Keine weitere Zustellung eines rechtswirksam zugestellten Bescheides
Rechtssätze
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RV/2100658/2015-RS1 | Die erste Zustellung ist für die Rechtsfolgen der Zustellung maßgebend. Ist ein Dokument zugestellt, so löst die neuerliche Zustellung des gleichen Dokumentes gemäß § 6 BAO keine Rechtswirkungen aus. Eine zweite Zustellung löst daher nicht neuerlich den Lauf der Rechtsmittelfrist aus. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin in der Beschwerdesache des Beschwerdeführers über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes vom betreffend die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer 07-12/2012 entschieden:
Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als verspätet zurückgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom gegenüber dem Beschwerdeführer (=Bf.) Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 07-12/2012 in Höhe von 489,60 Euro fest.
Begründet wurde der Bescheid damit, dass der Bf. einen Personenkraftwagen widerrechtlich gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 Kraftfahrzugsteuergesetz 1992 verwendet habe und die Selbstberechnung der Kraftfahrzeugsteuer unterlassen habe.
Der Bescheid kam laut Rückschein (RSb) wegen Unzustellbarkeit an das Finanzamt zurück.
In der Folge brachte er gegen die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe, nicht aber gegen den Bescheid über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer Berufung (nunmehr Beschwerde ein).
Am rief der Bf. beim Finanzamt an, um sich zu erkundigen, warum er eine Zahlungsaufforderung betreffend Kraftfahrzeugsteuer 07-12/2012 erhalten habe.
Ihm wurde von einer Mitarbeiterin des Finanzamtes erklärt, dass er nur gegen die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe 07/2012 und nicht auch gegen die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer Beschwerde erhoben habe, weshalb eine Aussetzung der Einhebung der Kraftfahrzeugsteuer nicht möglich war.
Der Bf. behauptete nur einen Bescheid über die Festsetzung der der Normverbrauchsabgabe erhalten zu haben, jedoch keinen Bescheid über die Festsetzung von Kraftfahrzeugsteuer.
Die Mitarbeiterin hatte offenbar keine Kenntnis von der persönlichen Aushändigung des Bescheides an den Bf. am .
Am erschien der Bf. persönlich im Finanzamt. Dem Bf. wurde eine Kopie der Durchschrift des Bescheides mit dem Vermerk „Der Bescheid wird neu erlassen, da der Bf. angab, den Bescheid nie erhalten zu haben. , Unterschrift des Organes des Finanzamtes“, persönlich ausgehändigt.
Auf der Durchschrift wurde außerdem die Zustelladresse handschriftlich geändert.
Im Rahmen der Manuduktionspflicht nahm die Mitarbeiterin des Finanzamtes mit dem Bf. eine Beschwerde gegen den Bescheid vom betreffend die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer 07-12/2012 auf. Inhaltlich wurde auf die Beschwerde gegen die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe 07/2012 verwiesen.
Der Bf. begehrte die unmittelbare Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung. Der Bf. beteuerte auch, den Bescheid betreffend Kraftfahrzeugsteuer 07-12/2012 nie erhalten zu haben.
In der Folge wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Unter den vorgelegten Unterlagen befand sich auch eine schriftliche Bestätigung des Bf. vom , wonach ihm der Bescheid betreffend Kraftfahrzeugsteuer persönlich übergeben worden war.
Danach wurde dem Bf. anlässlich einer Vorsprache beim Finanzamt am der Bescheid persönlich in den Amtsräumen durch ein Organ des Finanzamtes zusammen mit dem Bescheid betreffend die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe 07/2012 zugestellt.
Mit Vorhalt vom , zugestellt am , hielt das Bundesfinanzgericht dem Bf. vor, dass er den strittigen Bescheid vom betreffend die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer 07-12/2012 anlässlich einer Vorsprache beim Finanzamt Graz-Stadt am wurde persönlich übernommen habe.
Eine Kopie dieser Bestätigung wurde dem Vorhalt beigelegt.
Die Beschwerde vom sei folglich verspätet.
Dem Bf. wurde eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Vorhaltes zur Äußerung gesetzt.
Mit E-Mails vom und machte der Bf. Eingaben an das Bundesfinanzgericht, in denen er sich zur Frage der Verwendung des Kfz in Österreich, aber nicht zur Frage der zeitgerechten Einbringung der Beschwerde äußerte.
Rechtslage und Erwägungen
Maßgebliche gesetzliche Bestimmungen:
§ 243 BAO
Gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, sind Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.
§ 245 Abs. 1 BAO
Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat. Enthält ein Bescheid die Ankündigung, dass noch eine Begründung zum Bescheid ergehen wird, so wird die Beschwerdefrist nicht vor Bekanntgabe der fehlenden Begründung oder der Mitteilung, dass die Ankündigung als gegenstandslos zu betrachten ist, in Lauf gesetzt. Dies gilt sinngemäß, wenn ein Bescheid auf einen Bericht (§ 150) verweist.
§ 260 Abs. 1 BAO
Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Im Beschwerdefall wurde dem Bf. der angefochtene Bescheid vom persönlich am in den Amtsräumen des Finanzamtes durch einen Bediensteten des Finanzamtes (siehe §§ 2 und 3 Zustellgesetz) ausgehändigt. Der Bescheid wurde dadurch gemäß § 97 Abs. 1 BAO rechtswirksam.
Der Bescheid ist innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist nach § 245 Abs. 1 BAO sowohl formell als auch materiell rechtskräftig geworden.
Ein Bescheid ist formell rechtskräftig, wenn er durch ein ordentliches Rechtsmittel (Beschwerde) nicht mehr angefochten werden kann.
Im Beschwerdefall ist die Rechtsmittelfrist am abgelaufen.
Die Beschwerde wurde am eingebracht.
Gründe für die Verspätung der Beschwerde wurden nicht vorgebracht.
Ist ein Dokument zugestellt, so löst die neuerliche Zustellung des gleichen Dokumentes gemäß § 6 Zustellgesetz keine Rechtswirkungen aus.
Die neuerliche Zustellung am löst daher nicht neuerlich den Lauf der Rechtsmittelfrist aus. Dies gilt auch dann, wenn die Behörde (zu Unrecht) angenommen hat, die erste Zustellung sei unwirksam gewesen (, , siehe Ritz, Bundesabgabenordnung Kommentar, Auflage 5,
§ 7 Zustellgesetz, Tz 2).
Die Beschwerde ist daher gemäß § 260 abs. 1 lit. b BAO als verspätet zurückzuweisen.
Laut Vermerk des Finanzamtes vom auf der dem Bf. ausgehändigten Bescheidkopie wurde der Bescheid neu erlassen.
Die Beschwerde vom richtet sich wiederum gegen den Bescheid vom (Tag der Bescheidausstellung), welcher am erstmals zugestellt worden sei und nicht gegen einen weiteren Bescheid vom .
Demnach ist Beschwerdegegenstand nicht ein etwaiger neuer Bescheid vom .
Sollte die Ansicht vertreten werden, am sei ein neuer Bescheid erlassen worden, so ist dazu auszuführen, dass der Bescheid vom auch materiell rechtskräftig wurde.
Unter materieller Rechtskraft wird die Unwiderrufbarkeit und die Unwiederholbarkeit des Bescheides verstanden (vgl. Ritz, BAO3, § 92 Tz 4). Ergeht in derselben Sache, die unanfechtbar und unwiderrufbar entschieden ist, eine neue Entscheidung, so ist diese inhaltlich rechtswidrig.
Die gegenständliche Beschwerde richtet sich aber eindeutig gegen den Bescheid vom , ist verspätet und daher zurückzuweisen.
Sollte man die Ansicht vertreten sie richte sich gegen einen weiteren Bescheid vom , so wäre dieser wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben und der Bescheid vom bliebe ebenso weiterhin unanfechtbar und unwiderruflich in Rechtskraft.
Das Bundesfinanzgericht geht aber davon aus, dass dem Vermerk auf der Kopie der Durchschrift des Bescheides vom kein Bescheidwille zu Grunde lag. Der Vermerk bezieht sich vielmehr auf den Zustellungsvorgang, der als weitere Zustellung zu werten ist und daher nach § 6 Zustellgesetz wirkungslos ist.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall ist die Entscheidung nicht von ungelösten Rechtsfragen abhängig, sondern stützt sich auf Sachverhaltselemente, auf die eine eindeutige und nicht klärungsbedürftige Rechtslage anzuwenden ist. Die Voraussetzungen des
Art. 133 Abs. 4 B-VG sind daher nicht erfüllt, weshalb die Revision unzulässig ist.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 243 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 6 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.2100658.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at