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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.08.2016, RV/6100089/2013

Kein Vorsteuerabzug, wenn eine Rechnung nicht die in § 11 UStG 1994 geforderten Angaben enthält (hier: Z 3 leg. cit.).

Beachte

Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2016/15/0068. Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Forgesetztes Verfahren mit Beschluss zur Zl. RV/6100283/2018 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin DSW in der Beschwerdesache AAA, vertreten durch QUINTAX Gerlich-Fischer-Kopp Steuerberatungs GmbH, Rainbergstraße 3a, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des FA Salzburg-Stadt vom , betreffend Umsatzsteuer 2010 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe ist dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bildet einen Bestandteil diese Spruches.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt:

Bei der Bf, der Fa. XXXX GmbH, GF HH, (vormals: xy X GmbH, GF: HH; vormals: XX, GF: HH; jetzt: XXXX GmbH, GF: HH), die ein Unternehmen mit dem Geschäftszweig Planung und Erstellung von Lüftungs-Klima- Heizungs- und Elektroanlagen betreibt, fand im Februar 2012 eine Außenprüfung betreffend Umsatzsteuer 2010 statt, bei der die Betriebsprüfung die Nettoumsätze laut Aufstellung vom bis mit € 544.866,15 ermittelt hat.

Die Abgabenbehörde folgte den Ausführungen der Betriebsprüfung und erließ den Umsatzsteuerbescheid 2010 wie folgt: Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch (einschließlich steuerpflichtiger Anzahlungen): € 544.866,15; Gesamtbetrag der steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerbe: € 117,50; Summe der Erwerbsteuer: € 23,50; Gesamtbetrag der Vorsteuern: € 65.498,70.

Die Höhe der innergemeinschaftlichen Erwerbe und den Gesamtbetrag der Vorsteuern entnahm die Abgabenbehörde den Umsatzsteuervoranmeldungen der Monate März bis Dezember 2010, die ihr vorlagen.

Nach verlängerter Rechtsmittelfrist wurde vom steuerlichen Vertreter gegen den Umsatzsteuerjahresbescheid 2010 eine Berufung (nunmehr: Beschwerde) eingebracht, die wie folgt begründet wurde:

lm Rahmen der Umsatzsteuerprüfung wurden folgende Umstände nicht berücksichtigt:

1.) Rechnung 1612 - diese Rechnung wurde auf die falsche Firma ausgestellt und in der Folge wieder storniert. Nach unserem Kenntnisstand wurde diese Rechnung nie in das Rechenwerk der Firma DD GmbH aufgenommen (Beilage 1: Stornorechnung).

Diese Stornorechnung findet sich nicht in den der Berufung (nunmehr: Beschwerde) beigelegten Unterlagen.

2.) Die Firma ITT GmbH (GF: HH) hat der Bf  Personal überlassen; da dies bisher noch nicht verrechnet wurde, wird die Verrechnung per nachgeholt. (Beilage 2: Rechnung weiterverrechnetes Personal)

Rechnung Nr. 10-5251/: € 38.906,56 und USt: € 7.781,32

Diese Rechnung findet sich in den der Berufung (nunmehr: Beschwerde) beigelegten Unterlagen.

3.) Es wurden von der ITT GmbH Lieferungen und sonstige Leistungen bezogen, die in der Folge an die Bf weiter zu verrechnen waren, da diese die entsprechenden Leistungen an die Kunden erbracht hat. Diese Rechnungen wurden bereits von Bf an die ITT GmbH bezahlt. (Beilage 3)

Rechnung Nr.10-2245: € 37.643,48 und USt: € 7.528,70

Rechnung Nr.10-2641: € 16.634,41 und USt: € 3.326,88

Rechnung Nr.10-3941: € 27.628,00 und USt: € 5.525,60

Rechnung Nr.10-4741: €      840,50 und USt: €:  168,10

Diese Rechnuneng finden sich in den der Berufung (nunmehr: Beschwerde) beigelegten Unterlagen.

Um Berücksichtigung der oben angeführten Rechnungen im Rahmen der BVE werde gebeten.

Der Berufung (nunmehr: Beschwerde) wurde mittels Berufungsvorentscheidung (nunmehr: Beschwerdevorentscheidung) - nach Fehlerkorrektur mittels § 299 BAO der Berufungsvorentscheidung vom - (nunmehr: Beschwerdevorentscheidung) am durch die Abgabenbehörde teilweise stattgegeben und wie folgt von dieser begründet:

Punkt 1 der Berufung (nunmehr: Beschwerde) Stornorechnung: Stattgabe

Mit Datum wurde von der Fa. ITT GmbH eine Rechnung (Nr. 10-0911) mit einem Bruttobetrag in Höhe von 126.136,60 (netto 105.113,00) an die Fa. DDGmbH gestellt.

Fälschlich wurde diese Rechnung seitens der Steuerkanzlei in die UVA 04/2010 der Bf  aufgenommen und vom Finanzamt mittels Festsetzungsbescheid vom gleichlautend gebucht. Im Zuge einer Umsatzsteuerprüfung 04 bis 12/2010 wurde dieser Betrag in den Jahresbescheid 2010 übernommen.

Eine Erhebung bei der Fa. DD GmbH hat ergeben, dass die in Frage stehende Rechnung tatsächlich von der Fa. ITT GmbH und nicht von der Bf ausgestellt worden ist.

Die von der Fa. ITT GmbH ausgestellte Rechnung betrifft die Filiale 167 in Y und ist im Rechenwerk der Fa. DD GmbH tatsächlich mit dem Bruttobetrag von 126.135,60 Euro verbucht.

Die Stornierung der Rechnung in Höhe von netto 105.113‚00 in der Buchhaltung der Bf erfolgte daher zu Recht.

Punkt 2 und 3 der Berufung (nunmehr: Beschwerde), Weiterverrechnungen der Fa. ITT GmbH an die Bf: Abweisung

Nachstehend angeführte Rechnungen wurden von der Fa. ITT GmbH an die Bf ausgestellt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
AR
Datum
Brutto
Netto
20 % Ust
Text
10-2245
45.172,18
37.643,48
7.528,70
Material
10-2641
19,961,29
16.643,41
3.326,88
Material
10-3941
33.153,60
27.628,00
5.525,60
Material
10-4741
1.008,60
840,50
168,10
Telefon
10-5251
46.687,88
38.906,57
7.781,31
Mitarbeiter
Summe der Erhöhungen
145.983,55
121.652,96
24.330,59
 

Aus folgenden Gründen ist eine steuerliche Anerkennung der Rechnungen und damit ein Vorsteuerabzug nicht gerechtfertigt:

a.) Die Rechnungen weisen gem. § 11 Abs. 1 UStG folgende Mängel auf:

Der mit dem pauschalen Begriff „Materialverbrauch“ umschriebene Lieferumfang in den Rechnungen 10-2245, 10-2641 und 10-3941 ist sowohl von der Art der Bezeichnung als auch von der fehlenden Mengen- bzw. Materialangabe her unzureichend und entspricht nicht den Erfordernissen einer Rechnungslegung gem. § 11 Abs. 1 Z 3 UStG. Ebenso wenig genügt die Bezeichnung „Nutzung Telefon im Juli 2010“ in der Rechnung 10-4741 und auch nicht die Angabe „Überlassung der Mitarbeiter“ in der Rechnung 10-5251. Es fehlen jegliche Hinweise auf eventuelle Beilagen, aus denen genaue Rechnungsdetails, wie z.B. Namen und Arbeitszeiten des beigestellten Personals ersichtlich wären.

b.) Alle angeführten Rechnungen weisen eine falsche Adresse auf: Adresse 76. Tatsächlich hat die Bf ihren Firmensitz jedoch in der Adresse 76a.

c.)  Die Rechnungen 10-2245 (Materialverbrauch), 10-2641 (Materialverbrauch),  und 10-3941 (Materialverbrauch) sind im Rechenwerk der Fa. ITT GmbH als Erlöse verbucht, die Rechnungen 10-4741 (Nutzung Telefon im Juli 2010) und 10-5251 (Überlassung der Mitarbeiter) sind im Rechenwerk der Fa. ITT GmbH nicht enthalten und es wurde seitens dieser Firma auch keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt. Das bedeutet, dass diese Rechnungen erst nachträglich erstellt worden sind. Eine Geltendmachung der aus diesen beiden Rechnungen (10-4741 und 10-5251) resultierenden Vorsteuerbeträge in Höhe von € 7.949,41 ist daher im Zeitraum 2010 nicht möglich, zumal das Datum dieser Rechnungen offensichtlich rückdatiert worden ist.

Der Umsatzsteuerbescheid 2010 stellt sich lt BVE zahlenmäßig wie folgt dar:

Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch (einschließlich steuerpflichtiger Anzahlungen): € 439.753,15; Vorsteuern betreffend Steuerschuld gemäß § 19 Abs 1. € 44,62; Gesamtbetrag der steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerbe: € 117,50; Summe der Erwerbsteuer: € 23,50; Gesamtbetrag der Vorsteuern: € 52.555,11

In der Folge wurde von der Bf ein Antrag auf Vorlage der Entscheidung an den UFS (nunmehr: BFG) gestellt und eine mündliche Verhandlung beantragt.

Am sprach der steuerliche Vertreter der Bf über Aufforderung der Richterin erstmals beim BFG zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vor.

Zur näheren Darstellung des Beschwerdebegehrens wurden der Bf mehrere Termine (; ; ) eingeräumt, die diese zwar entschuldigt, jedoch ungenützt verstreichen ließ.

Am   fand die mündliche Verhandlung vor dem BFG statt, bei der die Sach- und Rechtslage wie folgt ergänzt wurde:

Von der Bf werden die Nettoumsätze 2010 - unter Berücksichtigung der Stornorechnung DD GmbH mit € 439.753,15 außer Streit gestellt.

Die Höhe der Jahresvorsteuer ist Ergebnis der gesamten Buchhaltung des Jahres 2010 und wurde so auch seitens der Abgabenbehörde in die Rechtsmittelerledigung übernommen.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde von der steuerlichen Vertretung der Bf ein Ordner mit Beilagen vorgelegt, um die unspezifischen Begriffe Material und Telefon der Rechnungen mit der Nummer 10-2245, 10-2641, 10-3941, 10-4741 näher auszuführen.

Laut der im Zuge der Verhandlung erstellten Excel-Tabellen stimmen die Pauschalbeträge der Rechnungen mit der Nummer 10-2245, 10-2641, 10-3941, 10-4741 bis auf kleine Abweichungen (im 50 € Bereich) mit den Beträgen der Beilagen aus dem Ordner überein.

Bei der Rechnung 10-5251 geht es um die Überlassung der Mitarbeiter, Leistungszeitraum 01.05.bis .

Da die dem Ordner beigelegten Buchungsbelege nicht geeignet sind, den unspezifischen Begriff Mitarbeiter zu umschreiben und der steuerliche Vertreter der Bf in Aussicht gestellt hat, die Namen der einzelnen Mitarbeiter ausfindig machen zu können, wurde die mündliche Verhandlung unterbrochen und gleichzeitig als neuer Verhandlungstermin der anberaumt.

Am wurden Einzelaufstellungen der Lohnkonten der Mitarbeiter 1, 2, 3, 4 und 5, Zeitraum Mai bis Dezember 2010 dem BFG vorgelegt. Diese Beilagen weichen vom Pauschalbetrag der Rechnung Nr. 10-5251 mit € 610,87 ab.

Am 05.08 wurde die am unterbrochene mündliche Verhandlung fortgesetzt.

Die Notwendigkeit der Weiterverrechnung der streitgegenständlichen Rechnungen von der Fa ITT GmbH an die Bf wurde vom steuerlichen Vertreter der Bf wie folgt begründet: Im Geschäftsjahr 2010 habe die Fa. ITT GmbH wirtschaftliche Probleme erlitten. Um nicht in zusätzliche Haftungen zu kommen, habe man alle neuen Aufträge über die Bf angenommen und abgewickelt. Die Fa. ITT GmbH habe noch sämtliche bestehende Aufträge fertig gestellt. Die Mitarbeiter seien bis zum Jahresende bei der Fa. ITT GmbH angestellt gewesen. Die Materialien und die Waren habe man über diese Gesellschaft bezogen. Die Buchhaltung habe am Monatsende die bezogenen Waren und Leistungen von der Fa. ITT GmbH an die Bf weiterverrechnet und die Kopien der Rechnungen als Nachweis beigelegt.

Zur Rechnung 10-5251stellte die Amtsbeauftrage fest, dass zwar die einzelnen Mitarbeiter aufgelistet wären und die Prozentsätze, für welche Tätigkeiten und in welchem Umfang die Mitarbeiter genau eingesetzt gewesen wären, wäre aus den Beilagen nicht ersichtlich.

Der steuerliche Vertreter der Bf hielt in diesem Zusammenhang fest, dass ab Juli die Mitarbeiter fast ausschließlich für die Bf tätig gewesen wären und daher die Verrechnung zu 100% durchgeführt worden wäre. Dass die Leistungen von den Mitarbeitern der Bf ausgeführt worden wären, wäre unbestritten. Die Bf hätte auch eigene Mitarbeiter gehabt, sonst wäre der Umsatz nicht erzielbar gewesen.

Zur Rechnung 10-2641 stellte die Amtsbeauftragte fest, dass hier der Zeitraum, für den der Materialverbrauch weiterverrechnet worden wäre, fehle. Für den Monat Juli hätte man offensichtlich keine Verrechnungen durchgeführt.

Der steuerliche Vertreter der Bf verwies in diesem Zusammenhang auf die Beilagen zu dieser Rechnung.

Entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Die Bf erwirtschaftete 2010 Nettoumsätze in Höhe von € 544.866,15. Diese Umsatzsteuerdaten entsprechen einer Aufstellung über Ausgangsrechnungen vom bis , die der Abgabenbehörde vom steuerlichen Vertreter der Bf zur Verfügung gestellt wurde.

In den oben angeführten Nettoumsätzen findet sich eine von der Fa. ITT GmbH ausgestellte Rechnung mit einem Bruttobetrag in Höhe von € 126.136,60 (netto € 105.113,00).

Der Gesamtbetrag der Vorsteuern 2010 betragen € 76.885,70. Diese Vorsteuerdaten basieren auf Angaben der Bf und wurden der Umsatzsteuererklärung 2010 entnommen. Sie beinhalten Vorsteuerbeträge folgender Rechnungen:

Die Fa ITT GmbH legte eine mit datierte Rechnung (Vorsteuerbetrag: € 7.528,70). Die erbrachte Leistung wird unter  der Bezeichnung  Rechnungsweiterleitung für Materialverbrauch durch X GmbH,  April 2010: Material: € 12.897,78; Montage € 0,00; gesamt: € 12.897,78, Mai 2010: Material: € 24.745,70; Montage € 0,00; gesamt: € 24.745,70 umschrieben. Die in der Rechnung angegebene Adresse der Bf  lautet auf Adresse 76.

Die Fa ITT GmbH legte eine mit datierte Rechnung (Vorsteuerbetrag: € 3.326,88). Die erbrachte Leistung wird unter der Bezeichnung Rechnungsweiterleitung Materialverbrauch; Material: € 16.634,41; Montage: € 0,0; gesamt: € 16.634,41  umschrieben. Die in der Rechnung angegebene Adresse der Bf lautet auf Adresse 76.

Die Fa ITT GmbH legte eine mit datierte Rechnung (Vorsteuerbetrag: € 5.525,60). Die erbrachte Leistung wird unter der Bezeichnung Rechnungsweiterleitung für Materialverbrauch durch XX August 2010: Material: € 22.601,00; Montage € 0,00; gesamt: € 22.601,00,  September 2010: Material: € 5.027,00; Montage € 0,00; gesamt: € 5.027,00 umschrieben. Die in der Rechnung angegebene Adresse der Bf  lautet auf Adresse 76.

Die Fa ITT GmbH legte eine mit datierte Rechnung (Vorsteuerbetrag: € 168,10). Die erbrachte Leistung wird unter Bezeichnung Rechnungsweiterleitung für Nutzung Telefon durch XX Juli 2010: Material: € 840,50; Montage € 0,00; gesamt: € 840,50 umschrieben. Die in der Rechnung angegebene Adresse der Bf  lautet auf Adresse 76.

Die Fa ITT GmbH legte eine mit datierte Rechnung (Vorsteuerbetrag: € 7.781,32). Die erbrachte Leistung wird unter der Bezeichnung Überlassung der Mitarbeiter Leistungszeitraum 01.05. bis Material: € 38.906,56; Montage € 0,00; gesamt: € 38.906,56 umschrieben. Die in der Rechnung angegebene Adresse der Bf  lautet auf Adresse 76.

Beilagen, aus denen ersichtlich ist, welche Leistungen an die Bf erbracht wurden, wurden erstmals anlässlich der mündlichen Verhandlung vorgelegt. Die aufsaldierten Rechnungseinzelbeträge differieren, in geringer Höhe, mit den pauschalen Rechnungssummen.

Auf keiner der 5 oben angeführten streitgegenständlichen Rechnungen findet sich ein Vermerk auf Beilagen.

Beweiswürdigung:

Der getroffene Sachverhalt gründet sich auf die von der Abgabenbehörde und dem BFG aufgenommenen Beweise und den Inhalt des Verwaltungsaktes.

Rechtslage und Erwägungen:

Unionsrecht

Nach Artikel  2 Abs. 1 Buchst. a und c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ("Mehrwertsteuersystemrichtlinie, im Folgenden kurz: Richtlinie) unterliegen der Mehrwertsteuer Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt.

Die hier relevanten Bestimmungen der MwStSystRL lauten auszugsweise folgendermaßen:

Artikel 167

Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.

Artikel 168

Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden, abzuziehen.

(…)

Artikel 178

Um das Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können, muss der Steuerpflichtige für den Vorsteuerabzug nach Artikel 168 Buchstabe a in Bezug auf die Lieferungen von Gegenständen und dem Erbringen von Dienstleistungen eine gemäß den Artikeln 220 bis 236 sowie 238, 239 und 240 ausgestellte Rechnung besitzen.

(…)

Rechnungsangaben

Artikel 226

Unbeschadet der in dieser Richtlinie festgelegten Sonderbestimmungen müssen gemäß den Artikeln 220 und 221 ausgestellte Rechnungen für Mehrwertsteuerzwecke nur die folgenden Angaben enthalten:

1. das Ausstellungsdatum;

2. eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur ldentifizierung der Rechnung einmalig vergeben wird;

3. die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer im Sinne des Artikels 214, unter der der Steuerpflichtige die Gegenstände geliefert oder die Dienstleistung erbracht hat;

4. die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer im Sinne des Artikels 214, unter der der Erwerber oder Dienstleistungsempfänger eine Lieferung von Gegenständen oder eine Dienstleistung, für die er Steuerschuldner ist, oder eine Lieferung von Gegenständen nach Artikel 138 erhalten hat;

5. den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Steuerpflichtigen und des Erwerbers oder Dienstleistungsempfängers;

6. Menge und Art der gelieferten Gegenstände beziehungsweise Umfang und Art der erbrachten Dienstleistungen;

7. das Datum, an dem die Gegenstände geliefert werden oder die Dienstleistung erbracht bzw abgeschlossen wird, oder das Datum, an dem die Vorauszahlung im Sinne des Artikels 220 Nummern 4 und 5 geleistet wird, sofern dieses Datum feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist;

(…)

Nationales Recht

Gemäß § 11 Abs 1 UStG1994 ist ein Unternehmer, der Umsätze im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 UStG 1994 an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, soweit sie nicht Unternehmer ist, ausführt, verpflichtet, Rechnungen auszustellen.

Diese Rechnungen müssen - soweit in den nachfolgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist - die folgenden Angaben enthalten:

1. den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers;

2. den Namen und die Anschrift des Abnehmers der Lieferung oder des Empfängers der sonstigen Leistung. Bei Rechnungen, deren Gesamtbetrag 10.000 Euro übersteigt, ist weiters die dem Leistungsempfänger vom Finanzamt erteilte Umsatzsteuer-ldentifikationsnummer anzugeben, wenn der leistende Unternehmer im Inland einen Wohnsitz (Sitz), seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder eine Betriebsstätte hat und der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird;

3. die Menge und die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung;

4. den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder den Zeitraum, über den sich die sonstige Leistung erstreckt. Bei Lieferungen oder sonstigen Leistungen, die abschnittsweise abgerechnet werden (beispielsweise Lebensmittellieferungen), genügt die Angabe des Abrechnungszeitraumes, soweit dieser einen Kalendermonat nicht übersteigt;

5. das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 4) und den anzuwendenden Steuersatz, im Falle einer Steuerbefreiung einen Hinweis, dass für diese Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt;

6. den auf das Entgelt (Z 5) entfallenden Steuerbetrag.

Weiters hat die Rechnung folgende Angaben zu enthalten:

- das Ausstellungsdatum;

- eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung einmalig vergeben wird;

- soweit der Unternehmer im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen erbringt, für die das Recht auf Vorsteuerabzug besteht, die dem Unternehmer vom Finanzamt erteilte Umsatzsteuer-ldentifikationsnummer.

Gemäß § 11 Abs 2 UStG 1994 gilt als Rechnung im Sinne des Abs 1 leg. cit. jede Urkunde, mit der ein Unternehmer über eine Lieferung oder sonstige Leistung abrechnet, gleichgültig, wie diese Urkunde im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die nach Abs 1 leg cit. erforderlichen Angaben können auch in anderen Belegen enthalten sein, auf die in der Rechnung hingewiesen wird.

Für die unter § 11 UStG 1994 Abs. 1 Z 1 und 2 geforderten Angaben ist gemäß § 11 Abs 3 UStG 1994 jede Bezeichnung ausreichend, die eine eindeutige Feststellung des Namens und der Anschrift des Unternehmens sowie des Abnehmers der Lieferung oder des Empfängers der sonstigen Leistung ermöglicht.

Gemäß § 12 Abs 1 Z 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11 UStG 1994) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.

Gemäß § 1 Abs 1 UStG 1994 unterliegen Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt der Umsatzsteuer.

Dies bedeutet für den streitgegenständlichen Fall:

Punkt 1 der Beschwerde:

Rechnung Fa. ITT GmbH (Bruttobetrag: € 126.136,60; Nettobetrag: € 105.113,00):

Wie der Aktenlage zu entnehmen ist, wurde diese Rechnung nicht von der Bf ausgestellt und ist daher in der Buchhaltung der Bf zu Recht zu stornieren. Die in der Rechnung gelisteten Leistungen wurden, wie auch von der Abgabenbehörde bestätigt, nicht von der Bf ausgeführt. Das BFG schließt sich diesbezüglich den Ausführungen der Bf an.

Der Beschwerde ist in diesem Punkt stattzugeben.

Punkt 2 und Punkt 3 der Beschwerde:

Rechnungen Nr. 10-2245 vom ,  Nr. 10-2641 vom , Nr. 10-3941 vom ,  Nr. 10-4741 vom und Nr. 10-5251 vom :

Für eine Vorsteuerabzugsberechtigung müssen Rechnungen die in den Ziffern 1 bis 6 des § 11 Abs 1 UStG aufgezählten Angaben enthalten. Die gegenständlichen Rechnungen erfüllen diese Anforderungen hinsichtlich der Z 2 und Z 3  nicht. 

Ad Z 2 leg. cit.:

Voraussetzung für einen Vorsteuerabzug ist, dass den Rechnungen eindeutig die Unternehmer zu entnehmen sind, die einander als Leistungsempfänger einerseits und als Leistungserbringer andererseits gegenüber gestanden sind. Das Umsatzsteuergesetz erfordert für die eindeutige Feststellung der beteiligten Unternehmer bei Rechnungslegung nicht nur die Angabe des Namens, sondern auch die Angabe der Adresse.

Die angeführten Rechnungen weisen eine falsche Adresse auf. Die Bf hat ihren Firmensitz in der Adresse 76 a und nicht in der Adresse 76.

Allerdings enthält § 11 Abs 3 UStG 1994 ausdrückliche Erleichterungen bei deren Angabe und normiert, dass jede Bezeichnung ausreichend ist, die eine eindeutige Feststellung des Namens und der Anschrift des Leistungsempfängers ermöglicht. Entscheidend ist die eindeutige Feststellbarkeit von Namen und Anschrift.

Im Beschwerdefall hat weder eine Adresse gefehlt noch war eine Adresse angegeben, die zur Unauffindbarkeit des Leistungsempfängers geführt hätte. Es fehlte lediglich bei der Anschrift der Bf neben der Hausnummer die Unterbezeichnung „a“. Damit blieb die Leistungsempfängerin aber eindeutig feststellbar (VwGh 27.022014, 2013/15/2014). Nach der Rechtsprechung sind geringfügige Schreibfehler wie etwa das fehlende „a“ bei der Angabe der Hausnummer 76, die einer eindeutigen Rechnungszuordnung nicht im Wege stehen, kein Grund, von einer fehlenden Rechnungslegung im Sinne des § 11 UStG 1994 und von einem deswegen unzulässigen Vorsteuerabzug auszugehen.

Ad Z 3 leg. cit.:

Die gegenständlichen Rechnungen umschreiben den Liefer- und Leistungsgegenstand mit

  • Rechnungsweiterleitung für Materialverbrauch durch X GmbH April 2010 und Mai 2010

  • Rechnungsweiterleitung Materialverbrauch

  • Rechnungsweiterleitung für Materialverbrauch durch XX August 2010 und September 2010

  • Rechnungsweiterleitung für Nutzung Telefon durch XX Juli 2010

  • Überlassen der Mitarbeiter Leistungszeitraum 01.05.bis

Ebenso wie Lieferungen müssen sonstige Leistungen in einer Rechnung in einer Weise beschrieben werden, die im allgemeinen Geschäftsverkehr die dafür allgemein verwendete Bezeichnung ist (). Das Gesetz normiert die entsprechende Bezeichnung in der Rechnung, um die Erhebung der Mehrwertsteuer und die Überprüfung des Vorsteuerabzuges durch die Abgabenbehörde sicherzustellen ().

Im vorliegenden Fall ist aber mit den vom Bf verwendeten Pauschalbezeichnungen Materialverbrauch, Nutzung Telefon oder Überlassung der Mitarbeiter weder ein Liefergegenstand noch ein Leistungsgegenstand in einer so konkreten Weise umschrieben, dass im Zusammenhang mit den übrigen Verfahrensergebnissen die Überprüfung der Berechtigung des Vorsteuerabzuges sichergestellt ist.

Wenn nun die Bf vermeint, dass sie mit der Vorlage von Belegen in der mündlichen Verhandlung dem Erfordernis des § 11 Abs 2 UStG 1994 ausreichend Genüge getan hat, muss ihr allerdings der Gesetzeswortlaut dieser Bestimmung entgegengehalten werden. Dieser besagt nämlich, dass auf die (Belege) in der Rechnung hingewiesen sein muss.

Den gegenständlichen Rechnungen fehlen diese Hinweise. Damit ist das Schicksal der Beschwerde aber entschieden.

Eine Rechnung, die keine Angaben über die Menge und die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Materialien sowie über die Art und den Umfang der Leistung und auch keinen Hinweis enthält, dass diese Angaben in einem anderen Beleg angeführt sind, berechtigen nicht zum Vorsteuerabzug ( ).

Vor diesem Hintergrund sind die in den strittigen Eingangsrechnung verwendeten Bezeichnungen jedenfalls nicht geeignet, die Erfordernisse des § 11 Abs. 1 Z 3 UStG 1994 zu erfüllen. Damit erübrigt sich auch in diesem Verfahren ein weiteres Eingehen auf etwaige Ungereimtheiten wie die unstrittigen Differenzen zwischen den pauschalen Rechnungsgesamtbeträgen und den als Beilage vorgelegten aufsaldierten Rechnungseinzelbeträgen.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass eine Urkunde, die nicht die in § 11 UStG 1994 geforderten Angaben enthält, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als Rechnung im Sinne dieser Gesetzesstelle anzusehen ist und es kann auf eine solche Rechnung nicht der Vorsteuerabzug gestützt werden (). Der Verwaltungsgerichtshof sieht eine den Formvorschriften entsprechende Rechnung als materiell-rechtliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug an.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union erfordert es der Grundsatz der steuerlichen Neutralität der Mehrwertsteuer, den Vorsteuerabzug zu gewähren, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt.

Verfügt die Steuerverwaltung über die Angaben, die für die Feststellung erforderlich sind, dass die materiellen Anforderungen erfüllt sind, so darf sie daher hinsichtlich des Rechts des Steuerpflichtigen auf Abzug dieser Steuer keine zusätzlichen Voraussetzungen festlegen, die die Ausübung dieses Rechts vereiteln können.

Verhindert aber der Verstoß gegen die formellen Anforderungen den sicheren Nachweis, dass die materiellen Anforderungen erfüllt wurden, ist der Vorsteuerabzug nicht zu gewähren.

Die von der Fa. ITT GmbH  ausgestellten Rechnungen weisen eine unzureichende Bezeichnung des Umfangs und der Art der erbrachten Leistung auf. Eine Überprüfung der materiellen Anforderungen für den Vorsteuerabzug ist deshalb nicht möglich. Nach der Judikatur des EuGH ist in solchen Fällen der Vorsteuerabzug zu versagen.

Abschließend ist festzuhalten, dass eine Ergänzung oder Berichtigung der Rechnung durch den Empfänger einen dem Aussteller zuzurechnenden Mangel nicht heilen kann.  Berichtigungen und Ergänzungen der Rechnung durch den Aussteller sind indes jederzeit möglich.

Der Beschwerde war insgesamt teilweise stattzugeben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis folgt das Bundesfinanzgericht bei der Beurteilung der Frage, ob das Fehlen von Rechnungsmerkmalen die Versagung des Vorsteuerabzuges zur Folge hat, der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.6100089.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at