Vorliegen eines Dienstverhältnisses?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende R und die weiteren Senatsmitglieder XYZ im Beisein der Schriftführerin R.V. in der Beschwerdesache Bf. GmbH, W, vertreten durch MOORE STEPHENS City Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Kärntner Ring 5-7 Tür 201, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23, Abgabenkontonummer FASTNR, vom über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für 2012 bis 2014 in der Sitzung am nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird Folge gegeben.
1.) Die Bescheide über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für 2012 und 2013 werden ersatzlos aufgehoben.
2.) Die Bescheide über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für 2014 werden abgeändert:
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgaben betragen:
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Bemessungsgrundlage gem. § 41 FLAG 1967 | DB (4,5%) | DZ (0,4%) |
766.915,22 EUR | 34.511,18 EUR | 3.067,66 EUR |
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Im Anschluss an eine u.a. DB und DZ für die Jahre 2012 bis 2014 umfassende Außenprüfung bei der Beschwerdeführerin (Bf) ergingen die nunmehr mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheide vom , die zur Begründung auf die Feststellungen im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom verweisen. Darin wird u.a. unter Hinweis auf die Sachverhaltsdarstellung in der Niederschrift über die Schlussbesprechung festgehalten, dass die an Herrn DI P ausbezahlten Honorare als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 EStG 1988 in die Bemessungsgrundlagen für DB und DZ 2012 bis 2014 einzubeziehen sind.
Die Qualifikation der Einkünfte von Herrn DI P als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 EStG 1988 wird in der Niederschrift über die Schlussbesprechung folgendermaßen begründet (soweit die Ausführungen auch Herrn Mag. PX betreffen, werden diese in Klammern gesetzt, weil dessen Bezüge gemäß § 41 Abs 4 lit f FLAG 1967 nicht in die Bemessungsgrundlage für DB und DZ einbezogen wurden):
"Hr. Dipl. Ing P und [Hr. Mag. PX]geben in ihrer Stellungnahme an, - dass sie als Selbständige im Bereich Wissenschaften tätig sind und ihre Aufträge eigenverantwortlich akquirieren und bearbeiten. Aus der Zusammenarbeit mit dem Bf. ergibt sich für sie der Vorteil der Reputation des Bf. und der Mitnutzung der gesamten Referenzen des Bf., dadurch werden die Chancen auf die Erlangung von Aufträgen erhöht bzw. wird dadurch teilweise der Markteinstieg erst möglich gemacht. Durch die Möglichkeit der Beiziehung von Mitarbeitern des Bf. können auch größere, arbeitsintensivere und finanziell lukrativere Projekte akquiriert werden. Die Ausarbeitung der Projekte, die Kalkulation der Auftragssumme einschließlich ihres Honorars sowie die Festlegung der internen Arbeitsaufteilung unterliegen - in Absprache mit den Partnern des Bf. - ihrer Verantwortung. Die Abwicklung der Projekte erfolgt autonom und weisungsfrei. Am Bf. steht ein fester Arbeitsplatz zur Verfügung. Die Arbeiten werden aber zum Teil auch in ihrer Wohnung und bei Kunden ausgeführt. Die Wahl des Arbeitsortes unterliegt ihrer Entscheidung. Im Zuge der Prüfung wurde dazu folgender Sachverhalt festgestellt: Aus den eingesehenen Projekt- und Kalkulationsunterlagen ist ersichtlich, dass die gesamte Auftragsabwicklung ausschließlich im Namen der Bf. GmbH erfolgt. Sämtliche Nutzungsrechte werden uneingeschränkt dem Bf. übertragen. Es ist in der Projektabwicklung kein Unterschied zwischen den Projekten, die ausschließlich von Dienstnehmern durchgeführt werden und den Projekten die mit Beteiligung von Dipl. Ing. P [und Mag. PX] ausgeführt werden ersichtlich. Die Ausführung der Projekte erfolgte in der Regel in engem Zusammenwirken mit einem Team an Mitarbeitern, das mit Ausnahme von Dipl.Ing. P [u. Mag. PX] aus Dienstnehmern besteht. Hr. Dr. G wendet dazu ein, dass die Nutzungsrechte auch von anderen Subunternehmern dem Bf. übertragen werden. Die Integration in die betrieblichen Arbeitsabläufe ist weiters aus folgenden Feststellungen ersichtlich:
Den „Werkvertragsnehmern" wurde vom Bf. ein voll ausgestatteter Arbeitsplatz inclusive der Nutzung der gesamten betrieblichen Infrastruktur zur Verfügung gestellt. Die dafür angefallenen Kosten wurden vom Bf. - und zwar unabhängig davon ob der jeweilige Projektleiter ein „Werkvertragsnehmer" oder ein Dienstnehmer war - mit einem 100%igen Deckungsbeitrag dem jeweiligen Auftraggeber weiterverrechnet. Dieser Deckungsbeitrag beinhaltet u.a. die Betriebskosten des Arbeitsplatzes, anteilige administrative Personalkosten wie Sekretariat, Geschäftsführung, EDV u. Bibliothek, etc. Hr. Dr. G wendet dazu ein, dass das fikitve Honorer der "Werkvertragnehmer" doppelt so hoch wie in den Honorarnoten angegeben ist und daher von den Werkvertragnehmern ein "lnfrastrukturkostenbeitrag" geleistet wird. Dazu ist anzumerken, dass für diese Verrechnungen keine Unterlagen nachgewiesen werden können. Sowohl im Innenauftritt als auch im Außenauftritt ist - mit Ausnahme gegenüber dem Bf. - nicht erkennbar, dass [Hr. Mag. PX] und Hr. Dipl. lng. P in eigenem Namen auftreten. Eine generelle Weisungsfreiheit, die über die fachliche Kompetenz in den auszuarbeitenden Projekten hinausgeht, kann nach den überprüften Projektunterlagen auf Grund der notwendigen Zusammenarbeit und Abstimmung mit der Geschäftsführung des Bf. ebenfalls nicht gesehen werden. Dies begründet sich u.a. daraus, dass die Einladung zur Angebotslegung an das Bf. ergeht, die Angebotslegung jeweils von einem Vertreter des Bf. und des jeweiligen Projektleiters - unabhängig davon, ob der jeweilige Projektleiter ein Dienstnehmer oder ein „Werkvertragsnehmer“ ist - unterfertigt ist, und die Auftragsannahme durch das Bf. ausschließlich durch die Geschäftsführung erfolgt (siehe dazu,die Projektunterlagen zu den Projekten Nr.1, Nr.2 u. Nr.3). Dem steht auch die Möglichkeit, die Tätigkeit nicht ausschließlich am vom Bf. zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz auszuüben nicht entgegen.
Weiters geben Hr. Dipl. lng. P [und Hr. Mag. PX] an, dass mit dem Bf. als Auftraggeber ein Werkvertrag mit exakter Vereinbarung der zu erbringenden Leistungen und des entsprechenden Honorars geschlossen wird. Das Honorar ergibt sich dadurch ausschließlich durch den ökonomischen Erfolg der Projekte. Im Zuge der Prüfung wurde dazu folgender Sachverhalt festgestellt: Die endgültige Berechnung der Entlohnung der „Werkvertragsnehmer“ erfolgt, wie aus den Nachkalkulationen ersichtlich ist, in Abänderung des ursprünglich vereinbarten Honorars auf Basis der von den Dienstnehmern und den „Werkvertragsnehmern" insgesamt tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen (wurden mehr Arbeitsleistungen als kalkuliert von Dienstnehmern des Bf. durchgeführt, erfolgt eine Kürzung des Werkvertragshonorars) und daher auch für die Werkvertragsnehmer auf Basis der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen. - In der lnnenkalkulation wird für die Errechnung der Projektkosten auf die Basis der insgesamt aufgewendeten Arbeitsstunden (Dienstnehmer) und der Honorare der Werkvertragnehmer ein Deckungsbeitrag für Gemeinkosten von 100% aufgeschlagen. Dieser Deckungsbeitrag beinhaltet u.a. die Betriebskosten des Arbeitsplatzes, anteilige administrative Personalkosten wie Sekretariat, Geschäftsführung, EDV u. Bibliothek, etc. Bezüglich eines getragenen Unternehmerrisikos ist aus den vorliegenden Leistungsabrechnungen weiters ersichtlich, dass zusätzlich zu der zur Verfügungstellung der gesamten betrieblichen Infrastruktur auch anfallende Reisekosten und auch Diäten vom Bf. für die „Werkvertragsnehmer“ in gleicher Höhe wie für andere Dienstnehmern gezahlt wurden. Sämtliche für die Projektabwicklung gegebenenfalls noch zugekauften Leistungen wurden über das Bf. fakturiert und die Kosten auch vom Bf. getragen (Projekt Nr.4). Von [Hr. Mag. PX und] Hr. Dipl. lng. P wurde somit letztendlich lediglich die geleistete Arbeitskraft in Rechnung gestellt. - Bei den überprüften Projekten ist demnach in der Kalkulation zwischen Projekten, die ausschließlich von Dienstnehmern ausgeführt wurden, und solchen die zum Teil von den "Werkvertragsnehmern" ausgeführt wurden, kein wesentlicher Unterschied ersichtlich. Ein Unterschied ergibt sich dadurch, dass bei den Dienstnehmern auf Stundenbasis kalkuliert wird, für die "Werkvertragnehmer" wird das vereinbarte Honorarpauschale entsprechend der vereinbarten Leistungen eingetragen.
Bezüglich der wirtschaftlichen Abhängigkeit wurde festgestellt, dass [Hr. Mag. PX in den letzten Jahren ausschließlich und] Hr. Dipl. lng. P in den letzten Jahren nahezu ausschließlich für das Bf. tätig waren. Die über mehrere Jahre aneinander gereihten bzw. parallel abgewickelten „Werkaufträge“ die [bei Hr. Mag. PX zu einem ausschließlichen und] bei Hr. Dipl. lng. P zu einem nahezu ausschließlichen Tätigwerden für das Bf. geführt haben, begründen die Annahme eines Dauerschuldverhältnisses. Aus den angeführten Feststellungen ergibt sich, dass Hr. Dipl. Ing. P [und Hr. Mag. PX] organisatorisch voll in den Betrieb eingegliedert sind und durch die nahezu ausschließliche Tätigkeit für das Bf. auch eine wirtschaftliche Abhängigkeit gegeben ist. Eine Ausübung ihrer Tätigkeit in genereller Weisungsfreiheit sowie das Tragen eines maßgeblichen Unternehmerrisikos konnten aus den überprüften Unterlagen ebenfalls nicht abgeleitet werden. Ihre Einkünfte stellen daher Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit gem. § 25 EStG 88 dar."
In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde wurde u.a. beantragt, die Bescheide über die Festsetzung des DB und des DZ für die Jahre 2012 und 2013 ersatzlos aufzuheben und den Bescheid über die Festsetzung des DB 2014 auf eine Nachforderung von 71,49 EUR und den Bescheid über die Festsetzung des DZ 2014 auf eine Nachforderung von 6,35 EUR herabzusetzen, sowie die Beschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung im Rahmen einer mündlichen Senatsverhandlung vorzulegen.
Die den Betriebsausflug im Jahr 2014 betreffenden Feststellungen und die sich daraus ergebenden Änderungen für DB und DZ 2014 in oben angeführter Höhe würden akzeptiert.
Die rückwirkende Umqualifizierung der Werkvertragsnehmer [PX] und P in Dienstnehmer werde jedoch bestritten. Die von der Außenprüfung angeführten falschen Feststellungen resultierten aus folgenden Ursachen:
Nicht-Würdigung vorgelegter stichhaltiger Beweise (zB schriftliche Werkverträge; tatsächliches volles wirtschaftliches Risiko der Partner)
Fehlinterpretationen des Sachverhalts (zB tatsächliche Auftragsabwicklung)
Falsche Auslegung des Gesetzes und der ständigen Rechtsprechung (zB Verwechslung von neutralen sachlichen mit persönlichen Weisungen)
Mutmaßungen und Annahmen der prüfendenBehörde ohne Indizien oder gar Beweise.
Die zwei Werkvertragsnehmer [PX] und P seien im Zuge der Außenprüfung zu keinem Zeitpunkt befragt worden, was einen schweren Verfahrensmangel darstelle.
Diese Verstöße gegen verfahrensrechtliche Bestimmungen seien relevant. Hätte die prüfende Behörde die von der Bf. GmbH angebotenen Beweismittel ordnungsgemäß aufgenommen und gewürdigt, hätte sie zu dem Schluss kommen müssen, dass gerade keine Arbeits- bzw. Dienstverhältnisse vorlägen. Diese Qualifikation durch die prüfende Behörde sei auch abweichend von der von der prüfenden Behörde zuvor jahrelang (um nicht zu sagen jahrzehntelang) geübten Praxis erfolgt. Die Partner [PX] und P hätten bereits vor ihrer Zusammenarbeit mit der Bf. GmbH selbständig als Partner mit dem gleichnamigen Verein zusammengearbeitet, der Alleingesellschafter der Bf. GmbH sei und der vor Gründung der Bf. GmbH den gegenständlichen Betrieb geführt hatte. Auch bei diesem Verein hätten in der Vergangenheit mehrere Prüfungen durch die prüfende Behörde stattgefunden. Die Tätigkeit der selbständigen Partner sei dabei niemals auch nur ansatzweise in eine nichtselbständigeTätigkeit umgewandelt worden (was auch nicht zutreffend gewesen wäre). Die letzte Prüfung für die Jahre 2009 bis 2011 sei im Jahr 2012 ohne Feststellungen abgeschlossen worden. Es habe weder eine Änderung im Sachverhalt noch in der Rechtslage stattgefunden, die es rechtfertigen würde, die Qualifikation als selbständige Tätigkeit nunmehr plötzlich zu negieren. Die prüfende Behörde habe damit auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen.
Beide Partner unterlägen außerdem der Pflichtversicherung bei der SVA. Die unrichtige
Rechtsansicht der prüfenden Behörde würde damit im Ergebnis zu einer Doppelversicherung führen.
Die Rechtsverhältnisse zwischen der Bf. GmbH und den einzelnen Partnern hätten keine Ähnlichkeit mit einem Arbeitsvertrag oder einem Dienstverhältnis nach § 47 Abs 2 EStG. Die Partner würden ausschließlich selbständig tätig. Die entsprechende vorgelegte Dokumentation dieser Tatsache in Form von schriftlichen Werkverträgen, die tatsächlich auch so gelebt würden, bleibe unberücksichtigt.
Die in den schriftlichen Werkverträgen vereinbarte Übertragung sämtlicher Nutzungsrechte an die Bf. GmbH sei ein lndiz gegen das Vorliegen eines Arbeitsvertrages. Sämtliche Subauftragnehmer der Bf. GmbH müssten vertraglich die Nutzungsrechte an die Bf. GmbH übertragen. Die Bf. GmbH brauche diese Übertragung, weil die Nutzungsrechte vielfach auch an die Auftraggeber weitergeben werden müssten. Die Partner würden also gleich wie alle anderen Werkvertragsnehmer des Bf. behandelt und nicht wie Dienstnehmer, bei denen eine solche Vertragsklausel rechtlich gar nicht notwendig wäre. Es handle sich bei diesem Argument der prüfenden Behörde daher um eine Fehlinterpretation des Sachverhalts. Seitens der Finanzbehörde sei dies nicht selbst geprüft worden. Der Hinweis bei der Schlussbesprechung sei ignoriert worden. Das an sich neutrale Argument werde selektiv eingesetzt. Die Partner würden sehr wohl in eigenem Namen auftreten. Sie seien beim Finanzamt und bei der SVA gemeldete Unternehmer und legten in eigenem Namen ordnungsgemäße Rechnungen. Sie erklärten ihre Einkünfte mittels Steuererklärungen und entrichteten ihre Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in eigenem Namen pünktlich und ordnungsgemäß. Die Partner unterlägen keinen wie immer gearteten persönlichen Weisungen der Bf. GmbH. Sie erledigten ihre Projekte vollkommen selbständig. Es erfolgten weder disziplinäre noch sonstige Anordnungen in welche Richtung auch immer. lm Zuge der GPLA-Prüfung seien von der prüfenden Behörde keinerlei Tatsachen festgestellt worden, die auf das Vorliegen von Weisungsgebundenheit und damit verbundener persönlicher Abhängigkeit hindeuteten, was von der prüfenden Behörde im Zuge der Schlussbesprechung auch ausdrücklich bestätigt worden sei. Dementsprechend seien keinerlei Beweise dafür angeführt. Die Weisungsgebundenheit werde von der prüfenden Behörde lediglich angenommen und damit begründet, dass „eine generelle Weisungsfreiheit nicht ersehen werden könne. Dies stelle aber den Versuch einer unzulässigen Beweislastumkehr dar. Die Parteien würden dadurch gezwungen, den (negativen) Beweis des Nichtvorliegens einer behördlichen Vermutung zu erbringen. Der (vollständige) Beweis des Nichtvorliegens einer Tatsache sei ungleich schwerer zu erbringen, als der Beweis des Vorliegens. Beweise für das Vorliegen von Weisungsgebundenheit lägen der Behörde nicht vor. Eine somit unbewiesen gebliebene Tatsache (hier: Weisungsgebundenheit und damit verbundene persönliche Abhängigkeit) stehe deshalb noch nicht mit der gesetzlich geforderten nötigen Eindeutigkeit fest, nur weil ihr Gegenteil nicht habe bewiesen werden können. Aus den von der Behörde getroffenen Feststellungen seien keine Umstände ableitbar, die in rechtlicher Hinsicht zu einer persönlichen Abhängigkeit führen könnten (vgl. VwGH 2012/08/0233). Die fehlende Weisungsfreiheit werde von der prüfenden Behörde mit „der notwendigen Zusammenarbeit und Abstimmung mit der Geschäftsführung des Bf." und mit der „Auftragsannahme durch das Bf. ausschließlich durch die Geschäftsführung" begründet. Beide Argumente gingen ins Leere. Die bloße Tatsache einer Zusammenarbeit von Vertragspartnern sei ein neutrales Argument und sage nichts über den rechtlichen Inhalt des Vertragsverhältnisses zwischen den Partnern und dem Bf. aus, da es in der Realität zu jeder möglichen Zusammenarbeit von Werkvertrags- und Dienstnehmern bei einer Auftragsabwicklung kommen könne. Die Auftragsannahme gegenüber einem Kunden der Bf. GmbH durch die Geschäftsführung der Bf. GmbH sei eine rechtliche Notwendigkeit und sage ebenfalls nichts über den rechtlichen Inhalt des Vertragsverhältnisses zwischen den Subauftragnehmern der Bf. GmbH und der Bf. GmbH aus. Es fehle jegliche Begründung, wie und aufgrund welcher Beweise festgestellt worden sei, dass die Partner persönlich weisungsgebunden gewesen seien. Vielmehr werde der Unterschied zwischen persönlichen und sachlichen Weisungen hartnäckig ignoriert.
Die bloße Nutzung der betrieblichen Strukturen könne ebenfalls bei allen Vertragsarten
vorkommen. Die entscheidende Frage, auf welcher Rechtsgrundlage diese Nutzung
erfolge, sei von der prüfenden Behörde weder gestellt noch abgewogen worden. Daraus die Annahme zu treffen, dass die Partner sich an persönliche Weisungen hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und arbeitsbezogenen Verhaltens zu halten hätten, sei daher eine grobe Verkennung der Tatsachen, eine unrichtige Würdigung der Beweise und somit rechtswidrig.
Die Partner seien hinsichtlich der Wahl des Arbeitsortes, der Arbeitszeit und des Arbeitsablaufes vollkommen frei. Auch diesbezüglich gebe es keine wie immer
gearteten Vorgaben. Es seien keine Arbeitszeiten fixiert, es bestünde kein
Urlaubsanspruch und kein Entgeltanspruch im Krankheitsfall. Wo und wann ein Partner
seine Arbeit erledige, sei ausschließlich durch äußere neutrale Faktoren (etwa eine Frist,
ein Ort einer Veranstaltung, Wünsche des Kunden, gesetzliche Vorgaben etc) bestimmt.
Diese Tatsachen seien unberücksichtigt geblieben.
Im Übrigen sei es den Partnern vollkommen freigestellt, von wo aus sie auch immer ihre Tätigkeit verrichteten. Dies könne von zuhause aus, von ihren eigenen Arbeitsräumlichkeiten aus, von Räumlichkeiten der Bf. GmbH, von einer Parkbank, vom Strand, vom Auto oder von wo auch immer erfolgen.
Die selbständigen Partner hätten keinen Abfertigungsanspruch, sie verfügten über
keinen Kündigungsschutz und es bestünde kein Konkurrenzverbot. Auch dies seien Beweise, dass kein Arbeitsvertrag vorliege. Diese Tatsachen seien unberücksichtigt geblieben.
Die Partner treffe keine wie immer geartete Verpflichtung, ein Projekt zur Bearbeitung zu
übernehmen. Sie hätten ein jederzeitiges und vollkommen sanktionsloses Ablehnungsrecht. Es bestünde daher keine persönliche Arbeitspflicht. Die einzige
Sanktion, die den Partner treffe, sei die, die auch jeden anderen Unternehmer treffe und die sohin auch das unternehmerische Risiko manifestiere: Übernehme der Partner die Bearbeitung nicht, reduziere sich sein Umsatz und daher dementsprechend auch sein erfolgsabhängiges Honorar und sein Gewinn. Es handle sich daher um exakt dasselbe
Risiko wie bei jedem Einzelunternehmer, der die Bearbeitung eines Projekts ablehne.
Diese Tatsache bleibe unberücksichtigt.
Die selbständigen Partner treffe nicht nur eine volle Gewährleistungspflicht, sondern
auch eine schadenersatzrechtliche Haftung bei Fehlern. Das Dienstnehmerhaftungsprivileg komme ihnen nicht zugute. Damit sei in rechtlicher Hinsicht bewiesen, dass der Fall eintreten könne, dass der selbständige Partner in einem
Kalenderjahr nicht nur keine Einnahmen erziele (weil er keine Projekte bearbeite),
sondern sogar Verluste erleiden könne. Es liege somit im vorliegenden Fall sogar ein
höheres wirtschaftliches Risiko vor, als vom VwGH gefordert (vgl. VwGH 2012/15/0025,
gemäß diesem Erkenntnis sei ein ausgabenseitiges Unternehmerwagnis dann nicht erforderlich, wenn sich der Verdienst ausschließlich am Honorar bemesse, was im gegenständlichen Fall zutreffe). Diese Tatsache bleibe ebenfalls unberücksichtigt.
Die Honorierung der Partner erfolge ausschließlich erfolgsabhängig. Je nach Erfolg könne es vorkommen, dass ein Partner für einzelne Projekte einen von seinem Arbeitseinsatz vollkommen unabhängigen hohen Gewinn oder gar nichts bekomme oder sogar bereits erhaltene vertraglich festgelegte Akontierungen zurück zahlen müsse. Derartige Schwankungen wären für ein Dienstverhältnis vollkommen untypisch und rechtlich sogar unmöglich. Das Schema dieser Honorierung werde in beiliegender Beschreibung der Bf. GmbH ausführlich erläutert. Daraus gehe auch hervor, dass die Partner die betriebliche Infrastruktur von der Bf. GmbH anmieteten. Die tatsächliche Einhaltung dieses Schemas sei durch die im Zuge der GPLA-Prüfung vorgelegten Projektabrechnungen der Bf. GmbH bewiesen worden. In Verbindung mit der Gewährleistungspflicht und der schadenersatzrechtlichen Haftung bei Fehlern liege in rechtlicher Hinsicht ein erhebliches Unternehmerwagnis vor. Eine Verkennung der Tatsachen, Fehlinterpretation der vorgelegten Unterlagen und daher falsch seien die Ausführungen, dass die Werkvertragsnehmer „lediglich die geleistete Arbeitskraft in Rechnung" stellen würden. Vielmehr würden in jedem Fall im Vorhinein Pauschalhonorare vereinbart. Wie viel Arbeitsleistung bzw. Arbeitsstunden ein Partner dafür aufwenden müsse, sei dem Auftraggeber Bf. GmbH schlicht egal. Richtig angeführt werde, dass es nachträglich zu einer Kürzung der Werkvertragshonorare der Partner kommen könne und tatsächlich auch schon in der Vergangenheit gekommen sei. Aus den ebenfalls beiliegenden Aufstellungen aller Werkverträge aus den Jahren 2012 bis 2014 sei ersichtlich, dass die Werkvertragsnehmer in der überwiegenden Anzahl nicht das im vorhinein vereinbarte Pauschalhonorar hätten in Rechnung stellen können und damit tatsächlich im vorhinein nicht gewusst hätten, wie hoch ihr Verdienst sein werde, was bei einem Arbeitsverhältnis weder rechtlich noch faktisch möglich wäre. Daraus den Schluss zu ziehen, dass gerade „daher auch die Werkvertragsnehmer auf Basis der tatsächlich aufgewendeten Arbeitsleistungen“ entlohnt würden, entbehre - auch angesichts der nicht vorhandenen Arbeitszeitaufzeichnungen - jeder Lebenserfahrung. Vielmehr sei aus den vorgelegten Projektkostenkalkulationen eindeutig ersichtlich und damit bewiesen, dass eine nachträgliche Kürzung der Werkvertragshonorare der Partner dann erfolge, wenn Budgetüberschreitungen hinsichtlich aller anderen Kosten eintreten. Die Partner trügen daher das volle wirtschaftliche Risiko bei den von ihnen übernommenen Aufträgen. Auf beiliegende Beschreibung der Bf. GmbH werde nochmals verwiesen.
Wie diese Ausführungen zeigten, liege keine Anstellung im Sinne des Arbeitsrechts vor. Es lägen auch keine typischen Merkmale eines Dienstverhältnisses nach § 47 Abs 2 EStG vor.
Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht - wie beantragt - ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung zur Entscheidung übermittelt.
In der mündlichen Verhandlung legte der Geschäftsführer der Bf eine schriftliche Stellungnahme vor, auf die er in seinen Ausführungen zurückgriff. Als Eckpunkte des Verhältnisses zwischen der Bf und Herrn DI P wurden darin folgende Kriterien dargestellt:
Herr DI Christof P sei bereits seit Anfang der Jahrtausendwende als selbständiger Subauftragnehmer (interne Kurzbezeichnung „Partner”) unter der Marke Bf. tätig — bis 2012 für den Verein Bf., ab für die Bf. GmbH (eine 100% Tochter des Vereins).
Dieser Form der Selbständigentätigkeit sei die Idee der Risikoteilung zwischen Bf. und Herrn DI P zu Grunde gelegen. Herr DI P akquiriere und bearbeite eigenverantwortlich Projekte. Er bestimme damit seinen Arbeitseinsatz und die Höhe seines Einkommens selbst. In Projektleitungsfunktion übernehme er die ökonomische Verantwortung für den finanziellen Projekterfolg.
Herr DI P habe diese Form der Selbständigkeit selbst bestimmt gewählt und nicht Angestellter der Bf. GmbH sein wollen.
In mehreren Prüfungen des Vereins Bf. durch das Finanzamt sei die Selbständigentätigkeit Herrn DI P nie in Frage gestellt worden. Zuletzt sei beim Verein Bf. das Jahr 2011 geprüft worden, der Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung am zugestellt worden.
Herr DI P liefere der Bf. GmbH in Werkverträgen definierte Leistungen und Produkte. Die Bf. GmbH habe im Regelfall keine Kenntnis über den Stundenaufwand von den von Herrn DI P erbrachten Leistungen.
Das Honorar werde nach Lieferung von (Zwischen-)produkten ausbezahlt. Es erfolgten keine monatlichen bzw. sonstigen regelmäßigen Zahlungen.
Herr DI P nutze die gemeinsame Marke „Bf.“zum gegenseitigen Vorteil von Herrn DI P sowie der Bf. GmbH. Das Recht der Markennutzung beinhalte die Nutzung des Logos, die Präsenz auf der Bf.-Website und die Benutzung der Bf.-Drucksorten. (Dieses Recht der Markennutzung habe zwischen 2008 und 2014 auch ein anderer Partner gehabt.)
Herr DI P würde Infrastruktur und Räumlichkeiten am Standort der Bf. GmbH mieten.
Für Infrastruktur- und Markennutzung würde Herr DI P Beiträge zahlen. Diese berechneten sich als Prozentsatz seines Honorars. Sie würden intern gegenverrechnet und vor Bezahlung des Honorars von der Bf. GmbH einbehalten.
Die Unterschiede des selbständigen Partners DI P zu den Angestellten seien in mehreren Strategiepapieren dargelegt, sei den am Bf. Angestellten bewusst und werde tatsächlich gelebt.
Die Vertreterin der belangten Behörde verwies in ihrer Äußerung ergänzend zu den bisherigen schriftlichen Ausführungen insbesondere darauf, dass sie von einer persönlichen Weisungsgebundenheit von Herrn DI P ausgehe, da dieser mit Dienstnehmern der Bf. zusammenarbeite und sich daher den betrieblichen Ordnungsvorschriften der Bf. unterwerfe. Er nehme in diesem Zusammenhang die Stellung des Arbeitgebers ein.
Von den Vertretern der Bf. wurde dem entgegengehalten, dass die Arbeitszeiten der Dienstnehmer der Bf. ausschließlich vom Geschäftsführer der Bf kontrolliert und festgelegt würden. Sollte Herr DI P für ein Projekt weitere Arbeitnehmer oder eine höhere Arbeitsleistung einzelner Arbeitnehmer benötigen, sei dies mit dem Geschäftsführer zu vereinbaren. Die Arbeitszeiten der Dienstnehmer würden in einem Arbeitszeiterfassungssystem und die Abwesenheiten an Hand eines sogenannten Google-Kalenders festgehalten, in den Herr DI P Einsicht habe.
Die Vertreterin der belangten Behörde wies darauf hin, dass Herr DI P bis 2002 Dienstnehmer einer anderen Tochterfirma des Bf.-Vereins gewesen sei. Die Verrechnung des zur Verfügung gestellten Arbeitszimmers gehe aus den einzelnen Verträgen nicht hervor.
Der Geschäftsführer der Bf. erklärte, die Zurverfügungstellung des Arbeitszimmers sei im Rahmen einer sogenannten Bürogemeinschaft erfolgt und werde bei der internen Kalkulation sowie bei der Festlegung des Honorars von Herrn DI P berücksichtigt.
Einvernehmlich wurde festgehalten, dass Herr DI P ausschließlich projektbezogen entlohnt worden sei und keinerlei Fixum gehabt habe.
Der steuerliche Vertreter der Bf. wies zusammenfassend auf die Voraussetzungen des § 47 EStG für ein Dienstverhältnis hin.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Nach Einsichtnahme in die von der belangten Behörde laut Vorlagebericht übermittelten Unterlagen und aufgrund der Ausführungen in der mündlichen Verhandlung wird folgender rechtserheblicher Sachverhalt festgestellt:
Herr DI P übernahm im Streitzeitraum für die Bf. in verschiedenen von dieser ausgeführten Projekten die Projektleitung, wobei er bereits im Vorfeld die Verhandlungen mit den einzelnen Auftraggebern führte. Entscheidend für die Vergabe des jeweiligen Projektes an die Bf. war die Projektleitung und Bearbeitung durch Herrn DI P (vgl. die vorgelegten Bestätigungen der Auftraggeber). Bereits anlässlich der Annahme des Auftrages durch die Bf. wurde zwischen Herrn DI P und der Bf. das Honorar ausgehandelt, welches dieser für seine Tätigkeit erhalten sollte. Stellte sich jedoch bei Abrechnung des Projektes heraus, dass der von der Bf. aufgezeichnete Arbeitsaufwand ihrer Angestellten größer als ursprünglich prognostiziert war, so wurde das ursprünglich vereinbarte Honorar von Herrn DI P in diesem Ausmaß gekürzt.
Von der Bf. wurden alle Projekte in gleicher Weise kalkuliert, wobei in dem mit dem jeweiligen Auftraggeber ausgehandelten Honorar der für das zu erstellende Projekt prognostizierte Aufwand für alle Leistungen mit einem 100%igen Aufschlag veranschlagt wurde. Damit wurden sowohl die voraussichtlich von den Dienstnehmern der Bf. zu erbringenden Arbeitsstunden als auch das mit Herrn DI P für seine Leistungen vereinbarte Honorar jeweils mit einem 100%igen Aufschlag an die jeweiligen Auftraggeber der Bf. verrechnet. Darüber hinaus wurden auch sämtliche den Dienstnehmern der Bf. und Herrn DI P entstandenen Aufwendungen an die Auftraggeber in gleicher Weise weiterverrechnet.
Herr DI P leitete die jeweiligen Projekte selbständig, bearbeitete diese gemeinsam mit den Dienstnehmern der Bf. und war keinen persönlichen Weisungen unterworfen, sondern lediglich an die mit den jeweiligen Auftraggebern von ihm selbst ausverhandelten Vorgaben gebunden. Er konnte sich der im Unternehmen der Bf. vorhandenen Infrastruktur bedienen und in einem für ihn eingerichteten Büro arbeiten sowie unter der Marke der Bf. auftreten. Für die Nutzung der Marke, des Büros und der Infrastruktur wurde von ihm kein Entgelt eingefordert, bei der Festlegung seines Honorars wurde dieser Umstand jedoch entsprechend der internen Kalkulation der Bf. berücksichtigt.
Es bestand aber keine Verpflichtung für Herrn DI P, das ihm zur Verfügung gestellte Büro zu nutzen bzw. zu bestimmten Zeiten im Unternehmen der Bf. anwesend zu sein. Seine Anwesenheit richtete sich ausschließlich nach den zeitlichen Gegebenheiten des Projektes wie insbesondere dem Bedarf an Besprechungen.
Herr DI P hatte keine persönliche Weisungsbefugnis gegenüber den Angestellten der Bf sondern lediglich die im Rahmen der Projektleitung erforderliche sachliche. Die Überwachung der Dienstpflichten der Angestellten der Bf. fiel ausschließlich in die Kompetenz des Geschäftsführers der Bf. und wurde keinesfalls von Herrn DI P wahrgenommen.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der Bf vorgelegten Unterlagen und den Ausführungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung. Er ist in den wesentlichen Punkten unstrittig und beruht im Übrigen auf folgender Beweiswürdigung:
Die Einwendungen der Amtspartei hinsichtlich Wahrnehmung von Arbeitgeberfunktionen durch Herrn DI P wurden vom Geschäftsführer der Bf. insofern widerlegt, als er anhand des Zeitaufzeichnungssystems der Bf glaubwürdig darlegte, dass die An- und Abwesenheiten der Dienstnehmer der Bf. ausschließlich von ihm festgelegt und kontrolliert wurden und eine über das vereinbarte Ausmaß hinaus gehende Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers der Bf für ein Projekt nur von ihm genehmigt werden konnte.
Hinsichtlich des Vorbringens des Geschäftsführers der Bf, Herr DI P würde für die Nutzung der Marke, der Infrastruktur und des Büroraumes der Bf. ein Entgelt entrichten, ist festzuhalten, dass - wie dieser auch selbst bestätigt - die Höhe eines dafür zu entrichtenden Entgeltes niemals festgesetzt wurde. Die Berücksichtigung der Nutzung der Infrastruktur und der Büroräumlichkeiten erfolgte ausschließlich bei der Festlegung des Honorars für das jeweilige Projekt, da im Rahmen der internen Planung das mit Herrn DI P vereinbarte Honorar zur Abdeckung der Gemeinkosten der Bf mit einem 100%igen Aufschlag versehen wurde. Im Hinblick darauf, dass die Nutzung der Marke der Bf sowohl Herrn DI P als auch aufgrund seiner Reputation der Bf zugute kommen, ist es durchaus plausibel, dass dafür kein gesonderter Betrag in Rechnung gestellt wurde.
Der festgestellte Sachverhalt ist folgendermaßen rechtlich zu würdigen:
Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann gemäß § 201 Abs 1 BAO nach Maßgabe des § 201 Abs 2 BAO und muss nach Maßgabe des § 201 Abs 3 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
Gemäß § 201 Abs 2 BAO Z 3 BAO kann die Festsetzung erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden.
§ 303 BAO nennt als Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens, dass
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Gemäß § 41 Abs 1 FLAG 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen; als im Bundesgebiet beschäftigt gilt ein Dienstnehmer auch dann, wenn er zur Dienstleistung ins Ausland entsendet ist.
Gemäß § 41 Abs 2 FLAG 1967 sind Dienstnehmer Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen, freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs 4 ASVG, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988.
Gemäß § 41 Abs 3 FLAG 1967 ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs 1 Z 1 lit a und b des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 und an freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG.
Gemäß § 41 Abs 5 FLAG 1967 beträgt der Beitrag 4,5 v.H. der Beitragsgrundlage.
Die Regelungen des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ), welcher von der in § 41 FLAG 1967 festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben ist, finden sich in § 122 Abs 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 (WKG).
Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos, oder die Befugnis, sich vertreten zu lassen) Bedacht zu nehmen (vgl. bspw. , mwN).
Die für das Dienstverhältnis charakteristische Weisungsunterworfenheit ist durch weitgehende Unterordnung gekennzeichnet und führt zu einer weitreichenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Dienstnehmers. Ein persönliches Weisungsrecht beschränkt die Entschlussfreiheit über die ausdrücklich übernommenen Vertragspflichten hinaus. Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Hievon muss die sachliche und technische Weisungsbefugnis unterschieden werden, die etwa im Rahmen eines Werkvertrages ausgeübt wird und sich lediglich auf den Erfolg einer bestimmten Leistung bezieht.
Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zeigt sich u.a. in der Vorgabe der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Arbeitsmittel durch den Auftraggeber sowie die unmittelbare Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers.
Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko besteht darin, dass der Leistungserbringer die Möglichkeit hat, im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl die Einnahmen- als auch die Ausgabenseite maßgeblich zu beeinflussen und solcherart den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend zu gestalten (vgl. und die dort zitierte Literatur und Judikatur).
Ob bzw. in welcher Ausprägung und Intensität im konkreten Fall die einzelnen genannten Kriterien für ein Dienstverhältnis nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 in den Streitjahren vorliegen, ist eine Sachverhaltsfrage (vgl. mwN).
Bei Abgrenzungsfragen zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit ist das Gesamtbild der Tätigkeit darauf zu untersuchen, ob die Merkmale der Selbständigkeit oder jene der Unselbständigkeit überwiegen. Erst wenn die Behörde ein genaues Bild über die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit der beschäftigten Person, insbesondere auch über die Pflichten, die ihr obliegen, die Risiken, die sie zu tragen hat, und ihre allfällige Weisungsgebundenheit, besitzt, kann ein Urteil über die Selbständigkeit oder Unselbständigkeit der Tätigkeit abgegeben werden (vgl. mwN).
Im gegenständlichen Fall wurden die Aufträge, die Herr DI P für die Bf. akquiriert hatte, unter seiner Leitung von ihm und den Dienstnehmern der Bf. ausgeführt. Herr DI P legte damit von vornherein fest, an welchen Projekten er arbeiten wollte. Er wurde demgemäß auch nicht für Arbeiten an anderen Projekten der Bf. herangezogen. Seine Honorierung erfolgte ausschließlich auf Basis der von ihm bearbeiteten Projekte.
Er unterlag damit weder einer Weisungsunterworfenheit im oben dargelegten Sinn noch war er in den Organismus der Bf. in der oben dargestellten Weise eingegliedert, zumal ihm nachweislich Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsmittel niemals vorgegeben waren. Dass sich derartige Vorgaben möglicherweise immer wieder aus der gemeinsam mit den Dienstnehmern der Bf. zu absolvierenden Projektarbeit ergeben haben, reicht nicht für eine organisatorische Eingliederung aus. Außerdem ist unbestritten, dass Herr DI. P ausschließlich mit der Arbeit an den von ihm betreuten Projekten beschäftigt war, und ihm niemals von der Geschäftsleitung der Bf Arbeiten für andere Projekte übertragen wurden. Auch die Zurverfügungstellung der Infrastruktur der Bf. sowie von Arbeitsräumlichkeiten vermögen nicht eine Eingliederung in den betrieblichen Organismus herbeizuführen, da Herr DI P sich dieser Einrichtungen zwar nach eigenem Gutdünken bedienen durfte, aber niemals dazu gezwungen werden konnte, diese zu nutzen. Es lag ausschließlich in seinem Gutdünken, ob er an dem ihm zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz tätig wurde oder nicht.
Soweit die belangte Behörde die anlässlich der Abrechnung vorgenommenen Honorarkürzungen als Argument dafür sieht, dass Herr Dipl. Ing. P nicht für sein Werk sondern für seine Arbeitskraft entlohnt worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass die vorgenommenen Honorarkürzungen vielmehr das Unternehmensrisiko von Herrn DI P spiegeln, weil derartige Kürzungen nicht daraus resultieren, dass Herr DI P weniger Arbeitsstunden verrichtet hätte, sondern lediglich daraus, dass die Arbeitnehmer der Bf. mehr Arbeitsstunden als ursprünglich prognostiziert für das jeweilige Projekt geleistet haben. Wie viele Arbeitsstunden Herr DI P tatsächlich geleistet hat, war bei der Abrechnung unerheblich, da die Vereinbarung zwischen der Bf. und Herrn DI P vorsah, dass der Bf. jedenfalls sämtliche Arbeitsstunden ihrer Dienstnehmer mit einem 100%igen Aufschlag abgegolten werden mussten.
Es darf bei der Beurteilung der Tätigkeit von Herrn DI P auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass dieser ausschließlich für die von ihm betreuten Projekte und nicht - wie die Dienstnehmer der Bf. - unabhängig von Art und Ausmaß der Tätigkeit monatlich entlohnt wurde.
Hinsichtlich der von der belangten Behörde als Argument für die Dienstnehmereigenschaft angeführten wirtschaftlichen Abhängigkeit von der Bf. ist anzumerken, dass Herr DI P einerseits auch andere Auftraggeber als die Bf hatte und andererseits aus einer dauerhaften Zusammenarbeit noch kein Dienstverhältnis abgeleitet werden kann, zumal unwidersprochen feststeht, dass die Bf die von Herrn DI P akquirierten Aufträge nicht hätte annehmen müssen, er aber auch nicht verpflichtet gewesen ist, ein von der Bf. akquiriertes Projektes zu betreuen.
Aus den aufgezeigten Merkmalen der Tätigkeit von Herrn Dipl. Ing. P ist daher ersichtlich, dass dieser keinesfalls in einem Dienstverhältnis zur Bf. stand.
Gemäß § 4 Abs 4 ASVG stehen den Dienstnehmern im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für
einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,
eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit),
wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen; es sei denn,
a) dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG oder § 2 Abs. 1 BSVG oder nach § 2 Abs. 1 und 2 FSVG versichert sind oder
b) dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine (Neben-)Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 Z 1 lit. f B-KUVG handelt oder
c) dass eine selbständige Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien Berufe begründet, ausgeübt wird oder
d) dass es sich um eine Tätigkeit als Kunstschaffender, insbesondere als Künstler im Sinne des § 2 Abs. 1 des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes, handelt.
Abgesehen davon, dass Herr DI P aufgrund seiner Tätigkeit bereits pflichtversichert ist und schon deshalb kein freier Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs 4 ASVG sein kann, gibt es auch keine Verpflichtung seinerseits, auf bestimmte oder unbestimmte Zeit Dienstleistungen zu erbringen. Aus der mündlichen Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen der Bf. und Herrn DI P kann nicht abgeleitet werden, dass sich Herr DI P zur Erbringung von Dienstleistungen gegenüber der Bf. verpflichtet hätte. Ob und in welchem Ausmaß Herr DI P Projekte akquirierte und diese zur gemeinsamen Abwicklung an die Bf herantrug, entschied er einzig und allein nach seinem Gutdünken.
Herr DI P ist daher weder Dienstnehmer noch freier Dienstnehmer im Sinne des § 41 Abs 2 FLAG 1967, weshalb seine Bezüge auch nicht in die Bemessungsgrundlage für DB und DZ einzubeziehen sind.
Daraus ergibt sich, dass sich die von der Bf. für die Jahre 2012 und 2013 vorgenommen Selbstberechnungen als richtig erweisen. Die belangte Behörde war daher gemäß § 210 Abs 1 BAO nicht berechtigt war, eine erstmalige Festsetzung von DB und DZ für genannten Jahre vorzunehmen. Die betreffenden Festsetzungsbescheide waren daher ersatzlos aufzuheben.
Für das Jahr 2014 sind - im Hinblick auf die obigen Ausführungen - lediglich die den Betriebsausflug betreffenden Feststellungen der Außenprüfung bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für DB und BZ zu berücksichtigen. Da die getroffenen Feststellungen erst im Rahmen der Außenprüfung hervorgekommen sind und der Betrag in Höhe von 1.588,58 EUR keineswegs geringfügig ist, erweisen sich die von der belangten Behörde dazu festgehaltenen Ermessenserwägungen als zutreffend. Demgemäß ist eine erstmalige Festsetzung für DB und DZ zulässig, im Rahmen derer der von der Bf. selbst berechnete Betrag in Höhe von 765.326,64 EUR um 1.588,58 EUR zu erhöhen ist, was zu einer Bemessungsgrundlage von 766.915,22 EUR und zu Abgabennachforderungen von 71,49 EUR an DB und 6,35 EUR an DZ führt.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da über die zu beurteilende Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen ein Dienstverhältnis vorliegt, im Sinne der herrschenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere ) entschieden wurde, und im Übrigen ausschließlich Sachverhaltsfeststellungen getroffen wurden, hängt die gegenständliche Entscheidung von keiner Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ab.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 201 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 41 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 4 Abs. 4 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955 § 41 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.7103879.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at