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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.10.2015, RV/5100273/2013

Kein Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit zwischen Abbruch einer Schulausbildung und Beginn einer Lehre

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Ri. in der Beschwerdesache Bf., Adr., vertreten durch die WT-GmbH, Adr1 , gegen den Bescheid des Finanzamtes FA vom , betreffend Rückforderung von zu Unrecht bezogenen Beträgen an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für das Kind BP, SV.Nr. Nr.GebDat, für August 2011, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang/Inhalt des Verwaltungsaktes

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt von der Beschwerdeführerin (Bf.) die Familienbeihilfe (FB) und den Kinderabsetzbetrag (KAB) für das Kind BP (in der Folge kurz: BP), SV-Nr. Nr.GebDat,  betreffend den Zeitraum August 2011 im Betrag von 224,30€ (165,90€ FB und 58,40€ KAB) als zu Unrecht bezogen gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) zurück. Begründend wird in diesem Bescheid u. a. ausgeführt, dass die FB gem. § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 in der ab März 2011 geltenden Fassung für Zeiten zwischen Abschluss der Schulausbildung eines volljährigen Kindes und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung zustehe.

Gegen diesen Rückforderungsbescheid erhob die Bf. rechtzeitig Berufung (die nunmehr als Beschwerde zu werten ist). Zur Begründung führt die Bf. aus, dass BP sein Lehrverhältnis frühestmöglich begonnen habe, da der Dienstgeber ein Lehrverhältnis erst ab September zugesagt habe. Eine diesbezügliche Bestätigung werde nachgebracht.
In weiterer Folge legte die Bf. eine Bestätigung des Arbeitgebers ihres Sohnes vor aus der hervorgeht, dass sich BP seit bei diesem Unternehmen in einem Lehr­verhältnis befindet und dass der Lehrbeginn für alle Lehrlinge in dem besagten Unter­nehmen jedes Jahr jeweils der 1. September ist.

Mit Berufungsvorentscheidung (BVE) vom wies das Finanzamt die Berufung zusammengefasst mit folgender Begründung ab:
Nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 in der ab geltenden Fassung bestehe Anspruch auf FB für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn diese zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird. BP habe die Schule mit abgebrochen, weshalb bis zum Beginn der Lehre kein Anspruch auf FB bestehe.

Mit Eingabe vom stellte die Bf. einen Vorlageantrag und führte ergänzend im Wesentlichen aus:
Unter Hinweis auf die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 werde unter Abschluss einer Schulausbildung grundsätzlich verstanden, dass die letzte Prüfung, die nach den Ausbildungsvorschriften vorgesehen sei, mit Erfolg abgelegt werde. BP habe die 7. Klasse des Bundesoberstufenrealgymnasiums (BORG) in Ort1 am nach vollendetem siebtem Schuljahr beendet und sich dann für einen Lehrberuf entschieden. Nahtlos anschließend an den Schulbesuch habe ihr Sohn mit einer Lehre beginnen wollen, der künftige Arbeitgeber nehme aber Lehrlinge ausschließlich gesammelt jeweils im September eines Jahres auf. Eine entsprech­ende Bestätigung des Arbeitgebers von BP sei vorgelegt worden. Der Zeitpunkt des frühestmöglichen Lehrbeginnes sei daher nicht im Entscheidungs­bereich der Familie der Bf. gelegen gewesen, ein früherer Lehrbeginn wäre wegen der schlechten finanziellen Situation jedenfalls vorgezogen worden. Es handle sich um einen Härtefall und es werde ersucht, von der gegenständlichen Rückforderung der FB Abstand zu nehmen.

Im FB-Akt berindet sich die Kopie einer Abmeldung des BP vom BORG, Adr2 , aus der hervorgeht, dass sich BP am als „derzeitiger Schüler der 7. Klasse im Schuljahr 2010/11 mit Datum “ vom Besuch des BORG Ort1 ord­nungsgemäß abgemeldet hat.
 

II. Über die Beschwerde wurde erwogen

1. Streitpunkt
Die Bf. vertritt den Standpunkt, dass ein Schulabschluss im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. d. FLAG 1967 gegeben sei, wenn die letzte Prüfung, die nach den Ausbildungsvor­schriften vorgesehen sei, mit Erfolg abgelegt werde. BP habe die Schulausbildung im BORG nach Besuch der 7. Klasse beendet und anschließend zum frühestmöglichen Zeitpunkt eine Lehre begonnen, weshalb die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 anwendbar sei und ihr die FB (und der KAB) für den strittigen Zeitraum zwischen Beendigung des Schulbesuches und dem Beginn der Lehre zustehe.

2. Entscheidungswesentlicher Sachverhalt
Der Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus der obigen Darstellung des Verwal­tungsgeschehens und der Wiedergabe des Verwaltungsaktes. Zusammen gefasst ergibt sich daraus folgender Sachverhalt:
Der Sohn der Bf. BP besuchte bis zum Ende des Schuljahres 2010/2011 ein BORG und beendete diese Schulausbildung vor dem regulären Abschluss – dies wäre die Ablegung der Reifeprüfung am Ende der 8. Klasse (zum Ende des Schuljahres 2011/2012) gewesen – indem er sich selbst vom Schulbesuch abmeldete (Abmeldung vom mit Datum ). Am begann BP eine Lehre wobei der Arbeitgeber bestätigte, dass ein früherer Beginn der Lehre nicht möglich gewesen wäre, weil dieses Unternehmen alle Lehrlinge jeweils nur zum 1.09. eines Jahres aufnimmt.

3. Rechtsgrundlage und rechtliche Würdigung
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 in der ab geltenden Fassung (BGBl I Nr. 111/2010) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird. Diese gesetzliche Regelung hat den Zweck, die Zeit zwischen einer Schulausbildung und einer weiterführenden Ausbildung beihilfen­rechtlich abzudecken. Insbesondere soll dadurch die Zeit zwischen der Matura/Reife­prüfung und dem frühestmöglichen Beginn eines Studiums abgedeckt werden, zumal die Eltern im Regelfall weiterhin unterhaltspflichtig sind (siehe Hebenstreit in Csaszar/­Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 130).
§ 2 Abs. 1 lit. d FLAG idF BGBl. I Nr. 90/2007 hatte bis zum folgenden Wortlaut:
"(1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
................
d) für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Dauer von drei Monaten nach Abschluss der Berufsausbildung, sofern sie weder den Präsenz- oder Ausbildungsdienst noch den Zivildienst leisten,
..............."
Nach den Gesetzesmaterialien (312 BGBl Nr. 15.GP, 2f) sollte mit dieser Bestimmung (Weitergewährung der Familienbeihilfe für drei Monate) dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Kinder oft unmittelbar nach Beendigung der Berufsausbildung nicht ihre Berufstätigkeit aufnehmen können.

Der Sohn der Bf. hat seine Schulausbildung (Besuch eines BORG) durch Abmeldung vom Schulbesuch am Ende der 7. Klasse im Juli 2011 vorzeitig – vor dem regulären Abschluss dieser Ausbildung in Form der Ablegung der Reifeprüfung – abgebrochen. Damit befand sich BP ab August nicht mehr in Berufsausbildung, sodass ein FB-Anspruch ab August 2011 auf Grundlage des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 nicht mehr bestand.
Die Bf. vertritt die Auffassung, dass im Beschwerdezeitraum die Voraussetzungen für einen FB-Bezug gem. § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 gegeben sind.
Sowohl nach der Fassung dieser gesetzlichen Regelung vor dem Budgetbegleitgesetz (BBG) 2011 (BGBl I Nr. 111/2010), als auch nach der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung nach dem BBG 2011 soll die Familienbeihilfe nach Abschluss der Schul­ausbildung weitergewährt werden. Daher ist die zur 'alten' Fassung ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) sowie des Unabhängigen Finanzsenates (UFS) zu diesem Gesetzesbegriff auch weiterhin anwendbar.
Bei der Beurteilung der Frage, ob unter "Abschluss der Berufsausbildung" im Sinne der besagten gesetzlichen Bestimmung auch deren vorzeitiger Abbruch zu ver­stehen ist, vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass
§ 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 bei einem vorzeitigen Abbruch der Berufsausbildung nicht zur Anwendung kommt (vgl. grundlegend, mit Hinweis auf einen damals auch vorliegenden Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes, das höchstgerichtliche Erkenntnis vom , 97/15/0111; und die Erkenntnisse vom , 2003/13/0157, vom , 2006/13/0195, und vom , 2009/13/0118; ebenso zur Frage der Qualifikation des Abbruches einer Schulausbildung: , vom , RV/1710-W/12 und vom , RV/3246-W/12).
Nachdem der Sohn der Bf. – wie oben angeführt - die Schulausbildung vorzeitig beendet (abgebrochen) und sich daher ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in Schulausbildung befunden hat, kann nach dieser Rechtsprechung die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 gegenständlichen Beschwerdefall nicht angewendet werden.
Die Bf. hat daher für ihren Sohn BP betreffend August 2011 keinen Anspruch auf FB.

Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht einem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des FLAG 1967 FB gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der FB ein KAB von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Mangels Anspruches auf eine FB für August 2011 besteht auch kein Anspruch auf den KAB für diesen Monat.
Wurde KAB zu Unrecht bezogen, ist § 26 FLAG 1967 anzuwenden. Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat derjenige, der FB zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Aufgrund der obigen Ausführungen ist die Rückforderung der FB und des KAB für den Monat 2011 zu Recht erfolgt, es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Unzulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Auf Grund der oben unter Punkt II.3 zitierten einheitliche Rechtsprechung des VwGH und des UFS ist die Frage, ob unter "Abschluss der Berufsausbildung" im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 (auch) ein vorzeitiger Abbruch dieser Ausbildung zu verstehen ist, ausreichend geklärt.
Das gegenständliche Erkenntnis weicht von dieser Rechtsprechung nicht ab.
Diese Entscheidung ist somit nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängig, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Gegen dieses Erkenntnis ist daher gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 in Verbindung mit Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine (ordentliche) Revision beim Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Schlagworte
Schulausbildung
Abschluss
weitere Berufsausbildung
frühestmöglicher Beginn
Abbruch der Schulausbildung
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.5100273.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at