Verfassungskonformität des § 67 Abs. 6 EStG 1988 idF des AbgÄG 2014
VfGH-Beschwerde zur Zahl E 549/2016 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss v. abgelehnt.
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Rechtssätze | |
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Stammrechtssätze | |
RV/5100292/2015-RS1 | Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, insbesondere des Erkenntnisses vom , G 136/2014 ua, bestehen keine Bedenken an der Verfassungskonformität des § 67 Abs. 6 EStG 1988 idF des AbgÄG 2014, die das Bundesfinanzgericht zu einem Gesetzesprüfungsantrag wegen Verfassungswidrigkeit verpflichtet hätten. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache XY-AG, vertreten durch V., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes X. vom , Steuernummer: ****, betreffend die Haftung des Arbeitgebers für die Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 für den Zeitraum bis zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
I.) Verfahrensgang und Sachverhalt
Bei der Beschwerdeführerin (Bf.) handelt es sich um eine Aktiengesellschaft. Herr A., Vorstandsmitglied der Bf. seit , erhielt anlässlich seines Ausscheidens aus dem Unternehmen mit eine Abfertigung im Ausmaß von 321.447,54 Euro.
Die Bf. berechnete die Lohnsteuer für die gewährte Abfertigung ohne die Neuregelung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2014 (AbgÄG 2014) zu berücksichtigen und beantragte zur Erlangung eines rechtsmittelfähigen Bescheides die Festsetzung der Lohnsteuer gemäß § 201 BAO.
Das Finanzamt erließ in der Folge den Bescheid vom , mit dem es der Bf. die auf die Zahlung entfallende Lohnsteuer zur Haftung vorschrieb.
In der Begründung wird ausgeführt, anlässlich seines Ausscheidens aus dem Unternehmen mit sei Herrn A. seitens der Bf. eine Abfertigung ausbezahlt worden. Herr A. sei seit Vorstandsmitglied der Bf. gewesen, wobei er diese Vorstandsfunktion grundsätzlich auf Basis des Dienstvertrages vom mit der Übernahme der Geschäftsführung bei der S-GmbH wahrgenommen habe.
Nach dem angeführten Dienstvertrag gebühre Herrn A. eine Abfertigung im Ausmaß des zwölffachen monatlichen Entgelts iSd § 23 AngG. Darüber hinaus stehe ihm aufgrund der Vereinbarung vom mit der Bf. eine zusätzliche freiwillige Abfertigung in Höhe von drei Monatsbezügen zu.
Er habe Vordienstzeiten als Stadtrat der Stadt X., für die er keine gesetzliche oder freiwillige Abfertigung erhalten habe, im Ausmaß von 5,19 Jahren nachgewiesen und verfüge daher über mehr als 25 Dienstjahre als lohnsteuerpflichtiger Arbeitnehmer.
Herr A. habe neben einer gesetzlichen Abfertigung in Höhe von 66.114,18 Euro (drei Monatsentgelte iSd § 23 AngG für die Tätigkeit als Geschäftsführer) eine freiwillige Abfertigung gem. § 67 Abs. 6 erster Satz EStG 1988 in Höhe von drei Zwölftel und nach § 67 Abs. 6 zweiter Satz EStG 1988 in Höhe von zwölf Zwölftel der laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate (insgesamt somit 15 Zwölftel der laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate) erhalten.
Bei der Berechnung der freiwilligen Abfertigung sei die Neuregelung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 durch das mit in Kraft getretene AbgÄG 2014 nicht berücksichtigt worden.
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abgeführte Lohnsteuer: | |
282.518,46 € (= laufende Bezüge iHv 226.014,77 € x 15/12) x 6%: | 16.951,11 € |
Neuberechnung Lohnsteuer: | |
203.850,00 (= 4.530 x 3 x 15) x 6% LSt: | 12.231,00 € |
78.668,46 (Bemessung 282.518,46 € - 203.850,00 €) x 50% LSt: | 39.334,25 € |
Abzüglich entrichteter LSt iHv 6%: | 4.720,11 € |
Nachverrechnung LSt: | 34.614,14 € |
Selbstberechnete Lohnsteuer für September 2014 insgesamt: | 257.208,78 € |
Zuzüglich Nachverrechnung Lohnsteuer: | 34.614,14 € |
Lohnsteuer neu insgesamt: | 291.822,92 € |
Dagegen richtet sich die Beschwerde vom . In der Beschwerdebegründung heißt es:
"I. Inhalt und Wirkung der strittigen Neuregelung:
Durch das AbgÄG 2014 (BGBl I 13/2014) wurde die Besteuerung von „freiwilligen“ Abfertigungen im Rahmen des § 67 Abs 6 EStG neu geregelt.
Vor dieser Änderung knüpfte die Steuerbegünstigung an der Höhe der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate vor der Beendigung des Dienstverhältnisses an. Nach § 67 Abs 6 erster Satz konnte dienstzeitenunabhängig ein Viertel dieser Bezüge, nach § 67 Abs 6 zweiter Satz ein bestimmtes, von der Dienstzeit abhängiges Vielfaches (x Zwölftel) dieser Bezüge mit 6 % besteuert werden, wobei das dienstzeitenabhängige steuerbegünstigte Ausmaß um die für diese Dienstzeiten erhaltenen Abfertigungen zu kürzen ist.
Durch die Neuregelung im Rahmen des AbgÄG 2014 wurde insoweit ein zusätzlicher Begünstigungsdeckel in § 67 Abs 6 EStG eingezogen, als die Begünstigung nach dem ersten Satz (nunmehr nach Z 1) mit dem Neunfachen der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage und die Begünstigung nach dem zweiten Satz (nunmehr nach Z 2) pro Zwölftel mit dem Dreifachen der jeweiligen ASVG-Höchstbeitragsgrundlage begrenzt ist.
Diese Einschränkung durch das AbgÄG 2014 ist gem. § 124b Z 256 erstmalig auf Auszahlungen anzuwenden, die nach dem anfallen. Sie gilt daher für derartige Auszahlungen unabhängig davon, wann die Abfertigungszusage erteilt wurde.
Die angeführte Neuregelung bewirkt für Abfertigungszahlungen an lohnsteuerpflichtige Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften im Vergleich zu Abfertigungszahlungen an lohnsteuerpflichtige Geschäftsführer einer GmbH eine massive lohnsteuerliche Schlechterstellung. Diese ergibt sich daraus, dass Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften - ungeachtet der in aller Regel gegebenen Lohnsteuerpflicht - im Unterschied zu Geschäftsführern einer GmbH nach der ständigen Judikatur des OGH (vgl RIS-RS0027993, zuletzt vor allem 8 Ob S 3/14w) keine abhängig beschäftigten Arbeitnehmer iSd Individualarbeitsrechts sein können. Ihr Abfertigungsanspruch gilt - selbst wenn er der Regelung des § 23 AngG entspricht -
als „freiwillig“ und unterliegt damit zwangsläufig den neuen Einschränkungen des § 67 Abs 6 EStG durch das AbgÄG 2014, während der gleiche Anspruch eines Geschäftsführers einer GmbH jedenfalls im Ausmaß des nach § 23 AngG zustehenden Anspruchs mit dem festen Satz von 6 % besteuert werden kann. Dies soll anhand des folgenden Beispiels aufgezeigt werden (vgl Shubshizky, 2014, 450 [452]):
Wenn dem Geschäftsführer einer GmbH anlässlich seines Ausscheidens nach 25 Dienstjahren gem. § 23 AngG zB eine Abfertigung iHv zB 500.000,00 gewährt wird, kann diese zur Gänze mit 6% lohnbesteuert (und vom Arbeitgeberunternehmen als Betriebsausgabe geltend gemacht) werden. Erhält ein Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft in der gleichen Situation eine entsprechende Abfertigung, dann ist diese (im hier maßgeblichen Jahr 2014) nur im Ausmaß von 203.850,00 € (=4.530 x 3 x 15) lohnsteuerbegünstigt (und in Höhe der Differenz zwischen auszahlungs- und lohnsteuerbegünstigtem Betrag nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig). Daraus ergibt sich eine höhere Lohnsteuer von 130.306,00 € (= [500.000 - 203.850] x 44 %)! Zusammen mit der Körperschaftsteuerbelastung aufgrund der Nichtabzugsfähigkeit des nicht lohnsteuerbegünstigten Betrags iHv 74.037,50 € (= 296.150 x 25 %) ergibt sich in Summe eine steuerliche Mehrbelastung im Vergleich zur Situation beim Geschäftsführer von 204.343,50 €!
Der Steuerbelastungsunterschied fällt naturgemäß umso höher aus, je höher die laufenden Bezüge des Geschäftsführers bzw Vorstandsmitglieds liegen.
Eine derart eklatante Schlechterstellung von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft und deren Arbeitgebern legt einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot nahe.
2. Allgemeines zum Gleichheitsgrundsatz und Sachlichkeitsgebot:
Nach der traditionellen Formel gebietet der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber, Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seinen Eigenheiten differenzierend zu regeln. Der Gleichheitsgrundsatz verbietet dem Gesetzgeber daher, sachlich nicht begründbare Differenzierungen zu treffen. Differenzierende Regelungen sind nur dann zulässig, wenn sie durch entsprechende Unterschiede im Tatsächlichen gerechtfertigt werden können.
Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, seine politischen Zielsetzungen auf die ihm geeignet erscheinende Weise zu verfolgen. Diese Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers besteht sowohl in Ansehung der angestrebten Ziele als auch bezüglich der Auswahl der zur Zielerreichung eingesetzten Mittel. Dem Gesetzgeber ist aber entgegenzutreten, wenn er zur Zielerreichung völlig ungeeignete Mittel einsetzt oder diese Mittel zu einer sachlich nicht begründbaren Differenzierung fuhren.
Zu hinterfragen ist daher im gegebenen Zusammenhang, ob die unterschiedliche Besteuerung der Abfertigungen innerhalb der Gruppe der lohnsteuerpflichtigen Arbeitnehmer angesichts der gesetzgeberischen Zielsetzung dem Grunde und dem Ausmaß nach sachlich begründet werden kann.
3. Begründung der strittigen Neuregelung durch den Gesetzgeber:
Aus dem Regierungsprogramm, das der Erlassung des AbgÄG 2014 unmittelbar vorangegangen ist, und den Gesetzesmaterialien des AbgÄG 2014 lassen sich für die Einführung der hier angefochtenen Neuregelung folgende Gründe und Rechtfertigungen ausmachen:
Das Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung 2013-2018 (Arbeitsprogramm „Erfolgreich. Österreich“, Dezember 2013) sieht in Kapitel 8 „Finanzen“ unter dem Stichwort „Steuern lenkend einsetzen und mehr Steuergerechtigkeit schaffen“ als erste Maßnahme die Abschaffung der steuerlichen Begünstigung von „Golden Handshakes“ vor, „um ältere DienstnehmerInnen in Beschäftigung zu halten“. Demnach sollen sowohl bei Arbeitgebern als auch bei Arbeitnehmern die „unerwünschten Effekte durch Nichtabsetzbarkeit und den Wegfall privilegierter Steuersätze beseitigt werden.“ Ausgenommen davon sollen Sozialpläne, gesetzliche Abfertigungen und freiwillige Abfertigungen im Ausmaß von höchstens drei Monatsgehältern sein. Ausdrücklich wird in dieser Hinsicht - ganz offensichtlich zur Vermeidung von gleichheitswidrigen Differenzierungen - festgehalten, dass dann, wenn „für einzelne Arbeitnehmergruppen
keine Möglichkeit“ besteht, „eine gesetzliche oder kollektivvertragliche Abfertigung zu erhalten, auf einen Gleichklang der Besteuerung mit anderen Gruppen zu achten“ ist. Diese Aussage ist erkennbar auf jene zugeschnitten, die zwar lohnsteuerlich, aber nicht arbeitsrechtlich als Arbeitnehmer anzusehen sind, wie dies vor allem bei Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften der Fall ist.
Auch die Gesetzesmaterialien zum AbgÄG 2014 verweisen hinsichtlich der Motive für die strittige Neuregelung des § 67 Abs 6 EStG auf die angeführten Aussagen im Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung für die Jahre 2013 bis 2018 (Abschaffung steuerlicher Begünstigungen für „Golden Handshakes“, um vor allem ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer länger in Beschäftigung zu halten).
Während der Begutachtungsentwurf zum AbgÄG 2014 in § 67 Abs 6 EStG (dem angeführten Arbeitsprogramm entsprechend) nur insoweit eine Änderung vorsah, als das begünstigte Ausmaß nach dem ersten Satz mit der neunfachen ASVG-Höchstbeitragsgrundlage begrenzt werden sollte, wurde in der Regierungsvorlage festgelegt, dass das steuerbegünstigte Ausmaß auch hinsichtlich der dienstzeitenabhängigen Begünstigung des zweiten Satzes pro Zwölftel mit dem
Dreifachen der Höchstbeitragsgrundlage begrenzt ist.
Damit hat der Gesetzgeber aber - bemerkenswerter Weise außerhalb des Begutachtungsprozesses - gegen das von der Bundesregierung selbst aufgestellte Postulat des notwendigen Gleichklangs der Abfertigungsbestimmungen innerhalb der Lohnsteuerpflichtigen verstoßen:
Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften sind keine Arbeitnehmer iSd Arbeitsvertragsrechts und können daher keine gesetzliche und kollektivvertragliche Abfertigung erhalten. Die diesen Personen gewährten Abfertigungen sind daher auch dann zur Gänze (ab den ersten Euro) als „freiwillige“ Abfertigungen iSd § 67 Abs 6 EStG einzustufen, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - dem Anspruch und dem Ausmaß nach den Regelungen des § 23 AngG entsprechen.
Insoweit ist es auch unzulässig, von einem - von der Politik aus den angeführten Gründen als problematisch empfundenen - „Golden Handshake“ zu sprechen, weil darunter gemeinhin zusätzliche Zahlungen verstanden werden, mit denen der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis drängen will (vgl Shubshizky, SWK 9/2014, 450). Die Gesetzesmaterialien zum AbgÄG 2014 (Vorblatt 24 BlgNR 25. GP, 8) sprechen in diesem Zusammenhang auch von den bisher „sehr attraktiven Möglichkeiten zur Personalfreisetzung“.
4. Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom zum Betriebsausgabenabzug:
Die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes in Bezug auf die Neuregelungen hatten mehrere Bundesfinanzgerichte (BFG) iZm Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheiden, die aufgrund der einschneidenden, 2014 eingeführten, Betriebsausgabenabzugsbeschränkungen bekämpft wurden, aufgeworfen und ihre Bedenken an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) herangetragen. In mehreren Anträgen wurde die Aufhebung der Regelung des § 20 Abs 1 Z 8 iVm § 124b Z 254 EStG und des § 12 Abs 1 Z 8 iVm § 26 Z 50 KStG beim VfGH begehrt (vgl /2014; , RN/6100001/2014).
Das BFG Außenstelle Linz sowie das BFG Außenstelle Salzburg führen aus, dass eine Differenzierung beim Betriebsausgabenabzug zwischen § 67 Abs 3 EStG und § 67 Abs 6 EStG dem Zweck des Gesetzes, der in der „Verteuerung“ von freiwilligen Abfertigungen liegen soll, um älteren Arbeitnehmern keinen Anreiz für ein Ausscheiden aus dem Betrieb zu bieten, nicht gerecht werde. Die daraus resultierende faktische Differenzierung zwischen Geschäftsführern und Vorständen sei völlig unsachlich.
Der VfGH hatte sich daraufhin mit der Frage auseinandergesetzt, ob in § 20 Abs 1 Z 8 EStG iVm § 67 Abs 6 EStG eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Abfertigungen der Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft einerseits und der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung andererseits beim Betriebsausgabenabzug zu erkennen ist (, G 166/2014-20, G 186/2014—23, Rz 106).
Der VfGH stuft die Anknüpfung am Rechtsgrund der gewährten Abfertigung und somit an den Dispositionsmöglichkeiten des Unternehmens und die sich daraus ergebenen Unterschiede in der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Abfertigungen der Mitglieder des Vorstandes einerseits und der Geschäftsführer andererseits als verfassungskonform ein (Rz 108).
Aufgrund der zugrundeliegenden Anträge befasste sich der VfGH zwar mit dem Aspekt der Differenzierung beim Betriebsausgabenabzug, ob und inwieweit das Verhältnis von § 67 Abs 3 zu § 67 Abs 6 EStG verfassungsrechtlich bedenklich wäre, konnte mangels Präjudizialität im Anlassverfahren allerdings dahingestellt bleiben (, G 166/2014-20, G 186/2014-23, Rz 18).
Ob die 2014 eingeführte neue Deckelung der Lohnsteuerbegünstigung nach § 67 Abs 6 EStG, wonach pro Zwölftel nur mehr ein Betrag in Höhe des Dreifachen der ASVG-
Höchstbeitragsgrundlage begünstigt besteuert werden kann, zu einer Verletzung des Gleichheitssatzes führt, wurde hingegen mangels konkretem und aktuellem Anlassfall noch nicht zur Prüfung an den VfGH herangetragen (so auch Kofler, GES 2015, 1 [3]).
Ein diesbezüglicher Individualantrag eines Vorstandsmitgliedes wurde mit der Begründung, es ist dem Vorstand zumutbar, erst nach Ende des Dienstverhältnisses den regulären Rechtsweg zu beschreiten und gegen den vom Finanzamt erlassenen Bescheid, mit dem dieser für das Jahr der Auszahlung der Abfertigung zur Einkommensteuer veranlagt wird, Beschwerde zu erheben, zurückgewiesen.
Da die im vorliegenden Fall anzuwendende, mit AbgÄG 2014 eingeführte neue Begren-
zung der Lohnsteuerbegünstigung in § 67 Abs 6 EStG zu einer nicht sachlich rechtfertigbaren Differenzierung führt, die einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz impliziert, wird angeregt, das BFG möge die Bedenken seinerseits unter Zugrundelegung sämtlicher in der Folge vorgebrachter Argumente an das Verfassungsgericht herantragen und eine Aufhebung dieser Neuregelungen durch das AbgÄG 2014 als verfassungswidrig beantragen.
In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass auch die Bundesregierung in den Stellungnahmen zu den Anfechtungsbeschlüssen hinsichtlich des Betriebsausgabenabzugs festgehalten hat, dass die mögliche Verfassungswidrigkeit der hier angefochtenen lohnsteuerlichen Differenzierung keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Frage der Verfassungskonformität der Versagung des Betriebsausgabenabzugs hat.
5. Prüfung sachlicher Rechtfertigungsgründe für die lohnsteuerliche Schlechterstellung von Vorstandsmitgliedern:
5.1:
Zunächst ist wohl unstrittig, dass die in den Gesetzesmaterialien angeführten Gründe für die strittige Neuregelung - Abschaffung von Steuerprivilegien für „Golden Handshakes“, um vor allem ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer länger in Beschäftigung zu halten - hier keine tragfertige Rechtfertigung bilden (vgl Shubshizky, SWK 9/2014, 450; Aigner/Kofler/Moshammer/Tumpel, SWK 20 - 21/2014, 907):
Die Anwendung des § 67 Abs 6 EStG idF vor dem AbgÄG 2014 auf Vorstandsabfertigungen stellt kein Steuerprivileg, sondern ein - aus gleichheitsrechtlicher Sicht notwendiges - Surrogat für die begünstigte Besteuerung von gesetzlichen und kollektivvertraglichen Abfertigungen in § 67 Abs 3 EStG dar (siehe dazu auch gleich die Ausführungen unter 5.2).
Insoweit kann auch von keinem „Golden Handshake“ im oben angeführten Sinn gesprochen werden.Die Neuregelung differenziert nicht danach, ob der Arbeitnehmer nach dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis arbeitslos wird bzw in (Früh-)Pension geht und insoweit Leistungen zu Lasten der öffentlichen Hand konsumiert oder bei einem anderen Arbeitnehmer weiterarbeitet.
Durch die Inanspruchnahme einer (freiwilligen) Abfertigung wird ein Steuerpflichtiger auch nicht in die Lage versetzt, eine (Pensions-)Versicherungsleistung in Anspruch zu nehmen, weil diese primär vom Eintritt des Versicherungsfalls (insbesondere Erreichung des Pensionsalters, Berufsunfähigkeit), der durch einen „Golden Handshake“ nicht herbeigeführt werden kann, abhängt.
Freiwillige Abfertigungen haben im Gegenteil primär den Zweck, eine Übergangsversorgung für einen bestimmten Zeitraum nach Beendigung eines Dienstverhältnisses zu gewähren, in denen man gerade keine Pensionsversicherungsleistung konsumiert.Die Grundintention der Neuregelung der Schaffung einer Anreizwirkung im Sinne einer Verhaltensänderung ist gar nicht erfüllbar, weil § 67 Abs 6 EStG insoweit ein Auslaufmodell darstellt, als nur jene AG-Vorstandsmitglieder erfasst werden, die am aufgrund eines aufrechten freien Dienstvertrages einen Abfertigungsanspruch hatten. In diesem Zusammenhang wird unten auch noch näher auf den Aspekt des unzulässigen Verstoßes gegen den Vertrauensgrundsatz eingegangen.
5.2:
Wie oben ausgeführt, sieht der VfGH im Erkenntnis vom , G 136/2014 ua, das Kriterium der Freiwilligkeit der Abfertigungszahlung an Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften und damit der Dispositionsmöglichkeit des Unternehmens als ausreichende sachliche Rechtfertigung für die Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs von Zahlungen, die beim Empfänger sonstige Bezüge nach § 67 Abs 6 EStG darstellen, soweit sie nicht mit 6 % zu versteuern sind. Zu prüfen ist daher, ob dies auch als Rechtfertigung für die eklatante lohnsteuerliche Ungleichbehandlung dienen kann. Dazu ist festzuhalten:
Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften werden in aller Regel aufgrund ihrer betrieblichen Eingliederung als lohnsteuerliche Dienstnehmer angesehen. Für die steuerliche Einordnung sind nach der ständigen Rechtsprechung nämlich ausschließlich die faktischen (objektiven) Verhältnisse nach Maßgabe des Anstellungsvertrages - also das schuldrechtliche Verhältnis zwischen Vorstandsmitglied und Aktiengesellschaft - entscheidend. Ausdrücklich betont die ständige Judikatur in diesem Zusammenhang, dass dieser Einstufung eines Vorstandsmitglieds als lohnsteuerlicher Arbeitnehmer die Beurteilung in anderen Rechtsbereichen - also insbesondere die Nichtanwendbarkeit des Arbeitsrecht aufgrund der aktienrechtlichen Bestimmungen über die Unabhängigkeit des Vorstands (65 70 ff AktG) - nicht entgegensteht (vgl zB ; , 2000/13/0046; Rz 982 der LStR 2002).
Es würde daher schon aus diesem Blickwinkel einen gleichheitswidrigen Wertungswiderspruch darstellen, hinsichtlich der Zuordnung zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die arbeitsrechtliche Beurteilung explizit auszublenden, gleichzeitig aber die zentralen lohnsteuerlichen Begünstigungen, zu der ohne Zweifel die begünstigte Besteuerung von sonstigen Bezügen generell und von Abfertigungen im Besonderen gehört, von der Anwendung des Arbeitsrechts abhängig zu machen.
Im Regierungsprogramm, das der strittigen Neuregelung zugrunde liegt, hat man dies auch erkannt, weil hier die Regelung des § 67 Abs 6 EStG insoweit im Verhältnis zur Regelung des § 67 Abs 3 EStG als Surrogat verstanden wird, als darauf hingewiesen wird, dass bei lohnsteuerpflichtigen Personen, die keinen gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Abfertigungsanspruch haben, auf einen Gleichklang der Bestimmungen zu achten ist.
Diese Notwendigkeit lässt sich auch aus der Rechtsprechung des VfGH ableiten, weil dort mehrfach darauf hingewiesen wird, dass steuerliche Differenzierungen selbst zwischen verschiedenen Einkunftsarten nur durch Unterschiede im Tatsächlichen gerechtfertigt werden können:
- Im Beschluss vom , B 54/72, hat sich der VfGH damit auseinandergesetzt,
ob die lohnsteuerlichen Sonderregelungen des § 67 EStG, insbesondere die begünstigte Besteuerung im Rahmen des sogenannten Jahressechstels, im Verhältnis zur steuerlichen Behandlung der Selbständigen sachlich gerechtfertigt werden kann. Der VfGH hat diesbezüglich folgende Grundaussagen getroffen:
Grundsätzlich ist der Gesetzgeber zwar gehalten, die Bezieher von Einkommen bei der
Einkommensbesteuerung gleich zu behandeln. Dies schließt aber nicht aus, dass die
Verschiedenheit der einzelnen Einkunftsarten auch Unterschiede steuerlicher Art bedingt. Eine differenzierende Regelung muss aber auf konkrete tatsächliche Unterschiede zurückgeführt werden können; nur Unterschiede im Tatsachenbereich können im
Gesetz enthaltene Differenzierungen rechtfertigen.
Maßgeblich für die Vergleichbarkeit im Hinblick auf eine Begünstigung kann demnach nur die Besonderheit der Unterscheidung zwischen laufenden und sonstigen, insbesondere einmaligen Bezügen bei den Unselbständigen im Vergleich zu den Selbständigen sein. Keinen sachlichen Differenzierungsgrund stellt aber die Rechtsgrundlage für den sonstigen Bezug (zB Gesetz, Kollektivvertrag, Individualvereinbarung) bzw die arbeitsrechtliche Einordnung dar (vgl Aigner/Kofler/Moshammer/Tumpel,
[914f]).
- Im Beschluss vom , B 1437/00, hat sich der VfGH erneut mit der Verfassungskonformität der Nichtanwendung der Steuerbegünstigung für sonstige Bezüge
auf Einkünfte aus selbständiger Arbeit befasst.
Der VfGH kommt dabei zur Auffassung, dass die steuerlichen Differenzierungen zwischen den verschiedenen Einkunftsarten des EStG sachgerecht sein können, wenn sich die jeweiligen Fallgruppen in tatsächlicher Hinsicht deutlich voneinander unterscheiden. Die Sonderzahlungsvorteile können demnach gerechtfertigt werden, weil sich insgesamt das Bild einer gewissen sozialen Symmetrie der Begünstigungen für die Nichtselbständigen einerseits und die Selbständigen andererseits bietet.
- Im Erkenntnis vom , G 147/05, zur Frage der steuerlichen Behandlung von
Aufwandersätzen für Dienstreisen hat der VfGH erneut betont, dass eine Differenzierung zwischen verschiedenen Gruppen von Arbeitnehmern nur dann gerechtfertigt werden kann, wenn sie „auf Umstände im Tatsächlichen zurückgeführt werden“ kann.
Die durch den Verweis auf lohngestaltende Vorschriften bewirkte Differenzierung zwischen den verschiedenen Gruppen von Arbeitnehmern ist demnach verfassungswidrig, weil sie diese Voraussetzung nicht erfüllt und es keine sachliche Rechtferti-
gung dafür gibt, die Grenzen eines steuerfreien Reisekostenersatzes von solchen lohngestaltenden Vorschriften abhängig zu machen.
Die damit bewirkte „deutliche steuerliche Privilegierung von Bezugsteilen bestimmter Arbeitnehmergruppen“ kann insbesondere nicht durch die im Hinblick auf den Gleichklang zwischen arbeitsrechtlichem und steuerlichem Dienstreisebegriff durch die Bundesregierung vorgebrachten Aspekte der Verwaltungsvereinfachung und Rechtssicherheit gerechtfertigt werden. Auch der Verweis der Bundesregierung auf andere Normen des EStG, die auf lohngestaltende Normen Bezug nehmen, ist „von vornherein ungeeignet, die Sachlichkeit zu erweisen, da diese Normen ebenfalls verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt sein könnten.“
Dementsprechend ist es aus gleichheitsrechtlichen Gründen notwendig, die im Bereich der
Nichtselbständigen eine zentrale Begünstigung darstellenden Abfertigungsregelungen für alle Lohnsteuerpflichtigen weitgehend gleich zu gestalten. Diese Notwendigkeit des Gleichklangs der Besteuerung von Abfertigungen hat der Gesetzgeber bis zum Inkrafttreten der strittigen Neuregelung auch berücksichtigt, weil er die Regelung des § 67 Abs 6 EStG als gleichwertiges Surrogat für die Bestimmung des § 67 Abs 3 EStG für gesetzliche und kollektivvertragliche Abfertigungen angelegt hat.
Die unterschiedliche arbeitsrechtliche Einordnung der Abfertigungen an Geschäftsführer einerseits und an Vorstandsmitglieder andererseits bildet daher - wie sich auch aus der angeführten Rechtsprechung des VfGH ergibt - keinen sachlichen Grund für die im vorliegenden Fall durch die strittige Neuregelung im Rahmen des AbgÄG 2014 eingetretene eklatant unterschiedliche Besteuerung.
Für die Sachlichkeitsprüfung der angefochtenen lohnsteuerlichen Neuregelung ist daher nicht der Aspekt der „Freiwilligkeit“ sondern allein entscheidend, ob sich die eklatant günstigere Besteuerung der Abfertigungen für andere lohnsteuerpflichtige Arbeitnehmer - insbesondere für Geschäftsführer einer GmbH - durch Umstände im Tatsächlichen rechtfertigen lässt. Dies ist nicht der Fall. Es kann sachlich nicht gerechtfertigt werden, dass eine bloße formwechselnde Umwandlung von einer Aktiengesellschaft in eine GmbH oder umgekehrt zu einer völlig anderen lohnsteuerlichen Behandlung der Abfertigung eines Organs dieser Kapitalgesellschaft führt, auch wenn sich an der schuldrechtlichen Beziehung der Kapitalgesellschaft zum Organ nichts ändert.
5.3:
Der Aspekt der „Freiwilligkeit“ bietet auch in folgender Hinsicht keine sachliche Rechtferti-
gung für die strittige Neuregelung im Rahmen des AbgAG 2014:
Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften unterliegen seit 2008 zwingend dem neuen Abfertigungsrecht (BMSVG). Die diesbezüglichen Bedingungen hinsichtlich Beitragsschuldner, Beitragshöhe und Leistungsanspruch auf Abfertigung entsprechen zur Gänze denen, die für „echte“ Dienstnehmer gelten:
Der Arbeitgeber (die betreffende Aktiengesellschaft, bei der das Vorstandsmitglied angestellt ist) muss zugunsten des Vorstandsmitglieds Beiträge in die Betriebliche Vorsorgekasse im Ausmaß von 1,53 % des Bruttobezuges zahlen, wobei hier die im ASVG-Beitragsrecht maßgebliche Höchstbeitragsgrundlage nicht zum Tragen kommt. Der Vorstand kann sich bei Beendigung eines Dienstverhältnisses - ausgenommen in den Fällen einer ,,abfertigungsschädlichen“ Beendigung - die Abfertigung auszahlen lassen oder die Anwartschaft bei einem neuen Arbeitgeber fortführen. Die Auszahlung der Abfertigung unterliegt der Besteuerung nach § 67 Abs 3 EStG (begünstigter Steuersatz von 6 % bzw steuerfrei bei Verrentung).
Die Beitragspflicht zur BV-Kasse besteht gem. § 73 Abs 7 BMSVG nur dann nicht, wenn und solange das Vorstandsmitglied der Aktiengesellschaft aufgrund einer Vereinbarung im Anstellungsvertrag zum oder aufgrund eines unmittelbar auf einen solchen Vertrag anschließenden Anstellungsvertrages mit diesem Unternehmen oder eines Konzernunternehmens einen vertraglichen Abfertigungsanspruch hat.
Korrespondierend dazu wurde anlässlich der Einführung der BMSVG-Pflicht für Vorstandsmitglieder in § 67 Abs 6 EStG festgelegt, dass die Steuerbegünstigungen für freiwillige Abfertigungen nur für jene Zeiträume gelten, für die keine Abfertigungsanwartschaften gegenüber einer BV-Kasse bestehen. Nach dem Erkenntnis des VWGH vom , 2012/15/0122, ist diese Regelung so zu verstehen, dass die BMSVG-Pflicht die Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung des § 67 Abs 6 EStG zur Gänze - also auch hinsichtlich der dienstzeitenunabhängigen Begünstigung des ersten Satzes (nunmehr Z 1) - ausschließt. Die Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung nach § 67 Abs 6 EStG für freiwillige Abfertigungen an Vorstandsmitglieder stellt insofern daher ein Auslaufmodell dar.
Seit 2008 bis zur Einführung der strittigen Regelung bestand daher eine weitgehende - durch die strittige Bestimmung verloren gegangene - Symmetrie hinsichtlich der zivil- und steuerlichen Abfertigungsbestimmungen zwischen einem „echten“ Dienstnehmer (zB Geschäftsführer einer GmbH) einerseits und Vorständen von Aktiengesellschaften andererseits:
Vertragsverhältnisse, die vor Inkrafttreten der BMSVG-Pflicht begründet wurden, unterliegen (idR) noch dem alten Abfertigungsrecht und sind nach § 67 Abs 3 EStG im gesetzlichen bzw waren nach § 67 Abs 6 EStG in einem daran angelehnten Ausmaß steuerbegünstigt.
BMSVG-pflichtige neue Vertragsverhältnisse sind nur mehr im Ausmaß der Leistungen aus der BV-Kasse steuerbegünstigt, für darüber hinausgehende (freiwillige) Abfertigungen durch den Arbeitgeber gibt es keine Steuerbegünstigung.
Vorstandsmitglieder unterliegen somit genauso wie „echte“ Dienstnehmer entweder (aufgrund einer vertraglichen Anwartschaft zum Jahresende 2007) noch dem alten oder dem neuen Abfertigungsregime. Der Arbeitgeber (die Aktiengesellschaft) ist entweder gegenüber dem Vorstandsmitglied direkt oder gegenüber der BV-Kasse verpflichtet. Insoweit handelt es sich daher generell auch um keine freiwilligen, in der Dispositionsfreiheit der Vertragspartner liegende Zahlungen der Aktiengesellschaft für ihre Vorstandsmitglieder.
Von wesentlicher Bedeutung ist iZm der neuen Einschränkung der Steuerbegünstigung für
„freiwillige“ Abfertigungen an Vorstandsmitglieder auch, dass das BMSVG keine Möglichkeit des Übertritts von Vorstandsmitgliedern von einem vertraglichen Abfertigungsanspruch einerseits auf die BV-Kasse andererseits vorsieht. Eine solche - auf Ansprüche im Ausmaß des Anspruchs nach § 23 AngG beschränkte und für „echte“ Dienstnehmer vorgesehene - Möglichkeit, die die strittige steuerliche Neuregelung entschärft hätte, wurde im Rahmen der Gesetzwerdung des AbgÄG 2014 reklamiert. Freilich blieb dies ohne Erfolg.
5.4:
Darüber hinaus lässt sich die lohnsteuerliche Schlechterstellung letztlich auch in folgender Hinsicht nicht mit dem Argument der „Freiwilligkeit“ rechtfertigen:
Im vorliegenden Fall handelt es sich beim Vorstandsmitglied, dem die „freiwillige“ Abfertigung gewährt wurde, um einen Steuerpflichtigen, der vor seiner Vorstandsbestellung in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis („echten“ Dienstverhältnis) zu einem Konzernunternehmen stand. Anlässlich der Übernahme der Organfunktion als Vorstand kam es zu keiner Beendigung dieses „echten“ Dienstverhältnisses und damit auch zu keiner Auszahlung einer gesetzlichen Abfertigung. Vielmehr wurde auch die Vorstandsfunktion auf Basis dieses Anstellungsvertrages ausgeübt und die Abfertigungsanwartschaft fortgeführt.
Die nunmehr ausgezahlte Abfertigung basiert daher auch auf einem gesetzlichen Anspruch, sie ist aufgrund der steuerlichen Regelungen aber zur Gänze als „freiwillige“ Abfertigung iSd § 67 Abs 6 EStG anzusehen.
Zur Vermeidung von Härten erlauben die LStR in Rz 1076 zwar, die Abfertigung insoweit als nachgezahlte gesetzliche Abfertigung zu betrachten, als Dienstzeiten als abhängig beschäftigter Dienstnehmer zurückgelegt wurden. Diese Regelung widerspricht aber nicht nur den gesetzlichen Vorgaben - dies ergibt sich auch durch das jüngst vom BFG ergangene Erkenntnis vom , RV/5101115/2010, nach dem die Regelung der Rz 1073 der LStR (Vordienstzeitenanrechnung im Konzern führt zu keiner freiwilligen Abfertigung) gesetzeswidrig ist. Sie verdeutlicht auch, dass die durch das AbgÄG 2014 vorgenommene Neuregelung der Abfertigungsbestimmung zu völlig unsachlichen Differenzierungen führt, die weder dem Grunde nach und schon gar nicht dem Ausmaß der Differenzierung nach als sachlich angesehen werden können.
6. Verstoß gegen den Vertrauensgrundsatz:
Der VfGH hat sich in der oben angeführten Entscheidung vom , G 136/2014 ua, auch ausführlich mit dem Aspekt der Verletzung des aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließenden Vertrauensschutzes auseinandergesetzt.
Demnach ist das bloße Vertrauen des Normunterworfenen auf den unveränderten Fortbestand einer gegebenen Rechtslage nicht geschützt. Dem Gesetzgeber bleibt es daher grundsätzlich unbenommen, die Rechtslage auch zu Lasten der Betroffenen zu ändern. Nur unter besonderen Umständen setzt der Vertrauensschutz dem Gesetzgeber Grenzen, so insbesondere wenn dem Betroffenen zur Vermeidung unsachlicher Ergebnisse die Gelegenheit gegeben werden muss, sich rechtzeitig auf die neue Rechtslage einzustellen.
Vertrauensschutzbegründende Umstände können demnach darin liegen,
dass rückwirkend an in der Vergangenheit liegende Sachverhalte geänderte (für den Normunterworfenen nachteilige) Rechtsfolgen geknüpft werden oder
dass der Gesetzgeber in Rechtsansprüche, auf die sich der Normunterworfene rechtens einstellen durfte, plötzlich und intensiv eingreift oder
dass der Gesetzgeber, der Normunterworfene zu Dispositionen veranlasst hat, durch eine spätere Maßnahme diese im Vertrauen auf die Rechtslage vorgenommene Disposition frustriert bzw ihrer Wirkung beraubt.
Der VfGH kam hinsichtlich der Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs zum Ergebnis, dass sich diese Regelung nur auf Zahlungen erstrecken, die nach der Gesetzesänderung geleistet werden und somit keine Rückwirkung vorliegt.
Darüber hinaus liegt demnach auch kein Fall vor, in dem der Normunterworfene durch eine in Aussicht gestellte Begünstigung zu einem bestimmten Aufwand veranlasst - also gewissermaßen angelockt - und später durch den Wegfall der Begünstigung frustriert wurde. Vor dem AbgÄG 2014 lag demnach keine Rechtslage vor, bei der der Gesetzgeber bestimmte Verhaltensweisen geradezu angeregt und gefördert und die Unternehmen damit zu Vertragsabschlüssen veranlasst hätte, deren betriebswirtschaftliche Folgen sich durch die abrupte Beschränkung der Abzugsmöglichkeit in § 20 Abs 1 Z 7 und 8 EStG als nachteilig erwiesen.
Im vorliegenden Fall ist aber - im Unterschied zur Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs - sehr wohl von einem solchen „Anlockeffekt“ auszugehen:
Generell spielt der Aspekt der Gewährung einer steuerbegünstigten Abfertigung an Vorstandsmitglieder - genauso wie bei anderen Dienstnehmem - im Rahmen von Gehaltsverhandlungen eine entscheidende Rolle.
Darüber hinaus ist zu bedenken, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Übergangsregelungen iZm der BMSVG-Pflicht für Vorstandsmitglieder die Möglichkeit geschaffen hat, die Steuerbegünstigung für Abfertigungen nach dem alten Abfertigungsregime weiterhin in Anspruch zu nehmen, wenn aufgrund des Anstellungsvertrages zum eine solche Abfertigungsanwartschaft bestand.
Natürlich hat ein Großteil der Vorstandsmitglieder im Vertrauen auf die Inanspruchnahme der weiter bestehenden Steuerbegünstigung des § 67 Abs 6 EStG das Weiterlaufen entsprechender Abfertigungsanwartschaften vereinbart. Dies gilt umso mehr in einem Fall wie den hier vorliegenden, in dem die übernommene Anwartschaft zu einem wesentlichen Teil auch noch Ansprüche aus Beschäftigungszeiten als „echter“ Dienstnehmer umfasst.
Der Befund, dass im vorliegenden Fall auch ein verfassungsrechtlich relevanter Verstoß gegen den Vertrauensgrundsatz vorliegt, wird auch durch die Aussagen des , zur Rechtfertigung der Steuerbegünstigung für sonstige Bezüge im Rahmen der Einkünfte aus unselbständiger Arbeit gestützt:
Nach Ansicht des VfGH darf nämlich nicht übersehen werden, dass „die in Rede stehende Tarifbegünstigung auf eine Einkunftsart bezogen ist, bei der die Höhe des Einkommens typischerweise heterogen bestimmt wird“ und daher eine Wechselwirkung zwischen der „konkreten einkommensteuerlichen Behandlung von Löhnen und Lohnbestandteilen“ und den „Verhandlungen über die Lohnhöhe oder die Zusammensetzung des Lohnes“ besteht. Es wäre daher auch „problematisch, die Begünstigung“ für sonstige Bezüge „schlagartig zu beseitigen, ohne der Lohnpolitik Gelegenheit zu geben, sich auf die geänderte steuerliche Situation einzustellen“.
7. Zusammenfassung:
Die Frage der Verfassungskonformität der strittigen Regelung wurde durch die Entscheidung des ua, nach der die Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs für Managergehälter und nicht lohnsteuerbegünstigte freiwillige Abfertigungen verfassungskonform ist, nicht geklärt (so auch Kofler, GES 2015, 1 [3]).
Aus lohnsteuerlicher Sicht ist nicht der Aspekt der „Freiwilligkeit“ sondern die Frage, ob die eklatanten Unterschiede hinsichtlich der Abfertigungsbesteuerung von Vorstandsmitgliedern im Vergleich zu Geschäftsführern durch Unterschiede im Tatsächlichen gerechtfertigt werden können, entscheidend. Diese Voraussetzung liegt hier eindeutig nicht vor. Die angefochtene Neuregelung durch das AbgÄG 2014 ist daher gleichheitswidrig, weil eine bloße formwechselnde Umwandlung von einer Aktiengesellschaft in eine GmbH oder umgekehrt zu keiner völlig anderen lohnsteuerlichen Behandlung der Abfertigung eines Organs dieser Kapitalgesellschaft führen kann, obwohl sich an der schuldrechtlichen Beziehung der Kapitalgesellschaft
zum Organ nichts ändert.
Es ist auch völlig unsachlich, hinsichtlich der Einstufung von Vorstandsmitgliedern als lohnsteuerliche Dienstnehmer die mangelnde Anwendung des Arbeitsrechts explizit als unbeachtlich zu betrachten, in der Folge aber die Anwendbarkeit von zentralen Begünstigungen des Lohnsteuerrechts von der Anwendbarkeit des Arbeitsrechts abhängig zu machen bzw als Grund für die steuerliche Diskriminierung heranzuziehen. Insoweit ist eine Differenzierung nach der Rechtsgrundlage für einen Vergütungsanspruch unzulässig.
Im Konkreten ist es nicht rechtfertigbar, eine Abfertigung nach Maßgabe des § 23 AngG nur deshalb eklatant ungünstiger zu besteuem, weil sich ihr Anspruch nicht unmittelbar aus dem Gesetz, sondern aus einem Anstellungsvertrag ergibt. Dies muss dem Gesetzgeber auch bewusst gewesen sein, weil im Regierungsprogramm, auf der die Neuregelung basiert, gerade im Hinblick auf die Abfertigung an Vorstandsmitglieder auf die Notwendigkeit eines Gleichklangs der Bestimmungen hingewiesen wird.
Die Unzulässigkeit der Differenzierung nach der Rechtsgrundlage hat der VfGH insbesondere auch iZm dem Verweis der Dienstreiseregelungen auf lohngestaltende Vorschriften festgehalten.
Die strittige Abfertigung ist insoweit keine „freiwillige“, als Vorstandsmitglieder seit 2008
entweder dem BMSVG oder dem alten Abfertigungsregime unterliegen. Darüber hinaus wurden durch die vorliegende Abfertigungszahlung auch Beschäftigungszeiten im Rahmen jenes „echten“ Dienstverhältnisses, das vor der Übernahme der Vorstandsfunktion bestand, abgegolten.
Die strittige Regelung stellt auch einen verfassungsrechtlich relevanten Verstoß gegen den Vertrauensgrundsatz dar.
Wir möchten daher anregen, das BFG möge die Bedenken an den VfGH herantragen und unter Zugrundelegung sämtlicher vorgebrachter Argumente eine Normprüfung beantragen."
Da die Bf. lediglich die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen behauptete, legte das Finanzamt die Bescheidbeschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung (§ 262 Abs. 3 BAO) dem Bundesfinanzgericht vor.
II.) Beweiswürdigung
Der im Beschwerdeverfahren relevante Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt der vom Finanzamt vorgelegten Akten sowie aus den Angaben und Vorbringen der Bf.
Ausgehend von den Ermittlungsergebnissen der Abgabenbehörde sieht das Bundesfinanzgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend geklärt an. Es liegen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht keine begründeten Zweifel vor, die durch weitere Ermittlungen zu verfolgen wären, zumal auch die Verfahrensparteien keine solchen begründeten Zweifel darlegten, dass weitere Erhebungen erforderlich und zweckmäßig erscheinen.
III.) Rechtslage
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl 400, idF BGBl I 40/2014, lauten:
§ 67. (1) - (2) [...]
(3) Die Lohnsteuer von Abfertigungen, deren Höhe sich nach einem von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängigen Mehrfachen des laufenden Arbeitslohnes bestimmt, wird so berechnet, daß die auf den laufenden Arbeitslohn entfallende tarifmäßige Lohnsteuer mit der gleichen Zahl vervielfacht wird, die dem bei der Berechnung des Abfertigungsbetrages angewendeten Mehrfachen entspricht. Ist die Lohnsteuer bei Anwendung des Steuersatzes von 6% niedriger, so erfolgt die Besteuerung der Abfertigungen mit 6%. Unter Abfertigung ist die einmalige Entschädigung durch den Arbeitgeber zu verstehen, die an einen Arbeitnehmer bei Auflösung des Dienstverhältnisses auf Grund
- gesetzlicher Vorschriften,
- Dienstordnungen von Gebietskörperschaften,
- aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst-(Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts,
- eines Kollektivvertrages oder
- der für Bedienstete des Österreichischen Gewerkschaftsbundes geltenden Arbeitsordnung zu leisten ist.
Die vorstehenden Bestimmungen sind auf
- Bezüge und Entschädigungen im Sinne des § 14 des Bezügegesetzes sowie gleichartige Bezüge und Entschädigungen auf Grund landesgesetzlicher Regelungen,
- Bezüge und Entschädigungen im Sinne des § 5 des Verfassungsgerichtshofgesetzes,
- Abfertigungen durch die Urlaubs- und Abfertigungskasse auf Grund des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes, BGBl Nr 414/1972 anzuwenden.
Die Lohnsteuer von Abfertigungen sowie von Kapitalbeträgen (§§ 55 und 67 BMSVG) aus BV-Kassen beträgt 6%. Wird der Abfertigungsbetrag oder der Kapitalbetrag an ein Versicherungsunternehmen zur Rentenauszahlung, an ein Kreditinstitut zum ausschließlichen Erwerb von Anteilen an einem prämienbegünstigten Pensionsinvestmentfonds (§ 108b in Verbindung mit § 17 BMSVG oder gleichartigen österreichischen Rechtsvorschriften) oder an eine Pensionskasse übertragen, fällt keine Lohnsteuer an. Die Kapitalabfertigung angefallener Renten unterliegt einer Lohnsteuer von 6%. Zusätzliche Abfertigungszahlungen im Sinne dieser Bestimmung für Zeiträume, für die ein Anspruch gegenüber einer BV-Kasse besteht, sind gemäß Abs. 10 zu versteuern.
(4) - (5) [...]
(6) Sonstige Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (wie zum Beispiel freiwillige Abfertigungen und Abfindungen, ausgenommen von BV-Kassen ausbezahlte Abfertigungen und Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistung für künftige Lohnzahlungszeiträume), sind nach Maßgabe folgender Bestimmungen mit dem Steuersatz von 6 % zu versteuern:
1. Der Steuersatz von 6% ist auf ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate, höchstens aber auf den Betrag anzuwenden, der dem Neunfachen der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG entspricht.
2. Über das Ausmaß der Z 1 hinaus ist bei freiwilligen Abfertigungen der Steuersatz von 6% auf einen Betrag anzuwenden, der von der nachgewiesenen Dienstzeit abhängt.
Bei einer nachgewiesenen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Dienstzeit von | ist ein Betrag bis zur Höhe von |
3 Jahren | 2/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate |
5 Jahren | 3/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate |
10 Jahren | 4/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate |
15 Jahren | 6/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate |
20 Jahren | 9/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate |
25 Jahren | 12/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate |
mit dem Steuersatz von 6% zu versteuern. Ergibt sich jedoch bei Anwendung der dreifachen monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG auf die der Berechnung zu Grunde zu legende Anzahl der laufenden Bezüge ein niedrigerer Betrag, ist nur dieser mit 6% zu versteuern.
3. Während dieser Dienstzeit bereits erhaltene Abfertigungen im Sinne des Abs. 3 oder gemäß den Bestimmungen dieses Absatzes sowie bestehende Ansprüche auf Abfertigungen im Sinne des Abs. 3 kürzen das sich nach Z 2 ergebende steuerlich begünstigte Ausmaß.
4. Den Nachweis über die zu berücksichtigende Dienstzeit sowie darüber, ob und in welcher Höhe Abfertigungen im Sinne des Abs. 3 oder dieses Absatzes bereits früher ausgezahlt worden sind, hat der Arbeitnehmer zu erbringen; bis zu welchem Zeitpunkt zurück die Dienstverhältnisse nachgewiesen werden, bleibt dem Arbeitnehmer überlassen. Der Nachweis ist vom Arbeitgeber zum Lohnkonto (§ 76) zu nehmen.
5. Abs. 2 ist auf Beträge, die nach Z 1 oder Z 2 mit 6% zu versteuern sind, nicht anzuwenden.
6. Soweit die Grenzen der Z 1 und der Z 2 überschritten werden, sind solche sonstigen Bezüge wie ein laufender Bezug im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats der Besteuerung zu unterziehen.
7. Die vorstehenden Bestimmungen betreffend freiwillige Abfertigungen gelten nur für jene Zeiträume, für die keine Anwartschaften gegenüber einer BV-Kasse bestehen.
(7) - (12) [...]
§ 124b.
[...]
256. § 67 Abs. 6 und Abs. 8 lit. a und b, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 13/2014, sind erstmalig auf Auszahlungen anzuwenden, die nach dem erfolgen. § 67 Abs. 6 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 13/2014 ist auf Auszahlungen im Rahmen von Sozialplänen im Sinne des § 67 Abs. 8 lit. f, die nach dem erfolgen, weiterhin anzuwenden, wenn der Sozialplan vor dem abgeschlossen wurde.
[...]
In der Regierungsvorlage (24 BlgNR, 25. GP; Vorblatt und WFA) zum AbgÄG 2014 wird - u.a. - Folgendes ausgeführt:
„Vorblatt
Ziele
[…]
- Es werden einige Gerechtigkeits- und Solidaritätsaspekte des Steuerrechts gestärkt und Verhaltensänderungen in bestimmten Bereichen - zB Gesundheit, Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Ökologie - erreicht.
[…]
Inhalt
Das Vorhabe umfasst hauptsächlich folgende Maßnahmen:
[…]
- Einschränkung der steuerlichen Begünstigung für „Golden Handshakes“
[…]
Finanzielle Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und andere öffentliche Haushalte:
Die Österreichische Bundesregierung hat sich für die XXV. Gesetzgebungsperiode von 2013 bis 2018 das Arbeitsprogramm „Erfolgreich. Österreich.“ Gegeben. In diesem Regierungsprogramm sind als Ziele unter anderem die Herstellung solider Staatsfinanzen, das Erreichen eines ausgeglichenen Staatshaushalts, eines strukturellen Nulldefizits ab 2016 und eine Reduzierung des Schuldenstandes festgeschrieben.
Zur Erreichung dieses Zieles soll das Abgabenänderungsgesetz 2014 beitragen, indem unerwünschte Steuergestaltungen hintangehalten, Lenkungseffekte genutzt und Steuerlücken konsequent geschlossen werden.
[…]
Finanzielle Auswirkungen pro Maßnahme
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Maßnahme (in Tsd. €) | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 |
[…] | |||||
Einschränkung der steuerlichen Begünstigung freiwilliger Abfertigungen und Entfall steuerlicher Begünstigungen für Kündigungsentschädigungen und Vergleichssummen | 30.000 | 30.000 | 30.000 | 30.000 | 30.000 |
[…] |
[…]
Wirkungsorientierte Folgenabschätzung
Abgabenänderungsgesetz 2014
[…]
Beitrag zu Wirkungsziel oder Maßnahme im Bundesvoranschlag
Das Vorhaben trägt dem Wirkungsziel „Sicherstellung der Gleichmäßigkeit der Abgabenerhebung und Stärkung der Abgabenmoral.“ der Untergliederung 15 Finanzverwaltung bei.
Das Vorhaben trägt dem Wirkungsziel „Stabilität durch langfristig nachhaltig konsolidierte öffentliche Finanzen für zukünftige Herausforderungen, wie z.B. die Stärkung des Wirtschaftsstandorts und die Gewährleistung der sozialen Sicherheit.“ der Untergliederung 15 Finanzverwaltung bei.
Das Vorhaben trägt dem Wirkungsziel „Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit Österreichs durch eine einfache, schlanke und leistungsgerechte Gestaltung des Steuersystems im internationalen Kontext unter Wahrung einen angemessenen Abgabenaufkommens.“ der Untergliederung 16 Öffentliche Abgaben bei.
Das Vorhaben trägt dem Wirkungsziel „Bessere Verteilung der Erwerbsarbeit wie auch der unbezahlten Arbeit zwischen Frauen und Männern wird durch das Abgabensystem unterstützt.“ der Untergliederung 16 Öffentliche Abgaben bei.
[…]
Ziele
Ziel 1: Das österreichische Bundesbudget erreicht erstmalig im Jahr 2016 ein strukturelles Nulldefizit
[…]
Ziel 2: Es werden einige Gerechtigkeits- und Solidaritätsaspekte des Steuerrechts gestärkt und Verhaltensänderungen in bestimmten Bereichen - zB Gesundheit, Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Ökologie - erreicht.
Wie sieht Erfolg aus:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Ausgangszustand Zeitpunkt WFA | Zielzustand Evaluierungszeitpunkt |
[…] | |
Freiwillige Abfertigungen, Vergleichssummen und Kündigungsentschädigungen sowie andere Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume sind begünstigt zu versteuern und bieten daher sehr attraktive Möglichkeiten zur Personalfreisetzung | Steuerliche Begünstigung von Vergleichssummen und Kündigungsentschädigungen sowie eine steuerliche Begünstigung von anderen Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume sind nicht mehr möglich. Das Ziel ist erreicht, wenn die begünstigte Besteuerung von freiwilligen Abfertigungen nur noch in begrenztem Ausmaß möglich ist. |
[…]
Maßnahmen
[…]
Maßnahme 9: Einschränkung der steuerlichen Begünstigung für „Golden Handshakes“
Beschreibung der Maßnahme:
Sonstige Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (wie zum Beispiel freiwillige Abfertigungen und Abfindungen, ausgenommen von BV-Kassen ausbezahlte Abfertigungen), sollen ihre bisherige steuerliche Privilegierung verlieren, sobald sie ein bestimmtes Vielfaches der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG übersteigen. In diesen Fällen kommt es für den Übersteigungsbetrag zu einer Besteuerung mit dem Lohnsteuertarif statt mit dem begünstigten Steuersatz von 6%.
Umsetzung von Ziel 2,1
[…]"
Zu § 67 Abs. 6 EStG 1988 führen die Erläuterungen (zur RV 24 BlgNR 25. GP, 8 f.) Folgendes aus:
„Zu Z 7 und Z 12 lit. c (§ 67 Abs. 6 und 8 sowie § 124b Z 256 EStG 1988):
Das Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung für die Jahre 2013 bis 2018 sieht vor, die steuerliche Begünstigung für 'Golden Handshakes' abzuschaffen, um vor allem ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer länger in Beschäftigung zu halten. Dementsprechend sollen die Regelungen betreffend freiwilliger Abfertigungen (§ 67 Abs. 6), Vergleichssummen (§ 67 Abs. 8 lit. a) und Kündigungsentschädigungen und andere Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume (§ 67 Abs. 8 lit. b) geändert werden.
Zu den freiwilligen Abfertigungen (§ 67 Abs. 6):
Die bisherige Rechtslage stellt für die Anwendung des begünstigten Steuersatzes von 6% auf die laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate vor Beendigung des Dienstverhältnisses ab. Diese Anknüpfung soll einer Deckelung unterworfen werden, die an die dreifache monatliche Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG anknüpft. Dementsprechend ist die Anwendung des 6%-igen Steuersatzes im Rahmen der bisher im ersten Satz erfassten Bestimmung (ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate) nunmehr in Z 1 mit dem Neunfachen der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage gedeckelt.
Die Begrenzung mit der dreifachen ASVG-Höchstbeitragsgrundlage findet auch bei der darüber hinausgehenden und nunmehr in Z 2 erfassten dienstzeitabhängigen Staffelung Anwendung. Auch hier wird der maßgebende Monatsbezug mit dem Dreifachen der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage begrenzt.
In Fällen, in denen die maßgeblichen laufenden Bezüge die dreifache ASVG-Höchstbeitragsgrundlage nicht überschreiten, tritt durch die Deckelung keine Änderung ein. Werden der Berechnung höhere Bezüge zu Grunde gelegt, bewirkt die Deckelung eine Begrenzung der Anwendung des begünstigten Steuersatzes auf das Dreifache der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage als Bezugsgröße.
Die übrigen Bestimmungen des § 67 Abs. 6 bleiben inhaltlich unverändert; sie werden zur leichteren Lesbarkeit in einzelnen Ziffern erfasst."
IV.) Rechtliche Erwägungen
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1.) In der Beschwerde wird weder die Feststellung eines mangelhaften oder falschen Sachverhaltes noch die unrichtige Anwendung der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen gerügt. Die Bf. erachtet sich vielmehr durch die Anwendung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 in ihrem verfassungsmäßig gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung verletzt und erblickt darin einen Verstoß gegen den aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließenden Vertrauensgrundsatz. Aus diesen Gründen begehrt sie die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Art. 18 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) stellt den Angelpunkt für das im B-VG normierte Verhältnis zwischen Gesetz und Vollziehung dar. Damit ist – als wesentliches Element des rechtsstaatlichen Prinzips – die Bindung der gesamten Vollziehung (Verwaltung und Gerichtsbarkeit) an das Gesetz angeordnet (Legalitätsprinzip; siehe Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 6. Aufl., Wien 1988, Rz 569).
Die Gerichte sind – ebenso wie die Verwaltungsbehörden – verpflichtet, ihre Entscheidungen nur auf Grundlage der geltenden Gesetze und Verordnungen zu treffen. Sowohl die Abgabenbehörden als auch das Bundesfinanzgericht haben daher die Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes sowie der hiezu ergangenen Verordnungen – jeweils in der geltenden Fassung – so lange anzuwenden, als sie dem Rechtsbestand angehören (vgl. ).
Dem Beschwerdeantrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides konnte daher aufgrund der anzuwendenden Rechtslage nicht entsprochen werden.
2.) Gemäß Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag des Obersten Gerichtshofes, eines in zweiter Instanz zuständigen ordentlichen Gerichtes, eines Verwaltungsgerichtes oder des Verwaltungsgerichtshofes.
Hat ein Verwaltungsgericht Bedenken gegen die Anwendung eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit, so hat es beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Aufhebung dieses Gesetzes zu stellen (Art. 89 Abs. 2 B-VG iVm Art. 135 Abs. 4 B-VG).
Aus diesen Bestimmungen ergibt sich für das Gericht somit die Verpflichtung, einen derartigen Antrag zu stellen, wenn es Bedenken gegen eine anzuwendende Norm hat.
Das Bundesfinanzgericht hatte aufgrund der Beschwerdeausführungen zur Verfassungswidrigkeit der anzuwendenden Normen im gegenständlichen Beschwerdeverfahren daher auch Erwägungen dahingehend anzustellen, inwieweit sich aus den von der Bf. in Zweifel gezogenen Bestimmungen Anhaltspunkte ergeben, die eine Verfassungswidrigkeit naheliegend erscheinen lassen.
3.) Zur Frage der Verfassungswidrigkeit:
§ 67 Abs 6 EStG 1988 erfasst ganz allgemein „sonstige Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (wie zum Beispiel freiwillige Abfertigungen und Abfindungen, ausgenommen von BV-Kassen ausbezahlte Abfertigungen und Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistung für künftige Lohnzahlungszeiträume)", bis zu einer bestimmten Höhe mit dem Steuersatz von 6 %. Durch das AbgÄG 2014 wurde in § 67 Abs 6 in Z 1 und 2 eine „Deckelung“ eingeführt. Die Anknüpfung in Z 1 erfolgt an ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate, ist jedoch nunmehr mit dem Neunfachen der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gem. § 108 ASVG gedeckelt. Es handelt sich dabei um die sogenannte „Viertelregelung“ , bei der die Deckelung dienstzeitunabhängig erfolgt. Bei der darüber hinausgehenden, in Z 2 normierten dienstzeitabhängigen Staffelung, wird der maßgebende Monatsbezug ebenfalls mit dem Dreifachen der monatlichen ASVG-Höchstbeitragsgrundlage begrenzt. Es ergibt sich somit im vorliegenden Fall für die dienstzeitunabhängige Komponente ein Betrag von maximal 40.770,00 Euro (4.530,00 x 9) und für die dienstzeitabhängige Komponente maximal ein Betrag von 163.080,00 Euro (4.530,00 x 12 x 3); insgesamt daher ein dem begünstigten Steuersatz unterliegender Maximalbetrag iHv 203.850,00 Euro.
a) Zur behaupteten Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes:
Gemäß Art. 7 Abs. 1 B-VG sind alle Staatsbürger vor dem Gesetz gleich.
Aus diesem Gleichheitssatz des Art. 7 B-VG hat der Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur ein allgemeines Sachlichkeitsgebot abgeleitet. Danach muss eine Differenzierung sachlich sein. Das bedeutet, dass jene Kriterien, an Hand derer Gleiches als gleich erachtet und gleich behandelt sowie Ungleiches als ungleich erachtet wird, sachlich sein müssen.
In ihrer ausführlichen Beschwerdebegründung behauptet die Bf., dass es durch die im vorliegenden Fall anzuwendende, mit dem AbgÄG 2014 eingeführte neue Begrenzung der Lohnsteuerbegünstigung in § 67 Abs. 6 EStG 1988 zu einer sachlich nicht rechtfertigbaren Schlechterstellung von lohnsteuerpflichtigen Vorstandsmitgliedern komme. Die Unterschiede hinsichtlich der Abfertigungsbesteuerung von Vorstandsmitgliedern im Vergleich zu Geschäftsführern könnten nicht durch Unterschiede im Tatsächlichen gerechtfertigt werden, sodass die Neuregelung in § 67 Abs. 6 EStG 1988 gleichheitswidrig sei.
In mehreren Anträgen hat das Bundesfinanzgericht verfassungsrechtliche Bedenken in Bezug auf Neuregelungen, welche mit dem AbgÄG 2014 eingeführt worden sind, an den Verfassungsgerichtshof herangetragen und u.a. die Aufhebung der Regelung des § 20 Abs 1 Z 8 iVm § 124b Z 254 EStG 1988 infolge Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes beantragt. (vgl. z.B. /2014)
In seinem Erkenntnis vom , G 136/2014 ua, hat der VfGH in diesem Zusammenhang ausgeführt (auszugsweise):
„6.2. Das Bundesfinanzgericht bringt zunächst vor, § 20 Abs 1 Z 8 iVm § 67 Abs 6 EStG 1988 führe beim Betriebsausgabenabzug zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der Abfertigungen der Mitglieder des Vorstands einer Aktiengesellschaft einerseits und der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung andererseits, weil bei Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften mangels Qualifikation als Arbeitnehmer eine gesetzliche Abfertigung schon von vornherein nicht in Betracht komme, während bei Geschäftsführern einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter bestimmten Umständen eine Besteuerung nach § 67 Abs 3 EStG 1988 erfolge und die Abfertigung daher in diesem Fall eine abzugsfähige Ausgabe darstelle.
[…]
6.2.3. […] Die im Antrag des Bundesfinanzgerichts in diesem Zusammenhang allein aufgeworfene und zu entscheidende Frage ist vielmehr, ob in § 20 Abs 1 Z 8 iVm § 67 Abs 6 EStG 1988 eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Abfertigungen der Mitglieder des Vorstands einer Aktiengesellschaft einerseits und der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung andererseits beim Betriebsausgabenabzug zu erkennen ist.
6.2.4. Der Verfassungsgerichthof teilt die Auffassung der Bundesregierung, dass das Bundesfinanzgericht mit seinem gleichheitsrechtlichen Bedenken den Grundgedanken des § 20 Abs 1 Z 8 EStG 1988 verkennt, dass § 20 Abs 1 Z 8 EStG 1988 nicht an die Rechtsform des abgabepflichtigen Unternehmens knüpft, sondern an die Rechtsgrundlage für die jeweilige Abfertigungs- und Abfindungszahlung. Die Anknüpfung des § 20 Abs 1 Z 8 EStG 1988 an § 67 Abs 6 EStG 1988 zielt nicht auf eine unterschiedliche Behandlung von Abfertigungen von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft und solchen von Geschäftsführern einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung untereinander ab; dieser Bestimmung ist vielmehr der Grundgedanke zu eigen, Abfertigungen, die nicht zwingend sind, sondern individualrechtlich vereinbart werden und damit im Gestaltungsspielraum des Unternehmens liegen, nur mehr beschränkt zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen. Soweit die Auszahlung einer Abfertigung hingegen - insbesondere auf Grund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Regelungen - zwingend ist, können Aufwendungen und Ausgaben für diese Abfertigungen weiterhin zur Gänze als Betriebsausgabe abgezogen werden. Dies hat unter anderem zur Konsequenz, dass etwa Ausgaben und Aufwendungen für Abfertigungen an Vorstandsmitglieder, bei denen es sich mangels Arbeitnehmereigenschaft des Empfängers (vgl. zB Ettmayer, Die Rechtsstellung von „Unternehmensleitern" - Systematische Erwägungen zum AN-Begriff, ÖJZ 2011, 581 [582 f.], mit zahlreichen Nachweisen) grundsätzlich um nur individualvertraglich vereinbarte Abfertigungen nach § 67 Abs 6 EStG 1988 handelt (; , 2000/14/0087; Staringer, Besteuerung von Abfertigungen für Vorstandsmitglieder einer AG, ecolex 1995, 581 mwH), lediglich betragsmäßig beschränkt, hingegen solche für Abfertigungen an Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, soweit sie auf Grund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen zwingend sind, in Hinblick auf die Arbeitnehmereigenschaft zur Gänze als Betriebsausgaben abzugsfähig sind.
Der Verfassungsgerichtshof kann nicht finden, dass der Gesetzgeber in § 20 Abs 1 Z 8 EStG 1988 mit der Anknüpfung an den Rechtsgrund der Abfertigung und damit an die Dispositionsmöglichkeiten des Unternehmens seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum überschritten hätte. Aus diesem Grund ist auch - im Gegensatz zu den vom antragstellenden Bundesfinanzgericht geltend gemachten Bedenken (wobei das Bundesfinanzgericht nicht danach differenziert, ob es sich um Abfertigungen vor oder nach Inkrafttreten des Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetzes - BMSVG, BGBl I 100/2002, handelt) - keine Verfassungswidrigkeit des Gesetzes in den sich daraus ergebenden Unterschieden in der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Abfertigungen der Mitglieder des Vorstands einer Aktiengesellschaft einerseits und der Geschäftsführer mit beschränkter Haftung andererseits zu erblicken.“
Der Verfassungsgerichtshof betont sohin, dass die Anknüpfung des § 20 Abs 1 Z 8 EStG 1988 an § 67 Abs 6 EStG 1988 nicht auf eine unterschiedliche Behandlung von Abfertigungen von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft und solchen von Geschäftsführern einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung untereinander abzielt, dieser Bestimmung vielmehr der Grundgedanke zu eigen ist, Abfertigungen, die nicht zwingend sind, sondern individualrechtlich vereinbart werden und damit im Gestaltungsspielraum des Unternehmens liegen, nur mehr beschränkt zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen.
Der VfGH folgert daraus, dass der Gesetzgeber mit der Anknüpfung an den Rechtsgrund der Abfertigung und damit an die Dispositionsmöglichkeiten des Unternehmens seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten hat.
Es trifft zwar zu, dass im Erkenntnis vom , G 136/2014 ua, dahin gestellt bleiben konnte, ob und inwieweit das Verhältnis von § 67 Abs. 3 zu § 67 Abs 6 EStG 1988 verfassungsrechtlich bedenklich ist. Da aber sowohl die hier strittige Regelung des § 67 Abs 6 EStG 1988 als auch die Bestimmung des § 20 Abs 1 Z 8 EStG 1988 Teile eines gesetzgeberischen Maßnahmenpakets sind und durch die Verweisung in § 20 Abs 1 Z 8 EStG 1988 auf § 67 Abs 6 EStG 1988 ein Regelungszusammenhang besteht, ist es nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes gerechtfertigt, die dargestellten Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes auch im vorliegenden Beschwerdefall heranzuziehen.
Die Erwägungen des VfGH treffen nicht nur auf die im zitierten Erkenntnis angesprochene Anknüpfung des § 20 Abs 1 Z 8 EStG 1988, sondern auch auf § 67 Abs 6 EStG 1988 selbst zu, weil auch diese Bestimmung nicht auf eine unterschiedliche Behandlung von freiwilligen Abfertigungen an Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft und solchen an Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung untereinander abzielt.
Vielmehr liegt der Regelung des § 67 Abs 6 idF des AbgÄG 2014 der Grundgedanke zugrunde, Abfertigungen, die nicht zwingend sind, sondern individualrechtlich vereinbart werden und damit auch im Gestaltungsspielraum der beteiligten Personen liegen, insgesamt betraglich zu begrenzen.
In diesem Sinn führt die Regierungsvorlage (24 BlgNR, 25. GP; Vorblatt und WFA) als Maßnahme zur Erreichung der zuvor formulierten Ziele (Budgetkonsolidierung, Stärkung der Gerechtigkeits- und Solidaritätsaspekte des Steuerrechts) etwa an, dass „sonstige Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (wie zum Beispiel freiwillige Abfertigungen und Abfindungen, ausgenommen von BV-Kassen ausbezahlte Abfertigungen), ihre bisherige steuerliche Privilegierung verlieren sollen, sobald sie ein bestimmtes Vielfaches der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG übersteigen. In diesen Fällen kommt es für den Übersteigungsbetrag zu einer Besteuerung mit dem Lohnsteuertarif statt mit dem begünstigten Steuersatz von 6%.“
Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art und Weise zu verfolgen (VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002, 17.807/2006.) Ob eine Regelung zweckmäßig ist oder gar, ob mit ihr der optimale Weg zur Zielerreichung beschritten wird, sind keine Fragen, die vom Verfassungsgerichtshof unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes zu beurteilen sind (VfSlg 11.369/1987, 14.301/1995, 15.031/1997, 17.315/2004.)
Dem einfachen Gesetzgeber ist bei der Entscheidung, welche Ziele er mit seinen Regelungen verfolgt, innerhalb der Schranken der Verfassung ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum eingeräumt. Der Verfassungsgerichtshof hat nicht zu beurteilen, ob die Verfolgung eines bestimmten Zieles etwa aus wirtschaftspolitischen oder sozialpolitischen Gründen zweckmäßig ist. Er kann dem Gesetzgeber nur entgegentreten, wenn dieser Ziele verfolgt, die keinesfalls als im öffentlichen Interesse liegend anzusehen sind (VfSlg 16.740/2002).
Mit dem AbgÄG 2014 wurden u.a. Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung sowie zur Stärkung von Gerechtigkeits- und Solidaritätsaspekten des Steuerrechts gesetzt. Im öffentlichen Interesse liegende Zielsetzungen dieser Art sind an sich geeignet, Kürzungsregelungen, wie die hier in Rede stehenden, sachlich zu rechtfertigen.
Dass der Gesetzgeber mit einer Anknüpfung an individualrechtliche Vereinbarungen und damit an bestehende Dispositionsmöglichkeiten der beteiligten Personen seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum überschritten hätte, ist daher vor dem Hintergrund der dargestellten Erwägungen des VfGH in seinem Erkenntnis vom auch im gegenständlichen Fall zu verneinen.
Die mit dem AbgÄG 2014 eingeführte Deckelung bewirkte, dass ein Maximalbetrag iHv 203.850,00 Euro weiterhin der begünstigen Besteuerung unterliegt. Inhaltlich wurde die Regelung des § 67 Abs 6 EStG 1988 weitergeführt. Auch im gegenständlichen Fall kam die Steuerbegünstigung für den Betrag von 203.850,00 Euro zur Anwendung.
Mit dem AbgÄG 2014 wurde auch die Steuerbegünstigung des § 67 Abs 8 lit. a EStG 1988 für Vergleichssummen in einer dem § 67 Abs 6 Z 1 EStG 1988 entsprechenden Weise gedeckelt.
Zur Steuerbegünstigung des § 67 Abs 8 lit. a EStG 1988 hat der VfGH in seinem Erkenntnis vom , G 243/07, im Übrigen ausgesprochen, dass der Gesetzgeber seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraums auch dann nicht überschreitet, wenn die Personengruppe, die von der neuen Begünstigung Gebrauch machen kann, nicht deckungsgleich ist mit jener, für die die bisherige Steuerbegünstigung in Betracht kam. Auch eine Begrenzung der Begünstigung konnte der Gerichtshof nicht als unsachlich erkennen.
b) Zur behaupteten Verletzung des Vertrauensgrundsatzes:
Auch mit ihrem Vorbringen, die strittige Regelung stelle einen verfassungsrechtlich relevanten Verstoß gegen den Vertrauensgrundsatz dar, vermochte die Bf. nicht darzutun, dass die durch das AbgÄG 2014 bewirkte Begrenzung der steuerlichen Begünstigung für freiwillige Abfertigungen jene verfassungsrechtliche Grenzen verletzt, die der Vertrauensschutz dem Gesetzgeber setzt.
Der Verfassungsgerichtshof hat im bereits angeführten Erkenntnis vom , G 136/2014 ua, in diesem Zusammenhang ausgeführt:
„[...]
6.3.3. Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass das bloße Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage als solches keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz genießt (vgl. VfSlg 16.687/2002 mwN). Vielmehr bleibt es dem Gesetzgeber auf Grund des ihm zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraums unbenommen, die Rechtslage auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern (zB VfSlg 18.010/2006 mwN).
Nur unter besonderen Umständen setzt der Vertrauensschutz dem Gesetzgeber verfassungsrechtliche Grenzen, so insbesondere wenn dem Betroffenen zur Vermeidung unsachlicher Ergebnisse die Gelegenheit gegeben werden muss, sich rechtzeitig auf die neue Rechtslage einzustellen (vgl. VfSlg 13.657/1993, 15.373/1998, 16.754/2002 mwN). Vertrauensschutz begründende Umstände können nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darin liegen, dass rückwirkend an in der Vergangenheit liegende Sachverhalte geänderte (für die Normunterworfenen nachteilige) Rechtsfolgen geknüpft werden (vgl. VfSlg 13.020/1992, 16.850/2003) oder dass der Gesetzgeber in Rechtsansprüche, auf die sich die Normunterworfenen nach ihrer Zweckbestimmung rechtens einstellen durften (wie auf Pensionsleistungen bestimmter Höhe), plötzlich und intensiv nachteilig eingreift (vgl. VfSlg 11.288/1987, 16.764/2002, 17.254/2004) oder dass der Gesetzgeber, der Normunterworfene zu Dispositionen veranlasst hat, durch eine spätere Maßnahme diese im Vertrauen auf die Rechtslage vorgenommenen Dispositionen frustriert bzw. ihrer Wirkung beraubt (vgl. VfSlg 12.944/1991, 13.655/1993, 16.452/2002).
6.3.4. […]
Aus der Verfassung ist keine allgemeine Garantie dafür abzuleiten, dass sich auf Grund geltender Rechtslage erwartete Vorteile zukünftig auch auf Grund geänderter Rechtslage tatsächlich realisieren. So wie im Einzelfall auch rückwirkende Verschlechterungen der Rechtslage im Steuerrecht ihrer Zielsetzung und dem Ausmaß und der Art ihrer Auswirkungen nach verfassungsrechtlich zulässig sein können (vgl. VfSlg 12.416/1990, 14.515/1996), kann die Enttäuschung des Vertrauens der Normunterworfenen auf den Fortbestand und die zukünftige Entwicklung der Rechtsordnung auch ohne Rückwirkung unter Umständen gegen den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Vertrauensschutz verstoßen. Hier greift der verfassungsrechtlich gewährleistete Vertrauensschutz jedoch nur für ganz bestimmte, auf Grund besonderer Konstellation schutzwürdige Positionen und setzt damit einer gesetzlichen Änderung unter engen Voraussetzungen verfassungsrechtliche Schranken. Einen solchen Fall hat der Verfassungsgerichtshof etwa angenommen, wenn der Normunterworfene durch eine in Aussicht gestellte Begünstigung zu einem bestimmten Aufwand veranlasst werden sollte, der dann durch Wegfall der Begünstigung frustriert wird (VfSlg 12.944/1991 zum Nachtfahrverbot für lärmarme Lastkraftwagen) oder wegen Durchführung der geförderten Planungsmaßnahmen und Vorhaben nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (VfSlg 13.655/1993 zur Abschaffung der Energieförderungsrücklage).
Der Verfassungsgerichtshof kann nun - wie die Bundesregierung - nicht erkennen, dass vor dem AbgÄG 2014 eine Rechtslage vorlag, bei der der Gesetzgeber bestimmte Verhaltensweisen geradezu angeregt und gefördert und die Unternehmen damit zu Vertragsabschlüssen veranlasst hätte, deren betriebswirtschaftliche Folgen sich durch die abrupte Beschränkung der Abzugsmöglichkeit in § 20 Abs 1 Z 7 und 8 EStG 1988 als nachteilig erwiesen. Sie können daher auch insoweit keinen besonderen Schutz beanspruchen. Unter diesen Umständen liegt es im rechtspolitischen Ermessen des Gesetzgebers, die Rechtslage für die Zukunft anders und auch ungünstiger zu gestalten.
Aus diesem Grund erweisen sich die unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes geltend gemachten Bedenken des Bundesfinanzgerichts als unbegründet.“
Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung ist auch im gegenständlichen Fall nicht erkennbar, dass vor der mit dem AbgÄG 2014 erfolgten Einschränkung der steuerlichen Begünstigung von freiwilligen Abfertigungen eine Rechtslage bestanden hätte, bei der der Gesetzgeber bestimmte Verhaltensweisen von Vorstandsmitgliedern gefördert hätte oder die Bf. zu einem bestimmten Aufwand veranlasst hätte, der durch die Begrenzung der Begünstigung durch das AbgÄG 2014 nunmehr frustriert wird.
Die von der Bf. ins Treffen geführten Umstände, dass die Gewährung steuerbegünstigter Abfertigungen im Rahmen von Gehaltsverhandlungen eine Rolle gespielt hätten bzw. Vorstandsmitglieder im Vertrauen auf das unveränderte Weiterbestehen der Steuerbegünstigung das Weiterlaufen entsprechender Anwartschaften vereinbart hätten, begründet nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes keine schutzwürdige Position, die einer in der vorgenommenen Weise erfolgten gesetzlichen Änderung verfassungsrechtliche Schranken setzen würde.
Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, insbesondere des Erkenntnisses vom , G 136/2014 ua, vermochten die Ausführungen der Bf. insgesamt keine solchen Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der relevanten Gesetzeslage zu erwecken, die das Bundesfinanzgericht zu einem Gesetzesprüfungsantrag wegen Verfassungswidrigkeit verpflichtet hätten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
V.) Revisionszulassung
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Revision ist im gegenständlichen Fall nicht zulässig, weil sich die Anwendung der geltenden Rechtslage auf verwirklichte Sachverhalte aus dem Bundes-Verfassungsgesetz (Art. 18 B-VG) ergibt, die Anwendung des Legalitätsgrundsatzes auch in der Rechtsprechung (z.B. ) unumstritten ist und insofern keine Abhängigkeit von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorlag.
Die von der Bf. aufgeworfene Frage der Verfassungskonformität einer gesetzlichen Bestimmung stellt keine Rechtsfrage im Sinne der Subsumtion unter einen gesetzlichen Tatbestand dar, die vom Verwaltungsgerichtshof zu überprüfen ist, sondern ist deren Prüfung dem Verfassungsgerichtshof vorbehalten (vgl. ).
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 67 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2016:RV.5100292.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at