Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.11.2016, RV/5101299/2015

Wahlrecht der Abgabenbehörde bei der Inanspruchnahme einer ertragsteuerlichen Pauschalierung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5101299/2015-RS1
Die Bestimmung des § 1 Abs 5 der LuF-PauschVO 2011, wonach aus der Veräußerung von forstwirtschaftlich genutzten Flächen entstehende Gewinne mit 35% des auf Grund und Boden, stehendes Holz und Jagdrecht entfallenden Veräußerungserlöses angenommen werden können, sofern dieser 250.000 Euro im Kalenderjahr nicht überschreitet, gewährt dem Veräußerer ein unbedingtes Wahlrecht dahingehend, ob er den Veräußerungserlös nach dieser Berechnungsmethode oder unter Zugrundelegung des tatsächlichen Veräußerungserlöses ermittelt. Die pauschale Gewinnermittlung nach der LuF-PauschVO 2011 ist auch dann zulässig, wenn der Abgabenbehörde die tatsächlichen Veräußerungserlöse bekannt sind und sich bei deren Ansatz eine höhere Bemessungsgrundlage ergäbe.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard Renner in der Beschwerdesache XY, vertreten durch Steuerbüro - Wirtschaftstreuhänder Mag. Ruth Vejvar - J. Haunschmid KG, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamts Freistadt Rohrbach Urfahr vom , betreffend Einkommensteuer für 2013 zu Recht erkannt:

Die Bemessungsgrundlagen sowie die Abgabenschuld betragen:


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Einkommen
19.980,75
Einkommensteuer
2.836,45
anrechenbare Lohnsteuer
- 1.822,26
Abgeführte Immobilienertragsteuer
- 617,00
Rundung
- 0,19
Einkommensteuer
397,00
Einkommensteuer laut angefochtenem Bescheid
2.343,00
Abgabengutschrift gegenüber angefochtenem Bescheid
1.946,00

Entscheidungsgründe

Verwaltungsgeschehen

(1) Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) erzielte im streitgegenständlichen Jahr 2013 nach der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft (LuF-PauschVO 2011, BGBl II 2010/471), ermittelte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie aus nichtselbständiger Arbeit.

(2) Im Rahmen der erstangeführten Einkunftsart erklärte er auch Einkünfte aus der Veräußerung von dem Betriebsvermögen zugehörigen Waldgrundstücken, für welche er einen Veräußerungserlös iHv 17.639 Euro erzielte. Laut einem von ihm vorgelegten, zwischen den Parteien des Beschwerdeverfahrens unstrittigen, am auf Inititative des Käufers erstellten, Bewertungsgutachten entfallen vom Gesamtkaufpreis 12.773,54 € auf den Wald (stehendes Holz), der restliche Betrag (4.865,16 €) auf das Grundstück. Der Bf ermittelte die sich aus dem Grundstücksverkauf ergebenden Einkünfte dahingehend, dass er von den laut Gutachten festgestellten Einkünften jene „auf Wald entfallend“ 35 % (4.470,74 €) als steuerpflichtig ansetzte und jene „auf Grundstück entfallend“ gemäß § 30 Abs 4 EStG 1988 iHv 14 % des auf das Grundstück entfallenden restlichen Kaufpreisanteils (681,16 €) ansetzte und darauf verwies, dass die vom Notar eingehobene und abgeführte Immobilienertragsteuer 617 € betragen habe.

(3) Im strittigen Einkommensteuerbescheid vom wurden in Abweichung von der Steuererklärung die vom Bf erzielten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft insgesamt mit 9.564,70 € angesetzt, die abgeführte Immobolienertragsteuer iHv 617 € auf die Abgabenschuld angerechnet und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die vom Bf angewendete Vorgangsweise, die auf die Veräußerung des Forstgrundstücks entfallenden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft aus einer Multiplikation des Wertes des Baumbestands mit 35 % zu ermitteln, sei grundsätzlich nicht richtig. Gemäß § 1 Abs 5 der LuF-PauschVO 2011kann“ (Anmerkung des erkennenden Richters: Hervorhebung durch die Abgabenbehörde) der Gewinn mit 35 % des Gesamtkaufpreises angenommen werden; im gegenständlichen Fall sei somit die Grundlage nicht 12.773,54 €, sondern 17.639 €. Da aber der Bestandeswert durch ein Gutachten ohnehin genauestens ermittelt worden sei, sei nach Ansicht der Finanzverwaltung die Pauschalregelung nicht mehr anzuwenden. Bei dieser handle es sich nicht um ein Wahlrecht des Abgabepflichtigen, welches jedenfalls anzuwenden sei, sondern nur um eine reine „Kann-Bestimmung“ für den Fall, dass der Kaufpreis nicht mittels eines Gutachtens in Bestandes- und Bodenwert aufgeteilt werde. Dadurch solle vermieden werden, dass dem Verkäufer durch die Anforderung eines Gutachtens durch die Finanzverwaltung weitere Kosten entstünden. Sofern bereits ein ohnehin erstelltes Gutachten vorliege, seien jedenfalls die darauf basierenden und idR genaueren Wertverhältnisse als Besteuerungsgrundlagen heranzuziehen.

Da ab auch die Erträge aus der Veräußerung von Grund und Boden steuerpflichtig seien, sei der auf Grund des vorliegenden Gutachtens ausgewiesene Bodenwert ebenfalls der Besteuerung zu unterwerfen gewesen. Dabei handle es sich um Einkünfte aus einer betrieblichen Grundstücksveräußerung, die dem besonderen Steuersatz von 25 % unterliege. Da die Liegenschaft unentgeltlich von den Eltern des Bf erworben worden sei, könne gemäß § 4 Abs 3a Z 3 lit a EStG 1988 die pauschale Gewinnermittlung iSd § 30 Abs 4 angewendet werden:


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Kaufpreis gesamt
17.639,00
abzüglich Bestandeswert
- 12.773,54
Anteil Grund und Boden
4.865,36
abzüglich pauschale Anschaffungskosten (§ 30 Abs 4 EStG 1988)
- 4.184,30
betrieblicher Substanzgewinn aus Liegenschaftsverkauf
681,16

(4) In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde vom führte der Bf aus:

§ 1 Abs 5 der LuF-PauschVO 2011 sei eine Kann-Bestimmung zugunsten des Steuerpflichtigen. Daraus könne nicht abgeleitet werden, dass diese nur für den Fall heranzuziehen sei, dass kein Gutachten vorliege. Diese Bestimmung gebe dem Steuerpflichtigen vielmehr ein Wahlrecht, entweder die pauschale Regelung in Anspruch zu nehmen oder, von sich aus, eine genaue gutachtliche Wertfeststellung vornehmen zu lassen. In diesem Sinn sprächen auch die EStR 2000 Rz 4195 von einem „Recht des Steuerpflichtigen, einen entsprechenden Nachweis über ein von den 35 % abweichendes Ausmaß vorzulegen“, nicht von einem Recht der Behörde. Die LuF-PauschVO 2011 sei in diesem Punkt keine amtliche Schätzungsrichtlinie, die nur zum Tragen komme, wenn das „richtige“ Ergebnis nicht feststehe, sondern ein echtes Wahlrecht des Steuerpflichtigen.

Für ein Wahlrecht auf pauschalen Ansatz, unabhängig von allenfalls genaueren Grundlagen, spreche auch der Umstand, dass diese Regelung auch für Betriebe gelte, die den Gewinn durch Buchführung oder vollständige Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelten. In beiden Fällen lägen zumindest durch die Anlagenverzeichnisse die historischen Anschaffungskosten getrennt nach Grund und Boden und stehendem Holz vor, im Falle der Bilanzierung unter Umständen sogar unter Ausweis des Zuwachses. Es wäre ein Leichtes, den Verkaufspreis für das stehende Holz durch Abzug des ortsüblichen Preises für den nackten (Wald)Grund und Boden zu ermitteln, vom Gesamtkaufpreis abzuziehen und den tatsächlichen Gewinn aus dem Holzzuwachs zu ermitteln. Diesen Weg habe der Gesetzgeber aber nicht gewählt, er sei in der LuF-PauschVO 2011 nicht vorgesehen.

Es liege im Wesen steuerlicher Pauschalierungen, aus Vereinfachungsgründen pauschale Ansätze zu ermöglichen, die aber grundsätzlich der Steuerpflichtige, nicht aber die Behörde, durch Nachweise entkräften könne. So kenne zB die Behörde bei einer Gastwirtepauschalierung aus der Umsatzsteuerabrechnung sehr genau das tatsächliche Ausmaß der Energie- und Raumkosten, trotzdem sei der Ansatz des 8 %-igen Pauschales durch den Steuerpflichtigen zulässig und könne von der Finanzbehörde nicht durch die tatsächlichen Kosten „ersetzt“ werden.

Im Falle der beantragten pauschalen Ermittlung der Einkünfte aus der Veräußerung des Waldes sei auch die Berechnung der Immobilienertragsteuer entsprechend anzupassen.

(5) Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde mit im wesentlichen folgender Begründung abgewiesen:

Die Bestimmung „können“ in § 1 Abs 5 der LuF-PauschVO 2006 (Anmerkung: diese Bestimmung ist in der Beschwerdevorentscheidung unter Anführung der geltenden Fassung BGBl II 258/2005 zitiert) impliziere, dass diese Bestimmung hinsichtlich der Anwendung der 35 %-Pauschale keine zwingende Rechtsnorm darstelle. Vielmehr werde es bei der Veräußerung von forstwirtschaftlichem Vermögen idR keine Anhaltspunkte/Vereinbarungen dafür geben, welcher Teil des Veräußerungserlöses auf den nackten Grund und Boden, auf stehendes Holz oder auch auf bestimmte Rechte (zB Jagdrechte) entfalle. Für genau solche Fälle sehe die Verordnung und auch die EStR 2000 Rz 4195 eine Vereinfachungsregel dahingehend vor, dass pauschal 35 % des Veräußerungserlöses als steuerpflichtiger Veräußerungserlös auf das stehende Holz/Jagdrecht angesetzt werden könnten. In erster Linie diene eine solche Vereinfachungsregel dem Abgabepflichtigen und der Abgabenbehörde dahingehend, dass nicht bei jedem Waldverkauf zwingend die einzelnen Positionen durch Sachverständigengutachten belegt werden müssten und damit einer gewissen Verwaltungsökonomie Rechnung getragen werde.

Im gegenständlichen Fall lägen unstrittig die tatsächlichen und durch ein Sachverständigengutachten untermauerten Veräußerungserlöse für das stehende Holz sowie den nackten Grund und Boden vor. Das Gutachten eines Sachverständigen bestehe in einer fachmännischen Beurteilung von Tatsachen und unterliege der freien Beweiswürdigung durch die Behörde, bei der von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen sei, sie gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich habe.

Für die Anwendung der Pauschalmethode bleibe kein Raum, da die tatsächlichen Veräußerungserlöse des stehenden Holzes feststünden.

(6) Im dagegen eingebrachten Vorlageantrag vom führte der Bf aus:

Unstrittig sei, dass die Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft einschließlich des strittigen Veräußerungsgewinnes auf der Grundlage der LuF-PauschVO 2011 erfolgen solle, die auf § 17 Abs 4 EStG 1988 basiere. § 17 EStG 1988 lege fest, dass unter gewissen Voraussetzungen die Gewinnermittlung mit pauschalen Methoden erfolgen könne und normiere weiters eine Verordnungsermächtigung, nach welcher für Gruppen von Steuerpflichtigen Durchschnittssätze zur Ermittlung des Gewinnes aufgestellt werden könnten. Das EStG 1988 ermögliche somit dem Steuerpflichtigen durch § 17 und die ergänzende Verordnung, anstelle einer „genaueren“ Gewinnermittlung eine pauschalierte durchzuführen. Es sei „in Lehre und Rechtsprechung unstrittig“, dass ein Steuerpflichtiger diese Methode anwenden könne, sofern er die in Gesetz und Verordnung normierten Voraussetzungen erfülle, er somit weder zur Buchführung verpflichtet sei noch freiwillig Bücher führe. Eine Bestimmung, dass die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen nur angewendet werden könne, wenn sich das Ergebnis nicht anders genauer ermitteln lasse, gebe es nicht und ein derartiger Sinn könne auch aus dem Gesetz nicht abgeleitet werden, denn es sei nur die Führung von Büchern schädlich, nicht aber eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung oder eine Option gemäß § 22 UStG. Auch eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gebe sehr exakt den tatsächlichen Gewinn an, wenn auch nicht periodenrein.

Der Abgabenbehörde sei beizupflichten, dass die Anwendung des 35 %-igen Pauschales nach § 1 Abs 5 LuF-PauschVO 2011 keine zwingende Rechtsnorm sei. Sie geben, da sie auf § 17 EStG 1988 basiere, dem Steuerpflichtigen eine Wahlmöglichkeit in die Hand und nicht der Behörde. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass es sich um eine Vereinfachungsregel handle, die im Einzelfall nicht „notwendig“ wäre. Auch das Argument, dass ein Gutachten eines Sachverständigen der freien Beweiswürdigung der Behörde unterliege, gehe ins Leere. Diese Frage würde sich nur dann stellen, wenn der Bf nicht das Pauschale zur Berechnung des steuerpflichtigen Veräußerungserlöses herangezogen hätte, sondern das Gutachten des Sachverständigen.

Der Entscheidung zu Grunde gelegter Sachverhalt

(7) Der Bf, der die von ihm erzielten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nach den Bestimmungen der LuF-PauschVO 2011 ermittelt, veräußerte im beschwerdegegenständlichen Jahr drei, dem Betriebsvermögen zugehörige,  Parzellen an Waldgrundstücken um einen Gesamtpreis von 17.639 Euro, der sich laut einem vom Käufer in Auftrag gegebenen Bewertungsgutachten aus einem Bodenwert von insgesamt 4.865,16 Euro und einem Bestandswert (stehendes Holz) von insgesamt 12.773,54 Euro zusammensetzte unter Anwendung der Bestimmung des § 1 Abs 5 LuF-PauschVO 2011.

Der Bf ermittelte die sich aus dem Grundstücksverkauf ergebenden Einkünfte dahingehend, dass er von den laut Gutachten festgestellten Einkünften jene „auf Wald entfallend“ 35 % (4.470,74 €) als steuerpflichtig ansetzte und jene „auf Grundstück entfallend“ gemäß § 30 Abs 4 EStG 1988 iHv 14 % des auf das Grundstück entfallenden restlichen Kaufpreisanteils (681,16 €) ansetzte und darauf verwies, dass die vom Notar eingehobene und abgeführte Immobilienertragsteuer 617 € betragen habe.

Beweiswürdigung

(8) Der unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus den im Akt der belangten Behörde, dem Bundesfinanzgericht übermittelten, Unterlagen. Insbesondere sind die Werte des anlässlich des Verkaufes erstellten Gutachtens sowie der Veräußerungserlös unstrittig.

Rechtslage

(9) Gemäß § 17 Abs 1 EStG 1988 können die Betriebsausgaben bestimmter Einkunftsarten mit einem Durchschnittssatz ermittelt werden.

Gemäß § 17 Abs 4 EStG 1988 können für die Ermittlung des Gewinnes mit Verordnung des Bundesministers für Finanzen Durchschnittssätze für Gruppen von Steuerpflichtigen aufgestellt werden. Die Durchschnittssätze sind auf Grund von Erfahrungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse bei der jeweiligen Gruppe von Steuerpflichtigen festzusetzen. Solche Durchschnittssätze sind nur für Fälle aufzustellen, in denen weder eine Buchführungspflicht besteht noch ordnungsmäßige Bücher geführt werden, die eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ermöglichen.

(10) Gemäß § 1 Abs 1 der LuF-PauschVO 2011 kann der Gewinn eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, dessen Inhaber hinsichtlich dieses Betriebes weder zur Buchführung verpflichtet ist noch freiwillig Bücher führt, nach den Bestimmungen dieser Verordnung ermittelt werden. Dabei ist die Anwendung der Verordnung nur auf den gesamten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zulässig. Eine Anwendung auf bloß einzelne Betriebszweige oder einzelne betriebliche Teiltätigkeiten ist unzulässig.

Gemäß § 1 Abs 5 der LuF-PauschVO 2011 können (Anmerkung: Hervorhebung durch den erkennenden Richter) aus der Veräußerung von forstwirtschaftlich genutzten Flächen entstehende Gewinne mit 35% des auf Grund und Boden, stehendes Holz und Jagdrecht entfallenden Veräußerungserlöses angenommen werden, sofern dieser 250.000 Euro im Kalenderjahr nicht überschreitet. Dies gilt auch für Betriebe, deren Gewinn durch Buchführung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 oder vollständige Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelt wird.

Erwägungen

(11) Strittig ist die Ermittlung des Gewinnes aus dem Veräußerungserlös dreier forstwirtschaftlicher genutzter Grundstücke aus dem Betriebsvermögen des vom Bf geführten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Dabei ist insbesondere die Frage von Relevanz, ob der sich auf die Art der Zulässigkeit der Gewinnermittlung der Veräußerung derartiger Grundstücke beziehende Ausdruck „kann“ in § 1 Abs 5 erster Satz der LuF-PauschVO 2011 nicht nur dem veräußernden und aus dieser Transaktion den entsprechenden Gewinn ermittelnden Steuerpflichtigen, sondern auch der Abgabenbehörde, insbesondere auch gegen den Willen des Steuerpflichtigen, ein dahingehendes Wahlrecht einräumt, eben diesen Gewinn pauschal nach der in § 1 Abs 5 erster Satz der LuF-PauschVO 2011 vorgesehenen Methode oder unter Zugrundelegung des tatsächlichen Veräußerungserlöses zu ermitteln (vgl dazu dem Grunde nach auch Leyrer, Waldverkäufe als Grundstücksveräußerung, SWK 2016, 1396 [1396]).

(12) Wie sowohl der Bf als auch die belangte Abgabenbehörde trotz ihrer im Übrigen unterschiedlichen Rechtsstandpunkte offenbar einhellig vertreten, sind pauschale Gewinnermittlungen eine Vereinfachungsregel. Eine solche bringt es als eine Art Schätzungsmethode mit sich, dass sie mit gewissen Unsicherheitsfaktoren und sein kann und die Genauigkeit gegenüber einer rechnerisch exakten Gewinnermittlung in den Hintergrund tritt.

Insbesondere die Abgabenbehörde hat darauf verwiesen, dass eine derartige Regelung dem Abgabepflichtigen und der Abgabenbehörde dahingehend diene, dass nicht bei jedem Waldverkauf zwingend die einzelnen Positionen durch Sachverständigengutachten belegt werden müssten und damit einer gewissen Verwaltungsökonomie Rechnung getragen werde. Die belangte Abgabenbehörde leitet aus dieser ihrer Ansicht offenbar den Schluss ab, dass in Fällen, in denen sie, aus welchen Gründen immer, sie von den tatsächlichen Werten Kenntnis erlangt, es dem Abgabepflichtigen verwehrt sei, das Wahlrecht einer pauschalen Wertermittlung in Anspruch nehmen, zumal auf diese Weise einer genauen Gewinnermittlung zum Durchbruch verholfen würde.

(13) Dem ist Folgendes entgegenzuhalten: Der Textierung sämtlicher Pauschalierungsregeln des Einkommensteuerrechts und insbesondere auch nicht jener des § 1 Abs 5 erster Satz der LuF-PauschVO 2011 (Anmerkung des erkennenden Richters: im Übrigen auch nicht der Textierung des § 1 Abs 5 erster Satz der unsoweit inhaltslgleichen LuF-PauschVO 2005, welche die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung offenbar irrtümlich als maßgebliche Rechtsnorm herangezogen hat), lässt sich nicht entnehmen, dass in Fällen, in denen dem Abgabepflichtigen und/oder der Abgabenbehörde genauere Bemessungsgrundlagen für die Gewinnermittlung in der Tat zur Verfügung stehen, eine gesetzlich oder mittels Verordnung vorgesehene Pauschalierungsmethode nicht möglich wäre, räumt derartige Regeln doch, wie erwähnt und auch vom Bf zutreffend eingewendet, dem Abgabepflichtigen ein diesbezügliches Wahlrecht ein.

(14) Diese Ansicht wird durch die nachfolgend zitierte Judikatur untermauert, auch wenn diese nicht zur LuF-PauschVO ergangen ist.

So hat der VwGH im Erkenntnis vom , 2008/15/0333 (vgl dazu Renner, Doch kein Freibetrag für investierte Gewinne bei Basispauschalierung, SWK 12/2009, S 434) zum Ausdruck gebracht, dass grundsätzlich jede Pauschalierungsregelung „zwangsläufig Elemente einer Begünstigung" enthalte (Verweis auf Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG12, § 17 Tz 5 sowie Renner, Basispauschalierung und Freibetrag für investierte Gewinne, SWK 19/2008, S 517). Nach „allgemeiner Erfahrung“ nähmen Steuerpflichtige, welche die Möglichkeit zur Pauschalierung hätten, dennoch eine Gewinnermittlung nach allgemeinen Grundsätzen vor und entschieden nach Ablauf eines Jahres, ob sie von der Pauschalierung Gebrauch machten. Es sei daher „geradezu vom Zweck der Pauschalierungsregelungen umfasst, dem Steuerpflichtigen die Möglichkeiten zu bieten, die jeweils steuerlich günstigere Variante zu wählen" (Verweis auf das VwGH-Erkenntnis vom , 99/15/0143, zur Basispauschalierung).

Dem Erkenntnis lässt sich als allgemeiner Grundsatz entnehmen, dass eine Pauschalierung trotz der offenbar notorischen Tatsache, dass der sie in Anspruch nehmende Steuerpflichtige gleichsam eine „Kontrollrechnung“ durchführt, um zu entscheiden, nach welcher Methode er letztlich seinen Gewinn gewissermaßen „steueroptimal“ ermittelt, zulässig ist und zwar jedenfalls auch dann, wenn eine andere, genauere, Ermittlung zu einem für ihn nachteiligen Ergebnis führt.

(15) Im Ergebnis nicht anders ist jedoch der gegenständliche Fall gelegen: der Steuerpflichtige hat sich in Ausübung seines Wahlrechtes, ob er den Gewinn aus dem Verkauf der drei Waldparzellen pauschal oder aus der Ableitung der konkreten Verkaufspreise ermittelt, für eine pauschalierte Ermittlung des Gewinnes aus der Veräußerung forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke entschieden, obwohl ihm der tatsächliche, höhere, Gewinn bekannt war und er ihn sogar der Abgabenbehörde bekanntgegeben hat. Die Rechtslage, im gegenständlichen Fall die LuF-PauschVO 2011, bietet der Abgabenbehörde keine Möglichkeit, davon grundsätzlich abzuweichen, sieht man von einer Überprüfung der Richtigkeit der angewendeten Methode ab. Die von der Abgabenbehörde zutreffend erkannte Fragwürdigkeit der Anwendbarkeit einer (begünstigenden) Pauschalregelung trotz Evidenz der tatsächlichen Verhältnisse liegt zwar auf der Hand, allerdings sind nach dem Legalitätsprinzip sowohl die Abgabenbehörde als auch das Verwaltungsgericht daran gebunden. Dass die offenkundig, im Vergleich zu anderen Einkunftsarten, begünstigenden Regelungen der LuF-PauschVO an sich jedoch nicht verfassungswidrig sind (zu Bedenken vgl zutreffend Kofler/Schellmann, SPRW A Steu 1/2011, 89 ff), hat der VfGH bereits entschieden (vgl das Erkenntnis vom , B 539/12).

(16) Nach Ansicht des erkennenden Richters lässt sich, worauf auch der Bf hingewiesen hat, in Bezug auf die Gewinnermittlungsart ein unbedingtes Wahlrecht des Forstflächen veräußernden Steuerpflichtigen auch aus den EStR 2000 ableiten: Gemäß deren Rz 4195 kann bis zu einem sich aus allen Veräußerungsgeschäften des Kalenderjahres ergebenden Veräußerungserlös von 250.000 Euro der Gewinn aus diesen Veräußerungsgeschäften mit 35% des auf Grund und Boden, stehendes Holz und Jagdrecht entfallenden Veräußerungserlöses pauschal ermittelt werden; das Recht des Steuerpflichtigen, einen vom pauschal ermittelten Veräußerungsgewinn abweichenden Veräußerungsgewinn nachzuweisen, bleibt unberührt.

(17) Der Bf hat allerdings, worauf die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides vom zutreffend hinweist (vgl oben Pkt 3.), in zulässiger Anwendung der pauschalierten Gewinnermittlung die Bemessungsgrundlagen der gegenständlichen Grundstückstransaktion unzutreffend ermittelt. Dies bedeutet somit, dass bei zulässiger Anwendung der gemäß § 1 Abs 5 LuF-PauschVO 2011 die maßgebliche Bemessungsgrundlage nicht 12.773,54 €, sondern 17.639 €, also den Gesamtverkaufspreis beträgt.

(18) Wie dem steuerlichen Vertreter des Bf seitens des erkennenden Richters mitgeteilt (Mail vom ) und von diesem zustimmend zur Kenntnis genommen, ermitteln sich demnach die Bemessungsgrundlagen aus dem Grundstücksverkauf bzw die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft wie in der Beilage, welche einen integrierenden Bestandteil dieses Erkenntnisses bildet, dargestellt.

Zulässigkeit einer Revision

(19) Gegen ein Erke nntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall ergibt sich die Zulässigkeit der Inanspruchnahme der pauschalierten Ermittlung der Einkünfte aus der Veräußerung von dem Betriebsvermögen zugehörigen Grundstücken durch den veräußernden Steuerpflichtigen, und somit die vom Bg herangezogene Berechnungsmethode, unmittelbar aus der LuF-PauschVO 2011. Damit steht aber auch  - trotz fehlender einschlägiger Rechtsprechung - eindeutig fest, dass, von der Korrektur der Berechnungsgrundlagen abgesehen, der Abgabenbehörde kein Recht zukommt, anstelle der pauchalen Wertzermittlung den tatsächlichen Veräußerungserlös anzusetzen. Einer oedentliche Revision an den VwGH ist daher nicht zulässig. 

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 17 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Abs. 5 LuF-PauschVO 2011, Durchschnittssätze für die Gewinnermittlung Land- und Forstwirtschaft, BGBl. II Nr. 471/2010
Verweise
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.5101299.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at