Entstehung der Abgabenschuld bei Liegenschaftsverlosung - Vorschreibung Glücksspielabgabe?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Ploner über die Beschwerde des Bf., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel in Wien vom , Erf.Nr.: 123.456/7890, betreffend Glücksspielabgabe zu Recht
erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer (in der Folge auch bloß: Bf.) und dessen Gattin hatten im Dezember 2010 über das Internet eine Verlosungsveranstaltung bezüglich eine in ihrem gemeinsamen Eigentum stehende Liegenschaft samt Zubehör und einem Pkw in Gang gesetzt. Für die Übertragung der Liegenschaft an die im Juni 2013 durch Verlosung ermittelten Gewinner wurde ordnungsgemäß Grunderwerbsteuer entrichtet. In Anschluss daran führte der Bf., ausgehend vom Gesamtwert aller verkauften Lose in Höhe von € 1.298.306,00, eine Selbstberechnung der Glücksspielabgabe durch und entrichtete den von ihm ermittelten Betrag von € 155.796,72 fristgerecht an das zuständige Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (im Folgenden auch nur: Finanzamt).
Dem einige Zeit später gestellten Antrag des Bf., die seiner Ansicht nach rechtsirrtümlich erfolgte Selbstberechnung mittels Festsetzungsbescheid richtigzustellen und den überwiesenen Betrag wieder zurückzuerstatten, kam das Finanzamt indes nicht nach.
Im Gegenteil setzte das Finanzamt dem Beschwerdeführer gegenüber gemäß § 201 Bundesabgabenordnung (BAO) mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid Glücksspielabgabe im Ausmaß von € 165.300,00 fest, wobei es als Bemessungsgrundlage den Gesamtbetrag der erzielbaren Einsätze in Höhe von € 1.377.500,00 (14.500 Lose zu je € 95,00 laut Internetauftritt samt Verlosungsbedingungen) heranzog. Überdies schrieb das Finanzamt dem Bf. noch vom Differenzbetrag zwischen der angemeldeten und der letztlich festgesetzten Glücksspielabgabe in Höhe von € 9.503,28 einen ersten Säumniszuschlag mit € 190,07 vor.
Seine dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde begründete der Bf. nach Darlegung des Verfahrensganges zunächst damit, dass der gesamte Verlosungsvorgang, der schon im Dezember 2010 begonnen habe, nicht unter die erst mit in Kraft getretenen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes (GSpG) fallen würde.
Darüber hinaus wäre die mit € 1.377.500,00 angesetzte Bemessungsgrundlage jedenfalls unzutreffend, da – wenn überhaupt – wegen verschiedener aktionsweise reduzierter Verkäufe nur der tatsächlich erzielte Verkaufserlös in Höhe von € 1.298.306,00 maßgeblich sein könnte.
Außerdem habe der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in seinem Erkenntnis vom , 2010/16/0101, entschieden, dass beim Erwerb eines Grundstückes im Anschluss an eine Verlosung von einem einheitlichen Vorgang ausgegangen werden müsse. Wegen der dabei erfolgten Festsetzung von Grunderwerbsteuer (GrESt) wäre die Vorschreibung von Rechtsgebühren im Sinne des Gebührengesetzes 1957 (GebG) nach dessen § 15 Abs. 3 unzulässig.
Gleiches müsste nach Ansicht des Bf. auch unter dem Regime des Glücksspielgesetzes gelten, da eine wie auch im gegenständlichen Fall vom Finanzamt gewählte Vorgangsweise infolge der dann entstehenden Doppelbesteuerung sowohl verfassungs- als auch EU-rechtlich verpönt wäre.
Über die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde wurde
erwogen:
Als Ergebnis des verwaltungsbehördlichen und des finanzgerichtlichen Ermittlungsverfahrens wird seitens des Bundesfinanzgerichtes nachstehender
Sachverhalt
als erwiesen und entscheidungsrelevant festgestellt:
Anfang Dezember 2010 hatten der Beschwerdeführer und dessen Gattin über eine im Internet eigens dafür eingerichtete Webseite eine Verlosungsveranstaltung betreffend eine in ihrem gemeinsamen Eigentum stehende Liegenschaft mit Haus samt Zubehör und einem Pkw in Gang gesetzt, wobei 14.500 Lose zu einem Preis von je € 95,00 aufgelegt wurden. Gleichzeitig erfolgte auch die Veröffentlichung der Verlosungsbedingungen und ist dies der Zeitpunkt, an dem sich die Veranstalter zum ersten Mal an die Öffentlichkeit gewendet haben.
Zufolge der einleitend enthaltenen Kurzbeschreibung des Verlosungsablaufes hätten die Interessenten ein Registrierungsformular auszufüllen und würden dann umgehend von den Veranstaltern per e-Mail eine Anmeldungsnummer mit der Aufforderung zur Einzahlung des Betrages, der dem Gegenwert für die Anzahl der von den Interessenten gewünschten Losreservierungen entspricht, bekommen. Nach Eingang des Losreservierungsbetrages würden die Interessenten (ebenfalls) per e-Mail die Losreservierungsnummern übermittelt bekommen. Jede Losreservierungsnummer werde bei Verlosungsbeginn zur Losnummer, wobei Beginn und Ort der Verlosung rechtzeitig auf der Homepage veröffentlicht würden.
Daran anschließend finden sich auf der Homepage die detaillierten Verlosungsbedingungen, welche im Folgenden entscheidungsrelevant zusammengefasst und zum Teil wörtlich übernommen dargestellt werden:
Verlosungsbedingungen:
Warum zuerst Losreservierung und nicht gleich Loskauf?
Von den Teilnehmern der Hausverlosung wird durch die Anmeldung vorerst ein Angebot zur Verlosungsteilnahme abgegeben. Durch diese Vorgangsweise fällt für den Verlosungsveranstalter im Angebotszeitraum noch keine Lossteuer (12%) an. Erst durch Bekanntgabe des Hausverlosungsbeginns erfolgt die Zuteilung der Losreservierungsnummer als Losnummer. Ab diesem Zeitpunkt wird die 12% Lossteuer für den Verlosungsveranstalter fällig (für die gesamte Losauflage!).
Weiters heißt es unter dem nächsten Punkt Allgemeines auch:
Der Beginn der rechtsverbindlichen Verlosung ist mit Annahme des Angebotes zur Teilnahme gegeben. Die Annahme und damit der Beginn wird spätestens nach Vorhandensein von ca. 14.500 Losreservierungen vom Verlosungsveranstalter auf der Homepage (…) bekanntgegeben.
Im Anschluss folgen dann genauere Ausführungen über Teilnahmeberechtigung, Veranstalter, Verlosungsgegenstand sowie Kosten und Gebühren.
Mit der Durchführung und Abwicklung wurde als Treuhänder eine Rechtsanwaltskanzlei beauftragt, welche die auf das von ihr für die Losreservierung eingerichtete Treuhandkonto überwiesenen Beträge zu verwalten, nach erfolgter Verlosung einen Kaufvertrag zu errichten und die grundbücherliche Durchführung zu beantragen hatte.
Im Folgenden wird dann zum Punkt Registrierung ausgeführt:
Durch das Ausfüllen des in der Homepage (…) eingefügten Registrierungsformulars wird den Teilnehmern eine Anmeldungsnummer zugeteilt. Eine Mehrfachanmeldung ist möglich.
Nach Aufforderung zur Überweisung des Losreservierungsentgeltes an das Treuhandkonto wird den Teilnehmern die Losreservierungsnummer(n) nach dem Zufallsprinzip zugeteilt.
Spätestens nach Erreichen von ca. 14.500 Reservierungen wird die Verlosung eingeleitet. Die Losreservierungsnummer wird dann zur Losnummer.
Der Punkt Verlosungsberechtigung beinhaltet nachfolgende Bestimmung:
Geht das vorgeschriebene Reservierungsentgelt nicht innerhalb von zehn Tagen nach Aufforderung am Treuhandkonto ein, verfällt die Berechtigung zur Teilnahme an der Verlosung.
Unter der Überschrift Verlosungsabwicklung finden sich nachstehende Ausführungen:
Die Losreservierungen gehen bis höchstens 14.500 Lose bzw. bis 3 Wochen vor Durchführung der Verlosung. Der Ort und Zeitpunkt des Verlosungstermins wird über die Homepage (…) bekanntgegeben.
Bei Erreichen von 14.500 Losreservierungen kann der Verlosungsveranstalter das Angebot der Teilnehmer zum Kauf der Lose annehmen. Der Verlosungsveranstalter kann auch vor Erreichen der 14.500 Reservierungen das Angebot zur Teilnahme und Kauf der Lose annehmen und die Verlosung unter vorgenannter Frist durchführen.
Bei Annahme gilt die jedem Teilnehmer bereits zugewiesene Losreservierungsnummer als Losnummer. Das bereits eingezahlte Reservierungsentgelt wird vom Treuhänder als Kaufpreis für das Los verwahrt.
Mit der Zuteilung der Losreservierungsnummer wird dem Verlosungsveranstalter von den Teilnehmern das unbefristete, unwiderrufliche Angebot zum Kauf eines Loses und zur Teilnahme an der Verlosung erteilt.
Dann folgen noch eine Darstellung der Ermittlung des letztendlichen Gewinners sowie der Durchführung der Eigentumsübertragung.
Der Modus bei der Nichtdurchführung der Verlosung wird wie folgt beschrieben:
Sollte aus rechtlichen Gründen, Gesetzesänderungen oder zu wenige Teilnehmer eine Einleitung zur Durchführung der Verlosung für die Losveranstalter unannehmbar sein, dann wird das Reservierungsentgelt, abzüglich € 5,00 für tatsächlich angefallene Kosten zurück überwiesen. Ein allfälliges Guthaben und sonstige nicht zuordenbare Beträge würden einem gemeinnützigen Zweck zugeführt werden.
Abschließend finden sich noch allgemein übliche Abreden über die Zulässigkeit eines Rechtsweges sowie datenschutzrechtliche Erklärungen.
Entsprechend den gerade dargelegten Verlosungsbedingungen ist dann die gesamte Veranstaltung abgelaufen. Bereits im Dezember 2010, und zwar beginnend mit 10. Dezember, haben sich zahlreiche an der Teilnahme Interessierte bestimmungsgemäß angemeldet, daran anschließend die der gewünschten Anzahl von Losen entsprechenden Beträge unter Angabe des ihnen zugeteilten Registrierungscodes auf das Treuhandkonto überwiesen und dafür jeweils Reservierungsnummern zugewiesen erhalten. Nach den im finanzgerichtlichen Verfahren nachgereichten Unterlagen waren bis zum Ablauf des Losreservierungen samt Entgeltsüberweisungen im Gesamtwert von € 5.415,00 erfolgt.
Die Homepage war dann am wie folgt aktualisiert worden: Es gilt unsere verbindliche Zusage, dass die Hausverlosung (abgesehen von "Höherer Gewalt") keinen Abbruch erfährt und somit sicher stattfinden wird.
Am gaben die Veranstalter über die Internetseite bekannt, dass alle (Anm.: die aufgelegten 14.500) Lose vergeben worden waren, eine Teilnahme daher nicht mehr möglich wäre, und dass die Verlosung am stattfinden werde.
Der tatsächlich von den Veranstaltern hereingebrachte Gesamterlös hatte sich wegen verschiedener verkaufsfördernder Maßnahmen (Weihnachtsaktion, andere verbilligte Aktionspakete) schließlich auf € 1.298.306,00 belaufen.
Nach Ziehung der Gewinner wurde diesen die Liegenschaft samt den mitverlosten Gegenständen ins Eigentum übertragen. Die auf den Erwerb der Liegenschaft entfallende Grunderwerbsteuer ist rechtskonform entrichtet worden.
Diese unstrittigen Feststellungen gründen sich auf den unbedenklichen Inhalt der dem Finanzgericht vorgelegten und später nachgereichten Unterlagen, insbesondere jenem der aus dem Bemessungsakt entnommenen Schriftstücke.
Der sohin festgestellte Sachverhalt ist im Hinblick auf die verfahrensentscheidende Frage, ob dem Beschwerdeführer gegenüber mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht Glückspielabgabe festgesetzt wurde,
rechtlich wie folgt zu würdigen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Glücksspielgesetz (GSpG) ist ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängt. Nach § 58 Abs. 1 GSpG unterliegen Verlosungen von Vermögensgegenständen gegen Entgelt, die keine Ausspielungen sind und sich an die Öffentlichkeit wenden, (…) einer Glücksspielabgabe von 12vH aller erzielbaren Einsätze.
Zwischen den Verfahrensparteien ist – nach Ansicht des Finanzgerichtes zu Recht – unstrittig, dass es sich bei der gegenständlichen Liegenschaftsverlosung um ein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielgesetzes handelt, welches der 12%igen Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 1 GSpG unterliegen könnte.
Bloß unterliegen könnte deshalb, da noch die verfahrensrelevante Frage zu klären ist, ob für diesen Vorgang überhaupt die Abgabenschuld entstanden ist.
Dazu normiert § 59 Abs. 1 Z 1 GSpG, dass in den Fällen des § 58 die Abgabenschuld im Zeitpunkt des Zustandekommens des Spielvertrages entsteht.
Diesbezüglich hat der VwGH in seinem Judikat vom , 2012/16/0159, erkannt, dass nach ständiger zivilgerichtlicher Rechtsprechung und Lehre unter den Begriff des "Rechtsgeschäftes" nicht nur Verträge, sondern auch einseitige Rechtsgeschäfte, Akte, Auslobungen, Offerte udgl fallen, wobei der VwGH hinsichtlich von Teilnahmebedingungen eines Gewinnspiels auf die Entscheidung des , verwies. Für Verlosungsbedingungen, die einseitig von den Verlosern (Anm.: gemeint also sowohl damals als auch im gegenständlichen Fall jeweils die Beschwerdeführer als Veranstalter) aufgestellt wurden, könne nichts anderes gelten, weshalb vom Vorliegen eines Rechtsgeschäftes (Anm.: sowohl in grunderwerbsteuerlicher als auch in zivilrechtlicher Sicht) ausgegangen werden könne. Zu Teilnahmebedingungen wie im Fall 2010/16/0101, die nach Ansicht des Finanzgerichtes nahezu identisch sind mit den hier zu beurteilenden und auch mit den im Verfahren 2012/16/0159 relevanten, hat der VwGH im bereits zitierten Erkenntnis vom , 2010/16/0101, ausgesprochen, dass für den Erwerb eines Loses und damit der Spiel- und Gewinnberechtigung im Wesentlichen die Registrierung sowie die Einzahlung eines entsprechenden Geldbetrages ausreiche. Dass kurz vor dem Verlosungsbeginn den jeweiligen Registrierungsnummern jeweils eine oder mehrere Losnummern zugeordnet werden sollten, stehe der Beurteilung, dass bei Registrierung und Einzahlung des Lospreises der jeweilige Vertragsabschluss zustande gekommen ist, nicht entgegen.
Im hier zu beurteilenden Fall hatten sich zahlreiche Interessenten schon im Dezember 2010 registrieren lassen und den geforderten Betrag für die gewünschte Anzahl an Losen bis zum Ablauf des auf das eigens dafür eingerichtete Treuhandkonto überwiesen bzw. zur Einzahlung gebracht. Der gerade zitierten höchstgerichtlichen Judikatur, die vom Vorliegen eines einseitigen Rechtsgeschäftes ausgeht, folgend sind demnach zahlreiche Vertragsabschlüsse hinsichtlich der Rechtsgeschäfte "Spielverträge" und den damit einhergehenden Erwerben von Gewinnchancen bereits im Dezember 2010 zustande gekommen.
Würde man indes der ursprünglichen, in den auf der Internetseite veröffentlichten Verlosungsbedingungen samt einer einleitenden Kurzübersicht zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht des Beschwerdeführers folgen, wonach es sich um zweiseitige Rechtsgeschäfte handle, die erst durch die Annahme der von den Interessenten gestellten Anbote durch die Veranstalter in Form der Bekanntgabe des Verlosungstermins gültig zustande gekommen wären, käme man nach Auffassung des Gerichtes trotzdem zu keiner anderen Beurteilung. Zu beachten ist nämlich, dass gemäß § 22 Abs. 1 BAO durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes die Abgabepflicht nicht umgangen oder gemindert werden kann. Nach Abs. 2 leg. cit. sind die Abgaben, wenn ein Missbrauch nach Abs. 1 vorliegt, so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären. Ein solcher Missbrauch ist eine rechtliche Gestaltung, die im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen ist und ihre Erklärung nur in der Absicht der Steuer(Abgaben)vermeidung findet. Es ist dann zu prüfen, ob der gewählte Weg noch sinnvoll erscheint, wenn man den abgabensparenden Effekt wegdenkt, oder ob er ohne das Resultat der Steuerminderung einfach unverständlich wäre (Ritz, BAO, Bundesabgabenordnung, Kommentar, 5., überarbeitete Auflage, Tz 2 zu § 22, mit zahlreichen Judikaturhinweisen).
Abgesehen von der gegenständlichen Verlosungsveranstaltung erlangten in allen anderen, dem Gericht bekannten, Haus- bzw. Liegenschaftsverlosungen die Interessenten die Berechtigung zur Teilnahme an der Verlosung bereits durch die Annahme der Verlosungsbedingungen durch die Anmeldung im Internet in Verbindung mit einer entweder gleichzeitigen oder einer in engem zeitlichen Zusammenhang damit stehenden Kaufpreiszahlung. Daran verschlägt auch nicht, dass die Entgelte für den Erwerb der Teilnahmeberechtigung in manchen Verlosungsfällen auch als Reservierungsgebühr o.ä. bezeichnet wurden, da es sich in letzter Konsequenz immer um den (Kauf-) Preis der die Teilnahmeberechtigungen repräsentierenden Lose handelt(e). Der allen Objektverlosungen immanente Vorbehalt, dass die Verlosung nur bei einem bestimmten Verkaufserfolg tatsächlich stattfinden würde, ist in diesem Zusammenhang nicht weiter von Relevanz. Der angestrebte wirtschaftliche Erfolg auch der gegenständlichen Verlosung war eindeutig die Übertragung der Liegenschaft auf den Gewinner gegen ein entsprechendes Entgelt, welches durch den Verkauf der Lose hereingebracht werden sollte. Diesen angestrebten Erfolg hätte der Beschwerdeführer aber ohne weiteres durch die in allen anderen Verlosungsfällen gewählte einfache Vorgangsweise, nämlich mit den am Erwerb von Teilnahmeberechtigungen und Gewinnchancen Interessierten die darauf abzielenden Vertragsabschlüsse durch Anmeldung und Bezahlung des Lospreises zu erlangen, erreicht. Der vom Bf. indes eingeschlagene, kompliziertere Umweg über Anbotstellung durch die Interessenten in Form von Registrierung und Bezahlung sowie dann erst eine ausdrückliche Annahme seitens der Veranstalter ist ohne den Vorteil der erhofften Abgabenvermeidung schlichtweg unverständlich. In dieses Bild fügt sich noch, dass im allgemeinen Wirtschaftsverkehr ein Anbot eben nur einen Vorschlag – fast ausschließlich ohne Erbringung einer weiteren Leistung – auf Abschluss eines zweiseitigen Vertrages darstellt. Ein Anbot mit gleichzeitig schon erbrachter Leistung seitens des Anbotstellers ist hingegen nicht nur ungewöhnlich, sondern nahezu undenkbar. Gleichfalls ausgeschlossen ist bei verständlicher Würdigung des Wesens eines An(ge)botes, dass dieses, wie in den Bedingungen unter dem Punkt "Verlosungsabwicklung" von den Veranstaltern postuliert wurde, von den Interessenten unbefristet und sogar unwiderruflich erteilt, also gestellt, wurde. Jeder nicht mit juridischem Spezialwissen ausgestattete und laufend mit juristischen Finessen befasste, also ein durchschnittlicher, über ein "normales" Allgemeinwissen verfügender, Teilnehmer müsste ungeachtet der Teilnahmebedingungen des gegenständlichen Gewinnspiels vermeinen, mit der Registrierung und Bezahlung des Lospreises nicht bloß ein quasi "in der Luft hängender" und ewig unwiderruflich gebundener Anbotsteller zu sein, sondern vielmehr schon die Teilnahmeberechtigung und damit seine Gewinnchance fix erworben zu haben. Von besonderer Bedeutung in diesem Zusammenhang erscheint dem Finanzgericht auch die in den Verlosungsbedingungen im Punkt Verlosungsberechtigung enthaltene Formulierung, wonach die Berechtigung zur Teilnahme an der Verlosung verfällt, wenn das vorgeschriebene Reservierungsentgelt nicht innerhalb von zehn Tagen nach Aufforderung am Treuhandkonto eingeht. Wie eine noch gar nicht existente Berechtigung zur Teilnahme (diese sollte nach der insbesondere aus der Bestimmung Allgemeines ableitbaren Intention der Veranstalter erst mit derAnnahme des Angebotes (Anm.: durch die Veranstalter) zur Teilnahme durch Bekanntgabe des Verlosungsbeginns auf der Homepage entstehen) infolge Nichtbezahlung des vereinbarten Entgeltes verfallen, also ungültig werden, kann, bleibt für das Gericht unergründlich. Das einzig erkennbare Motiv des Beschwerdeführers für die von ihm gewählte ungewöhnliche und unangemessene rechtliche Gestaltung des Verlosungsvorganges in Form der von den Veranstaltern erst anzunehmenden Anbote liegt demnach eindeutig in der Absicht der Vermeidung einer Belastung mit der vom Bf. als Lossteuer bezeichneten Glücksspielabgabe. Dies hat der Bf. sogar explizit in den einleitenden Ausführungen in den Verlosungsbedingungen konzedierend zum Ausdruck gebracht, weshalb von einem Missbrauch im Sinne des § 22 Abs. 1 BAO auszugehen und bei der Abgabenerhebung nach Abs. 2 leg. cit. vorzugehen ist. Bei Umlegung einer in der letztgenannten Gesetzesstelle geforderten, dem gewöhnlichen Wirtschaftsleben angemessenen und üblichen rechtlichen Gestaltung bzw. Vorgangsweise auf den nunmehr festgestellten Sachverhalt gelangt man zusammengefasst gesehen damit auf einen bereits im Dezember 2010 zustande gekommenen (Spiel-) Vertragsabschluss hinsichtlich der hier verfahrensrelevanten Objektverlosung als Glücksspiel.
Für die gegenständliche Entscheidungsfindung von Bedeutung ist weiters, dass im Bereich des Gebührenrechtes (und auch der Glücksspielabgabe) die steuerbaren Tatbestände im Wesentlichen an die äußere formalrechtliche Gestaltung anknüpfen und somit einer zivilrechtlichen Beurteilung grundsätzlich der Vorzug zu geben ist (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 39 zu § 1, , 85/15/0332). Obschon die wirtschaftliche Betrachtungsweise im Bereich des Gebührenrechtes in den Hintergrund tritt, ist kein Abgabengebiet von vornherein zur Gänze davon ausgeschlossen (Fellner, a.a.O., unter Hinweis auf die Entscheidung des ). Gemäß § 21 Abs. 1 BAO ist demnach für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Die abgabenrechtliche Würdigung eines Sachverhaltes darf also grundsätzlich nicht an der Bezeichnung des Vertragswerkes haften bleiben, sondern es ist der wahre wirtschaftliche Gehalt des Vertragswerkes zu erfassen und festzustellen, ob die zivilrechtliche Bezeichnung das von den Vertragspartnern Gewollte und wirtschaftlich Angestrebte zutreffend wiedergibt (Fellner, a.a.O., Rz 8 zu § 15; ). Korrespondierend mit der abgabenrechtlichen Norm des § 21 Abs. 1 BAO ist die zivilrechtliche Vorschrift des § 914 ABGB im gegenständlichen Verfahren ebenfalls ergänzend zu berücksichtigen. Nach dieser für die Auslegung von Verträgen bestimmten Vorschrift ist dabei nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Unter der zu erforschenden Absicht der Parteien ist nichts anderes als der Geschäftszweck zu verstehen, den jede der vertragschließenden Parteien redlicherweise der Vereinbarung unterstellen muss (Fellner, a.a.O., mit umfangreichen Judikaturhinweisen, zuletzt ). Bei der Auslegung eines Vertrages ist dessen gesamter Text und sind nicht einzelne Sätze heranzuziehen.
Unter Berücksichtigung der im letzten Absatz dargestellten abgaben- und zivilrechtlichen Grundsätze ergibt sich für das vorliegende Verfahren, dass die eindeutig erkennbare Absicht der beteiligten Parteien auf den Abschluss eines Vertrages gerichtet war, mit dem seitens der Veranstalter die in ihrem Eigentum stehende und offenkundig nicht mehr benötigte Liegenschaft durch Erzielung entsprechender Erlöse mittels Verlosung an den/die Gewinner/in/nen übertragen werden sollte. Den Interessenten wiederum war einzig daran gelegen, durch Kauf zumindest eines Loses eine Teilnahmeberechtigung und damit einhergehend eine Gewinnchance zu erwerben. Der Übung des redlichen Verkehrs und des allgemein üblichen Wirtschaftslebens entsprechend musste ein mit "normalen" juridischen Grundkenntnissen ausgestatteter Interessent, ungeachtet der einleitenden Ausführungen in den Verlosungsbedingungen, zur Ansicht und Überzeugung gelangen, dass mit der Anmeldung und Überweisung des Lospreises die Gewinnchance bereits erworben wurde (Anm.: wie dies in allen anderen aus Literatur und Judikatur bekannten Objektverlosungen so auch der Fall war). Bei Einbeziehung des gesamten Textes der im Internet veröffentlichten Erläuterungen und Verlosungsbedingungen in die gerichtlichen Erwägungen und insbesondere im Hinblick auf die schon oben aufgezeigten Widersprüchlichkeiten (Verfall einer noch gar nicht gültig entstandenen Teilnahmeberechtigung?) musste das Finanzgericht zur Ansicht gelangen, dass im Lichte der angeführten Verfahrensgrundsätze, entsprechend dem wahren wirtschaftlichen Gehalt des Vertragswerkes und der Übung des redlichen Verkehrs die Rechtsgeschäfte betreffend den Erwerb der Teilnahmeberechtigung und der Gewinnchance spätestens mit dem Einlangen des Lospreises auf dem Treuhandkonto zustande gekommen waren. Da dies in zahlreichen Fällen bereits im Dezember 2010 der Fall gewesen ist, geht das Bundesfinanzgericht insgesamt gesehen davon aus, dass eine Abgabenschuld schon im Jahr 2010 entstanden wäre.
Zur gleichen Ansicht würde man gelangen, wenn man die Literatur zur vergleichbaren Vorgängerbestimmung des § 16 Abs. 5 lit. b Gebührengesetz 1957 heranziehen würde. Nach Warnung-Dorazil, Stempel- und Rechtsgebühren, MANZsche Große Gesetzausgabe, 4. Auflage, Rn 19) zu § 16, ist der gebührenpflichtige Tatbestand bei Ausspielungen und ihnen gleichgehaltenen Veranstaltungen (Anm.: wie etwa eine mittels – einseitiger – Auslobung in Gang gesetzte Objektverlosung) durch die Vornahme jener Handlung verwirklicht, mit der sich der Veranstalter das erste Mal an die Öffentlichkeit wendet. Auch nach Gaier, Manzsche Handkommentare zum österreichischen Recht, Gebührengesetz, 2. Auflage, Rz 108 zu § 16, ist als maßgebliche Handlung im Sinne der gerade angeführten Bestimmung die Aufforderung an die Öffentlichkeit zur Teilnahme anzusehen. Daran und an die Entscheidung des , anknüpfend hat das BFG im Erkenntnis vom , RV/4100018/2010, bereits die Veröffentlichung der Teilnahmebedingungen im Zusammenhang mit dem ersten Losverkauf als die den gebührenrechtlichen Tatbestand verwirklichende Handlung qualifiziert. Im hier beschwerdegegenständlichen Fall wurden die Verlosungsbedingungen unstrittig schon im Dezember 2010 im Internet veröffentlicht. Ebenso erfolgten in diesem Zeitraum schon zahlreiche Losverkäufe, weshalb auch unter diesem Aspekt die Entstehung der Steuerschuld mit Dezember 2010 angenommen werden könnte.
Da jedoch nach § 60 Abs. 22 GSpG die §§ 57 bis 59 GSpG erst mit in Kraft getreten sind, die Steuerschuld für die verfahrensgegenständliche Verlosungsveranstaltung gemäß § 59 Abs. 1 Z 1 GSpG indes schon vor dem genannten Zeitpunkt entstanden wäre, unterliegt der Vorgang nicht den §§ 57 bis 59 GSpG und fällt damit auch nicht in den Anwendungsbereich des Glücksspielgesetzes.
Im Hinblick auf diese eindeutige Entscheidung hält das Finanzgericht eine nähere Befassung mit den übrigen Einwendungen des Bf. für nicht mehr erforderlich.
Die Festsetzung von Glücksspielabgabe dem Beschwerdeführer gegenüber erfolgte somit zu Unrecht, weshalb der angefochtene Bescheid aufzuheben war.
Abschließend wird noch festgehalten, dass in der Einleitung der Beschwerdeschrift auch der Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages genannt ist, in der Folge aber keinerlei diesbezügliche Ausführungen darin enthalten sind. Da auch dem Vorlagebericht des Finanzamtes keine Hinweise auf den Säumniszuschlagsbescheid, auf eine Beschwerde dagegen oder gar eine Vorlage einer diesbezüglichen Beschwerde entnommen werden können, geht das Finanzgericht davon aus, dass eine Vorlage tatsächlich nicht erfolgt ist und sich das Finanzamt eine weitere Befassung damit vorbehalten wollte.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Der Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof hatte zu erfolgen, da die hier allein streitentscheidende Frage, ob und wann bei einer Liegenschaftsverlosung die Abgabenschuld entstanden ist, durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die Erkenntnisse vom , 2010/16/0101 und 2012/16/0159) ausreichend geklärt ist.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Glücksspiel |
betroffene Normen | § 1 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 58 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 914 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 21 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 22 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 59 Abs. 1 Z 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 |
Schlagworte | Verlosung Hausverlosung Objektverlosung Liegenschaftsverlosung Entstehen der Steuerschuld Missbrauch Wirtschaftliche Betrachtungsweise Glücksspielabgabe |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2015:RV.4100403.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at