Fristberechnung bei Fallfristen (Gruppenantrag)
Rechtssätze
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RV/7103020/2014-RS1 | Die Beweislast für das Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde trifft nach der Judikatur den Absender. Hiefür reicht der Beweis der Postaufgabe nicht. Auch wenn üblicherweise der Post übergebene, nicht bescheinigte Briefsendungen den Adressaten erreichen, ersetzt diese Erfahrungstatsache den Beweis des Einlangens nicht. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf./GT, AdresseGT, vertreten durch Stb., Adresse-Stb, gegen den Bescheid des Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart vom , Zurückweisung des Antrages auf Feststellung einer Unternehmensgruppe ab 2012 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt (FA) wies mit Bescheid vom einen Antrag auf Feststellung einer Unternehmensgruppe ab dem Veranlagungsjahr 2012 der GT (Beschwerdeführerin, Bf.) als Gruppenträgerin (GT) und der GM (GM) als einzigem Gruppenmitglied als verspätet zurück und begründete, dass gemäß § 9 Abs. 8 KStG der Gruppenantrag bei dem für den Antragsteller für die Erhebung der Körperschaftsteuer zuständigen Finanzamt, innerhalb eines Kalendermonats nach der Unterfertigung des letzten gesetzlichen Vertreters zu stellen sei. Der Gruppenantrag sei von den gesetzlichen Vertretern der GT und des GM am unterfertigt und erst am eingebracht worden. Die gesetzliche Monatsfrist sei daher nicht eingehalten worden. Der Bescheid wurde ohne Zustellnachweis versendet.
In der gegen den Zurückweisungsbescheid vom gerichteten Beschwerde vom wird seitens der Bf. eingewendet, dass laut ihrer eigenen Aktenlage sämtliche Fristen eingehalten worden seien.
Aufgrund ihrer elektronisch geführten Akten seien folgende Zeitpunkte festzustellen:'
: Unterschrift Gruppen- und Steuerumlagevereinbarung und der Formulare
"G1", "G2" und "G4" durch Gruppenträger und Gruppenmitglied
: Mitteilung an Finanzamt über Gruppenbildung (FinanzOnline)
: Steuerl.Vertretung erhält von Klient Buchhaltungsbelege 11/2012 inclusive
unterschriebenen Originaldokumente (Vertrag und Formulare) mittels Post
: Brief "Anmeldung der Unternehmensgruppe" wird verfasst, gescannt und im
elektronischen Dokumentenarchiv abgelegt
: Brief mit Beilagen wird mit Briefpost an Finanzamt Eisenstadt gesendet
: Einreichung Jahresabschluss 2012 beim Finanzamt. Da bis zu diesem
Zeitpunkt kein Gruppenfeststellungsbescheid vorliegt werden die Dokumente
als Beilage nochmals eingereicht
Die gegenständliche zeitkritische Handlung sei insbesondere die Erstellung des Briefes vom (Freitag) und die Postaufgabe vom (Montag), mit welcher die unterschriebenen Dokumente zur Anmeldung der Unternehmensgruppe von Steuerl.Vertretung an das Finanzamt übermittelt worden seien. Die steuerliche Vertretung führe ein Dokumentenarchiv ("DMS-Archiv") und das Postbuch mit der Steuerberater-Kanzleisoftware "BMD-NTCS". Diese Software basiere auf einer Datenbank und protokolliere bei sämtlichen Einträgen unter anderem den jeweiligen Benutzer und das Systemdatum des Serversystems. Diese Systemdaten würden von der Datenbank ohne Zutun des Benutzers gesetzt und seien auch nicht veränderbar.
Die einzelnen Schritte ließen sich anhand der Datenbankeinträge wie folgt nachvollziehen: Am hat wurden die unterschriebenen Originale vom Klienten an unsere Kanzlei übermittelt. Der Posteingang wurde unter der laufenden PostNr 16689 vom , 12:48:33 der Klientin "GM-kurz" (hier Gruppenmitglied) zugeordnet mit dem Text "Belege 11/2012" erfasst. Der Posteingang wurde von der Sekretariatsmitarbeiterin MA-2 (Userkennung "XXX") erfasst und intern der Mitarbeiterin MA-1(Buchhalterin) zugewiesen. (Beilage 1; Beilage 2)
Steuerberater sei erinnerlich, dass ihm die gemeinsam mit den Buchhaltungsbelegen übermittelten Dokumente zur Bildung der Unternehmensgruppe von MA-1 persönlich übergeben worden seien, da sie erkannt habe, dass es sich nicht um Belege für die laufende Buchhaltung handle. Dies sei vermutlich am gewesen. Dieser interne Vorgang sei nicht dokumentiert jedoch plausibel, da an diesem Tag laut interner Leistungserfassung von MA-1 6 h und 55 min an der Buchhaltung GM-kurz (Kunde Nr 203530 ARGE) gearbeitet worden sei und sie somit sämtliche Belege in Händen gehabt hätte.(Beilage 3)
Am sei von Steuerberater der Brief an das Finanzamt Eisenstadt verfasst worden, mit welchem die Dokumente eingereicht worden seien (Beilage 4). Das bei Steuerl.Vertretung im Einsatz befindliche BMD-NTCS Dokumentenarchivsystem funktioniere bei Briefen folgendermaßen: Der in Word verfasste Brief werde auf Papier ausgedruckt, im Original unterschrieben und mit Originalunterschrift eingescannt (Format "pdf") und sodann im Dokumentenarchiv abgelegt. Die hierbei vom Dokumentenarchiv protokollierten Daten würden die manuell eingegebene Bezeichnung des Briefes, das manuell nicht beeinflussbare Systemdatum der Erstellung des Eintrages (wie beim Postbuch) und den Dokumentennamen des archivierten Dokuments umfassen. In diesem Fall sei aus dem Dokumentennamen "D:ISCAN\L Y\20 13 _ 0 1_11_13 _ 26 53 .pdf" ersichtlich, dass der Brief am Arbeitsplatzscanner von Steuerberater am um 13.26 gescannt und am um 13:33 in das Dokumentenarchiv verschoben worden sei. Dies sei nach den im BMD-NTCS ersichtlichen Systemdaten (Beilage 5) plausibel für einen üblichen Arbeitsablauf. Der sei ein Freitag gewesen, somit Arbeitstag. Der nächste Arbeitsschritt sei, dass der fertig unterschriebene Brief in eine Lade "Postausgang" gelegt und von den Mitarbeiterinnen des Sekretariats versendet werde. Bei diesem Arbeitsschritt erfolge die Eintragung im Postausgangsbuch. Da Freitags im Sekretariat üblicherweise um 13:30 Dienstschluss sei, sei die weitere Verarbeitung am darauffolgenden Montag erfolgt.
Am Montag dem sei die Versendung des Briefes an das Finanzamt Eisenstadt erfolgt. Die Erfassung im Postausgangsbuch unter der Nummer 25382 (es erfolge eine vom Posteingangsbuch getrennte Nummernreihe) sei am um 10.52 erfolgt(Beilage 6, Beilage 7)
Der Brief vom basiere auf der Textdatei des Briefes vom und sei, ergänzt um die Textierung "Jahresabschluss", nochmals verwendet worden.
In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom führt das FA zunächst zum Sachverhalt aus, dass am über FINANZ-Online eine Anzeige über die Gruppenbildung zwischen der Bf. als GT und der GM-kurz als GM abgegeben worden sei. Zur Fristenwahrung sei in dieser Eingabe wörtlich ausgeführt worden,..."dass mit Datum zwischen der Bf. als Gruppenträgerin und der GM-kurz als Gruppenmitglied vertraglich beginnend mit dem Steuerjahr 2012 eine Unternehmergruppe geschlossen wurde. Die Formulare G1, G2, G4 und die Gruppen-und Steuerumlagevereinbarung werden mangels Möglichkeit der Übermittlung über Finanz-Online nach den Feiertagen in Kopie mit Briefpost eingereicht.“ Diese Anträge seien erst am am FA eingelangt. Aus den Antragsformularen sei ersichtlich, dass die Unterschriftsleistung durch den gesetzlichen Vertreter am erfolgt sei. Die Eingabe des Antrages habe in der Form zu erfolgen, dass es dem FA möglich sei, die Einhaltung der Kalendermonatsfrist nachzuvollziehen.
Den Ausführungen der steuerlichen Vertretung zur Versendung der Unterlagen stünde die Tatsache des Nichteinlangens bei der Behörde entgegen. Aus dem Vorbringen der Bf., den vorgelegten Unterlagen und dem Umstand der nicht erfolgten Nachfrage der Partei, könne die rechtzeitige Versendung der Unterlagen im Rahmen der freien Beweiswürdigung nicht eindeutig nachvollzogen werden. Die BVE wurde mit Rsb Brief zugestellt, dieser trägt den Stempel der Zustellbasis (Untertullnerbach ), der Rückschein selbst ist unterschrieben aber undatiert.
Mit Antrag vom beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG).
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Der obige Akteninhalt ergibt sich unstrittig aus dem vorgelegten Aktenteilen. Strittig ist, ob der steuerliche Vertreter der Bf. die unterschriebenen Formulare G1, G2 und G4 sowie die Gruppen- und Steuerumlagenvereinbarung alle vom innerhalb der in § 9 Abs. 8 KStG normierten Monatsfrist an das FA übermittelte. Die in § 9 Abs. 8 5.Teilstrich normierte Monatsfrist stellt ein Fallfrist dar woraus sich ergibt, dass bei verspäteter Einreichung des Gruppenantrages die Unternehmensgruppe nicht zustande kommet (auch nicht für ein späteres Jahr). Ein verspätet gestellter Gruppenantrag ist zurückzuweisen( Wiesner/Kirchmayr/Mayr, Praxiskommentar Gruppenbesteuerung, K370).
Nach § 108 Abs. 4 BAO werden die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet. Diese Nichteinrechnung setzt voraus, dass das Schriftstück bei der Behörde tatsächlich einlangt (; ; , 2003/18/0034, , 2004/08/0045 ) und dass es an die zuständige Behörde gerichtet () und richtig adressiert ( ; , 94/12/0313) ist.
Die Beförderung der Sendung durch die Post erfolgt auf Gefahr des Absenders (; , 2005/15/0137; , 2010/17/0067; , 2008/13/0149).
Die Beweislast für das Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde trifft nach der Judikatur den Absender (). Hiefür reicht der Beweis der Postaufgabe nicht (; , 2010/17/0067; , 2008/13/0149; , 2009/13/0001).
Auch wenn üblicherweise der Post übergebene, nicht bescheinigte Briefsendungen den Adressaten erreichen, ersetzt diese Erfahrungstatsache den Beweis des Einlangens nicht ().
Wie aus dem Vorbringen und den übermittelten Unterlagen ersichtlich, stellt die Bf. den Absendevorgang der für die Fristenwahrung erforderlichen Unterlagen dar und versucht anhand des Kanzleiablaufes nachzuweisen, dass die Unterlagen rechtzeitig am an das FA abgesendet worden waren. Einen Beweis für das Einlangen der Unterlagen stellt der Umstand der allenfalls rechtzeitigen Übergabe an die Post jedenfalls nicht dar. Zudem lässt sich nach Ansicht des BFG aus dem Postausgangsbuch nicht erkennen, ob der Adressat des Briefes tatsächlich das zuständige FA war oder ob nicht vielmehr eine Kopie des an das FA gerichteten Briefes an den Klienten übermittelt wurde. Es erscheint schon für sich ungewöhnlich, wenn derartig wesentliche Dokumente mit deren rechtzeitigem Einlangen eine Fallfrist verbunden ist durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter nicht eingeschrieben an die Behörde versendet werden. Das Vorbringen der Bf. ist daher nicht nur nicht geeignet das Einlangen der Unterlagen bei der Behörde, sondern auch nicht die rechtzeitige Übergabe der angeblich an das FA übermittelten Unterlagen an die Post nachzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das gegenständliche Erkenntnis folgt der oben angeführten ständigen Judikatur des VwGH (insbesondere ; , 2010/17/0067; , 2008/13/0149; , 2009/13/0001) weshalb eine Revision nicht zuzulassen ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 108 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 9 Abs. 8 Teilstrich 5 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 |
Verweise | |
Anmerkung | Abweichend bei unterschiedlichem Sachverhalt RV/7102914/2013 vom |
Zitiert/besprochen in | Ehgartner in BFGjournal 2017, 407 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.7103020.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at