Nachträgliche buchmäßige Erfassung der Einfuhrumsatzsteuer mangels Vorliegens der Voraussetzungen für eine Befreiung nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2016/16/0094. Zurückweisung mit Beschluss vom .
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden Richter Rv und den beisitzenden Richter R. sowie die fachkundigen Laienrichterinnen LR1 und LR2, im Beisein der Schriftführerin S., über die als Beschwerde im Sinn des Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zu erledigende Berufung der Bfin, Adr, vertreten durch V., Rechtsanwälte, Steuerberater, Adr1, gegen den Bescheid des Zollamtes Eisenstadt Flughafen Wien, vertreten durch Hofrat Vz, vom , Zahl ******/*****/2012/002, betreffend Einfuhrumsatzsteuer und Abgabenerhöhung, in der Sitzung am nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung,
zu Recht erkannt:
1. Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird dahingehend abgeändert, dass die Einfuhrumsatzsteuerschuld gemäß Art. 204 Abs. 1 Buchst. b Zollkodex (ZK) entstanden ist und die Abgabenerhöhung gemäß § 108 Abs. 1 ZollR-DG (1ZN) mit € 69.306,85 neu festgesetzt wird.
Die Bemessungsgrundlagen und die Neuberechnung der Abgabenerhöhung sind dem angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen, welches einen Bestandteil des Spruchs bildet.
Gegenüberstellung:
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1ZN | |
Festsetzung bisher | € 68.006,16 |
Festsetzung neu | € 69.306,85 |
Nachforderung | € 1.300,69 |
Im Übrigen wird die als Beschwerde geltende Berufung als unbegründet abgewiesen.
2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist unzulässig.
„ “
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid vom , Zahl ******/*****/2012/002, teilte das Zollamt Eisenstadt Flughafen Wien der Beschwerdeführerin gemäß Art. 201 Abs. 1 Buchst. a) und Abs. 3 Zollkodex (ZK) in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) die nachträgliche buchmäßige Erfassung der Einfuhrumsatzsteuer zu den im Berechnungsblatt zu diesem Bescheid näher bezeichneten 60 Zollanmeldungen aus dem Zeitraum 1. Februar bis in Höhe von insgesamt € 845.485,92 mit und setzte gleichzeitig eine Abgabenerhöhung gemäß § 108 Abs. 1 ZollR-DG in Höhe von € 68.006,16 fest, weil die Voraussetzungen für die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer, nämlich das Vorliegen eines steuerfreien innergemeinschaftlichen Verbringens, nicht erfüllt gewesen seien.
Als Bemessungszeitraum für die Abgabenerhöhung nach § 108 Abs. 1 ZollR-DG zog das Zollamt den Zeitraum zwischen der Fälligkeit der ursprünglich buchmäßig erfassten bzw. der Fälligkeit, die sich im Falle einer buchmäßigen Erfassung von Eingangsabgaben ergeben hätte, und der buchmäßigen Erfassung der mit dem angefochtenen Nachforderungsbescheid festgesetzten Einfuhrumsatzsteuer heran.
Dagegen wurde mit Eingabe vom (richtig wohl 2013) der Rechtsbehelf der Berufung erhoben und hierzu mit Schriftsatz vom die Begründung nachgereicht.
Darin führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Anschlusslieferung in Form eines innergemeinschaftlichen Verbringens der Waren von Österreich nach Tschechien vorliegen würden. Wenn das Zollamt die Vorschreibung der Einfuhrumsatzsteuer auf das Urteil "R" des stütze, weil die Abnehmerin die Erwerbsteuer in Tschechien hinterzogen habe, verkenne es das Urteil grundlegend. Im gegenständlichen Fall handle es sich abweichend zum Sachverhalt im zitierten Urteil nicht um einen vom Abnehmer verschiedenen Lieferer im Abgangsmitgliedstaat. Der diesem Urteil innewohnende Sanktionsgedanke komme nicht zum Tragen, weil die Beschwerdeführerin alles in ihrer Macht stehende getan habe, dass die Erwerbsteuer in Tschechien erhoben werde. Der Sanktionsgedanke habe daher in keiner Weise irgendeine Berechtigung.
Außerdem sei keine Einfuhrumsatzsteuer entstanden, weil die fraglichen Gegenstände nicht für den freien Verkehr Österreichs vorgesehen gewesen und auch unstrittig nicht in Österreich verbraucht worden seien. Die Einfuhrumsatzsteuer könne daher nur in Tschechien erhoben werden. Die Frage der sinngemäßen Anwendung der Zollvorschriften auf die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer stelle sich daher gar nicht.
Die Zurechnung des Fehlverhaltens der Abnehmerin auf die Beschwerdeführerin sei evident unverhältnismäßig, weil sie durch ihr einwandfreies Verhalten in keiner Weise zu den (angeblichen) Betrügereien der Abnehmerin beigetragen habe.
Das Zollamt habe auch das Auswahlermessen rechtswidrig ausgeübt. Der Bescheid wäre gegenüber der Abnehmerin zu erlassen gewesen, weil die Beschwerdeführerin in keiner Weise an den (angeblichen) Betrügereien der Abnehmerin beteiligt gewesen sei.
Auch die Festsetzung der Abgabenerhöhung erweise sich als rechtswidrig. Dem § 108 Abs. 1 ZollR-DG liege ein Sanktionsgedanke zugrunde und könne nicht angewendet werden, weil sich die Beschwerdeführerin einwandfrei verhalten habe. Die Festsetzung sei auch deshalb rechtswidrig, weil einerseits die Beschwerdeführerin die Einfuhrumsatzsteuer nicht nach Art. 220 Abs. 1 ZK schulde und andererseits die Abgabenerhöhung wegen Vorrangs des Unionsrechts nicht vorgeschrieben werden dürfe. Der Zollkodex regle Ausgleichszinsen selber.
Gegen die abweisende Berufungsvorentscheidung vom , Zahl ******/******/5/2013, wurde mit Eingabe vom der Rechtsbehelf der Beschwerde (nunmehr Vorlageantrag) erhoben.
Die beantragte mündliche Verhandlung wurde am durchgeführt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
II. Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin, ein Speditionsunternehmen, beantragte im Zeitraum Jänner bis September 2010 bei der Zollstelle Nickelsdorf des Zollamtes Eisenstadt Flughafen Wien in insgesamt 60 Einfuhrfällen als indirekte Vertreterin der K.s.r.o., Prag, Tschechien, die Überführung von Schrott in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit steuerbefreiender Lieferung (Verfahrenscode 42).
Die Zollanmeldungen wurden jeweils wie angemeldet angenommen und die Waren überlassen. Die Einfuhrumsatzsteuer wurde zunächst nicht festgesetzt.
Die Beförderung der Waren von Österreich nach Tschechien erfolgte im Rahmen eines der innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellten innergemeinschaftlichen Verbringens.
Im Bestimmungsmitgliedstaat Tschechien wurden die Waren von der K.s.r.o. nicht zur Erwerbsteuer angemeldet und auch die Erwerbsteuer nicht entrichtet. Die Erwerbsteuer wurde von der genannten Gesellschaft somit entzogen.
Die von der Beschwerdeführerin vertretene Gesellschaft hatte als Sitz ein achtgeschoßiges Mehrparteienhaus in Prag angegeben. An der erklärten Adresse findet sich kein Hinweis auf den Sitz bzw. Geschäftstätigkeit des Unternehmens. Die Gesellschaft bzw. deren Vertreter sind weder von den tschechischen Behörden, noch von der Beschwerdeführerin erreichbar.
III. Rechtslage:
Im Beschwerdefall ist gemäß § 323 Abs. 38 BAO die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängige Beschwerde vom Bundesfinanzgericht als Beschwerde im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 Umsatzsteuergesetz 1994 (UStG 1994) unterliegt die Einfuhr von Gegenständen der Umsatzsteuer (Einfuhrumsatzsteuer). Eine Einfuhr liegt vor, wenn ein Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, ausgenommen die Gebiete Jungholz und Mittelberg, gelangt.
Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 in der hier noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle durch das Abgabenänderungsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 34/2010, lautet:
"(3) Steuerfrei ist die Einfuhr der Gegenstände, die vom Anmelder im Anschluß an die Einfuhr unmittelbar zur Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen (Art. 7) verwendet werden; der Anmelder hat das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 7 buchmäßig nachzuweisen. Die Befreiung ist nur anzuwenden, wenn derjenige, für dessen Unternehmen der Gegenstand eingeführt worden ist, die anschließende innergemeinschaftliche Lieferung tätigt."
Art. 7 UStG 1994 lautet auszugsweise:
"Art. 7. (1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (Art. 6 Abs. 1) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen vorliegen:
1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet;
2. der Abnehmer ist
a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b) ... oder
c) ...
3. der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung ist beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat steuerbar.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.
(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gelten auch
1. das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstandes (Art. 3 Abs. 1 Z 1 und ...
(3). Die Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 müssen vom Unternehmer buchmäßig nachgewiesen sein. Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat, dass der Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet worden ist.
(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Abs. 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtige Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer. In Abholfällen hat der Unternehmer die Identität des Abholenden festzuhalten."
Gemäß Art. 3 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 gilt als Lieferung gegen Entgelt das Verbringen eines Gegenstandes des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur - näher definierten – vorübergehenden Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingeführt hat. Der Unternehmer gilt als Lieferer.
Die nach Art. 7 Abs. 3 UStG 1994 ergangene Verordnung des Bundesministers für Finanzen über den Nachweis der Beförderung oder Versendung und den Buchnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, BGBl. Nr. 401/1996 (nachstehend Verordnung 401/1996) lautet auszugsweise:
"Nachweis der Beförderung oder Versendung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen
§ 1. Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen (Art. 7 UStG 1994) muß der Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachweisen, daß er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat.
§ 2. …
§ 3 (1) In den Fällen, in denen der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet versendet, hat der Unternehmer den Nachweis wie folgt zu führen:
1. durch die Durchschrift oder Abschrift der Rechnung (§ 11, Art. 11 UStG 1994) und
2. durch einen Versendungsbeleg im Sinne des § 7 Abs. 5 UStG 1994, insbesondere durch Frachtbriefe, Postaufgabebescheinigungen, Konnossemente und dergleichen oder deren Doppelstücke.
(2) …
§ 4 …
Buchnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen
§ 5. Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen muß der Unternehmer die Vorausetzungen der Steuerbefreiung einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers buchmäßig nachweisen. Die Voraussetzungen müssen leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein.
§ 6. Der Unternehmer hat folgendes aufzuzeichnen:
1. den Namen, die Anschrift und die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers,
2. den Namen und die Anschrift des Beauftragten des Abnehmers in Abholfällen,
3. die handelsübliche Bezeichnung und die Menge des Gegenstandes der Lieferung,
4. den Tag der Lieferung,
5. das vereinbarte Entgelt oder bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten das vereinnahmte Entgelt und den Tag der Vereinnahmung,
6. die Art und den Umfang einer Bearbeitung oder Verarbeitung vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet (Art. 7 Abs. 1 letzter Unterabsatz UStG 1994),
7. die Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet und
8. den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet.
§ 7. In den einer Lieferung gleichgestellten Verbringungsfällen (Art. 3 Abs. 1 UStG 1994) hat der Unternehmer folgendes aufzuzeichnen:
1. die handelsübliche Bezeichnung und die Menge des verbrachten Gegenstandes,
2. die Anschrift und die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des im anderen Mitgliedstaates gelegenen Unternehmensteils,
3. den Tag des Verbringens und
4. die Bemessungsgrundlage nach Art. 4 Abs. 2 UStG 1994.
§ 8. …"
Die Steuerfreiheit nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 (BMR) beruht auf der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, ABlEU Nr. L 347 vom (im Folgenden: MwSt-SystRL).
Im Titel IX "Steuerbefreiungen" der MwSt-RL lautet unter Kapitel 1 "Allgemeine Bestimmungen " der Art. 131:
"Artikel 131
Die Steuerbefreiungen der Kapitel 2 bis 9 werden unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften und unter den Bedingungen angewandt, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung dieser Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung oder Missbrauch festlegen."
Im Kapitel 4 "Steuerbefreiungen bei innergemeinschaftlichen Umsätzen" des Titels IX der MwSt-RL lautet Art. 138:
"Artikel 138
(1) Die Mitgliedstaaten befreien die Lieferungen von Gegenständen, die durch den Verkäufer, den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb ihres jeweiligen Gebiets, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferung an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nicht steuerpflichtige juristische Person bewirkt wird, der/die als solche/r in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns der Versendung oder Beförderung der Gegenstände handelt.
(2) Außer den in Absatz 1 genannten Lieferungen befreien die Mitgliedstaaten auch folgende Umsätze von der Steuer:
a) ...
b) ...
c) die Lieferungen von Gegenständen in Form der Verbringung in einen anderen Mitgliedstaat, die gemäß Absatz 1 und den Buchstaben a und b des vorliegenden Absatzes von der Mehrwertsteuer befreit wäre, wenn sie an einen anderen Steuerpflichtigen bewirkt würde."
Im Kapitel 5 "Steuerbefreiungen bei der Einfuhr" des Titels IX der MwSt-SystRL lautet Art. 143 Buchstabe d in der hier noch anzuwendenden Stammfassung:
"Artikel 143
Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:
...
d) die Einfuhr von Gegenständen, die von einem Drittgebiet oder einem Drittland aus in einen anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat der Beendigung der Versendung oder Beförderung versandt oder befördert werden, sofern die Lieferung dieser Gegenstände durch den gemäß Art. 201 als Steuerschuldner bestimmten oder anerkannten Importeur bewirkt wird und gemäß Art. 138 befreit ist;"
Gemäß Art. 201 MwSt-SystRL wird bei der Einfuhr die Mehrwertsteuer von der Person oder den Personen geschuldet, die der Mitgliedstaat der Einfuhr als Steuerschuldner bestimmt oder anerkennt.
§ 2 Abs. 1 des Zollrechts-Durchführungsgesetzes (ZollR-DG) in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 163/2015 lautet:
"§ 2. (1) Das im § 1 genannte Zollrecht der Union, dieses Bundesgesetz und die in Durchführung dieses Bundesgesetzes ergangenen Verordnungen sowie die allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften und das in Österreich anwendbare Völkerrecht, soweit sie sich auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben beziehen (Zollrecht im Sinn des Artikels 1 des Zollkodex), gelten weiters in allen nicht vom Zollkodex erfassten unionsrechtlich und innerstaatlich geregelten Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangs- oder Ausgangsabgaben) und anderen Geldleistungen, soweit in diesem Bundesgesetz oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist."
§ 26 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 bestimmt, dass für die Einfuhrumsatzsteuer die Rechtsvorschriften für Zölle sinngemäß gelten, soweit im UStG nichts anderes bestimmt ist.
Art. 204 der im Beschwerdefall anzuwendenden Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABIEG Nr. L 302 vom , S.1 (Zollkodex - ZK) lautet:
"(1) Eine Einfuhrzollschuld entsteht, wenn in anderen als den in Artikel 203 genannten Fällen
a) eine der Pflichten nicht erfüllt wird, die sich bei einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware aus deren vorübergehender Verwahrung oder aus der Inanspruchnahme des Zollverfahrens, in das sie übergeführt worden ist, ergeben, oder
b) eine der Voraussetzungen für die Überführung einer Ware in das betreffende Verfahren oder für die Gewährung eines ermäßigten Einfuhrabgabensatzes oder einer Einfuhrabgabenfreiheit aufgrund der Verwendung der Ware zu besonderen Zwecken nicht erfüllt wird,
es sei denn, dass sich diese Verfehlungen nachweislich auf die ordnungsgemäße Abwicklung der vorübergehenden Verwahrung oder des betreffenden Zollverfahrens nicht wirklich ausgewirkt haben.
(2) Die Zollschuld entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Pflicht, deren Nichterfüllung die Zollschuld entstehen lässt, nicht mehr erfüllt wird, oder dem Zeitpunkt, in dem die Ware in das betreffende Zollverfahren übergeführt worden ist, wenn sich nachträglich herausstellt, dass eine der Voraussetzungen für die Überführung dieser Ware in das Verfahren oder für die Gewährung eines ermäßigten Einfuhrabgabensatzes oder einer Einfuhrabgabenfreiheit aufgrund der Verwendung der Ware zu besonderen Zwecken nicht wirklich erfüllt war.
(3) Zollschuldner ist die Person, welche die Pflichten zu erfüllen hat, die sich bei einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware aus deren vorübergehender Verwahrung oder aus der Inanspruchnahme des betreffenden Zollverfahrens ergeben, oder welche die Voraussetzungen für die Überführung der Ware in dieses Zollverfahren zu erfüllen hat"
Gemäß § 71a ZollR-DG, idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 163/2015, schuldet in den Fällen einer Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer nach Artikel 6 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1994 eine nach Artikel 204 Abs. 1 ZK entstehende Einfuhrumsatzsteuerschuld auch der Anmelder, wenn dieser nicht bereits nach Artikel 204 Abs. 3 ZK als Schuldner in Betracht kommt.
Gemäß § 5 ZollR-DG hat derjenige, der im Verfahren der Zollbehörden eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nehmen will, dies geltend zu machen und das Vorliegen der hierfür maßgeblichen Voraussetzungen der Zollbehörde nachzuweisen. Wenn der Nachweis nach den Umständen nicht zumutbar ist, genügt die Glaubhaftmachung.
IV. Rechtliche Erwägungen und Beweiswürdigung:
a) Einfuhrumsatzsteuer
Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 sieht die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer vor, wenn die Gegenstände im Anschluss an die Einfuhr vom Anmelder zur Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen verwendet werden, wobei die Befreiung nur anzuwenden ist, wenn derjenige für dessen Unternehmen der Gegenstand eingeführt worden ist, die anschließende innergemeinschaftliche Lieferung tätigt. Das innergemeinschaftliche Verbringen ist der innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellt (Art. 3 Abs. 1 Z 1 UStG 1994).
Diese Bestimmung bezweckt eine Vereinfachung insofern, dass damit die Vorschreibung der Einfuhrumsatzsteuer, welche zutreffendenfalls wieder als Vorsteuer geltend gemacht werden kann, entfällt und die Besteuerung bei einer unmittelbar nachfolgenden steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung auf den Bestimmungsmitgliedstaat verlagert wird, wo die Erwerbsteuer erhoben wird.
Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 verwendet den Begriff des Anmelders. Dieser Begriff ist dem Zollrecht entnommen. Nach der MwSt-SystRL wird bei der Einfuhr die Mehrwertsteuer von der Person oder den Personen geschuldet, die der Mitgliedstaat der Einfuhr als Steuerschuldner bestimmt oder anerkennt. Durch den Verweis auf das Zollrecht in § 2 Abs. 1 ZollR-DG und § 26 Abs. 1 UStG ist der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer der Zollschuldner.
Der Zollschuldner ist nach Art. 201 Abs. 3 ZK, wenn Waren in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt werden, der Anmelder und im Falle der indirekten Vertretung auch die Person, für deren Rechnung die Zollanmeldung abgegeben wird.
Die Vertretung kann nach Art. 5 Abs. 2 ZK indirekt sein, wenn der Vertreter in eigenem Namen, aber für Rechnung eines anderen handelt.
Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 ist daher richtlinienkonform so auszulegen, dass sowohl der Anmelder selbst (bei direkter Vertretung), als auch der vom Anmelder indirekt Vertretene den Tatbestand des Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 erfüllen und die anschließende innergemeinschaftliche Lieferung tätigen kann. Der indirekt Vertretene ist als Anmelder im Sinne des Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 zu betrachten.
Während dem der deutsche Gesetzgeber etwa dadurch Rechnung getragen hat, dass er den Begriff des Anmelders aus der entsprechenden Befreiungsvorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 3 des (deutschen) Umsatzsteuergesetzes entfernt hat, hat der österreichische Gesetzgeber versucht, dies dadurch klarzustellen, dass er dem Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 mit der Änderung durch das Bundesgesetz, BGBl. Nr. 756/1996, den (nunmehr) letzten Satz angefügt hat (vgl. , mwH).
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat wiederholt ausgesprochen, dass „die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen“ ein von der MwSt-SystRL anerkanntes und gefördertes Ziel ist (vgl. hierzu EuGH-Urteil in der Rs. C-131/13, C-163/13 und C-164/13, EU:C:2104:2455, Schoenimport „Italmoda“ Mariano Previti vof, Rn 42).
Dies leitet der Gerichtshof aus Art. 131 MwSt-SystRL ab, wonach die Steuerbefreiungen der Kapitel 2 bis 9 unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften und unter den Bedingungen angewandt wird, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung dieser Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung oder Missbrauch festlegen.
Ebenso hat der EuGH nach dem oben zitierten Urteil auch wiederholt darauf hingewiesen, dass eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Unionsrecht nicht erlaubt ist (Rn 43), der Gerichtshof daraus in ständiger Rechtsprechung zum Vorsteuerabzugsrecht hergeleitet hat, dass die nationalen Behörden und Gerichte dieses Recht zu versagen haben, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass es in betrügerischer Weise geltend gemacht wird (Rn 44) und dass sich aus seiner Rechtsprechung ergibt, dass ein Missbrauch oder Betrug diese Folge auch für das Recht auf Mehrwertsteuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung hat (Rn 45).
Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung nicht nur dann, wenn der Steuerpflichtige selbst eine Steuerhinterziehung begeht, sondern auch, wenn er wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit dem betreffenden Umsatz an einem Umsatz beteiligte, der in eine vom Lieferer oder von einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe der Lieferkette begangene Steuerhinterziehung einbezogen war (Rn 50). Schließlich stellte der Gerichtshof klar, dass die Rechte ungeachtet der Tatsache versagt werden können, dass die Steuerhinterziehung in einem anderen Mitgliedstaat als dem begangen worden sind, in dem diese Rechte beansprucht werden (Rn 69). Weiters führte der EuGH aus, dass die besondere Funktion, die dem Recht auf Mehrwertsteuererstattung zur Gewährleistung der Neutralität der Mehrwertsteuer zukommt, es ebenso wenig verbiete dieses Recht in einem solchen Fall zu versagen (Rn 48).
Aufgrund dieser Rechtsprechung muss beim gegebenen Sachverhalt die Steuerbefreiung für die innergemeinschaftliche (Anschluss-)Lieferung bzw. des gleichgestellten innergemeinschaftlichen Verbringens im Anschluss an die Einfuhr in den gegenständlichen Einfuhrfällen versagt bleiben.
Im Informationsaustauschverfahren gemäß Art. 5 und 19 der Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 teilten die tschechischen Behörden am mit, dass die in den Zollanmeldungen angeführte Warenempfängerin seit ihrer Eintragung in das Register keine Umsatzsteuererklärungen abgegeben habe und auch nicht mit ihr in Kontakt getreten werden könne, um die im Mehrwertsteuer-Informationssystem enthaltenen Lieferungen zu verifizieren.
Über entsprechendes Ersuchen der österreichischen Zollbehörde im Wege der Amtshilfe teilten die tschechischen Behörden mit dem am beim Zollamt eingetroffenen Bericht ergänzend mit, dass die in Rede stehende Gesellschaft auf kein Schreiben der Behörden reagiert habe. Eine Überprüfung vor Ort habe ergeben, dass sich an der angegebenen Adresse ein achtgeschoßiges Mehrparteienhaus befinde und weder bei einer Türglocke noch bei einem Briefkasten irgendeine Bezeichnung mit einem Hinweis auf diese Gesellschaft vorgefunden werden konnte. Auch das Finanzamt habe mit der Firma nicht in Kontakt treten können. Die Steuererklärungen betreffend die Einkünfte der Gesellschaft wurden ebenfalls nicht eingereicht. Auch die Kontaktaufnahme mit den beim Firmenbuch bekannt gegebenen Geschäftsführern sei erfolglos geblieben. Es handle sich dabei jeweils um nicht tschechische Staatsangehörige.
Diese Feststellungen der tschechischen Zollbehörde vermochte die Beschwerdeführerin nicht durch substantiierte Vorbringen in Zweifel zu ziehen. Aus diesem Grund kann kein Zweifel daran bestehen, dass in den hier zu beurteilenden Einfuhrfällen durch die Nichtanmeldung zur Erwerbsteuer und in der Folge durch die Nichtentrichtung der Erwerbsteuer in Tschechien eine Steuerhinterziehung durch die von der Beschwerdeführerin vertretene K.s.r.o. begangen wurde.
Der Ansicht des Beschwerdevertreters in der mündlichen Verhandlung, dass eine Steuerhinterziehung vom Zollamt nicht bewiesen worden sei, weil nicht bekannt sei, ob in Tschechien ein diesbezügliches (Straf-)verfahren durchgeführt worden sei, kann nicht gefolgt werden. Das Vorliegen einer Steuerhinterziehung ist nicht an ein entsprechendes Strafverfahren mit rechtskräftiger Verurteilung gebunden.
In den gegenständlichen Einfuhrfällen mag es auch dahingestellt bleiben, ob eine Steuerhinterziehung in Form eines Karussellbetruges mit "missing trader" und/oder "conduit company" vorliegt. Eine Steuerhinterziehung liegt auch dann vor, wenn diese nicht im Rahmen eines sogenannten Karussellbetruges begangen wird. (vgl. EuGH-Urteil "Italmoda",aaO, mit vergleichbarem Ausgangssachverhalt). Die vom Vertreter der Beschwerdeführerin diesbezüglich monierten fehlenden Feststellungen gehen somit ins Leere.
Das von der Rechtsprechung geforderte "Wissen" oder "wissen hätte müssen " kann in den gegenständlichen Einfuhrfällen schon deshalb als gegeben vorausgesetzt werden, weil es sich beim innergemeinschaftlich verbringenden Unternehmen und der (erklärten) Abnehmerin/Erwerberin um ein und dieselbe Person handelt.
Die Beschwerdeführerin vermag deshalb auch mit dem Hinweis in der mündlichen Verhandlung auf das , EU:C:2014:2267, Traum EOOD, nichts für sich zu gewinnen, denn der Gerichtshof hatte darin einen Fall zu behandeln, in dem die bulgarische Steuerbehörde aufgrund der nach der dortigen Durchführungsverordnung eingereichten Dokumente einen Verrechnungs- und Erstattungsbescheid erlassen hatte, ohne jedoch den Beweis oder die Vorlage einer Vollmacht der unterzeichnenden Person zu verlangen. Erst im Rahmen einer späteren Steuerprüfung wurden diese Anforderungen, die nach Auffassung des vorlegenden Gerichts "zusätzlich aufgestellte Erfordernisse" darstellen, von der Behörde gestellt. Das widerspricht nach Ansicht des Gerichtshofes jedoch dem Grundsatz der Rechtssicherheit.
So stellt sich der gegenständliche Fall jedoch nicht dar. Abgesehen davon, dass im Gegensatz zu diesem Urteil, in dem vom vorlegenden Gericht noch nicht einmal die Frage des "Wissens oder "wissen hätte müssen" geprüft wurde, in den hier zu beurteilenden Einfuhrfällen Personenidentität zwischen Verbringerin und (erklärter) Abnehmerin besteht und daher von einem "Wissen" auszugehen ist, kann aus der Annahme einer Zollanmeldung für sich allein nicht abgeleitet werden, dass deshalb die Steuerfreiheit aus Gründen des Rechtsgrundsatzes der Rechtsicherheit und des davon abgeleiteten Vertrauensschutzes jedenfalls zu gewähren ist.
Die belangte Behörde hat im gegenständlichen Fall nachträglich keine zusätzlichen Unterlagen oder Nachweise verlangt, welche nicht in der insofern vergleichbaren Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl. Nr. 401/1996, angeführt sind.
Der Hinweis auf Art. 71 ZK geht schon deshalb ins Leere, weil die Zollbehörde durch entsprechende Ermittlungen und Feststellungen die maßgeblichen Angaben in einer Zollanmeldung widerlegen und damit die Rechtswirkungen des Art. 71 Abs. 2 ZK beseitigen kann (vgl. Henke in Witte, Zollkodex6, Art. 71 Rz 9, mit Hinweisen zur Rechtsprechung). Folgt man der Ansicht des Beschwerdevertreters, würde sich Art. 78 ZK als inhaltsleer erweisen.
Im Übrigen hat gemäß Art. 199 Abs. 1 ZK-DVO der Anmelder mit Abgabe einer von ihm oder von seinem Vertreter unterzeichneten Zollanmeldung gemäß den geltenden Vorschriften die Gewähr für die Richtigkeit der in der Zollanmeldung gemachten Angaben und die Einhaltung aller Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Überführung von Waren in das betreffende Zollverfahren übernommen.
Auch das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte EuGH-Urteil in der Rs. C-273/11, EU:C:2012:547, Mecsek-Gabona Kft, führt zu keinem anderen Ergebnis. Auch darin betont der Gerichtshof, dass nach seiner gefestigten Rechtsprechung die Bekämpfung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch ein von der MwSt-SystRL anerkanntes und gefördertes Ziel ist (Rn 47) und es im Fall einer Steuerhinterziehung der Erwerberin gerechtfertigt ist, das Recht der Verkäuferin auf Mehrwertsteuerbefreiung von ihrer Gutgläubigkeit abhängig zu machen (Rn 50). Im Übrigen lag laut Ausgangsachverhalt dieses Urteiles ein Abholfall mit zwei verschiedenen am Kaufgeschäft beteiligten Personen zu Grunde.
Das Gleiche gilt für das ebenfalls in der Beschwerde erwähnte EuGH-Urteil in der Rs. C-324/11, EU:C:2012:549, Gábor Toth (Rn 53).
Abgesehen vom Vorliegen einer Steuerhinterziehung, weshalb nach der Rechtsprechung bei Nichtgreifen des Gutglaubensschutzes die Steuerfreiheit für eine innergemeinschaftliche Lieferung im Abgangsmitgliedstaat zu versagen ist, kommt im gegenständlichen Fall noch hinzu, dass die Gesellschaft von den tschechischen Ermittlungsbehörden nicht an der angegebenen Adresse aufgefunden werde konnte und es auch nicht möglich war, mit den erklärten Vertretern in Kontakt zu treten. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass das Unternehmen auch übersiedelt sein könnte, wie es der Beschwerdevertreter in der mündlichen Verhandlung anmerkte. Im Hinblick auf die Ermittlungen der tschechischen Zollbehörden, welche auch die Abfrage diverser Datenbanken der Steuer- und Zollverwaltung beinhaltete, ist dies auszuschließen.
Aufgrund der personenbezogenen Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 Z 2 lit. a) und Z 3 UStG 1994 setzt die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung auch voraus, dass der Unternehmer nachweist, wer der Abnehmer der Lieferung ist. Der Person des Abnehmers und seiner Identität kommt für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung entscheidende Bedeutung zu, da innergemeinschaftliche Lieferung und innergemeinschaftlicher Erwerb "ein und derselbe wirtschaftliche Vorgang" und dabei Teil eines "innergemeinschaftlichen Umsatzes" sind, der bezweckt, die "Steuereinnahmen auf den Mitgliedstaat zu verlagern, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt". Somit setzt die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung voraus, dass aufgrund der zutreffenden Angaben des leistenden Unternehmers die Person des Abnehmers (Erwerbers) dieser Lieferung bekannt ist, da sonst das Ziel die Steuereinnahmen dadurch auf den Bestimmungsmitgliedstaat zu verlagern und dass der Erwerber der innergemeinschaftlichen Lieferung in diesem Mitgliedstaat Steuerschuldner ist, nicht erreicht werden kann (vgl. BFH vom , V R 28/10, Rn 18f mit Hinweisen auf die diesbezügliche Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union - EuGH).
Der Unternehmer (Steuerpflichtige) hat die Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferung unter Berücksichtigung der von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen nachzuweisen (EuGH Rs. C-285/09, EU:C:2010:742, R., Rn. 43 und 46).
Diese Bedingungen ergeben sich aus Art. 7 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 401/1996. Hierzu gehören auch (zutreffende) Angaben zur Person des Erwerbers (Abnehmers) wie Name, Anschrift und Umsatzsteuer-Identifikationsnummer.
Der Unternehmer kann grundsätzlich die innergemeinschaftliche Lieferung als steuerfrei behandeln, wenn er die nach § 7 UStG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 401/1996 bestehenden Nachweispflichten erfüllt. Kommt der Unternehmer demgegenüber den Nachweispflichten nicht oder nur unvollständig nach, erweisen sich die Nachweisangaben bei einer Überprüfung als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht ausräumt, ist von der Steuerpflicht der Lieferung auszugehen. Dient der Verstoß gegen die Nachweispflichten nach § 7 UStG 1994 iVm der Verordnung BGBl 401/1996 aber dazu, die Identität des Erwerbers zu verschleiern, um diesem im Bestimmungsmitgliedstaat eine Mehrwertsteuerhinterziehung zu ermöglichen, kann der Unternehmer die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung auch nicht aufgrund des objektiven Nachweises ihrer Voraussetzungen in Anspruch nehmen (vgl. Rn 23 und 24 des oben zitierten BFH-Urteils mit Bezugnahme auf das EuGH-Urteil in der Rs. C-285/09, EU:C:2010:745, R.).
Aufgrund der Feststellungen der zuständigen Behörden, dass die in den Zollanmeldungen genannte Abnehmerin/Erwerberin der Waren an der angegebenen Anschrift nicht aufgefunden werden konnte bzw. an dem Ort keine Geschäftstätigkeit entfaltete, stellen die vorgelegten Versendungsbelege keine ausreichenden Nachweise zur Erlangung der Steuerfreiheit wegen Vorliegens einer innergemeinschaftlichen Lieferung bzw. eines diesem gleichgestellten innergemeinschaftlichen Verbringens dar. Es bestehen berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Angaben. Es muss davon ausgegangen werden, dass der tatsächliche Bestimmungsort und/oder tatsächliche Abnehmer nicht bekannt gegeben worden ist.
Damit liegt die Voraussetzung für eine Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994, nämlich das Vorliegen einer (steuerbefreiten) anschließenden innergemeinschaftlichen Lieferung bzw. eines gleichgestellten innergemeinschaftlichen Verbringens, jedenfalls nicht vor. Die zunächst unerhoben gebliebene Einfuhrumsatzsteuer ist vom Zollamt daher zur Recht nacherhoben worden. Dass die Waren nach deren Überlassung Unionswaren darstellen, "die nach umsatzsteuerrechtlichen Bestimmungen innergemeinschaftlich verbracht wurden", ändert entgegen der Ansicht des Beschwerdevertreters nichts daran, dass die Befreiung zu Unrecht gewährt worden ist und die Einfuhrumsatzsteuer nach den bestehenden zollrechtlichen Bestimmungen nachzufordern war.
Die belangte Behörde gründete das Entstehen der Einfuhrumsatzsteuerschuld im Beschwerdefall auf Art. 201 ZK und sieht die Beschwerdeführerin als Schuldnerin nach Art. 201 Abs. 3 erster Satz ZK.
Hierzu hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2012/16/0009, ausgesprochen, dass der Gesetzgeber in solchen Fällen von einem Entstehen der Einfuhrumsatzsteuerschuld nach Art. 204 Abs. 1 ZK ausgehe und in den Fällen einer Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 ein danach entstehende Einfuhrumsatzsteuer gemäß § 71a ZollR-DG auch der Anmelder schulde, wenn er nicht bereits nach Art. 204 Abs. 3 ZK als Schuldner in Betracht kommt. Die Beschwerdeführerin war im Beschwerdefall die Anmelderin der in Rede stehenden Waren und somit jedenfalls Gesamtschuldnerin.
Die Beschwerdeführerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf Art. 7 Abs. 4 UStG berufen, weil es bei der innergemeinschaftlichen Verbringung an einem vom Lieferer verschiedenen Abnehmer mangelt, welcher unrichtige Angaben geliefert hätte (vgl. ebenso ). Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich nicht um den liefernden Unternehmer, welcher nach dem Wortlaut dieser Bestimmung bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen geschützt wird.
Für eine analoge Anwendung des Art. 7 Abs. 4 UStG bleibt kein Raum, da die hierfür erforderliche ungewollte planwidrige Lücke nicht vorliegt. Nach § 71a ZollR-DG schuldet der Anmelder die Einfuhrumsatzsteuerschuld, ohne dass es nach dem Wortlaut der Bestimmung auf subjektive Tatbestandsmerkmale ankommt. Vertrauensschutzerwägungen können gegebenenfalls im Rahmen eines Erstattungs- bzw. Erlassverfahrens nach Art. 239 ZK in Verbindung mit § 83 ZollR-DG angestellt werden (vgl. ).
Die Einfuhrumsatzsteuer ist eine Eingangsabgabe, für deren Erhebung grundsätzlich die Zollbehörden zuständig sind. Die Detailregelungen des materiellen und formellen Rechts erfolgen daher weitgehend nicht im Umsatzsteuergesetz, es sind vielmehr sinngemäß die Vorschriften für Zölle anzuwenden ( § 26 Abs. 1 UStG 1994 ). Dies gilt vor allem für die Frage der Entstehung und des Umfanges der Steuerschuld. Im Umsatzsteuergesetz sind hingegen die Bemessungsgrundlage (§ 5), die Befreiungen (§ 6 Abs. 4), der Steuersatz (§ 10) und der Vorsteuerabzug bei der Einfuhr (§ 12) geregelt (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, § 1 Tz 1; BFH , VII R 44/08 ).
Der Ansicht der Beschwerdeführerin, dass zwischen der Festsetzung der Mehrwertsteuer als Eingangsabgabe und den Zollabgaben zu differenzieren wäre, kann nicht gefolgt werden. Die Beschwerdeführerin ist nicht der liefernde Unternehmer. Die Beschwerdeführerin schuldet die Einfuhrumsatzsteuer wie die von ihr vertretene K.s.r.o.
Die Beschwerdeführerin sieht gegenständlich auch einen Anwendungsfall des , EU:C:2011:871, Vlaamse Oliemaatschappij NV.
Dieses Urteil ist zu Art. 21 Abs. 3 der Sechsten MwSt-RL (nunmehr Art. 205 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem - MwSt-SystRL) ergangen. Maßgeblich ist im vorliegenden Beschwerdefall jedoch Art. 201 der MwSt-SystRL, welcher dem früheren Art. 21 Abs. 4 der Sechsten MwSt-RL entspricht.
Im , EU:C:2007:548, Teleos u. a., hat der Gerichtshof ausgesprochen, dass der Argumentation (Rn 54), es verstoße nicht gegen die allgemeinen Rechtsgrundsätze, deren Beachtung der Gerichtshof gewährleiste, wenn ein gutgläubig handelnder Einführer zur Zahlung der Zölle verpflichtet werde, die für die Einfuhr einer Ware geschuldet würden, in Bezug auf die der Ausführer eine zollrechtliche Zuwiderhandlung begangen habe, während der Einführer an dieser Zuwiderhandlung nicht beteiligt gewesen sei, auf das Ausgangsverfahren übertragbar sei, nicht gefolgt werden könne (Rn 55).
Bei der Erhebung von Zöllen auf Einfuhren aus Ländern außerhalb der Europäischen Union und bei der Erhebung von Mehrwertsteuer auf eine innergemeinschaftliche Lieferung handelt es sich nicht um vergleichbare Sachverhalte (Rn 56).
Die auf den innergemeinschaftlichen Handel anwendbare Regelung legt die Zuständigkeitsverteilung für das Steuerwesen im Binnenmarkt fest und gestattet es der Finanzverwaltung, zur Zahlung der Mehrwertsteuer sowohl den Lieferanten als auch den Erwerber heranzuziehen, während im Rahmen der gemeinsamen Zollregelung die Zölle nur beim Einführer erhoben werden dürfen. Folglich kann die in Rn 54 des Urteils angeführte Rechtsprechung nicht auf die beim vorlegenden Gericht anhängige Rechtssache übertragen werden.
Im Urteil Faroe Seafood vom in den Rs C-153/94 und C-204/94, EU:C:1996:198, führt der Gerichtshof aus, dass die Nacherhebung auch dann nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt, wenn die angeforderten Abgaben nicht mehr auf den Erwerber der eingeführten Erzeugnisse abgewälzt werden können. Denn es ist Sache der Wirtschaftsteilnehmer, im Rahmen ihrer vertraglichen Beziehungen die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um sich gegen derartige Risiken abzusichern (Rn 114).
Es liegt außerdem im Wesen der Aufgaben eines Zollspediteurs, dass er sowohl für die Zahlung der Eingangsabgaben als auch für die Ordnungsmäßigkeit der von ihm bei den Zollbehörden eingereichten Unterlagen einzustehen hat. Dass in diesem Zusammenhang auch ein hoher Betrag bei ihm angefordert werden kann, gehört deshalb zu den von ihm übernommenen Risiken seiner gewerblichen Tätigkeit (Rn 115).
Sind die Anwendungsvoraussetzungen von Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 nicht erfüllt, stehen demnach die sich aus dem Eigentumsrecht und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen einer Nacherhebung von Eingangsabgaben durch die zuständigen Behörden auch dann nicht entgegen, wenn die Abgaben nicht mehr auf den Erwerber der eingeführten Erzeugnisse abgewälzt werden können und es sich um einen hohen Betrag handelt (Rn 116).
Im Urteil vom in der Rs. C-97/95, EU:C:1997:370 (Pascoal & Filhos Ld.), führte der Gerichtshof unter Bezug auf das Urteil Faroe Seafood aus (Rn 61), dass es nicht gegen die allgemeinen Rechtsgrundsätze verstößt, deren Beachtung der Gerichtshof gewährleistet, wenn ein gutgläubig handelnder Einführer zur Zahlung der Zölle verpflichtet wird, die für die Einfuhr einer Ware geschuldet werden, in Bezug auf die der Ausführer eine zollrechtliche Zuwiderhandlung begangen hat, während der Einführer an dieser Zuwiderhandlung nicht beteiligt war.
Im Urteil vom in der Rs. C-251/00, EU:C:2002:655, Ilumitrónica, Rn 33 führt der Gerichtshof aus, dass selbst die Tatsache, dass ein Anmelder in gutem Glauben, mit Sorgfalt und in Unkenntnis einer Unregelmäßigkeit gehandelt hat, die die Erhebung von Zöllen verhinderte, die er ohne diese Unregelmäßigkeit nicht hätte entrichten müssen, ist auf seine Eigenschaft als Zollschuldner ohne Einfluss, die ausschließlich auf den Rechtswirkungen beruht, die an die Förmlichkeit der Anmeldung geknüpft sind.
Diese zum Zollrecht ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union ist auch auf die Einfuhrumsatzsteuer übertragbar.
Im Urteil vom in der Rs. C-273/12, EU:C:2013:466, Harry Winston SARL, hat der Gerichtshof der Europäischen Union unter Hinweis auf seine Rechtsprechung ausgeführt, dass die Einfuhrmehrwertsteuer und die Zölle hinsichtlich ihrer Hauptmerkmale insofern vergleichbar sind, als sie durch die Einfuhr in die Union und die sich anschließende Überführung in den Wirtschaftskreislauf der Mitgliedstaaten entstehen und sich diese Parallelität dadurch bestätige, dass Art. 71 Abs. 1 Unterabs. 2 der MwSt-SystRL die Mitgliedstaaten ermächtige, den Steuertatbestand und die Entstehung des Steueranspruchs der Einfuhrmehrwertsteuer mit dem Tatbestand und der Entstehung des Anspruchs bei Zöllen zu verknüpfen (Rn 41).
Art. 204 ZK sieht eine Entstehung der Zollschuld bei objektiv vorliegenden Pflichtverstößen vor. Auf subjektive Elemente kommt es nicht an. Wie bereits dargestellt stellt § 71a ZollR-DG ebenfalls nicht auf das Vorliegen subjektiver Tatbestandselemente ab.
Wie bereits oben erwähnt, hat dementsprechend der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2012/16/0009 auch ausgesprochen, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Gutgläubigkeit in einem Verfahrens auf Erlass oder Erstattung der Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 239 ZK in Verbindung mit § 83 ZollR-DG zu prüfen sein mag, welches zum Erlöschen der Zollschuld auch nur gegenüber einem Gesamtschuldner führen kann (vgl. das , EU:C:2011:93, Marc Berel u.a.). Erstattung bzw. Erlass der Eingangsabgaben ist aber nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Die Beschwerdeführerin als Speditionsunternehmen war entgegen ihrem Vorbringen auch keineswegs gezwungen, die gegenständlichen Zollanmeldungen im eigenen Namen abzugeben, um das Verfahren 42 in Anspruch nehmen zu können. Ihr wäre auch das Auftreten als direkte Vertreterin möglich gewesen. Welche Angaben in der Zollanmeldung zur Erlangung der Einfuhrumsatzsteuerbefreiung nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 zu machen sind - im Fall der direkten Vertretung ist die österreichische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Lieferers/Verbringers der Waren anzugeben - ist von der Frage des zulässigen Vertretungsverhältnisses zu trennen. Die Wahlfreiheit der Beschwerdeführerin in Bezug auf das Vertretungsverhältnis ist somit gegeben und nicht eingeschränkt.
Das Bundesfinanzgericht sieht aufgrund der vorliegenden Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union keine Veranlassung den Gerichtshof nach Art. 267 AEUV im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens anzurufen.
Die Vorschreibung der zunächst unerhoben gebliebenen Einfuhrumsatzsteuer an einen der Gesamtschuldner ist jedenfalls dann begründet, wenn die Einhebung beim anderen Gesamtschuldner zumindest mit großen Schwierigkeiten verbunden ist. Wenn die Abgabenforderung bei einem der Gesamtschuldner, zB infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens, uneinbringlich geworden ist, liegt darüber hinaus ein Ermessensspielraum für die Behörde gar nicht mehr vor (vgl. ).
Das Unternehmen ist laut Auskunft der tschechischen Behörden am angegebenen Ort nicht auffindbar und eine Kontaktaufnahme mit den Verantwortlichen ist ebenso nicht möglich. Trotz Bestehens entsprechender Bestimmungen über die Amtshilfe zur Beitreibung von Forderungen ist die Zustellung eines entsprechenden Bescheides und die Einbringung der Abgabenschuld damit zweifelsfrei unmöglich. Auch die Beschwerdeführerin musste in der mündlichen Verhandlung einräumen, keinen Kontakt mehr mit der von ihr vertretenen Gesellschaft herstellen zu können. Somit erweist sich auch aus verwaltungsökonomischen Gründen und Gründen der Realisierbarkeit die Einhebung bei der Beschwerdeführerin als sachgerecht.
Im Übrigen ergibt sich die ermessenskonforme Heranziehung der Beschwerdeführerin als Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer bereits aus dem Normzweck des § 71a ZollR-DG.
b) Abgabenerhöhung gemäß § 108 Abs. 1 ZollR-DG
Die Beschwerdeführerin erachtet die Festsetzung der Abgabenerhöhung nach § 108 Abs. 1 ZollR-DG als rechtswidrig. Der EuGH habe in seinem Urteil in der Rs. C-91/02, EU:C:2003:556, Hannl + Hofstetter Internationale Spedition GmbH, die Abgabenerhöhung nach § 108 Abs. 1 ZollR-DG gebilligt, weil er ihr Sanktionscharakter beigemessen habe. Diese Bestimmung habe aber keinen Sanktionscharakter, da Art. 220 ZK auch zur Anwendung komme, wenn sich eine Zollstelle bei der ursprünglichen Abgabenerhebung selbst geirrt habe, ohne dass dabei eine Unregelmäßigkeit des Zollbeteiligten vorgelegen habe.
Die Beschwerdeführerin übersieht dabei jedoch, dass nach § 108 Abs. 1 ZollR-DG die Festsetzung einer Abgabenerhöhung nicht zu erfolgen hat, wenn und soweit die Zollbehörde selbst ein überwiegendes Verschulden an der Entstehung der Zollschuld oder an der Nacherhebung oder am entstandenen Nebenanspruch trifft (§ 108 Abs. 1 zweiter Satz). Es bleibt daher dabei, dass im Sinne der Rechtsprechung des EuGH eine Abgabenerhöhung nur dann zur Vorschreibung gelangt, wenn ein Verstoß seitens des Wirtschaftsbeteiligten vorliegt.
In den gegenständlichen Einfuhrfällen liegt wie oben ausgeführt ein derartiger Verstoß vor. Die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 wurde zu Unrecht beantragt.
Das Bundesfinanzgericht sieht daher keine Veranlassung diesbezüglich ein neuerliches Vorabentscheidungsverfahren einzuleiten.
§ 108 Abs. 1 ZollR-DG stellt hinsichtlich der Vorschreibung der Abgabenerhöhung auf den Zeitraum zwischen Entstehen bzw. Fälligkeit der Zollschuld und der nachträglichen buchmäßigen Erfassung ab.
Gemäß Art. 218 Abs. 3 ZK hat die buchmäßige Erfassung des entsprechenden Abgabenbetrags in den Fällen des Entstehens einer Abgabenschuld nach Art. 204 ZK innerhalb von zwei Tagen nach dem Tag zu erfolgen, an dem die Zollbehörden in der Lage sind,
a) den betreffenden Abgabenbetrag zu berechnen und
b) den Zollschuldner zu bestimmen.
Ausweislich der vorgelegten Akten ist dem Zollamt die Übersetzung des Berichts der tschechischen Zollverwaltung am beim Zollamt eingelangt. Die buchmäßige Erfassung der Einfuhrumsatzsteuerschuld erfolgt jedoch erst am .
Die Vorschreibung der Abgabenerhöhung für den Säumniszeitraum bis 14. Februar 2013 ist somit wegen der erst am vorgenommenen nachträglichen buchmäßigen Erfassung aus Gründen erfolgt, die nicht von der Beschwerdeführerin zu vertreten sind. Ein solche Vorschreibung ist im Sinn des zitierten EuGH-Urteils als unverhältnismäßig anzusehen (vgl. ).
Nach § 108 Abs. 1 ZollR-DG ist die Abgabenerhöhung beim Entstehen der Abgabenschuld nach Art. 204 ZK für den Zeitraum zwischen dem Entstehen der Zollschuld und der buchmäßigen Erfassung der nachzuerhebenden Zollschuld zu entrichten.
Im Beschwerdefall ist die Zollschuld in dem Zeitpunkt entstanden, in dem die Ware in das betreffende Zollverfahren übergeführt worden ist, weil sich nachträglich herausgestellt hat, dass die Voraussetzungen für die Überführung in das Verfahren 42 nicht erfüllt waren. Demnach ist für den Beginn des Bemessungszeitraumes für die Abgabenerhöhung nicht der Zeitpunkt der Fälligkeit der ursprünglichen Abgabenschuld, wie es das Zollamt seiner Berechnung zugrunde gelegt hat, sondern der Zeitpunkt des Entstehens entscheidend, der sich jeweils aus dem in der Beilage angeführten Annahmedatum ergibt.
Die Festsetzung der Abgabenerhöhung gemäß § 108 Abs. 1 ZollR-DG war daher entsprechend abzuändern.
V. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesfinanzgericht konnte sich bei den maßgeblichen Rechtsfragen auf die wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union bzw. auf die ohnehin klare Rechtslage stützen.
Klagenfurt am Wörthersee, am
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | Art. 6 Abs. 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 Art. 3 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.5200234.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at