Zustellung in die Databox außerhalb der Kanzleistunden
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RR
in der Beschwerdesache
BF, Adr1, vertreten durch STB, Adr2, gegen den Bescheid des Finanzamtes FA vom , St.Nr. xxxx, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013
beschlossen:
Die Beschwerde wird wegen Verspätung zurückgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensablauf:
1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz Bf) beantragte im Rahmen ihrer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2013 unter anderem die Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen im Zusammenhang mit der Behinderung ihres Kindes.
2. Am erging der Einkommensteuerbescheid 2013. Darin wurden vom Finanzamt im Zusammenhang mit den Therapien der schwerst behinderten Tochter angefallene Kosten für Begleitpersonen nicht anerkannt. Der Bescheid wurde am Abend des (Freitag) elektronisch in die Databox der steuerlichen Vertreterin der Bf übermittelt.
3. Mit Schriftsatz vom erhob die Bf durch ihre steuerliche Vertretung gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 wegen Nichtanerkennung dieser Ausgaben Beschwerde. Die Beschwerde wurde mittels Einschreiben am zur Post gegeben.
4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom Finanzamt als unbegründet abgewiesen.
5. Mit Schriftsatz vom wurde von der Bf die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht begehrt (Vorlageantrag).
6. Im Schreiben des Finanzamtes vom wurde der Bf mitgeteilt, dass das in der Beschwerdeschrift vom mit angeführte Zustellungsdatum des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2013 in Frage gestellt werden müsse:
Die steuerliche Vertreterin der Bf habe sich im Jänner 2014 als Zustellungsbevollmächtigte eingetragen. Laut Auskunft des Produktmanagements AB vom sei – wie eine Rücksprache mit der IT-Sektion ergeben habe – der Bescheid bereits am in die Databox der steuerlichen Vertreterin zugestellt, jedoch erst am gelesen worden.
Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 sei nachweislich am (Datum des Poststempels) eingebracht worden.
Unter Hinweis auf § 98 Abs. 2 BAO zur elektronischen Zustellung sowie die gleichgelagerten Bestimmungen im Zustellgesetz für den Fall der Abwesenheit von der Abgabestelle (§ 16 Abs. 5 ZustG zur Ersatzzustellung, § 17 Abs. 3 ZustG zur Hinterlegung, § 26 Abs. 2 ZustG zur Zustellung ohne Zustellnachweis) wurde die Bf um Bekanntgabe, ob allenfalls eine Ortsabwesenheit der steuerlichen Vertreterin (zB Betriebsurlaub) vorgelegen habe, und gegebenenfalls um entsprechende Glaubhaftmachung ersucht. Sollte dies nicht der Fall sein, wäre die Beschwerdefrist am abgelaufen und sei zu erwarten, dass die Beschwerde vom Bundesfinanzgericht gemäß § 260 Abs. 1 BAO als unzulässig zurückgewiesen würde.
8. In ihrem Antwortschreiben vom teilte die steuerliche Vertretung der Bf im Wesentlichen Folgendes mit:
Die Zustellung des in Rede stehenden Bescheides sei am erfolgt, konkret laut Verweis auf Anlage 1 um 19:38:13 + 02:00.
Dazu sei anzumerken, dass der ein Freitag gewesen sei. Die Öffnungszeiten der Kanzlei seien am Freitag von 8 bis 12.00 Uhr (Verweis auf Homepage/Anlage 2).
Unter Beachtung des 2. Satzes des § 98 Abs. 2 BAO sei somit die Zustellung erst am Montag, den 06. Juli erfolgt.
Zur Frage der Rechtzeitigkeit werde auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes bzw. eine VwGH-Entscheidung (Ra 2014/01/0198) verwiesen, wonach schriftliche Anbringen (Schriftsätze) an das BVwG nur innerhalb der Amtsstunden physisch oder elektronisch möglich seien. Im Umkehrschluss sei diese VwGH-Rechtsprechung jedenfalls auch für die Zustellung im Sinne des § 98 BAO relevant: Eine Zustellung an eine Steuerberatungskanzlei samt den entsprechenden Rechtsfolgen könne demnach auch nur während der Kanzleistunden erfolgen.
Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 sei daher innerhalb offener Frist bzw. zeitgerecht eingebracht worden.
9. Mit Vorlagebericht vom wurde die gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Sachverhalt:
Das Bundesfinanzgericht legte seiner Entscheidung folgenden für die rechtliche Beurteilung wesentlichen Sachverhalt zugrunde, der sich aufgrund des dargestellten Verfahrensablaufes ergab:
Am Freitag, , wurde vom Finanzamt aufgrund der Erklärung der Bf zur Arbeitnehmerveranlagung 2013 der Einkommensteuerbescheid 2013 erlassen. Dieser wurde noch am Abend des selben Tages auf elektronischem Wege in die Databox der (seit Jänner 2014 zustellungsbevollmächtigten) steuerlichen Vertreterin der Bf übermittelt, dies allerdings außerhalb der Öffnungszeiten der Kanzlei, die sich freitags zwischen 8.00 und 12.00 Uhr erstrecken. Tatsächlich wurde der Bescheid erst am darauf folgenden Montag, - das war der erste Arbeitstag nach dem Wochenende - von der steuerlichen Vertretung (= Empfänger) gelesen.
Mit Schriftsatz vom wurde Beschwerde gegen den angeführten Einkommensteuerbescheid 2013 erhoben; diese wurde mittels Einschreiben am Mittwoch, , zur Post gegeben. Am langte sie beim Finanzamt ein.
Die Beschwerde wurde vom Finanzamt zunächst nach einem Ermittlungsverfahren in der Sache mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Dagegen wurde fristgerecht ein Vorlageantrag erhoben. Nach einem weiteren Vorhaltsverfahren in der Sache erhoben sich beim Finanzamt Zweifel an der Rechtzeitigkeit der Beschwerde und wurde der Bf mit Schreiben vom mitgeteilt, dass bei einer anzunehmenden Zustellung am die Einbringung der Beschwerde mittels Postaufgabe am nicht rechtzeitig gewesen sei. Es wurde um Bekanntgabe, ob die steuerliche Vertretung zum Zeitpunkt der Zustellung ortsabwesend (zB wegen Betriebsurlaubs) gewesen sei, und gegebenenfalls um entsprechende Glaubhaftmachung ersucht.
In ihrer Antwort wendete die Bf ein, dass die Sendung am Freitag, , am Abend, also außerhalb der Kanzleistunden eingelangt sei und erst am Montag, , nach Rückkunft in die Kanzlei gelesen habe werden können. Als Zustellungszeitpunkt sei daher analog zur Regelung der Einreichung von Anbringen beim Bundesverwaltungsgericht außerhalb der Amtsstunden der anzunehmen.
Beweiswürdigung:
Der Umstand, dass der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2013 am Abend des (= Freitag) in die Databox der zustellungsbevollmächtigten steuerlichen Vertreterin der Bf übermittelt wurde, wurde auch von der Bf nicht bestritten.
Dass die Beschwerde am verfasst und eingeschrieben zur Post gegeben wurde, ergibt sich aus dem Datumsvermerk am Schriftsatz und dem Poststempel und ist hier ebenfalls nicht strittig.
Die Verspätung wurde der Bf mit Schreiben des Finanzamtes vom im Wege des Parteiengehörs vorgehalten und wurde ihr somit Gelegenheit gegeben, entsprechende Einwendungen vorzubringen, von welchem Recht sie auch Gebrauch gemacht hat.
Rechtliche Beurteilung:
1. Rechtliche Grundlagen/Allgemeines:
1.1. Zur Zurückweisung wegen Verspätung:
§ 260 Abs. 1 BAO lautet folgendermaßen (Fettdruck durch das Bundesfinanzgericht):
"Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde."
1.2. Zur Verspätung:
Die Bescheidbeschwerde ist fristgerecht, wenn sie spätestens am letzten Tag der Beschwerdefrist eingebracht wird.
Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat. Mit ungenütztem Ablauf der Beschwerdefrist tritt die (formelle) Rechtskraft des Bescheides ein.
Wird der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst, so ist gemäß § 109 BAO für den Beginn der Frist der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekanntgegeben worden ist (§ 97 Abs. 1 BAO). Die Bekanntgabe bei schriftlichen Erledigungen erfolgt nach § 97 Abs. 1 lit. a BAO durch Zustellung.
Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden nach § 108 Abs. 2 BAO mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen (§ 108 Abs. 3 BAO). Die Tage des Postlaufes werden in die Frist nicht eingerechnet (§ 108 Abs. 4 BAO).
1.3. Zum Zustellungszeitpunkt:
§ 98 BAO
lautet folgendermaßen (Fettdruck durch das Bundesfinanzgericht):
"(1) Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anders bestimmt, sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, ausgenommen Abschnitt III (Elektronische Zustellung), vorzunehmen.
(2) Elektronisch zugestellte Dokumente gelten als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam."
Die gemäß § 40 Abs. 5 des Zustellgesetzes (in der Folge kurz ZustG) bis anwendbare Vorgängerbestimmung des § 26a ZustG lautete folgendermaßen (Fettdruck durch Bundesfinanzgericht):
"Im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in einer anderen technisch möglichen Weise übermittelte Sendungen gelten als zugestellt, sobald ihre Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam."
§ 16 Abs. 5 ZustG legt im Zusammenhang mit der "Ersatzzustellung" Folgendes fest (Fettdruck durch Bundesfinanzgericht):
"Eine Ersatzzustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam."
§ 17 Abs. 3 ZustG legt im Zusammenhang mit der "Hinterlegung" Folgendes fest (Fettdruck durch Bundesfinanzgericht):
"Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte."
§ 26 Abs. 2 ZustG legt im Zusammenhang mit "Zustellungen ohne Zustellnachweis" Folgendes fest (Fettdruck durch Bundesfinanzgericht):
"Die Zustellung gilt als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam."
2. Erwägungen:
2.1. Zum generellen Zustellungszeitpunkt:
Der Zeitpunkt, in dem Daten gemäß § 98 Abs. 2 BAO in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangen, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3, § 98 Anm. 8 unter Hinweis auf die Erläuterungen zur RV betreffend das AbgSiG 2007, 270 BlgNR XXIII. GP, 13).
Dass mit dem Einbringen der Daten in die Databox des Empfängers die Zustellung in der Regel als bewirkt gilt, ist im gegenständlichen Fall auch nicht Streitpunkt. Strittig ist vielmehr, ob durch die Übermittlung der Daten außerhalb der Kanzleistunden der Zustellungsbevollmächtigten der Bf am Freitagabend tatsächlich noch an diesem Tag eine Zustellung mit allen daran anschließenden Rechtsfolgen, vor allem mit dem Beginn der Beschwerdefrist, bewirkt werden konnte.
2.2. Zur Ausnahme wegen "Abwesenheit":
2.2.1. Zur Anwendung der Rechtsprechung zum Zustellgesetz:
In § 98 Abs. 2 Satz 3 BAO übernimmt der Gesetzgeber die auch im Zustellgesetz (ZustG) enthaltene Regelung, dass eine Zustellung dann als nicht bewirkt gilt, wenn der (formelle) Empfänger wegen Abwesenheit von der Zustelladresse (= Abgabestelle) nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (Raschauer in Frauenberger-Pfeiler/Raschauer/ Sander/Wessely, Österreichisches Zustellrecht2, § 98 Rz 4).
Diese Regelung findet sich im Zustellgesetz an mehreren Stellen.
So besteht eine entsprechende Normierung im Zusammenhang mit der Festlegung des Zustellungszeitpunktes bei Ersatzzustellung in § 16 Abs. 5 ZustG sowie in § 17 Abs. 3 ZustG für den Fall der Hinterlegung. Ebenso wird gemäß § 26 Abs. 2 ZustG (Zustellungen ohne Zustellnachweis) die Zustellung nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam. Letztlich entspricht sie auch der Formulierung der aufgrund des § 40 Abs. 5 ZustG bis auf elektronische Zustellungen anzuwendenden Vorgängerbestimmung des § 26a ZustG und sollte damit nach dem Willen des Gesetzgebers die bisherige Rechtslage laut § 26a ZustG beibehalten werden (siehe Erläuterungen zur RV betreffend das AbgSiG 2007, 270 BlgNR XXIII. GP, 13).
Der Hintergrund bzw. Zweck all dieser gleichgelagerten Bestimmungen ist derselbe, nämlich der Schutz des Empfängers vor zustellrechtlichen Folgen einer ihm nicht zur Kenntnis gelangten Zustellung während seiner Abwesenheit (zB während seines Urlaubs) von der Abgabestelle (siehe hiezu auch Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das AbgSiG 2007; Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3, § 98 Anm. 9 unter Verweis auf die vergleichbaren Regelungen des § 26 Abs. 2 ZustG und § 17 Abs. 3 ZustG).
Zur Beurteilung der Frage, ob im konkreten Fall eine Abwesenheit des Empfängers von der Abgabestelle vorliegt, die bewirkt, dass er nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, und damit die Zustellung erst an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam wurde, ist somit die umfangreiche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu jenen gleichgelagerten Bestimmungen des Zustellgesetzes heranzuziehen.
Diese Sichtweise wird auch durch die Aussage des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis , bekräftigt, wonach nach der Bestimmung des § 98 Abs. 2 dritter Satz BAO "die Wirksamkeit der Zustellung – nach dem Muster des § 17 Abs. 3 Zustellgesetz
– an eine negative Bedingung geknüpft ist, die vom Verhalten des Empfängers abhängt und deren Nichterfüllung meist erst nachträglich hervorkommt".
Schon die Anlehnung der Formulierung in § 98 Abs. 2 BAO an die gleichgelagerten Bestimmungen des Zustellgesetzes zeugt davon, dass sich die Wirksamkeit der Zustellung nach dem Willen des Gesetzgebers an den Grundsätzen des Zustellgesetzes orientieren sollte. Ebenso wie zwischen den verschiedenen Formen der Zustellung laut Zustellgesetz (Ersatzzustellung, Hinterlegung, Zustellung ohne Zustellnachweis) Waffengleichheit hinsichtlich des Zeitpunktes der Zustellung dadurch hergestellt werden sollte, dass die Rechtsfolgen für den Fall der Abwesenheit und demzufolge nicht rechtzeitiger Kenntniserlangung in gleicher Weise geregelt wurden, soll dies nach dem Willen des Gesetzgebers offensichtlich auch im Verhältnis zur elektronischen Zustellung gemäß § 98 BAO der Fall sein.
2.2.2. Zur Rechtsprechung zur "nicht rechtzeitigen Kenntniserlangung vom Zustellvorgang wegen Abwesenheit von der Abgabestelle":
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, ob jemand vom Zustellvorgang rechtzeitig Kenntnis erlangt hat, nach den Verhältnissen des Einzelfalles zu beurteilen. Wird durch die Zustellung der Beginn einer Rechtsmittelfrist ausgelöst, so erlangt der Empfänger rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis, wenn ihm ein für die Einbringung des Rechtsmittels angemessener Zeitraum verbleibt (, unter Verweis auf , mwN). Es ist nicht erforderlich, dass dem Empfänger in den Fällen einer Zustellung stets die volle Frist für die Erhebung eines allfälligen Rechtsmittels zur Verfügung stehen muss.
Im Erkenntnis , stellte der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit dem Kriterium der "Rechtzeitigkeit" zusammenfassend Folgendes fest:
"3.4. Der Vergleich mit der Mehrheit der berufstätigen Bevölkerung und dem Zeitraum, der auch im Fall einer vom Gesetz tolerierten Ersatzzustellung üblicherweise zur Verfügung gestanden wäre, prägte in weiterer Folge die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
'Rechtzeitig' im Sinne des § 17 Abs. 3 vierter Satz ZustG ist demnach dahingehend zu verstehen, dass dem Empfänger noch jener Zeitraum für ein Rechtsmittel zur Verfügung steht, der ihm auch im Falle einer vom Gesetz tolerierten Ersatzzustellung üblicherweise zur Verfügung gestanden wäre. Wenn daher der Empfänger durch den Zustellvorgang nicht erst später die Möglichkeit erlangt hat, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Berufstätigkeit der Fall gewesen wäre, so muss die Zustellung durch Hinterlegung als ordnungsgemäß angesehen werden (vgl. dazu unter vielen das hg. Erkenntnis vom , 2004/05/0078).
Von einer rechtzeitigen Kenntniserlangung von der Zustellung durch den Empfänger könne nur dann die Rede sein, wenn diesem die wahrzunehmende Frist ungekürzt oder zumindest nahezu ungekürzt zur Verfügung stehe (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2006/07/0101, vom , 98/07/0032, vom , 88/06/0140, und vom , 86/07/0212). Davon könne bei einer Verzögerung der Kenntnis von der Zustellung um mehrere Tage nicht mehr die Rede sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 98/07/0032). Noch keine unzulässige Verkürzung der Rechtsmittelfrist wurde bei einer Rückkehr einen Tag nach dem Beginn der Abholfrist (vgl. etwa den Beschluss vom , 97/13/0104, 0168, mwN, und auch das Erkenntnis vom , 99/06/0049) und bei einer Behebung drei Tage nach der Hinterlegung (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 99/17/0303) angenommen."
Zuvor hatte sich der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis auch mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes auseinandergesetzt (), wonach etwa bei einer Hinterlegung am 31.10. (= gleichzeitig Beginn der Abholfrist) ein Großteil der berufstätigen Bevölkerung die Sendung nicht hätte vor dem 02.11., dem nächsten Werktag, beheben können.
Schließlich bezog sich der Gerichtshof auch auf die Judikaturlinie, die darauf abstellt, ob der Partei nach den Verhältnissen des Einzelfalles noch ein angemessener Zeitraum für die Einbringung des Rechtsmittels verblieb. Dabei kam er zum Ergebnis, dass kein signifikanter Unterschied zum Agieren des Teils der berufstätigen Bevölkerung erkennbar erscheine, der bedingt durch die Berufstätigkeit die Sendung einige Tage später behebt, zumal in den Fällen, in denen bei bis zu vier Tagen nach Beginn der Abholfrist noch von einer rechtzeitigen Zurkenntnisnahme von der Hinterlegung ausgegangen worden sei, jeweils ein Wochenende zwischen Hinterlegungszeitpunkt und Abholung gelegen sei. Es wurde auf Entscheidungen hingewiesen, wonach bei einer zweiwöchigen Rechtsmittelfrist eine verbleibende Dauer zur Ausführung eines Rechtsmittels von zehn Tagen noch als angemessen erachtet wurde (zB ; ; in diesem Sinne auch , im Zusammenhang mit einer sechswöchigen Beschwerdefrist und viertägiger Verzögerung).
2.3. Ergebnis im gegenständlichen Fall:
Wendet man nun diese Rechtsprechung auf den gegenständlichen Fall an, so kommt man zu folgendem Ergebnis:
2.3.1. Der Einkommensteuerbescheid 2013 wurde unbestritten am Abend des (Freitag) in die Databox (= elektronischer Verfügungsbereich) der zustellungsbevollmächtigten Vertreterin der Bf zugestellt. Aufgrund der Zustellung nach Ende der Kanzleiöffnungszeiten am Freitag wurde der Bescheid erst am darauf folgenden Montag - das ist der erste Arbeitstag nach dem Wochenende (= ) - gelesen.
2.3.2. Durch den Umstand, dass diese Zustellung außerhalb der Kanzleistunden erfolgte und der Bescheid daher erst am darauf folgenden Montag gelesen wurde, ist die Bf bzw. deren steuerliche Vertreterin aber nicht schlechter gestellt als ein Großteil der berufstätigen Bevölkerung, die bei Hinterlegung des Schriftstückes am Freitag frühestens am darauffolgenden Montag die Gelegenheit hat, das Schriftstück zu beheben.
Sowohl nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als auch des Obersten Gerichtshofes verbleibt jedenfalls noch ein angemessener Zeitraum für die Einbringung des Rechtsmittels. Wie oben ausgeführt, wurde nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nämlich selbst bei einer nur zweiwöchigen Rechtsmittelfrist eine Verzögerung der Behebung bis zu vier Tagen, die allerdings ein Wochenende einschließen, noch als angemessen erachtet.
Im gegenständlichen Fall betrug die Verzögerung bei einer vierwöchigen Beschwerdefrist inklusive Einschluss des Wochenendes lediglich drei Tage.
Eine Verschiebung des Zustellungszeitpunktes gemäß § 98 Abs. 2 BAO aufgrund nicht rechtzeitiger Kenntniserlangung infolge Abwesenheit von der Abgabestelle konnte sohin unter Heranziehung der höchstgerichtlichen Judikatur nicht angenommen werden.
2.3.3. Darüber hinaus ist anzumerken, dass sich aus § 98 Abs. 2 BAO, soweit er sich auf die Abwesenheit von der Abgabestelle bezieht, als Rechtsfolge nicht bloß, wie von der steuerlichen Vertretung angenommen, die Zustellung am Montag, , (= Tag der Rückkehr bzw. des Lesens des Bescheides) vorsieht, sondern den "der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag". Dies würde bedeuten, dass unter Anwendung dieser Bestimmung als Zeitpunkt der Zustellung erst Dienstag, der gelten könnte. Dass der Gesetzgeber unter der Wortfolge "Abwesenheit von der Abgabestelle" auch die regelmäßigen wochenendbedingten Abwesenheiten von einer nur an Arbeitstagen besetzten Abgabestelle (Kanzlei) erfasst wissen wollte, kann schon allein deswegen nicht unterstellt werden.
2.3.4. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang außerdem, dass gerade im Fall der Zustellung in die Databox die Annahme der Kanzlei als Abgabestelle insofern relativiert wird, als der Zugriff in die Databox nicht von der Anwesenheit in der Kanzlei abhängig ist. Inwieweit es der steuerlichen Vertretung trotz Abwesenheit von der Kanzlei zumutbar gewesen wäre, Zustellvorgänge an der Zustelladresse wahrzunehmen, mag im Hinblick auf obige Ausführungen, die Annahme einer Wirksamkeit erst am ohnehin nicht zulassen, dahingestellt bleiben. Jedenfalls wird von Teilen der Lehre (siehe zB Walter-Mayer, Zustellrecht, Wien 1983, § 17 Anm. 38; Raschauer in Frauenberger-Pfeiler/Raschauer/ Sander/Wessely, Österreichisches Zustellrecht2, § 98 Rz 4 unter Verweis auf ) auch der Einfluss dieses Kriteriums auf die Prüfung der Wirksamkeit der Zustellung angesprochen.
2.3.5. Zum Einwand der steuerlichen Vertretung der Bf im Schreiben vom , wonach der Umstand, dass nach der Judikatur (Verweis auf VwGH Ra 2014/01/0198) schriftliche Anbringen an das BVwG nur innerhalb der Amtsstunden möglich seien, im Umkehrschluss bedeute, dass Zustellungen an eine Steuerberatungskanzlei im Sinne des § 98 BAO auch nur während der Kanzleistunden erfolgen könnten, ist Folgendes auszuführen:
Bei jenem Sachverhalt, der der von der Bf zitierten Entscheidung zugrunde lag, und dem im gegenständlichen Beschwerdeverfahren zu qualifizierenden Sachverhalt handelt es sich um zwei verschiedene Sachverhalte, die unter verschiedene gesetzliche Tatbestände zu subsumieren bzw. nach unterschiedlichen Gesetzesbestimmungen zu beurteilen waren:
Im Erkenntnis , war die Frage zu klären, ob ein Schriftsatz (Revision) rechtzeitig beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht wurde. Hiefür waren die Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes, BGBl I 10/2013 (konkret § 21 BVwGG), der Geschäftsordnung des Bundesverwaltungsgerichtes (konkret § 20 GO BVwG) sowie der BVwG-elektronischer-Verkehr-Verordnung idF BGBl II 515/2013 (BVwG-EVV) heranzuziehen.
Der VwGH kam zum Ergebnis, dass § 20 Abs. 7 nicht so zu verstehen sei, dass für Eingaben im elektronischen Rechtsverkehr die in § 20 Abs. 2 und 6 GO BVwG vorgesehenen Regelungen nicht gelten sollten.
Gemäß § 20 Abs. 2 GO BVwG können schriftliche Anbringen (Schriftsätze) nur innerhalb der Amtsstunden physisch (postalisch, persönlich oder mit Boten) oder elektronisch am Sitz des Bundesverwaltungsgerichtes in Wien eingebracht werden. Nach Abs. 6 der zitierten GO gelten schriftliche Anbringen (Schriftsätze), die nach Ablauf der Amtsstunden eingebracht werden, erst mit Beginn der Amtsstunden des nächsten Arbeitstages als eingebracht. Für die Einbringung von Eingaben (Schriftsätzen) im elektronischen Rechtsverkehr nach § 21 BVwGG gelten nach Abs. 7 GO die Bestimmungen der BVwG-elektronischer-Verkehr-Verordnung (BVwG-EVV), BGBl II 515/2013.
Die angeführten Tatbestände, die für die rechtliche Beurteilung des im VwGH-Verfahren gegebenen Sachverhaltes maßgeblich waren, legen eindeutig die Rechtsfolge für jene Fälle fest, in denen Anbringen erst nach den Amtsstunden eingebracht werden. Sie weisen aber weder das Tatbestandsmerkmal der Abwesenheit von der Abgabestelle noch der nicht rechtzeitigen Kenntniserlangung von der Zustellung durch den Empfänger aus.Auf den im gegenständlichen Beschwerdeverfahren zu beurteilenden Sachverhalt ist hingegen der Tatbestand des § 98 Abs. 2 mit seinen hier maßgeblichen Tatbestandsmerkmalen der Abwesenheit von der Abgabestelle und der nicht rechtzeitigen Kenntniserlangung von der Zustellung durch den Empfänger anzuwenden. Diese Tatbestandsmerkmale sind an die gleichgelagerten Normen laut Zustellungsgesetz angelehnt und auch entsprechend auszulegen.
Mangels Identität der Sachverhalte sowie der hierauf anzuwenden gesetzlichen Tatbestandsmerkmale samt den daraus resultierenden Rechtsfolgen konnte aus den Aussagen des Verwaltungsgerichtshofes in dem von der steuerlichen Vertretung der Bf zitierten Erkenntnis für deren Standpunkt daher nichts gewonnen werden.
2.4. Ergebnis:
Insgesamt konnte aufgrund obiger Ausführungen der Umstand, dass die Kanzlei der zustellungsbevollmächtigten steuerlichen Vertreterin zum Zeitpunkt der Übermittlung der Daten der Bf in die Databox nicht mehr besetzt war, nicht bewirken, dass die Zustellung des entsprechenden Bescheides erst am darauf folgenden Werktag (= Montag) vollzogen wurde.
Der Einkommensteuerbescheid 2013 galt vielmehr gemäß § 98 Abs. 2 erster Satz BAO bereits am Freitag, , als zugestellt und wurde damit der Lauf der Beschwerdefrist an diesem Tag in Gang gesetzt. Damit endete die einmonatige Beschwerdefrist aber gemäß § 108 Abs. 2 BAO am Montag, . Die erst am eingebrachte Beschwerde war daher gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO mit Beschluss zurückzuweisen, da sie nicht fristgerecht eingebracht worden war.
Zulässigkeit einer Revision:
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG).
Die Revision ist im gegenständlichen Fall nicht zulässig, weil einerseits die Rechtsfolgen der Zurückweisung wegen erwiesener Verspätung, die Beschwerdefrist sowie die Berechnung der Frist eindeutig dem Gesetz zu entnehmen sind (§ 260 Abs. 1 lit. b BAO; § 245 BAO, § 108 BAO). Andererseits ergibt sich die Nichterfüllung des Tatbestandes der nicht rechtzeitigen Kenntniserlangung vom Zustellvorgang wegen Abwesenheit von der Abgabestelle gemäß § 98 Abs. 2 3. Satz BAO aus der umfangreichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den gleichlautenden Bestimmungen des Zustellgesetzes (siehe zusammenfassend ). Die zitierte Judikatur ist bei der Auslegung des § 98 Abs. 2 BAO, dessen Formulierung sich an der Vorgängerbestimmung des § 26a ZustG orientierte, anzuwenden. Die gegenständliche Entscheidung war daher nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängig (siehe , wonach bei ausreichender Judikatur zur Vorgängerbestimmung keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt).
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 26a ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 17 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 26 Abs. 2 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 16 Abs. 5 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Knechtl in BFGjournal 2019, 219 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.5100209.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at