Studienbeginn nach Vollendung des 19. Lebensjahres
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. A**** in der Beschwerdesache B****, Adresse, gegen den Abweisungsbescheid des Finanzamt Graz-Stadt vom , betreffend Gewährung der Familienbeihilfe zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag um Gewährung der Familienbeihilfe ab Jänner 2014 ab.
Zur Begründung wurde in diesem Bescheid im Wesentlichen ausgeführt:
.... Eine Verlängerung des FB-Anspruches bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres sei nach § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 nur dann möglich, wenn das Kind das Studium bis zu dem Kalenderjahr begonnen habe, in dem es das 19. Lebensjahr vollendet habe, und wenn die gesetzliche Studiendauer bis zum ehestmöglichen Abschluss mindestens 10 Semester betrage, und die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten werde.
Mit Eingabe vom ersuchte die Beschwerdeführerin um Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte als Begründung zusammenfassend aus:
Meine Tochter hatte keine Möglichkeit hatte, ihr Studium in dem Kalenderjahr, in dem sie ihr 19. Lebensjahr vollendete, zu beginnen. Sie wurde auch 2 Monate zu früh geboren, besuchte von 1996 bis 2000 die VS, von 2000-2004 die MHS und von 2004 bis 2009 BAKIP Graz. Außerdem sei dieses Gesetz (FLAG § 2 Abs. 1 lit. j) diskriminierend für Jugendliche wie ihrer Tochter.
Über die Beschwerde wurde erwogen
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt die Gewährung der Familienbeihilfe ab Jänner 2014 mit der Begründung ab, dass gemäß § 2 Abs. 1 lit. b des FLAG 1967 in der Fassung des BudBG 2011 die Altersgrenze für den Bezug der FB und damit auch für den Anspruch auf den KAB, mit Gültigkeit Juli 2011 (bei Nichtvorliegen eines Verlängerungstatbestandes) bis zum Zeitpunkt der Vollendung des 24. LJ des Kindes herabgesetzt wurde.
Die Tochter der Beschwerdeführerin würde die Tatbestandsmerkmale des Verlängerungstatbestandes gemäß § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 insofern nicht erfüllen, als sie das Studium nicht spätestens bis zur Vollendung des 19. Lebensjahr begonnen habe.
Die Beschwerdeführerin argumentiert dagegen, dass ihre Tochter keine Möglichkeit hatte, ihr Studium in dem Kalenderjahr, in dem sie ihr 19. Lebensjahr vollendete, zu beginnen. Außerdem sei dieses Gesetz (FLAG § 2 Abs. 1 lit. j) diskriminierend für Jugendliche wie ihrer Tochter.
Der Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus der obigen Darstellung des Verwaltungsgeschehens. Demnach hat die am TT.MM.JJJJ geborene Tochter der Beschwerdeführerin seit dem Wintersemester 2009/10 – demnach ab dem Jahr der Vollendung ihres 19. Lebensjahres – an der Medizinischen Universität Graz das Studium der Humanmedizin betrieben.
Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 idF des BudBG 2011, BGBl I 2010/111 lautet:
„Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl Nr 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. .... „
Mit dem BudBG 2011 wurde somit die Altersgrenze bis zu der bei Vorliegen einer Berufsausbildung FB bezogen werden kann - mit Wirksamkeit - auf das 24. Lebensjahr herabgesetzt. Auf Grund der bis Juni 2011 geltenden Regelung konnte FB bis zum 25. Lebensjahr bezogen werden.
Ebenso wurde mit BudBG 2011 in § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 (gleichfalls mit Geltung ab Juli 2011) ein neuer Verlängerungstatbestand für Studien eingeführt, die eine lange Studiendauer aufweisen. Diese Bestimmung lautet :
Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie
aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und
bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und
cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird.
Die Tochter der Beschwerdeführerin hat das Studium erst nach Vollendung ihres 19. Lebensjahres begonnen. Sie hat damit das eben zitierte Tatbestandsmerkmal der sublit. aa) des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 – nämlich Beginn eines „langen Studiums“ spätestens bis zum Kalenderjahr der Vollendung des 19. Lebensjahres – nicht erfüllt, was auch die Beschwerdeführerin selbst nicht bestreitet.
Sie wendet dagegen sinngemäß ein, dass rückwirkende Änderungen von gesetzlichen Bestimmungen zu Ungunsten von Beihilfenbeziehern nicht zulässig und daher diskriminierend seien. Dem ist Folgendes entgegen zu halten:
Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom , G 6/11 und G 28/11, zur Einschränkung in der Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967, dass das Kind das Studium bis zum Kalenderjahr der Vollendung des 19. Lebensjahres beginnen müsse ausgeführt, dass es generell keine Verpflichtung des Gesetzgebers gebe, überhaupt eine Ausnahmeregelung wie jene des § 2 Abs. 1 lit j leg. cit. vorzusehen. Wenn er sie dennoch verfügt, hat er sie sachlich auszugestalten. Das Erfordernis, dass das Studium bis zu jenem Kalenderjahr begonnen werden muss, in dem das volljährige Kind das 19. Lebensjahr vollendet hat (sublit. aa) decke den typischen Fall ab. Dem Gesetzgeber ist es gestattet, einfache und leicht handhabbare Regelungen zu treffen und von einer Durchschnittsbetrachtung auszugehen. Dass dabei Härtefälle entstehen können, macht für sich allein eine Regelung nicht unsachlich. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, auf alle Fallkonstellationen Bedacht zu nehmen, die einen späteren Studienbeginn zur Folge haben können, zumal bei späterem Studienbeginn der Beihilfenanspruch nicht zur Gänze wegfällt, sondern sich die Anspruchsdauer lediglich verkürzt.
Der VfGH ist in diesem Erkenntnis darüber hinaus zur Auffassung gelangt, dass die besagte Herabsetzung der Altersgrenze für den FB-Bezug durch das BudBG 2011 nicht verfassungswidrig ist, weil es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt, die Altersgrenze nach Maßgabe familienpolitischer Zielsetzungen und budgetärer Bedeckungsmöglichkeiten hinauf oder wieder herab zu setzen. Auch verstößt die neue Regelung nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, weil es bei der Familienbeihilfe hauptsächlich um abgabenfinanzierte Transferleistungen geht, bei denen ein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen auf unveränderten Fortbestand grundsätzlich nicht besteht.
Auf Grund dieses VfGH-Erkenntnisses treffen die von der Beschwerdeführerin geäußerten Bedenken gegen die Zulässigkeit der Änderung der angeführten gesetzlichen Bestimmungen nicht zu. Die Einschränkungen in der Dauer des FB-Bezuges und die besagte Ausnahmeregelung für „lange Studien“ sind demnach ab geltendes und in allen Fällen anzuwendendes Recht.
Zur Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. j leg. cit. ist auszuführen, dass die sublit aa) bis cc) durch "und" verbunden sind und somit die darin aufgezählten Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen (siehe RV/0965-G/11, und vom , RV/1289-L/12). Die Tochter der Beschwerdeführerin hat im Jahr 2008 ihr 19. Lebensjahr vollendet und im Wintersemester 2009/2010 das oben angeführte Studium begonnen. Im Beschwerdefall ist somit das Tatbestandsmerkmal des Beginnes eines „langen Studiums“ spätestens im Kalenderjahr der Vollendung des 19. Lebensjahres – sublit. aa) des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 - nicht erfüllt. Aus diesem Grund bedarf es keiner weiteren Prüfung ob die übrigen in der genannten Ausnahmebestimmung normierten Voraussetzungen überhaupt vorliegen würden. Der Beihilfenanspruch beschränkt sich somit nach den Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. b leg. cit. auf Zeit bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres des Kindes.
Aus diesen Gründen bestand im Beschwerdefall für Vorname ab Geltung der durch das BudBG 2011 geänderten, oben angeführten Regelungen des FLAG 1967 kein Anspruch mehr auf Familienbeihilfe.
Der Beschwerde konnte aus diesen Gründen kein Erfolg beschieden sein.
Zulässigkeit einer Revision:
Unter welchen Voraussetzungen eine Verlängerung des FB- bzw. des KAB-Bezuges gem. § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres des Kindes möglich ist, ergibt sich einerseits unmittelbar aus der insoweit klaren und eindeutigen gesetzlichen Regelung und ist andererseits auch ausreichend durch die oben angeführte Judikatur geklärt. Das gegenständliche Erkenntnis des BFG ist somit nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängig, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Gegen dieses Erkenntnis ist daher gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 in Verbindung mit Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine (ordentliche) Revision beim Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | G 6/11 VfGH, G 28/11 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.2100179.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at