Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.10.2015, RV/7101390/2015

Dienstnehmereigenschaft von Getränke- und Speisenzustellern

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 2493/2015 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.; Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2017/13/0011. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Maria Radschek in der Beschwerdesache Bf., W, vertreten durch Dr. Georg Lehner, Südtirolerstraße 12a, 4600 Wels, gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom , St.Nr., betreffend Haftung des Arbeitgebers gemäß § 82 EStG 1988 für Lohnsteuer sowie betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für die Jahre 2007 und 2008 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert:

  • Der Beschwerdeführer wird gemäß § 82 EStG 1988 als Arbeitgeber für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn zu entrichtenden Lohnsteuer für die in der Begründung dieses Erkenntnisses angeführten Arbeitnehmer und Zeiträume in Anspruch genommen und für folgende Beträge zur Haftung herangezogen:

    2007: 5.959,31 EUR
    2008:    587,01 EUR
     

  • Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) betragen:
     

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    Jahr
    Summe der Arbeitslöhne
    Darauf entfallende Abgabe
    Abgabe laut Selbstberechnung
    Abgaben-nachforderung
    2007
    78.814,30 €
    DB 4,5%
    3.546,64 €
    639,85 €
    2.906,79 €
    DZ 0,4%
    315,26 €
    56,86 €
    258,40 €
    2008
    7,804,00 €
    DB 4,5%
    351,18 €
    197,93 €
    153,25 €
    DZ 0,4%
    31,22 €
    17,59 €
    13,63 €

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) führte in den Jahren 2007 und 2008 als Franchisenehmer einer Unternehmenskette einen Speisen- und Getränkezustelldienst. Im Rahmen einer gemeinsamen Prüfung der lohnabhängigen Abgaben (GPLA-Prüfung) wurde festgestellt, dass im Prüfungszeitraum als Speisen- und Getränkezusteller ("Pizzazusteller") tätige Personen in einem Dienstverhältnis zum Bf.  im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 gestanden seien. Da für deren Löhne weder Lohnsteuer abgeführt worden sei, noch deren Bezüge  in die Bemessungsgrundlage für DB und DZ einbezogen worden seien, seien diese Beträge nachzuverrechnen.

Das Finanzamt erließ den Feststellungen der GPLA-Prüfung entsprechende Haftungsbescheide für Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 sowie Bescheide betreffend DB und DZ.

In der dagegen im Rahmen eines Wiedereinsetzungsantrages vom rechtsfreundlichen Vertreter eingebrachten nunmehr als Beschwerde zu behandelnden Berufung wurde eingewandt, die angefochtenen Bescheide würden in der Begründung lediglich auf den Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom verweisen. Die Vorschreibungen an Lohnsteuer, DB und DZ für die Jahre 2007 und 2008 gründeten sich darauf, dass 3 namentlich genannte Personen (P1, P2 und P3) als Dienstnehmer des Bf. qualifiziert und ihm nachträglich sämtliche Lohnabgaben vorgeschrieben worden seien.

Tatsächlich habe der Bf. die genannten Personen nicht als Dienstnehmer beschäftigt sondern sich zur Zustellung von Speisen und Getränken verschiedener selbstständiger Unternehmer bedient. Dies sei jeweils auf Basis einzelner, jeweils gesonderter Aufträge erfolgt. Zu den genannten Personen hätten keine dienstvertraglichen Beziehungen bestanden; der Bf. sei nicht deren Dienstgeber gewesen, sodass die Vorschreibung der Lohnabgaben schon dem Grunde nach zu Unrecht erfolgt sei.

Beweis: vorzulegende Werkverträge und Gewerbescheine, Einvernahme von P1, P2 und P3 als Zeugen, Einvernahme des Bf.

Ausdrücklich als unrichtig bestritten werde auch die Höhe der vorgeschriebenen Abgaben und Beiträge; den angefochtenen Bescheiden sei insbesondere nicht schlüssig nachvollziehbar zu entnehmen, aus welchen Beweisergebnissen sich die von der belangten Behörde angenommenen Bemessungsgrundlagen und Nachforderungen ergeben sollen. Möglicherweise handle es dabei um bloße unzulässige Schätzungen, zumal im Bericht vom mehrmals der Ausdruck "pauschale Nachrechnung" und runde Summen verwendet würden.

Die belangte Behörde habe kein eigenes ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und Ihrer gesetzlichen Feststellungs- und Begründungspflicht nicht entsprochen. Vielmehr habe die belangte Behörde offensichtlich ausschließlich aufgrund der Prüfung durch die Wiener Gebietskrankenkasse entschieden. Hätte die belangte Behörde ein eigenes ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und ihrer gesetzlichen Feststellungs- und Begründungspflicht entsprochen, hätte sie feststellen müssen, dass P1, P2 und P3 nicht beim Bf. als Dienstnehmer beschäftigt gewesen seien und dass die angenommenen Bemessungsgrundlagen und Nachforderungsbeträge überhöht seien. Die belangte Behörde wäre in diesem Fall zum Ergebnis gelangt, dass dem Bf. keine, jedenfalls aber wesentlich niedrigere Lohnabgaben vorzuschreiben gewesen wären.

Der Prüfer wies in seiner Stellungnahme zur Beschwerde darauf hin, dass bei den Pizzazustellern tatsächlich keine unternehmerische Struktur erkennbar gewesen sei. Diese hätten ihre Leistung nicht allgemein am Markt anboten (z.B. keine Homepage). Des weiteren habe sich keine der nachgemeldeten Personen bei der SVA der gewerblichen Wirtschaft angemeldet und Gewerbeberechtigungen seien für die Nachmeldungszeiträume ebenfalls keine vorhanden gewesen (siehe Firmenbuch-Gewerbekompass).

Weiters sei eine Bezeichnung als "Werkvertrag" für Speisenzusteller nicht möglich (wenn jede Zustellung als eigenes "Werk" betrachtet werde, handle es sich um einen unzulässigen "Kettenwerkvertrag").

Betreffend des Vorwurfes der "überhöhten Bemessungsgrundlagen" würden Buchhaltungskonten der Jahre 2007 und 2008 beigelegt. Daraus ergebe sich keine Überhöhung der herangezogenen Bemessungen. Im Gegenteil seien als Entgegenkommen der Netto- als Bruttobetrag belassen und keine SV-Beiträge bzw. Lohnsteuer hinzugerechnet worden.

Mit Schreiben vom forderte die belangte Behörde den Bf. auf, folgende Unterlagen nachzureichen:

1) Kopien von in der Folge angeführten Belegen zum Buchhaltungskonto ,,5800 Werkverträge" der Jahre 2007 und 2008.

2) Werkverträge der angeführten Zusteller

3) Aufzeichnungen über die Anzahl der Zustellungen (für drei aufeinanderfolgende Kalendermonate), die den Angaben von zwei  Zustellern zufolge automatisch im Computer gespeichert worden seien.

4) Die Betriebsjahreslohnkonten der Jahre 2007 und 2008 in Kopie

Der rechtsfreundliche Vertreter des Bf. legte 14 Rechnungen, 1 Werkvertrag sowie Lohnkonten 2007 und 2008 (sämtliche Unterlagen in Kopie) vor. Hinsichtlich der Vorlage nur eines Werkvertrages gab er an, dass dieser exemplarisch vorgelegt werde, da die übrigen Werkverträge inhaltlich im Wesentlichen gleich seien.

Hinsichtlich der Vorlage von Aufzeichnungen wurde darauf verwiesen, dass die Anzahl der Zustellungen aus den Rechnungen der einzelnen Werkvertragsnehmer hervorgingen.

Nach Wiederholung des bisherigen Vorbringens beantragte der rechtsfreundliche Vertreter des Bf. ergänzend die Einvernahme folgender Personen als Zeugen zum Beweis seines gesamten Vorbringens:

  • P4, Adresse4

  • P5, Adresse5

  • P6, Adresse6

  • P3, Adresse3

  • P7, Adresse7

  • P8, Adresse8

  • P9, Adresse9

  • P10, Adresse10

  • P2, Adresse2

  • P1, Adresse aktenkundig

  • Einvernahme des Bf.

Ausdrücklich als unrichtig bestritten werde auch die Höhe der vorgeschriebenen Abgaben und Beiträge. Den angefochtenen Bescheiden sei insbesondere nicht schlüssig nachvollziehbar zu entnehmen, aus welchen Beweisergebnissen sich die von der belangten Behörde angenommenen Bemessungsgrundlagen und Nachforderungen ergeben sollen. Da im Bericht vom mehrmals der Ausdruck "Pauschale Nachverrechnung" und runde Summen verwendet würden, sei davon auszugehen, dass es sich um unzulässige Schätzungen handle.

Aus den mit den Zustellern abgeschlossenen Werkverträgen gehe eindeutig hervor, dass die Absicht der Parteien in jedem Fall darin gelegen sei, einen Werkvertrag abzuschließen. So seien die Vertragsverhältnisse auch "gelebt" worden. Der Bf. als Auftraggeber habe keine Verfügungsmacht über die Arbeitskraft der Zusteller gehabt und diese seien in keiner Weise in den Betrieb des Bf. eingebunden gewesen und hätten nicht dessen Weisungen unterlegen. Die Werkvertragsnehmer hätten eine umfassende unternehmerische Stellung gehabt, sie allein hätten bestimmt, ob sie einen Auftrag annehmen wollten, sie allein hätten die Art der Zustellung bestimmt und hätten sie mit eigenen Betriebsmitteln durchgeführt bzw. durchführen lassen. Die Zusteller seien nicht verpflichtet gewesen, einen Auftrag persönlich auszuführen. Sie hätten sich jederzeit vertreten lassen können und hätten das auch in der Praxis häufig getan. Sie wären an keine Dienstzeiten gebunden gewesen, die Entlohnung sei einzig und allein von der erbrachten Leistung, d.h. von der Anzahl der Zustellungen abhängig gewesen. Die Zusteller seien nicht nur für den Bf. sondern auch für andere Unternehmer tätig gewesen.

Die typischen Merkmale eines Dienstverhältnisses seien daher keinesfalls vorgelegen.

Die als Beschwerde zu behandelnde Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt:

"Die vom Berufungswerber am eingebrachte Berufung wurde zwar verspätet eingebracht, auf Grund des am eingebrachten Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gilt die Berufung jedoch als rechtzeitig eingebracht.

Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitsgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Vorliegen eines Unternehmerrisikos oder der Befugnis, sich vertreten zu lassen) Bedacht zu nehmen (vgl. das Erkenntnis vom , 2009/15/0200).

Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Nicht schon jede Unterordnung unter den Willen eines anderen hat die Arbeitnehmereigenschaft einer natürlichen Person zur Folge, denn auch der Unternehmer, der einen Werkvertrag erfüllt, wird sich im Allgemeinen bezüglich seiner Tätigkeit zur Einhaltung bestimmter Weisungen seines Auftraggebers verpflichten müssen, ohne hierdurch allerdings seine Selbständigkeit zu verlieren. Dieses sachliche Weisungsrecht ist auf den Arbeitserfolg gerichtet, während das für die Arbeitnehmereigenschaft sprechende persönliche Weisungsrecht einen Zustand wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit fordert (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/14/0070). Die Tätigkeit der genannten Personen bestand darin, Speisen mit dem eigenen PKW zuzustellen. Nach den mit zwei Zustellern (P3, P2) im Zuge der GPLA-Prüfung vom Prüfer der WGKK durchgeführten Niederschriften wurden die Einsatzzeiten mit [dem Bf.] individuell vereinbart. Dazu lag im Betrieb des Berufungswerbers eine Liste auf, in der sich die Zusteller selbstständig eintragen konnten. Zu den vereinbarten Arbeitszeiten sind die Zusteller immer selber tätig geworden. Bezüglich einer eventuellen Vertretungsmöglichkeit wurde nichts vereinbart. Während der Einsatzzeiten waren die Zusteller im Betrieb des Berufungswerbers bzw. im Auto vor dem Betrieb des Berufungswerbers anwesend. Wenn eine Lieferbestellung einlangte, wurde die entsprechende Lieferung an die Kunden von den Zustellern vorgenommen. Die Zustellungen wurden automatisch im Computer des Berufungswerbers gespeichert. Pro Zustellung wurde ein Betrag von 4,-- Euro an die Zusteller bezahlt, auch wenn die Zustellung weil etwa ein Kunde nicht geöffnet hat, nicht vorgenommen werden konnte. Die Bezahlung richtete sich nach der Anzahl der Zustellungen und erfolgte monatlich im Nachhinein in bar.

Weiters wurde im Zuge der Berufungserledigung mit [dem Bf.] ebenfalls eine Niederschrift aufgenommen. Nach Angaben des Berufungswerbers waren während der geregelten Öffnungszeiten von 11.00 bis 24.00 Uhr jeweils 1 bis 3 Zusteller gleichzeitig tätig. Die Einsatzzeiten der Zusteller wurden von diesen untereinander organisiert. Fallweise musste [der Bf.] auch selbst Zustellungen vornehmen, weil keine Zusteller anwesend waren. Die nach den Angaben der Zusteller in der Filiale aufliegende Liste, in welche sich diese eintragen mussten, ist [dem Bf.] nicht bekannt. Es war notwendig, dass sich die Zusteller zu Beginn ihrer jeweiligen Tätigkeit melden, damit die Organisation der Zustellungen vorgenommen werden konnte. Die einzelnen Zustellungen wurden mit dem Namen des jeweiligen Zustellers EDV-mäßig erfasst. War ein Zusteller mit einer Zustellung fertig, hat er sich wieder beim Koch gemeldet, damit dieser wusste, dass der Zusteller weitere Zustellungen vornehmen kann. Jeden Abend wurde die Anzahl der Zustellungen von den Zustellern mit dem Koch verglichen und kontrolliert.

Eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus sowie ein Weisungsrecht des Arbeitsgebers zeigt sich im berufungsgegenständlichen Fall insbesondere dadurch, dass nach den Angaben der befragten Zusteller im Betrieb eine Liste (welche zwar dem Berufungswerber nach dessen Aussage nicht bekannt war) aufgelegen hat, in welche sich die Zusteller für Ihre Dienste eintragen konnten. Hier erkennt die Behörde eine Art von Dienstplan, welcher auch nach Natur der Sache notwendig war, um die reibungslose Zustellung der Speisen und Getränke zu gewährleisten. Hätte es eine derartige Planung nicht gegeben, wäre die notwendige zeitgerechte Zustellung der Waren nicht gewährleistet gewesen.

Vertretung:

Nach dem Ergänzungsschreiben zur Berufung vom konnten sich die Zusteller jederzeit vertreten lassen und haben dies in der Praxis auch häufig getan. Dazu haben die befragten Zusteller übereinstimmend angegeben, dass diese die Zustellungen immer selber vorgenommen haben. Auch nach Punkt 9 des übermittelten "Werkvertrages" war eine Vertretung nicht uneingeschränkt möglich. Demnach hatte der Auftragnehmer dem Auftraggeber die Tatsache der Vertretung und die Person mitzuteilen, weshalb gegenständlich nicht von einer allgemeinen Vertretungsmöglichkeit, welche das Vorliegen von Dienstverhältnissen ausschließen würde, nicht auszugehen war.

einzelne gesonderte Aufträge

Im vorliegenden Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom wird ausgeführt, dass gegenständlich einzelne gesonderte Aufträge vergeben wurden. Dem ist entgegenzuhalten, dass schon allein der im Rechtsmittelverfahren vorgelegte "Werkvertrag" vorerst befristet für eine Zeit von 6 Monaten abgeschlossen wurde, weshalb hier von einem Dauerschuldverhältnis auszugehen ist

Zusammenfassend war im berufungsgegenständlichen Fall vom Vorliegen von Dienstverhältnissen im Sinne des § 47 EStG der Zusteller zum Berufungswerber auszugehen.

Im Zuge der Erlassung der BVE wurden für folgende Zusteller Dienstverhältnisse festgestellt:

P10, P3, P6, P9, P4, P5, P8, P7, P2  sowie P1.

An Hand der übermittelten Buchhaltungskonten wurden die Lohnsteuer, der Dienstgeberbeitrag (DB) sowie der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) neu berechnet. Da nach der mit dem Berufungswerber durchgeführten Niederschrift von den Zustellern Honorarnoten für jeweils einen Monat gelegt wurden, wurde die Lohnsteuer nach den Daten der Buchhaltung pro Honorarnote jeweils nach dem Monatstarif ermittelt. Eine eventuell bereits von den Zustellern im Zuge deren Einkommensteuerveranlagungen entrichtete Einkommensteuer wurde auf die ermittelte Lohnsteuer angerechnet. Die genauen Berechnungen sind aus der Beilage zur Berufungsvorentscheidung ersichtlich."

Der Beilage zur Berufungsvorentscheidung sind neben einer detaillierten Berechnung der Lohnsteuer für jeden einzelnen Arbeitnehmer folgende Zusammenstellungen der Bemessungsgrundlagen und der darauf entfallenden Abgaben zu entnehmen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zusammenstellung 1-12/2007
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Name
Entgelt
DB
DZ
Lohnsteuer
P3
3.640,00
 
 
0,00
P6
3.684,00
 
 
0,00
P9
144,00
 
 
0,00
P4
4.262,00
 
 
135,45
P5
2.104,00
 
 
75,01
P8
4.652,00
 
 
365,96
P7
10.312,00
 
 
1.118,32
P2
19.818,00
 
 
3.699,77
P1
10.472,00
 
 
2.259,54
DB-DZ-Grundlage lt. Lohnverrechnung
19.726,30
 
 
 
DB-DZ-Grundlage 2007
78.814,30
 
 
 
Lohnabgaben lt. BVE
 
3.546,64
315,26
7.654,05
- Lohnabgaben gemeldet (vor GPLA)
 
-639,85
-56,86
0,00
- Lohnabgaben lt. GPLA
 
-1.731,51
-153,90
-2.845,10
Nachforderungen lt. BVE
 
1.175,28
104,50
4.808,95
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Zusammenstellung 1-2/2008
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Name
Entgelt
DB
DZ
Lohnsteuer
P10
380,00
 
 
0,00
P8
4.044,00
 
 
841,55
P2
3.380,00
 
 
587,01
DB-DZ-Grundlage lt. Lohnverrechnung
4.398,56
 
 
 
DB-DZ-Grundlage 1-2/2008
7.804,00
 
 
 
Lohnabgaben lt. BVE
 
351,18
31,22
1.428,56
- Lohnabgaben gemeldet (vor GPLA)
 
-197,93
-17,59
0,00
- Lohnabgaben lt. GPLA
 
-152,10
-13,52
-199,75
Nachforderungen lt. BVE
 
1,15
0,11
1.228,81

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag wurde das gesamte bisherige Vorbringen sowie die Beweisanträge aufrecht erhalten.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde von der rechtsfreundlichen Vertreterin des Bf. zunächst auf das Vorbringen in der Berufung vom , das ergänzende Vorbringen im Schriftsatz vom und im Vorlageantrag vom verwiesen, wobei sämtliches Vorbringen und sämtliche Beweisanträge vollinhaltlich aufrecht erhalten wurden.

Darüber hinaus wurde vorgebracht, die Vorschreibungen in den bekämpften Bescheiden gründeten sich darauf, dass Personen, die in den Jahren 2007 und 2008 als selbstständige Unternehmer für den Bf. auf Werkvertragsbasis Zustellungen vorgenommen hätten, als Dienstnehmer des Bf. "umqualifiziert" worden seien, weil die belangte Behörde nach einer GPLA-Prüfung den Standpunkt vertreten habe, die Zusteller seien - entgegen den schriftlichen Werkverträgen - als Dienstnehmer zu qualifizieren, sämtliche strittigen Steuerforderungen leiteten sich aus dieser "Umqualifikation " ab.

Die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit auf Werkvertragsbasis einerseits und einer Tätigkeit als echter Dienstnehmer im Sinne des EStG anderseits könne nur nach einer umfassenden Prüfung des Einzelfalles, also in Bezug auf jeden einzelnen (vermeintlichen) Dienstnehmer erfolgen, insbesondere sei in Bezug auf jeden einzelnen (vermeintlichen) Dienstnehmer gesondert zu prüfen und festzustellen, ob und aufgrund welcher Umstände im Einzelfall allenfalls persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit vom Bf. gegeben gewesen sein sollte.

Verwiesen wurde dazu beispielsweise auf das kürzlich ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2014/09/0041, welches ebenfalls die Qualifikation der Tätigkeit von Zustellern betroffen habe, weiters auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , L5102104487-1, worin eine Auskunft der zuständigen Gebietskrankenkasse nach § 43 ASVG zitiert werde, derzufolge eine rechtsverbindliche Beurteilung, ob ein Dienstvertrag oder ein Vertrag über eine selbstständige Leistung vorliege, ohne Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse im Nachhinein nicht möglich sei. Dabei komme es unter anderem darauf an, ob der jeweilige Zusteller über eine eigene Unternehmensorganisation verfügte, ob der Zusteller auch für andere Auftraggeber tätig gewesen sei, ob vom Zusteller einzelne Aufträge jederzeit hätten abgelehnt werden können, ob jederzeitige Vertretung möglich gewesen sei, usw. Die konkret maßgeblichen Verhältnisse könnten von Fall zu Fall verschieden sein.

Der Bf. habe immer den Standpunkt vertreten, dass die vormals von ihm beauftragten Zusteller im Prüfungszeitraum selbstständige Unternehmer gewesen seien. Schon aus den mit den Zustellern abgeschlossenen Werkverträgen gehe eindeutig hervor, dass die Absicht der Parteien in jedem Fall darin gelegen sei, einen Werkvertrag abzuschließen und so seien die Vertragsverhältnisse auch "gelebt " worden. Weder seien die Zusteller in den Betrieb des Bf. eingebunden gewesen, noch seien sie in irgendeiner Weise seinen Weisungen unterlegen. Ihre Unternehmerische Stellung werde v.a. dadurch unterstrichen, dass sie selbst bestimmt hätten, ob sie seinen Auftrag annehmen, ob sie einen Auftrag selbst durchführen oder sich dabei vertreten ließen, sie allein hätten die Art der Zustellung bestimmt und sie mit eigenen Betriebsmitteln durchgeführt. Die Entlohnung sei einzig und allein von der erbrachten Leistung, d.h. von der Anzahl der Zustellungen abhängig gewesen.

Fest stehe, dass die Beurteilung, ob tatsächlich ein Dienstverhältnis vorliege, hinsichtlich eines jeden Zustellers nur einzelfallbezogen festgestellt werden könne. Es sei für jeden einzelnen angeblichen Dienstnehmer zu untersuchen, ob tatsächlich die Kriterien für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses im Sinne des EStG 1988 angenommen werden könnten. Derartige einzelfallbezogene Erhebungen und Feststellungen seien jedoch von Seiten der Finanzbehörde bisher nicht durchgeführt worden, wären jedoch zur Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts unabdingbar gewesen. Weder seien die betroffenen Zusteller im Berufungsverfahren formell unter Wahrheitspflicht als Zeugen einvernommen, noch sämtliche anderen als Zeugen namhaft gemachte Personen, welche ebenfalls zu verschiedenen Zeiten für den Bf. Zustellleistungen erbracht hätten, und die wesentlichen Aussagen zur Eigenart der verrichteten Zustelltätigkeit hätten machen können.

Die im Zuge der gemeinsamen Prüfung von Organen der Gebietskrankenkasse durchgeführten Befragungen der beiden Zusteller P3 und P2 seien im gegenständlichen Verfahren von vornherein nicht verwertbar, und zwar aus folgenden Gründen: die Befragung sei ohne Beiziehung eines Dolmetsch erfolgt, obwohl beide Personen im Zeitpunkt der Befragung der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig gewesen seien, um die an sie gestellten Fragen im Detail zu verstehen und beantworten zu können. Darüber hinaus hätten die Befragungen ganz offenkundig ohne Belehrung über ihre Rechte und Pflichten als Zeugen stattgefunden. Auch seien diese angeblichen Befragungen dem Beschwerdeführer nie zur Kenntnis gebracht worden.

Eine Befragung von Herrn P1 habe im gesamten Verfahren nicht stattgefunden, könne aber aufgrund seines inzwischen eingetretenen Todes auch im Beschwerdeverfahren nicht nachgeholt werden, sodass die angebliche Dienstnehmereigenschaft von Herrn P1 im Nachhinein keinesfalls mehr festgestellt werden könne.

Die bereits gestellten Beweisanträge auf Einvernahme der im ergänzenden Schriftsatz vom genannten Zeugen würden ausdrücklich aufrecht erhalten und dahingehend ergänzt, dass die Einvernahmen jeweils unter Beiziehung von gerichtlich beeideten Dolmetschern für die jeweilige Muttersprache der Zusteller zu erfolgen haben.

Ausdrücklich aufrecht erhalten werde auch der Antrag auf Einvernahme des Bf. selbst.

Dass die Argumentation des Bf. auch von verschiedenen anderen Behörden und Gerichten geteilt werde, zeigten unter anderem folgende Beispiele:

a) Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich (nunmehr OÖ Landesverwaltungsgericht) vom , Zahl VwSen-253509/2/NK/HK, in einem sehr ähnlich gelagerten Fall:

Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände einer Zustelltätigkeit, in der es immer darum gehe, dass eine im Voraus bestimmte Ware rechtzeitig in einem ordentlichen Zustand an den Kunden ausgeliefert werde, habe der UVS des Landes Oberösterreich ausgesprochen, dass bei einer Zustelltätigkeit durchaus die Merkmale selbstständiger Leistungserbringung überwiegen könnten und sei daher in diesem Fall von einer selbstständigen Tätigkeit von Pizzazustellern ausgegangen. Der UVS Oberösterreich habe in einem treffenden Vergleich ausgesprochen, dass bei einem Taxiunternehmer auch niemand a priori dessen Selbstständigkeit anzweifeln würde, weil er (sei es auch durchaus vorwiegend) Patiententransporte für einen Sozialversicherungsträger, eine Pflegeeinrichtung oder eine Krankenanstalt durchführe und es sei nicht nachvollziehbar, dass für die Tätigkeit eines Speisenzustellers, der Zustellfahrten ausschließlich mit seinem eigenen Fahrzeug tätige, etwas anderes gelten sollte.

b) ln mehreren kürzlich ergangenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes seien hinsichtlich verschiedener Tätigkeiten (Fliesenleger, lnnenverputzter) selbstständige Tätigkeiten angenommen worden:

  •  Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zahl L504 2005827-1

  •  Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zahl G302 22004436-1

  • Im Erkenntnis vom , Zahl L 511 2005852-1 habe das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich den Transport als eigenes Werk qualifiziert.

c) Das Finanzamt Linz habe die Einkünfte eines im Jahr 2010 tägigen Zustellers zunächst (siehe Bescheid vom ) als Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit (=Dienstnehmer) qualifiziert, aufgrund einer Beschwerde des vermeintlichen Dienstnehmers sei die Steuervorschreibung geändert und die Einkünfte aus der Zustelltätigkeit nicht mehr als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit berücksichtigt (siehe Bescheid vom ) worden.

Ausdrücklich bestritten wurde auch die Höhe der vorgeschriebenen Abgaben und Beiträge, da den angefochtenen Bescheiden nicht schlüssig und nachvollziehbar zu entnehmen sei, aus welchen Beweisergebnissen sich die von der belangten Behörde angenommenen Bemessungsgrundlagen und Nachforderungen ergeben sollten.

Der Amtsvertreter stellte die Frage, welche weiteren Erkenntnisse aus neuerlichen bzw. erstmaligen Zeugeneinvernahmen getroffen werden könnten.

Vertreterin des Bf. hielt fest, dass die Verhältnisse jedes einzelnen Pizzazustellers zu überprüfen seien und verwies auf die diesbezüglich im Schriftsatz angeführte Judikatur.

Amtsvertreter verwies darauf, dass im Einkommensteuerrecht sowie auch hinsichtlich DB und DZ als wesentliche Kriterien die organisatorische Eingliederung und die Weisungsgebundenheit maßgeblich seien.

Vertreterin des Bf. führte aus, dass weder Weisungen gegeben worden seien, noch eine organisatorische Eingliederung vorliege. Es liege natürlich in der Natur der Sache, dass der Bf. darauf angewiesen gewesen sei, dass die Pizzen rechtzeitig und in der vorgesehenen Qualität beim Konsumenten angeliefert werden sollten.

Die vom FA in der Beschwerdevorentscheidung angesetzten Bemessungsgrundlagen wurden von der rechtsfreundlichen Vertreterin des Bf. bestritten.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 323 Abs. 38 erster und zweiter Satz BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in die von der belangten Behörde elektronisch übermittelten Schriftstücke laut Vorlagebericht, und die von der rechtsfreundlichen Vertretung des Bf. vorgelegten Schriftstücke.

Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Die Bf. betrieb als Franchisenehmer der Firma Franchisegeber in den Jahren 2007 und 2008 einen Speisen- und Getränkezustelldienst. Er übernahm ein bereits bestehendes Franchiseunternehmen der genannten Kette samt den bereits für dieses tätigen Zustellern. Dabei übernahm er einerseits einen Vertrag mit einem Zustelldienst, andererseits beschäftigte er auch selbst Zusteller. Die von ihm beschäftigten Zusteller waren nach einem im Voraus erstellten Dienstplan (Liste, in die sich jeder für einen noch freien Zeitraum eintragen konnte) anwesend und nahmen nach Eingang der Kundenbestellungen die Lieferung der Speisen und Getränke mit dem eigenen Pkw vor. Sie hatten sich an die einmal getroffene Diensteinteilung grundsätzlich zu halten, zu Beginn jeder Schicht am jeweiligen Standort zu erscheinen und sich im EDV-System an- und abzumelden. Warmhaltetaschen wurden den Zustellern zur Verfügung gestellt. Die Entlohnung erfolgte pro Zustellung. Wurden die bestellten Speisen und Getränke vom Kunden nicht angenommen oder die Bestellung storniert, hatte dies keine Geldeinbußen für die Zusteller zur Folge. Über eine Vertretung der vom Bf. selbst beschäftigten Zusteller wurden entgegen dem im Werkvertrag aufscheinenden Passus tatsächlich keine Vereinbarungen getroffen und kam es insofern auch zu keinen Vertretungen. Grundlage für die Tätigkeit der Zusteller im Prüfungszeitraum waren als "Werkverträge" bezeichnete Vereinbarungen, die jeweils für 6 Monate gültig sein sollten.

Die Zusteller legten auf den vom Bf. zur Verfügung gestellten Formularen, in welche sie lediglich ihren Namen, die Anzahl der Zustellungen und den dafür berechneten Betrag (pro Zustellung 4,00 €) einzutragen hatten, monatliche Rechnungen ohne Umsatzsteuer. Weder vom Bf. noch von den Zustellern wurden dafür Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt.

Die Zusteller erhielten für die einzelnen Monate die oben angeführten in der Beilage zur Berufungsvorentscheidung aufgelisteten Beträge, für welche monatlich die ebenfalls angeführten Lohnsteuerbeträge einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen gewesen wären. 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Angaben und Vorbringen des Bf. sowie den Aussagen der durch den Prüfer der Wiener Gebietskrankenkasse einvernommen Zeugen P3 und P2, die im Wesentlichen auch mit den Angaben des Bf. übereinstimmen, und folgender Beweiswürdigung:

Soweit der Bf. behauptet, bei der Firma P1seien immer unterschiedliche Zusteller gefahren, bliebt er dafür jeglichen Nachweis schuldig zumal sich diesbezüglich wohl ein Vermerk in den Aufzeichnungen finden müsste, um die Anzahl der Zustellungen richtig zuordnen zu können.
Dem Vorbringen, zu den Einvernahmen hätten ein Dolmetscher beigezogen werden müssen, ist entgegenzuhalten, dass sich keine stichhaltigen Hinweise dafür finden, dass die einvernommenen Personen die an sie gestellten Fragen nicht verstanden hätten. Es wurde auch nicht dargelegt, inwiefern die niederschriftlich festgehaltenen Aussagen im Hinblick auf angebliche Sprachprobleme unrichtig gewesen sein sollen, zumal sie im Wesentlichen mit den Aussagen des Bf. übereinstimmen. Schon deswegen liegt eine relevante Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht vor. Die Auskunftspersonen haben in ihren Einvernahmen, die auch von ihnen unterschrieben wurden, detaillierte und konkrete Angaben gemacht, die in dieser Form nicht möglich bzw. protokollierbar gewesen wären, wenn sie ernstliche Schwierigkeiten gehabt hätten, die deutsche Sprache zu verstehen bzw. sich in ihr auszudrücken.
Im Übrigen wurden auch die als "Werkverträge" bezeichnete Vereinbarungen mit den Zustellern in deutscher Sprache ohne Zuhilfenahme eines Dolmetschers verfasst. Offenbar ging der Bf. selbst davon aus, dass die Zusteller in der Lage waren, diese Vertragswerke zu verstehen. Die bloß auf Mutmaßungen gegründeten Zweifel des Bf. genügen nicht, an der materiellen Richtigkeit der Protokollierung zu zweifeln.

Hinsichtlich der Beweisanträge, sämtliche Zusteller unter Beiziehung eines Dolmetschers zu befragen, wird festgehalten, dass die rechtsfreundliche Vertretung des Bf. diesbezüglich nicht darlegt, inwieweit die beantragten weiteren Einvernahmen unter Beiziehung eines Dolmetschers im Rahmen einer mündlichen Berufungsverhandlung zusätzliche Klarheit zu den sachverhaltserheblichen Tatsachen erbringen könnte oder zu welchen konkreten, die bisherigen Aussagen erweiternden oder ergänzenden Themen die in den Beweisanträgen genannten Personen vernommen werden sollten. In welchen Punkten sich die Tätigkeit der anderen von jener der vernommenen Personen unterschieden hätte oder welche weiteren konkreten Sachverhaltsfeststellungen nach Durchführung der Vernehmungen der vom Bf. angeführten Personen hätten getroffen werden können, wird mit dem Vorbringen, "zum Beweis des gesamten Vorbringens", nicht dargetan. Wenn  unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2014/09/0041, darauf hingewiesen wird, dass Zusteller bei mehreren Dienstgebern beschäftigt gewesen seien, so ist diesbezüglich einerseits festzuhalten, dass es sich bei den weiteren Dienstgebern um weitere Franchisenehmer des selben Franchisegebers gehandelt hat und die Arbeitszeiten laut Aussage des Zeugen P3abgestimmt wurden. Darüber hinaus hält auch der Verwaltungsgerichthof in dem (im Übrigen zum Thema des Verstoßes gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz ergangenen) genannten Erkenntnis fest, dass der Annahme einer nichtselbständigen Beschäftigung die Existenz eines weiteren Dienstverhältnisses nicht entgegensteht, sofern der Beschäftigte nicht für eine unbegrenzte Anzahl ständig wechselnder Unternehmer tätig wird. Dafür aber, dass die weiteren nicht vernommenen Zusteller in jenem Zeitraum, in dem sie für den Bf. tätig waren, für eine unbegrenzte Anzahl weiterer Unternehmen tätig gewesen sein sollen, liegen einerseits keine Anhaltspunkte vor bzw. wurden vom Bf. auch keine derartigen Umstände auch nur behauptet, andererseits erscheint es im Hinblick auf die Anzahl der pro Monat abgerechneten Zustellungen gar nicht möglich, dass die Zusteller in diesen Zeiträumen auch noch für eine unbegrenzte Zahl weiterer Unternehmen tätig gewesen sein könnten. 

Die beantragten weiteren Erhebungen konnten daher aus den dargelegten Gründen unterbleiben, zumal es der Bf. selbst unterlässt, auf die einzelnen Zusteller individuell einzugehen bzw. darzulegen, inwieweit deren Beschäftigungsverhältnis von jenen der befragten Zeugen und dem vom Bf. selbst geschilderten abgewichen wäre. Im Hinblick darauf, dass der rechtsfreundliche Vertreter des Bf. selbst angibt, die vom Bf. mit den einzelnen Zustellern abgeschlossenen Werkverträge hätten im Wesentlichen alle den gleichen Inhalt gehabt, erscheint es nicht nachvollziehbar, warum die "gelebten" Beschäftigungsverhältnisse unterschiedlich gewesen sein sollten. Darüber hinaus hätte es der Bf. in der Hand, sein diesbezügliches Vorbringen anhand von Unterlagen zu belegen, die beispielsweise über die behaupteten Vertretungen existieren müssten, weil ja der Koch nur mit den tatsächlich anwesenden Zustellern die getätigten Zustellungen abstimmen konnte und daher im Vertretungsfall wohl vermerkt haben müsste, wen der tatsächliche Zusteller nun vertreten habe. Andernfalls  hätte es zu keiner korrekten Abrechnung kommen können. Da aber der Bf. derartige Dokumentationen zum Beweis seines Vorbringens im gesamten Verfahren nicht vorgelegt hat, ist davon auszugehen, dass die Beschäftigung der Zusteller durch den Bf. für alle in gleicher Weise erfolgte.

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (z.B. ; , 98/14/0213; , 99/15/0250).

Im Hinblick darauf, dass der Bf. selbst das Beschäftigungsverhältnis mit seinen Zustellern im Wesentlichen gleich lautend mit den Aussagen der befragten Getränke- und Speisenzusteller schildert und auch nicht behauptet, dass sich das Beschäftigungsverhältnis der übrigen Zusteller - soweit sie nicht Arbeitnehmer eines näher genannten Zustelldienstes waren - davon unterscheidet, ist davon auszugehen, dass sämtliche vom Bf. unmittelbar Beschäftigten in gleicher Weise beschäftigt wurden.

Dem Einwand des Bf., dass den angefochtenen Bescheiden nicht zu entnehmen sei, wie sich die angenommenen Bemessungsgrundlagen und die geforderten Abgaben konkret errechnen und zusammensetzen würden, begegnete das Finanzamt im Berufungsverfahren mit der Übermittlung einer Berechnung, aus der sich wesentlich höhere Bemessungsgrundlagen als in den angefochtenen Bescheiden ergeben.

Bei den herangezogenen Bemessungsgrundlagen  handelt es sich um die in der Buchhaltung des Bf. auf dem Konto Werkverträge (Konto 5800) verbuchten Beträge, wobei auch die Zahlungsempfänger namentlich angeführt sind. Den einzelnen Beträgen wiederum liegen Rechnungen der angeblichen Werkvertragsnehmer an den Bf. ohne Ausweis von Umsatzsteuer zugrunde.

Die Berechnung der Lohnsteuer erfolgte in Anwendung des Steuertarifes auf die monatlich ausbezahlten Beträge.

Der festgestellte Sachverhalt ist folgendermaßen rechtlich zu würdigen:

1.) Betreffend Dienstnehmereigenschaft der genannten Getränke- und Speisenzusteller:

Gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) haben alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen, den Dienstgeberbeitrag zu leisten. Dienstnehmer sind nach § 41 Abs. 2 leg. cit. u.a. Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen.

Die Pflicht zur Entrichtung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag gründet sich auf § 122 Abs. 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1998 in der Fassung BGBl. I Nr. 153/2001.

Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitsgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers sind nach der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 die Kriterien, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen. In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Vorliegen eines Unternehmerrisikos oder der Befugnis, sich vertreten zu lassen) Bedacht zu nehmen (; , 2008/15/0180).

Kennzeichnend für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses ist, dass der Verpflichtung des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft (laufend) zur Verfügung zu stellen, die Verpflichtung des Arbeitgebers gegenübersteht, dem Arbeitnehmer einen vom Erfolg unabhängigen Lohn zu bezahlen (; , 2009/15/0200).

Die für das Dienstverhältnis charakteristische Weisungsunterworfenheit ist durch weitgehende Unterordnung gekennzeichnet und führt zu einer weitreichenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Dienstnehmers. Ein persönliches Weisungsrecht beschränkt die Entschlussfreiheit über die ausdrücklich übernommenen Vertragspflichten hinaus (vgl. Doralt, EStG6, § 47 Tz 37). Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt (). Hievon muss die sachliche und technische Weisungsbefugnis unterschieden werden, die etwa im Rahmen eines Werkvertrages ausgeübt wird und sich lediglich auf den Erfolg einer bestimmten Leistung bezieht (Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 47 Tz 4.3).

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zeigt sich u.a. in der Vorgabe der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Arbeitsmittel durch den Auftraggeber sowie die unmittelbare Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers ().

Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko besteht darin, dass der Leistungserbringer die Möglichkeit hat, im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl die Einnahmen als auch die Ausgabenseite maßgeblich zu beeinflussen und solcherart den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend zu gestalten ().

Kann sich der Auftragnehmer bei seiner Arbeitsleistung vertreten lassen und kann er über die Vertretung selbst bestimmen, so spricht dies gegen ein Schulden der Arbeitskraft und damit gegen ein Dienstverhältnis (Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 47 Tz 4.3.).

Bei der steuerlichen Beurteilung einer Tätigkeit kommt es auch nicht darauf an, in welches äußere Erscheinungsbild die Vertragspartner ihr Rechtsverhältnis gekleidet haben oder welche Beurteilung auf anderen Rechtsgebieten zutreffend sein sollte (/2009/15/0191).

Im gegenständlichen Fall wird bestritten, dass es sich bei den Beschäftigungsverhältnissen mit den Getränke- und Speisenzustellern um Dienstverhältnisses gehandelt hat. Das von der rechtsfreundlichen Vertretung zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes hat einerseits den Beschäftigungsbegriff nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zum Inhalt, und  bezeichnet andererseits ebenfalls folgende Merkmale als  typisch für die wirtschaftliche Unselbständigkeit:

  • die Verrichtung der Tätigkeit nicht in einem Betrieb oder einer Betriebsstätte des Verpflichteten, sondern in einem Betrieb des Unternehmers;

  • eine gewisse Regelmäßigkeit und längere Dauer der Tätigkeit;

  • die Verpflichtung zur persönlichen Erbringung der geschuldeten Leistung;

  • Beschränkungen der Entscheidungsfreiheit des Verpflichteten hinsichtlich der Verrichtung der Tätigkeit (Weisungsgebundenheit, "stille" Autorität);

  • die Berichterstattungspflicht;

  • die Arbeit mit Arbeitsmitteln des Unternehmers;

  • das Ausüben der Tätigkeit für einen oder eine geringe Anzahl, nicht aber für eine unbegrenzte Anzahl ständig wechselnder Unternehmer;

  • die vertragliche Einschränkung der Tätigkeit des Verpflichteten in Bezug auf andere Personen (Unternehmerbindung, Konkurrenzverbot);

  •  die Entgeltlichkeit und

  • die Frage, wem die Arbeitsleistung zu Gute kommt (vgl. ebenfalls ; sowie ).

Für eine unternehmerische Tätigkeit spricht laut dem zitierten Erkenntnis des VwGH hingegen, dass der Arbeitende das entsprechende wirtschaftliche Risiko tragen will, indem er z.B. losgelöst vom konkreten Auftrag spezifische Betriebsmittel anschafft, werbend auf dem Markt auftritt, auch sonst über eine gewisse unternehmerische Infrastruktur verfügt und seine Spesen in die dem Auftraggeber verrechneten Honorare selbst einkalkuliert, wie dies bei einer Pauschalabgeltung in der Regel der Fall ist (vgl. ebenfalls ).

In diesem Zusammenhang führt der Verwaltungsgerichtshof auch aus, dass es sich bei der Zustellung von Pizzen für eine Pizzeria, auch wenn dies mit einem Pkw erfolgt, im Wesentlichen um eine einfache Tätigkeit handelt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis erbracht wird (vgl. ebenfalls ).
Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem zum Sozialversicherungsrecht ergangenen Erkenntnis vom , 2009/08/0269, aus den festgestellten Beschäftigungsmerkmalen eines Pizzazustellers eine durchgehende Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit abgeleitet und zum anderen hat der Oberste Gerichtshof in seinem Beschluss vom , 8 ObA 49/10d, die Rechtsansicht der Vorinstanzen bestätigt, dass bei einem ähnlichen wie dem hier zugrundeliegenden Sachverhalt das Rechtsverhältnis einer Pizzazustellerin zu ihrem Arbeitgeber nicht als Werkvertrag oder freier Dienstvertrag, sondern als echter Arbeitsvertrag zu beurteilen ist.

Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom , 2013/15/0220, die Behandlung der Beschwerde des Franchisegebers des Bf. gegen die Berufungsentscheidung des GZ. RV/0687-L/09, in welcher die in gleicher Weise gestalteten Beschäftigungsverhältnisse mit den Getränke- und Speisenzustellern als Dienstverhältnis beurteilt wurden, mit der Begründung abgelehnt, die belangte Behörde sei zum Vorliegen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung ergibt sich im hier vorliegenden Berufungsfall folgendes Bild:

Weisungsgebundenheit:

Die Zusteller waren nach einem im Voraus erstellten Dienstplan (Liste) anwesend und nahmen nach Eingang der Kundenbestellungen die Lieferung der Speisen und Getränke mit dem eigenen Pkw vor. Sie hatten sich an die einmal getroffene Diensteinteilung grundsätzlich zu halten, zu Beginn jeder "Schicht" am jeweiligen Standort zu erscheinen, sich im EDV-System anzumelden und sich für Zustellungen bereit zu halten. Die im EDV-System des Bf. aufscheinenden Kundenbestellungen waren in der Zeit der Anwesenheit der Zusteller durch Vornahme der Zustellfahrten abzuarbeiten. Vorgaben dieser Art sprechen für Dienstleistungen und nicht für individualisierte Werkleistungen. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, begründet etwa das "Bereitstehen auf Abruf" eine besondere persönliche Abhängigkeit, die für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern eher typisch ist als für selbständige Unternehmer (). Das Vorbringen des Bf., die Zusteller hätten sich vertreten lassen können, wurde von den befragten Zustellern insofern verneint, als sie angaben, dazu seien keine Vereinbarungen getroffen worden und tatsächlich sei es auch niemals dazu gekommen, dass sie vertreten worden wären.
Die Möglichkeit, sich die Route nach örtlichen Zweckmäßigkeitsüberlegungen einteilen zu können, ändert nichts daran, dass die Zustelltätigkeit im Übrigen auch keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum zuließ.

Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers:

Die Tätigkeit der Zusteller war örtlich und zeitlich gebunden, mussten sie doch vom Gastronomiebetrieb des Bf. aus nach einem im Voraus erstellten Dienstplan Zustellungen an die Kunden des Bf. vornehmen. Die Bereitstellung des EDV-Systems und der Warmhaltetaschen sprechen ebenso für eine organisatorische Eingliederung der Mitarbeiter in den Betrieb des Bf. wie die Vorgabe von Arbeitszeiten durch das Bestehen eines Dienstplanes. Die Anwesenheitspflicht im Unternehmen des Bf., um jederzeit eine Lieferung übernehmen zu können, ist ein starkes Indiz für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses.

Laufende Lohnzahlung:

Zu den wesentlichen Merkmalen eines Dienstverhältnisses zählt, dass der Arbeitnehmer für seine Dienstleistungen laufend ein angemessenes Entgelt erhält, wobei Dienstverhältnisse an keine zeitliche Mindestdauer geknüpft werden, da auch eine nur kurz dauernde oder nur vorübergehende Beschäftigung ein solches begründen kann.

Sozialleistungen, wie die Gewährung von Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Absicherung bei Verletzungen mögen zwar Kennzeichen eines allgemein üblichen Dienstverhältnisses sein, ihr Fehlen bedeutet aber noch nicht, dass ein Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 nicht schuldet ().

Auch eine Entlohnung pro Zustellung spricht im gegebenen Zusammenhang nicht für die Selbständigkeit der Tätigkeit der Zusteller, da sie die von den Kunden eingenommenen Beträge vollständig an den Bf. abzuliefern hatten und hinsichtlich ihres Lohnes für die Lieferung keinerlei Möglichkeit hatten, diesen aufgrund eigener Kalkulationen festzusetzen. Sie hatten vielmehr den vom Bf. festgesetzten Lohn von 4,00 EUR pro Zustellung zu akzeptieren, unabhängig davon, welche Wegstrecke und Lieferzeit damit verbunden war.

Unternehmerwagnis:

Die Zusteller konnten weder individuelle Preise vereinbaren, noch an der Festlegung des Entgelts kalkulatorisch mitwirken. Allein die Möglichkeit, durch die Übernahme zusätzlicher "Schichten" die Höhe der Einnahmen zu beeinflussen, bedingt noch kein Unternehmerwagnis, wenn der jeweilige Zusteller nicht auch die mit der Leistungserbringung verbunden Kosten tragen muss (siehe auch Doralt, EStG6 § 47 Rz 60).

Gegen ein Dienstverhältnis spricht auch nicht die Möglichkeit der Zusteller, sich die Route nach örtlichen Zweckmäßigkeitsüberlegungen einteilen zu können. Dies allein ist kein Zeichen einer unternehmerischen Entscheidung, sondern Ausfluss dessen, dass typischerweise von einem Arbeitgeber nicht jeder einzelne Arbeitsschritt vorgegeben wird.

Das Vorliegen einer entsprechenden Gewerbeberechtigung ist im gegebenen Zusammenhang ebenso unerheblich wie gegebenenfalls eine Abrechnung in Form der Legung von Honorarnoten, weil es bei der steuerlichen Beurteilung einer Tätigkeit nicht darauf ankommt, in welches äußere Erscheinungsbild die Vertragspartner ihr Rechtsverhältnis gekleidet haben oder welche Beurteilung auf anderen Rechtsgebieten zutreffend sein sollte (vgl. /2009/15/0191).

Schließlich hatte die Unmöglichkeit der Zustellung oder Annahmeverweigerung durch die Kunden keine finanziellen Folgen für die Zusteller, sodass auch aus diesem Grund kein ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko dieser Personen erkennbar ist.

Vertretungsbefugnis:

Die Vereinbarung einer generellen Vertretungsbefugnis kann die persönliche Abhängigkeit und Dienstnehmereigenschaft von vornherein nur dann ausschließen, wenn das Vertretungsrecht tatsächlich genutzt wird oder bei objektiver Betrachtung eine solche Nutzung zu erwarten ist. Die einvernommenen Zusteller gaben an, dass eine Vertretungsregelung (entgegen der im Werkvertrag enthaltenen Regelung)  nicht vereinbart worden sei und tatsächlich auch nicht notwendig gewesen sei.

Aus den angeführten Gründen hat das Finanzamt zu Recht das Vorliegen von Dienstverhältnissen iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 angenommen, wobei vor dem Hintergrund der dargestellten Sach- und Beweislage auch die Verwendung des eigenen Kraftfahrzeugs durch die Zusteller an dieser Beurteilung nichts zu ändern vermag.

Hinsichtlich der vom Bf. angeführten Begründungsmängel ist anzumerken, dass diese im Rahmen des Beschwerdeverfahrens saniert werden können. Dementsprechend wurden sowohl vom GPLA-Prüfer als auch von der belangten Behörde weitere Ermittlungen durchgeführt, die dem Bf. im der Berufungsvorentscheidung auch zur Kenntnis gebracht wurden.

2.) Betreffend Haftung zur Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988:

Gemäß § 82 EStG 1988 haftet der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer. Der Umstand, dass die Voraussetzungen des § 83 Abs. 2 Z 1 und 4 oder Abs. 3 leg. cit. vorliegen, steht einer Inanspruchnahme des Arbeitgebers nicht entgegen.

Die Haftung wird durch einen Haftungsbescheid im Sinne des § 224 Abs. 1 BAO geltend gemacht, wodurch Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu Gesamtschuldnern (Mitschuldnern zur ungeteilten Hand gem § 891 ABGB) werden (§ 7 Abs. 1 BAO; vgl. ). Die Inanspruchnahme des Arbeitnehmers ist allerdings insofern beschränkt, als eine solche nur in den im § 83 Abs 2 und 3 EStG 1988 aufgezählten Fällen erfolgen kann.

Hat der Arbeitnehmer bereits im Rahmen der Veranlagung eine nicht einbehaltene Lohnsteuer entrichtet, so kann der Arbeitgeber dafür nicht mehr in Anspruch genommen werden (vgl. ).

Gemäß § 279 Abs. 1 BAO ist das Verwaltungsgericht berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Die Änderungsbefugnis der Abgabenbehörde zweiter Instanz schließt auch die Berechtigung ein, den Bescheid erster Instanz zu Ungunsten des Berufungswerbers abzuändern (so genannte Verböserung). Die Änderung darf jedoch nicht zu einer Entscheidung führen, die nicht "Sache" (also Gegenstand des Verfahrens) vor der Abgabenbehörde war.

Wie der Verwaltungs­gerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, wird bei einem Bescheid, mit dem eine persönliche Haftung geltend gemacht wird, die Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, durch den Tatbestand begrenzt, der für die geltend gemachte Haftung maßgebend ist.

Beim Haftungstatbestand des § 82 EStG 1988 umfasst die Änderungsbefugnis „selbst solche Fehler in der Lohnsteuerbe­rechnung, welche vom Finanzamt nicht aufgegriffene Sachverhalte betreffen. Entscheidend ist lediglich, dass das Verwaltungsgericht den Arbeitgeber für Lohnsteuerschuldigkeiten derselben Arbeitnehmer und für dieselben Zeiträume wie zuvor das Finanzamt mittels erstinstanzlichen Haftungs­bescheides heranzieht (vgl. Ritz, BAO5, § 279 Tz 12 sowie bspw. ).

Mit den bekämpften Haftungsbescheiden  wurde der Bf. zur Haftung für Lohnsteuerschuldigkeiten für  P1 für  die Zeiträume Jänner, Februar, Oktober, November und Dezember 2007, für  P2 für Februar bis Dezember 2007 sowie Jänner und Februar 2008 und P3 für August bis Oktober 2007 herangezogen. Laut Berechnung der Abgabenbehörde in der Berufungsvorentscheidung ergaben sich für die genannten Arbeitnehmer für die genannten Zeiträume folgende Bemessungsgrundlagen und daraus resultierende Lohnsteuerschuldigkeiten:

P1:    


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Entgelt 
Lohnsteuer 
Zeitraum
lt. Buchhaltung
berechnet
1/07
2.232,00
508,25
2/07
1.964,00
398,54
10/07
2.048,00
430,74
11/07
2.288,00
532,67
12/07
1.940,00
389,34
Summen
10.472,00
2.259,54
- bereits entrichtete ESt
 
0,00
LST-Nachforderung lt. BVE
 
2.259,54

 P2:    

2007


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Entgelt 
Lohnsteuer 
Zeitraum
lt. Buchhaltung
berechnet
1/07
 
 
2/07
2.108,00
454,20
3/07
1.972,00
401,61
4/07
1.308,00
147,07
5/07
1.980,00
404,67
6/07
1.588,00
254,41
7/07
1.978,00
403,91
8/07
2.016,00
418,47
9/07
1.724,00
306,54
10/07
1.696,00
295,81
11/07
1.604,00
260,54
12/07
1.844,00
352,54
Summen
19.818,00
3.699,77
- bereits entrichtete ESt
 
0,00
LST-Nachforderung lt. BVE
 
3.699,77

  2008


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Entgelt 
Lohnsteuer 
Zeitraum
lt. Buchhaltung
berechnet
1/08
1.556,00
242,14
2/08
1.824,00
344,87
Summen
3.380,00
587,01
- bereits entrichtete ESt
 
0,00
LST-Nachforderung lt. BVE
 
587,01

P3:


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Entgelt 
Lohnsteuer 
Zeitraum
lt. Buchhaltung
berechnet
8/07
904,00
0,00
9/07
1.832,00
347,94
10/07
904,00
0,00
Summen
3.640,00
347,94
- bereits entrichtete ESt
 
-381,71
LST-Nachforderung lt. BVE
 
0,00

Daraus ergeben sich folgende Haftungsbeträge:

für Lohnsteuer 2007 für


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P2
€ 3.699,77
P1
€ 2.259,54
ergibt 
€ 5.959,31

für Lohnsteuer 2008 für


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P2
€ 587,01
ergibt
€ 587,01

3.) Betreffend Festsetzung von DB und DZ:

§ 201 BAO idgF lautet:

"Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

(2) Die Festsetzung kann erfolgen,

1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,

2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,

3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden,

(Anm.: Z 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 20/2009)

5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.

(3) Die Festsetzung hat zu erfolgen,

1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist,

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 70/2013)

3. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295 die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen würden.

(4) Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen."

Nach § 201 Abs 2 Z 3 BAO kann eine Festsetzung ua erfolgen, wenn in sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden.

Bezogen auf den „Neuerungstatbestand“ ist somit erforderlich, dass für die Abgabenbehörde im Verfahren nicht geltend gemachte Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, wenn die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Voraussetzung für die Festsetzung ist daher, dass entscheidungserhebliche Tatsachen oder Beweismittel der Abgabenbehörde im Zeitpunkt der Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages noch nicht bekannt waren und dass diese Umstände nachträglich neu hervorkommen (etwa im Zuge einer Außen­prüfung).

Auf § 201 Abs 2 Z 3 BAO gestützte Festsetzungen liegen stets im Ermessen, dies unabhängig davon, ob sie auf Antrag oder von Amts wegen erfolgen können (vgl. Ritz, BAO5, Tz 37 und 38).

Im gegenständlichen Fall kam erst im Rahmen der GPLA-Prüfung hervor, dass der Bf. Dienstnehmer beschäftigt hatte, deren Löhne er nicht in die Bemessungsgrundlagen für DB und DZ einbezogen hatte. Dies wurde auch im Bericht über die GPLA-Prüfung festgehalten, auf dessen Ausführungen in den bekämpften Bescheiden zur Begründung hingewiesen wurde.

Da sich damit die Selbstberechnung von DB und DZ als unrichtig erweist, kann eine Festsetzung von DB und DZ für die genannten Jahre erfolgen. Es handelt sich dabei um eine Ermessensentscheidung.

Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessens­entscheidungen), müssen sich gemäß § 20 BAO in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Die maßgebenden Kriterien für die Übung des Ermessens ergeben sich primär aus der Ermessen einräumenden Bestimmung. In der Regel sind sie lediglich erschließbar aus dem Zweck der Norm (vgl. Ritz, aaO, § 20 , Tz 5).   

Die Ermessensübung hat sich vor allem am Zweck der Norm zu orientieren. Daher ist bei einer Festsetzung nach § 201 BAO, die sich nach den Kriterien der Wiederaufnahmen der Verfahren (§ 303 BAO) richtet,  insbesondere der Vorrang des Prinzips der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) vor jenem der Rechtsbeständigkeit zu beachten (vgl. Ritz, aaO, § 20 , Tz 6 und die dort wiedergegebene Judikatur und Literatur).  

Unter Billigkeit versteht die ständige Rechtsprechung die „Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei“, unter Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben (vgl. Ritz, aaO, § 20 , Tz 7).

Da nicht erkennbar ist, welche berechtigten Interessen des Bf. der korrekten Festsetzung der genannten Abgaben entgegenstehen könnten, andererseits ein Interesse der Allgemeinheit an der gleichmäßigen Besteuerung aller Steuerpflichtigen besteht, erscheint die Festsetzung nicht unbillig. Im Hinblick darauf, dass die Festsetzung zu einer nicht unerheblichen Nachforderung an DB und DZ führt, stehen ihr auch nicht das Gebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit entgegen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da über die im gegenständlichen Fall zu lösende Rechtsfrage, die in der Beurteilung der Beschäftigungsverhältnisse des Bf. mit seinen Zustellern besteht, entsprechend der oben wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entschieden wurde, war die Revision nicht zuzulassen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 122 Abs. 7 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 82 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.7101390.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at