person nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats der Pflichtversicherung in diesem Mitgliedstaat, so darf sie in einem anderen Mitgliedstaat keiner freiwilligen Versicherung oder freiwilligen Weiterversicherung unterliegen. In allen übrigen Fällen, in denen für einen bestimmten Zweig eine Wahlmöglichkeit zwischen mehreren Systemen der freiwilligen Versicherung oder der freiwilligen Weiterversicherung besteht, tritt die betreffende Person nur dem System bei, für das sie sich entschieden hat.

...

Familienleistungen
Artikel 67
Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen
Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. Ein Rentner hat jedoch Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des für die Rentengewährung zuständigen Mitgliedstaats.

Artikel 68
Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen
(1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln:
a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.
b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien:
i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung.
ii) bei Ansprüchen, die durch den Bezug einer Rente ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass nach diesen Rechtsvorschriften eine Rente geschuldet wird, und subsidiär gegebenenfalls die längste Dauer der nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten; iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.
(2) Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Absatz 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren. Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird. ..."

Die zuständige Verwaltungskommission fasste zur Auslegung des Artikels 68 der VO (EG) Nr. 883/2004 den Beschluss Nr. F1 vom (2010/C 106/04). Dieser lautet:

Für die Zwecke des Artikels 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 gelten Ansprüche auf Familienleistungen insbesondere dann als "durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst", wenn sie erworben wurden

a) aufgrund einer tatsächlichen Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit oder auch

b) während Zeiten einer vorübergehenden Unterbrechung einer solchen Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit

i) wegen Krankheit, Mutterschaft, Arbeitsunfall, Berufskrankheit oder Arbeitslosigkeit, solange Arbeitsentgelt oder andere Leistungen als Renten in Zusammenhang mit diesen Versicherungsfällen zu zahlen sind, oder...
 

Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (DVO):

Artikel 59
Regelungen für den Fall, in dem sich die anzuwendenden Rechtsvorschriften und/oder die Zuständigkeit für die Gewährung von Familienleistungen ändern

(1) Ändern sich zwischen den Mitgliedstaaten während eines Kalendermonates die Rechtsvorschriften und/oder die Zuständigkeit für die Gewährung der Familienleistungen, so setzt der Träger, der die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gezahlt hat, nach denen die Leistungen zu Beginn dieses Monates gewährt wurden, unabhängig von den in den Rechtsvorschriften dieser Mitgliedstaaten für die Gewährung von Familienleistungen vorgesehenen Zahlungsfristen die Zahlungen bis zum Ende des laufenden Monats fort.

Nach dem festgestellten und unbestrittenen Sachverhalt hat der Bf. im November 2015 in Österreich das Gewerbe der Personenbetreuung ausgeübt. Er hat Frau G. vom 17.11. - betreut. Das Gewerbe der Personenbetreuung war in dieser Zeit angemeldet, der Bf. war bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft pflichtversichert. Die entsprechenden Beträge wurden eingezahlt. Der Bf. war in Rumänien nicht beschäftigt. Die Ehegattin war in Rumänien im Streitzeitraum nicht beschäftigt, sie hat die rumänische Familienbeihilfe bezogen. Kinder besuchten eine Schule in L.

Die mj. Kinder des Bf. sind am Familienwohnsitz in Rumänien haushaltszugehörig. Sie haben ihren ständigen Aufenthalt in Rumänien, weshalb grundsätzlich der Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 5 Abs. 3 FLAG 1967 ausgeschlossen wäre. Da der Bf. aber rumänischer Staatsbürger ist und somit EWR-Bürger ist, ist er gemäß § 53 Abs. 1 FLAG 1967 österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. 

Strittig ist die Nichtgewährung der Differenzzahlung für November 2015.

Im Beschwerdefall sind nicht nur die innerstaatlichen Bestimmungen des FLAG 1967 zu beachten. Vielmehr ist der Bf. als Staatsbürger eines Mitgliedstaates der EU von der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des europäischen Parlamentes und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme über soziale Sicherheit im Streitzeitraum (idF kurz VO) erfasst. 

Art. 11 der VO bestimmt:
"1) Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.
(2) Für die Zwecke dieses Titels wird bei Personen, die aufgrund oder infolge ihrer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit eine Geldleistung beziehen, davon ausgegangen, dass sie diese Beschäftigung oder Tätigkeit ausüben....
(3) Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt Folgendes:
a) eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

Diese Bestimmung erklärt somit den Beschäftigungsort grundsätzlich zu Anknüpfungspunkt.

Nach Art. 67 der VO hat eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaates, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden...

Grundsätzlich sollen die Betroffenen nur dem System der sozialen Sicherheit eines einzigen Mitgliedstaates unterliegen, sodass die Kumulierung anwendbarer nationaler Rechtsvorschriften und die Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben könnten, vermieden werden (s. und C 612/10 Waldemar Hudzinski und Jaroslaw Wawrzniak). Dies ist entsprechend dem Grundsatz des Art 11 Abs. 3 lit. a der VO der Staat, in dem die Person eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausübt.

Nach Art. 68 Abs. 2 der VO werden bei Zusammentreffen von Ansprüchen die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Abs. 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werde bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrages ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrages der Leistungen zu gewähren.

Der Bf. gilt als "selbständig Erwerbstätiger" iS der VO, ist  pflichtversichert und hat grundsätzlich Anspruch auf Familienleistungen. Die Familienbeihilfe fällt unter den Begriff der "Familienleistungen" iSd VO. Die VO ist sowohl in persönlicher wie in sachlicher Hinsicht im vorliegenden Fall anwendbar.

Die Ehegattin des Bf. war in Rumänien im Beschwerdezeitraum nicht erwerbstätig. Für die Kinder des Bf. wurden auch in Rumänien der österreichischen Familienbeihilfe vergleichbare Familienleistungen, nämlich staatliches Kindergeld bezogen. Diese ist grundsätzlich nicht von der Erwerbstätigkeit abhängig, sondern knüpft an den Wohnsitz bzw. Aufenthalt in Rumänien an. Der Anspruch auf Familienleistungen in Österreich ist gemäß Art. 11 Abs. 3 lit. a der VO 883/2004 durch die Beschäftigung in Österreich als Beschäftigungsstaat begründet.

Unter Bedachtnahme auf die oben angeführten Art. 4, 11, 67  VO (EG) 883/2004 gelangt im Beschwerdefall die im  Art. 68 Abs. Abs. 1 lit a leg. cit. dargelegte Prioritätsregel zur Anwendung: "Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangordnung: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.

Demnach ist Österreich als Beschäftigungsstaat (vorrangig) zuständig. Da aber die in Rumänien als Wohnmitgliedstaat ausbezahlten Familienleistungen gemäß Art. 68 Abs. 2  der VO zu berücksichtigen sind, ist der Unterschiedsbetrag (Differenzzahlung) zu gewähren.  

Art. 59 DVO gelangt im Beschwerdefall aus nachstehenden Gründen nicht zur Anwendung:

Der EuGH hat in Rs C-255/99, Humer Slg 2002, I-1205 Rz 50 entschieden, dass Familienleistungen schon von ihrer Natur her nicht als Ansprüche betrachtet werden können, die einem Einzelnen unabhängig von seiner familiären Situation zustehen. Dies bedeutet, dass es nicht darauf ankommt, ob es sich bei dem Leistungsberechtigten um einen Familienangehörigen des Arbeitnehmers oder den Arbeitnehmer selbst handelt. Die Individualbetrachtung nur des Elternteils, der die Familienleistungen beanspruchen möchte, wird bei verheirateten oder in Lebensgemeinschaft lebenden Eltern abgelehnt (EuGH Rs C-543/03, Dodl und Oberhollenzer, Slg 2005, I-05049).

Art. 59 DVO gelangt nicht zur Anwendung, weil kein Zuständigkeitswechsel im November 2015 vorlag: Denn der die Familienleistung in Österreich auslösende Tatbestand der "Beschäftigung" iS Art. 68 Abs. 1 lit a VO ist prioritär gegenüber den die Familienleistungen in Rumänien auslösenden Tatbestand des "Wohnortes". Eine Zuständigkeitsänderung infolge Vorliegens zweier gleichrangiger Tatbestände liegt nicht vor.

Der Anspruch auf Familienleistungen in Österreich ist gemäß Art 11 Abs. 3 lit a der VO (EG) 883/2004 durch die (ausschließlich) selbständige Erwerbstätigkeit des Bf. in Österreich begründet. Es kommt daher Art. 68 lit b VO (EG) 883/2004 zur Anwendung, Österreich hat die Differenzzahlung für November 2015 zu leisten.

Angesichts der stattgebenden Erledigung war auf die vom Bf. vorgebrachten Argumente nicht weiter einzugehen.

Im Übrigen sei auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7100040/2015 (Abweisung der Beschwerde, infolge Zuständigkeitswechsels nach Art. 59 DVO) verwiesen. 

Der Beschwerde war stattzugeben, der angefochtene Bescheid aufzuheben.

4. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor, da primär eine Tatsachenfrage und nicht eine grundsätzliche Rechtsfrage zu klären war. Die aus dem festgestellten Sachverhalt abgeleiteten Rechtsfolgen ergeben sich unmittelbar durch die Anwendung der VO (EG) Nr. 883/2004 und der DVO EG Nr. 987/2009, sodass die ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Schlagworte
Differenzzahlung
Personenbetreuung
Zuständigkeitsänderung
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7101975.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at