Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.04.2016, RV/1100442/2014

Vorsteuerabzug ohne Leistung nur aufgrund einer Rechnung?

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1100442/2014-RS1
Ist bei einem Leasingvertrag das Leasingobjekt dem Leasingnehmer zuzurechnen, liegt eine Lieferung vor. Diese führt zu einem umsatzsteuerbaren und umsatzsteuerpflichtigen Vorgang beim Leasinggeber einerseits und bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen zur Vorsteuerabzugsberechtigung beim Leasingnehmer andererseits im Zeitpunkt dieser Lieferung. Der spätere Erwerb des zivilrechtlichen Eigentums stellt keinen steuerbaren Vorgang mehr dar. Ein Vorsteuerabzug steht in diesem Fall auch dann nicht zu, wenn eine Rechnung über den Restkaufpreis mit einem Umsatzsteuerausweis vorliegt.
RV/1100442/2014-RS2
Leasingraten sind, wenn das Leasinggut dem Leasingnehmer zuzurechnen ist, wie Kaufpreisraten zu beurteilen. In diesen Raten enthaltene Zinsen sind als Kreditzinsen unecht von der Umsatzsteuer befreit. Der Leasingnehmer hat aber die Möglichkeit, zur Steuerpflicht zu optieren.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Peter Bilger in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch die Mag. Manfred Reumiller Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH & CoKG, Nußweg 6, 6971 Hard, gegen die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2007 bis 2009 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheides bleiben unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Die Bf. löste im Jahr 2009 Leasingverträge über zwei in ihrem Druckereibetrieb eingesetzte Druckmaschinen (Offsetrollenmaschine "Drent Vision" und Flexodruckmaschine "Arsoma") auf und erwarb diese Maschinen zu Kaufpreisen in Höhe von 198.211,61 Euro zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 39.642,32 Euro bzw. 197.292,06 Euro zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 39.458,41 Euro. Für diese Umsatzsteuern abzüglich der Umsatzsteuer aus der Saldierung einer Vorauszahlung in Höhe von 2.722,25 Euro, insgesamt daher für 76.378,49 Euro, machte sie den Vorsteuerabzug geltend.

Dazu wurde nach einer abgabenrechtlichen Prüfung gemäß § 147 BAO vom Prüfer unter Tz 1 des Prüfberichtes festgestellt, dass der Vorsteuerabzug betreffend die Leasingverträge für diese Druckmaschinen bereits 2008 Gegenstand einer Überprüfung durch das Finanzamt gewesen sei. Im März 2008 habe die nunmehrige Steuervertretung festgestellt, dass trotz des Ausweises der Umsatzsteuern in den monatlichen Rechnungen der gegenständlichen Leasingverträge keine Vorsteuern geltend gemacht worden seien. In der Folge sei die Umsatzsteuererklärung 2006, die eine Gutschrift von 68.431,20 Euro zur Folge gehabt hätte, eingereicht worden. Bei einer darauf durchgeführten Betriebsprüfung sei festgestellt worden, dass die Verfügungsmacht über die Druckereimaschinen bereits in den Jahren 2003 bzw. 2004 auf die Bf. übergegangen sei und der Vorsteuerabzug aus den Leasingraten daher nicht möglich sei. Abgesehen davon sei bereits in den Jahren 2003 und 2004 die gesamte Vorsteuer abgezogen worden. Aufgrund dieser Feststellung habe das Finanzamt den Umsatzsteuerbescheid 2006 vom ohne Berücksichtigen der im Zusammenhang mit den Leasingraten geltend gemachten Vorsteuern erlassen. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Auch in den Folgejahren 2007 und 2008 seien keine weiteren Vorsteuern aus den gegenständlichen Leasingverträgen geltend gemacht worden, obwohl in den monatlichen Eingangsrechnungen jeweils Umsatzsteuern ausgewiesen worden seien.

Am habe die Steuervertretung nachfolgende Anfrage an das Finanzamt gestellt:

"Der Druckereibetrieb ED GmbH (nunmehrige Steuernummer 00-000/0000, frühere Steuernummer 11-111/1111) hat in den Jahren 2003 und 2004 in der Jahresumsatzsteuererklärung relativ hohe Vorsteuerbeträge nachträglich geltend gemacht, weil aus Leasingverträgen bisher keine Vorsteuer geltend gemacht wurde. Hierbei wurde, weil es sich um Spezialleasing handelt, aus dem gesamten Anschaffungspreis die Vorsteuer geltend gemacht. Ob eine vorsteuergerechte Rechnung vorgelegen ist oder nicht oder auf welcher anderen rechtlichen Grundlage der Vorsteuerabzug zugelassen wurde ist mir nicht bekannt. Der Sachverhalt wurde vom Finanzamt aber schon geprüft (dies muss aus ihrem Vorprüfungsakt ersichtlich sein) und der Vorsteuerabzug wurde vom Finanzamt als richtig zugelassen. Wenn Sie mir bitte die entsprechende Rechnung der Leasinggesellschaft an ED zumailen oder aus dem Vorprüfungsakt den entsprechenden Schriftsatz von HH zukommen lassen könnten, wäre ich sehr dankbar. Dann weiß ich endlich die rechtliche Grundlage für den Vorsteuerabzug."

Der zuständige Sachbearbeiter des Finanzamtes habe folgende Antwort gegeben:
"Im Arbeitsbogen des Prüfungsjahres 2006 sind nur händische Vermerke meinerseits wegen der Aktivierungen von Maschinen in den Jahren 2003 und 2004 bzw. der Verbuchung der jeweiligen Vorsteuer auf dem Konto "Vorsteuer" vorhanden - die Prüferin hatte damals nur die Aktivierungen samt der verbuchten Vorsteuer kontrolliert, eine Rechnung der Leasinggesellschaft wurde von ihr nicht kopiert. Daher müsste der Leasingvertrag bzw. die dazugehörige Rechnung bei der Firma aufliegen. Einen Schriftsatz von HH gibt es daher auch nicht im Arbeitsbogen meiner Kollegin! Ich kann Ihnen dazu leider nicht mit weiteren Informationen und Unterlagen zu diesem Problem dienen".

Aus den angeforderten Buchhaltungsunterlagen der Jahre 2003 und 2004 ergebe sich eindeutig, dass die Verfügungsmacht über die Maschinen bereits in diesen Jahren auf die Bf. übergegangen sei, diese daher aktiviert und die Vorsteuern für die gesamten Anschaffungskosten geltend gemacht worden seien.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG könnten Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an sie gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen als Vorsteuer abziehen. Da bereits im Zeitpunkt der Anschaffung der Maschinen die gesamte Vorsteuer betreffend die Lieferung geltend gemacht worden seien, könnten die in der Folge entrichteten Raten nicht Gegenstand eines Vorsteuerabzuges sein. Weiters stehe auch für die beiden Rechnungen aus der Vertragsauflösung mangels eines Leistungsaustausches kein Vorsteuerabzug zu. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass in den gegenständlichen Rechnungen Umsatzsteuern ausgewiesen seien.

Die im Zusammenhang mit den Leasingverträgen geltend gemachten Vorsteuern in Höhe 76.378,49 Euro seien daher nicht abzugsfähig.

Angefochtene Bescheide

Das Finanzamt folgte dieser Feststellung der Betriebsprüfung und erließ am in wiederaufgenommenen Verfahren neue Umsatzsteuerbescheide 2007 bis 2009, in denen neben weiteren Prüfungsfeststellungen auch die Kürzung der Vorsteuer 2009 um einen Betrag in Höhe 76.378,49 Euro berücksichtigt wurde.

Beschwerde

In der gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerde beantragte die Steuervertretung der Bf. neuerlich, die anlässlich der Auflösung der Leasingverträge geltend gemachten Vorsteuern zu berücksichtigen. Ferner seien die in den laufenden Leasingraten der Jahre 2007 bis 2009 enthaltenen Umsatzsteuern als Vorsteuern zu berücksichtigen.

Den Ausführungen der Betriebsprüfung sei entgegenzuhalten, dass von den Leasinggesellschaften im Zuge der Vertragsauflösungen im Jahr 2009 „saubere“ Abrechnungen sowie Rechnungen mit allen Merkmalen, die zum Vorsteuerabzug berechtigten, ausgestellt worden seien. Auch hätten die Leasinggeber die Umsatzsteuer aus den besagten Leasingverträgen und aus der Vertragsauflösung abgeführt. Der Abzug der gesamten Vorsteuern in den Jahren 2003 und 2004 sei ohne gesetzliche Grundlage erfolgt. Zudem seien in den Leasingraten erhebliche Zinskomponenten enthalten gewesen. Diese wären als Nebenleistungen jedenfalls der Umsatzsteuerpflicht unterlegen und hätten den Leasingnehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Beschwerdevorentscheidung

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab.

Ein Vorsteuerabzug stehe nur zu, wenn eine Steuer für eine Lieferung oder sonstige Leistung vorliege. Im Beschwerdefall seien die Lieferungen der Druckmaschinen in den Jahren 2003 und 2004 erfolgt. Dies ergebe sich daraus, dass in diesen Jahren die Druckmaschinen im Anlagevermögen der Bf. aktiviert worden seien. Die Ratenzahlungen sowie die Zahlungen aufgrund der Auflösung der Leasingverträge stellten demgegenüber lediglich Vermögensumschichtungen dar. Aufgrund der steuerlichen Zurechnung der Druckmaschinen zum Vermögen der Bf. hätten die später ausgestellten Rechnungen zu einer Steuerschuld der Leasinggesellschaften aufgrund dieser Rechnungen iSd § 12 Abs. 14 UStG 1994 geführt. Ein Vorsteuerabzug sei gleichwohl ausgeschlossen.

Was die angefallenen Zinsen betreffe genüge es darauf hinzuweisen, dass Zinsen im Zusammenhang mit Leasinggeschäften gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 lit. a UStG steuerfrei zu behandeln seien, wenn der Leasinggegenstand dem Leasingnehmer zuzurechnen sei.

Vorlageantrag

Im am gestellten Vorlageantrag wiederholte die Steuervertretung den Antrag, den Vorsteuerabzug im Zuammenhang dem Kauf der Druckmaschingen nach der Aufslöung der Leasingverträge in Höhe von 76.378,49 Euro anzuerkennen. Ferner gab sie die von den Umsatzsteuern abzuziehenden Vorsteuern aus den laufenden Leasingverträgen 2007 bis 2009 mit 50.962,56 Euro (2007), 51.454,08 Euro (2008) und 8.576,83 Euro (Jahr 2009) an. Dem Antrag legte sie die Rechnungen der U Polaris Leasing GmbH (in der Folge: U) und der S GmbH (in der Folge: S) über Kauf der Druckmaschinen sowie Monatsvorschreibungen der U betreffend die Offsetrollenmaschine Drent Vision und der Erste Immorent Mobilienleasing GmbH betreffend die Flexodruckmaschine „Arsoma“ und den Leasingvertrag über die Offsetrollenmaschine bei.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

Im Beschwerdefall ist strittig, ob die anlässlich der Käufe der Offsetrollenmaschine und der Flexodruckmaschine im Zuge der Auflösung der Leasingverträge im Jahre 2009 von den Leasinggesellschaften neben den Kaufpreisen in Rechnung gestellten Umsatzsteuern sowie die in den bis zu den Vertragsauflösungen in den laufenden Leasingraten enthaltenen und in Rechnungen gestellten Umsatzsteuern der Jahre 2007 bis 2009 als Vorsteuern abzugsfähig waren oder nicht.

Dabei geht das Bundesfinanzgericht von folgendem Sachverhalt aus:

Die Bf. schloss im Jahr 2002 einen Leasingvertrag mit der S über eine Flexodruckmaschine "Arsoma BM410" samt Zubehör und am  einen weiteren Leasingvertrag mit der Bank Austria Creditanstalt über eine 4 Farben Offsetrollenmaschine "Drent Vision“ ab.

In beiden Fällen zahlte sie zunächst die jeweils vereinbarten Leasingraten und zog die in diesen Raten enthaltenen Umsatzsteuern in den jeweiligen Umsatzsteuervoranmeldungen als Vorsteuern ab.

Am Ende der abweichenden Wirtschaftsjahre des Abschlusses dieser Leasingverträge am und am aktivierte die Bf. diese Maschinen mit dem Wert der Gesamtinvestitionskosten zum Anlagevermögen, und zwar die Flexodruckmaschine mit 1.051.579,69 Euro und die Offsetrollenmaschine mit 842.782,47 Euro und schrieb diese Maschinen auf sechs bzw. sieben Jahre ab. Gleichzeitig machte sie in den Umsatzsteuerjahreserklärungen 2003 und 2004 die gesamten auf diese Kosten entfallenden Umsatzsteuern, nämlich 210.315,93 Euro für die Flexodruckmaschine und 168.556,49 Euro für die Offsetrollenmaschine abzüglich der bereits in den laufenden Umsatzsteuervoranmeldungen abgezogenen Steuern als Vorsteuern geltend.

Diese wurden ihr vom damals zuständigen Finanzamt mit den Umsatzsteuerbescheiden 2003 vom und 2004 vom auch gewährt.

In der Folge stellten die Leasinggesellschaften weiterhin die laufenden Leasingraten mit  20 % Umsatzsteuern in Rechnung, die Bf. nahm dafür aber keinen Vorsteuerabzug in Anspruch. Nur in der Jahreserklärung 2006 machte sie den Vorsteuerabzug in Zusammenhang mit den Leasingraten geltend, der vom Finanzamt aber mit dem Hinweis auf den Vorsteuerabzügen 2003 und 2004 nicht gewährt wurde.

Am stellte die U eine Rechnung über den Verkauf der Offsetrollenmaschine mit einem Kaufpreis in Höhe von 198.211,61 Euro und 20% Umsatzsteuer in Höhe von 39.642,32 Euro abzüglich einer Gutschrift für eine Vorauszahlung in Höhe 13.611,24 Euro und 20% Umsatzsteuer in Höhe von 2.722,25 Euro aus.

Am legte die S GmbH eine Rechnung über den Verkauf der Flexodruckmaschine  mit einem Kaufpreis von 197.292,06 zuzüglich 20% Umsatzsteuer in Höhe von 39.458,41 Euro. Die Summe der Umsatzsteuern aus diesen Käufen abzüglich einer auf eine Vorauszahlung entfallende und bereits abgezogene Vorsteuer in Höhe von 2.722,25 Euro, insgesamt 76.378,49 Euro, macht die Bf. als Vorsteuern geltend. Ferner machte sie die in den bis zur Vertragsauflösung in den laufenden Leasingraten enthaltenen und in den Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuern in Höhe von 50.962,56 Euro im Jahre 2007, in Höhe von 51.454,08 im Jahre 2008 und in Höhe von 8.576,83 Euro im Jahre 2009 als Vorsteuern geltend.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den vorliegenden Unterlagen aus der Buchhaltung der Bf., den Umsatzsteuerbescheiden  sowie aus den vorgelegten Rechnungen und dem Leasingvertrag.

Rechtlich ist der Beschwerdefall wie folgt zu beurteilen:

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 erster Satz UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist demnach neben der Unternehmereigenschaft des Vorsteuerabzugsberechtigten und einer Rechnung mit gesondertem Steuerausweis ein Zusammenhang zwischen der ausgewiesenen Steuer und einer Lieferung oder einer sonstigen Leistung für das Unternehmen des den Vorsteuerabzug geltend machenden Unternehmers. 

Eine Lieferung ist gemäß § 3 Abs. 1 UStG 1994 eine Leistung, durch die ein Unternehmer den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. Die Verfügungsmacht über den Gegenstand kann von dem Unternehmer selbst oder in dessen Auftrag durch einen Dritten verschafft werden.

Eine sonstige Leistung ist gemäß § 3a Abs. 1 UStG 1994 eine Leistung, die nicht in einer Lieferung besteht. Sie kann in einer Duldung oder einer Unterlassung bestehen.

Für Leasingverträge bestehen im UStG keine Sondervorschriften. Sie sind nach den allgemeinen Bestimmungen des UStG zu beurteilen und je nachdem ob mit ihnen eine Gebrauchsüberlassung oder eine endgültige Zuwendung vereinbart wurde als sonstige Leistung oder als Lieferung einzustufen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Lösung der Frage, ob Leasinggüter dem Leasinggeber oder dem Leasingnehmer zuzurechnen sind, maßgeblich darauf an, ob die entgeltliche Überlassung des Leasinggutes an den Leasingnehmer gleich einer "echten" Vermietung als bloße Nutzungsüberlassung zu sehen ist oder ob sich die Überlassung wirtschaftlich bereits als Kauf (Ratenkauf) darstellt. Es geht letztlich darum, ob der Leasingnehmer mit der Überlassung des Leasinggutes bereits dessen wirtschaftlicher Eigentümer im Sinne des § 24 Abs. 1 lit. d BAO wird. Die Verschaffung der umfassenden wirtschaftlichen Sachherrschaft am Leasinggut ist der Verschaffung der Verfügungsmacht im Sinne einer endgültigen Zuwendung des wirtschaftlichen Gehaltes des Leasinggutes gleichzuhalten. Liegt in der Übergabe des Leasinggutes vom Leasinggeber an den Leasingnehmer die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums, stellt dieser Vorgang umsatzsteuerlich eine Lieferung dar (vgl. zB ; )

Leasingverträge enthalten Elemente eines Kauf- und eines Bestandvertrages. Das Rechtsgeschäft bedarf steuerrechtlich von Anfang an einer eindeutigen Zuordnung unter den Anschaffungs- oder unter den Gebrauchstatbestand und damit einer Zuordnung des Vertragsgegenstandes zum einen oder anderen Vertragstyp. Von einer Anschaffung kann z.B. dann ausgegangen werden, wenn eine anderweitige Verwendung des Mietobjektes nach Ablauf der Vertragsdauer für die Vertragspartner nicht sinnvoll wäre (Spezialleasing) oder wenn die Vertragsgestaltung darauf hindeutet, dass deren Ziel letztlich die Verschaffung der Verfügungsmacht über den Gegenstand unter Zufristung eines kaufpreisähnlichen Entgeltes bzw. Gewährung von Kaufpreisraten und deren Sicherung durch Vorbehalt des zivilrechtlichen Eigentums ist (vgl. z.B. ; ).

Ist ein Leasingvertrag als Kaufvertrag zu beurteilen, liegt umsatzsteuerrechtlich eine Lieferung im Zeitpunkt der Übernahme des Leasingobjektes durch den Leasinggnehmer vor, die, wenn es sich auch um eine steuerpflichtige Lieferung handelt, zur Entstehung der Umsatzsteuerpflicht für das gesamte Entgelt beim Leasinggeber einerseits und, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen, zum entsprechenden gesamten Vorsteuerabzug im Zeitpunkt dieser Lieferung beim Leasingnehmer andererseits führt.

Die laufenden Ratenzahlungen wie auch die spätere Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums auf den Leasingnehmer nach Beendigung oder Auflösung des Leasingvertrages lösen keinen steuerbaren Vorgang aus, da der Leasingnehmer bereits das wirtschaftliche Eigentum und die tatsächliche Verfügungsmacht an dem Leasinggegenstand hat. Lediglich die seinerzeitige Lieferung unterliegt der Umsatzsteuer (vgl. Kolacny/Scheiner, UStG3 (2005) § 3 Tz 21 lit. c).

Im Beschwerdefall sind sowohl die Bf. als auch das damals zuständige Finanzamt von einer Zurechnung der Offsetrollenmaschine und der Flexodruckmaschine zur Bf. als Leasingnehmerin und damit von einem Kauf und nicht von einer Miete dieser Maschinen ausgegangen. Umsatzsteuerlich lagen daher Lieferungen anlässlich der Übernahme der Leasingobjekte in den Jahren 2003 und 2004 vor. Aus diesem Grunde konnte die Bf. die gesamte in den Lieferungen enthaltenen Umsatzsteuern bereites in diesen Jahren geltend machen. Auch einkommensteuerrechtlich gingen beide Parteien von einer Anschaffung der Maschinen in diesen Jahren aus, sodass die Bf. die damaligen Anschaffungskosten aktivieren und verteilt auf die Nutzungsdauern absetzen konnte.

Das Bundesfinanzgericht sieht keine Veranlassung, von dieser Beurteilung abzugehen. Auch der vorgelegte Leasingvertrag über die Offsetrollenmaschine vom gibt keinen Himnweis darauf, dass diese Beurteilung falsch gewesen wäre. Im Gegenteil, er enthält Bestimmungen, die deutlich für eine Zurechnung des Objektes zum Leasingnehmer sprechen wie etwa die Mindestvertragsdauer von 75 Monaten (Punkt VII. des Vertrages) , die nur wenig unter der von der Bf. angenommenen Nutzungsdauer dieser Maschine von 7 Jahren bzw. 84 Monaten lag oder die Gefahrtragung durch die Leasingnehmerin (Punkt XV. des Vertrages). Schließlich ist auch die Steuervertretung der Bf. von einem Spezialleasing ausgegangen ( Schreiben vom ) , einer Leasingform, die nach dem oben Gesagten ebenfalls für die Zurechnung des Leasingobjektes zur Leasingnehmerin spricht. Dementsprechend hat die Bf. die beiden Maschinen auch nicht zurückgegeben, sondern nach Bezahlung des Restkaufpreises in das zivilrechtliche Eigentum übernommen.

Bei einer Zurechnung der Leasingobjekte zur Bf. bereits in den Jahren 2003 und 2004 lagen auch nur in diesen Jahren steuerbare Vorgänge vor und waren auch die Vorsteuerabzüge nur in diesen Jahren möglich. Die in der Folge geleisteten Leasingraten waren als Kaufpreisraten zu beurteilen, die ebenso wie die in Rechnung gestellten Restkaufpreise anlässlich der Vertragsauflösungen keine umsatzsteuerbaren Vorgänge darstellten. Wenn die Leasinggesellschaften weiter Umsatzsteuern in Rechnung gestellt haben, so haben sie diese zwar aufgrund der Rechnungen geschuldet, eine Vorsteuerabzugsberechtigung war damit aber mangels eines steuerbaren Vorgangs nicht möglich. Daher ist es für die Frage des Vorsteuerabzuges unerheblich, ob die Leasinggesellschaften monatlich Rechnungen mit Umsatzsteuern gelegt und diese Steuern auch abgeführt haben. Ebenso irrelevant für die zu beurteilende Rechtsfrage ist die Frage, ob für die von der Bf. seinerzeit in Anspruch genommenen und vom Finanzamt gewährten Vorsteuerabzüge zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnungen vorgelegen haben oder nicht. Denn selbst wenn solchen Rechnungen gefehlt haben sollten, was in dieser Entscheidung aber nicht unterstellt wird, folgte daraus nicht, dass der Bf. die beantragten Vorsteuerabzüge in den Jahren 2007 bis 2009 zustanden, da es diesfalls an einer notwendigen vorsteuerabzugsrelevanten Leistung gefehlt hätte. Fehlende Rechnungen änderten nichts an der Tatsache, dass die für die Vorsteuerabzüge notwendigen Lieferungen in den Jahren 2003 und 2004 vorlagen und die Vorsteuerabzüge daher auch nur für diese und nicht für spätere Jahre geltend gemacht werden konnten. In diesem Fall wären zwar die Vorsteuerabzüge in den Jahren 2003 und 2004 zu Unrecht vorgenommen worden, eine Vorsteuerabzugsberechtigung in Zusammenhang mit Rechnungen über die monatliche Leasingraten oder die Restkaufpreise folgt daraus aber nicht. Abgesehen davon ist es nicht Zweck des Vorsteuerabzuges, dass ein Unternehmer mehr Vorsteuern geltend machen kann, als ihm zustehen.

Was die von der Steuervertretung eingewandten Zinsenkomponenten angeht ist zunächst zu bemerken, dass die  Steuervertretung keinerlei konkrete Angaben zu den in den Leasingraten angeblich enthaltenen Zinsen gemacht hat. Es ist daher auch nicht erkennbar, in welcher Höhe die Bf. Vorsteuern im Zusammenhang mit den Zinsen geltend macht.

Abgesehen davon ist für die Frage des Vorsteuerabzuges im Zusammenhang mit in Leasungraten enthaltenen Zinsen auf § 6 Abs. 1 Z 8 lit. a UStG zu verweisen. Danach sind die Umsätze aus der Gewährung und die Vermittlung von Krediten sowie die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten unecht von der Steuer befreit. Ein Kredit iS dieser Vorschrift liegt vor, wenn jemand einem anderen befristet die Nutzung von Kapital ermöglicht. Dieser Kreditbegriff deckt auch das Darlehen ab und schließt auch Vorschüsse, Forderungsstundungen und alle Geldanlagen ein, wenn ihr Zweck die Einräumung einer befristeten Kapitalnutzungsmöglichkeit ist. Umsatzsteuerlich ist in einer Kreditgewährung eine sonstige Leistung, die in einem Dulden der Kapitalnutzung besteht, zu sehen. (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, § 6 Tz 102).

Erfolgt eine Zurechnung des Leasingobjektes zum Leasingnehmer, sind die Leasingverträge wie Kaufverträge zu beurteilen und die geleisteten monatlichen Leasingraten wie Kaufpreisraten zu werten. Solche Raten sind Ausfluss eines kreditierten Kaufpreises, die damit in Zusammenhang stehenden Zinsen sind Kreditzinsen (vgl. auch Ruppe/Achatz, UStG4, § 6 Tz 105).

Daraus folgt, dass Zinsen im Zusammenhang mit Kreditgeschäften unecht steuerfrei sind. Stellt der Unternehmer für solche Zinsen dennoch Umsatzsteuer in Rechnung, so schuldet er diese aufgrund der Rechnung. Ein Vorsteuerabzug steht dem vorsteuerabzugsberechtigten Leistungsempfänger in diesem Falle nicht zu (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, § 11 Tz 116).

Der Unternehmer kann aber gemäß § 6 Abs. 2 UStG auf die Befreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 lit. a verzichten. Für die Option stellt das Gesetz keine besonderen Formvorschriften auf, die Option kann daher für jeden einzelnen Umsatz getrennt ausgeübt werden und erfordert lediglich eine entsprechende Behandlung der Zinsen als steuerpflichtig in der Umsatzsteuervoranmeldung oder Umsatzsteuererklärung.

Aber auch bei einer Inanspruchnahme einer solchen Option durch den Kreditgeber ist ein Abzug der auf die Zinsen entfallenden Umsatzsteuern nur bei Vorliegen einer Rechnung im Sinne des § 11 UStG möglich. Eine solche Rechnung setzt u.a. die Angabe des Entgelts im umsatzsteuerlichen Sinn (Zinsen) und dem auf das Entgelt (die Zinsen) entfallenden Steuerbetrag voraus.

Im Beschwerdefall liegen keine derartige Rechnungen vor. Mit den vorgelegten Rechnungen der Leasinggesellschaften wurde über die monatlichen Leasingraten und über die (Rest)kaufpreise abgerechnet. Darin allenfalls enthaltende Zinsen und darauf entfallenden Steuerbeträge scheinen in diesen Rechnungen nicht auf. Daher scheidet ein Vorsteuerabzug für die in den Leasingraten allenfalls enthaltenen Zinsen auch für den Fall, dass  die Leasinggesellschaften in die Steuerpflicht optiert haben, mangels Vorliegens von zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnungen in jedem Fall aus.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall liegt keine solche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Eine (ordentliche) Revision an Verwaltungsgerichtshofes ist daher unzulässig. 

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.1100442.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at