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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.04.2015, RV/5100724/2012

Differenzquotenberechnung ist auch bei Vorliegen eines Zessionsvertrages zulässig

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R

in der Beschwerdesache BF,

gegen den Bescheid des Finanzamtes FA vom , mit dem der Beschwerdeführer gemäß §§ 9, 80 BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Firma H GmbH (StNr. 000/0000) im Ausmaß von 7.556,95 € in Anspruch genommen wurde, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben. Die Haftungsinanspruchnahme wird auf folgende Abgabenschuldigkeiten eingeschränkt:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeit
Betrag
Umsatzsteuer
01/2011
3.123,30
Lohnsteuer
10/2010
1.223,79
Körperschaftsteuer
01-03/2011
349,60
Dienstgeberbeitrag
09/2010
241,11
Dienstgeberbeitrag
10/2010
483,43
Zuschlag zum DB
09/2010
56,09
Zuschlag zum DB
10/2010
38,68
Summe
 
 
5.516,00

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Gesellschaftsvertrag vom war die Firma K GmbH gegründet worden. Mit Gesellschafterbeschluss vom wurde unter anderem der Firmenwortlaut in H GmbH geändert, und der Beschwerdeführer mit Wirkung zum neuen allein vertretungsbefugten Geschäftsführer dieser im Firmenbuch zu FN1 protokollierten Gesellschaft (Primärschuldnerin) bestellt.

Über das Vermögen der Gesellschaft wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Wels vom das Konkursverfahren eröffnet. In diesem Insolvenzverfahren wurde am ein rechtskräftig bestätigter Sanierungsplan abgeschlossen, demzufolge die Gläubiger eine Quote von 20 % erhielten (10 % binnen drei Wochen, weitere 10 % binnen 12 Monaten). Mit Beschluss vom wurde das Konkursverfahren aufgehoben. Am hat der Beschwerdeführer als Alleingesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft und die Verlegung des Gesellschaftssitzes an seinen Hauptwohnsitz beschlossen.

In einem Vorhalt vom wies das Finanzamt den Beschwerdeführer darauf hin, dass er seit handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft und daher für die Entrichtung der Abgaben aus deren Mitteln verantwortlich gewesen sei. Bei der Primärschuldnerin seien im Hinblick auf das abgeschlossene Insolvenzverfahren folgende vor Konkurseröffnung fällig gewesene Abgabenschulden in Höhe von 8.438,47 € nicht mehr einbringlich:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeit
Betrag
 davon 80%
Umsatzsteuer
01/2011
3.904,13
3.123,30
Lohnsteuer
09/2010
2.130,29
1.704,23
Lohnsteuer
10/2010
2.142,47
1.713,98
Körperschaftsteuer
01-03/2011
437,00
349,60
Dienstgeberbeitrag (DB)
09/2010
944,59
755,67
Dienstgeberbeitrag (DB)
10/2010
846,33
677,06
Zuschlag zum DB
09/2010
75,57
60,46
Zuschlag zum DB
10/2010
67,71
54,17
Summe
 
 
 
8.438,47

Der Beschwerdeführer möge darlegen, weshalb er nicht dafür Sorge tragen habe können, dass die Abgaben entrichtet wurden (z.B. Fehlen ausreichender Mittel, Zessionsvereinbarung, Einstellung der Überweisungen durch die Hausbank, Weisungen der Gesellschafter usw.). Die entsprechenden Unterlagen zum Beweis seiner Rechtfertigung wären vorzulegen. Falls vorhandene Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden wären, sei dies durch geeignete Unterlagen zu belegen. Schließlich wurde der Beschwerdeführer um Darlegung seiner aktuellen persönlichen Verhältnisse ersucht.

Nach gewährter Fristerstreckung führte die steuerliche Vertreterin des Beschwerdeführers in einer Stellungnahme vom aus, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer Zessionsvereinbarung mit der Bank XY nicht mehr für die ordnungsgemäße Bezahlung der Abgabenschuldigkeiten sorgen habe können. Auf der dazu vorgelegten OP-Liste Kundenkonten per ist vermerkt: "Generalzession, an Bank XY". Aus den ferner vorgelegten OP-Listen Lieferanten vom , und sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer auch seinen Lieferantenverbindlichkeiten de facto nicht mehr nachkommen habe können und "keine wesentlichen Zahlungen" erfolgt wären. In ganz geringem Ausmaß seien Zahlungen geleistet worden um laufende Aufträge fertig stellen zu können um einen noch größeren Schaden zu vermeiden. Die Löhne September und Oktober 2010 habe der Beschwerdeführer auch nicht mehr zur Gänze überweisen können. Im September wären 7,23 % und im Oktober 28,6 % der Gehälter nicht mehr ausbezahlt worden. Die Lohnabgaben September und Oktober 2010 seien in den angeführten Lohnabgaben zur Gänze enthalten. Diese mögen um 7,23 % (227,78 €) bzw. 28,6 % (874,16 €) reduziert werden. Dazu wurden die Auszahlungsjournale sowie das Verrechnungskonto Löhne und Gehälter vorgelegt. Da im März 2011 (Fälligkeitszeitpunkt der Umsatzsteuer 01/2011) de facto keine Zahlungen mehr geleistet worden wären und somit auch keine Gläubigerbenachteiligung des Finanzamtes erfolgt sei, möge diese Abgabe aus der Vertreterhaftung herausgenommen werden. Die finanzielle Situation des Beschwerdeführers sei angespannt, da er seine privaten Ersparnisse für die Erfüllung des Sanierungsplanes der Primärschuldnerin eingesetzt habe und aufgrund der derzeitigen Entwicklung der Gesellschaft es auch nicht möglich sei, höhere Beträge aus der Firma zu entnehmen. Die Vertreterhaftung möge daher unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen entsprechend eingeschränkt werden bzw. aufgrund der wirtschaftlichen Situation auf eine Geltendmachung derselben verzichtet werden.

Mit Haftungsbescheid vom nahm das Finanzamt den Beschwerdeführer gemäß §§ 9, 80 BAO für folgende Abgabenschuldigkeiten der Primärschuldnerin in Anspruch:


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Abgabenart
Zeitraum
Betrag
Umsatzsteuer
01/2011
3.123,30
Lohnsteuer
09/2010
1.581,02
Lohnsteuer
10/2010
1.223,79
Körperschaftsteuer
01-03/2011
349,60
Dienstgeberbeitrag (DB)
09/2010
701,04
Dienstgeberbeitrag (DB)
10/2010
483,43
Zuschlag zum DB
09/2010
56,09
Zuschlag zum DB
10/2010
38,68
Summe
 
7.556,95

Dabei wurden die Lohnabgaben antragsgemäß um 7,23 % (September 2011) und 28,6 % (Oktober 2011) gegenüber den im Vorhalt ausgewiesenen Beträgen vermindert. In der Begründung wurden die allgemeinen Haftungsvoraussetzungen erläutert, dabei neuerlich auf die Geschäftsführerfunktion des Beschwerdeführers seit verwiesen, und zur Frage des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer durch das Eingehen der Zessionsvereinbarung damit einverstanden erklärt bzw. es hingenommen habe, dass die Bank sämtliche Forderungen einzieht. Im Abschluss einer solchen Zessionsvereinbarung sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine schuldhafte Pflichtverletzung zu erblicken, wenn es der Geschäftsführer unterlassen habe, insbesondere durch entsprechende Vertragsgestaltung vorzusorgen, dass die Bedienung der anderen Schulden (insbesondere der Abgabenschulden) nicht durch diesen Vertrag beeinträchtigt werde. Die vorgelegten OP-Listen Lieferanten, sowie der Hinweis in der Vorhaltsbeantwortung, es seien keine wesentlichen Zahlungen erfolgt, gäben weder Auskunft darüber, welche Gesellschaftsmittel zu den haftungsrelevanten Fälligkeitszeitpunkten vorhanden gewesen wären, noch ob diese anteilige für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden wären, und seien daher für sich alleine nicht geeignet, die Gläubigergleichbehandlung darzustellen und zu bescheinigen. Die haftungsgegenständliche Lohnsteuer sei vom Gleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen. Nach § 78 Abs. 3 EStG habe der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichten, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten. Da die Löhne September und Oktober nicht zur Gänze ausgezahlt worden wären, seien die Lohnabgaben um die angeführten Prozentsätze reduziert worden. Die Geltendmachung der Haftung sei eine geeignete Maßnahme, um den Abgabenausfall zu verhindern. Der Beschwerdeführer sei nach wie vor handelsrechtlicher Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der Primärschuldnerin, sodass davon auszugehen sei, dass die Abgabenforderung beim Haftungsschuldner auch einbringlich sein werde.

In der gegen diesen Haftungsbescheid eingebrachten Berufung vom führte die steuerliche Vertreterin aus:

"Die Zessionsvereinbarung mit der Bank XY wurde bereits im Oktober 2005 bei Übernahme der H GmbH vereinbart und wurde die Bank XY vom Geschäftsführer darauf hingewiesen die Umsatzsteuer für die eingegangenen Forderungen an das Finanzamt zu überweisen.

Unseres Erachtens kann daher nicht von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers gesprochen werden, da der bereits im Jahr 2005 geschlossene Zessionsvertrag nicht einseitig seitens des Geschäftsführers aufgelöst werden konnte und die Bank XY aufgrund Zessionsvereinbarung auf die Verpflichtung zu Abfuhr der Umsatzsteuer hingewiesen wurde.

Ein Vergleich der OP-Lieferantenliste vom 28. Februar und (Unterlagen liegen dem Finanzamt bereits vor) zeigt sich, dass in diesem Zeitraum Zahlungen in Höhe von € 15.995,33 (das sind 15,14 % der Gesamtverbindlichkeiten) geleistet wurden und unsere Erachtens nur in diesem Prozentsatz ein Verstoß gegen die Gläubigergleichbehandlung vorliegen kann.

Wir beantragen daher den nach Abzug der Lohnsteuerbeträge 09/2010 und 10/2010 verbleibenden Haftungsbetrag in Höhe von € 4.752,14 auf den durch den Verstoß gegen die Gläubigergleichbehandlung entstandenen Schaden in Höhe von 15,14 % auf einen Betrag von € 719,47 einzuschränken.

Gleichzeitig beantragen wird die Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO für einen Betrag von € 3.524,28 bis zur Erledigung der Berufung."

Am legte das Finanzamt diese Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.

In weiterer Folge stellte das Finanzamt fest, dass für die Ablöse eines vor Konkurseröffnung begründete Fahrnispfandrechtes mit Wirksamkeit ein Betrag von 2.200,00 € auf das Abgabenkonto der Primärschuldnerin geleistet worden war. Vom Finanzamt wurde diese Ablösezahlung laut einem Aktenvermerk vom "auf die älteste noch offenen Forderungen lt. RA vom " verrechnet. Diese Abgabenforderungen waren nach Ansicht des Finanzamtes die – nicht um die Sanierungsplanquote anteilig verminderte – haftungsgegenständliche Lohnsteuer 09/2010 (im ungekürzten Betrag von 2.130,29 €) und der ebenfalls nicht gekürzte Dienstgeberbeitrag 09/2010 (mit dem Restbetrag von 69,71 €).

Unter Berücksichtigung dieses Umstandes sowie der beantragten Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO errechnete das Finanzamt einen Betrag von 1.943,26 €, der vom Beschwerdeführer am eingemahnt und von diesem mit drei Überweisungen auf das Abgabenkonto der Primärschuldnerin (500,00 € per , 1.000,00 € per und 443,60 € per ) entrichtet wurde.

Am wurde vom persönlichen Abgabenkonto des Beschwerdeführers ein dort ausgewiesenes Guthaben in Höhe von 874,00 € zur teilweisen Abdeckung der haftungsgegenständlichen Abgaben umgebucht.

Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat anhängig gewesenen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 leg. cit. haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Voraussetzung für die Haftung sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

Im Insolvenzverfahren der Primärschuldnerin wurde der vorgelegte Sanierungsplan rechtskräftig bestätigt und auch vollständig erfüllt. Die damit für die Gesellschaft verbundene Restschuldbefreiung steht der Geltendmachung der Haftung für die die Sanierungsplanquote übersteigenden Abgabenschulden aber nicht entgegen, da die Frage, ob ein Erlöschen der Schuld gegenüber dem Primärschuldner auch dem Haftungspflichtigen zugutekommt, nach dem Zweck der den Schulderlöschungsgrund beinhaltenden jeweiligen Vorschrift zu prüfen ist. Davon ausgehend stellt ein (erfüllter) rechtskräftig bestätigter Sanierungsplan des Primärschuldners keinen Grund für die Befreiung des Haftungspflichtigen dar (Ritz, BAO, 5. Auflage, § 7 Tz 12 mit Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates samt zahlreichen weiteren Judikaturnachweisen).

Die Primärschuldnerin wurde durch den rechtskräftig bestätigten Sanierungsplan von der Verbindlichkeit befreit, ihren Gläubigern den Ausfall, den sie erleiden, nachträglich zu ersetzen. Die den Sanierungsplan übersteigende einzelne Abgabenforderung ist damit (gegenüber der Primärschuldnerin) erloschen und stand folglich nicht mehr als "älteste verbuchte Abgabenschuldigkeit" zur Verrechnung gemäß § 214 Abs. 1 BAO zur Verfügung (vgl. ). Damit erweist sich die vom Finanzamt vorgenommene Verrechnung der Ablösezahlung für das vor Insolvenzeröffnung begründete Pfandrecht auf die ältesten noch offenen Forderungen laut Rückstandsaufgliederung vom als unzutreffend. Richtigerweise sind zunächst die beiden Lohnabgaben (Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag 09/2011) um die Sanierungsplanquote von 20 % zu vermindern, und sodann die geleistete Ablösezahlung von 2.200,00 € von den restlich verbleibenden Abgaben in Abzug zu bringen.

Die um die Sanierungsplanquote von 20 % verminderte Lohnsteuer 09/2010 beträgt nur 1.704,23 € und wird durch die Ablösezahlung zur Gänze abgedeckt. Der verbleibende Restbetrag von 495,77 € (2.200,00 € abzüglich 1.704,23 €) reduziert den ebenfalls um die Sanierungsplanquote zu vermindernden Dienstgeberbeitrag 09/2010 von 755,67 € (944,59 € abzüglich 20 %) auf nur mehr 259,90 €. Davon ist schließlich noch der in der Stellungnahme vom für die Lohnabgaben 09/2010 ins Treffen geführte Prozentsatz von 7,23 % (Ausmaß der nicht mehr ausbezahlten Löhne und Gehälter) in Abzug zu bringen, sodass vom Dienstgeberbeitrag 09/2010 nur mehr ein haftungsrelevanter Restbetrag von 241,11 € verbleibt.

Im Übrigen sind die haftungsrelevanten Abgabenforderungen gegen die Primärschuldnerin ebenso unstrittig wie die bereits im Vorhalt des Finanzamtes und im angefochtenen Haftungsbescheid festgestellte Tatsache, dass der Beschwerdeführer seit (alleiniger) handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin war.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Geschäftsführers, darzutun, weshalb er den auferlegten Pflichten nicht entsprochen habe, insbesondere nicht habe Sorge tragen können, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf ().

Von den haftungsgegenständlichen Lohnsteuern verbleibt nach Berücksichtigung der von der Primärschuldnerin geleisteten Ablösezahlung für das Pfandrecht nur mehr die Lohnsteuer 10/2010. Bereits das Finanzamt verwies im angefochtenen Bescheid zutreffend darauf, dass die Lohnsteuer vom Gleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen ist. Reichen die einem Vertreter zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die Entrichtung der auf die ausbezahlten Löhne entfallende Lohnsteuer aus, darf der Geschäftsführer gemäß § 78 Abs. 3 EStG nur einen entsprechend niedrigeren Betrag zur Auszahlung bringen, sodass die davon einbehaltene Lohnsteuer auch abgeführt werden kann. Wird dagegen die auf ausbezahlte Löhne entfallende Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Primärschuldnerin - von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen. Die Verpflichtung eines Vertreters nach § 80 BAO geht hinsichtlich der Lohnsteuer über das Gebot der gleichmäßigen Behandlung aller Schulden (bzw. aller Gläubiger) hinaus (z.B. ). Die Haftung für Lohnsteuer wurde vom Beschwerdeführer auch grundsätzlich anerkannt, lediglich hinsichtlich der Höhe wurde eingewendet, dass die Löhne für Oktober 2010 nicht mehr zur Gänze ausbezahlt worden wären und daher die Lohnabgaben um 28,6 % zu kürzen wären. Dieser in der Stellungnahme vom glaubhaft gemachten Verantwortung trug bereits das Finanzamt mit einer entsprechenden Verminderung der Lohnabgaben für Oktober 2010 im Haftungsbescheid Rechnung.

Hinsichtlich der übrigen Abgaben verwies der Beschwerdeführer zunächst auf die zugunsten der Bank am (somit nach Übernahme der Geschäftsführung durch ihn) abgeschlossene Generalzession sämtlicher Forderungen, aufgrund derer er nicht mehr für die ordnungsgemäße Bezahlung der Abgabenschuldigkeiten sorgen habe können.

Der Abschluss eines solchen Zessionsvertrages, durch den einerseits die Bank als andrängender Gläubiger begünstigt, andererseits andere andrängende Gläubiger - insbesondere der Bund als Abgabengläubiger -  benachteiligt werden, stellt dann eine Pflichtverletzung dar, wenn der Geschäftsführer damit rechnen muss, durch die Zession die liquiden Mittel zur Berichtigung anderer Schulden als der Bankschulden, insbesondere der Abgabenschulden der Gesellschaft, zu entziehen. Der Abschluss eines Zessionsvertrages ist dem Vertreter der Körperschaft als Pflichtverletzung somit bereits vorzuwerfen, wenn er es unterlassen hat - insbesondere durch entsprechende Vertragsgestaltung - vorzusorgen, dass auch im Falle einer Änderung der Verhältnisse, wenn diese als bei Aufwendung entsprechender Sorgfalt nicht unvorhersehbar zu werten ist, die Bedienung der anderen Schulden, insbesondere der Abgabenschulden, nicht durch diesen Vertrag beeinträchtigt wird ( mit Hinweis auf ). Der bloße "Hinweis" des Beschwerdeführers an die Bank, dass die "Umsatzsteuer für die eingegangen Forderungen an das Finanzamt zu überweisen" sei, stellt keine ausreichende Vorsorge im Sinne dieser Rechtsprechung dar, sodass das Finanzamt vom Vorliegen einer Pflichtverletzung im Sinne des § 9 BAO ausgehen durfte.

Das ändert nichts daran, dass auch bei Vorliegen eines Zessionsvertrages eine Einschränkung der Haftung auf den Betrag, den der Abgabengläubiger bei Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes erhalten hätte, möglich ist.

Der Vertreter haftet nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern - was sich aus dem Wort "insoweit" in § 9 BAO eindeutig ergibt - nur in dem Umfang, in dem eine Kausalität zwischen der (schuldhaften) Pflichtverletzung des Vertreters und dem Entgang von Abgaben besteht. Reichten somit die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden und haftet der Vertreter nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und somit den Abgabengläubiger benachteiligt hat, so erstreckt sich die Haftung des Vertreters auch nur auf jenen Betrag, um den bei gleichmäßiger Behandlung sämtlicher Gläubiger die Abgabenbehörde mehr erlangt hätte als sie infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich bekommen hat. Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter. Vermag er nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung. Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden (; weitere Judikaturnachweise bei Ritz, a.a.O., § 9 Tz 27).

Es obliegt somit dem Beschwerdeführer nachzuweisen, welcher Betrag unter Einbeziehung der auf dem Konto der Hausbank eingegangenen Beträge bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre (). In die rechnerische Darstellung des Nachweises (Verhältnisrechnung) ist die gesamte Einnahmensituation einzubeziehen ().

Von einer solchen Darstellung kann im gegenständlichen Fall aber keine Rede sein. Das Vorbringen des Beschwerdeführers erschöpfte sich im Wesentlichen in einer Darstellung der Entwicklung der Lieferantenverbindlichkeiten. Obwohl das Finanzamt im angefochtenen Bescheid ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die im Zuge der Vorhaltsbeantwortung vorgelegten OP-Listen Lieferanten keine Auskunft darüber gäben, welche Gesellschaftsmittel zu den haftungsrelevanten Fälligkeitszeitpunkten vorhanden gewesen wären, wurde in der Berufung wieder nur auf die bereits vorgelegten OP-Listen Lieferanten verwiesen. Abgesehen davon, dass nicht näher dargestellt wurde, wie der Betrag von 15.995,33 € (Zahlungen an die Lieferanten im Zeitraum bis ) ermittelt wurde, sagt allein das prozentuelle Ausmaß, in dem die Lieferantengläubiger bedient wurden ("15,14 % der Gesamtverbindlichkeiten"), nichts darüber aus, in welchem Verhältnis die übrigen Gläubiger befriedigt wurden.

Wie dem Anmeldungsverzeichnis im Insolvenzverfahren der Primärschuldnerin zu entnehmen ist, umfassten die Lieferantenverbindlichkeiten nur einen Bruchteil der gesamten Schulden der Gesellschaft. In diesem Verfahren wurden Forderungen in Höhe von 629.198,77 € angemeldet, davon Forderungen der Bank in Höhe von 262.285,55 € (unbedingt) und 63.918,23 € (bedingt), Forderungen der OÖ Gebietskrankenkasse in Höhe von 45.467,67 €, Forderungen der Bauarbeiter Urlaubs- und Abfertigungskasse in Höhe von 15.666,67 €, sowie Forderungen der Banken Leasing GmbH & Co KG in Höhe von 9.410,47 € und der Banken Mobilienleasing GmbH in Höhe von 10.857,55 €. Demgegenüber wurden in den vorgelegten OP-Listen offene Verbindlichkeiten bei den Lieferanten in Höhe von 105.621,45 € (per ), 108.829,48 € (per ) bzw. 123.795,11 € (per ) ausgewiesen.

Zu den vorhandenen Gesellschaftsmitteln, insbesondere auch zu den am Bankkonto eingegangenen und von der Bank aufgrund des Zessionsvertrages einbehaltenen Mittel, wurden keinerlei Angaben gemacht. Da somit dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen ist, welche Gesellschaftsmittel vorhanden waren und welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, ist im gegenständlichen Fall eine Einschränkung der Haftung auf die Differenz zwischen diesem Betrag und der tatsächlich erfolgten Zahlung nicht möglich. Zu den bereits am und fällig gewesenen haftungsgegenständlichen Abgaben wurde überhaupt kein näher konkretisiertes Vorbringen erstattet (nicht einmal Vorlage von OP-Listen).

Im Falle des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht nach der ständigen Rechtsprechung eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung (Ritz, a.a.O., § 9 Tz 24 mit Judikaturnachweisen). Es wurden keinerlei Gründe vorgebracht, die Anhaltspunkte für einen Ausschluss des Kausal- bzw. des Rechtswidrigkeitszusammenhanges bieten würden; solche sind auch nicht aktenkundig.

Die Geltendmachung der Haftung liegt im Ermessen der Abgabenbehörde, das sich innerhalb der vom Gesetz aufgezeigten Grenzen (§ 20 BAO) zu halten hat. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff „Billigkeit“ ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff „Zweckmäßigkeit“ die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben mit allen gesetzlich vorgesehenen Mitteln und Möglichkeiten" beizumessen.

Die Geltendmachung der Haftung stellt die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar. Der öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare Abgaben einzubringen, überwiegt bei einer vorzuwerfenden Pflichtverletzung meist auch allfällige Billigkeitsgründe, die für eine Abstandnahme von der Heranziehung zur Haftung ins Treffen geführt werden. In diesem Zusammenhang brachte der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom vor, dass seine finanzielle Situation angespannt sei, da er seine privaten Ersparnisse für die Erfüllung des Sanierungsplanes der Primärschuldnerin eingesetzt habe und aufgrund der derzeitigen Entwicklung der Gesellschaft es auch nicht möglich sei, höhere Beträge aus der Firma zu entnehmen. Dabei übersieht der Beschwerdeführer aber, dass die Haftung keineswegs etwa nur bis zur Höhe der aktuellen Einkünfte bzw. des aktuellen Vermögens des Haftungspflichtigen geltend gemacht werden darf (; ). Eine Vermögenslosigkeit oder das Fehlen von Einkünften des Haftungspflichtigen steht in keinem Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung (). Diese kann auch dann zweckmäßig sein, wenn die Haftungsschuld im Zeitpunkt der Geltendmachung uneinbringlich ist, da dies nicht ausschließt, dass künftig neu hervorgekommenes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können (; ). Die wirtschaftliche Lage des Haftungspflichtigen steht für sich allein noch in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung (). Tatsächlich wurde ein nicht unerheblicher Teil der verbleibenden Haftungsschuld auch bereits durch Zahlungen des Beschwerdeführers abgedeckt. Zum einen wurde der nicht vom Aussetzungsantrag umfasste und daher vom Finanzamt eingemahnte Teil der Haftungsschuld in Höhe von 1.943,26 € mit den oben dargestellten Überweisungen entrichtet. Ferner wurde vom persönlichen Abgabenkonto des Beschwerdeführers ein dort ausgewiesenes Guthaben in Höhe von 874,00 € zur teilweisen Abdeckung der haftungsgegenständlichen Abgaben umgebucht. Diese Zahlungen vermindern zwar den vom Beschwerdeführer noch zu entrichtenden restlichen Haftungsbetrag, ändern aber nichts an dem grundsätzlich im Haftungsbescheid (bzw. im Erkenntnis des BFG) aufzuerlegenden Umfang der Haftungspflicht (vgl. ; dies gilt auch dann, wenn die "Zahlung" in der Umbuchung entsprechender Guthaben vom persönlichen Abgabenkonto des Berufungswerbers auf das Abgabenkonto der Primärschuldnerin zum Zwecke der teilweisen Abdeckung haftungsgegenständlicher Abgaben besteht: ). Die Haftung besteht daher in dem im Spruch angeführten Ausmaß zu Recht, ein Teil dieser Haftungsschuld wurde vom Berufungswerber aber bereits entrichtet, wodurch sich der offene Rest der Haftungsschuld auf nur mehr 2.698,74 € vermindert (5.516,00 € abzüglich 1.943,26 € und abzüglich 874,00 €).

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig, da den im gegenständlichen Verfahren zu klärenden Rechtsfragen keine weiter gehende, einzelfallübergreifende und rechtssystematische Relevanz und damit keine erhebliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukam bzw. die Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der die gegenständliche Entscheidung nicht abweicht, geklärt sind.

Linz, am

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