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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.04.2016, RV/5100311/2014

Vertretertätigkeit eines Kundenberaters eines Energielieferunternehmens

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. NN in der Beschwerdesache Bf, gegen den Bescheid des FA XYZ vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2012 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Angefochten ist der Einkommensteuerbescheid 2012.

Verfahren

Der Beschwerdeführer ist bei der X AG, einem Energielieferunternehmen, als Kundenberater tätig und begehrte in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2012 die Anerkennung des Berufsgruppenpauschales für Vertreter sowie nachstehende Werbungskosten (lt. Vorhaltsbeantwortung vom mit Detailaufstellung und Rechnungskopien in Beantwortung des Vorhaltes vom ):


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Arbeitsmittel
 
Druckerpatronen
70,97 €
Nikkon-Digitalkamera
300.00 €
Nespresso-Maschine
214,20 €
Summe Arbeitsmittel
585,17 €
 
 
Fortbildungskosten
 
EUREM-Ausbildung
3.384,00 €
Fahrtkosten HTBLA/EUREM
6.363,84 €
Summe Fortbildungskosten
9.747,84 €

Laut Auskunft der X AG beinhalten die steuerfreien Bezüge ausschließlich Dienstreisen und keine Reisekosten für die Ausbildung.

Das Finanzamt rechnete sowohl Digitalkamera als auch Nespresso-Maschine der privaten Lebensführung zu und anerkannte Arbeitsmittel in Höhe von 42,58 € (Druckerpatronen – 40 % Privatanteil) und Fortbildungskosten in Höhe von 7.491,84 € (EUREM-Ausbildung 3.384 € abzügl. Kostenübernahme X AG 2.256 € = 1.128 €, Fahrkosten in beantragter Höhe), lehnte jedoch die Anerkennung des Vertreterpauschales mit der Begründung – die Tätigkeit bei der X AG entspreche nicht dem Berufsbild eines Vertreters – ab (Bescheid vom ). Auf die Bescheidbegründung wird verwiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom Berufung. Auf die Berufungsausführungen wird verwiesen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die gegenständliche Berufung als unbegründet ab. Auf die Begründung wird verwiesen.

Mit Schriftsatz vom (eingelangt beim Finanzamt am ) beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage seiner Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung. Auf die näheren Ausführungen wird verwiesen.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Berufung (nunmehr Beschwerde) dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Auf die Ermittlungsergebnisse des Finanzamtes wird verwiesen.

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vor dem Bundesfinanzgericht wurden in Wahrung des Parteiengehörs dem Finanzamt durch Übersendung der Unterlagen (Niederschrift vom , Mail vom samt Referenzvertrag, Mail vom samt Liste der Vertragsabschlüsse, Auskunftsersuchen an die X AG vom , Auskunft der Energie AG vom ), auf deren Inhalt verwiesen wird, zur Kenntnis gebracht. Auf die daraufhin erfolgte Stellungnahme des Finanzamtes vom , die dem Beschwerdeführer übermittelt wurde, wird verwiesen.

Festgestellter Sachverhalt

Der Beschwerdeführer wird in der Modellstelle VT Kundenberater in der X AG, Abteilung Energievertrieb, Team Energievertrieb Nord/Sonderkunden, eingesetzt.

Die ausschließliche Aufgabe des Beschwerdeführers ist es, Verträge abzuschließen. Zu diesem Zweck ist er von seinem Arbeitgeber bevollmächtigt, Verträge mit Kunden im Namen und auf Rechnung der X AG abzuschließen. Auf Basis der von der Geschäftsführung freigegebenen Unterschriftenregelung und Vertriebsrichtlinie werden die Kundenverträge im Vieraugenprinzip vom Beschwerdeführer und dem Regionalleiter unterzeichnet.

Der Beschwerdeführer hat 2012 bei 1.648,97 geleisteten Produktivstunden Reisezeiten im Ausmaß von 915,9 Stunden verrichtet.

Für die im Außendienst angefallenen Kosten wurden von der X AG Ersätze geleistet. Ebenfalls wurde von der X AG für die EUREM-Ausbildung ein Teil der Kosten in Höhe von 2.256 € übernommen.

Über die beantragten Werbungskosten hinausgehende Aufwendungen für die Vertretertätigkeit sind nicht angefallen.

Beweiswürdigung

Aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Angestellten-Dienstvertrag vom ist eine Tätigkeitsbeschreibung für das beschwerdegegenständliche Jahr nicht zu entnehmen. Es handelt sich bei diesem Vertrag um einen nach der Lehrzeit für die Behaltefrist von sechs Monaten befristet abgeschlossenen Dienstvertrag.

Aus der „Konzerninternen Arbeitsvertragsübernahme“ vom ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer auf eigenen Wunsch mit Wirksamkeitsbeginn vom von seiner bisherigen Tätigkeit abgezogen und in der Modellstelle VT Kundenberater in der X AG, Abteilung Energievertrieb, Team Energievertrieb Nord/Sonderkunden, eingesetzt wird.

Die zuerst vom Beschwerdeführer vorgelegten Bestätigungen der X AG hinsichtlich seines Aufgabengebietes unterscheiden sich dadurch, dass einmal die Rede davon ist, die Tätigkeit umfasse zum überwiegenden Teil die Betreuung und Beratung der Kunden in allen Phasen der Verkaufstätigkeit, insbesondere der Geschäftsanbahnung, Kundenrückgewinnung, der Anbotserstellung, des Vertragsabschlusses und der nachfolgenden laufenden Betreuung zur Sicherung der Geschäftsbeziehungen, bzw. ein anderes Mal die Hauptaufgabe als das Abschließen und Vermitteln von möglichst vielen Geschäftsabschlüssen im Namen der X AG beschrieben wird.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ist nunmehr durch das nach seinem Auskunftsersuchen erfolgte Schreiben der X AG im Kontext mit der vorgelegten Liste der Vertragsabschlüsse und eines Vertrages als konkretes Beispiel eines Vertragsabschlusses (Referenzvertrag) klargestellt, dass der Beschwerdeführer eine Vertretertätigkeit ausübt.

Wenn die belangte Behörde vermeint, einzig das nunmehr vorgelegte Angebot vom (gemeint ist der Referenzvertrag) belege einen einzigen derartigen Vorgang (Vertragsabschluss oder zumindest Versuch eines Vertragsabschlusses), so ist dies nicht richtig. Es handelt sich beim vorgelegten Referenzvertrag um einen Standardvertrag, der lediglich als Beispiel dient, wie ein Vertragsabschluss gewöhnlich aussieht. Die Verträge mit anderen Kunden sind im Wesentlichen gleich wie der Referenzvertrag und unterscheiden sich nur in den kundenbezogenen Daten. Die Vorlage sämtlicher im Beschwerdejahr getätigten Verträge erschien dem Bundesfinanzgericht daher entbehrlich, zumal kein Grund besteht, an der Richtigkeit der Liste der im Beschwerdejahr getätigten Vertragsabschlüsse (die Namen der Kunden sind – entgegen der Behauptung des Finanzamtes – in der Liste enthalten) zu zweifeln.

Dass die Kundenverträge im Vieraugenprinzip – was im Übrigen  in einer Vielzahl von Unternehmen aus Kontrollgründen üblich ist – abgeschlossen werden, ändert nichts an der Tatsache, dass der Beschwerdeführer Vertragsabschlüsse tätigt.

Die vom Beschwerdeführer geführten und vom Finanzamt beanstandeten verschiedenen Berufsbezeichnungen wie „Kundenberater“, „Key Account Manager“ können nicht als Kriterium herangezogen werden, ob eine Tätigkeit als Vertretertätigkeit anzusehen ist; vielmehr kommt es auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit an.

Rechtslage

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 17 EStG Abs. 6 EStG 1988 können zur Ermittlung von Werbungskosten vom Bundesminister für Finanzen Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungswerten der Praxis festgelegt werden.

Gemäß § 1 Z 9 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen (VO), BGBl II 382/2001, werden für Vertreter anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 5 % der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich, auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses als Werbungskosten festgelegt. Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden.

Rechtliche Erwägungen

Strittig ist, ob für die Tätigkeit des Beschwerdeführers bei der Energie AG das Vertreterpauschale zusteht.

Vertretern gemäß der oa. Verordnung können 5 % der Bemessungsgrundlage, höchstens aber 2.190 € jährlich als Vertreterpauschale zuerkannt werden. Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden. Vertreter sind Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften im Namen und für Rechnung ihres Arbeitgebers tätig sind (vgl. Jakom/Lenneis EStG, 2015, § 16 Rz 66). Eine andere Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist (zB beratende Tätigkeit), zählt nicht als Vertretertätigkeit ().

Vertreter sind nach übereinstimmender Lehre (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 17 Tz 6), Verwaltungsübung (LStRL Rz 406) und Rechtsprechung Personen, die regelmäßig im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind (; ; ). Vorrangiges Ziel einer Vertretertätigkeit ist die Akquisition (Erlangung und Abschluss) von Aufträgen. Die Verrichtung anderer Tätigkeiten in einem völlig untergeordneten Ausmaß schadet hingegen nicht ().

Aufgrund der vorliegenden Tätigkeitsbeschreibung übte der Beschwerdeführer 2012 eine Vertretertätigkeit aus, wobei er bei einer Gesamtarbeitszeit von 1.648,97 Stunden 915,9 Stunden, ds. 55,54 % der geleisteten Arbeitszeit, im Außendienst verbrachte.

Die Pauschalierung von Werbungskosten dient der Verwaltungsvereinfachung, weil § 17 Abs. 6 EStG 1988 den Bundesminister für Finanzen (nur) ermächtigt, in Fällen, in denen die genaue Ermittlung von Werbungskosten mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden ist, Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege festzulegen (vgl. ). Die Verordnung darf aber in verfassungskonformer Auslegung nicht dazu dienen, Werbungskosten (in pauschaler Höhe) auch in Fällen zuzuerkennen, in denen derartige Werbungskosten gar nicht anfallen. Voraussetzung für den Abzug von Werbungskosten (auch in pauschaler Höhe) ist demnach, dass der Abgabepflichtige als Werbungskosten abzugsfähige Aufwendungen oder Ausgaben überhaupt aus versteuertem Einkommen zu tragen hat. Dies erfordert einen entsprechenden Nachweis durch den Abgabepflichtigen ().

Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , 2006/15/0041, zum Betriebsausgabenpauschale ausgesprochen, dass Pauschalierungsregelungen zum einen der Verwaltungsvereinfachung dienen, zum anderen dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit bieten, die jeweils steuerlich günstigere Variante zu wählen. In der Regel wird der Steuerpflichtige seine tatsächlichen Betriebsausgaben mit dem Betriebsausgabenpauschale vergleichen und das Pauschale nur dann geltend machen, wenn es höher ist.

Mit Ausnahme der der privaten Lebensführung zuzurechnenden Aufwendungen anerkannte das Finanzamt unter Anrechnung eines Privatanteiles (Druckerpatronen) bzw. der teilweisen Kostenübernahme durch die X AG (EUREM-Ausbildung) die beantragten Arbeitsmittel bzw. Fortbildungskosten.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes liegt zwar eine Vertretertätigkeit im Sinn der oben angeführten Verordnung vor, allerdings ist auf Grund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers davon auszugehen, dass er alle ihm im Zusammenhang mit der Dienstverrichtung erwachsenden als Werbungskosten abzuziehenden Aufwendungen oder Ausgaben entweder von der X AG ersetzt erhalten hat oder diese ihm im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung zuerkannt wurden.

Darüber hinausgehende – im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit erwachsenen – Aufwendungen hat der Beschwerdeführer weder behauptet noch belegt.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wird über ein geltend gemachtes Vertreterpauschale abgesprochen. Zu § 17 Abs. 6 EStG 1988 iVm § 1 Z 9 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen liegt eine einheitliche Rechtsprechung vor (zB ; ; ; ). Zudem hing die Entscheidung im Wesentlichen von im Streitfall ausschließlich einzelfallbezogenen Sachverhaltsfragen ab, die im Wege der freien Beweiswürdigung beurteilt wurden. Eine Revision ist daher unzulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Z 9 Durchschnittssätze für Werbungskosten - Angehörige bestimmter Berufsgruppen, BGBl. Nr. 32/1993
§ 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.5100311.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at