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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.05.2015, RV/6100447/2008

Keine Festsetzung eines Säumniszuschlages (mehr), wenn auf Grund der Änderungen der Bemessungsgrundlagen die Wertgrenze von 50 Euro pro Bescheid nicht mehr erreicht wird

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/6100447/2008-RS1
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Nebengebühren (Säumniszuschlag, Stundungs- und Aussetzungszinsen) setzt die Pflicht zur Erhebung dieser Nebengebühren nicht den Bestand einer sachlich richtigen oder gar rechtskräftigen, sondern eine formelle Abgabenschuld.
RV/6100447/2008-RS2
Im Fall der Abänderung der formellen Abgabenschuld sind nach den ausdrücklichen Regelungen in der BAO (§§ 212 Abs. 2, 212a Abs. 9) die genannten Nebengebühren abzuändern ().

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter M** in der Beschwerdesache E** , Adr.* , vertreten durch I* , Adr.** gegen den Bescheid des Finanzamtes A* vom betreffend Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen für das Jahr 2003 und 2004 zu Recht erkannt:

I.

Der Beschwerde wird gemäß § 279 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) stattgegeben.

II.

Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

III.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Entscheidungsgründe

Verfahren vor den Abgabenbehörden

Auf Grund der Nachforderungen an Umsatzsteuer für die Jahre 2003 und 2004 wurden in Anwendung des § 217 Abs. 1 und 2 der Bundesabgabenordnung (BAO) Säumniszuschläge wie folgt festgesetzt:


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Abgabe
Jahr
Frist
Betrag in Euro
Säumniszuschlag in Euro
Umsatzsteuer
2003
3.655,88
73,12
Umsatzsteuer
2004
2.795,43
55,91

In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Festsetzungen erforderlich gewesen seien, weil die Abgabenschuldigkeiten nicht innerhalb der Frist entrichtet worden seien.

Gegen diese Festsetzungen wurden fristgerecht berufen (Beschwerde erhoben) und unter anderem ausgeführt, dass keine Steuer anfalle und es daher auch keine Säumnis geben könne.

Die Berufung (Beschwerde) wurde ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung (Beschwerdevorentscheidung) der Rechtsmittelbehörde (Unabhängiger Finanzsenat; ab Bundesfinanzgericht) vorgelegt.

Übergangsbestimmung infolge Auflösung des Unabhängigen Finanzsenates

Mit wurde der Unabhängige Finanzsenat (UFS) aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezembers 2013 bei dieser Behörde anhängigen Verfahren geht gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das Bundesfinanzgericht (BFG) über. Dementsprechend normiert § 323 Abs. 38 BAO, dass die am beim UFS als Abgabebehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom BFG als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen sind.

B) Rechtslage

1) Fälligkeitstag Umsatzsteuer

Der Unternehmer hat spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuß unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Als Voranmeldung gilt auch eine berichtigte Voranmeldung, sofern sie bis zu dem im ersten Satz angegebenen Tag eingereicht wird. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Der Unternehmer wird nach Ablauf des Kalenderjahres zur Steuer veranlagt. Enden mehrere Veranlagungszeiträume in einem Kalenderjahr (§ 20 Abs. 1 und 3), so sind diese zusammenzufassen. Der Unternehmer hat für das abgelaufene Kalenderjahr eine Steuererklärung abzugeben, die alle in diesem Kalenderjahr endenden Veranlagungszeiträume zu umfassen hat.

Durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung wird keine von Abs. 1 und 3 abweichende Fälligkeit begründet.

(§ 21 Abs. 1, 4 und 5 UStG 1994)

Bei richtiger Vorgangsweise darf die Steuererklärung (Jahreserklärung) keine Differenzen, als die Gesamtheit der Voranmeldungen enthalten. Kommt es auf Grund der Veranlagung oder, wie im gegenständlichen Verfahren auf Grund einer Außenprüfung zu Nachforderungen, wie im gegenständlichen Verfahren die Nachforderungen an Umsatzsteuer für das Jahr 2003 und das Jahr 2004, so wird für diese Nachforderungen keine abweichende Fälligkeit (Absatz 5) gemäß Absatz 1 oder 3 begründet.

Diese Gesetzesfassung beruht auf der – vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom , G 111/84, ÖStZB 1985, 233 = Slg. 10.156 vertretenen – Rechtsauffassung, dass Nachforderungen an Umsatzsteuer auf Grund der Jahreserklärung bzw. auf Grund einer Außenprüfung zwangsläufig die Unrichtigkeit an Umsatzsteuer- Voranmeldungen für den Veranlagungszeitraum implizieren. Umsatzsteuernachforderungen auch auf Grund einer Außenprüfung sind damit zwangsläufig nicht entrichtete Vorauszahlungen.

Somit ergibt sich als Fälligkeitstag im Fall rückständiger Vorauszahlungen auch auf Grund einer Außenprüfung der 15. des auf den betreffenden Voranmeldungszeitraum (im gegenständlichen Verfahren ist dies der Dezember des Jahres 2003 und 2004) zweitfolgenden Monats, und somit, wie im gegenständlichen Verfahren der für das Jahr 2003 und der für das Jahr 2004 (s. Ruppe UStG 19943, § 21 Tz 41).

Da es sich bei der Veranlagung, ebenso wie nach einer Außenprüfung, um eine Festsetzung von Abgaben nach der Fälligkeit handelt, ist auf Grund der Zahlung der Nachforderung nach Fälligkeit grundsätzlich ein Säumniszuschlag, wie im gegenständlichen Verfahren für das Jahr 2003 und das Jahr 2004 verwirkt (s., , 97/15/0200 und , 99/13/0054).

2) Säumniszuschläge

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Säumniszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Dies gilt für Abgaben, deren Selbstberechnung nach Abgabenvorschriften angeordnet oder gestattet ist, mit der Maßgabe, dass die Summe der Säumniszuschläge für Nachforderungen gleichartiger, jeweils mit einem Abgabenbescheid oder Haftungsbescheid geltend gemachter Abgaben maßgebend ist.

(§ 217 Abs. 1, 2 und 10 BAO idF BGBl I Nr 71/2003

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Nebengebühren (Säumniszuschlag, Stundungs- und Aussetzungszinsen) setzt die Pflicht zur Erhebung dieser Nebengebühren nicht den Bestand einer sachlich richtigen oder gar rechtskräftigen, sondern eine formelle Abgabenschuld, wie im gegenständlichen Verfahren die Umsatzsteuer des Jahres 2003 und des Jahres 2004, voraus (vgl. zB das Erkenntnis vom , 95/13/0130). Im Fall der Abänderung der formellen Abgabenschuld sind nach den ausdrücklichen Regelungen in der BAO (§§ 212 Abs. 2, 212a Abs. 9) die genannten Nebengebühren abzuändern ().

C) Erwägungen

Auf Grund der vom Richter des Bundesfinanzgerichtes vorgenommenen verminderten Zurechnungen von getätigten Bareinkäufen bei der B** zum Unternehmen der Beschwerdeführerin (Gasthof) und der sich vom Richter des Bundesfinanzgerichtes vorgenommenen Zuschätzung von Erlösen unter anderem die Jahre 2003 und 2004 betreffend, wurden die Umsatzsteuernachforderungen der Jahre 2003 und 2004 verringert. Somit ergeben sich für die Festsetzung der Säumniszuschlägen geänderte Nachforderungsbeträge der Jahre 2003 und 2004, wie nachfolgend dargestellt:


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Abgabe
Jahr
Nachforderung
Betrag in Euro
 
Umsatzsteuer
2003
1.786,14
35,72
unter 50,00€ daher Nichtfestsetzung
Umsatzsteuer
2004
1.884,45
37,69
unter 50,00€ daher Nichtfestsetzung

Der Beschwerde gegen die Festsetzung der Säumniszuschläge für die Umsatzsteuer der Jahre 2003 und 2004 war daher stattzugeben und die angefochtenen Bescheide aufzuheben, da die Säumniszuschläge den Betrag von je € 50,00 pro geänderter Festsetzung für das Jahr 2003 und 2004 nicht (mehr) erreichten und daher nicht (mehr) festzusetzen waren.

D) Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Verfahren handelt es sich weder um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung noch fehlt eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und die zu lösende Rechtsfrage wurde in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht uneinheitlich beantwortet.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 21 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Säumniszuschlag
Wertgrenze
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.6100447.2008

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at