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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.12.2016, RV/6100138/2015

Verlustabzug nach § 18 Abs. 6 EStG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin IBV in der Beschwerdesache Bf, abc, vertreten durch StbGmbH, xyz, über die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 des Finanzamtes vom zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf) machte in der Einkommensteuererklärung 2013 einen Verlustabzug in Höhe von 168.589,54 Euro als Sonderausgabe geltend.

Im Einkommensteuerbescheid 2013 vom wurde ein Verlustabzug in Höhe von 9.639,71 Euro als Sonderausgabe anerkannt. 

Gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 brachte die Bf wegen der teilweisen Nichtberücksichtigung des geltend gemachten Verlustvortrages fristgerecht Beschwerde ein und begründete diese wie folgt:

Als Gesamtrechtsnachfolgerin nach dem am 07/2011 verstorbenen A stehe ihr ein Verlustabzug in Höhe von 218.262,63 Euro zu. A habe über ältere Verlustvorträge als sie selbst verfügt. Es seien daher in der Reihenfolge der Verwertung der Verlustvorträge zuerst die ältesten Verlustvorträge und somit jene des A zu berücksichtigen. Bei dieser Vorgangsweise sei zusätzlich bis auf das Jahr 2011 zurück zu rechnen. Für 2011 habe die Bf Verluste des A in Höhe von 6.819,34 Euro, für 2012 solche in Höhe von 18.785,97 Euro und für 2013 solche in Höhe von 19.124,19 Euro verbraucht, sodass für sie für die Jahre 2014 ff noch eigene Verlustvorträge in Höhe von 44.733,50 Euro verbleiben würden. Es sei daher für das Jahr 2013 der auf sie als Gesamtrechtsnachfolgerin nach A übergegangene Verlustabzug in Höhe von 19.124,19 Euro der Berechnung zugrunde zu legen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2013 abgeändert und unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2010/15/0131, 2011/15/0143, Folgendes ausgeführt:

In dem genannten Erkenntnis vertrete der Verwaltungsgerichtshof – entgegen EStR 2000 Rz 4534 und 4535 -, dass die bloße Stellung des Erben als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers ohne Übernahme des verlusterzeugenden Betriebes nicht dazu führe, dass noch offene Verlustvorträge des Erblassers auf den Erben übergingen. Daraus lasse sich ableiten, dass noch nicht aufgebrauchte Verlustvorträge des Erblassers allenfalls nur dann auf den Erben übergehen könnten, wenn dieser den verlustverursachenden Betrieb zu Buchwerten übernehme. Da im vorliegenden Fall der verlusterzeugende Betrieb noch zu Lebzeiten des Erblassers aufgegeben worden sei, sei eine Übernahme der Verlustvorträge nicht möglich.

Dagegen beantragte die Bf die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht:

A sei am 07/2011 verstorben. Die Verlassenschaft nach A sei mit Einantwortungsbeschluss vom an die Bf eingeantwortet worden. Mit dieser Einantwortung habe sie auch die Verlustvorträge des A übernommen. Die Verwertung von Verlustvorträgen habe nach dem Alter der Verlustvorträge zu erfolgen. A habe die älteren Verlustvorträge als sie gehabt. Sie habe daher in den Jahren 2011 und 2012 Verlustvorträge verwertet, welche sie im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens von A übernommen habe. Dadurch seien ihre eigenen Verlustvorträge erhalten geblieben und würden diese per 46.717,73 Euro betragen. Auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben könnte das in der Beschwerdevorentscheidung zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht dazu führen, dass ihr die ererbten und in den Einkommensteuerbescheiden 2011 und 2012 angerechneten Verlustabzüge des A wieder „weggenommen“ würden.

In einem Schriftsatz vom wurde unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2015/15/0003, mitgeteilt, dass der entschiedene Sachverhalt nicht mit dem gegenständlichen Sachverhalt ident sei. In der gegenständlichen Beschwerde gehe es darum, dass in rechtskräftigen Steuerbescheiden Verlustvorträge aus der Verlassenschaft nach A verwertet worden seien und dadurch eigene Verlustvorträge der Bf im Betrag von 46.717,73 erhalten geblieben seien.

Dazu wird erwogen:

1 gesetzliche Grundlagen:

Nach § 18 Abs. 6 EStG 1988 sind Verluste als Sonderausgaben abzuziehen, die in einem vorangegangenen Jahr entstanden sind (Verlustabzug). Dies gilt nur,

- wenn die Verluste durch ordnungsmäßige Buchführung ermittelt worden sind und

- soweit die Verluste nicht bereits bei der Veranlagung für die vorangegangenen Kalenderjahre berücksichtigt wurden.

Die Höhe des Verlustes ist nach den §§ 4 bis 14 zu ermitteln.

Sind bei Ermittlung des Einkommens Verluste zu berücksichtigen, die in den vorangegangenen Jahren entstanden sind, gilt nach § 2 Abs. 2b Z 2 Satz 1 EStG 1988 in der für das Streitjahr 2013 gültigen Fassung, dass vortragsfähige Verluste im Sinne des § 18 Abs. 6 und 7 nur im Ausmaß von 75 % des Gesamtbetrages der Einkünfte abgezogen werden können (Vortragsgrenze).

Gemäß § 2a erster Satz BAO gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren der belangten Abgabenbehörden gelten.

Nach § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.

Als Beweismittel im Abgabenverfahren kommt gemäß § 166 BAO alles in Betracht, was zu Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

Nach § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

2 Sachverhalt samt Beweiswürdigung:

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob es sich bei den in den rechtskräftigen Einkommensteuerbescheiden 2011 und 2012 angesetzten Verlustabzügen um eine Verwertung von abzugsfähigen Verlusten aus dem verlusterzeugenden Betrieb des A (Erblasser) oder aus dem verlusterzeugenden Betrieb der Bf (Erbin) handelt.

Es handelt sich dabei um eine Tatfrage, welche unter Beachtung der §§ 115 Abs. 1, 166 sowie 167 BAO zu klären ist.

Im Abgabenverfahren besteht nach § 115 Abs. 1 BAO die amtswegige Ermittlungspflicht; die materielle Wahrheit ist zu erforschen, wobei die Grundsätze des § 167 Abs. 2 BAO zu beachten sind.

Nach dem in § 167 Abs. 2 BAO verankerten Grundsatz der freien Beweiswürdigung hat die Abgabenbehörde und in der Folge das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Die dazu vorzunehmende Beweiswürdigung muss den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (, , ).

Als Beweismittel stehen dem Bundesfinanzgericht neben den schriftlichen Aussgen der Bf zur Klärung der angesprochenen Tatfrage die Einkommensteuererklärungen der Bf für die Jahre 2010 bis 2013, die an die Bf erlassenen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2008 bis 2013, die an A erlassenen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1994 bis 2011 und der Einantwortungsbeschluss in der Verlassenschaftssache A zur Verfügung. Diesen Unterlagen ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Laut Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichtes B vom verstarb A am 07/2011 und die Verlassenschaft des A wurde der Bf zur Gänze eingeantwortet. A war somit unbestrittenermaßen Erblasser und die Bf die Alleinerbin des Nachlasses von A.

Laut dem an die Bf erlassenen, rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid 2008 vom wurden von der Bf in den Jahren 1992 bis 1999 vortragsfähige Verluste aus Gewerbebetrieb in Höhe von 3.261.788,-- S erzielt (1992: 19.570,-- S, 1993: 261.028,-- S, 1994: 313.580,-- S, 1995: 529.424,-- S, 1996: 451.136,-- S, 1997: 1.016.048,-- S, 1998: 268.319,-- S und 1999: 402.683,-- S). In den Veranlagungsjahren 2000 und 2001 erfolgte ein Verlustabzug in Höhe von 290.298,-- S und 223.149,-- S, sodass für 2002 ein offener Verlustabzug von 2.748.341,-- S (= 199.729,73 Euro) verblieb. In den Jahren 2002 bis 2007 wurden folgende Beträge als Verlustabzug berücksichtigt: 2002: 16.323,69 Euro, 2003: 16.645,65 Euro, 2004: 16.376,04 Euro, 2005: 16.361,46 Euro, 2006: 16.762,50 Euro und 2007: 17.043,03 Euro. Für 2008 verblieb der Bf somit ein noch offener Verlustabzug von 100.217,36 Euro aus den von ihr in den Jahren 1992 bis 1999 erlittenen Verlusten.

Im Einkommensteuerbescheid 2008 fand ein Betrag von 17.441,85 Euro, im Einkommensteuerbescheid 2009 ein Betrag von 17.894,70 Euro, im Einkommensteuerbescheid 2010 ein Betrag von 18.163,08 Euro, im Einkommensteuerbescheid 2011 ein Betrag von 18.292,05 Euro, im Einkommensteuerbescheid 2012 ein Betrag von 18.785,97 Euro und im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2013 ein Betrag von 9.639,71 Euro als Verlustabzug (Sonderausgabe) Berücksichtigung.

Aus der jeweiligen Begründung und dem Spruch der Einkommensteuerbescheide 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013 lässt sich rechnerisch unter Anwendung allgemeiner (im vorliegenden Fall mathematischer) Denkgesetze ableiten, dass in diesen Bescheiden jeweils der - nach Berücksichtigung des im vorangegangenen rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid angesetzten Verlustabzuges - verbleibende Rest der ursprünglich in den Jahren 1992 bis 1999 von der Bf erlittenen, für die Bf als vortragsfähige angesehenen Verluste aus Gewerbebetrieb für die Berechnung des im jeweiligen Veranlagungsjahr vorzunehmenden Verlustabzuges herangezogen wurde.

So ist der Begründung des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides 2010 zu entnehmen, dass für die Veranlagung zur Einkommensteuer 2010 ein offener Verlustvortrag in Höhe von 64.880,81 Euro zur Verfügung stand. Dieser Betrag ergibt sich, wenn man von dem für 2008 noch offenen Verlustabzug von 100.217,36 Euro laut rechtskräftigem Einkommensteuerbescheid 2008, die tatsächlich in den rechtskräftigen Einkommensteuerbescheiden 2008 und 2009 angesetzten Verlustabzügen in Höhe von 17.441,85 Euro und 17.894,70 Euro abzieht. Für das Veranlagungsjahr 2011 verblieb laut Begründung des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides 2010 ein vortragsfähiger, noch nicht verrechneter Verlust von 46.717,73 Euro (= 64.880,81 Euro abzüglich 18.163,08 Euro (Verlustabzug 2010)). In den rechtskräftigen Einkommensteuerbescheiden 2011 und 2012 wird jeweils auf den für das vorhergehende Veranlagungsjahr ergangenen Einkommensteuerbescheid verwiesen und im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2013 wiederum rechnerisch dargestellt, dass für das Veranlagungsjahr 2012 ein Restbetrag von 28.425,68 Euro zur Verfügung stand (= 46.717,73 Euro abzüglich 18.292,05 Euro (Verlustabzug 2011)). Für das Veranlagungsjahr 2013 verblieb somit nach Berücksichtigung des Verlustabzuges 2012 in Höhe von 18.785,97 Euro laut der Berechnung des Finanzamtes ein Restbetrag von 9.639,71 Euro.

Es ist somit an dieser Stelle festzuhalten, dass nach der bisherigen Sachverhaltsermittlung samt Beweiswürdigung das Finanzamt in den Einkommensteuerbescheiden 2008 bis 2013 rechnerisch nachvollziehbar jeweils einen Verlustabzug aufgrund der von der Bf persönlich in den Jahren 1992 bis 1999 ursprünglich erlittenen, vortragsfähigen und noch nicht verrechneten Verluste aus Gewerbebetrieb ansetzte und dass vom Finanzamt in den Einkommensteuerbescheiden 2011, 2012 und 2013 ein Verlustabzug aus Verlusten, die der am 07/2011 verstorbene A zu seinen Lebzeiten erlitt, nicht mitberücksichtigt wurde.

Die Bf machte in der am beim Finanzamt eingereichten Einkommensteuererklärung 2010 einen Verlustabzug von 105.964,50 Euro, in der am beim Finanzamt eingereichten Einkommensteuererklärung 2011 einen vortragsfähigen Verlust in Höhe von 87.781,42 Euro und in der am beim Finanzamt eingereichten Einkommensteuererklärung 2012 einen vortragsfähigen Verlust von 69.489,37 Euro als Sonderausgabe geltend. In der am beim Finanzamt eingereichten Einkommensteuererklärung 2013 wies die Bf einen vortragsfähigen Verlust in Höhe von 168.589,54 Euro unter den Sonderausgaben aus.

Die Bf verringerte somit in der Einkommensteuererklärung 2011 den von ihr berechneten vortragsfähigen Verlust um 18.183,08 Euro gegenüber der Vorerklärung, der im Einkommensteuerbescheid 2010 berücksichtigte Verlustabzug beträgt 18.163,08 Euro (die Differenz von 20,-- Euro wird als ein nach allgemeiner Lebenserfahrung durchaus vorkommender Berechnungs- oder Übertragungsfehler gesehen). In der Einkommensteuererklärung 2012 verringerte sie den von der Bf berechneten vortragsfähigen Verlust um 18.292,05 Euro, dies entspricht dem im Einkommensteuerbescheid 2011 berücksichtigten Verlustabzug von 18.292,05 Euro. Die Bf setzte somit in den Einkommensteuererklärungen 2011 und 2012 jeweils den aus ihrer Sicht nach dem für das vorangegangenen Veranlagungsjahr rechtskräftig angesetzten Verlustabzug verbleibenden Rest der von ihr persönlich ursprünglich in den Jahren 1992 bis 1999 erlittenen, noch nicht verrechneten Verluste als noch vortragsfähigen Verlust an. Dieser betrug aus ihrer damaligen Sicht für das Jahr 2012 noch 69.489,37 Euro.

Demgegenüber machte die Bf in der Einkommensteuererklärung 2013 einen vortragsfähige Verlust von 168.589,54 Euro geltend, somit einen um 99.100,17 Euro höheren Betrag als in der Einkommensteuererklärung 2012. Dies obwohl nach Berücksichtigung des im Einkommensteuerbescheides 2012 angesetzten Verlustabzuges von 18.785,97 Euro laut ihrer bisherigen, eigenen Berechnung lediglich ein Restbetrag von 50.703,40 Euro (der von ihr persönlich in den Jahren 1992 bis 199 erzielten, bisher noch nicht verrechneten Verluste) als vortragsfähig verblieben wäre. Bei dem Differenzbetrag von 117.886,14 Euro handelt es sich laut den Ausführungen in der gegenständlichen Beschwerde um den – wie im Vergleich zu den Vorerklärungen nach den allgemeinen Denkgesetzen festgestellt werden kann - erstmaligen Ansatz von aus der Sicht der Bf verrechenbarer Verluste, welche A zu seinen Lebzeiten erwirtschaftete bzw. erlitt und nicht mehr verrechnen konnte.

Aus den für die Veranlagungsjahre 2010, 2011, 2012 und 2013 von der Bf eingereichten Einkommensteuererklärungen lässt sich somit rechnerisch unter Anwendung allgemeiner (im vorliegenden Fall mathematischer) Denkgesetze ableiten, dass die Bf in den Einkommensteuererklärungen 2010, 2011 und 2012 ausschließlich von ihr persönlich in den Jahren 1992 bis 1999 erlittenen Verluste als Sonderausgabe in Form eines Verlustabzuges geltend machte und erstmals in der Einkommensteuererklärung 2013 die aus ihrer Sicht verrechenbaren Verluste, die A zu seinen Lebzeiten erlitt und nicht mehr verrechnen konnte, als Sonderausgabe geltend machte.

Am Rande angemerkt wird in diesem Zusammenhang, dass laut den seit dem Veranlagungsjahr 1994 dem Bundesfinanzgericht zur Verfügung stehenden Einkommensteuerbescheiden des A dieser tatsächlich in den Veranlagungsjahre 1994 bis 2002 wegen Verlusten aus Einkünften aus Gewerbebetrieb ausschließlich negative Gesamtbeträge der Einkünfte und zwar allein in den Veranlagungsjahren 1994 bis 1998 (1994: 507.426,-- S, 1995: 529.424,-- S, 1996: 1.073.746,-- S 1997: 1.016.048,-- S und 1998: 268.320,-- S) in Summe 3.394.964,-- S (lt. Schilling-Euro Rechner 246.721,66 Euro) erzielte. Im Einkommensteuerbescheid 2003 wurde erstmals ein positiver Gesamtbetrag der Einkünfte erzielt. In den Veranlagungsjahren 2003 bis 2011 wurden sodann folgende Verlustabzüge berücksichtigt: 2003: 47.412,85 Euro, 2004: 18.959,49 Euro, 2005: 18.928,71 Euro, 2006: 19.329,75 Euro, 2007: 19.610,37 Euro, 2008: 20.025,63 Euro, 2009: 20.551,23 Euro, 2010: 20.859,48 Euro und 2011: 11.472,71 Euro. Dies ergibt in Summe 197.150,22 Euro. Das Vorhandensein von Verlusten, die A erwirtschaftete und die zu Lebzeiten des A nicht verrechnet werden konnten, wird dadurch eindeutig bestätigt; der von der Bf erstmalig in der Einkommensteuererklärung 2013 vorgenommene Ansatz von vortragsfähigen Verlusten, welche A erlitt, findet somit darin Deckung.

Aufgrund sämtlicher vorstehender Ausführungen musste das Bundesfinanzgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass in den rechtskräftigen Einkommensteuerbescheiden 2011 und 2012 tatsächlich jeweils der Verlustabzug aufgrund der von der Bf persönlich ursprünglich in den Jahren 1992 bis 1999 erlittenen Verluste aus Gewerbebetrieb als Sonderausgaben angesetzt wurde. Es kam in den rechtskräftigen Einkommensteuerbescheiden 2011 und 2012 auch aufgrund der von der Bf eingereichten Einkommensteuererklärungen tatsächlich ausschließlich zu einer Verwertung von abzugsfähigen Verlusten aus dem verlusterzeugenden Betrieb der Bf (Erbin) und nicht zu einer Verwertung von abzugsfähigen Verlusten aus dem verlusterzeugenden Betrieb des A (Erblasser).

Abschließend ist noch festzuhalten, dass A laut den an ihn ergangenen Einkommensteuerbescheiden im Veranlagungsjahr 2003 erstmalig Pensionseinkünfte ausbezahlt bekam und jedenfalls im Veranlagungsjahr 2005 keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb mehr bezog, sodass die Bf anlässlich seines Todes im Jahr 2011 keinen Betrieb von A übernahm. Diese Tatsache wurde bereits in der Beschwerdevorentscheidung vom festgehalten und blieb von der Bf auch unbestritten.

Im Vorlageantrag vom und im Schriftsatz vom wurde von Seiten der Bf auch die Richtigkeit der vom Finanzamt in den an sie ergangenen Einkommensteuerbescheiden erfolgte Darstellung der aus ihrem eigenen Betrieb bereits verrechneten Verluste  und des verbleibenden Restes bestätigt, indem die eigenen, noch verbliebenen Verlustvorträge der Bf (vor der Veranlagung zur Einkommensteuer 2011 und 2012) mit 46.717,73 Euro beziffert wurden.

3 rechtliche Würdigung:

Der Verlustabzug ist – unter Beachtung der von 2001 bis einschließlich 2013 geltenden Verrechnungsgrenze des § 2 Abs. 2b EStG 1988 - von Amts wegen im ersten Jahr vorzunehmen, in welchem der Gesamtbetrag der Einkünfte nach Abzug der anderen Sonderabgaben einen positiven Betrag ergibt. Ein allfälliger Rest ist bei Vorliegen hinreichender Einkünfte im jeweils nächstfolgenden Jahr abzuziehen. Ein Wahlrecht des Abgabepflichtigen, in welchem Jahr der Verlustabzug berücksichtigt werden soll, besteht nicht. Der Verlustabzug ist somit zwingend, sobald als möglich, und im größtmöglichen Umfang vorzunehmen. (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, Rz 282/2 zu § 18, Wiesner/Grabner/Wanke, EStG, Anm 190 zu § 18, , , )

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird im Einkommensteuerbescheid des Verlustjahres die Höhe eines Verlustes mit rechtskraftfähiger Wirkung festgesetzt. Es wird damit im Sinne des § 92 Abs. 1 lit. b BAO eine abgabenrechtlich bedeutsame Tatsache festgestellt. Der Ausspruch eines Verlustes im Einkommensteuerbescheid wirkt auf ein späteres Verlustabzugsverfahren derart ein, dass der ursprüngliche Verlustausspruch für den nachfolgenden Verlustvortrag betragsmäßig verbindlich wird. (, ).

Grundsätzlich nichts anderes gilt für den Umfang des Abzuges im jeweiligen auf die Entstehung des Verlustes folgenden Jahre: Auch der Verlustbetrag, der im jeweiligen Einkommensteuerbescheid als Sonderausgabe berücksichtigt worden ist, stellt eine abgabenrechtlich bedeutsame Tatsache dar, über die mit Bindungswirkung für weitere Folgejahre entschieden wird. (, ).

Der Verlustabzug steht dem Steuerpflichtigen zu, der den Verlust erwirtschaftet hat. Persönlich vortragsberechtigt ist grundsätzlich nur die Person, die den Verlust erlitten hat. Auch im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge (Erbfolge) geht der Verlustabzug nach § 18 Abs. 6 und 7 EStG jedenfalls dann, wenn der Erbe nicht auch der Betriebsnachfolger ist, nicht auf den oder die Erben über wie sich aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt:

Der Verwaltungsgerichtshof ging (bereits) in älterer Rechtsprechung von der Höchstpersönlichkeit des Verlustabzuges aus und verwehrte dementsprechend den Übergang des Verlustabzuges auf den Erben. (, , ).

Im Erkenntnis vom , 90/14/0095, verwehrte der Verwaltungsgerichtshof den Übergang des Verlustabzuges auf den Erben unter Hinweis auf den im Einkommensteuergesetz geltenden Grundsatz der Individualbesteuerung.

Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2010/15/0131, findet sich die Anmerkung, es sei ausgeschlossen, dass ein Steuerpflichtiger, auf den der verlusterzeugende Betrieb nicht übergegangen ist, bloß aufgrund seiner Stellung als Erbe Verluste des Erblassers bei der Ermittlung seines Einkommens als Verlustvorträge im Sinne des § 18 Abs. 6 und 7 EStG 1988 geltend machen kann. Der Verwaltungsgerichthof verweist diesbezüglich auf seine Erkenntnisse vom , 84/13/0251, , und vom , 90/14/0095 und zusätzlich auf das Erkenntnis des BFH vom , GrS 2/04. Der Verwaltungsgerichtshof hält im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 248/87, auch ausdrücklich fest, dass der Fall einer unentgeltlichen Betriebsübernahme durch den Erben zu Buchwerten im Sinne des § 6 Z. 9 lit. a EStG 1988 im gegenständlichen Fall nicht vorliegt.

Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2015/15/0003, verdeutlicht der Verwaltungsgerichtshof zuletzt seine bisherigen Aussagen und stellt auch deren dogmatische Grundlagen dar: Ob eine steuerrechtliche Position (hier: Recht auf Verlustabzug) auf einen Rechtsnachfolger übergeht, kann sich weder aus den zivilrechtlichen Regelungen über die Gesamtrechtsnachfolge noch aus der Regelung des § 19 BAO ergeben. Es kommt ausschließlich darauf an, was das materielle Steuerrecht anordnet. Für die Frage des Verlustübergangs ist also ausschließlich zu prüfen, ob das materielle Steuerrecht einen solchen (ausdrücklich oder erschließbar) anordnet. (vgl. Zorn in RdW 2016,770)

Das Einkommensteuergesetz ist laut dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2015/15/0003, vom Grundsatz der Individualbesteuerung geprägt. Bei der Einkommensteuer geht es um die Besteuerung der im Einkommen zu Tage tretenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die persönliche Steuerpflicht erstreckt sich auf die Lebenszeit der Person, sie endet mit ihrem Tod. Das Einkommensteuerrecht enthält in verschiedenen Zusammenhängen Regelungen, die eine Rechtsnachfolge berücksichtigen. Zum Verlustabzug enthält das Einkommensteuerrecht aber keine Nachfolgeregelung. Der Verlustabzug ist ein Hilfsmittel, die engen Schranken der im EStG 1988 normierten Kalenderjahrbesteuerung zu überspringen. Er dient dazu, zu verhindern, dass der Steuerpflichtige Einkommen zu versteuern hat, obwohl er in der Vergangenheit einen Verlustüberhang erlitten hat. Eine steuersubjektübergreifende Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit ist aber nicht geboten, da Verluste die der Rechtsvorgänger erlitten hat, im allgemeinen nicht die Leistungsfähigkeit des Rechtsnachfolgers beeinträchtigen. Jedenfalls dann, wenn der Erbe nicht auch der Betriebsnachfolger ist, ist eine Nachfolgeregelung betreffend den Verlustabzug auch nicht zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich bedenklichen Ungleichbehandlung erforderlich. Dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 248/87, ist nicht zu entnehmen, dass eine Gleichbehandlung des Erben mit dem Erblasser dann verfassungsrechtlich geboten wäre, wenn der Erbe – wie auch bereits der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes – keinen Betrieb mehr fortführt.

Entsprechend den vorstehenden Rechtsausführungen steht somit der Bf als Erbin, auf die der verlusterzeugende, im Zeitpunkt des Todes des Erblassers A von diesem nicht mehr geführte Betrieb nicht übergegangen ist, das Recht auf Abzug der noch nicht verrechneten Verluste des Erblassers A nach § 18 Abs. 6 EStG 1988 nicht zu.

Dementsprechend berücksichtigte auch das Finanzamt im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer 2011 und 2012 die noch nicht verrechneten Verluste des A zu Recht nicht ( wie der Sachverhaltsdarstellung unter Pkt. 2 zu entnehmen ist) als Verlustabzug im Sinne des § 18 Abs. 6 EStG 1988.

Der nach rechtskräftiger Veranlagung zur Einkommensteuer 2010 verbliebene vortragfähige, noch nicht verrechnete Verlust aus dem eigenen Betrieb der Bf in Höhe von 46.717,73 Euro wurde daher richtigerweise in den Veranlagungsjahren 2011 und 2012 als Verlustabzug im Sinne des § 18 Abs. 6 EStG 1988 berücksichtigt, sodass im Einkommensteuerbescheid 2013 – wie der Sachverhaltsdarstellung unter Pkt. 2 zu entnehmen ist - ein Restbetrag von 9.639,71 Euro als Sonderausgabe nach § 18 Abs. 6 EStG 1988 abzuziehen war.

Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 war somit abzuweisen.

4 Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Soweit Rechtsfragen im gegenständlichen Verfahren entscheidungserheblich sind, sind diese durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2015/15/0003, geklärt worden. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist somit nicht zulässig.

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.6100138.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at