Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.03.2016, RV/7103548/2008

Ist die Vorlage der Erklärung des Betriebsüberganges (Formular NeuFö 3) bei der in Betracht kommenden Behörde im Original notwendig oder genügt bei der FinanzOnline Anzeige die Speicherung in einem Urkundenarchiv, auf welches das Finanzamt zugreifen kann (wie z.B. UFS 30.6.2009, RV/2396-W/07 u.a.)?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.Dr. Hedwig Bavenek-Weber in den Beschwerdesachen ****Bf.****Adr.**** , vertreten durch öffentliche Notare Dr. Kirner Dr. Gruber Partnerschaft, Rathausplatz 10, 3130 Herzogenburg, gegen die zwei Bescheide vom des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern in Wien, ErfNr. ****x1****, StNr. ****x2**** betreffend Grunderwerbsteuer iVm § 5a NeuFöG zu Recht erkannt:

I. Den Beschwerden wird stattgegeben.

II. Die zwei angefochtenen Bescheide werden abgeändert wie folgt:

Erwerb von ****SCHWIEGERVATER** : Die festgesetzte Grunderwerbsteuer von 169,49 Euro für die Übergabe des landwirtschaftlichen Betriebes entfällt. Es verbleibt die festgesetzte Grunderwerbsteuer von 30,91 Euro.

Erwerb von ****SCHWIEGERMUTTER** : Die festgesetzte Grunderwerbsteuer von 169,49 Euro für die Übergabe des landwirtschaftlichen Betriebes entfällt. Es verbleibt die festgesetzte Grunderwerbsteuer von 30,91 Euro.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist, ob die Vorlage der Erklärung des Betriebsüberganges (Formular NeuFö 3) bei der in Betracht kommenden Behörde im Original notwendig ist oder bei der FinanzOnline Anzeige die Speicherung in einem Urkundenarchiv, auf welches das Finanzamt zugreifen kann, genügt?

Bemerkt wird, dass das Verfahren der Beschwerdeführerin (Bf.) vom Unabhängigen Finanzsenat auf das Bundesfinanzgericht übergegangen ist. Die entsprechende Gesetzesstelle lautet:

§ 323 Abs. 38 BAO: Die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz gegenständlichen Berufungen und Devolutionsanträge sind vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht..... 

§ 323 Abs. 39 BAO: Soweit zum eine Befugnis zur geschäftsmäßigen Vertretung im Abgabenverfahren vor den Abgabenbehörden zweiter Instanz besteht, ist diese auch im Beschwerdeverfahren vor den Verwaltungsgerichten gegeben.“

1. Verfahrensgang

Mit Notariatsakt vom wurde ein Übergabsvertrag zwischen den Übergebern Herrn ****SCHWIEGERVATER** und Frau ****SCHWIEGERMUTTER** auf der einen Seite und deren Sohn und Schwiegertochter Herrn ****Sohn**** und Frau ****SCHWIEGERTOCHTER** (die Bf.) auf der anderen Seite abgeschlossen. Damit wurde die Landwirtschaft an die Bf. und deren Ehegatten übertragen. Als Gegenleistung wurden die in Punkt „Viertens“ auf Lebensdauer der Übergeber bedungenen, unentgeltlichen Wohn- und Ausgedingsrechte (samt freie Beheizung, Mitbenützung des Telefons, Haushaltsführung, Pflege im Krankheitsfall, Bezahlung der Arztkosten) bewertet mit 200 Euro pro Monat, und ein Barübergabspreis in Höhe von 20.000 Euro welcher zur Abfertigung der gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsansprüche der weichenden Tochter der Übergeber dienen sollte sowie die Schuldübernahme eines ******-Kredites, vereinbart. Nach Punkt „Neuntens“ des Vertrages übernimmt die Bf. und ihr Ehegatte die Landwirtschaft zur Selbstbewirtschaftung. Die Rechte der Übergeber dienen zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes.

Der Übergabsvertrag wurde dem Finanzamt per Finanzonline angezeigt und hierbei sämtliche Daten für den Zugriff auf das Urkundenarchiv übermittelt, in welchem der Notariatsakt sowie die Formulare NeuFö 3 betreffend die Erklärung der (Teil-)Betriebsübertragung (§ 5a iVm § 4 NeuFöG) hinterlegt wurde. Mit diesen Formularen beantragte die Bf. die Befreiung gemäß § 5a des Neugründungs-Förderungsgesetz für die anteilige Betriebsübertragung.

Mit zwei Bescheiden vom wurde der Bf. je für den Erwerb von ****SCHWIEGERVATER** und je für den Erwerb von ****SCHWIEGERMUTTER** Grunderwerbsteuer in Höhe von je insgesamt 200,40 Euro (€ 169,49 als 2% vom Wert der land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke in Höhe von € 8.474,55 und € 30,91 als 2% von der Gegenleistung „für die übrigen Grundstücke“ in Höhe von € 1.545,44) festgesetzt.

Fristgerecht wurde gegen die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer von je 169,49 Euro Berufung/Beschwerde erhoben. Die Rechtsmittel richten sich nicht gegen die Vorschreibung von je € 30,91 „für die übrigen Grundstücke“. Für den Übergabsvertrag sei die Befreiungsbestimmung gemäß § 5a NeuFöG in Anspruch genommen und vom Finanzamt nicht berücksichtigt worden. Es sei unrichtig, dass die Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 5a NeuFöG nicht gewährt werden könne, weil die Vorlage des Antragsformulars „NeuFö 3“ im Original innerhalb der gesetzlichen Anzeigefrist nicht erfolgt sei. Die Vergebührung von grunderwerbsteuerpflichtigen Tatbeständen erfolge nunmehr ausschließlich über Finanzonline. Eine andere Art der Anzeigemöglichkeit sei nicht mehr möglich. Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die elektronische Übermittlung von Erklärungen gemäß § 4 NeuFöG, mit denen eine Neugründung oder eine Übertragung von Betrieben erklärt wird, BGBl. II 216/2005, sei mit in Kraft getreten. Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Einreichung von Anbringen, die Akteneinsicht und die Zustellung von Erledigungen in automationsunterstützter Form (Finanz-Online-Verordnung 2006 FOnV 2006), BGBl. II 97/2006 i.d.F. BGBl. II 513/2006 sei mit in Kraft getreten. Diese beiden Verordnungen stünden nebeneinander gleichwertig und hätten demnach zur Folge, dass der zweite Absatz des § 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die elektronische Übermittlung von Erklärungen gemäß § 4 NeuFöG, in denen die Neugründung oder eine Übertragung von Betrieben erklärt wird, durch die Verordnung desselben Bundesministers über die Einreichung von Anbringen, die die Akteneinsicht und die Zustellung von Erledigungen in automationsunterstützter Form (Finanz-Online-Verordnung 2006 FOnV 2006) aufgehoben worden sei. Darüber hinaus mache es keinen Sinn, die Übermittlung von Unterlagen mittels Finanzonline zu verlangen und daneben für allfällige Ausnahmetatbestände die papierene Übersendung des Originals zu verlangen. Übermittelte Urkunden im Wege von Finanzonline stünden den papierenen Urkunden somit gleich. Weiters verletze § 1 Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die elektronische Übermittlung von Erklärungen gemäß § 4 NeuFöG, mit denen eine Neugründung oder eine Übertragung von Betrieben erklärt werde, den Gleichheitsgrundsatz. Das Finanzamt als zuständige Abgabenbehörde hätte die Steuerpflichtigen mittels eines Vorhaltes auffordern müssen, die Erklärung der Neugründung im Original vorzulegen. Die Abgabenbehörde habe erkennen müssen, dass das Formular NeuFö 3 nicht im Original, sondern mittels Finanzonline gleichzeitig mit der Steuererklärung übermittelt worden sei. Die Abgabebehörde sei verpflichtet gewesen auf diese Gebrechen hinzuweisen und dem Einschreiter die Behebung dieses Mangels aufzutragen.

Angeschlossen wurde das Original des Antragsformular NeuFö 3 wie es bereits per Finanzonline übermittelt wurde.

Das Finanzamt wies die Berufungen/Beschwerden der Bf. mit Berufungs/Beschwerdevorentscheidungen vom als unbegründet ab, dass das NeuFöG in § 5a eine Begünstigung für entgeltliche Betriebsübertragungen enthalte, welche unter die Bestimmungen des GrEStG fallen würden. Die Wirkungen des § 5a Abs. 2 Z 2 NeuFöG würden jedoch nur dann eintreten, wenn der Betriebsinhaber bei den in Betracht kommenden Behörden die Erklärung der Übertragung (Formular NeuFö 3 – Original, keine Kopie bzw. elektronische Übermittlung) bereits im Vorhinein vorlege. Die Vorlage der Erklärung stelle eine materielle Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Begünstigung dar und sei daher innerhalb der Anzeigefrist erforderlich. Die bloße Antragstellung im Vertrag oder in der Abgabenerklärung reiche nicht aus, die Begünstigung bei der Berechnung der Grunderwerbsteuer zu berücksichtigen. Selbst wenn die elektronische Übermittlung des Vertrages als ordnungsgemäße Anzeige im Sinne des § 10 GrEStG gelte, sei die elektronische Übermittlung von Erklärungen gemäß § 4 Abs. 1 NeuFöG an Abgabenbehörden des Bundes nicht zulässig (BGBl. vom , Teil II, 216. Verordnung). Auch das Nachreichen des Formulars im Berufungswege ändere nichts an der Tatsache, dass die Anwendung der Befreiungsbestimmung durch Nichterfüllung der gesetzlichen Voraussetzung bereits verwirkt worden sei.

Die Bf. brachte fristgerecht am den Vorlageantrag ein. Die Bescheide seien von der Bf. als Aufforderung gewertet worden, die Gebrechen (Nichtvorlage des Formulars NeuFö 3) zu beheben und die Originale dieser Antragsformulare fristgerecht übermittelt worden.

2. Sachverhalt

Mit Notariatsakt vom übergaben ****SCHWIEGERELTERN** die Landwirtschaft mit den Wohn- und Wirtschaftsgebäuden in ****ADRESSE**, bestehend aus den in Punkt „Erstens“ des Übergabevertrages angeführten Liegenschaften und Wirtschaftsmitteln sowie die **/*** Anteile der Liegenschaft EZ****KG**** mit dem Grundstück ** Landw. genutzt im amtlichen Ausmaß von 2,3793 ha, welche laut Aktenzeichen ****x3**** und ****x4**** gemeinsam einen Einheitswert von insgesamt € 33.898,18 (€ 32.920,78 + anteilige € 977,40) aufweisen. Gemäß Punkt „Neuntens“ übernahmen die Übernehmer, die Bf. und ihr Ehegatte, die Landwirtschaft zur Selbstbewirtschaftung gegen Sicherung des Lebensunterhaltes der Übergeber.

Der Übergabsvertrag wurde dem FA am per Finanzonline angezeigt und hierbei sämtliche Daten für den Zugriff auf das Urkundenarchiv, in welchem die vollständig ausgefüllten, von den Übernehmern unterschriebenen sowie von der Bezirksbauernkammer **STADT**** bestätigten Formulare NeuFö 3 betreffend die Erklärung der (Teil-)Betriebsübertragung (§ 5a iVm § 4 NeuFöG) für beide Übernehmer enthalten sind, übermittelt. In diesen Formularen begehrte die Bf. die Befreiung von der Grunderwerbsteuer gemäß § 5a NeuFöG. Dem Schreiben vom , eingelangt beim Finanzamt am , wurden die Originale der erwähnten Formulare NeuFö 3 angeschlossen.

3. Beweiswürdigung

Die Feststellungen beruhen auf dem eindeutigen Inhalt des vorgelegten Bemessungsaktes. Das Bundesfinanzgericht nahm Einsicht in den Geschäftsfall im Finanzonline hinsichtlich der Übermittlung der Daten für den Zugriff auf das Urkundenarchiv, in welchem die Formulare NeuFö 3 hinterlegt wurden. Der Sachverhalt ist vollkommen unstrittig. Strittig ist die Qualifikation des mit FinanzOnline überreichten NeuFö 3 als Original.

4. Rechtliche Erwägungen

4.1. Gesetzliche Grundlagen in den maßgeblichen Fassungen (auszugsweise)

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegen der Grunderwerbsteuer Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die einen Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sich diese Rechtsvorgänge auf inländische Grundstücke beziehen.

§ 8 Abs. 1 GrEStG 1987 normiert, dass die Steuerschuld entsteht, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist.

Gemäß § 10 GrEStG 1987 ist über Erwerbsvorgänge, die diesem Bundesgesetz unterliegen, bis zum 15. Tag des auf den Kalendermonat, in dem die Steuerschuld entstanden ist, zweitfolgenden Monats beim Finanzamt eine Abgabenerklärung vorzulegen. Sind Erwerbsvorgänge von der Besteuerung ausgenommen, so ist die Abgabenerklärung bis zum 15. Tag des auf den Kalendermonat, in dem die Steuerschuld entstanden wäre, zweitfolgenden Monats vorzulegen.

Nach § 5a Abs. 1 NeuFöG liegt ein Betriebsübergang vor, wenn

Z 1: bloß ein Wechsel in der Person des die Betriebsführung beherrschenden Betriebsinhabers in Bezug auf einen bereits vorhandenen Betrieb (Teilbetrieb) durch eine entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung des Betriebes (Teilbetrieb) erfolgt (§ 2 Z 4) und

Z 2: die die Betriebsführung innerhalb von zwei Jahren nach der Übertragung beherrschende Person (Betriebsinhaber) sich bisher nicht in vergleichbarer Art beherrschend betrieblich betätigt hat.

Laut § 5a Abs. 2 Z 1 NeuFöG ist für Betriebsübertragungen u.a. § 4 NeuFöG sinngemäß anzuwenden.

§ 5a Abs. 2 Z 2 NeuFöG bestimmt, dass die Grunderwerbsteuer von steuerbaren Vorgängen, die mit einer Betriebsübertragung im Sinne des Abs. 1 in unmittelbarem Zusammenhang stehen, nicht erhoben wird, soweit der für die Steuerberechnung maßgebende Wert € 75.000,-- nicht übersteigt.

§ 4 Abs. 1 NeuFöG sieht vor, dass die Wirkungen nach § 1 NeuFöG (Befreiungsbestimmungen) nur dann eintreten, wenn der Betriebsinhaber bei den in Betracht kommenden Behörden einen amtlichen Vordruck vorlegt, in dem die Neugründung erklärt wird. Auf dem amtlichen Vordruck sind zu erklären

Z 1: das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 2,

Z 2: der Kalendermonat nach § 3,

Z 3: jene Angaben, Gebühren und Beiträge, bei denen die Wirkung nach § 1 Z 1 bis 6 eintreten sollen.

§ 4 Abs. 3 NeuFöG bestimmt, dass auf dem amtlichen Vordruck in den Fällen des Abs. 1 und 2 bestätigt sein muss, dass die Erklärung der Neugründung unter Inanspruchnahme der Beratung jener gesetzlichen Berufsvertretung, der der Betriebsinhaber zuzurechnen ist, erstellt worden ist.

Gemäß § 4 Abs. 1 Verordnung des Bundesministers für Finanzen und des Bundesministers für Justiz zum Bundesgesetz, mit dem die Neugründung von Betrieben und die Übertragung von Klein- und Mittelbetrieben gefördert wird, BGBl. II 483/2002, treten die Wirkungen des § 1 Z 1 und Z 3 bis 5 sowie des § 5a Abs. 2 Z 2 NeuFöG ab von vornherein ein, sofern der neue Betriebsinhaber bei den in Betracht kommenden Behörden den amtlichen Vordruck über die Erklärung der Übertragung (NeuFö 3) vorlegt.

§ 1 Abs. 1 Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die elektronische Übermittlung von Erklärungen gemäß § 4 NeuFöG, mit denen eine Neugründung oder eine Übertragung von Betreiben erklärt wird, BGBl. II 216/2005, bestimmt, dass die die elektronische Übermittlung von Erklärungen gemäß § 4 Abs. 1 NeuFöG, mit denen eine Neugründung oder eine Übertragung von Betrieben erklärt wird, nur dann zulässig ist, wenn zwischen der gesetzlichen Berufsvertretung, der der Betriebsinhaber zuzurechnen ist, und der in Betracht kommenden Behörde ein ständiger Datenverkehr eingerichtet ist.

§ 1 Abs. 2 dieser Verordnung führt aus, dass die elektronische Übermittlung von Erklärungen gemäß § 4 Abs. 1 NeuFöG an Abgabenbehörden des Bundes nicht zulässig ist.

4.2. Zur Zulässigkeit der gewählten Übermittlungsform

Nach der geltenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erklärung der Neugründung - und analog dazu die Erklärung der Betriebsübertragung - nach § 4 NeuFöG formgebunden. Es ist ein bestimmter amtlicher Vordruck zu verwenden und überdies eine Bestätigung einzuholen. Die Vorlage dieses formgebundenen und ordnungsgemäß sowie vollständig ausgefüllten Antrages ist die materielle Voraussetzung für die Begünstigung (siehe ; ; ). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lässt das NeuFöG in seiner Gesamtheit erkennen, dass die begünstigenden Wirkungen dieses Gesetzes nur bei Erfüllung bestimmter formeller Voraussetzungen - vgl. etwa die Vorlage eines Vordrucks als materiellrechtliches Tatbestandsmerkmal (§ 4 NeuFöG) - eintreten (). Bei der Vorlage des amtlichen Vordruckes (§ 4 NeuFöG) bei der Behörde gemeinsam mit dem Befreiungsantrag handelt es sich um ein materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal für die Befreiung. Dieses muss, wie die übrigen vom Gesetz geforderten Voraussetzungen, im Zeitpunkt der rechtzeitigen Antragstellung vorliegen (; -I/09).

Zum Vorbringen der Bf., wonach die Übermittlung der Formulare per Finanzonline ausreichend sei, ist auszuführen, dass in Hinblick auf die in § 4 NeuFöG verwendeten Begriffe „erklärt“ und „bestätigt“ davon auszugehen ist, dass grundsätzlich ein Original des amtlichen Vordrucks NeuFö 3 jeder der im Einzelfall befassten Behörde bzw. Dienststelle vorzulegen ist. Die bloße Vorlage einer Ablichtung reicht nach ständiger Rechtsprechung nicht aus (vgl. ; -I/07; ).

Damit ergibt sich im hier gegenständlichen Fall eine Unzulässigkeit von elektronischen Übermittlungen von Erklärungen gemäß § 4 Abs. 1 NeuFöG nicht aufgrund der Verordnung betreffend die elektronische Übermittlung von Erklärungen, BGBl. II 216/2005. Diese Verordnung ist nach ihrem Wortlaut lediglich auf elektronische Übermittlungen zwischen den gesetzlichen Berufsvertretungen, welchen die Betriebsinhaber zuzurechnen sind, und der in Betracht kommenden Behörde, anzuwenden. Gegenständlich kam es zu keiner elektronischen Übermittlung durch eine gesetzliche Berufsvertretung, sondern erfolgte die Anzeige des Rechtsgeschäftes und die Übermittlung der Formulare NeuFö 3 durch einen von den Übernehmern beauftragten Notar. Diese Verordnung war daher nicht anzuwenden. Eine etwaige mangelnde Zulässigkeit der elektronischen Übermittlung würde sich direkt aus § 4 NeuFöG ergeben, falls die konkrete elektronische Übermittlungsform nicht einer physischen Übermittlung des Originals gleichstünde. Überlegungen bezüglich der derogativen Wirkung der Finanz-Online-Verordnung 2006, BGBl. II 97/2006 gegenüber der Verordnung BGBl. II 216/2005 erübrigen sich daher.

Jedoch führt Neugründungs-Förderungs-Richtlinie des BMF, GZ BMF-010222/0282-VI/7/2008 vom unter Punkt 4.1., Rz 97 aus, dass der Rechtsvorgang vom befugten Parteienvertreter gemäß § 10 Abs. 2 GrEStG 1987, wenn ihm dies technisch zumutbar sei, elektronisch beim Finanzamt anzuzeigen sei, wenn von der Selbstberechnung kein Gebrauch gemacht werde. Hierbei könne die Übermittlung einer über das Rechtsgeschäft errichteten Urkunde unterbleiben, wenn diese in ein durch Bundesgesetz vorgesehenes Urkundenarchiv aufgenommen und dem Finanzamt der Zugriffscode zu dieser Urkunde bekannt gegeben worden sei. Sofern ein Urkundenarchiv den gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 91b ff Gerichtsorganisationsgesetz entspreche (zB cyberDOC, Archivium), würden die darin gespeicherten Urkunden bis zum Nachweis des Gegenteils Originalurkunden darstellen. Werde daher der amtliche Vordruck gemeinsam mit der Urkunde über das Rechtsgeschäft in einem solchen Urkundenarchiv gespeichert und werde der jeweils zuständigen Behörde der Zugriff auf diese Urkunde ermöglicht, sei dies als Vorlage des Originals zu sehen. Eine gesonderte körperliche Übersendung des amtlichen Vordrucks sei dann nicht mehr erforderlich.

Mangels normativer Wirkung stellt diese Richtlinie für das Bundesfinanzgericht keine verbindliche Rechtsquelle dar. Dennoch ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes bzw. dessen Vorgängerorganisation davon auszugehen, dass keine gesonderte Übersendung des Originals mehr erforderlich ist, wenn die im Urkundenarchiv enthaltenen Formulare NeuFö 3 als Originale zu werten sind und der Gewährung der Befreiung steht unter den sonstigen Voraussetzungen nichts im Wege. (vgl. ; ; ; ; -I/09; ).

Da das NeuFö 3 im FinanzOnline nicht unter den abrufbaren Urkunden war, die vom Anwender einfach direkt bei der Abgabenerklärung hochgeladen werden, sondern über den Zugriffscode, der auf andere Urkundenarchive verweist, auf die die Finanzverwaltung lesend zugreifen kann, erreichbar ist, wurde das Formular bereits mit der Anzeige des Erwerbsvorganges übermittelt. Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass die Bf. das Formular NeuFö 3 im Zeitpunkt der Anzeige des Übergabsvertrages dem FA im Original vorgelegt hat. Daher erfüllt die Bf. auch diese Voraussetzung für die Befreiung nach dem Neugründungsförderungsgesetz.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass mit Anzeige des Betriebsüberganges auf die neuen Betriebsinhaber iSd § 5a Abs. 1 Z 2 NeuFöG die erforderlichen Daten für den Zugriff auf die in einem durch Bundesgesetz vorgesehenen Urkundenarchiv enthaltenen Formulare NeuFö 3 übermittelt wurden, sodass die Finanzverwaltung auf diese lesend zugreifen konnte. Diese Formulare gelten nach dem oben Gesagten als Originale. Sie wurden ordnungsgemäß ausgefüllt und ihre Übermittlung erfolgte rechtzeitig mit Anzeige des Erwerbsvorgangs beim Finanzamt. Aus diesem Grund war die Befreiung gemäß § 5a NeuföG zu gewähren und der Freibetrag von 75.000 Euro verteilt auf die Bemessungsgrundlagen anzuwenden .

Daher war den Berufungen/Beschwerden stattzugeben. Da sich die Bf. darin nicht beschwert erachtete, wird informativ bemerkt, dass die auf die erworbenen, nicht landwirtschaftlichen Grundstücke entfallende Grunderwerbsteuer von 30,91 Euro pro Erwerbsvorgang verbleibt.

5. Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt (; ; ), nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die Auslegung des Gesetzes ist unstrittig. Damit liegt kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
§ 5a NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.7103548.2008

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at