1. Haftung 2. Buchhalter betraut 3. Überwachungsverschulden
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch R in der Beschwerdesache P., (Bf.)vertreten durch Mag. Martin Kranich Rechtsanwalt, Hutweidengasse 22/Top4, 1190 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Haftungsbescheid vom wurde der Bf. gemäß §§ 9, 80 BAO für offene Abgabenschuldigkeiten der Firma E.CoKG, im Ausmaß von 61.346,67 Euro in Anspruch genommen und aufgefordert, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.
Die Haftung wurde hinsichtlich folgender Abgabenschuldigkeiten geltend gemacht:
Abgabenart Zeitraum Höhe in Euro
Umsatzsteuer 09/2013 3.896,30
Umsatzsteuer 10/2013 4.259,26
Umsatzsteuer 11/2013 5.062,75
Umsatzsteuer 12/2013 10.667,60
Umsatzsteuer 01/2014 5.727,98
Umsatzsteuer 02/2014 2.950,50
Umsatzsteuer 03/2014 6.796,87
Umsatzsteuer 04/2014 1.412,20
Umsatzsteuer 05/2014 208,37
Umsatzsteuer 06/2014 12,17
Lohnsteuer 2011 28,85
Lohnsteuer 2012 1.727,41
Lohnsteuer 2013 9.036,34
Lohnsteuer 02/2014 146,80
Lohnsteuer 03/2014 228,19
Lohnsteuer 04/2014 293,63
Lohnsteuer 05/2014 531,61
Lohnsteuer 06/2014 358,94
Dienstgeberbeitrag 2011 239,70
Dienstgeberbeitrag 2012 2.165,90
Dienstgeberbeitrag 2013 3.566,57
Dienstgeberbeitrag 02/2014 184,22
Dienstgeberbeitrag 03/2014 226,29
Dienstgeberbeitrag 04/2014 265,49
Dienstgeberbeitrag 05/2014 343,34
Dienstgeberbeitrag 06/2014 277,66
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2011 44,41
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2012 211,77
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2013 348,73
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 02/2014 18,01
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 03/2014 22,13
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 04/2014 25,96
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 05/2014 33,57
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 06/2014 27,15
Zur Begründung wurde ausgeführt:
Gem. § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch
sie vertretenen Abgabenpflichtigen, für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die
Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht
eingebracht werden können. Nach § 80 Abs. 1 leg. cit. haben die zur Vertretung
juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen
Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen.
Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie
verwalten, entrichtet werden.
Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen nur dann zur Haftungsinanspruchnahme, wenn die Verletzung schuldhaft erfolgte.
Eine bestimmte Schuldform ist hiefür nicht erforderlich (2.8.
96/14/0158; ; ).
Es reicht leichte Fahrlässigkeit aus.
Die genannten Beträge sind bei der E.CoKG als uneinbringlich anzusehen. Dies ergibt sich zweifelsfrei daraus, dass mit Beschluss des Landesgerichtes X vom 2015 das Konkursverfahren gemäß § 123 lO mangels kostendeckendem Vermögen rechtskräftig mit Datum2015 aufgehoben wurde. Die rechtskräftige Bestätigung des Konkursverfahrens des Primärschuldners steht der Haftungsinanspruchnahme nicht entgegen (z.B. ; ).
Der Geschäftsführer haftet für die nicht entrichtete Umsatzsteuer der Gesellschaft auch
dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass
er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten.
Unterbleibt der Nachweis, können ihm die uneinbringlichen Abgaben zur Gänze
vorgeschrieben werden ().
Wurden unbestritten erzielte Einnahmen nicht zumindest anteilsmäßig auch zur
Abstattung der Abgabenschuldigkeiten herangezogen, kann von einer die Haftung
auslösenden Benachteiligung des Abgabengläubigers ausgegangen werden.
Die Haftung erfährt dann eine Einschränkung auf den Benachteiligungsbetrag, wenn der Haftende den Nachweis erbringt, welcher Abgabenbetrag auch bei einer
gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger uneinbringlich geworden wäre (ohne diesen
Nachweis haftet er für den Gesamtbetrag der uneinbringlich gewordenen
Abgabenschuldigkeiten). Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung gilt auch für
Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich waren
(Barzahlung von Wirtschaftsgütern, Zug um Zug Geschäfte).
Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der Abgabenvorschriften zu entrichten gewesen wären (z.B. ; ; ).
Eine Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz besteht für Abfuhrabgaben, nämlich für die Kapitalertragsteuer (), Beträge gemäß § 99 EStG 1988 und hier die Lohnsteuer.
Der Geschäftsführer haftet für die nicht entrichtete Lohnsteuer, weil diesfalls nur eine vom Arbeitnehmer geschuldete Abgabe einzubehalten und abzuführen gewesen ist.
Reichen die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen
vereinbarten Arbeitslohnes nicht aus, so hat er die Lohnsteuer von dem tatsächlichen
zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten (ä 78
Abs.3 EstG 1988). In solchen Fällen dürfen Löhne somit nicht in voller Höhe ausbezahlt
werden und sind sie (wie auch andere Schuldigkeiten) anteilig zu kürzen; die auf den
gekürzten Lohnbetrag entfallende Lohnsteuer ist zur Gänze zu entrichten (vgl. 2B.
).
Persönliche Umstände des Haftenden sind im Rahmen der Ermessensübung zur
Geltendmachung der Haftung nicht maßgeblich ().
Der Vertreter hat für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens
vorzusorgen (zB. ). lhm obliegt kein negativer Beweis,
sondern die konkrete (schlüssige) Darstellung der Gründe, die etwa der rechtzeitigen
Abgabenentrichtung entgegenstanden ().
Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre (§ 9 Abs. 1 BAO) ().
Die vorgelegten Unterlagen waren nicht geeignet, den Nachweis der
Gläubigergleichbehandlung zu erbringen, da daraus nicht hervorgeht, in welcher Höhe
die vorhandenen Mittel zur Verfügung standen und wie sie verwendet wurden.
Als schuldhaft im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO gilt jede Form des Verschuldens. Der Grad
des Verschuldens ist irrelevant (leichteste Fahrlässigkeit genügt). Nach der
Rechtsprechung ist im Falle, dass eine Pflicht nicht erfüllt wurde, die Verschuldensvermutung gegeben.
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Dagegen richtet sich die Beschwerde vom in der wir folgt ausgeführt wird:
"Der Betroffene bestreitet die Höhe der Abgabe und beantragt die Zustellung der Bescheide zu seinen Handen. Den Betroffenen trifft an der Nichtentrichtung der Abgaben kein Verschulden, dies aus mehreren Gründen. Den Abgabepflichtigen trifft kein Verschulden an der Nichtabführung der Abgaben bis September 2013. Er hat die gesamte Lohnverrechnung einem professionellen und gewissenhaften Bilanzbuchhalter überlassen und in der Zeit, während er selbst die Geschäfte der E.CoKG geführt hat, alle laufenden Abgaben zeitgerecht abgeführt.
Beweis: PV, O.S.
Der Abgabenpflichtige hat im September 2013 seine gesamten Aufgaben an einen Mitarbeiter der E.CoKG übertragen. Er hat darauf vertraut, dass dieser das Geschäft ordnungsgemäß führen und die laufenden Abgaben entrichten werde. Da er keinen Anlass hatte an der Sorgfältigkeit des Herrn L zu zweifeln, trifft ihn kein Verschulden an der Nichtentrichtung der Abgaben.
Beweis: PV, M.L.
Der Geschäftsbetrieb und die Zahlungen wurden im Mai 2014 eingestellt. Den Abgabepflichtigen trifft daher keinesfalls ein Verschulden für die Abgaben aus dieser Zeit, weil auch die Löhne und Gehälter nicht ausbezahlt wurden und auch sonst keine Mittel für die Entrichtung der Abgaben zur Verfügung standen. Beweis: PV, M.L."
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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen und dies wie folgt begründet:
"Der Bf. war ab Firmengründung vom 2008 bis zur Konkurseröffnung am 2014 eingetragener Geschäftsführer der Ltd (Company No. 1234 ), welche wiederum seit 2008 als unbeschränkt haftende Komplementärin der E.CoKG im Firmenbuch eingetragen ist. Am Datum2015 wurde mit Beschluss des Landesgerichtes X das Konkursverfahren gegen die Primärschuldnerin gemäß § 123a IO, mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig aufgehoben. Seitens des Finanzamtes wurde am ein Haftungsprüfungsvorhalt mit angeschlossenen haftungsgegenständlichen Abgabenbescheiden erlassen und dieser mittels Schreiben vom dahingehend beantwortet, dass lediglich ein ärztlicher Kurzbefund übermittelt wurde. Am erließ das Finanzamt den streitgegenständlichen Haftungsbescheid. Gegen diesen Bescheid erhob die Partei das Rechtsmittel der Beschwerde.
Dieser Sachverhalt war unter Berücksichtigung der Beschwerdeeinwendungen rechtlich zu
würdigen wie folgt:
Wie bereits im Haftungsbescheid ausgeführt, haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen gemäß § 80 Abs. 1 BAO alle Pflichten zu erfüllen, die den von Ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln die sie verwalten, entrichtet werden
Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung. Voraussetzung ist die objektive
Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben bei der Primärschuldnerin im Zeitpunkt der
Inanspruchnahme des Haftenden. Im gegenständlichen Fall steht diese Uneinbringlichkeit nach Aufhebung des Konkursverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens betreffend die Primärschuldnerin am Datum2015 objektiv fest.
Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen nur dann zur Haftungsinanspruchnahme, wenn die Verletzung schuldhaft erfolgte. Eine bestimmte Schuldform ist hierfür nicht erforderlich. Daher reicht leichte Fahrlässigkeit.
In der Beschwerde wird der Haftungsbescheid beeinsprucht und damit begründet, dass den Beschwerdeführer kein Verschulden träfe, da er die gesamte Lohnverrechnung einem professionellen und gewissenhaften Bilanzbuchhalter überlassen habe, während er selbst die Geschäfte der E.CoKG geführt habe. Im Weiteren habe er ab September 2013 seine gesamten Aufgaben an einen Mitarbeiter der Firma übertragen und da es keinen Anlass gegeben habe an dessen Sorgfalt zu zweifeln, habe er darauf vertraut, dass dieser die Geschäfte ordnungsgemäß führen und die laufenden Abgaben entrichten werde. Dazu ist seitens des Finanzamtes zu entgegnen, dass der Bf. im genannten Zeitraum alleiniger Geschäftsführer der Ltd, welche wiederum als Komplementärin der E.CoKG fungierte, gewesen ist. Ein Fall der Agendenverteilung unter mehreren handelsrechtlichen Geschäftsführern liegt sohin nicht vor. Die Betrauung Dritter, wie im vorliegenden Fall die Betreuung eines Bilanzbuchhalters bzw. eines Mitarbeiters mit der Wahrnehmung der Abgabenangelegenheiten befreit den Geschäftsführer nicht davon, den Dritten zumindest in solchen Abständen zu überwachen, die ausschließen, dass dem Geschäftsführer Abgabenrückstände verborgen bleiben. Unterbleibt die Überwachung, liegt eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers vor. Dass der Bf. dieser Überwachungspfiicht nicht nachgekommen ist, hat er selbst mit der Beschwerdeausführung, er habe sich nur um die Geschäfte der Primärschuldnerin gekümmert und ab September 2013 die gesamten Aufgaben übergeben und auf die Einhaltung der Abgabenpflichten vertraut, dargelegt. Zum Vorwurf, dass der Geschäftsbetrieb im Mai 2014 eingestellte und aus dieser Zeit weder Löhne und Gehälter ausbezahlt worden seien und auch sonst keine Mittel für die Entrichtung von Abgaben zur Verfügung gestanden haben, kann Folgendes ausgeführt werden: Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Vertreter. Hatte der Geschäftsführer Gesellschaftsmittel zur Verfügung, die zur Befriedigung sämtlicher Schulden der Gesellschaft nicht ausreichten, so ist er für die Umsatzsteuer, Dienstgeberbeiträge und Dienstnehmerzuschläge nur dann haftungsfrei, wenn er nachweist dass die noch vorhandenen Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden. Unterbleibt dieser Nachweis können ihm die uneinbringlichen Abgaben zur Gänze vorgeschrieben werden. Es besteht somit für den Vertreter eine qualifizierte Mitwirkungspflicht in der Form, dass dieser im Haftungsverfahren die Gleichbehandlung aller Gläubiger ziffernmäßig darzustellen hat. Den Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger fallbezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, führte der Bf. trotz Aufforderung im Haftungsvorhalt vom 26.032015, nicht aus. Das pauschale Vorbringen der Betriebseinstellung im Mai 2014 und Nichtauszahlung von Löhnen und Gehältern sowie fehlender Mittel für die Entrichtung von Abgaben genügt der ihm obliegenden Behauptungs- und Beweislast jedenfalls nicht. Zur Haftungsinanspruchnahme für die Lohnsteuer ist auf § 79 Abs. 1 EStG zu verweisen, demzufolge der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, spätestens am fünfzehnten Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag an das Finanzamt abzuführen hat. Wird die Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, so ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Primärschuldnerin von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen Es fällt nämlich einem Vertreter im Sinne der §§ 80 ff BAO als Verschulden zur Last, wenn er Löhne auszahlt, aber die darauf entfallende Lohnsteuer nicht an das Finanzamt entrichtet. Es stellt somit jede Zahlung voller vereinbarter Löhne, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel für die darauf entfallende Lohnsteuer nicht ausreichen, eine schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten dar. Auch hier konnte die allgemeine Berufungseinwendung die Partei nicht entschulden. Die Behörde gelangt daher zur Ansicht, dass die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin auf ein schuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers zurückzuführen ist, sodass die Abgabenbehörde davon ausgehen darf, dass seine Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der Abgaben war.
Gehen einem Haftungsbescheid Abgabenbescheide voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diese Bescheide zu halten. Im Haftungsverfahren ist die Richtigkeit vorliegender Abgabenbescheide nicht zu überprüfen.
Die Frage, ob überhaupt ein Abgabenanspruch gegeben ist, ist als Vorfrage im
Haftungsverfahren nach § 9 BAO nur dann zu beantworten, wenn zuvor kein eine
Bindungswirkung auslösender Abgabenbescheid oder Haftungsbescheid zur Lohnsteuer oder Kapitalertragsteuer ergangen ist.
Hierzu bestreitet der Beschwerdeführer allgemein die Höhe der Abgabe und beantragt die
Zustellung der Bescheide zu eigenen Handen.
Aus dem Akteninhalt kann entnommen werden, dass die bestrittenen Abgabenbescheide im Zuge des Haftungsvorhaltes gegenüber dem Beschwerdeführer ergangen sind
Im Beschwerdeverfahren gegen den Haftungsbescheid, können solange die fälligen Abgaben dem Rechtsbestand angehören, wie dies gegenständlich der Fall ist, Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung nicht mit Erfolg erhoben
werden Hierfür steht nur das Rechtsmittel betreffend den Bescheid über den Abgabenanspruch zur Verfügung.
Die Geltendmachung der Haftung im Sinne des § 9 BAO liegt im Ermessen der
Abgabenbehörde, das sich innerhalb der vom Gesetz aufgezeigten Grenzen des § 20 BAO zu halten hat. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen Dem Gesetzesbegriff Billigkeit‘ ist dabei berechtigtes Interesse der Partei, dem Gesetzesbegriff Zweckmäßigkeit das öffentliche Anliegen an der Einbringung der Abgaben mit allen gesetzlich vorgesehenen Mitteln und Möglichkeiten beizumessen.
Gründe für ein Absehen von der Geltendmachung der Haftung als Ausfluss des Ermessens lagen im gegenständlichen Fall nicht vor, sodass das Finanzamt mit Recht den
Zweckmäßigkeitsüberlegungen den Vorrang gegenüber einer allfälligen Billigkeit einräumte, da die Geltendmachung eine geeignete Maßnahme war um den Abgabenausfall zu verhindern."
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Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom mit der Beantragung der Vorlage an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Voraussetzung für die Geltendmachung einer Haftung nach § 9 BAO sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (), die Stellung als Vertreter, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ( ).
Da nach § 9 Abs. 1 BAO eine Ausfallshaftung vorliegt, ist festzustellen, dass d ie objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben bei der Primärschuldnerin im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Bf. gegeben ist.
Am Datum2015 wurde mit Beschluss des Landesgerichtes X das Konkursverfahren gegen die Primärschuldnerin gemäß § 123a IO, mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig aufgehoben.
Die unbestrittene Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten steht aufgrund des Beschlusses des Handelsgerichtes Wien nach Aufhebung des Konkursverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens betreffend die Primärschuldnerin am Datum2015 objektiv fest.
Der Bf. war ab Firmengründung vom 2008 bis zur Konkurseröffnung am 2014 eingetragener Geschäftsführer der Ltd (Company No. 1234 ), welche wiederum seit 2008 als unbeschränkt haftende Komplementärin der E.CoKG im Firmenbuch eingetragen ist.
Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.
Daraus ist abzuleiten, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.
Nur schuldhafte Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen zur Haftungsinanspruchnahme. Eine bestimmte Schuldform ist jedoch nicht gefordert, weshalb auch leichte Fahrlässigkeit genügt (z. B. , , 95/15/0137). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinn des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Unterbleibt der Nachweis, kann die Behörde die uneinbringlichen Abgaben dem Vertreter zur Gänze vorschreiben (). Dem Vertreter obliegt dabei kein negativer Beweis, sondern die konkrete (schlüssige) Darstellung der Gründe, die zB. der gebotenen rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegenstanden (). Dem Vertreter obliegt es, entsprechende Beweisvorsorgen – etwa durch Erstellung und Aufbewahrung von Ausdrucken – zu treffen.
Zur schuldhaften Pflichtverletzung ist in rechtlicher Hinsicht fallbezogen auszuführen und zum Sachverhalt festzustellen:
Gemäß § 21 Abs. 1 UStG hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuß unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Als Voranmeldung gilt auch eine berichtigte Voranmeldung, sofern sie bis zu dem im ersten Satz angegebenen Tag eingereicht wird. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.
Die Umsatzsteuervorauszahlung für 9/2013 wurde bei Fälligkeit am lediglich gemeldet, jedoch nicht entrichtet.
Die Umsatzsteuervorauszahlung für 10/2013 wurde bei Fälligkeit am lediglich gemeldet, jedoch nicht entrichtet.
Die Umsatzsteuervorauszahlung für 11/2013 wurde bei Fälligkeit am lediglich gemeldet, jedoch nicht entrichtet.
Die Umsatzsteuervorauszahlung für 12/2013 wurde bereits verspätet am bekannt gegeben, jedoch nicht entrichtet.
Die Umsatzsteuervorauszahlung für 1/2014 wurde am gemeldet, jedoch nicht entrichtet.
Die Umsatzsteuervorauszahlung für 2/2014 wurde bei Fälligkeit am lediglich gemeldet, jedoch nicht entrichtet.
Die Umsatzsteuervorauszahlung für 3/2014 wurde bei Fälligkeit am lediglich gemeldet, jedoch nicht entrichtet
Die Umsatzsteuervorauszahlung für 4/2014 wurde bei Fälligkeit am lediglich gemeldet, jedoch nicht entrichtet
Die Umsatzsteuervorauszahlungen für 5/2014 und 6/2014 wurden wegen Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen mit je € 2.000,00 geschätzt (Bescheide vom ). Mit Buchungstag erfolgte eine Herabsetzung auf Zahllasten von Umsatzsteuer 05/2014 € 208,37 und Umsatzsteuer 06/2014 € 12,17.
Die Umsatzsteuervorauszahlungen wurden demnach bei Fälligkeit nicht entrichtet, damit liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung vor.
Gemäß § 79 Abs. 1 EStG hat der Arbeitgeber hat die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen.
Gemäß § 43 Abs. 1 FLAG ist der Dienstgeberbeitrag für jeden Monat bis spätestens zum 15. Tag des nachfolgenden Monats an das Finanzamt zu entrichten. Arbeitslöhne, die regelmäßig wiederkehrend bis zum 15. Tag eines Kalendermonats für das vorangegangene Kalendermonat gewährt werden, sind dem vorangegangenen Kalendermonat zuzurechnen. Werden Arbeitslöhne für das Vorjahr nach dem 15. Jänner bis zum 15. Februar ausgezahlt, ist der Dienstgeberbeitrag bis zum 15. Februar abzuführen. Die sachliche Zuständigkeit richtet sich nach den für die Abfuhr der Lohnsteuer maßgebenden Vorschriften. Für die Erhebung des Dienstgeberbeitrages ist örtlich das Wohnsitz-, Betriebs- oder Lagefinanzamt zuständig, wobei der Dienstgeberbeitrag in den Fällen, in denen der Dienstgeber im Bundesgebiet keine Betriebsstätte (§ 81 des Einkommensteuergesetzes 1988) hat, an das Finanzamt zu leisten ist, in dessen Bereich der Dienstnehmer überwiegend beschäftigt ist.
Für den Zeitraum bis wurde eine Lohnsteuerprüfung abgehalten, deren Ergebnisse zu Abfuhrdifferenzen im Bericht vom festgehalten sind.
In den Prüfungszeiträumen 2011, 2012 und 2013 wurden nur für einige Monate jeweils lohnabhängige Abgaben gemeldet, für die Mehrzahl der Monate fehlte bei Fälligkeit der Abgaben nicht nur deren Zahlung, sondern auch die Meldung deren Höhe. Für die Monate 2, 3, 4 und 5/2014 wurden die Abgaben bei Fälligkeit zwar gemeldet, jedoch nicht entrichtet. Für den Monat 6/2014 erfolgte die Festsetzung im Zuge der Prüfung.
Am ging zuletzt eine Überweisung von € 360,08 auf dem Abgabenkonto ein.
Am hat der Bf. vor dem Landesgericht X angegeben, dass er und der gewerberechtliche Geschäftsführer nach wie vor beschäftigt seien. Im ersten Bericht des Masseverwalters vom wird festgehalten, dass die wirtschaftliche Grundlage für die Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit dem Unternehmen Mitte August 2014 bereits gefehlt habe und die Tätigkeit eingestellt worden sei. Die Dienstverhältnisse seien in der Folge gelöst worden.
In der Beschwerdeschrift wird zunächst die Zustellung der bezughabenden Bescheide begehrt. Dazu ist festzuhalten, dass dem Bf. vor Erlassung des Haftungsbescheides von der Abgabenbehörde persönlich ein Haftungsprüfungsvorhalt vom zugestellt wurde und diesem Vorhalt der Lohnsteuerprüfungsbericht und die Bescheide beigelegt waren.
Mit dem Beschwerdevorbringen wendet sich der Bf. gegen das Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung indem er einerseits vorbringt, die Lohnsteuerberechnung an Professionisten vergeben zu haben und zudem im September 2013 seine gesamten Aufgaben an einen namentlich genannten Mitarbeiter der E.CoKG übertragen zu haben.
Den Geschäftsführer einer Gesellschaft, deren Abgaben nicht entrichtet wurden und uneinbringlich geworden sind, trifft im Haftungsverfahren die Obliegenheit darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf. Im Falle des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung und den Rechtswidrigkeitszusammenhang ().
Die auf ausbezahlte Löhne entfallende Lohnsteuer ist zur Gänze abzuführen. Reichen die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht aus, so hat er nach § 78 Abs. 3 EStG die Lohnsteuer vom tatsächlich zur Auszahlung gelangenden Betrag zu entrichten.
Die Lohnsteuer wäre somit bei Fälligkeit grundsätzlich zur Gänze abzuführen gewesen, die Dienstgeberbeiträge und die Zuschläge zu den Dienstgeberbeiträgen und die Umsatzsteuervorauszahlungen wiederum im Rahmen der Gleichbehandlung aller Gläubiger bei deren Fälligkeitstagen.
Ein Nachweis dafür, dass Löhne nicht mehr ausbezahlt wurden und die den Lohnkonten zu entnehmenden Ansätze zur Berechnung des Forderungsanspruches der Abgabenbehörde unrichtig seien, wurde nicht erbracht. Aus der Aussage des Bf. vor dem Landesgericht X und dem Bericht des Massverwalters ergibt sich, dass eben noch zwei Personen bis zur Konkurseröffnung beschäftigt waren.
Judikatur zum Gleichbehandlungsnachweis:
VwGH 2013/16/0200 vom zur Gleichbehandlung aller Gläubiger:
"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinn des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/16/0019).
Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Der Geschäftsführer haftet für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden. Widrigenfalls haftet der Geschäftsführer für die in Haftung gezogenen Abgaben zur Gänze (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Ra 2014/16/0026).
Gegen die Gleichbehandlungspflicht verstößt ein Geschäftsführer, der Abgabenschulden bei Fälligkeit nicht vollständig entrichtet, dann nicht, wenn die Mittel, die ihm zur Verfügung stehen, nicht für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft ausreichen, er aber die Abgabenschulden im Vergleich zur Summe der anderen Verbindlichkeiten nicht schlechter behandelt und diesem Verhältnis entsprechend anteilig erfüllt; insoweit ist auch das Ausmaß der Haftung bestimmt. Dies setzt allerdings voraus, dass der Geschäftsführer im Verfahren betreffend seine Heranziehung zur Haftung die Grundlagen für die behördliche Feststellung des zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zur Bezahlung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Anteils an liquiden Mitteln beigebracht hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2010116/0019).
Den Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, hat der Vertreter auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel zu diesen Zeitpunkten andererseits bezogen zu führen. Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2013/16/0199). Dem Vertreter obliegt es auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch Erstellung und Aufbewahrung von Ausdrucken - zu treffen. Es ist dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten kann, schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushaften - jene Informationen zu sichern, die ihm im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom , 2010/16/0019).
Im Rahmen der besonderen Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel ist die Erstellung eines Liquiditätsstatus in Form einer Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben, wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits ankommt, gefordert.
Gegen die Gleichbehandlungspflicht verstößt ein Geschäftsführer, der Abgabenschulden bei Fälligkeit nicht vollständig entrichtet, dann nicht, wenn die Mittel, die ihm zur Verfügung stehen, nicht für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft ausreichen, er aber die Abgabenschulden im Vergleich zur Summe der anderen Verbindlichkeiten nicht schlechter behandelt und diesem Verhältnis entsprechend anteilig erfüllt; insoweit ist auch das Ausmaß der Haftung bestimmt (Hinweis E , 84/13/0246, VwSlg 6123 F/1986; E , 88/17/0216). Dies setzt allerdings voraus, daß der Geschäftsführer im Verfahren betreffend seine Heranziehung zur Haftung die Grundlagen für die behördliche Feststellung des zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zur Bezahlung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Anteils an liquiden Mitteln beigebracht hat. Der Vertreter hat den Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, zu erbringen. Vermag er nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung. Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden. ().
Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/13/0137). Den Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, hat der Vertreter auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel zu diesen Zeitpunkten andererseits bezogen zu führen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2011/16/0116) ().
: Die qualifizierte Mitwirkungspflicht des Vertreters, den Betrag der bei Gläubigergleichbehandlung zu entrichtenden Abgaben und zur Errechnung einer entsprechenden Quote nachzuweisen, bedeutet nicht, dass die Behörde von jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre; entspricht der Vertreter der Gesellschaft nämlich seiner Obliegenheit, das Nötige an Behauptung und Beweisanbot zu seiner Entlastung darzutun, dann liegt es an der Behörde, erforderlichenfalls Präzisierungen und Beweise vom Vertreter abzufordern, jedenfalls aber konkrete Feststellungen über die von ihm angebotenen Entlastungsbehauptungen zu treffen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2007/15/0039). In diesem Verfahren war der Beschwerde kein Erfolg beschieden, da die Behörde einen Liquiditätsstatus abverlangt hat.
: Der Vertreter haftet nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern nur im Umfang der Kausalität zwischen seiner schuldhaften Pflichtverletzung und dem Entgang der Abgaben. Reichten die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden aus und haftet der Vertreter nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und den Abgabengläubiger somit benachteiligt hat, dann erstreckt sich die Haftung des Vertreters auch nur auf den Betrag, um den der Abgabengläubiger bei gleichmäßiger Befriedigung aller Forderungen mehr erlangt hätte, als er infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich erhalten hat. Der Nachweis, welchen Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt allerdings dem Vertreter. Weist er nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe allerdings zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl. für viele die hg. Erkenntnisse vom , 2006/15/0010, und vom , 2007/13/0137). Hat der Vertreter in dieser Hinsicht nicht nur ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete, sachbezogene Behauptungen aufgestellt, die nicht schon von vornherein aus rechtlichen Gründen unmaßgeblich sind, so hat ihn die Behörde zu einer Präzisierung und Konkretisierung seines Vorbringens und zu entsprechenden Beweisanboten aufzufordern, die es ihr, nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens, ermöglichen zu beurteilen, ob der Vertreter ohne Verstoß gegen die ihm obliegende Gleichbehandlungspflicht vorgegangen ist und ob und in welchem Ausmaß ihn deshalb eine Haftung trifft. Kommt der Geschäftsführer dieser Aufforderung nicht nach, so bleibt die Behörde zu der Annahme berechtigt, dass er seiner Verpflichtung schuldhaft nicht nachgekommen ist. Konsequenterweise haftet der Vertreter dann für die von der Haftung betroffenen Abgabenschulden zur Gänze (vgl. hg. Erkenntnis vom , 2007/13/0014).
Die Behörde hätte den Beschwerdeführer zur rechnerischen Darlegung jener Beträge auffordern müssen, deren Entrichtung zu der Abgabenfälligkeit in Gegenüberstellung mit den sonstigen Verbindlichkeiten unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlungen dem Gebot der Gleichbehandlung aller Forderungen entsprochen hätte (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/16/0206, mwN).
: Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/13/0137).
: Damit der Geschäftsführer seine qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast erfüllt, wäre die Darstellung der konkreten finanziellen Situation der Gesellschaft und ihrer Gebarung im fraglichen Zeitraum erforderlich gewesen (Hinweis E , 2006/13/0086). Die Behörde ist ihrer Ermittlungspflicht nachgekommen, indem sie vom Geschäftsführer eine Liquiditätsaufstellung angefordert hat. Die vorhandenen, allenfalls zur vollständigen Bedienung aller Gläubiger nicht ausreichenden Mittel sind in der Liquiditätsaufstellung darzustellen.
: Die Behörde ist nicht gehalten, im Wege einer Schätzung auf das Ausmaß der Ungleichbehandlung zu schließen, wenn dazu kein konkretes Vorbringen erstattet wird.
: Auf dem Abgabepflichtigen, nicht aber auf der Behörde, lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote.
Der Bf. wurde durch die Abgabenbehörde zur Vorlage einer Gleichbehandlungsberechnung aufgefordert, es wurde jedoch keine Berechnung vorgelegt.
, , 2000/14/0106: Bei Betrauung Dritter mit der Wahrnehmung abgabenrechtlicher Pflichten besteht die Haftung vor allem bei Verletzung von Auswahl- und Überwachungspflichten.
: Der Vertreter hat das Personal in solchen Abständen zu überwachen, die es ausschließen, dass ihm die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten, insbesondere die Verletzung abgabenrechtlicher Zahlungsverpflichtungen verborgen bleiben.
Wie bereits in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt wurde, kann den Bf. nicht von einer Haftungsinanspruchnahme befreien, dass er die Wahrnehmung der ihn treffenden steuerlichen Belange delegiert hat, da er eine Kontrollaufgabeverpflichtung auszuüben hatte. Da Lohnabgaben über lange zeitliche Strecken weder gemeldet noch entrichtet wurden, hat er die Kontrollaufgaben nicht in dem Umfang wahrgenommen wie es seine Aufgabe gewesen wäre, da ihm Zahlungsverpflichtungen bei Fälligkeit der Abgabenschuldigkeiten verborgen blieben, bzw. er diese, als für die Einteilung von Geldmitteln der Primärschuldner gesellschaftsrechtlich Alleinverantwortlicher, nicht wahrgenommen hat.
Die schuldhafte Pflichtverletzung des Bf. war kausal für den Abgabenausfall bei der Primärschuldnerin.
Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann.
Ist eine Einbringlichmachung beim Primärschuldner unzweifelhaft nicht gegeben, kann die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden von der Abgabenbehörde bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigt werden ().
Der Bf. fungierte als alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer, daher konnte nur bei ihm eine Haftungsinanspruchnahme erfolgen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine offene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag nicht vor.
Wien, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.7104988.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at