Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.06.2016, RV/3100277/2013

Entsteht bei einer Einbringung gem. Art. III des UmgrStG (Rechtslage 31.12.2004) ein negatives Einbringungskapital, stellt die Verminderung einer unternehmensrechtlichen Kapitalrücklage mangels einer steuerlich verfügbaren Rücklage eine kapitalertragsteuerpflichtige Ausschüttung dar.

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. B in der Beschwerdesache A Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungs-GmbH, C Straße 8, D, gegen den am ausgefertigten Haftungsbescheid des Finanzamtes E betreffend Kapitalertragsteuer für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2011

zu Recht erkannt: 

1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die im Jahr 2005 gegründete Beschwerdeführerin (kurz: Bf.) ist im Geschäftszweig Steuerberatung tätig. Der Alleingesellschafter der Bf. brachte seinen Mitunternehmeranteil an der F A und Mag. G Wirtschaftstreuhandgesellschaft OEG Steuerberatungsgesellschaft nach Artikel III UmgrStG (Buchwertfortführung) zum Einbringungsstichtag in die Bf. ein.

2. Anlässlich einer bei der Bf. durchgeführten Betriebsprüfung, umfassend die Jahre 2009 bis 2011, stellte der Prüfer unter anderem fest, dass im Jahr 2011 ein Teilbetrag der Kapitalrücklage in Höhe von € 73.478,62 (laut Bilanz Stand seit € 214.261,72) steuerneutral aufgelöst worden sei (Bericht vom , ABNr. 123087/12, Tz. 1).
Die teilweise Auflösung der ungebundenen Kapitalrücklage im Betrag von € 73.478,62 stelle keine Einlagenrückzahlung, sondern eine Gewinnausschüttung dar und unterliege der Kapitalertragsteuer, die von den Gesellschaftern getragen werde.
Für steuerneutrale Einlagen sei ein außerbücherliches Evidenzkonto gem. § 4 (12) EStG 1988 zu führen, das Hinweis auf die Herkunft des ausgeschütteten Gewinnes gebe.
Bei Vorliegen eines steuerlich negativen Sacheinlagewertes ergebe sich trotz Vornahme einer Kapitalerhöhung auf dem Evidenzkonto der übernehmenden Körperschaft keine Veränderung des Standes, da mangels eines positiven Buchwertes eine Erhöhung des Standes ausgeschlossen sei und andererseits eine Einlagenrückzahlung an den Einbringenden nicht vorliege.
Die Kapitalrücklage resultiere somit nicht aus Einlagen (negative Anschaffungskosten) und könne daher nicht steuerneutral rückgezahlt werden.
Laut Prüfung stelle sich der Wert des eingebrachten Vermögens wie folgt dar:


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Kapitalanteil A & G OG
23.729,72
Kapitalanteil Sonderbetriebsverm. B & E OG
36.802,44
Aufwertung Grund Boden zum Zeitpunkt der Einbringung, Wechsel von § 4 (1) auf § 5 EStG 1988
54.215,30
steuerliches Kapital
114.747,46
 
 
unbare Entnahme gem. § 16 Abs. 5 Z 2 UmgrStG
-548.738,28
negative steuerliche Anschaffungskosten
-433.990,82

Die Kapitalertragsteuer wurde mit € 18.369,66 (25 % von € 73.478,62) festgesetzt.

3. Die Abgabenbehörde fertigte diesen Prüfungsfeststellungen folgend am einen Haftungsbescheid gem. § 95 Abs. 2 EStG 1988 iVm § 202 und § 224 BAO aus und zog die zum Abzug verpflichtete Bf. zur Haftung betreffend Kapitalertragsteuer in Höhe von € 18.369,66 für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2011 heran. Als Empfänger der Kapitalerträge (Steuerschuldner) wurden F A und Mag. H A angeführt.

4. In der dagegen erhobenen Berufung vom brachte die Bf. vor, dass die von F A gem. Art III des UmgrStG zum in die Bf. eingebrachte Mitunternehmerbeteiligung an der F A und Mag. G Wirtschaftstreuhandgesellschaft OEG Steuerberatungsgesellschaft einen (Verkehrs)Wert von € 763.000 aufgewiesen habe. Nach Bildung einer rückbezogenen Entnahme (von € 548.738,28) habe eine Kapitalrücklage von € 214.261,72 gebildet werden können. Das steuerliche Kapital habe sich zu diesem Zeitpunkt auf € 114.747,46 belaufen. Die Rückzahlung der Kapitalrücklage an den Anteilseigner sei eine Rückzahlung eines eingebrachten Kapitalwertes.

In weiterer Folge bestritt die Bf. unter Hinweis darauf, dass die Gesellschaftsanteile außerbetrieblich gehalten werden, zum einen die Anwendbarkeit der Bestimmungen des § 4 Abs. 12 EStG 1988 und zum andern das Vorliegen eines tauglichen Rechtsgrundes für die Erlassung eines Haftungsbescheides. Das Evidenzkonto habe ihrer Ansicht nach folgendes Aussehen:


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Stammkapital
35.000,00
Kapitalrücklage
214.261,72
gesamt und unverändert von 2005 - 2010
249.261,72
Kapitalrückzahlung
-73.478,62
Evidenzkonto zum
175.783,10

Für die Beurteilung des Sachverhaltes seien die gesetzlichen Bestimmungen des Umgründungssteuergesetzes zum anzuwenden. Die negativen Anschaffungskosten blieben beim Anteilseigner bis zu einer Liquidation des Unternehmens bzw. Veräußerung der Gesellschaftsanteile in unveränderter Höhe bestehen.

5. Die Beschwerde wurde ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung mit Vorlagebericht am dem Unabhängigen Finanzsenat (UFS) zur Entscheidung vorgelegt.

6. Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim UFS als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

II. Sachverhalt

1. Die Bf. wurde mit Notariatsakt vom errichtet und am in das Firmenbuch eingetragen (FN XX). Das Stammkapital der Gesellschaft betrug € 35.000 und wurde vom Gründer F A zur Gänze entrichtet.

2. Mit dem Sacheinlage- und Einbringungsvertrag vom brachte F A seinen Mitunternehmeranteil an der F A und Mag. G Wirtschaftstreuhand OEG Steuerberatungsgesellschaft nach Art. III UmgrStG (Buchwertfortführung) zum Einbringungsstichtag in die in seinem Alleigentum stehende Bf. (nunmehr lautend  auf A Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungs-GmbH) ein.

3. Vertraglich wurde festgehalten, dass die Voraussetzung des § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG (Unterbleiben der Gewährung neuer Anteile) vorliege, weil der Einbringende (F A) Alleingesellschafter der Bf. sei (Sacheinlage- und Einbringungsvertrag vom , Pkt. 6.).

4. In der "handelsrechtlichen" Eröffnungsbilanz zum wurde ein Firmenwert von € 691.826,24 aktiviert. Ferner wurden Entnahmen gem. § 16 Abs. 5 Z 1 und Z 2 UmgrStG im Betrag von € 98.235,36 und € 550.000 passiviert und Einlagen gem. § 16 Abs. 5 Z 1 im Betrag von € 99.497,08 aktiviert. Die Kapitalrücklage betrug € 214.261,72 (Kapitalrücklage € 166.847,68 und Einbringungskapital Sonderbetriebsvermögen € 47.414,04).

5. Das steuerliche Einbringungskapital betrug zum € -488.206,12 zuzüglich des sich auf den Einbringungsstichtag folgenden Tag ergebenden Erhöhungsbetrages von € 54.215,30 aus dem Übergang der Gewinnermittlung auf § 5 EStG 1988.

6. Durch die Einbringung zum  hat sich der Stand der Einlagen im Sinne des § 4 Abs. 12 EStG 1988 in Höhe des aufgebrachten Nennkapitals von € 35.000 nicht erhöht.

7. Mit Abtretungsvertrag vom trat F A von seinem zur Gänze einbezahlten Geschäftsanteil von € 35.000, jenen Teil, der einem voll geleisteten Geschäftsanteil von € 17.500 entsprach, an seinen Sohn Mag. H A ab.

8. Mit Gesellschafterbeschluss vom wurde die Rückzahlung eines Betrages von € 73.478,62 aus der (unternehmensrechtlichen) Kapitalrücklage der Bf. an die Gesellschafter beschlossen.

9. Der steuerliche Gewinn der Bf. betrug im Jahr 2011 € 156.935,66.

III. Rechtslage

1. Gemäß § 8 Abs. 1 KStG 1988 bleiben bei der Ermittlung des Einkommens Einlagen und Beiträge jeder Art insoweit außer Ansatz, als sie von Personen in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter, Mitglieder oder in ähnlicher Eigenschaft geleistet werden. Auch Vermögenszuwendungen im Zuge von Einbringungen gemäß Artikel III UmgrStG an die übernehmende Körperschaft können zu Einlagen iSd § 8 Abs. 1 KStG 1988 führen und Einlagen im Sinne des § 4 Abs. 12 EStG 1988 darstellen. 

2. § 4 Abs. 12 EStG 1988 in der im Streitjahr geltenden Fassung lautet:
"Die Einlagenrückzahlung von Körperschaften gilt, auch wenn sie im Wege einer Einkommensverwendung erfolgt, als Veräußerung einer Beteiligung und führt beim Anteilsinhaber (Beteiligten) sowohl bei einem Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1, § 5) als auch bei einer Einnahmen - Ausgabenrechnung (§ 4 Abs. 3) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu einer Minderung und Erhöhung von Aktivposten des Betriebsvermögens:
- Einlagen im Sinne dieser Vorschrift sind das aufgebrachte Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapital und sonstige Einlagen und Zuwendungen, die als Kapitalrücklage auszuweisen sind oder bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften auszuweisen waren einschließlich eines Partizipations- und Genußrechtskapitals im Sinne des § 8 Abs. 3 Z 1 des Körperschaftsteuergesetzes 1988, sowie jene Verbindlichkeiten denen abgabenrechtlich die Eigenschaft eines verdeckten Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapitals zukommt (Z 1).
- Nicht zu den Einlagen gehören Beträge, die unter § 32 Z 3 fallen oder die infolge einer Umgründung im Sinne des Umgründungssteuergesetzes die Eigenschaft einer Gewinnrücklage oder eines Bilanzgewinnes verloren haben (Z 2).
- Die Körperschaft hat den Stand der Einlagen im Sinne dieser Vorschrift im Wege eines Evidenzkontos zu erfassen und seine Erhöhungen durch weitere Einlagen und Zuwendungen und Verminderungen durch Ausschüttungen oder sonstige Verwendungen laufend fortzuschreiben. Das Evidenzkonto ist in geeigneter Form der jährlichen Steuererklärung anzuschließen (Z 3)."

3. § 15 Abs. 4 EStG 1988 bestimmt, dass § 4 Abs. 12 EStG 1988 auch im außerbetrieblichen Bereich entsprechend anzuwenden ist.

4. Eine Einbringung im Sinne § 12 Abs. 1 UmgrStG (in der geltenden Fassung zum ) liegt vor, wenn Vermögen gemäß § 12 Abs. 2 UmgrStG auf Grundlage eines schriftlichen Einbringungsvertrages (Sacheinlagevertrages) nach Maßgabe des § 19 UmgrStG einer übernehmenden Körperschaft tatsächlich übertragen wird. Voraussetzung ist, dass das Vermögen am Einbringungsstichtag, jedenfalls aber am Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages, einen positiven Verkehrswert besitzt. Der Einbringende hat den positiven Verkehrswert im Zweifel durch ein Gutachten eines Sachverständigen nachzuweisen.
Gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 UmgrStG zählen zum Vermögen Mitunternehmeranteile, das sind Anteile an Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, wenn sie zu einem Stichtag eingebracht werden, zu dem eine Bilanz (§ 4 Abs. 1 des EStG 1988) der Mitunternehmerschaft vorliegt, an der die Beteiligung besteht.

Nach § 16 Abs. 1 UmgrStG hat der Einbringende das in § 15 UmgrStG genannte Vermögen in der Einbringungsbilanz und einzubringende Kapitalanteile im Einbringungsvertrag mit den in § 14 Abs. 1  UmgrStG genannten Werten anzusetzen (Buchwerteinbringung).

Gemäß § 16 Abs. 5 UmgrStG kann abweichend von § 14 Abs. 2 UmgrStG bei der Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen das nach § 14 Abs. 1 UmgrStG anzusetzende Vermögen, sofern die Voraussetzungen des § 12 leg. cit. gewahrt bleiben, in folgender Weise verändert werden:
Z 1: Entnahmen und Einlagen, die in der Zeit zwischen dem Einbringungsstichtag und dem Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages getätigt werden, können an Stelle der Erfassung als Verrechnungsforderung oder -verbindlichkeit gegenüber der übernehmenden Körperschaft zurückbezogen werden. Diese Vorgänge gelten als mit Ablauf des Einbringungsstichtages getätigt, wenn sie in der Einbringungsbilanz durch den Ansatz einer Passivpost für Entnahmen oder einer Aktivpost für Einlagen berücksichtigt werden.
Neben der in Z 1 genannten Passivpost kann eine weitere Passivpost in folgender Weise gebildet werden:
- Die Bildung ist mit 75% des positiven Verkehrswertes des Vermögens am Einbringungsstichtag nach Berücksichtigung sämtlicher Veränderungen der Z 1, Z 3, Z 4 und Z 5 begrenzt,
- wobei der sich ergebende Betrag um sämtliche Veränderungen der Z 1, Z 3, Z 4 und Z 5 zu kürzen ist.
Der Endbetrag gilt als mit Ablauf des Einbringungsstichtages entnommen.

5. Was der Kapitalgesellschaft im Wege einer Einlage, also societatis causa zugewendet wird, führt bei ihr nicht zur Ertragsbesteuerung, beim Gesellschafter aber zu Anschaffungskosten auf die Beteiligung. Einlagenrückzahlungen sind das Gegenstück, der contrarius actus zu Einlageleistungen der Gesellschafter. Kapitalrückzahlungen sind bei der Gesellschaft nichtsteuerbare Vermögensabflüsse und bewirken beim Gesellschafter eine Minderung der auf die Beteiligung aktivierten Anschaffungskosten beziehungsweise Herstellungskosten (vgl. ).

6. Der Unabhängige Finanzsenat (UFS) gelangte in der Entscheidung vom , Zl. RV/0606-I/11, nach Auseinandersetzung mit den bestehenden kontroversen Literaturmeinungen zur Ansicht, dass der Stand der rückzahlbaren Einlagen iSd § 4 Abs. 12 EStG 1988 nach den steuerlichen Bewertungsvorschriften zu ermitteln sei. Er schloss sich der jüngeren im Schrifttum vertretenen Meinung an, wonach gemäß § 235 Z 3 UGB eine Ausschüttungssperre auf Erträge aus der Auflösung von Kapitalrücklagen bestehe, die im Zuge von Umgründungen mit Buchwertfortführung dotiert worden seien. Voraussetzung dabei sei, dass solche Buchwertumgründungen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise mit dem beizulegenden Wert bewertet worden seien.
Die dagegen erhobene Revision hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ro 2014/15/0002, als unbegründet abgewiesen. Der VwGH bestätigte, dass die Bewertung der Einlage nach steuerlichen Bestimmungen zu erfolgen habe und auch bei einer Buchwerteinbringung nach Art. III UmgrStG das steuerliche und nicht das unternehmensrechtliche Einbringungskapital entscheidend sei.

IV. Rechtliche Erwägungen

1. Die steuerliche Buchwertfortführung ist ein Kerngrundsatz und zentraler Inhalt des UmgrStG. Danach wird das Vermögen zu steuerlichen Buchwerten (oder Anschaffungskosten) übertragen. Dadurch unterbleibt beim Übertragenden die Realisierung der im Vermögen enthaltenen stillen Reserven. Der Rechtsnachfolger (= Übernehmende) hat die steuerlichen Buchwerte zwingend  fortzuführen (= Buchwertfortführung). Damit kommt es weder zu einer Besteuerung eines Veräußerungs- oder Aufwertungsgewinnes noch zu einer (steuerpflichtigen) Aufwertung des Vermögens. Dies gilt unabhängig davon, ob unternehmensrechtlich vom Aufwertungswahlrecht nach § 202 UGB Gebrauch gemacht worden ist (vgl. Doralt/Ruppe, Steuerrecht I11 (2013) Grundsätze des Umgründungssteuerrechts Rz 1112).

2. Bei der Einbringung gilt der Grundsatz, dass der Stand des Einlagen-Evidenzkontos der übernehmenden Körperschaft grundsätzlich in Höhe des steuerlichen Einbringungskapitals zu erhöhen ist.
Ist das steuerliche Einbringungskapital negativ, so ist unabhängig davon, ob eine unternehmensrechtliche Kapitalerhöhung bei der übernehmenden Körperschaft erfolgt, das Einlagen-Evidenzkonto der übernehmenden Körperschaft nicht zu verändern (vgl. Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, Umgründungssteuergesetz4, § 18 Rz 62).

3. Das Rücklagensubkonto erfasst die Einlagenbewegungen bei den Kapital- und Gewinnrücklagen. Die Abweichungen zwischen den unternehmensrechtlichen ausgewiesenen Kapitalrücklagen und den steuerlichen Einlagen gem. § 4 Abs. 12 EStG 1988 ergeben sich im gegenständlichen Beschwerdefall aufgrund der Umgründung gem. Artikel III UmgrStG, weil Sacheinlagen unternehmensrechtlich und steuerlich unterschiedlich bewertet wurden (vgl. Jakom/Marschner, EStG, 2011, § 4 Rz 510).
Hat das Umgründungsvermögen einen steuerlich negativen Buchwert, ist eine Einlage in Höhe von Null anzunehmen (vgl. Jakom/Marschner, EStG, 2015, § 4 Rz 499).
Die durch den negativen Wert repräsentierten stillen Reserven bleiben in der Form eines negativen Buchwertes beziehungsweise von negativen Anschaffungskosten steuerhängig (vgl. Jakom/Marschner, EStG, 2015, § 4 Rz 520).

4. Die Organe der Kapitalgesellschaft hatten in der für den streitgegenständlichen Fall relevanten Rechtslage grundsätzlich ein Wahlrecht, die Vermögensübertragung an den Gesellschafter ertragsteuerlich als Ausschüttung oder als Einlagenrückzahlung zu behandeln. Eine Einlagenrückzahlung ist nur dann möglich, wenn entsprechende Einlagen vorhanden sind (vgl. Jakom/Marschner, EStG, 2015, § 4 Tz 475).

5. Bereits mit Schreiben vom zur Vorbereitung der Schlussbesprechung teilte der steuerliche Vertreter der Bf. wörtlich mit: "Konsequenterweise besteht das Evidenzkonto gem. § 4 Abs. 12 EStG der A Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungs-GmbH ausschließlich aus dem Stammkapital von 35.000,00 (das war übrigens immer meine Rechtsansicht) und ist demnach entbehrlich, da dieser Stand ohnehin im Stammkapital dokumentiert ist."

6. Die Bf. teilte in ihrer Beschwerde auch die Ansicht der Abgabenbehörde, dass im Zuge der Einbringung nach Art. III des UmgrStG negative Anschaffungskosten entstanden sind, die beim Anteilseigner bis zu einer Liquidation des Unternehmens bzw. Veräußerung der Gesellschaftsanteile in unveränderter Höhe bestehen blieben. Unter Anwendung der Bestimmungen des UmgrStG in der Fassung zum wurde das nach § 14 Abs. 1 UmgrStG anzusetzende Vermögen durch rückbezogene Einlagen und Entnahmen iSd § 16 Abs. 5 Z 1 und 2 leg. cit., insgesamt im Betrag von € 548.738,28 verändert, wodurch zum ein Einbringungskapital von € -488.206,12 entstand, das sich um den Betrag von € 54.215,30 aus dem Wechsel der Gewinnermittlung auf § 5 EStG 1988 gem. § 20 Abs. 8 UmgrStG erhöhte (€ -433.990,82).

7. Nach der zum geltenden Rechtslage des UmgrStG konnte der Einbringende die rückbezogenen Entnahmen steuerfrei entnehmen. 

8. Soweit die Bf. die Bestimmungen des § 4 Abs. 12 EStG 1988 im gegenständlichen Beschwerdefall für nicht anwendbar hält, weil die Anteilsinhaber die Beteiligung an der Bf. nicht im Betriebsvermögen hielten, ist auf die gesetzliche Regelung des § 15 Abs. 4 EStG 1988 zu verweisen.

9. Aus dem von der Bf. zitierten Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , GZ RV/2587-W/08, lässt sich für den gegenständlichen Beschwerdefall schon deshalb nichts gewinnen, da bei jenem Fall - im Unterschied zum gegenständlichen Beschwerdefall - negative Anschaffungskosten nicht vorlagen. Unbare Entnahmen wurden nicht getätigt, wodurch das (positive) Eigenkapital der eingebrachten Gesellschaft rund ATS 3 Millionen betrug, das allerdings nicht auf Kapitalrücklage, sondern als sonstige Verbindlichkeit der Körperschaft an die Gesellschafter verbucht worden war. Trotz Fehlens eines Evidenzkontos gem. § 4 Abs. 12 EStG 1988 war für den Unabhängigen Finanzsenat sachverhaltsmäßig nachvollziehbar, dass die Entnahmen von den Verrechnungskonten Einlagenrückzahlungen darstellten. 

10. Die Verminderung der unternehmensrechtlichen Kapitalrücklage um die von den Gesellschaftern beschlossene Rückzahlung in Höhe von € 73.478,62 stellte mangels einer steuerlich verfügbaren Rücklage eine der Kapitalertragsteuer unterliegende Ausschüttung dar. 

11. Die Beschwerde war daher gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abzuweisen.

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die zugrundeliegende Rechtsfrage ist durch die zitierte Rechtsprechung (Punkt III. 6.) ausreichend beantwortet.

Innsbruck, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.3100277.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at