Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 24.08.2016, RV/6100150/2013

Zurückweisung wegen eines nicht wirksam gewordenen Feststellungsbescheides

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin IBV über die Beschwerde der Frau A, xyz, als Kommanditistin der GmbHuCoKG,  vertreten durch WirtschaftsprüfungsGmbH, abc, gegen den "Bescheid über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 Beendigung Mitunternehmerschaft" des Finanzamtes vom beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit a iVm § 278 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Am erstellte das Finanzamt drei Ausfertigungen eines „Bescheid(es) über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO – Beendigung Mitunternehmerschaft“, gerichtet an die „CGmbHuCoKG“. Jede Ausfertigung enthielt den Hinweis „Bescheid ergeht auch an alle anderen Gesellschafter“. A wurde eine dieser drei Ausfertigungen mit RSb zugestellt, die an B mit einer Anschrift im Vereinigten Königreich adressierte Ausfertigung wurde dem Finanzamt durch die Royal Mail retourniert und auf der dritten für die GmbH gedachten Ausfertigung wurde von Seiten des Finanzamtes der Vermerk „Zustellung durch Einlage in den Akt“ angebracht.

Die im Jahr 2007 „für den Zeitraum – Beendigung Mitunternehmerschaft“ erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden darin mit 4.241.854,47 Euro festgestellt, wobei ein Gewinnanteil von 1.702.160,38 Euro B, ein Gewinnanteil von 0,00 Euro, der GmbH und ein Gewinnanteil von 2.539.694,09 Euro A zugeordnet wurde.

In der Begründung dieses Feststellungsbescheides führte das Finanzamt einleitend aus, dass über die GmbHuCoKG am das Insolvenzverfahren eröffnet, das Unternehmen am geschlossen und die Gesellschaft am vom Firmenbuchgericht aufgelöst worden sei. Das Insolvenzverfahren sei am aufgehoben worden und die Verteilung der Masse sei am erfolgt.

Gegen diesen Feststellungsbescheid erhob die Gesellschafterin A (Bf) mit Schriftsatz vom Berufung und führte darin unter Punkt 1 Folgendes aus:

Die GmbHuCoKG sei beendet worden und existiere seit Beendigung des Insolvenzverfahrens nicht mehr. Die Verteilung der Masse sei am erfolgt. Die Gesellschaft verfüge somit über keine Organe mehr. Eine Bescheiderlassung an die Gesellschaft sei nicht mehr zulässig. Bei dem angefochtenen Feststellungsbescheid handle es sich um einen Nichtbescheid. Es werde daher beantragt die Berufung gegen den Feststellungsbescheid als unzulässig zurückzuweisen.

Unter Punkt 2 führte die Bf aus, dass der Feststellungsbescheid der GmbHuCoKG an die Bf zugestellt worden sei. Die Bf sei als Kommanditistin nicht zum Empfang von Schriftstücken der GmbHuCoKG berechtigt. Die Gesellschaft sei – wie unter Punkt 1 ausgeführt – beendet, abgewickelt und aufgelöst. Die Zustellung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Es werde daher beantragt, die Berufung gegen den Feststellungsbescheid als unzulässig zurückzuweisen.

In der Berufung wurde zugleich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung begehrt.

Das Finanzamt legte diese Berufung samt einem als "Einkommensteuerakt" bzeichneten, aber die Fa. CGmbHuCoKG, Str.Nr. def, betreffenden Ordner mit Bericht vom dem Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz vor.

Eine am erfolgte Rückfrage des Bundesfinanzgerichts beim Finanzamt ergab, dass bewusst auf den Hinweis nach § 101 Abs. 3 BAO verzichtet wurde, es sich bei dem für die Fa. GmbH gedachten, im Akt aufliegenden "Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO – Beendigung Mitunternehmerschaft" um das Original handelt, betreffend B die Adresse "Cambridge" bekannt war und für die GmbHuCoKG  keine gesonderte Ausfertigung erstellt wurde. 

Dazu wird erwogen:

1 Zuständigkeit:

Gemäß § 323 Abs. 38 erster Satz BAO idF BGBl I 70/2013 sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Entsprechend dieser Übergangsbestimmung fällt die am beim unabhängigen Finanzsenat anhängig gewesene Berufung vom gegen den „Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO – Beendigung Mitunternehmerschaft“ vom nunmehr in den Zuständigkeitsbereich des Bundesfinanzgerichtes und ist von diesem als Beschwerde im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

2 Sachverhalt:

Die GmbHuCoKG, FN fgh, wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet. Laut Pkt 6. des Gesellschaftsvertrages obliegt die Geschäftsführung und Vertretung der persönlich haftenden Gesellschafterin. Unbeschränkt haftende Gesellschafterin ist seit die GmbH, Kommanditisten sind seit Gründung der Gesellschaft und zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung B und die Bf. Mit Beschluss des Landesgerichts C vom erfolgte die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der GmbHuCoKG. Infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens kam es am zur Schließung des Unternehmens. Mit Beschluss des Landesgerichts C vom wurde der Konkurs nach der Schlussverteilung aufgehoben. Die GmbHuCoKG ist nach wie vor im Firmenbuch eingetragen. Dieser Sachverhalt lässt sich dem im Akt aufliegenden Gesellschaftsvertrag und dem Firmenbuch entnehmen, sodass an dessen Richtigkeit keine Zweifel bestehen.

Die GmbH, hij, wurde am gegründet, mit Beschluss des Landesgerichtes C vom wurde über ihr Vermögen der Konkurs eröffnet, die Gesellschaft infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst und mit Beschluss des Landesgerichtes C vom der Konkurs mangels Kostendeckung aufgehoben. Die GmbH ist nach wie vor im Firmenbuch eingetragen, wobei als Geschäftsführer und Liquidator B und als Gesellschafter B und die Bf aufscheinen. Ihr Sitz liegt bzw. lag seit ihrer Gründung in D, als Geschäftsanschrift scheint seit Februar 2003 die mno, auf. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Firmenbuch und wird daher als richtig angesehen.

Laut dem Gesellschaftsvertrag vom handelt es sich bei B und der Bf um Ehegatten.

Wie in der Darstellung des Verfahrensgangs ausgeführt bzw. aus den vorgelegten Akten ersichtlich, erstellte das Finanzamt am drei Ausfertigungen eines „Bescheid(es) über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO – Beendigung Mitunternehmerschaft“, gerichtet an die „CGmbHuCoKG“. Jede Ausfertigung enthielt den Hinweis „Bescheid ergeht auch an alle anderen Gesellschafter“. Der Bf wurde eine dieser drei Ausfertigungen mit RSb zugestellt, die an B mit einer Anschrift im Vereinigten Königreich adressierte Ausfertigung wurde dem Finanzamt durch die Royal Mail retourniert und auf der dritten für die GmbH gedachten Ausfertigung wurde vom Finanzamt der Vermerk „Zustellung durch Einlage in den Akt“ angebracht.

Im vorgelegten Akt liegt die erste Seite eines Schriftsatzes der "Insolvency Service" vom in Ablichtung auf, in welcher ua. als Adresse des B Cambridge aufscheint. Laut Zentralem Melderegister war B von bis in stu  wohnhaft und verzog danach in das Vereinigte Königreich.

Letztlich beinhaltet der vorgelegte Akt auch eine Berufung vom gegen den Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO 2006, die von der WirtschaftsprüfungsGmbH in Vertretung der GmbH, des B und der Bf und der GmbHuCoKG verfasst wurde.

3 Wirksamkeit von Feststellungsbescheiden:

Festgestellt werden nach § 188 Abs. 1 lit. b BAO die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn an den Einkünften derselben Einkunftsart mehrere Personen beteiligt sind.

Der Feststellungsbescheid ergeht nach § 191 Abs. 1 lit. c BAO in den Fällen des § 188: an die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, deren Gesellschaftern (Mitgliedern) gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind.

Ist eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit in dem Zeitpunkt, in dem der Feststellungsbescheid ergehen soll, bereits beendigt, so hat der Bescheid nach § 191 Abs. 2 BAO an diejenigen zu ergehen, denen in den Fällen des Abs. 1 lit. c gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind.

Feststellungsbescheide (§ 188) wirken gemäß § 191 Abs. 3 zweiter Satz BAO gegen alle, denen im Spruch des Bescheides Einkünfte zugerechnet bzw. nicht zugerechnet werden.

Werden in einem Dokument, das Form und Inhalt eines Feststellungsbescheides (§ 188) hat, gemeinschaftliche Einkünfte auch Personen oder Personenvereinigungen (Personengemeinschaften) ohne eigene Rechtspersönlichkeit zugerechnet, die nicht oder nicht mehr rechtlich existent sind (insbesondere infolge Todes, Beendigung der Gesellschaft, Gesamtrechtsnachfolge) oder die nicht oder nicht mehr handlungsfähig sind (zB infolge Sachwalterbestellung), so steht dies gemäß § 191 Abs. 5 BAO der Wirksamkeit als Feststellungsbescheid nicht entgegen.

Die Wirkung von Feststellungsbescheiden tritt nur beim kumulativen Vorliegen folgender Voraussetzungen ein: 1. der Bescheid muss in seinem Spruch seinen Adressaten gesetzmäßig bezeichnen (§ 191 Abs. 1 lit. c BAO iVm § 93 Abs. 2 BAO); 2. der Bescheid muss seinem Adressaten zugestellt sein oder kraft Zustellfiktion ihm gegenüber als zugestellt gelten (§ 97 Abs. 1 BAO iVm § 101 Abs. 3 BAO). Das Fehlen auch nur einer dieser Voraussetzungen steht der Wirksamkeit einer behördlichen Erledigung als Bescheid entgegen. (, ).

§ 191 Abs. 5 BAO verhindert allerdings die Nichtigkeit eines als Feststellungsbescheid beabsichtigten Schriftstückes (Dokumentes) und normiert die Wirksamkeit als Feststellungsbescheid gegenüber den dort genannten Einkünftebeziehern mit Ausnahme jener Personen (Personenvereinigungen, Personengemeinschaften, die im Zeitpunkt der Zustellung nicht oder nicht mehr rechtlich existent oder die nicht oder nicht mehr handlungsfähig sind. (Teilwirksamkeit).

3.1 Bescheidadressat – Parteifähigkeit:

Nach § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

Die Personenumschreibung ist notwendiger Bestandteil eines Bescheidspruches mit der Wirkung, dass ohne gesetzmäßige Bezeichnung des Adressaten im Bescheidspruch, zu dem auch das Adressfeld zählt, kein individueller Verwaltungsakt gesetzt wird. ().

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur BAO beeinträchtigt die Auflösung einer KG oder OG und ihre Löschung im Firmenbuch jedenfalls so lange ihre Parteifähigkeit nicht, als ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten – dazu zählt auch der Bund als Abgabengläubiger – noch nicht abgewickelt sind. Zu diesen Rechtsverhältnissen zum Bund, die abgewickelt sein müssen, zählt auch ein Feststellungsverfahren nach § 188 BAO. ().

Der gegenständliche „Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO – Beendigung Mitunternehmerschaft“ enthält als Bescheidadressat die  „CGmbHuCoKG“, die noch im Firmenbuch eingetragen ist und der gegenüber seitens des Bundes ein Abwicklungsbedarf besteht. Die Vollbeendigung dieser Gesellschaft ist somit nicht eingetreten. Dementsprechend ist ihre Parteifähigkeit gegeben, sodass im gegenständlichen Fall der Bescheidadressat gesetzmäßig bezeichnet wurde.

3.2 Zustellfiktion bei Personenvereinigungen:

Nach § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt nach lit. a bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

Schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c), sind nach § 101 Abs. 3 BAO einer nach § 81 vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird.

Damit ein Feststellungsbescheid die ihm nach § 191 Abs. 3 BAO zukommende Wirksamkeit äußern kann, muss er nach § 97 Abs. 1 auch seinem Adressaten zugestellt sein oder als zugestellt gelten. Das ergibt sich aus der Regelung des § 101 Abs. 3 BAO, die für bestimmte Feststellungsbescheide eine Zustellfiktion normiert, von welcher die Behörde Gebrauch machen kann, aber nicht muss. (, ).

Wird von der Zustellfiktion nicht Gebrauch gemacht, ist jedem Gesellschafter (Mitglied) der Personenvereinigung sowie auch dieser selbst eine Ausfertigung des jeweiligen Bescheides zuzustellen, in dem der Hinweis im Sinne des zweiten Satzes des § 101 Abs. 3 BAO zu unterlassen und, um eine völlige Unwirksamkeit des Bescheides zu verhindern, auf die vorzunehmende gesonderte Zustellung an die Beteiligten hinzuweisen ist. (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, § 101, Anm 11a, )

Im gegenständlichen Fall machte das Finanzamt von der Zustellfiktion - wie der Hinweis „Bescheid ergeht auch an alle anderen Gesellschafter“ (und das gleichzeitige Fehlen des Hinweises auf § 101 Abs. 3 BAO) erkennen lässt - nicht Gebrauch. Es wird daher in einem nächsten Schritt geprüft, ob allen Gesellschaftern und der GmbH & Co KG jeweils eine Ausfertigung zugestellt wurde.

3.3 Zustellung nach Zustellgesetz:

Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind gemäß § 98 Abs. 1 BAO Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, ausgenommen Abschnitt III (Elektronische Zustellung), vorzunehmen.

Nach § 2 Z. 1 ZustG ist „Empfänger“ die von der Behörde in der Zustellverfügung (§ 5) namentlich als solche bezeichnete Person.

Nach § 2 Z. 3 ZustG ist "Zustelladresse" eine Abgabestelle (Z 4) oder elektronische Zustelladresse (Z 5). 

Nach § 2 Z. 4 ZustG ist „Abgabestelle“ die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort, oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort.

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung nach § 7 ZustG als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

Eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, hat dies nach § 8 Abs. 1 ZustG der Behörde unverzüglich mitzuteilen.

Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, gemäß § 8 Abs. 2 ZustG die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

Kann das Dokument nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf nach § 16 Abs. 1 ZustG an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sine des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

Hat die Behörde auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift angeordnet, dass ein Dokument ohne vorhergehenden Zustellversuch zu hinterlegen ist, so ist dieses gemäß § 23 Abs. 1 ZustG sofort bei der zuständigen Geschäftsstelle des Zustelldienstes, beim Gemeindeamt oder bei der Behörde selbst zur Abholung bereitzuhalten.

Unbeschränkt haftende Gesellschafterin der GmbHuCoKG ist seit ihrer Gründung am die GmbH, Kommanditisten sind seit Gründung der Gesellschaft und zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung B und die Bf. Der gegenständliche „Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO – Beendigung Mitunternehmerschaft“, muss daher diesen drei Gesellschaftern sowie der GmbH & Co KG entsprechend den Bestimmungen des Zustellgesetzes zugestellt worden sein, um Wirksamkeit zu erlangen.

Vorweg ist festzuhalten, dass das Finanzamt keine Ausfertigung des „Bescheid(es) über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO – Beendigung Mitunternehmerschaft“ für die GmbHuCoKG selbst erstellte.

Hinsichtlich der Zustellung von Ausfertigungen an die Gesellschafter ist zunächst festzustellen, dass der Bf eine Ausfertigung des „Bescheid(es) über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO – Beendigung Mitunternehmerschaft“ als Empfängerin mit RSb-Brief durch Ersatzzustellung an deren Mutter entsprechend den Bestimmungen des Zustellgesetzes zugestellt wurde.

Bei der ausdrücklich für die Cometrade HandelsgmbH vorgesehenen Ausfertigung erfolgte – wie wörtlich auf dieser im Akt liegenden Ausfertigung vermerkt – die „Zustellung durch Einlage in den Akt“.

Dazu ist zunächst z ur Tatsache, dass über die GmbH der Konkurs eröffnet und in der Folge der Konkurs mangels Kostendeckung aufgehoben wurde, die GmbH aber bisher nicht im Firmenbuch gelöscht worden ist, auszuführen, dass der Verlust der Rechts- und Parteifähigkeit einer GmbH nur dann eintritt, wenn Vermögenslosigkeit und Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch kumulativ verwirklicht sind. Die Löschung im Firmenbuch wirkt deklarativ, die Gesellschaft besteht solange fort, als noch Aktivvermögen vorhanden ist. Fehlt es an einem Aktivvermögen, endet die Rechtspersönlichkeit der GmbH mit der amtswegigen Löschung. ( 8 Ob A 46/06g). Mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch ist allerdings konstitutiv der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der bisherigen Geschäftsführer oder Liquidatoren verbunden. ().

Da im gegenständlichen Fall die Löschung der GmbH im Firmenbuch nicht erfolgt ist, ist ein Verlust der Rechts- und Parteifähigkeit der GmbH jedenfalls nicht eingetreten und besteht auch die organschaftliche Vertretung des Geschäftsführers bzw. Liquidators B weiter.

Ein Anwendungsfall des § 191 Abs. 5 BAO liegt insoweit also nicht vor.

Der „Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO – Beendigung Mitunternehmerschaft“, konnte somit grundsätzlich an die GmbH als Empfängerin im Sinne des § 2 Z. 1 ZustG gerichtet werden.

Aus der Sicht des Bundesfinanzgerichtes bleibt somit zu prüfen, ob in der vom Finanzamt gewählten Vorgangsweise, die durch Aktenvermerk vom ohne weitere ergänzende bzw. erläuternden Ausführungen festgehalten wurde, eine rechtmäßige Hinterlegung ohne Zustellversuch im Sinne des § 23 ZustG zu sehen ist oder nicht.

§ 23 ZustG ermächtigt nicht selbst zur Hinterlegung ohne Zustellversuch, sondern knüpft an solche Bestimmungen an, die entsprechende Ermächtigungen enthalten. Dabei kommt als gesetzliche Vorschrift im Sinne des § 23 Abs. 1 ZustG insbesondere § 8 Abs. 2 ZustG in Frage. Die diesbezügliche Anordnung hat durch die Behörde und nicht durch das Zustellorgan zu erfolgen. Eine nach außen hin erkennbare Handlung ist dabei nicht erforderlich, vielmehr genügt insoweit ein Aktenvermerk. Nach § 23 ZustG zuzustellende Dokumente sind sogleich zu hinterlegen, ohne dass zuvor der Versuch der Zustellung an einer Abgabestelle unternommen werden müsste. Das Dokument ist im Fall der Zustellung durch den Zustelldienst bei der zuständigen Geschäftsstelle (in deren Sprengel die letzte Abgabestelle lag), bei einer solchen durch Organe der Gemeinde beim zuständigen Gemeindeamt, bei einer solchen durch die Behörde bei dieser zu hinterlegen („Zustellung durch Hinterlegung im Akt“); die Hinterlegung selbst ist unabdingbare Voraussetzung für den Eintritt der Zustellwirkung. (Wessely in Frauenberger-Pfeiler/Raschauer/Sander/Wessely (Hrsg), Österreichisches Zustellrecht 2 (2011) zu § 23 ZustG, Seite 185 f, ).

Eine auf § 8 Abs. 2 ZustG gestützte Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch (§ 23 ZustG) setzt eine Änderung der bisherigen Abgabestelle einer Partei während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, die Unterlassung der Mitteilung dieser Tatsache an die Behörde und die Unmöglichkeit bzw. schwierige Feststellung seitens der Behörde, eine andere oder neue Abgabestelle ohne Schwierigkeiten ausfindig zu machen, voraus. Eine Änderung im Sinne des § 8 Abs.2 ZustG liegt auch bei Aufgabe der Abgabestelle vor, wenn keine neue Abgabestelle besteht. Die Aufgabe der Abgabestelle ist einer Änderung gleichzuhalten. ().

Die GmbH ist zweifellos als Komplementärin der GmbHuCoKG Partei des Verfahrens, welches zu dem gegenständliche „Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO – Beendigung Mitunternehmerschaft“ mit dem Bescheidadressat  „CGmbHuCoKG“ geführt hat.

Zur Erfüllung der in § 8 ZustG geforderten Voraussetzungen für eine Hinterlegung ohne Zustellversuch (§ 23 ZustG) ist nun Folgendes auszuführen:

Aus dem in einem Ordner mit der Bezeichnung „Einkommensteuerakt“ vorgelegten Akt betreffend die GmbHuCoKG, Str.Nr. def, welcher ua den Dauerakt und die Veranlagungsjahre 1998 bis 2007 umfasst, ergeben sich keine Hinweise darauf, dass die GmbH und ihr Geschäftsführer bzw. Liquidator B von dem konkreten Verfahren zur „Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO “ vor Ergehen des angefochtenen Bescheides Kenntnis erlangten. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass für die GmbH und ihren Geschäftsführer keine Veranlassung bestand, eine Änderung der bisherigen Abgabenstelle bekannt zu geben.

Es darf an dieser Stelle auch auf die für die GmbH nach § 2 Z. 4 ZustG in Betracht kommenden Abgabestellen näher eingegangen werden:

Als Abgabestelle einer GmbH kommt jedenfalls der Sitz, die Betriebsstätte und der Geschäftsraum, wenn dort regelmäßig und dauernd eine betriebliche Tätigkeit entfaltet wird, in Betracht. Zusätzlich ist bei einer GmbH auch die Wohnung des Geschäftsführers eine Abgabestelle. (Ritz, BAO5, TZ 20 bis 22 zu Zustellgesetz § 2, Stoll, BAO, S. 1038, ).

Als Abgabestelle konnte dementsprechend bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens und der Auflösung der Gesellschaft der Sitz bzw.die Betriebsstätte, welcher/welche sich laut Firmenbuch in der mno, befand, als Abgabestelle herangezogen werden. Während des laufenden Konkursverfahren war aufgrund der Bestimmung des § 78 Abs. 2 IO dem Insolvenzverwalter zuzustellen. Nach der Aufhebung des Konkurses mit Beschluss vom  kam als Abgabestelle insbesondere die Wohnung des Geschäftsführers bzw. Liqidators B in Betracht. Die Wohnanschrift des B befand sich von bis unverändert in stu. Erst danach verzog er in das Vereinigte Königreich. Im Mai 2008 trat somit sicherlich eine Änderung der bisherigen Abgabestelle ein, die aber, wenn keine Kenntnis von einem Verfahren bestand, nach § 8 Abs. 2 ZustG dem Finanzamt nicht mitgeteilt werden musste.

Aber auch dann, wenn man davon ausginge, dass die GmbH und ihr Geschäftsführer Kenntnis von dem Verfahren, welches zur Erstellung des "Bescheid(es) über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO – Beendigung Mitunternehmerschaft“ führte, erlangte und trotz dieser Kenntnis die Mitteilung der Änderung der bisherigen Abgabestelle unterließ, ist eine Hinterlegung ohne Zustellversuch nach § 23 Abs. 1 iVm § 8 Abs. 2 ZustG nur dann zulässig, wenn die Abgabenbehörde eine andere oder neue Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeit ausfindig machen konnte.

Als zumutbare Ermittlungen, die ohne Schwierigkeiten durchgeführt werden können, dürfen in diesem Zusammenhang beispielsweise die Anfragen an Meldebehörden, Erhebungen bei Verwandten und sonstigen Personen, die üblicherweise vom Aufenthalt Kenntnis haben, sowie (bei einer vertretenen Partei) die Anfrage an den Parteienvertreter erwähnt werden. (VGl. Ritz, BAO5, TZ 11 zu Zustellgesetz § 8). 

Wie bereits ausgeführt ist bei einer GmbH auch die Wohnung des Geschäftsführers Abgabestelle. (Ritz BAO5, TZ 21 zu Zustellgesetz § 2, Stoll, BAO, S. 1038).

Geschäftsführer bzw. Liquidator der GmbH war am , dem Zeitpunkt der Erstellung der für die GmbH gedachten Ausfertigung des "Bescheid(es) über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO – Beendigung Mitunternehmerschaft“ laut Firmenbuch B. Laut Zentralem Meldregister war B zu diesem Zeitpunkt bereits in das Vereinigte Königreich verzogen, doch gab es aufgrund eines Schriftsatzes des "Insovency Service" vom für die Abgabenbehörde den Hinweis auf eine mögliche Wohnanschrift des B. Zudem war der Abgabenbehörde die Anschrift von der Bf, einer Kommanditistin der GmbHuCoKG und Ehegattin des B, zu diesem Zeitpunkt bekannt. Weiters brachte die WirtschaftsprüfungsGmbH erst am , also wenige Tage vor Erstellung des  „Bescheid(es) über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO – Beendigung Mitunternehmerschaft“ vom , eine Berufung ua. in Vertretung der GmbHuCoKG, der GmbH und des B ein.

Die Abgabenbehörde hätte daher ohne Schwierigkeiten - wie sie es mit der für B gedachten Ausfertigung des  „Bescheid(es) über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO – Beendigung Mitunternehmerschaft“ auch tatsächlich tat -  einen Zustellversuch an die damals bekannte Wohnanschrift in Cambridge, Vereinigtes Königreich, unternehmen können und im Falle eines Scheiterns dieses Zustellversuchs bei der Bf, der Ehegattin des B, nachfragen können, ob dieser die aktuelle Wohnanschrift von B bekannt war. Die Abgabenbehörde hätte sich zusätzlich auch an die WirtschaftsprüfungsGmbH, welche erst wenige Tage zuvor ua. für die GmbHuCoKG, die GmbH und B tätig wurde, wenden können.  Derartige Versuche zur Feststellung einer Abgabestelle wären der Abgabenbehörde ohne Schwierigkeiten möglich gewesen.

Das Bundesfinanzgericht kommt daher zu dem Ergebnis, dass die in § 8 iVm § 23 ZustG geforderten Voraussetzungen für eine Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch im gegenständlichen Fall nicht erfüllt sind.

Eine gesetzmäßige Zustellung des „Bescheid(es) über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO – Beendigung Mitunternehmerschaft“ an die GmbH als Komplementärin der GmbHuCoKG ist somit nicht erfolgt.

Zu klären bleibt, ob es zu einer Heilung des Zustellmangels nach § 7 ZustG gekommen ist.

Heilung des Zustellmangels setzt voraus, dass dem Empfänger der Bescheid tatsächlich im Original zukommt. Die bloße Kenntnis vom Vorhandensein und vom Inhalt des Dokuments (etwa infolge der Empfangnahme einer Ablichtung oder der eigenständigen Anfertigung einer Kopie) genügt nicht. (, ).

Im Hinblick darauf, dass  die für die GmbH gedachte Ausfertigung des „Bescheid(es) über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO – Beendigung Mitunternehmerschaft“ im Akt abgelegt ist, ist die Heilung des Zustellmangels nach § 7 ZustG auszuschließen.

Die Zustellung der für den Kommanditisten B gedachten Ausfertigung des „Bescheid(es) über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO – Beendigung Mitunternehmerschaft“ erfolgte an die Adresse Cambridge1, auf dem Postweg, wobei die Ausfertigung von der Royal Mail mit dem Hinweis "not called for" ("nicht behoben" lt. de.mini.wikia.com/wiki/Internationale_Postvermerke/Französisch-Englisch-Deutsch) wieder retourniert wurde. 

Inwiefern dadurch eine Zustellung bewirkt wurde oder nicht, braucht nicht  weiter geprüft zu werden, da weder eine rechtmäßige Zustellung des „Bescheid(es) über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO – Beendigung Mitunternehmerschaft“ an die GmbH als Komplementärin der GmbHuCoKG  noch an die GmbHuCoKG  selbst erfolgte.

Wie unter Punkt 3.2 ausgeführt, ist - wenn von der Zustellfiktion nicht Gebrauch gemacht wird - jedem Gesellschafter (Mitglied) der Personenvereinigung sowie auch dieser selbst eine Ausfertigung des jeweiligen Bescheides zuzustellen.

Da  jedenfalls der GmbHuCoKG und der GmbH keine Ausfertigungen des „Bescheid(es) über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO – Beendigung Mitunternehmerschaft“ zugestellt wurden, ist der „Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO – Beendigung Mitunternehmerschaft“ vom nicht wirksam geworden.

4 Zurückweisung:

Nach § 260 Abs. 1 lit. a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.

Zurückzuweisen ist ua. eine Bescheidbeschwerde gegen einen mangels Zustellung nicht existent gewordenen Bescheid. (Ritz, BAO5, Tz 8 zu § 260, , ).

Wie unter Pkt 3 dargestellt ist der „Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO – Beendigung Mitunternehmerschaft“ nicht allen Gesellschaftern und auch nicht der Fa. GmbHuCoKG zugestellt worden, sodass er nicht existent geworden ist.

Die Beschwerde ist daher mit Beschluss wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen.

5 Revision:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist im gegenständlichen Fall nicht zulässig, da zu den Frage der Wirksamkeit von Feststellungsbescheiden, der Rechtmäßigkeit der Zustellung und der Zurückweisung mangels Zustellung eines nicht existent gewordenen Bescheides - wie den Ausführungen unter Pkt 3 und 4 zu entnehmen ist - bereits eine Judikatur des Verwaltungsgerichthofes vorhanden ist.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 191 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 8 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 8 Abs. 2 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 23 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.6100150.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at