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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.12.2015, RV/4100175/2011

Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin X in der Beschwerdesache des Bf., gegen die Bescheide des FA Innsbruck vom über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 03/2010, 04/2010, 05/2010, 06/2010, 07/2010 und 09/2010 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind den angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Spruches.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Im Anschluss an eine abgeführte Umsatzsteuernachschau versagte das Finanzamt dem Beschwerdeführer (Bf.) die beanspruchte Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen. Begründet wurde dies damit, dass der Bf. Ausfuhrnachweise iSd VO BGBl. 401/1996 nicht beigebracht habe.

In der Beschwerde (vormals Berufung) wird ausgeführt, dass sämtliche Waren nachweislich ins Gemeinschaftsgebiet verbracht worden seien, was den in Kopie dem Berufungsschriftsatz beigelegten Verbringungsnachweisen bzw. der Kopie eines bulgarischen Zulassungsscheines betreffend den Bescheid für 05/2010 entnommen werden könne.

In ihrer Stellungnahme zur Berufung führte die Prüferin aus, dass es sich bei den beanstandeten Umsätzen jeweils um Abholfälle im Zusammenhang mit (zum Teil nicht mehr gebrauchsfähigen) Fahrzeugen handle. Für diese Umsätze lägen zwar Kaufverträge, UID-Abfragen etc. vor, der Bf. habe jedoch vorerst keine Erklärungen des Abnehmers oder dessen Beauftragten über die Beförderung der Gegenstände ins Gemeinschaftsgebiet beizubringen vermocht und somit die Verbringung in das Gemeinschaftsgebiet nicht nachweisen können.

Bestätigungen seien erst im Zuge der Betriebsprüfung bzw. aus Anlass der Berufung (und somit verspätet) beigebracht worden. Eine nachträgliche Sanierung der angesprochenen Mängel erweise sich jedoch als nicht zulässig.

Im Einzelnen handelt es sich (laut Stellungnahme der Prüferin zur Berufung) um die folgenden Lieferungen:
03/2010


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ReNr
Datum
Käufer
(Brutto-)
Betrag
1
1 A
a
aa
aaa
3.000,00
Unterlagen: AR, KV, Abfrage UID, Kopie Personalausweis
Es fehlt der Nachweis über die Verbringung ins Gemeinschaftsgebiet (keine Bestätigung des Abholers, kein Beförderungsnachweis).
Summe nicht anerkannte igLieferungen „netto“ lt. Bp.
2.500,00

04/2010


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4
B
a
aa
bb
2.000,00
Unterlagen: AR, KV, Abfrage UID
Es fehlt der Nachweis über die Verbringung ins Gemeinschaftsgebiet (keine Bestätigung des Abholers, kein Beförderungsnachweis).
Summe nicht anerkannte igLieferungen „netto“ lt. Bp.
1.666,67

05/2010


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8
C c
cc
Mercedes Sprinter
2.000,00
Unterlagen: AR, KV, Abfrage UID
Es fehlt der Nachweis über die Verbringung ins Gemeinschaftsgebiet (keine Bestätigung des Abholers, kein Beförderungsnachweis), sowie ein Nachweis über die Identität des Abholers und eine Vollmacht für den Abholer.
Summe nicht anerkannte igLieferungen „netto“ lt. Bp.
1.666,67

06/2010


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11
D
dd
ddd
gh
VW LT
2.000,00
Unterlagen: AR, KV, Abfrage UID, Reisepasskopie
Es fehlt der Nachweis über die Verbringung ins Gemeinschaftsgebiet (keine Bestätigung des Abholers, kein Beförderungsnachweis).
Summe nicht anerkannte igLieferungen „netto“ lt. Bp.
1.666,67

07/2010


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15
KFZ und Baumaschinen
E
e
ee
Häcksler Dücker HF 760
2.600,00
Unterlagen: AR (Hinweis: Gerät übernommen), Führerscheinkopie, Abfrage UID
Es fehlt der Nachweis-über die Verbringung ins Gemeinschaftsgebiet (keine Bestätigung des Abholers, kein Beförderungsnachweis).
Summe nicht anerkannte igLieferungen „netto“ lt. Bp.
2.166,67
17
D
dd
ddd
gh
Mercedes Actros
4.000,00
Unterlagen: AR, KV, Reisepasskopie
Es fehlt der Nachweis über die Verbringung ins Gemeinschaftsgebiet (keine Bestätigung des Abholers, kein Beförderungsnachweis).
SummLe nicht anerkannte igLieferungen „netto“ lt. Bp.
3.333,33

09/2010


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40
L
l
ll
li
Mercedes Sprinter 313
1.900,00
Unterlagen: AR; KV, Abfrage UID; Hinweis: Betrag bar erhalten
Es fehlt der Nachweis über die Verbringung ins Gemeinschaftsgebiet (keine Bestätigung des Abholers, kein Beförderungsnachweis), es fehlt der Nachweis über die Identität des Abholers
Summe nicht anerkannte igLieferungen „netto“ lt. Bp.
1.583,33
41
o ,
l
oo
li
Mercedes Sprinter 316
2.100,00
Unterlagen: AR; KV, Hinweis: Betrag bar erhalten
Es fehlt der Nachweis über die Verbringung ins Gemeinschaftsgebiet (keine Bestätigung des Abholers, kein Beförderungsnachweis), es fehlt der Nachweis über die Identität des Abholers.
Summe nicht anerkannte igLieferungen „netto“ lt. Bp.
1.750,00
43
T
t
ti
tt
ta
208,33
Unterlagen: AR; Abfrage UlD, Visitenkarte; Hinweis: Betrag bar erhalten
Der Nachweis über die Verbringung ins Gemeinschaftsgebiet wurde nachträglich nachgereicht.
Summe nicht anerkannte igLieferungen „netto“ lt. Bp.
173,61

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt mittlerweile (vgl. beispielsweise das Erkenntnis vom , 2009/15/0146) in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass die Steuerfreiheit nur dann zu versagen ist, wenn ein Verstoß gegen Formalvoraussetzungen den Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt wurden.

Das Finanzamt wurde daher vom Bundesfinanzgericht ersucht, zum gegenständlichen Berufungs-(nunmehr Beschwerde-)Begehren unter dem Blickwinkel der angesprochenen VwGH-Judikatur nach Vornahme allenfalls noch notwendiger entsprechender ergänzender Erhebung neuerlich Stellung zu nehmen, zumal inzwischen auch nach Ansicht des BMF eine entsprechende spätere Nachweisführung im Abgabenverfahren für die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit ausreichend sei (Rz. 2584 UStRl. neu).

Das Finanzamt bestätigte in weiterer Folge (unter Hinweis auf Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, beispielsweise und ), dass aus europarechtlicher Sicht im Bereich der Nachweisführung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen nicht auf bloß formelle Belange abgestellt werden dürfe. Entscheidend sei, dass dem liefernden Unternehmer der buchmäßige Nachweis (Buchnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, Ausfuhrnachweis bei Ausfuhrlieferungen) gelinge, dass die materiellen Voraussetzungen der Steuerfreiheit zweifelsfrei vorlägen.

Im verfahrensgegenständlichen Fall seien erst über Aufforderung der Betriebsprüfung bei der Schlussbesprechung und nunmehr im Zuge des Berufungs(beschwerde-)verfahrens (nachträglich erstellte) Abholbestätigungen der Kunden vorgelegt, aber keine konkreten Nachweise über KFZ-Zulassungen (bis auf eine angebliche bulgarische Zulassung, welche jedoch nicht klar verifizierbar sei) oder dergleichen im Ausland erbracht worden.

Nach der herrschenden Judikatur müsse hinsichtlich der Beweisführung ein strenger Maßstab angelegt werden. Eine bloße Glaubhaftmachung des Vorliegens der Voraussetzung für die Steuerbefreiung sei nicht ausreichend (vgl. Mayr in ).

Die Nachweisführung erweise sich besonders bei Abholfällen als sehr schwierig. Nach Ansicht des Finanzamtes sei es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, die materiellen Voraussetzungen der Steuerfreiheit zweifelsfrei nachzuweisen.

Das Finanzamt beantrage daher weiterhin (wie bereits seinerzeit im Vorlagebericht), die Beschwerde abzuweisen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß Art. 6 Abs. 1 UStG 1994 sind die innergemeinschaftlichen Lieferungen (Art. 7) steuerfrei.

Art. 7 Abs. 1 UStG 1994 lautet auszugsweise:

Eine innergemeinschaftliche Lieferung (Art. 6 Abs. 1) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen vorliegen:

1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet;

2. der Abnehmer ist

a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,

b) …

c)…

3. der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung ist beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat steuerbar.

Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

Nach Artikel 7 Abs. 3 UStG 1994 müssen die Voraussetzungen des Abs. 1 vom Unternehmer buchmäßig nachgewiesen werden. Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat, dass der Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet worden ist.

Von dieser Verordnungsermächtigung hat der Bundesminister für Finanzen mit der Verordnung über den Nachweis der Beförderung oder Versendung und den Buchnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, BGBl. 1996/4001, Gebrauch gemacht.

Nach deren § 1 muss der Unternehmer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen eindeutig und leicht nachprüfbar nachweisen, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat.

Gemäß § 2 der Verordnung hat in den Fällen, in denen der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, der Unternehmer den Nachweis wie folgt zu führen:

1. durch die Durchschrift oder Abschrift der Rechnung,
2. durch einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere den Lieferschein, und
3. durch eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten oder in den Fällen der Beförderung des Gegenstandes durch den Abnehmer durch eine Erklärung des Abnehmers, dass er den Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördern wird.

Hiezu vertritt – was mittlerweile auch das Finanzamt einräumt - der Verwaltungsgerichtshof in nunmehr ständiger, bereits erwähnter Rechtsprechung die Auffassung, dass im Abgabenverfahren auch eine spätere Nachweisführung ausreicht.

Das Finanzamt meint in Bezug auf den gegenständlichen Fall jedoch, dass dem Bf. eine solche nicht gelungen sei, weil lediglich nachträglich erstellte Abholbestätigungen der Kunden vorgelegt worden seien, der Bf. aber keine konkreten Nachweise über erfolgte KFZ-Zulassungen beigebracht habe.

Dem hält das Bundesfinanzgericht entgegen, dass laut den Feststellungen des Finanzamtes (zusätzlich zu den beigebrachten Kaufverträgen, siehe Stellungnahme zur Berufung und zudem den vorgenommenen UID-Abfragen) die im Zuge der Betriebsprüfung als fehlend erachtete Ausfuhrnachweise letztlich beigebracht worden sind (Bestätigungen, dass Waren ins Gemeinschaftsgebiet - unter Angabe des Bestimmungsortes - verbracht worden sind). Hiedurch ist den angeführten Anforderungen der Verordnung Genüge getan, die im Übrigen die Beibringung von Nachweisen einer KFZ-Anmeldung (betreffend zudem zum Teil nicht mehr gebrauchsfähige Fahrzeuge lt. Stellungnahme zur Berufung) nicht als erforderlich erachtet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Durch das vorliegende Erkenntnis ergeben sich die nachstehenden Bemessungsgrundlagen:

03/2010


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Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch lt. Bp.
Verminderung lt. Erkenntnis
Lt. Erkenntnis
2.500,00
-2.500,00
0,00

04/2010


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Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch lt. Bp.
Verminderung lt. Erkenntnis
Lt. Erkenntnis
2.540,84
-1.666,67
874,17

05/2010


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Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch lt. Bp.
Verminderung lt. Erkenntnis
Lt. Erkenntnis
6.000,00
-1.666,67
4.333,33

06/2010


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Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch lt. Bp.
Verminderung lt. Erkenntnis
Lt. Erkenntnis
6.824,17
-1.666,67
5.157,50

07/2010


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Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch lt. Bp.
Verminderung lt. Erkenntnis  Lt. Erkenntnis
6.577,89 -2.166,67 -3.333,33 1.077,89

09/2010


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Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch lt. Bp.
Verminderung lt. Erkenntnis  Lt. Erkenntnis
7.867,44
-1.583,33
-1.750,00
-173,61
4.360,50

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Erkenntnis hat vielmehr - je nach Würdigung des verwirklichten Sachverhaltes - nach der nunmehrigen, oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unbestritten zu ziehende rechtliche Konsquenzen zum Gegenstand, bzw. betrifft eine Tatfrage.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.4100175.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at