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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.02.2016, RV/3100935/2015

Steuerliche Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen nach dem Abflussprinzip

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/3100935/2015-RS1
Außergewöhnliche Belastungen (Zahnbehandlungskosten) sind in dem Jahr steuerlich zu berücksichtigen, in dem die Zahlungen geleistet wurden (§ 19 Abs 2 EStG 1988). Die Dauer einer ärztlichen Behandlung ist dabei nicht maßgebend.

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. AA in der Beschwerdesache Bf, Anschrift, gegen den Bescheid des Finanzamt Kufstein Schwaz vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Abgabepflichtige beantragte in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2014 unter der Rubrik „Außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt“ unter der KZ 730 „Krankheitskosten (inkl. Zahnersatz)“ die Berücksichtigung eines Betrages in Höhe von 15.810,60 €.

Mit Vorhalt des Finanzamtes vom wurde der Abgabepflichtige ersucht, die Ausgaben durch entsprechende Belege nachzuweisen.

Dazu wurde in einer Vorhaltsbeantwortung des Abgabepflichtigen vom ausgeführt, dass sich seine Ehegattin einer Zahnbehandlung unterziehen habe müssen, diese einen mehrjährigen Zeitraum umfasst habe und bereits im Jahr 2013 größere Kosten angefallen seien. Da es sich bei den Aufwendungen für die Jahre 2013 und 2014 um eine zusammenhängende Behandlung gehandelt habe, würden die Kosten zur Gänze im Jahr 2014 geltend gemacht. Weiters wurde vom Abgabepflichtigen vorgebracht, dass er Zahnbehandlungskosten für seine Frau in Höhe von 4.200 € im Jahr 2014 versehentlich nicht geltend gemacht habe, weshalb sich ein Betrag von 20.010, 60 € errechne (im Jahr 2014 4.360 € für den Abgabepflichtigen und in den Jahren 2013 und 2014 15.650 € für die Ehegattin).

In dem in Beschwerde gezogenen Bescheid vom berücksichtigte das Finanzamt sodann lediglich jene Behandlungskosten, die im Jahr 2014 verausgabt wurden und zwar in Höhe von 14.760 € als außergewöhnliche Belastung. In der gesonderten Bescheidbegründung wurde dazu ausgeführt, dass entsprechend dem im § 19 Abs. 2 erster Satz EStG 1988 statuierten Abflussprinzip nur die im Kalenderjahr 2014 geleisteten Ausgaben zu berücksichtigen seien.

In der Bescheidbeschwerde (Schreiben vom ) führte der Abgabepflichtige unter Bezugnahme auf die Einkommenssteuerrichtlinien, Rz 822, aus, dass nach dieser Fundstelle Ersatzleistung durch Dritte die abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) auch dann kürzen würden, wenn sie erst in einem späteren Jahr zufließen würden.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung (Ausfertigungsdatum ) wurden sodann Zahnbehandlungskosten in Höhe von 14.760,60 € (4.360,60 € für Behandlungskosten des Beschwerdeführers sowie 10.400 € für Behandlungskosten der Gattin) als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt und in der Begründung dazu ausgeführt, dass die weiteren auf die Gattin entfallenden Behandlungskosten in Höhe von 5.250 € nicht berücksichtigt werden könnten, das diese Kosten im Jahr 2013 bezahlt worden seien.

Mit Schreiben vom wurde vom Beschwerdeführer in weiterer Folge ein Vorlageantrag eingebracht.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 34 Abs 1 EStG 1988 lautet wie folgt:

Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).

  • Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

  • Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Gemäß § 19 Abs. 2 erster Satz EStG 1988 sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.

Der Sachverhalt des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens, steht unstrittig fest. Ebenso ist zwischen den Parteien des Beschwerdeverfahrens aus rechtlicher Sicht unstrittig, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Zahnbehandlungskosten dem Grunde nach eine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988 darstellen.

Strittig ist ausschließlich, ob für die Berücksichtigung der Kosten einer über zwei Jahre andauernden Zahnbehandlung - entsprechend dem Abflussprinzip - der Zeitpunkt der Bezahlung der jeweiligen Aufwendungen ausschlaggebend ist.

Welcher Periode eine Ausgabe steuerlich zuzurechnen ist, bestimmt sich nach der Vorschrift des § 19 Abs. 2 EStG. Demnach sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.

Diese Vorschrift gilt vorbehaltlich der Bestimmungen über die Gewinnermittlung für alle steuerlich relevanten Ausgaben, sohin auch für außergewöhnliche Belastungen. Sohin sind Ausgaben grundsätzlich in dem Kalenderjahr geltend zu machen, in dem sie geleistet worden sind. Unter "leisten" ist nach Lehre und Rechtsprechung das Übertragen der tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsmacht über Geld oder Geldeswert zu verstehen ().

Damit ist aber die beschwerdegegenständlich strittige Frage in der gesetzlichen Bestimmung des § 19 EStG 1988 eindeutig geregelt und hat die Abgabenbehörde die Ausgaben für die Zahnbehandlungskosten zu Recht lediglich entsprechend den im Streitjahr geleisteten Zahlungen, also den konkreten Abflüssen aus dem Vermögensbereich des Beschwerdeführers als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt.

Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Dauer der Behandlung ebenso wenig wie allfällige Ursachen für eine relativ lange Behandlungsdauer.

Daran vermag auch die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte, vom Bundesministerium für Finanzen in den Einkommensteuerrichtlinien vertretene Auffassung hinsichtlich Ersatzleistungen nichts zu ändern, zumal der Inhalt der gesetzlichen Bestimmung des § 19 Abs. 2 erster Satz EStG 1988 dazu eindeutig ist.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die Rechtsfrage bezüglich des Zeitpunktes der Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen durch die Rechtsprechung geklärt ist, ist eine Revision nicht zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.3100935.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at