Keine Hauptwohnsitzbefreiung gem § 30 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG
Rechtssätze
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RV/7102376/2015-RS1 | Bei der Veräußerung zweier nebeneinander liegender Grundstücke, beide mit jeweils eigener Einlagezahl und eigener Grundstücksnummer im Grundbuch erfasst, in einem Rechtsvorgang, liegt ertragsteuerlich betrachtet die Veräußerung von zwei eigenständigen Grundstücken vor. Die Hauptwohnsitzbefreiung kann demnach nur ein Grundstück, bei Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen, betreffen. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Andreas Stanek über die Beschwerde des Bf., vertreten durch Schröder Steuerberatungs Gesellschaft mbH, Mitlöhnerstraße 6, 2560 Berndorf, gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom betreffend Einkommensteuer 2013, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer (Bf.) erklärungsgemäß zur Einkommensteuer für 2013 veranlagt und die Einkommensteuer mit einer Gutschrift in Höhe von € -187,00 festgesetzt (BFG-Akt AS 2 f). Dabei blieben Einkünfte aus einer Grundstücksveräußerung vom unberücksichtigt, da der Bf. bei der Selbstberechnung der Immobilienertragsteuer von der Befreiung dieser Einkünfte gemäß § 30 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG (Hauptwohnsitzbefreiung) ausging (BFG-Akt ON 1, AS 6 ff).
Am verfügte das Finanzamt die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2013 gemäß § 299 BAO und führte zur Begründung im ersetzenden (neuen) Einkommensteuerbescheid an, dass der Bf. laut zentralem Melderegister den Hauptwohnsitz Adresse_Bf., nicht aufgegeben habe und daher die Hauptwohnsitzbefreiung iSd § 30 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG für die Grundstücksveräußerung nicht anerkannt werde. Die Immobilienertragsteuer werde daher mit 3,5% des Veräußerungserlöses von € 125.000,00 - € 4.375,00 - angesetzt (BFG-Akt ON 3, AS 12 ff).
Dagegen erhob der Bf. Beschwerde und brachte vor, dass er es übersehen habe den Hauptwohnsitz abzumelden. Maßgebend sei, dass er dort keinen Hauptwohnsitz mehr habe (BFG-Akt ON 4, AS 16 f).
Das Finanzamt wies mit Beschwerdevorentscheidung die Beschwerde des Bf. als unbegründet ab und führte aus, dass es sich bei der Einlagenzahl 326 um eine eigene Liegenschaft mit eigener EZ handelt - Anteil des Bf. 1/1 - und deshalb die Immo-ESt für den Veräußerungsvorgang des Bf. in Höhe von € 4.375,00 festgesetzt werde.
Bei der (gemeinsamen) erfolgten Veräußerung des Grundstücks mit der Einlagezahl 331 sei die Hauptwohnsitzbefreiung dort anerkannt worden, da der Verkäufer innerhalb der letzten 10 Jahre mindestens 5 Jahre seinen Hauptwohnsitz dort gehabt habe (BFG-Akt ON 6, AS 21).
Der Bf. beantragte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen und führte ergänzend aus, dass es sich bei der Liegenschaft mit der EZ 326 um ein Grundstück handle, das keinen eigenen Zugang habe und nur über die Liegenschaft mit der EZ 331 zugänglich sei (BFG-Akt ON 7, AS 23). Der Bf. beantrage die Hauptwohnsitzbefreiung auch für die Liegenschaft EZ 326 zu berücksichtigen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Strittig ist im beschwerdegegenständlichen Fall die Frage, ob die beiden verkauften Liegenschaften eine Einheit darstellen und somit gemeinsam unter den Befreiungstatbestand des § 30 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG zu subsumieren sind.
Unstrittig ist, dass im gegenständlichen Fall zwei getrennte, eigenständige Grundstücke im Grundbuch unter verschiedenen EZ und Grundstücksnummern verzeichnet sind. Als weiters unstrittig stellen sich die unterschiedlichen Eigentumsverhältnisse an diesen Grundstücken dar. Auch gehen die Vertragspartner in ihrem Kaufvertrag von zwei getrennten, eigenständigen und auch einzeln bewerteten Grundstücken aus.
Unstrittig ist weiters die Beurteilung des Finanzamtes , dass hinsichtlich der Liegenschaft EZ 331 die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG erfüllt sind. Diese Liegenschaft war innerhalb der letzten zehn Jahre vor Veräußerung mindestens fünf Jahre der Hauptwohnsitz des Bf. Diesen hat er auch - wie oben ausgeführt - aufgegeben. Der Grund und Boden der EZ 331 dient dem Bf. als Garten bzw. Nebenfläche zu dem Gebäude.
Diese Feststellungen lassen sich zweifelsfrei aufgrund der vorgelegten Akten treffen:
Die gegenständlichen Liegenschaften haben dem den Kaufvertrag beigefügten Grundbuchsauszug folgend jeweils eine eigene Einlagezahl (326 bzw. 331) und Grundstücksnummer (8/8 bzw. 8/2) der KG_99999 (BFG-Akt ON 8, AS 26, 27). Während das Grundstück mit der EZ 326 eine Nutzung als Garten erfährt, wird das Grundstück mit der EZ 331 auch als Baufläche (Gebäude) genutzt und stellte das darauf befindliche Einfamilienhaus den Hauptwohnsitz des Bf. dar.
Der Bf. und seine Gattin verkauften am die beiden Grundstücke mit der EZ 326, GSt-Nr. 8/8 und EZ 331 GSt-Nr. 8/2 (BFG-Akt ON 8). Der Verkaufspreis betrug € 125.000,00 pro Liegenschaft. Der Kaufvertrag vom (BFG-Akt ON 8, AS 25-37) lautete auszugsweise folgendermaßen:
" 1.1. Der Verkäufer [Bf.] ist grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ 326 der KG_99999, bestehend aus dem Grundstück Nr. 8/8 Gärten im Ausmaß von 750 m² (im Folgenden kurz ´Kaufgegenstand 1`).
Die Verkäufer Kirsten und [Bf.] sind jeweils Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 331 der KG_99999, bestehend aus dem Grundstück Nr. 8/2 Bauf. (Gebäude), Gärten im Ausmaß von 683 m² (im Folgenden kurz ´Kaufgegenstand 2`). Auf dieser Liegenschaft befindet sich ein renovierungsbedürftiges Einfamilienhaus.
...
2.3. Der Kaufpreis für Kaufgegenstand 1 und Kaufgegenstand 2 beträgt jeweils € 125.000,-- ... "
Die mit dem Einfamilienhaus bebaute Liegenschaft EZ 331 bildete den Hauptwohnsitz des Bf. Laut Auszug aus dem Zentralen Melderegister war der Bf. vom bis an der gegenständlichen Adresse (= Liegenschaft EZ 331) hauptgemeldet (BFG-Akt ON 5, AS 19). Das Bundesfinanzgericht geht davon aus, d ass der Bf. seinen Hauptwohnsitz bereits im Zeitpunkt der Erlassung des Einkommensteuerbescheides 2013 aufgegeben und die polizeiliche Abmeldung vergessen hat. Diesbezüglich wird auf die polizeiliche Anzeige verwiesen, wonach der Bf. rechtswidrig an dieser Adresse gemeldet war.
Auf dem Auszug der digitalen Katastralmappe ist ersichtlich, dass die unbebaute Liegenschaft EZ 326 eigenständig zugänglich ist, da sie unmittelbar an die Straße Straße angrenzt, die auch zu den nachgelegenen Liegenschaften führt (BFG-Akt ON 9, AS 43). Unerheblich ist, ob es tatsächlich einen Zugang (bspw. ein Tor) von der Straße gibt. Auch auf den Satellitenbildern des Niederösterreich-Atlas ist ersichtlich, dass es sich dabei um zwei Grundstücke handelt.
§ 30 EStG in der für das Jahr 2013 geltenden Fassung normiert (auszugsweise):
Abs 1 leg cit: Private Grundstücksveräußerungen sind Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (grundstücksgleiche Rechte).
Abs 2 leg cit: Von der Besteuerung ausgenommen sind die Einkünfte:
Z 1. Aus der Veräußerung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen samt Grund und Boden (§ 18 Abs. 1 Z 3 lit. b), wenn sie dem Veräußerer
a) ab der Anschaffung bis zur Veräußerung für mindestens zwei Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird oder
b) innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird.
Als Grundstück bezeichnet man jenen räumlich abgegrenzten Teil der Erdoberfläche einer Katastralgemeinde, der im Grenzkataster als solcher mit einer eigenen Nummer bezeichnet ist. Grundstücke werden durch Beschluss des Bezirksgerichtes, welches das Grundbuch führt, neu gebildet oder gelöscht (vgl. § 7a Vermessungsgesetz).
Ausgehend von diesem grundsätzlichen Verständnis des Grundstücksbegriffes wurde erstmals für ertragsteuerliche Zwecke mit dem Stabilitätsgesetz 2012 definiert, welche Wirtschaftsgüter für vom Begriff des Grundstücks mitumfasst sind (Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17, § 30 Rz 27). Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zufolge soll nur der Grund von der Befreiung erfasst sein, der üblicherweise als Bauplatz benötigt wird (ErlRV zum EStG 1988, 621 BlgNR XVII. GP; sowie Kanduth/Kristen in Jakom5, § 30 Tz 34). Für den Grundanteil gilt die Steuerbefreiung nur insoweit, als der Grund und Boden der Nutzung des Eigenheims oder der Eigentumswohnung als Garten oder Nebenfläche dient (Kanduth/Kristen in Jakom, EStG8, § 30 Tz 35). Die Hauptwohnsitzbefreiung ist als eine Gebäudebefreiung zu sehen (Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG17, § 30 Rz 145).
Betrachtet man den gegenständlichen Sachverhalt unter dem Blickwinkel obiger Ausführungen so geht das Bundesfinanzgericht von der Veräußerung von zwei getrennten und eigenständigen Grundstücken aus. Der Umstand, dass die beiden eigenständigen Grundstücke in einem Vorgang an die gleichen Erwerber veräußert wurden, vermag eine Einheit der beiden Grundstücke und folglich die Rechtwidrigkeit des angefochten Einkommensteuerbescheides nicht zu begründen.
Wie bereits festgestellt, ist das Grundstück mit der EZ 226 ein eigenständiges Grundstück. Dem Gesetzeswortlaut ist allerdings nicht zu entnehmen, dass mehrere Grundstücke von der Befreiung umfasst sein sollen. Dieses Grundstück ist daher vom Befreiungstatbestand des § 30 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG nicht mitumfasst.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 30 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.7102376.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at