Gnadenansuchen, Haftunfähigkeit
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch R in der Finanzstrafsache gegen K.K., (Bf) vertreten durch Dr. Wolfgang Halm, Berggasse 10, 1090 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Finanzen vom über die Abweisung eines Ansuchens nach § 187 FinStrG nach Abhaltung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des steuerlichen Vertreters, des Vertreters des BMF Dr. Andreas Angermüller und der Schriftführerin Monika Holub zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Am brachte der Vertreter der Bf. ein Gnadenansuchen mit folgendem Text ein:
"Ich ersuche um Gewährung einer Nachsicht hinsichtlich des Restbetrages meiner Geldstrafe mit nachstehender Begründung.
Da ich keine Arbeitsstelle gefunden habe, verfüge ich derzeit über keinerlei Einkommen und muss mich mit Hilfe meiner Freunde und Bekannten durchbringen.
Im Übrigen hat sich mein Gesundheitszustand noch weiter verschlechtert, da mir im Juli
2015 eine weitere Zehe auf Grund eines Unfalls amputiert werden musste. Dadurch bin ich noch schwerer am Arbeitsmarkt vermittelbar, zumal ich auch im 56. Lebensjahr stehe.
Ich ersuche daher höflich um stattgebende Behandlung meines Nachsichtsgesuchs und
stehe für weitere Rückfragen gerne zur Verfügung."
Das Bundesministerium für Finanzen hat am zu GZ. BMF-O10105/0004-IV/4/2016 einen abweisenden Bescheid erlassen und diesen wie folgt begründet:
"Über das Ansuchen der K, vertreten durch Wirtschaftstreuhänder Dr. Wolfgang HALM, vom um gnadenweise Nachsicht der mit Strafverfügung des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten als Finanzstrafbehörde vom , SN 2015, wegen des Tatbeitrages zum Finanzvergehen der fahrlässigen Abgabenverkürzung nach §§ 11, 34 Abs. 1 Finanzstrafgesetz (FinStrG) verhängten Geldstrafe in Höhe von € 3.200,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Tage), welche mit € 2.500,00 unberichtigt aushaftet, wird wie folgt entschieden:
Das Ansuchen wird gemäß § 187 FinStrG als unbegründet abgewiesen.
Begründung
K, als steuerliche Vertreterin war für schuldig befunden worden, als Beitragstäterin bei der E im Bereiche des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten unter der StNr. 1 grob fahrlässig durch Abgabe einer unrichtigen Erklärung zur Feststellung von Einkünften von PersonengeselIschaften/gemeinschaften (Feststellungserklärung) für das Jahr 2006, bei Z.B. unter StNr. 2 Einkommensteuer für 2006 von € 14.454,53, bei J.B. StNr. 3 Einkommensteuer für 2006 von € 17.582,86 und bei der ES unter StNr. 4 Körperschaftsteuer für 2006 von € 2.329,70 zu verkürzen beigetragen zu haben.
Im Gnadenansuchen vom ersucht die Gnadenwerberin um Nachsicht des Restbetrages ihrer Geldstrafe und bringt dazu vor über keinerlei Einkommen zu verfügen und sich mit Hilfe von Freunden und Bekannten durchzubringen zu müssen. Aufgrund eines Unfalles sei ihr im Juli 2015 eine Zehe abgenommen worden. Dadurch und da sie im 56. Lebensjahr stehe, sei sie am Arbeitsmarkt schwer vermittelbar. Dem Akt ist zu entnehmen, dass zur verhängten Geldstrafe ein Zahlungserleichterungsansuchen eingebracht wurde und Raten von € 100,00 per Monat bezahlt werden. Im Rahmen der Erhebung der wirtschaftlichen Lage vom hat die Gnadenwerberin angegeben, dass sie seit als Angestellte in einer Steuerberatungskanzlei € 420,00 brutto pro Monat verdient. Sie besitze kein Vermögen und befinde sich in Konkurs. Bei der Bezahlung ihrer laufenden Ausgaben in Höhe von ca. € 900,00 (Miete, Strom, Gas, etc.) werde sie von ihrem Freund unterstützt. Aufgrund der Aktenlage ist davon auszugehen, dass die vorgebrachte gesundheitliche Beeinträchtigung tatsächlich vorliegt. Darüber hinaus wurde erhoben, dass K mit Urteil vom gemäß §§ 153 Abs. 1, 153 Abs. 2 2. Fall StGB wegen Untreue in der Qualifikation eines € 50.000 übersteigenden Betrages zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten, davon 27 Monate bedingt, verurteilt worden war. Letztlich wurde festgestellt, dass über die Gnadenwerberin mit Erkenntnis des Spruchsenates als Organ des Finanzamtes Wien 9/ 18/ 19 Klosterneuburg vom wegen des Finanzvergehens der Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. lit. a FinStrG eine Geldstrafe von € 4.000,00 verhängt wurde, welche zur Gänze entrichtet wurde. Über das Gnadenansuchen ist zu erwägen:
Gemäß § 187 FinStrG können bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände über
Ansuchen der Bestraften von den Finanzstrafbehörden verhängte Strafen ganz oder teilweise nachgesehen werden.
Die Behörde hat nach objektiver Sachverhaltsermittlung festzustellen, ob berücksichtigungswürdige Gründe vorliegen. Sodann liegt die Ausübung des Gnadenrechts im Ermessen der Behörde, die dabei von den Grundsätzen der Billigkeit und Zweckmäßigkeit auszugehen hat.
Das Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände ist von der Gnadenwerberin zu
behaupten.
Vorerst ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Judikatur des VwGH die Tatsache, dass jemand aus einer schlechten wirtschaftlichen Lage heraus die rechtskräftig gegen ihn verhängte Geldstrafe nicht bezahlen könne für sich alleine keinen gnadenwürdigen Grund darstellt.
Gerade für diesen Fall der Uneinbringlichkeit der verhängten Geldstrafe hat der Gesetzgeber den Vollzug der festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe vorgesehen, an dessen Stelle auch gemeinnützige Leistungen erbracht werden können.
Ein gnadenwürdiger Umstand iSd § 187 FinStrG kann in dem von der Gnadenwerberin vorgebrachten - wenn auch nicht durch entsprechende Unterlagen dokumentierten, jedoch durch die Wahrnehmung der Organe des Finanzamtes bestätigt - sich verschlechterten Gesundheitszustand im Zusammenspiel mit den bisherigen Zahlungen auf die Geldstrafe - und dem dadurch dokumentierten Zahlungswillen - erkannt werden.
Bezüglich der in Ausübung des Gnadenrechtes nunmehr vorzunehmenden Beurteilung dieser Umstände gilt es die Angemessenheit in Bezug auf die berechtigten Interessen der Partei der Angemessenheit in Bezug auf das öffentliche Interesse gegenüber zu stellen. Der Gnadenentscheidung sind auch general- und spezialpräventive Überlegungen zugrunde zu legen. Das bedeutet, dass sowohl andere als auch die Gnadenwerberin selbst von der Begehung (weiterer) Finanzvergehen abgehalten werden sollen.
Die verhängte Geldstrafe von € 3.200,00 ist in Höhe von € 2.500,00 noch aushaftend.
Wenn also erst weniger als 22 % der verhängten Geldstrafe entrichtet worden sind, so ist
dem Strafzweck keinesfalls entsprochen worden, eine gnadenweise Nachsicht kann daher im Besonderen aus generalpräventiven Gründen nicht gewährt werden.
Es wäre unbillig von den steuerredlichen Unternehmen und Bürgern zu verlangen regelmäßig ihren steuerlichen Verpflichtungen nachzukommen, während man andererseits das Fehlverhalten der Gnadenwerberin ohne die notwendige strafrechtliche Sanktion ließe.
Auch entspricht es nicht dem Zweck der Strafrechtspflege, eine verhängte Geldstrafe kurze Zeit nach Rechtskraft zum überwiegenden Teil wiederum gnadenweise nachzusehen.
Festzuhalten ist auch, dass die verhängte Geldstrafe keinesfalls als überhöht anzusehen ist und trotz einer einschlägigen Vorstrafe sogar unter der im § 23 Abs. 4 FinStrG grundsätzlich vorgesehenen Mindestgeldstrafe liegt.
Es gilt auch zu berücksichtigen, dass die Gnadenwerberin gem. §§ 153 Abs. 1, 153 Abs. 2 2. Fall StGB wegen Untreue in der Qualifikation eines € 50.000 übersteigenden Betrages zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten, davon 27 Monate bedingt, verurteilt wurde.
Durch die voranstehend angeführte gerichtliche Bestrafung sowie die einschlägige Vorstrafe wegen § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG kommt spezialpräventiven Überlegungen besondere Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang ist weiters festzuhalten, dass die Gnadenwerberin nunmehr wieder in ihrem Beruf als Steuerberaterin - in dessen Ausübung sie auch die angelasteten Malversationen vorgenommen hat - tätig ist.
In Anbetracht der voranstehenden Ausführungen ist kein Raum für eine Mäßigung der
verhängten Geldstrafe gegeben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Ergänzend ist zu bemerken, dass Gegenstand einer allfälligen Nachsicht im Sinne des § 187 FinStrG ausschließlich die von einer Finanzstrafbehörde verhängten Geld- und
Freiheitsstrafen sind, nicht jedoch die Kosten des Finanzstrafverfahrens und die
Nebengebühren. Die Nachsicht der Kosten des Strafverfahrens und der Nebengebühren ist im Sinne des § 236 Bundesabgabenordnung zu behandeln und fällt daher in die
Zuständigkeit der Finanzstrafbehörde."
Dagegen richtet sich die Beschwerde vom , in der wie folgt ausgeführt wird:
"Gegen den Bescheid vom , zugestellt am , erhebe ich in offener Frist Beschwerde an das Bundesfinanzgericht mit nachstehender Begründung.
Wenn im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen wird, dass ich anstelle der
verhängten Geldstrafe auch gemeinnützige Leistungen erbringen könnte bzw. die
Ersatzarreststrafe antretbar wäre, so ist dem Nachstehendes zu entgegnen.
Der vom Landesgericht für Strafsachen bestellte ärztliche Sachverständige hat bereits
zweimal meine Haftunfähigkeit bestätigt und ist nunmehr ein weiteres Gutachten in nächster Zeit zu erwarten, welches darüber abspricht, ob dauernde Haftunfähigkeit vorliegt.
Sollte daher das Gutachten des gerichtlich beeideten ärztlichen Sachverständigen
dahingehend lauten, dass ich dauerhaft haftunfähig bin, was bei meinem schlechten
Gesundheitszustand höchstwahrscheinlich sein wird, so scheidet die Ersatzarreststrafe aus und ist es wohl unter Anwendung der Erfahrungen des täglichen Lebens naheliegend, dass ich auch aus gesundheitlichen Gründen nicht imstande wäre, gemeinnützige Leistungen zu erbringen.
Warum generalpräventive Gründe gegen die Gewährung der gnadenweise Nachsicht
sprechen, ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen, sodass diesbezüglich ein
Begründungsmangel vorliegt, der allein schon für dessen ersatzlose Aufhebung spricht.
Auch der Satz: „Auch entspricht es nicht dem Zweck der Strafrechtspflege, eine verhängte Geldstrafe kurze Zeit nach Rechtskraft zum überwiegenden Teil wiederum gnadenweise nachzusehen“ ist nahezu als zynisch anzusehen, denn es wurde überhaupt nicht bedacht, dass ich im Herbst 2015 durch eine weitere Verletzung eine weitere Zehe an meinem Fuß amputieren lassen musste, was, wie wohl jeder vernünftig denkende Mensch verstehen wird, von mir nicht vorausgesehen werden konnte.
Warum meine vom Landesgericht für Strafsachen verhängte Strafe mit der gnadenweisen
Nachsicht meiner Geldstrafe wegen fahrlässiger Abgabenverkürzung einen Zusammenhang ergibt, ist dem angefochtenen Bescheid gleichfalls nicht zu entnehmen, was einen weiteren Begründungsmangel darstellt.
Wenn im 3. Absatz von unten auf Seite 4 des angefochtenen Bescheides sogar behauptet
wird, ich würde meinen Beruf als Steuerberaterin wiederum ausüben und hiedurch wiederum strafrechtlich relevante Malversationen vornehmen, so wird im angefochtenen Bescheid übersehen, dass ich auf Grund der rechtskräftigen gerichtlichen Strafe aus der Liste der Wirtschaftstreuhänder gestrichen wurde und daher die Argumentation mit ihrer
Hintergrundabsicht, ich würde ja vielleicht als Steuerberaterin wieder straffällig werden,
vollkommen Tatsachen - und sinnwidrig ist, denn, wie gesagt, besteht für mich de facto keine Möglichkeit mehr, in den Beruf als Steuerberaterin zurückzukehren, denn im angefochtenen Bescheid wird mein Lebensalter geflissentlich übersehen, weil bei Befassung mit meiner persönlichen Situation, hätte die bescheiderlassende Behörde wohl erkennen können, dass ich im Juli dieses Jahres das 56. Lebensjahr erreichen werde und die Tilgungsfrist für meine gerichtliche Vorstrafe noch mindestens 5 Jahre dauert, sodass ich frühestens mit 61 Jahren theoretisch wieder Steuerberaterin werden könnte, wobei noch zu berücksichtigen ist, dass dann die im Wirtschaftstreuhandberufsgesetz vorgesehene 7-Jahresfrist in Geltung treten würde. Gemäß § 97 WTBG ist dann, wenn die Berufsbefugnis geruht hat bzw. entzogen war, die Wiederaufnahme der Berufstätigkeit nicht durch einfachen Antrag möglich, sondern müsste ich die Fachprüfung für Steuerberater nochmals machen, welche 2 Klausuren, nämlich eine aus Steuerrecht und eine aus Betriebswirtschaftlehre und eine kommissionelle mündliche Prüfung umfasst.
Das Prüfungsverfahren dauert mindestens 1 1/2 Jahre, sodass ich unter der Annahme des
sofortigen Bestehens dieser 3 Prüfungen frühestens mit etwa 63 oder 64 Jahren den Beruf einer Steuerberaterin wieder ausüben könnte.
Dazu ist noch anzumerken, dass laut einer langjährigen Statistik die Durchfallsquote bei dieser sehr schwierigen Prüfung bei etwa 60 - 70 % liegt, sodass ich, wenn überhaupt, erst mit mehrmaligem Antreten die Berufsbefugnis wieder erlangen könnte und daher beinahe 65 Jahre alt wäre. Es wird wohl jeder vernünftig denkende Mensch einsehen, dass damit die in der indirekten Argumentation des angefochtenen Bescheides anklingende Vermutung, ich werde als Steuerberaterin wieder Malversationen begehen, unter Anwendung der Denkgesetze und der Erfahrungen des täglichen Lebens nicht vorstellbar ist.
Ganz abgesehen davon, dass der Zeitabstand zwischen meinem Fehlverhalten und der
allfälligen Tätigkeit als Steuerberaterin beinahe 15 Jahre betragen würde.
Auch - ist noch zu berücksichtigen, dass - mein bereits jetzt sehr schlechter
Gesundheitszustand in 9 Jahren sicher nicht besser sein wird, sondern schlechter, sodass
ich den Beruf ohnedies nicht mehr ausüben könnte und überdies mit ca. 65 Jahren neue
Klienten gewinnen müsste, was wohl bei Anwendung der Denkgesetze und der Erfahrungen des täglichen Lebens nahezu unmöglich wäre. Dies in einem Beruf, wo die Klienten auf langjährige Zusammenarbeit fokussiert sind!
lch beantrage daher Nachstehendes:
1) die Aufhebung des angefochtenen Bescheides sowie die Stattgabe meines
Gnadengesuches,
2) die Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung sowie die Durchführung einer Senatsentscheidung"
Am wurde dazu folgende Ergänzung eingebracht:
"Gegen den oberhalb bezeichneten Bescheid des Bundesministeriums für Finanzen vom
habe ich am in offener Frist Beschwerde eingebracht und ergänze
mein Beschwerdevorbringen wie folgt.
Wie sich aus dem in Kopie beiliegenden Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien ergibt, hat dieses Gericht mit Beschluss vom entschieden, dass ich auf Grund meiner diversen schweren Erkrankungen als haftunfähig anzusehen bin.
Wie sich aus diesem Beschluss ergibt, in welchem das Gutachten des vom Gericht
beigezogenen ärztlichen Sachverständigen angeführt ist, hat dieser festgestellt, dass meine Krankheitsbilder sich nicht mehr verbessern werden, was in Anbetracht meines Lebensalters - ich stehe im 56. Lebensjahr - auch leider wahrscheinlich ist...
Da die belangte Behörde für die Nichtgewährung der gnadenweisen Nachsicht meiner
Geldstrafe als einziges Argument anführt, dass die gnadenweise Nachsicht kurz nach Eintritt der Rechtskraft dem Zweck der Strafrechtspflege widerspreche, so ist ergänzend
auszuführen, dass es bei der gnadenweisen Nachsicht nicht darauf ankommen kann,
sondern hätte die belangte Behörde den Umstand berücksichtigen müssen, dass ich nach
Eintritt der Rechtskraft der Strafverfügung eine weitere schwere Beeinträchtigung meines
Gesundheitszustandes hinnehmen musste, welche darin gipfelte, dass mir im Juli 2015 eine Zehe amputiert werden musste, was in ursächlichem Zusammenhang mit meinen
sonstigen Krankheiten steht, da mein gesamter körperlicher Gesundheitszustand schwer
angegriffen ist.
Jedenfalls sollte auch der belangten Behörde klar gewesen sein, dass ich durch diese
unverschuldete persönliche Situation nicht imstande bin, weitere Zahlungen zu leisten, da ich zwar in einer Steuerberatungskanzlei geringfügig beschäftigt bin (auf Grund meines
schlechten Gesundheitszustandes), aber bei einem so geringen Einkommen, wie dem mir
zur Verfügung stehenden, jede Zahlungsbelastung schwer wiegt.
Ich beantrage daher, wie bisher, die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und
Zuerkennung der gnadenweisen Nachsicht des Restes meiner Geldstrafe."
Der Beschwerde wurde ein Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom beigelegt, in dem festgestellt wird, dass die Einleitung des Vollzuges der über die Bf. verhängten Freiheitsstrafe von drei Monaten gemäß § 5 Abs 1 StVG so lange aufgeschoben wird, bis der Zustand, der einen Vollzug der Strafe unmöglich macht, aufhört.
Der Sachverständige Prim Dr. Norbert Vetter habe die Vollzugsuntauglichkeit wegen Vorliegens einer Zuckerkrankheit mit Durchblutungsstörungen der Extremitäten und Neuropathie, einer chronischen Entzündung der Knochen im Bereich der unteren Extremitäten, eines nicht heilenden Geschwürs im Bereich der unteren Extremitäten (nicht kontrollierbarer Prozess der Weichteile und der Haut), einer berichteten Hypoglykämie und berichteter wiederholter Rotläufe sowie einer engeschränkten Nierenfunktion aufgrund der Zuckerkrankheit. Seit 2013 hat sich der Zustand trotz therapeutischer Maßnahmen deutlich verschlechtert. Bei der Schädigung der Gefäße durch die Zuckerkrankheit ist eine Besserung nicht mehr zu erwarten.
Der Aufschub war daher seitens des Gerichtes nicht zu befristen."
In der mündlichen Verhandlung vom vor dem BFG wurde wie folgt festgestellt:
"Die Richterin trägt den Sachverhalt und die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens vor.
Der Verteidiger trägt die Beschwerde vor und beantragt wie dort. Ergänzend wird ausgeführt, dass die Bf. auch ein Sanierungsverfahren hatte. Sie ist derzeit weiterhin als Angestellte in einer Steuerberatungskanzlei beschäftigt und hat ein monatliches Einkommen von € 800,00 bis € 900,00 netto. Auf Grund der Vorstrafe und ihres fortgeschrittenen Alters wird es ihr nicht mehr möglich sein, eine Tätigkeit mit einem höheren Einkommen aufzunehmen. Der Gesundheitszustand lässt zudem eine volle Berufstätigkeit nicht mehr zu.
Richterin hält fest, dass auf dem Abgabenkonto eine Löschung von Abgabenschuldigkeiten von ca. € 140.000,00 ersichtlich ist und fragt, ob derzeit andere Zahlungen auf Abgabenschuldigkeiten noch geleistet werden:
Verteidiger: Dazu ist mir nichts bekannt. Die Löschung dürfte sich aus dem Sanierungsverfahren ergeben haben (s). Auf die Strafe wurden Ratenzahlungen von € 100,00 pro Monat geleistet, derzeit gibt es dazu eine Stundung, seit . Das Sanierungsverfahren wurde Ende 2015 abgeschlossen. Die Vermögenswerte sind weg. Es hat in den letzten fünf Jahren nur geringe Beitragsleistungen gegeben, daher wird sich dies auch auf die zu erwartende Pension durchschlagen. Sie versucht dennoch bis zum 60. Lebensjahr erwerbstätig zu sein, damit die Bemessungsgrundlage für die Pension noch entsprechend erhöht werden kann, weil noch Beitragsjahre erzielt werden sollen.
Es möge bedacht werden, dass die Bf. dann, wenn sie versuchen wollte, am Arbeitsmarkt eine besser dotierte Arbeitsstelle zu finden, in einem vorzulegenden Lebenslauf angeben müsste, dass sie viele Jahre selbständige Steuerberaterin war und darauf unmittelbar die Frage auftreten würde, warum sie diesen Beruf nicht mehr ausführe. Sie müsste dann auch Information über ihre noch nicht getilgte gerichtliche Verurteilung geben und würde mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit die angestrebte Position nicht bekommen.
Auf Grund der gerichtlichen Vorstrafe kann die Bf. auch keinen Gewerbeschein als gewerbliche Buchhalterin und/oder Lohnverrechnerin bekommen. Da die Tilgungsfrist für die gerichtliche Vorstrafe mindestens fünf Jahre dauert. Damit ist klar, dass dies über den Zeitpunkt der Pensionsberechtigung aus der gesetzlichen Alterspension hinausgeht.
Vertreter des Ministeriums verweist auf die Ausführungen im Bescheid und darauf, dass die persönlichen Verhältnisse der Bf. bereits beim Strafausspruch Berücksichtigung gefunden haben und eine Strafhöhe unter der Mindeststrafe ausgesprochen wurde. Es wird daher die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Verteidiger: Die Verhängung der verfahrensgegenständlichen Geldstrafe musste aus ökonomischen Gründen akzeptiert werden und ist darauf hinzuweisen, dass ursprünglich in der Anzeige der Finanzstrafbehörde eine Steuerverkürzung von über € 200.000,00 bei der Staatsanwalt St. Pölten angezeigt wurde, in weiterer Folge sich jedoch der strafbestimmende Wertbetrag wesentlich reduziert hat, weil die dem Verfahren zugrundeliegende Selbstanzeige wesentlich zu hohe Abgabenbeträge angeführt hat. Verblieben ist sodann ein strafbestimmender Wertbetrag, der nur etwa 10% bis 15% des ursprünglichen Verkürzungsbetrages ausgemacht hat. Somit war einerseits der Strafvorwurf vom Vorsatz auf Fahrlässigkeit herabgesetzt und eine empfindliche Reduzierung des strafbestimmenden Wertbetrages gegeben. Die Bf. hat daher aus verfahrensökonomischen Gründen und auch im Hinblick auf ihre ungünstige wirtschaftliche Lage diese Strafverfügung akzeptiert. Damals hoffte sie doch noch ein besseres Einkommen lukrieren zu können, was jedoch durch den danach erlittenen Unfall und die daraus resultierende schwere Verletzung, wegen welcher ihr eine weitere Zehe amputiert werden musste, zunichte gemacht wurde, daher wird die Stattgabe der Beschwerde beantragt."
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 187 Abs. 1 FinStrG kann bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände das Bundesministerium für Finanzen über Ansuchen des Bestraften durch die Finanzstrafbehörden verhängte Strafen ganz oder teilweise nachsehen oder Freiheitsstrafen in Geldstrafen umwandeln. Unter denselben Voraussetzungen können über Ansuchen verfallene Gegenstände und Beförderungsmittel dem früheren Eigentümer ohne Entgelt oder gegen Leistung eines Geldbetrages freigegeben werden.
Abs. 3: Ein Recht auf gnadenweise Nachsicht besteht nicht.
Gemäß § 62 Abs. 1 FinStrG entscheidet über Beschwerden das Bundesfinanzgericht.
Abs. 2: Die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Entscheidung über die Beschwerde obliegt einem Senat des Bundesfinanzgerichtes,
a) wenn die Beschwerde sich gegen ein Erkenntnis oder einen sonstigen Bescheid eines Spruchsenates richtet,
b) wenn der Beschuldigte oder ein Nebenbeteiligter dies in der Beschwerde gegen ein Erkenntnis oder in der Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß § 149 Abs. 4 begehrt.
Gemäß § 160 Abs. 1 FinStrG ist über Beschwerden nach vorangegangener mündlicher Verhandlung zu entscheiden, es sei denn, die Beschwerde ist zurückzuweisen oder der angefochtene Bescheid bereits aufgrund der Aktenlage aufzuheben, das Verfahren einzustellen oder es ist nach § 161 Abs. 4 vorzugehen.
Abs. 2: Das Bundesfinanzgericht kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn
a) in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder
b) nur die Höhe der Strafe bekämpft wird oder
c) im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder
d) sich die Beschwerde nicht gegen ein Erkenntnis richtet
und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde beantragt hat. Ein solcher Antrag kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Abs. 3: Das Bundesfinanzgericht kann von der Durchführung oder Fortsetzung einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung verzichten.
Abs. 4: Die mündliche Verhandlung ist öffentlich. Die Öffentlichkeit ist unter den Voraussetzungen des § 127 Abs. 2 auszuschließen. Die §§ 127 Abs. 4 und 134 sind sinngemäß anzuwenden.
Wie bereits das Ministerium festgestellt hat, stellt nach ständiger Judikatur des VwGH die Tatsache, dass jemand aus einer schlechten wirtschaftlichen Lage heraus die rechtskräftig gegen ihn verhängte Geldstrafe nicht bezahlen kann für sich alleine keinen gnadenwürdigen Grund dar.
Gerade für diesen Fall der Uneinbringlichkeit der verhängten Geldstrafe hat der Gesetzgeber den Vollzug der festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe vorgesehen, an dessen Stelle auch gemeinnützige Leistungen erbracht werden können.
Ein gnadenwürdiger Umstand iSd § 187 FinStrG kann in dem von der Gnadenwerberin vorgebrachten - nunmehr auch durch den vorliegenden Gerichtsbeschluss bestätigt- sich verschlechtert habenden Gesundheitszustand im Zusammenspiel mit den bisherigen Zahlungen auf die Geldstrafe - und dem dadurch dokumentierten Zahlungswillen - erkannt werden.
Die folgende Begründung des Bescheides ist auch für das Erkenntnis fast unverändert zu übernehmen.
Bezüglich der in Ausübung des Gnadenrechtes daher vorzunehmenden Beurteilung dieser Umstände gilt es die Angemessenheit in Bezug auf die berechtigten Interessen der Partei der Angemessenheit in Bezug auf das öffentliche Interesse gegenüber zu stellen. Der Gnadenentscheidung sind auch general- und spezialpräventive Überlegungen zugrunde zu legen. Das bedeutet, dass sowohl andere als auch die Gnadenwerberin selbst von der Begehung (weiterer) Finanzvergehen abgehalten werden sollen.
Die verhängte Geldstrafe von € 3.200,00 ist in Höhe von € 2.500,00 weiterhin aushaftend.
Wenn also erst weniger als 22 % der verhängten Geldstrafe entrichtet worden sind, so ist
dem Strafzweck keinesfalls entsprochen worden, eine gnadenweise Nachsicht kann daher im Besonderen aus generalpräventiven Gründen nicht gewährt werden.
Es wäre unbillig von den steuerredlichen Unternehmen und Bürgern zu verlangen regelmäßig ihren steuerlichen Verpflichtungen nachzukommen, während man andererseits das Fehlverhalten der Gnadenwerberin, die noch dazu als Steuerberaterin tätig war und daher berufsbedingt eine besonders hohe Verantwortung hinsichtlich Steuermeldungs- und Zahlungsverpflichtungen haben sollte, ohne die notwendige strafrechtliche Sanktion ließe.
Auch entspricht es nicht dem Zweck der Strafrechtspflege, eine verhängte Geldstrafe kurze Zeit nach Rechtskraft zum überwiegenden Teil wiederum gnadenweise nachzusehen.
Festzuhalten ist auch, dass die verhängte Geldstrafe keinesfalls als überhöht anzusehen ist und trotz einer einschlägigen Vorstrafe sogar unter der im § 23 Abs. 4 FinStrG grundsätzlich vorgesehenen Mindestgeldstrafe für fahrlässige Abgabenverkürzungen liegt, womit die persönlichen Umstände der Bf. (wirtschaftliche Lage und Erkrankungen) bereits bei der Strafbemessung Berücksichtigung gefunden haben.
Es gilt auch zu berücksichtigen, dass die Gnadenwerberin gem. §§ 153 Abs. 1, 153 Abs. 2 2. Fall StGB wegen Untreue in der Qualifikation eines € 50.000 übersteigenden Betrages zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten, davon 27 Monate bedingt, verurteilt wurde.
Durch die voranstehend angeführte gerichtliche Bestrafung sowie die einschlägige Vorstrafe wegen § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG kommt spezialpräventiven Überlegungen ebenfalls Bedeutung zu.
In diesem Zusammenhang ist weiters festzuhalten, dass die Gnadenwerberin nunmehr eben wieder in ihrem Berufsumfeld in einer Steuerberatungskanzlei, wenn auch nur als Mitarbeiterin tätig ist. Da ihre Erkrankung nicht auch zu einer Berufsunfähigkeit geführt hat, liegen weiterhin auch spezialpräventive Erfordernisse vor.
Es ist somit kein Raum für eine gnadenweise Nachsicht der noch aushaftenden verhängten Geldstrafe gegeben.
Die Frage, ob der Gesundheitszustand eines Bestraften die Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe gestattet, ist nicht im Rahmen eines Gesuches um Nachsicht einer Geldstrafe zu prüfen ().
Die zwischenzeitig festgestellte Haftunfähigkeit der Bf. konnte daher im Gnadenverfahren keine Berücksichtigung finden. Dieser Umstand wird durch die Finanzstrafbehörde im weiteren Einhebungs- Einbringungsverfahren zu beachten sein.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Zulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 187 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 23 Abs. 4 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.7300022.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at