echter oder unechter Schadenersatz
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/0093-K/02-RS1 | Unechter Schadenersatz liegt vor, wenn mit der unter der Bezeichnung Schadenersatz geleisteten Zahlung Gegenleistungen abgegolten werden. |
Entscheidungstext
BerufungsentscheidungDer unabhängige Finanzsenat hat am über die Berufung der Bw., vertreten durch Dipl. Vw. Dr. Walter Nehsl, gegen die Bescheide des Finanzamtes Klagenfurt, vertreten durch OR Dr. Helmut Kusternik, betreffend Umsatzsteuer 1993 - 1995, Körperschaftsteuer 1993 - 1997, sowie Gewerbesteuer 1993 nach in Klagenfurt durchgeführter mündlicher Berufungsverhandlung entschieden: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Am Stammkapital der Bw., einer Gesellschaft m. b. H., sind drei Gesellschafter beteiligt, und zwar die Republik (60%), das Land (20%) und die Stadt (20%).
Gegenstand des Unternehmens der Bw. ist der Betrieb eines Flughafens mit allen hiermit in Zusammenhang stehenden Nebeneinrichtungen.
Eigentümerin des Grund und Bodens, auf dem der Flughafen betrieben wird, ist im Wesentlichen die Gesellschafterin Republik. Die Bw. ist Bestandnehmerin.
Mit Bescheid vom (3. Änderung der Zivilflugplatz-Bewilligung) erteilte das Bundesministerium der Bw. die Bewilligung, die Flughafengrenzen zu erweitern.
Der Flughafenbetrieb auf dem erweiterten Flughafenareal durfte erst nach der Erfüllung div. Auflagen aufgenommen werden. So wurde der Bw. u.a. die Verpflichtung auferlegt, innerhalb der erweiterten Flughafengrenzen die im südlichen und nördlichen Flughafenbereich vorhandenen "Luftfahrthindernisse" (Wohnhäuser, Garagen, sonstige Außenanlagen wie bspw. Zäune) zu beseitigen.
Die betroffen (bebauten) Liegenschaften wiederum standen im Eigentum Dritter. Um die angesprochene Verpflichtung erfüllen zu können, erfolgte die Aufnahme von Verhandlungen mit den betroffenen Grundstückseigentümern. Ein Teil der (bebauten) Liegenschaften wurde den Eigentümern gegen Barzahlung abgekauft.
Andere Liegenschaftseigentümer erhielten von der Republik auf Grund von im Jahre 1992 geschlossenen Tauschverträgen Ersatzgrundstücke. Im gleichen Jahr schloss die Bw. mit den Erwerbern derselben ebenfalls Vereinbarungen, mit denen sie sich verpflichtete, Ersatzwohnhäuser gemäß den beigeschlossenen Bau- und Ausstattungsbeschreibungen zu errichten.
Die Bw. vergab schließlich die Bauaufträge betreffend die Ersatzbauten an Professionisten.
Auch die Kosten für die Errichtung der Ersatzwohnhäuser wurden größtenteils von der Bw. getragen. Erwerber von Ersatzgrundstücken, die Ansprüche auf Wohnbauförderungsmittel hatten, verpflichtetet sich, um Zuteilung dieser Mittel in höchstmöglichen Ausmaß anzusuchen. Die zugeteilten Förderungsmittel wurden über Anweisung der Förderungswerber an die Bw. ausbezahlt, die dieselben sodann zweckgebunden für die Errichtung der Ersatzwohnhäuser verwendete. Die Bw. übernahm auf eigene Rechnung, jedoch im Namen der Förderungswerber die Rückzahlungsverpflichtung hinsichtlich der tilgungsplanmäßigen Abstattung der Förderungsschuld.
Teilweise wurden von den Erwerbern der Ersatzgrundstücke auch Eigenmittel aufgewendet (z. B. von E. K. ATS 200.000,--). Diese Eigenmittel wurden auf ein Bankkonto der Bw. überwiesen und von der Bw. ebenfalls zweckgebunden für die Errichtung der Wohnhäuser verwendet.
Den Erwerbern der Ersatzgrundstücke stand es frei, aufwändigere Bau- und Ausstattungsleistungen zu begehren. In Bezug auf derartige Mehrleistungen hatten die Erwerber der Ersatzgrundstücke allerdings gesonderte Vereinbarungen mit Professionisten abzuschließen und die Bezahlung der hiefür anfallenden Aufwendungen vorzunehmen.
Als Bauwerber gegenüber der Baubehörde traten jeweils die Erwerber der Ersatzgrundstücke auf. Die Einverleibung des Eigentumsrechtes an den erworbenen Ersatzgrundstücken ins Grundbuch wurde im Jahre 1993 vorgenommen.
Die Erwerber der Ersatzgrundstücke waren bereits in das vom Bundesministerium abgeführte Verfahren betreffend die Erteilung der Bewilligung hinsichtlich der Erweiterung der Flughafengrenzen einbezogen worden.
So war der Erlassung des obangeführten Bewilligungsbescheides im März 1987 auf dem Gelände des Flughafens eine entsprechende Verhandlung vorangegangen. In derselben wurden u. a. die betroffenen Grundeigentümer gehört. Beispielsweise führte S. S. aus:
"Ich und mein Gatte sind bereit, unsere Liegenschaft für die beantragte Erweiterung des Flughafens abzutreten, wenn wir entsprechenden Naturalersatz geboten bekommen. ....."
Die weiteren mit Ersatzgrundstücken befriedigten Grundeigentümern gaben in etwa gleich lautende Erklärungen ab.
Auf diese Ausführungen wurde auch im genannten Bewilligungsbescheid (S. 8) Bezug genommen:
"Was das Vorbringen der durch die Erweiterung der Flughafengrenzen betroffenen Liegenschaftseigentümer betrifft, die sich im Wesentlichen verkaufsbereit zeigten bzw. der Inanspruchnahme ihrer Grundstücke unter der Voraussetzung völliger Schadloshaltung bzw. eines entsprechenden Naturalersatzes zugestimmt haben, wird ihren berechtigten Forderungen bei den Grundeinlösungsverhandlungen zu entsprechen sein. Desgleichen wird der von einzelnen Liegenschaftseigentümern verlangten Einlösung von Restgrundstücken bei den Grundeinlösungsverhandlungen Rechnung zu tragen sein, da auch nach § 99 Abs. 2 Luftfahrtgesetz die Einlösung von Restgrundstücken grundsätzlich vorgesehen ist."
Schließlich legten die Professionisten, welche mit der Errichtung der Ersatzbauten beauftragt worden waren, über die von ihnen ausgeführten Leistungen Rechnungen an die Bw. In denselben wurde ausdrücklich auf die Erwerber der Ersatzbauten Bezug genommen (siehe beispielsweise die Schussrechnung des Unternehmens S. und O. über Baumeisterarbeiten vom : "über geleistete Baumeisterarbeiten für die Errichtung des BVH S. S. ...).
Die in diesen Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge zog die Bw. als Vorsteuern ab (1993: ATS 1.411.521,21, 1994: ATS 383.263,26, 1995: ATS 6.952,82). Die Nettoerrichtungskosten der Ersatzbauten wurden von der Bw. als "Hindernisbeseitigungskosten" aktiviert. In Bezug auf die Anschaffungskosten dieses Wirtschaftsgutes wurden Absetzungen für Abnutzung vorgenommen und Investitionsfreibeträge gewinnmindernd geltend gemacht.
Im Anschluss an eine bei der Bw. abgeführte, u. a. die Streitjahre umfassende Buch- und Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Ansicht, dass die Bw. die angesprochenen Umsatzsteuerbeträge zu Unrecht als Vorsteuern abgezogen habe. Als Folge dessen ergäbe sich auch eine Änderung der Anschaffungskosten - und damit der Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung - des Wirtschaftsgutes "Hindernisbeseitigungskosten". Vorsteuern, die nicht abgezogen werden könnten, gehörten nämlich nach § 6 Z 12 EStG 1988 nicht zu den Anschaffungskosten eines Wirtschaftsgutes. Die beanspruchten Investitionsfreibeträge seien auf Grund der Korrektur der Anschaffungskosten des Wirtschaftsgutes "Hindernisbeseitigung" ebenfalls zu erhöhen.
Zur Begründung führte der Prüfer aus, dass die Bw. - entgegen ihrem Vorbringen - mit der Errichtung der Ersatzbauten keinerlei Schadenersatzverpflichtung erfüllt habe. Vielmehr sei zwischen der Bw. und den Empfängern der Ersatzbauten jeweils ein tauschähnlicher Umsatz ausgeführt worden. Die Bw. habe Ersatzbauten geliefert und hiefür im Gegenzug das Wirtschaftsgut "Hindernisbeseitigung" erhalten. Da von der Bw. jedoch sog. "unecht" steuerfreie Umsätze (von Grundstücken) ausgeführt worden seien, erweise sich der von der Bw. vorgenommene Vorsteuerabzug als unzulässig.
Das Vorliegen eines tauschähnlichen Umsatzes werde auch durch Formulierungen in den mit den abgefundenen Liegenschaftseigentümern getroffenen Vereinbarungen bestätigt. In denselben sei etwa von "beiderseits bedungenen Leistungen und Gegenleistungen" die Rede (vgl. z. B. die Punkte VII und VIII der Vereinbarung zwischen der Bw. und E. K).
Das Finanzamt erließ schließlich die im Spruch genannten, der Ansicht des Prüfers Rechnung tragenden Bescheide.
Im Berufungsschriftsatz wurde zunächst ausgeführt, dass die Bw. jedenfalls keinerlei (steuerfreie) Umsätze von Grundstücken ausgeführt habe. Eigentümerin aller von den abgefundenen Liegenschaftseigentümern übernommenen Grundstücke sei nämlich die Republik Österreich gewesen, die ihrerseits im Gegenzug Eigentum an den vormaligen Grundstücken der Abfindungsberechtigten erworben habe. Von der Bw. seien die letztgenannten Liegenschaften nur gemietet worden.
Als Mieterin und als für die Hindernisfreiheit des Flughafens verantwortliche Konzessionsträgerin habe die Bw. in fünf Fällen (F. / H. / M., A. / K., P., S. S., E. K.) den Abbruch der Gebäude in der Sicherheitszone veranlasst und als Schadenersatz Ersatzbauten auf den von den Ablöseberechtigten von der Republik erworbenen Grundstücken errichten lassen.
Daran änderten auch die vom Prüfer in seinem Bericht zitierten Formulierungen in den von der Bw. mit den Ablöseberechtigten geschlossenen Vereinbarungen "beiderseits bedungene Leistungen und Gegenleistungen" nichts. Hiemit seien lediglich von der Bw. zu erbringende Schadenersätze klar umschrieben worden, und zwar Naturalersätze für die anlässlich des Flughafenausbaues zu entfernenden Wohnhäuser.
Nach § 1323 ABGB müsse verursachter Schaden primär durch Zurückversetzung in den vorigen Stand ersetzt werden. Diese sog. Naturalrestitution durch den Schädiger stelle keinen Leistungsaustausch dar, da der Geschädigte kein Entgelt für die Schadensbehebung durch den Schädige aufzuwenden habe ().
Weiters wurde auf Ruppe, Kommentar zum UStG 1994, § 1 Tz. 169 verwiesen, wo ausgeführt werde: "Ist der Schädiger Unternehmer und behebt er den Schaden selbst, steht ihm unter den Voraussetzungen des § 12 UStG 1994 für die Aufwendungen zur Schadensbeseitigung ... ein Vorsteuerabzug zu."
Desgleichen führe Achatz, Umsatzsteuer und Schadenersatz, Schriftenreihe zum Abgabenrecht, Hg. Prof. Stoll, Band 33, S. 233 aus: " Ist eine Leistung zur Schadensbehebung dem Schädiger als Leistungsempfänger zuzurechnen, ist er zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn der Schaden objektiv wirtschaftlich mit seinem Unternehmerwagnis zusammenhängt und damit den Kosten der Leistungserstellung zuzurechnen ist ... Die Gewährung von Schadenersatz schränkt die Vorsteuerabzugsberechtigung der Beteiligten nicht ein."
In der Stellungnahme zur Berufung hielt der Betriebsprüfer seine bisherige Ansicht aufrecht und bemerkte ergänzend, dass die Bw. mit der Finanzierung der Errichtungskosten der Ersatzbauten nicht etwaig verursachte Schäden mittels Naturalrestitution beseitigt habe. Von der Bw. seien vielmehr an die Ersatzberechtigten jeweils tauschähnliche Umsätze ausgeführt worden, die - vergleichbar einer Enteignungsentschädigung (wenn auch eine Enteignung wegen der vertraglichen Einigung nicht erforderlich war) - mit einem Schadenersatz iSd
§§ 1293 ff ABGB nichts zu tun habe, weil ein Solcher ein Verschulden des Ersatzpflichtigen und keineswegs eine "Lieferung" oder "Leistung" des Geschädigten voraussetze (vgl. Kolacny - Mayer, UStG 1994, 2. Auflage, § 1, Anm. 29).
In diesem Zusammenhang verwies der Prüfer weiters darauf, dass in den Verfahren zur Festsetzung der Grunderwerbsteuer betreffend die erworbenen Ersatzgrundstücke in die Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlagen jeweils nicht nur die Werte des Grund und Bodens, sondern auch die Errichtungskosten der Ersatzbauten einbezogen worden seien.
In ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Betriebsprüfers führte die Bw. aus, dass ein Leistungsaustausch nur insoweit bewirkt worden sei, als zwischen den Ersatzberechtigten und der Republik jeweils ein Tausch von Liegenschaften Platz gegriffen habe.
Die bereits im Berufungsschriftsatz aufgezeigten, die Vorsteuerabzugsberechtigung durch die Bw. rechtfertigenden Gründe ergänzte die Bw. durch einen Hinweis auf Ruppe, UStG 1994,
2. Auflage, § 1 Tz. 159 , wonach unter Bedachtnahme auf Artikel XII Z 3 des Einführungsgesetzes zum Umsatzsteuergesetz 1972 im Dienste der Prozessökonomie die Frage des Vorsteuerabzuges aus dem Schadenersatzprozess ausgeklammert werden solle.
In der abgeführten Berufungsverhandlung führte der steuerliche Vertreter der Bw. ergänzend einige Literaturzitate ins Treffen, so beispielsweise
Achatz, a. a. O., S. 195 (kein Umsatz zwischen Geschädigtem und Schädiger, wenn der Geschädigte Naturalrestitution begehrt)
Ruppe, Grundriss des Österreichischen Steuerrechtes, Band 1, S. 378 (zum zivilrechtlichen Schadenersatz: zunächst immer Bruttoersatz incl. USt, mit Rückersatzanspruch des Schädigers, insoweit der Schädiger zum Vorsteuerabzug berechtigt ist; im Falle der Vorsteuerabzugsberechtigung nur des Schädigers dahingehende Empfehlung, dass der Schädiger die Durchführung der Reparatur beauftragt; diesfalls Ausführung der Reparaturleistung für das Unternehmen des Schädigers).
Achatz, a. a. O., S. 195 (Naturalersatz des Schädigers an den Geschädigten ist mangels Entgelt durch den Geschädigten nicht steuerbar; bezieht der Schädiger den Naturalersatz von einem Dritten, ist der Schädiger Empfänger dieser Leistungen, weil der Schädiger über den vom Dritten geschaffenen Nutzen disponiert, indem er entscheidet, dass die Leistung in Erfüllung der Schadenersatzverpflichtung an den Geschädigten ausgeführt werden soll).
Im Lichte der Ausführungen der genannten Autoren erweise sich das Vorsteuerabzugsbegehren der Bw. jedenfalls als berechtigt, so deren steuerlicher Vertreter , zumal die Bw. infolge der Errichtung der Ersatzbauten jedenfalls keinen (zusätzlichen) Nutzen erzielt habe. In Ermangelung der Erlangung eines (zusätzlichen) Nutzens durch die Bw. könne demnach auch keine Rede davon sein, dass die Bw. eine entgeltliche Leistung ausgeführt habe.
Darüber hinaus erweise sich auch der Hinweis des Betriebsprüfers auf die grunderwerbsteuerliche Beurteilung der Tauschvorgänge als unzulässig, da die Ersatzgrundstücke nicht von der Bw., sondern der Republik Österreich zur Verfügung gestellt worden seien.
Letzterem hielt der Vertreter des Finanzamtes entgegen, dass der Grundstücksbegriff nicht (nur) den Grund und Boden als solchen, sondern auch sich darauf befindliche Bauwerke umfasse.
Im Übrigen - so hielt der Vertreter des Finanzamtes ergänzend fest - könne auch die Ansicht vertreten werden, dass die Ersatzwohnbauten gar nicht für das Unternehmen der Bw. angeschafft worden seien. Die Bw. habe vielmehr für ihr Unternehmen das Wirtschaftsgut "hindernisfreier Luftraum" angeschafft und diesen mit den Ersatzbauten bezahlt.
Der steuerliche Vertreter der Bw. verwies abschließend nochmals darauf, dass die Bw. im gegeständlichen Fall jedenfalls Schadenersätze erbracht habe.
Über die Berufung wurde erwogen:
zum Vorbringen, die Bw. habe Schadenersatz erbracht
Literatur und Judikatur zum UStG 1972 bzw. 1994 (vgl. Ruppe, Kommentar zum UStG 1994, 2. Aufl., Anm. 157 Z. § 1, mit weiteren Nachweisen) unterscheiden zwischen sog. "echtem" und "unechtem" Schadenersatz. Bei Ersterem müssen Ersätze deshalb erbracht werden, weil für (schuldhaft) verursachten Schaden einzustehen ist. Mangels Gegenleistung des Geschädigten wird diesfalls kein Leistungsaustausch bewirkt. Bei Letzterem erfolgt demgegenüber die Abgeltung besonderer, vom "Geschädigten" erbrachter (Gegen-)Leistungen im Rahmen eines Leistungsaustausches.
Die Bw. hat nun nach ihrer Ansicht an die Erwerber der Ersatzgrundstücke "echten" Schadenersatz - durch Errichtung von Ersatzbauten - erbracht. Begründet wird dies damit, dass der Bw. (selbst) auf Grund der Errichtung der Ersatzbauten jedenfalls kein zusätzlicher Nutzen erwachsen sei.
Es mag nun zwar zutreffen, dass nicht die Bw. sondern die Ersatzberechtigten (Wohn-)Nutzen aus den errichteten Ersatzbauten gezogen haben. Dieser Umstand rechtfertigt jedoch den Schluss, dass die von der Bw. beauftragte Errichtung der Ersatzbauten außerhalb jedweden Leistungsaustausches erfolgt ist, noch nicht.
Der Bw. hat nämlich von den Ersatzberechtigten - im Gegenzug für die Errichtung der Ersatzbauten - die Möglichkeit eingeräumt erhalten, deren im Bereich der vergrößerten Flughafengrenzen gelegenen (alten) Wohnhäuser (weil "Luftfahrthindernisse") zwecks Schaffung einer erweiterten Sicherheitszone abzureißen.
Die Vornahme dieser Absiedlungsmaßnahmen war aber eine Grundvoraussetzung für die Aufnahme des Flugbetriebes auf dem letztlich erweiterten Flughafenareal (vgl. die diesbezüglich Auflage im Bescheid des Bundesministeriums). Insoweit ist der Bw. aber von den Ersatzberechtigten sehr wohl ein Nutzen (nämlich die Möglichkeit der Erweiterung des Flughafenbetriebes infolge Schaffung der erweiterten Sicherheitszone) eingeräumt worden. Hiefür sprechen im Übrigen nicht zuletzt auch - wie vom Prüfer ins Treffen geführt worden ist - die Formulierungen in den zwischen der Bw. und den Ersatzberechtigten geschlossenen Vereinbarungen (vgl. "beiderseits bedungene Leistungen und Gegenleistungen").
Angesichts dessen kann aber davon, dass die Bw. an die Ersatzberechtigten Schadenersatz erbracht habe, weswegen die der Bw. vorschwebenden umsatzsteuerrechtlichen (und damit einhergehenden ertragsteuerrechtlichen) Konsequenzen zu ziehen seien, nicht die Rede sein.
Die Bw. hat vielmehr im Gegenteil (u. a.) von den Ersatzberechtigten (insgesamt) sogar ein eigenständiges körperliches Wirtschaftsgut ("Sicherheitszone") erworben (betreffend die Wirtschaftsguteigenschaft der "Sicherheitszonen siehe das die Bw. betreffende Erkenntnis des , 1029).
Infolgedessen ist aber auch die Ansicht des Finanzamtes, wonach die Bw. einen sog. unecht steuerfreien Grundstücksumsatz ausgeführt habe, nicht begründet.
Im Übrigen darf in diesem Zusammenhang auch nicht übersehen werden, dass auch die Bw. selbst die im Zusammenhang mit der Beseitigung der Luftfahrthindernisse geleisteten Aufwendungen in den Bilanzen jeweils als Wirtschaftsgut ("Hindernisbeseitigungskosten") aktiviert und von diesen Kosten Investitionsfreibeträge, die nur von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abnutzbarer Anlagegüter gewinnmindern geltend gemacht werden können, beansprucht hat.
zur Vorsteuerabzugsberechtigung
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1972 bzw. 1994 setzt die Vornahme eines Vorsteuerabzuges - jedenfalls voraus, dass Leistungen für das Unternehmen des den Vorsteuerabzug beanspruchenden Unternehmers ausgeführt worden sind.
Nach Ruppe, a. a. O., Anm. 84, 85 und 82 z. § 12, ist entscheidend, ob die Leistung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten im konkreten Fall Zwecken des Unternehmens dient oder dienen soll. Die beabsichtigte Verwendung für Zwecke des Unternehmens ist ausreichend. Maßgebend sind die Verhältnisse im Zeitpunkt des Leistungsbezuges.
Im gegenständlichen Fall nun stand aber bereits vor Beauftragung der Errichtung der Ersatzbauten (Anm.: Vorsteuerabzugsbegehren betreffend die Jahre 1993 - 1995) fest, dass dieselben nicht Zwecken des Unternehmens der Bw., sondern der Befriedigung privater Wohnbedürfnisse der Ersatzbauwerber dienen sollten (siehe die Ausführungen betreffend die Naturalersatzbegehen in der Verhandlungsschrift vom sowie im Bescheid des Bundesministeriums vom ; Abschluss der Vereinbarungen zwischen der Republik und den Ersatzbauwerbern bzw. der Bw. und den Ersatzbauwerbern im Jahr 1992, Eigentumseinverleibung an den Ersatzgrundstücken im Jahr 1993).
Darüber hinaus war den Ersatzbauwerbern die Möglichkeit eröffnet worden, bereits über das zu errichtende Ersatzbauwerk (wirtschaftlich und rechtlich) zu disponieren (Einräumung des Rechtes der Ersatzbauberechtigten, aufwändigere Bau- und Ausstattungsleistungen als in den Vereinbarungen mit der Bw. festgehaltenen zu wünschen; Anträge auf Zuteilung von Wohnbauförderungsmitteln gestellt durch die Ersatzbauberechtigten in eigenem Namen; zumindest teilweise Aufwendung von Eigenmittel durch die Ersatzbauberechtigten; Einverleibung des Eigentumsrechtes der Ersatzbauberechtigten an den Ersatzgrundstücken bereits im Jahr 1993, Stellung sämtlicher Anträge auf Erteilung der Baubewilligungen der Ersatzbauten durch die Ersatzbauwerbern selbst im eigenen Namen).
Zudem wurde in den an die Bw. von den Professionisten betreffend die ausgeführten Ersatzbauten gelegten Rechnungen ausdrücklich auf die Ersatzbauwerber Bezug genommen (vgl. die Schlussrechnung des Unternehmens S. und O. vom ).
All die angeführten Umstände rechtfertigen den Schluss, dass die von der Bw. im Zusammenhang mit der Errichtung der Ersatzbauten beauftragten Leistung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten im konkreten Fall von vornherein eben nicht Zwecken ihres Unternehmens dienen sollten (vgl. in diesem Zusammenhang übrigens auch das Berufungsvorbringen, wonach nicht die Bw., sondern die Ersatzberechtigten Nutzen aus den errichteten Ersatzbauten gezogen haben).
Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.
Klagenfurt, 10. Feber 2004
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1972, Umsatzsteuergesetz 1972, BGBl. Nr. 223/1972 § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte | unechter Schadenersatz Leistungsaustausch |
Verweise | Ruppe UStG 1994, 2. Auflage, § 1 Tz 160 ff |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at